"Die Grabenkämpfe sind vorbei" - Deutsches Studentenwerk
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www.studentenwerke.de 4 /2014 Das Magazin des Deutschen Studentenwerks R KALENDE 2015 ZUM HER SN AU E H M E N! „Die Grabenkämpfe sind vorbei“ Die KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann erklärt, warum Bund und Länder eine neue Art der Zusammenarbeit finden müssen. Preiswürdig wohnen Sturmerprobter Pädagoge Barbara Hendricks Studentisches Leben in aus- Der Vorsitzende des Wissenschafts- Die Bundesbauministerin ist gegen gezeichneten Wohnheimen rats Manfred Prenzel im Porträt Denkschranken beim Wohnheimbau
EDITORIAL EIN KAHLER RAUM SEIT TAGEN KEIN SCHLAF MÜDE KURZ VORM EINSCHLAFEN Pingpong EIN SCHLAG INS GESICHT W undern Sie sich Kultushoheit lassen wir ihn nicht heran. Spannende Zukunftsaus- MÜDE nicht, wenn Sie die- ses Heft durchblät- tern. Aber wahr- sichten für die Kooperation. Apropos sozialer Rahmen: Beide betonen die Bedeutung der Stu- dentenwerke für den Hochschulbereich. Und beide verweisen auf KURZ VORM EINSCHLAFEN scheinlich irritiert Sie nichts mehr, was das Zuständigkeitspingpong von die Zuständigkeit der Länder. Die KMK-Präsidentin sieht die Finan- zierung der Studentenwerke nicht als Thema für die KMK. Das war einmal anders, solange es den Unterausschuss für studentische An- EIN SCHLAG INS GESICHT Bund und Ländern betrifft. Im Interview fordert die amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Sylvia gelegenheiten der KMK gab. Ist die Versorgung von 2,7 Millionen Studierenden wirklich kein Thema für die KMK, wenn sich der Bund nicht zuständig fühlt? Und ist es nicht doch ein Thema für den EIN SCHLAG INS GESICHT »Ist die Versorgung Löhrmann, vom Bund, mehr soziale Ver- antwortung zu übernehmen. Die Bun- desministerin für Umwelt, Naturschutz, Bund, der sich mit immer neuen Hochschulpakten am Ausbau der Studienplätze beteiligt, jedoch nicht zur Kenntnis nehmen will, dass die Kapazitätserweiterung der Hochschulen zwangsläufig den EIN SCHLAG INS GESICHT von 2,7 Millionen Studierenden Bau und Reaktorsicherheit, Barbara Hendricks, sieht dagegen die Länder in der Verantwortung. Nun könnte man die Bedarf an Studentenwohnheimplätzen und Verpflegungsmöglich- keiten erhöht? Die Bundesbauministerin sieht die Länder beim Wohnheimbau in der Pflicht, aber sie will sich immerhin beim an- Gegensätzlichkeit der Aussagen darauf gekündigten Zehn-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm der Bun- wirklich kein zurückführen, dass beide unterschiedli- desregierung keine Denkschranken auferlegen. Vielleicht profitieren Thema für che Ressorts vertreten. Ganz so einfach dann diejenigen Studierenden, die dringend auf bezahlbaren Wohn- BIS DU WAS DAGEGEN TUST. die KMK, ist es aber nicht am Vorabend einer Ver- raum angewiesen sind, doch endlich davon. wenn sich fassungsänderung, die zu mehr Koopera- Dieses Pingpong macht Sorge, auch im Hinblick auf die anste- der Bund tion von Bund und Ländern im Hoch- hende Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen, die eigent- AUF AMNESTY.DE/STOPFOLTER nicht zuständig fühlt?« schulbereich führen soll, allerdings der Einstimmigkeit bedarf. Und die herzu- stellen kann dauern, wenn der wesentli- lich noch vor Jahresende abgeschlossen sein soll. Die Zuständig- keiten mögen künftig zwar eindeutiger verteilt sein, nur wer kommt dann für notwendige Infrastrukturinvestitionen im che, autonome Entscheidungsbereich Zuständigkeitsloch auf ? Achim Meyer der Länder unangetastet bleiben soll. auf der Heyde Die KMK-Präsidentin hat Recht, Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen wenn sie eine neue Form der Zusam- FOTOS: KAY HERSCHELMANN (TITEL UND EDITORIAL) menarbeit zwischen Bund und Ländern für notwendig hält und in der Bildungs- politik andere Themen in den Vorder- grund drängen: sozialpolitische Fragen, Inklusion und soziale Disparitäten. Oder Achim Meyer auf der Heyde wenn sie Schul- und Bildungspolitik da- Generalsekretär des mit gleichzeitig zu Sozial-, Wirtschafts-, Deutