DIE ENTWICKLUNG DER EUROPÄISCHEN BANKENREGULIERUNG
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Eingereicht von Simon Haslinger Angefertigt am Institut für Europarecht Beurteiler / Beurteilerin Univ.-Prof. Dr. Franz Leidenmühler März 2021 DIE ENTWICKLUNG DER EUROPÄISCHEN BANKENREGULIERUNG Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, am 31. März 2021 Simon Haslinger
Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen................................................................................................... 1 1.1. Der Bankbegriff............................................................................................................................. 1 1.2. Die wirtschaftliche Bedeutung von Banken ................................................................................. 2 1.3. Bankenregulierung – Bankenaufsicht........................................................................................... 3 1.4. Gegenstand der Bankenaufsicht .................................................................................................. 3 1.5. Rechtliche Grundlagen des Bankenrechts.................................................................................... 6 2. Die Entwicklung der europäischen Bankenregulierung bis zur Finanzkrise 2007 .............................................................................................. 8 2.1. Beginn der Harmonisierung des Kapitalmarktes .......................................................................... 8 2.2. Herstatt Bankhaus Pleite und Gründung des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ................... 9 2.3. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ................................................................................ 10 2.4. Basel I – (Der Basler Akkord) ...................................................................................................... 12 2.5. Wesentliche Richtlinien bis zum Erlass der BCD: ....................................................................... 13 2.6. Basel 1.5 ..................................................................................................................................... 14 2.7. Einführung des Komitologieverfahrens ...................................................................................... 15 2.7.1. Das 4-Stufen-Modell ............................................................................................................ 16 2.8. Kreditinstitutrichtlinie (BCD) ...................................................................................................... 17 2.9. 2004 Basel II ............................................................................................................................... 17 2.10. CRD I - Capital Requirements Directives .................................................................................. 20 3. Bankenregulierung ab der Finanzkrise 2007 .......................................... 21 3.1. Finanzkrise 2007 ......................................................................................................................... 21 3.2. Basel 2.5 ..................................................................................................................................... 22 3.3. CRD II .......................................................................................................................................... 22 3.4. De-Larosière-Bericht................................................................................................................... 23 3.5. Europäisches Finanzaufsichtssystem (ESFS) ............................................................................... 25 3.5.1. Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ..................................................................... 26 3.5.2. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) ......................................................... 28 3.6. CRD III ......................................................................................................................................... 30 3.7. Basel III ....................................................................................................................................... 30 3.8. CRD IV & CRR .............................................................................................................................. 32 3.9. Bankenunion............................................................................................................................... 33
3.9.1 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM) ......................................................................... 34 3.9.1.1 Aufsichtlicher Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) ..................................... 36 3.9.2 Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM).................................................................... 36 3.9.2.1 Einheitlicher Abwicklungssauschuss (SRB) .................................................................... 38 3.9.3. Einheitliche Einlagensicherung ............................................................................................ 38 3.10. CRR II und CRD V....................................................................................................................... 39 4. Basel III: Finalising post-crisis reforms - „Basel IV“.............................. 40 4.1. Begriff „Basel IV“ .................................................................................................................... 40 4.2. Inhalt:...................................................................................................................................... 41 4.3 Auswirkungen und Kritik ......................................................................................................... 43 5. Erste Reaktionen auf die Covid-19 Pandemie ........................................ 45 Literatur- und Quellenverzeichnis: .............................................................. 47
1. Grundlagen 1.1. Der Bankbegriff Das für das österreichische Bankenrecht zentrale Bankwesengesetz1 (BWG) verwendet anstatt des Begriffs „Bank“ die Bezeichnung „Kreditinstitut“. §104 BWG normiert, dass in allen Bundesgesetzlichen Regelungen „Bank“ durch „Kreditinstitut“ ersetzt wird. Diese Änderung bewirkt die terminologische Angleichung an die EG- Definition, der Begriff Bank sollte aber weiterhin geschützt werden.2 Das BWG setzt wichtige europarechtliche Vorgaben (Richtlinien) um, unter anderem die sehr zentrale Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive IV, CRD IV). 3 Während das BWG in §1 eine Vielzahl an Tätigkeiten aufzählt und als Bankgeschäfte definiert, begnügt sich die CRD IV in Artikel 3 mit einem Verweis auf die schlanke Kreditinstitutsdefinition der Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirement Regulation, CRR).4 Gemäß Artikel 4 der CRR ist ein „Kreditinstitut“ ein Unternehmen, dessen „Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren.“ Diese enggefasste, europarechtliche Definition steht den ausführlicheren Kreditinstitutsbegriffen der Mitgliedstaaten allerdings nicht entgegen. Er versteht sich als Mindeststandard.5 Wie bereits oben erwähnt umfasst die Begriffsdefinition des BWG deutlich mehr Tätigkeiten. 1 Bundesgesetz über das Bankwesen BGBl 1993/532. 2 4 Vgl M. Schütz in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG § 104 RZ 1 (Stand 1.5.2018, rdb.at). 3 Vgl Richtlinie 2013/36/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl 2013 L 176, 338. Kurz: Eigenkapital-RL 2013/36/EU, ABl 2013 L 176, 338. 4 Vgl Verordnung (EU) 575/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl 2013 L 176, 1. Kurz: Kapitaladäquanz-VO (EU) 575/2013, ABl 2013 L 176, 1. 5 4 Vgl Laurer/Kammel in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG § 1 (Stand 1.1.2017, rdb.at). 1
Der gewerbliche Betrieb von Bankgeschäften, bedarf gemäß § 1 BWG entweder einer von der Finanzmarktaufsicht (FMA) erteilten Konzession oder darf aufgrund besonderer bundesgesetzlicher Regelungen betrieben werden. Eine europarechtliche Vorgabe findet sich dazu in Artikel 9 CRD IV, dieser normiert ein „Verbot der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums durch Personen oder Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind.“ 1.2. Die wirtschaftliche Bedeutung von Banken Der bankenrechtliche Terminus Kreditinstitut unterstreicht die volkswirtschaftliche Bedeutung von Banken als Finanzintermediär.6 Unter Finanzintermediär versteht man grundsätzlich eine Institution, die als Mittler zwischen Kapitalangebot und -nachfrage auftritt. Nach der engeren Definition ist ein Finanzintermediär eine Institution, die Geld von Anlegern entgegennimmt und an Kapitalnehmer weiter gibt. Die Bank als Finanzintermediär nimmt Geld von Sparern auf und gibt es in Form von Krediten an Kreditnehmer weiter.7 Insbesondere erfüllen Banken dabei drei wichtige volkswirtschaftliche Funktionen: Losgrößentransformation: Unter Losgrößentransformation versteht man die Abstimmung unterschiedlich hoher Beiträge von Sparern und Kreditnehmern.8 Mehrere kleine Einlagen können in Summe einen Großkredit finanzieren, umgekehrt kann eine Großeinlage auch mehrere kleine Kredite finanzieren. Diese zu handelnden Beiträge nennt man Losgrößen. Banken führen diese zusammen und gleichen Angebot und Nachfrage aus.9 Fristentransformation: Neben der Abstimmung der unterschiedlichen Höhen der Beiträge, muss die Bank auch die verschiedenen Zeiträume der Einlagen und Kredite in Einklang bringen. Kurzfristige Einlagen können langfristigen Krediten gegenüber stehen.10 6 2 Vgl Kammel, Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht (2019), 56. 7 7 Vgl Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre (2019), 5. 8 4 Vgl Oppitz in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2019) Bankrecht, 45. 9 7 Vgl Hartmann-Wendels, Pfingsten, Weber, Bankbetriebslehre (2019), 5. 10 7 Vgl Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre (2019), 5. 2
Risikotransformation: Kapitalgeber gehen das Risiko ein, Zahlungen nicht zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt oder in der vereinbarten Höhe zurückzubekommen. Unter anderem wird dieses Risiko durch die Streuung der Einlage auf mehrere Kreditnehmer minimiert.11 Daneben organisieren Banken auch einen großen Teil des Zahlungsverkehrs, wie die Überweisung von Löhnen, Bezahlung von Rechnungen oder Bargeldabhebungen. Das Bankgeschäft ist somit ein wesentlicher Bestandteil jeder modernen Volkswirtschaft und daher ein besonders engmaschig regulierter Wirtschaftszweig.12 1.3. Bankenregulierung – Bankenaufsicht In der Literatur werden Bankenregulierung und Bankenaufsicht häufig synonym verwendet, möchte man eine Differenzierung vornehmen, ließe sich Bankenregulierung als die Festlegung allgemeiner Regeln und staatlicher Maßnahmen, sowie Anordnungen definieren, mit denen versucht wird das Verhalten von Marktteilnehmern in einem bestimmten Maße zu beeinflussen. Die Aufgabe der Bankenaufsicht ist hingegen die von der Bankenregulierung vorgegebenen Regelung durchzusetzen.13 Da die gängige Literatur die beiden Begriffe oft synonym verwendet, verzichtet auch die vorliegende Diplomarbeit auf eine scharfe Abgrenzung. 1.4. Gegenstand der Bankenaufsicht Systemische Risiken und Gläubigerschutz Grundsätzlich dient die Bankenregulierung (bzw Aufsicht) der Vermeidung systemischer Risiken sowie dem Gläubigerschutz. Der Schutz der Wirtschaft vor systemischen Risiken ist der wesentliche Unterschied der Bankenregulierung (und Finanzmarktregulierung) von der Regulierung anderer Märkte.14 11 7 Vgl Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre (2019), 5. 12 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 1. 13 Vgl Andrae/Hellmich/Schmaltz, Bankaufsichtliches Risikomanagement (2018), 7. 14 Vgl Andrae/Hellmich/Schmaltz Bankaufsichtliches Risikomanagement (2018), 8. 3
Unter systemischem Risiko versteht man, dass die Schieflage einer einzelnen Bank einen Dominoeffekt auslösen kann, der schlimmstenfalls die wirtschaftliche und politische Stabilität des jeweiligen Wirtschaftsraumes gefährdet. Die Grundlage dieses Dominoeffektes ist zum einen, die hohe Vernetzung der Banken untereinander, wodurch die missliche Lage einer einzelnen Bank mehrere andere beeinflussen kann (zb hohe Kreditvergaben von Bank zu Bank ). Anderseits vermag aber auch eine in Turbulenz geratene Bank das Vertrauen in das Bankensystem insgesamt erschüttern. Diese Vertrauenskrise kann zu einem Bank Run führen. Das bedeutet, dass viele Einleger in kurzer Zeit ihr Geld von der Bank abheben und somit der Bank Liquidität entziehen. Auch konnte man auch in der Weltfinanzkrise 2007 beobachten, dass sich Banken untereinander nicht mehr vertrauten und sich keine Kredite mehr gewährten und somit wie beim obengenannten Bank Run Liquidität im System fehlt. Wie in Kapitel 2 dargelegt, haben Banken im Wirtschaftssystem eine zentrale Rolle als Finanzintermediär, folglich kann das Fehlen von Liquidität im Bankensektor enorme Auswirkungen auf wirtschaftliche Investitionen haben. Schwappt die Finanzwirtschaftskrise somit auf die Realwirtschaft über (Spillover- Effekt), kann das gesamte Wirtschaftssystem ins Straucheln geraten, was schlussendlich die politische Stabilität in den betroffenen Wirtschaftsräumen gefährden kann.15 Der Ursprung vieler Finanzkrisen ist das Platzen von Kreditblasen. Ein massives Kreditwachstum kann ein Anzeichen einer bevorstehenden Finanzkrise sein. Anhand der Kreditvergabe einzelner Banken lässt sich das nicht beurteilen. Man muss einen Blick auf den gesamten Finanzsektor werfen.16 Die Wirtschaftswissenschaftler Luc Laeven und Fabian Valencia stellten im September 2018 fest, dass es zwischen 1970 und 2017, 151 systemische Bankkrisen weltweit gab. Sie definieren eine Bankkrise als Ereignis, in welchem das Banksystem signifikante Zeichen finanzieller Bedrängnis zeigt, wie Bank Runs, Verluste im Banksystem und/oder Abwicklungen von Banken und darauf signifikante bankenaufsichtliche Maßnahmen folgen, wie beispielsweise Verstaatlichungen von Banken, Einfrieren von Einlagen, hohe Restrukturierungskosten, extensive 15 7 Vgl Hartmann-Wendels, Pfingsten, Weber, Bankbetriebslehre (2019), 322f. 16 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 49. 4
Unterstützung mit Liquidität, staatliche Garantien sowie signifikanter Anteilserwerbe.17 Das zweite Ziel der Bankenregulierung ist der Gläubigerschutz. Gläubiger sollen im Insolvenzfall der Bank vor Ausfällen geschützt werden. Allerdings sieht sich der Staat vor allem bei großen „systemrelevanten“ Banken verpflichtet, diese drohenden Ausfälle in Form von Einlagensicherungssystemen zu kompensieren. Da es ansonsten wiederrum zu systemischen Risiken kommen kann.18 Mitunter kann die Insolvenz einer einzelnen Bank auch bei Gläubigern anderer solventer Banken finanzielle Panik auslösen.19 Die Einlagensicherung kann als Gläubigerschutzelement gesehen werden, da es Kunden nicht zugemutet werden kann, die Bonität der Banken zu prüfen.20 Zusammenfassend gibt der § 6 Abs 2 des deutschen Kreditwesengesetz die Ziele der Bankenregulierung treffend wieder: „die Bundesanstalt hat Mißständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können.“21 17 Vgl Laeven/Valencia, Systemic Banking Crises Revisited (2018), 4ff. https://www.imf.org/en/Publications/WP/Issues/2018/09/14/Systemic-Banking-Crises-Revisited-46232 (abgerufen am 22.3.2021). 18 7 Vgl Hartmann-Wendels, Pfingsten, Weber, Bankbetriebslehre (2019), 338. 19 4 Vgl Oppitz in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2019) Bankrecht, 115. 20 4 Vgl Oppitz in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2019) Bankrecht, 115. 21 Deutsches Kreditwesengesetz BGBl I 1998/2776 idF BGBl. I 2020/2773. 5
1.5. Rechtliche Grundlagen des Bankenrechts Europarecht Primärrecht Allgemein stützen sich Liberalisierungsakte im Bankenrecht auf die Niederlassungsfreiheit (Art 49 ff AEUV), Dienstleistungsfreiheit (Art 56ff AEUV), sowie die Kapitalverkehrsfreiheit (Art 63 ff AEUV).22 Harmonisierung und Sekundärrecht Art 114 AEUV bildet die Rechtsgrundlage für die Beseitigung von Hemmnissen im zwischenstaatlichen Verkehr23 und ist somit die wesentliche Norm zur Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes. Unter anderem aufgrund einer Erklärung der EEA-Regierungskonferenz soll die Kommission im Zweifel Richtlinien zur Verwirklichung der Harmonisierung verwenden.24In jüngere Zeit erfolgen diese Maßnahmen auch im wachsenden Ausmaß in Form von Verordnungen. 25 In den EU-Mitgliedstaaten haben sich die Bankensysteme unterschiedlich entwickelt. Einerseits gibt es Mitgliedstaaten mit Trennbankensystem, hier gibt es eine institutionelle Arbeitsteilung, Kreditinstitute bieten entweder commercial (Einlagen – und Kreditgeschäft) oder investment banking (Wertpapiergeschäft) an, somit jeweils nur einen Teil der Bankenleistung26 anderseits Universalbanken, also solche die grundsätzlich das gesamte Spektrum der Bankenleistungen anbieten 27. (In Österreich Universalbanksystem28) Dementsprechend schwierig stellte sich die Harmonisierung dar. Die RL 77/780/EWG stellte die ersten Weichen in Richtung Harmonisierung in dem sie Mindestvoraussetzungen in den Bereichen behördliche Zulassung, Mindestkapital, rechtlich verselbständigte Eigenmittel, Organisation (Geschäftsführer) festlegte. Eine Bedarfsprüfung wurde verboten. Diese Richtlinie betraf nur Kreditinstitute im unionsrechtlichen Sinn. Dh ,wie in Kapitel 1 beschrieben, 22 4 Vgl Oppitz in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2019) Bankrecht, 48. 23 3 Vgl Leidenmühler, Europarecht (2017), 145. 24 3 Vgl Leidenmühler, Europarecht (2017), 145, ganz unten. 25 Vgl Raschauer, Finanzmarktaufsichtsrecht (2015), 24. 26 Vgl Richter in Gramlich/Gluchowski/Horsch/Schäfer/Waschbusch (Hrsg.), Gabler Bankenlexikon (K- 15 Z) (2020), 1997. 27 Vgl Richter in Gramlich/Gluchowski/Horsch/Schäfer/Waschbusch (Hrsg.), Gabler Bankenlexikon (K- 15 Z) (2020), 2038. 28 2 Vgl Kammel, Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht (2019), 29. 6
solche die das Kredit -und Einlagengeschäft betreiben. Diese Festlegung auf unionsrechtliche Kreditinstitute wirkt bis heute nach.29 In den folgenden Kapiteln werden weitere wesentliche Sekundärrechtsakte behandelt. Österreichisches Recht Verfassungsrecht Kompetenzrechtlich fällt das Bankenrecht unter Art. 10 Abs 1 Z5 B-VG „Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“. Es wird allgemein angenommen, dass auch wirtschaftsaufsichtrechtliche bzw. bankaufsichtsrechtliche Themen unter diesen Kompetenztatbestand fallen.30 Einfachgesetzliche Rechtsquellen: Die wesentliche zentrale bankenrechtliche Norm im österreichischen Recht ist das Bankwesengesetz (BWG). Es löste 1994 das Kreditwesengesetz ab und machte das österreichische Bankenrecht EU-rechtskonform. Das österreichische Bankenrecht umfasst eine Vielzahl an nationalen und EU Rechtsquellen.31 Neben dem Bankwesengesetz (BWG) als zentrale Kodifikation gibt es Spezifische (sektorale) Rechtsquellen wie beispielsweise das Sparkassengesetz (SpG)32, Bausparkassengestz (BSpG)33, Postsparkassengesetz (PSK-G)34, Finanzsicherheitengesetz (FinSG)35;zum Bankrecht im weiteren Sinne zählen ua das 29 Vgl Raschauer, Finanzmarktaufsichtsrecht (2015), 25. 30 4 Vgl Oppitz in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2019) Bankrecht, 47. 31 2 Vgl Kammel, Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht (2019), 38. 32 Bundesgesetz vom 24. Jänner 1979 über die Ordnung des Sparkassenwesens BGBl 1979/64. 33 Bundesgesetz über die Beaufsichtigung und den Betrieb von Bausparkassen BGBl 1993/532. 34 Bundesgesetz vom 26. November 1969 zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Postsparkasse BGBl 1969/458. 35 Bundesgesetz über Sicherheiten auf den Finanzmärkten BGBl I 2003/117. 7
Nationalbankgesetz (NBG)36, sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG)37.38 Seit der Finanzkrise 2007 finden vermehrt direkt anwendbare EU-Rechtsakte Eingang in das österreichische Bankrecht. Sie bedürfen keiner nationalen Umsetzung und dienen der Rechtsharmonisierung.39 2. Die Entwicklung der europäischen Bankenregulierung bis zur Finanzkrise 2007 2.1. Beginn der Harmonisierung des Kapitalmarktes In den 1960er Jahren wurden bereits die ersten Schritte zur Harmonisierung des Kapitalmarkts gesetzt. Im Jahr 1966 erarbeitete eine Expertengruppe unter der Leitung des Ökonomen und Bankiers Dr. Claudio Segré im Auftrag der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) einen Bericht zur Entwicklung eines gemeinschaftlichen europäischen Kapitalmarktes. Der sogenannte „Segré Report“40 erarbeitete Maßnahmen zur Erreichung dieses Marktes und benannte den dazu notwendigen Abbau von Hindernissen in den Mitgliedstaaten. Der Report nimmt auch direkt Bezug auf die 1960 (geändert 1962) erlassene „erste Kapitalrichtlinie“41 mit der einige Kapitalsverkehrbeschränkungen aufgehoben wurden. Zur Rechtsdurchsetzung empfahl der Bericht die Schaffung einer Behörde auf Gemeinschaftsebene, ähnlich der amerikanischen SEC oder der belgischen Banking Commission. Dies wurde allerdings erst etwa 50 Jahre später, in Folge der Errichtung des ESFS (insb. EBA, siehe Kapitel 3.5.ff), erreicht.42 36 Bundesgesetz über die Österreichische Nationalbank BGBl 1984/50 idF BGBl 1986/612. 37 Bundesgesetz über die Errichtung und Organisation der Finanzmarktaufsichtsbehörde BGBl. I 2001/97. 38 2 Vgl Kammel, Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht (2019), 38ff. 39 2 Vgl Kammel, Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht (2019), 40. 40 Vgl Claudio Segre, The development of a European capital market. Report of a Group of Experts appointed by the EEC Commission (1966). 41 Vgl Richtlinie 60/921/EWG des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 11.5.1960 zur Durchführung des Artikels 67 des Vertrages, ABl 1960 L 43. Kurz: Kapital-RL 1960/921/EWG, ABL 1960 L 43. 42 Vgl Rolf Majcen, Die Entwicklung des europäischen Kapitalmarktrechts - Vom Segré-Bericht zu MiFID II, ÖBA 2015, 424. 8
Die in weiterer Folge ab 1973 erlassenen Richtlinien der EG konzentrierten sich weiterhin auf Liberalisierung und Harmonisierung des Banken- und Kapitalmarktes. Der Fokus lag auf dem Abbau der Hindernisse der Niederlassungs –und Dienstleistungsfreiheit von Banken. Im Vergleich zur heutigen Fülle an bankaufsichtlichen Regelungen, wurden sie damals eher nebensächlich erarbeitet. 43 2.2. Herstatt Bankhaus Pleite und Gründung des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht Am 26. Juni 1974 entzog das deutsche Bundeaufsichtsamt für das Kreditwesen dem Kölner Bankhaus Herstatt KGaA die Betriebserlaubnis. Grund für den seit dem zweiten Weltkrieg größten Insolvenzfall einer deutschen Bank waren verlustbringende Devisenspekulationen. In Folge dessen hoben vermehrt Kunden Geld ab und zögerten, es wieder einzuzahlen. Ein folgenschwerer Bank Run blieb zwar aus, aber aufgrund einer befürchteten Liquiditätsnot sicherte die deutsche Notenbank den Bankhäusern Liquiditätsspritzen zu und stellte besonders betroffenen Privatbanken weitere Hilfen bereit. Weitreichender waren allerdings die Konsequenzen am internationalen Markt. Das Bankhause Herstatt war zwar auch innerhalb Deutschlands eine eher kleine Bank, aber aufgrund ihrer Tätigkeit im Devisengeschäft international stark vernetzt. Ein weiteres Problem war der Zeitpunkt der Schließung der Bank durch die Bankenaufseher, der nicht auf die Handelszeiten internationaler Geschäftspartner (andere Banken) abgestimmt war. Die Herstatt Bank wurde am Ende des deutschen Bankentages geschlossen, zu diesem Zeitpunkt begann aber gerade erst der Bankentag in New York. Viele, im Devisengeschäft tätige, Banken hatten bereits auf das Konto der Herstatt Bank in New York eingezahlt in Erwartung auf Gegenleistungen in anderen Währungen. Als die Schließung des Bankhauses bekannt wurde, fror die kontoführende Bank in New York das Konto der Herstatt Bank ein. Rund 620 Millionen Dollar an erwarteten Zahlungen wurden nicht mehr geleistet, weltweit waren Banken davon betroffen. Der Interbankenmarkt in New York fror in weiterer Folge ein, da niemand wusste welche Banken nun von der Pleite betroffen waren und ob diese die Verluste stemmen könnten. Deutsche Bankenaufseher gerieten in Kritik, da sie neben des unglücklich gewählten 43 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 147. 9
Zeitpunktes der Schließung wohl auch zu spät eingriffen. Vermutungen über Probleme der Bank hatte es schon länger gegeben. Neben weitreichenden Änderungen in der deutschen Bankenregulierung wurde in Folge dieses Vorfalls der für die Bankenaufsicht zukünftig wegweisende Basler Ausschuss für Bankenaufsicht gegründet.44 2.3. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS45) wurde im Jahr 1974 als Reaktion auf die von der Herstatt Bankpleite herbeigeführte Krise gegründet. Seither stammen die wichtigsten Reformanstöße im Bankenregulierungssektor vom BCBS46. Ursprünglich bestand der BCBS aus den G10 Staaten, wuchs aber im Laufe der Zeit auf 45 Mitglieder an, darunter Zentralbanken und Aufsichtsbehörden aus 27 Ländern und die EU47. Die EU ist mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und mit dem von der EZB selbstständig agierenden Single Supervisory Mechanism (SSM) vertreten. 48 Der Auftrag des BCBS ist die Verbesserung der Regelungen, Verfahren und Bankpraktiken im Bankensektor mit Fokus auf die Stärkung der globalen Finanzstabilität.49 Die Regelungen des BCBS werden in Form eines „Rahmenwerkes“ veröffentlicht. Diese sind bekannt als Basel I-III.50 Der BCBS ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel ansässig. Rechtlicher Status Der BCBS besitzt keine formale supranationale Autorität. Seine Beschlüsse sind unverbindlich. Der BCBS vertraut darauf, dass seine Mitglieder die Beschlüsse umsetzen, damit seine Ziele erfüllt werden. Die Mitglieder verpflichten sich grundsätzlich dazu.51 44 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 5ff. 45 Kurzform für „Basel Committe on Banking Supervision” 46 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 94. 47 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 19. 48 Die aktuelle Liste der Mitglieder findet sich unter: https://www.bis.org/bcbs/membership.htm 49 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 1. https://www.bis.org/bcbs/charter_de.pdf (abgerufen am 24.3.2021) 50 Ob es sich beim neuesten Rahmenwerk um ein gesondertes „Basel IV“ handelt ist strittig. Siehe Kapitel 4.1. 51 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 1. 10
Der BCBS kann keinen Zwang ausüben, seine Beschlüsse sind „soft law“. Druck wird allerdings über „peer reviews“ ausgeübt, mit denen die Umsetzung in den Mitgliedstaaten überprüft wird, anschließend werden die Ergebnisse publiziert. 52 In einem Briefing der Economic Governance Support Unit des EU Parlaments wird der BCBS als „A de facto standard setter in banking legislation“ bezeichnet53 Dies verdeutlicht den Stellenwert des BCBS für die globale Bankenaufsicht. Organisation Die Gruppe der Zentralbankpräsidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen (GHOS54) ist das Führungs- und Aufsichtsorgan des BCBS. Sie genehmigt wesentliche Beschlüsse des Ausschusses. Darunter strukturiert sich der BCBS in den a) Ausschuss, b) Unterauschüsse, Arbeitsgruppen und Task-Forces, c) den Vorsitzenden und d) das Sekretariat. Der Ausschuss ist als Entscheidungsorgan für die Erfüllung des Mandats des BCBS verantwortlich. Der Vorsitzende leitet die Arbeit des Ausschusses. Die Arbeit des BCBS wird weitgehend von den Unterauschüssen, Arbeitsgruppen und Task-Forces erledigt. Zur Unterstützung der Aktivitäten der genannten Organe stellt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) das Sekretariat zur Verfügung.55 Mitgliedschaft Mitglieder des BCBS sind „Instanzen mit direkten Bankenaufsichtsbefugnissen sowie Zentralbanken“. Die Aufnahme neuer Mitglieder richtet sich nach der Wichtigkeit des jeweiligen nationalen Bankensektors für die internationale Finanzstabilität. Der Ausschuss schlägt der GHOS Änderungen des BCBS Mitgliederkreises vor. 56 Neben Mitgliedern gibt es noch Beobachter, diese sind in Gremien des BCBS vertreten und „tragen zur Formulierung der Maßnahmen des BCBS bei“.57 Die aktuelle Liste der Mitglieder wird auf der Homepage des BCBS veröffentlicht.58 52 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 94. 53 Vgl Korpas/Magnus, The role of the Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) (2017), 1. https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document.html?reference=IPOL_BRI(2017)587390 (abgerufen am 22.3.2021). 54 Kurzform für „Group of Central Bank Governors and Heads of Supervision”. 55 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 3ff. 56 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 2. 57 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 7. 58 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 2. 11
Da auch viele „Instanzen, die nicht Mitglied des BCBS sind“, die Standards des Baseler Ausschusses umsetzen, bietet der BCBS auch Beratungsleistungen durch Unterorganisationen an nicht-Mitglieder an.59 Beschlussfassung Beschlüsse werden von den Mitgliedern einstimmig gefasst und – falls im öffentlichem Interesse – auf der BCBS Website kommuniziert.60 Obwohl die EU-Kommission kein Mitglied ist und somit kein Stimmrecht hat, kann sie als Beobachterin ihre Meinung zu den BCBS Vorschlägen kundtun. Aufgrund ihrer Wichtigkeit im EU-Gesetzgebungsprozess ist ihre Meinung signifikant.61 2.4. Basel I – (Der Basler Akkord) Überblick Nach mehrjähriger Arbeit, legte der BCBS62 im Juli 1988 Vorschriften über die Kapitalaustattung vor63. Das vorgelegte Regelungswerk gliedert sich in vier Abschnitte. Im ersten Abschnitt wurde das Eigenkapital definiert. Es unterteilte sich in Kernkapital und ergänzendes Eigenkapital. Beim Kernkapital (eigentliches Kapital) handelt es sich um das Aktienkapital und die offen ausgewiesenen Reserven. Der Baseler Ausschuss identifizierte das Kernkapital als „das einzige gemeinsame Element der Bankensysteme aller Länder“. Der BCBS misst der Behandlung des Kernkapitals dementsprechend hohe Priorität zu. Auch das später immer wieder diskutierte Hybride Kapital (Kapital, das sowohl Spezifika von Eigen- und Fremdkapital aufweist) wurde reguliert.64 Im zweiten Abschnitt wurde ein System zur Risikogewichtung präsentiert. Kreditrisiken sollten in Kategorien eingeteilt werden.65 Der dritte Abschnitt enthält Regelungen zur Eigenkapitalquote. Das anzustrebende 59 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 7. 60 Vgl Charta des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013), 4. 61 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 22. 62 Damalige Mitglieder waren die Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden der Zehnergruppenländer (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Schweden, Schweiz, USA) und Luxemburg. 63 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen Ausschuss für Bankenbestimmungen und –überwachung (1988), https://www.bis.org/publ/bcbs04ade.pdf (abgerufen am 18.3.2021). 64 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen Ausschuss für Bankenbestimmungen und –überwachung (1988), 5ff. 65 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen Ausschuss für Bankenbestimmungen und –überwachung (1988), 11ff. 12
Standardverhältnis von Eigenkapital zu risikogewichteten Aktiva sollte 8% betragen, davon wenigstens 4% Kernkapital. Diese Quote stellte einen Mindeststandard dar, den die internationalen Banken, der im Ausschuss vertretenen Länder, bis 1992 erreicht haben sollten.66 Im vierten Abschnitt wurden Übergangs –und Durchführungsregelungen festgelegt. 67 Der Basler Akkord („Basel 1“) war die erste internationale Regelung für Banken über Eigenkapitalquoten.68 Auf europäischer Ebene wurde beschlossen, die Baseler Eigenkapitalvorschriften für alle Kreditinstitute umzusetzen.69 In den Jahren um den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Basler Akkords (Basel I) wurde eine Reihe von bankaufsichtlichen Regelungen erlassen. Bis zur ersten Kodifizierung im Jahr 2000 waren die Regelungen in einzelne Richtlinien verteilt70: 2.5. Wesentliche Richtlinien bis zum Erlass der BCD:71 RL 89/299/EWG –Richtlinie über die Eigenmittel von Kreditinstituten, RL 89/647/EWG –Richtlinie über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute, RL 92/121/ EWG –Richtlinie über die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten, RL 92/30/ EWG –Richtlinie über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis, RL 77/780/ EWG –Erste Richtlinie zur Koordinierung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten der Kreditinstitute, RL 89/646/ EWG –Zweite Richtlinie zur Koordinierung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG, 66 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen Ausschuss für Bankenbestimmungen und –überwachung (1988), 18ff. 67 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen Ausschuss für Bankenbestimmungen und –überwachung (1988), 19ff. 68 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 96. 69 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, Grafik 1. 70 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 138. 71 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 137f und 147. 13
RL 73/183/ EWG –Richtlinie zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Tätigkeiten der Kreditinstitute und anderer finanzieller Einrichtungen; CAD (Capital Adequacy Directive) RL 93/6/ EWG –Richtline über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (CAD) Ergänzende Richtlinien: RL 86/635/EWG –Richtlinie über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten, RL 89/117/EWG –Richtlinie über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen, RL 94/19/EG –Richtlinie über Einlagensicherungssysteme; Österreich schuf zum EU-Beitritt und der damit einhergehenden Übernahme des bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Unionsrechts („Acquis Communautaire“), das Bankwesengesetz 1994. Es löste das Kreditwesengesetz (KWG) ab. Auch die in den folgenden Kapiteln vorgestellten Richtlinien CAD, BCD, CRD I, CRD II, CRD III, CRD IV und CRD V wurden im Wesentlichen im BWG oder in Form von Verordnungen, auf Grundlage von Ermächtigungen des BWG, umgesetzt. 72 2.6. Basel 1.5 Im Jänner 1996 veröffentlichte der BCBS eine Änderung der Eigenkapitalvereinbarung von 1988 („Basel I“) unter dem Titel „Änderung der Eigenkapitalvereinbarung zur Einbeziehung der Marktrisiken“73. Diese Änderung wird in der Literatur auch als „Basel 1.5“ bezeichnet74 und vom BCBS selbst als „erheblich“ beschrieben. Die Überarbeitung sollte bis Ende 1997 umgesetzt werden.75 Kern der Änderung war eine Ausdehnung der bisherigen Regulierung von Kreditrisiken auf Risiken aus Handelsgeschäften, die sich aus stark schwankenden 72 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 147. 73 Vgl BCBS, Änderung der Eigenkapitalvereinbarung zur Einbeziehung der Marktrisiken (1996), https://www.bis.org/publ/bcbs24ade.pdf (abgerufen am 18.3.2021) 74 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 97. 75 Vgl BCBS, Überblick über die Änderung der Eigenkapitalvereinbarung zur Einbeziehung der Marktrisiken (1996), Rz 2. https://www.bis.org/publ/bcbs23de.pdf (abgerufen am 29.3.2021) 14
Marktpreisen ergeben, wie zB Fremdwährungs- und Rohstoffrisiken. Banken wurden nun auch dazu verpflichtet, Eigenkapital für diese Risiken bereitzuhalten. Neben dem schon bisher vorgegebenen Standardverfahren zur Berechnung des notwendigen Eigenkapitals, durften ab Basel 1.5 auch bankinterne Modelle zur Berechnung der Marktrisiken verwendet werden.76 2.7. Einführung des Komitologieverfahrens Nach der Einführung des Euros im Jahr 1999 beschloss die EU-Kommission den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen (FSAP77). Dabei handelt es sich um einen Maßnahmenkatalog zur erfolgreichen Nutzung der neuen Währungsunion78 und der Schaffung eines Finanzbinnenmarkts. Zur Stärkung der Bankaufsichtsstrukturen enthält der Aktionsplan „Schritte, um die aufsichtsrechtlichen Regelungen (…) auf den höchsten Standard zu bringen“. Dabei sollen unter anderem die Vorschläge des BCBS berücksichtigt werden.79 Im Juli 2000 setzte der Rat einen Ausschuss unter der Leitung des Ökonomen Baron Alexandre Lamfalussy ein, um die institutionellen Rahmenbedingungen für die FSAP Maßnahmen zu untersuchen und zu erarbeiten. Der Lamfalussy Report über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte80 identifizierte eine Reihe von problembehafteten Themenfeldern („subjects“) und präsentierte notwendige Verbesserungsvorschläge um diese zu beheben81. Unter anderem kritisierte der Bericht einen ineffizienten Gesetzgebungsprozess und einen Mangel an einheitlicher Umsetzung von EU Recht in den Mitgliedstaaten. Zur Behebung des ineffizienten Gesetzgebungsverfahrens schlug das Lamfalussy-Kommittee die Einführung eines 4- Stufen-Modells (Komitologieverfahren) vor, so wie die Schaffung des Europäischen Wertpapierausschusses und des Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für 76 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 98. 77 „Financial Services Action Plan“ 78 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 138. 79 Vgl Mitteilung der Kommission vom 11. Mai 1999 „Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan" https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=LEGISSUM:l24210&from=DE (abgerufen am 24.3.2021) 80 Vgl Final report of the committee of wise men on the regulation of european securities markets (2001)https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/lamfalussy_report.pdf (abgerufen am 23.3.2001) 81 Vgl Final report of the committee of wise men on the regulation of european securities markets (2001), 3ff. 15
das Wertpapierwesen (CESR82). Das 4-Stufen-Modell, sowie die Schaffung von CESR und des Europäischen Wertpapierausschusses83 wurde im März 2001 vom Europäischen Rat angenommen.84 2.7.1. Das 4-Stufen-Modell85 Stufe1: Richtlinien und Verordnungen werden auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach eventueller Konsultationen mit dem CESR und des Europäischen Wertpapierausschusses, von Rat und Europäischen Parlament angenommen. Stufe 2: Die Sekundärrechtsakte der Stufe 1 ermächtigen die Europäische Kommission zur Erlassung von technischen Durchführungsmaßnahmen in Form von Richtlinien und Verordnungen. Für diese technischen Durchführungsmaßnahmen wird der CESR beratend tätig. Dem Europäischen Wertpapierausschuss kommen Regelungskompetenzen zu. Stufe 3: Der CESR erarbeitet Leitlinien zur Umsetzung der auf Stufe 1 und Stufe 2 erlassenen Maßnahmen. Diese erarbeiteten Empfehlungen sind jedoch nicht rechtlich verbindlich. Stufe 4: Die Europäische Kommission überprüft die korrekte Umsetzung der erlassenen Sekundärrechtsakte durch die Mitgliedstaaten. Ursprünglich waren die Vorschläge des Lamfalussy-Reports für den Wertpapierbereich erarbeitet worden. Im Jahr 2002 beauftragte jedoch der Rat den Wirtschafts- und Finanzausschuss (EFC86) mit der Untersuchung der Sinnhaftigkeit der Ausdehnung des Lamfalussy-Verfahrens auf den Banken- und Versicherungsbereich. Der Bericht des EFC empfahl die Ausweitung und erarbeitete 82 „Committee of European Securities Regulators” 83 Vgl Beschluss 2001/528/EG vom 6. Juni 2001, ABl L 191/45 vom 13. Juli 2001 idgF bzw Beschluß 2001/527/EG vom 6. Juni 2001, ABl L 191/43 vom 13. Juli 2001 idgF. 84 Vgl Alexander Karpf, Der Lamfalussy-Prozeß , ÖBA 2005, 573 (573) 85 Vgl Alexander Karpf, Der Lamfalussy-Prozeß , ÖBA 2005, 573 (574). 86 „Economic and Financial Committee“ 16
die notwendigen Rahmenbedingungen. Im Jahr 2005 wurde in Form einer Richtlinie87 die neue Ausschussstruktur geregelt. Als Gegenstück zum CESR wurde für den Bankenbereich der Ausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden (CEBS88) gegründet. Die Funktion des Europäischen Wertpapierausschusses übernahm der Europäische Bankenausschuss. Die Arbeit des CEBS umfasste insbesondere die Umsetzung der mit Basel II vereinbarten Eigenkapitalvorschriften. 89 Die Einführung Komitologieverfahrens war die Basis für ein reaktionsschnelles Gesetzgebungsverfahren im Aufsichtsrechtlichen Bereich.90 2.8. Kreditinstitutrichtlinie (BCD) Im Jahr 2000 wurden mit der Kreditinstitutrichtlinie 2000/12/EG ein großer Teil der Richtlinien, die bis zu diesem Zeitpunkt bestanden, in einer Richtlinie zusammengefasst. Diese Richtlinien wurden bis zur BCD (Banking Consolidation Directive) schon mehrmals verändert, sodass der europäische Gesetzgeber es aus Gründen der Übersichtlichkeit für angebracht hielt, sie gemeinsam zu kodifizieren.91 Inhaltlich kam es bloß zu wenigen Änderungen.92 2.9. 2004 Basel II Überblick Wie bereits Basel I stellt auch Basel II das Ergebnis eines mehrjährigen Arbeitsprozesses dar. Schon im Jahr 1999 wurden erste Vorschläge zur Änderung 87 Vgl Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005 zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 85/611/EWG, 91/675/EWG, 92/49/EWG und 93/6/ EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/19/EG, 98/78/EG, 2000/12/EG, 2001/34/EG, 2002/83/EG und 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer neuen Ausschussstruktur im Finanzdienstleistungsbereich, ABl 2005 L 79, 9. 88 „Committee of European Banking Supervisors” 89 Vgl Alexander Karpf, Der Lamfalussy-Prozeß , ÖBA 2005, 573 (580). 90 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 139. 91 Vgl Erwägungsgrund 1 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, Abl 2000 L 126, 1. Kurz: Kreditinstitut-RL 2000/12/EG Abl 2000 L 126, 1. 92 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1-Q2/20, 140. 17
des bisherigen Baseler Rahmenwerks veröffentlicht. Im Juni 2004 wurde die überarbeitete finale Rahmenvereinbarung - bekannt als Basel II - beschlossen.93 Ein Hauptkritikpunkt an Basel I war, dass unterschiedliche Risiken in dieselbe Risikokategorie fielen und somit gleich behandelt wurden. Unter anderem wurden Kredite an solide Großkonzerne gleich behandelt wie (üblicherweise) risikoreichere Kredite an junge Internetunternehmen. Beide Kredite mussten mit 8% Eigenkapital unterlegt werden. Diese Gleichbehandlung setzte einen unerwünschten Anreiz, tendenziell riskantere Kredite zu vergeben. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass Basel I andere Risiken wie zB Marktpreisrisiken unberücksichtigt ließ.94 Basel II veränderte die Eigenkapitalberechnung (und somit die Eigenkapitaldeckung) deutlich.95 Inhalt Basel II teilt sich in 4 Teile: Im ersten Teil finden sich Regelungen zum Anwendungsbereich, die anderen 3 Teile werden als Säulen bezeichnet. Säule 1 - Mindestkapitalanforderungen Wie bereits oben erwähnt, war die mangelnde Unterscheidung der Kreditrisiken ein wesentlicher Kritikpunkt. Um dem entgegenzuwirken führte Basel II ein Bonitätssystem ein. Kreditnehmer wurden nun individuell bewertet und bonitätsabhängig gewichtet. Die Ermittlung der Bonitätsnoten durfte durch Ratingagenturen oder Bankinterne Risikoberechnungsmodelle durchgeführt werden. Die externe, von Ratingagenturen gestellte Risikoanalyse wird Standardansatz genannt. Die beiden Bankinternen Berechnungsmethoden werden Basisansatz (Foundation Internal Ratings-Based Approach, IRBA) und Fortgeschrittener Ansatz (Advanced Internal Ratings-Based Approach, A-IRBA) genannt. Wenn sich eine Bank für einen internen Ansatz entscheidet, muss sie diesen von der Bankaufsicht genehmigen lassen.96 93 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2004) https://www.bis.org/publ/bcbs107ger.pdf (abgerufen am 19.3.2021). 94 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 98f. 95 Vgl Andrae/Hellmich/Schmaltz, Bankaufsichtliches Risikomanagement (2018), 36. 96 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 101. 18
Säule 2 – Aufsichtliches Überprüfungsverfahren Bei den Kapitalanforderungen aus Säule 1 handelt es sich um Mindestkapitalanforderungen. Die bankaufsichtliche Praxis hat allerdings gezeigt, dass sie alleine nicht reichen um die Zahlungsfähigkeit der Bank zu gewährleisten. 97 Säule 2 wird auch qualitative Bankenaufsicht genannt, weil die Bankenaufseher individuelle Risikoprofile der Banken erstellen und dabei Risiken berücksichtigen die von Säule 1 (rein quantitative Bankenaufsicht) nicht erfasst werden.98 Die drei Hauptbereiche, die die qualitative Bankenaufsicht von nun an betrachten sollte, sind Risiken, die in Säule 1 garnicht berücksichtigt werden (zB Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch) oder nicht vollständig erfasst werden (zB Kreditrisikokonzentration) und Einflüsse, die nicht zu den Bankinterna gehören (zB. Auswirkungen des Konjunkturzyklus).99 Die Bankaufsicht sollte beurteilen ob eine Bank ihren Kapitalbedarf und ihre Risiken richtig einschätzt und gegebenenfalls eingreifen.100 Bankaufseher sollten auf Erhöhung des Eigenkapitals drängen können.101 Neben der Erhöhung des Eigenkapitals, schlug Basel II zur Minimierung der Risiken ua auch die Anwendung interner Limits, Stärkung von Rückstellungen und Reserven und Verbesserung der internen Kontrollen vor. Die Eigenkapitalaustattung alleine sollte nicht als Ersatz für mangelhafte Kontroll -oder Risikomanagementverfahren betrachtet werden.102 Insgesamt sollte das aufsichtliche Überprüfungsverfahren, die Banken dazu ermutigen, bessere Risikomanagementverfahren für ihre speziellen Risiken zu entwickeln.103 97 Vgl Andrae/Hellmich/Schmaltz, Bankaufsichtliches Risikomanagement (2018), 36. 98 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 102. 99 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2004), Rz 724. 100 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2004), Rz 722. 101 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2004), Rz 756. 102 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2004), Rz 723. 103 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen(2004), Rz 720. 19
Säule 3 - Marktdisziplin Säule 3 enthält Offenlegungsvorschriften, diese ergänzen Säule 1 und Säule 2 Sie sollten die Marktdisziplin erhöhen und es anderen Marktteilnehmern ermöglichen aus den veröffentlichten Informationen die Eigenkapitalsituation der Bank beurteilen zu können.104 Der BCBS sah vor, dass alle Regelungen bis 2007 umgesetzt werden sollten.105 Bereits ein Jahr später erfolgte eine Änderung, die hauptsächlich das Handelsbuch betraf.106 2006 veröffentlichte der BCBS ein umfassendes Dokument, dass neben Basel II (2004), die noch gültigen Teile von Basel I, sowie die Änderungen von 2005 enthielt.107 2.10. CRD I - Capital Requirements Directives Die neuen Basler Eigenkapitalvorschriften wurden vom europäischen Gesetzgeber im Jahr 2006 mit der Bankenrechtlinie108 und der Kapitaladäquanzrichtlinie (Eigenkapitalrichtlinie)109 umgesetzt: Beide Richtlinien sind Neufassungen der bereits bestehenden und mehrmals veränderten BCD und CAD110 und wurden im Bemühen um eine klare Normsetzung erlassen.111 112 Die erlassenen Richtlinien sollten die gravierendsten Unterschiede in den verschiedenen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in Hinblick auf Aufnahme, 104 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen(2004), Rz 809. 105 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen(2004), Rz 2. 106 Vgl Osman, Basiswissen Bankenaufsicht (2018), 99. 107 Vgl BCBS, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (2006) https://www.bis.org/publ/bcbs128ger.pdf, (abgerufen am 22. 3 2021). 108 Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute ABl 2006 L177, 1 Kurz: Banken-RL 2006/48/EG, ABl 2006 L 177,1. 109 Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABl 2006 L 177, 201. Kurz: Eigenkapital-RL ABl 2006, L177, 201. 110 Vgl CAD 93/6/EWG, Abl 1993, L 141, 1. 111 Vgl Erwägungsgrund 1 Banken-RL 2006/48/EG, Abl 2006 L 177,1. 112 Vgl Erwägungsgrund 1 Eigenkapital-RL Abl 2006, L177, 201. 20
Ausübung und Aufsicht von Kreditinstituten beseitigen.113 Gemeinsam werden diese beiden Richtlinien als Capital Regulation Directives (CRD I) bezeichnet114. Auch die folgenden für die Bankenaufsicht wesentlichen Richtlinienpakete werden als Capital Regulation Directives - CRD bezeichnet. 3. Bankenregulierung ab der Finanzkrise 2007 3.1. Finanzkrise 2007 Ausgehend von der amerikanischen Subprime Krise im Jahr 2006 überrollte im Jahr 2007 die Finanzkrise Europa und löste eine signifikante Banken –und Schuldenkrise innerhalb der EU aus. Unter Subprime Krediten versteht man Kredite, die an Kunden mit nicht erstklassiger Bonität vergeben werden. Viele dieser Subprime Kredite wurden in einer Niedrigzinsphase für Immobilienerwerbe vergeben. Zeitgleich zum Platzen der amerikanischen Immobilienblase erhöhte die dortige Zentralbank die Zinsen. Im Ergebnis konnten viele Immobilienbesitzer, aufgrund der gestiegenen Kreditkosten, die Raten nicht mehr bedienen und Liegenschaften mussten reihenweise verkauft werden, was zu einem drastischen Wertverfall am Immobilienmarkt führte. Internationale Dimensionen erlangte die Subprime Krise, aufgrund des regen Handels mit teilweise komplex verbrieften Kreditprodukten zwischen den ursprünglich kreditvergebenden Banken und international tätigen Investmentbanken. Investoren hatten sich oftmals auf Ratingagenturen verlassen, die die Risiken, die aus den Subprime Krediten erwuchsen, unterschätzten. Mit der darauf folgenden Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers und der Entscheidung der US Regierung diese nicht zu retten, verstärkte sich die Krise erheblich. Aufgrund der mangelhaften Ausweisung der komplexen Immoblienkreditprodukte in den Bilanzen der Banken, schwand das Vertrauen zwischen ihnen, da nicht absehbar war, wie stark eine Bank in den toxischen Immobilienmarkt verstrickt war und somit vielleicht selbst vor dem Kollaps stand. Die wichtige Kreditvergabe zwischen den Banken kam somit ins Stocken und weltweit mussten Notenbanken Maßnahmen für betroffene Institute treffen. Innerhalb Europas 113 Vgl Erwägungsgrund 2 Banken-RL 2006/48/EG, Abl 2006 L 177,1. 114 Vgl Boss/Kaden/Schwaiger, Das europäische Regelwerk für Bankenaufsicht und sein institutioneller Rahmen seit dem EU-Beitritt Österreichs, Monetary Policy & the Economy, ÖNB, Q1- Q2/20, 140. 21
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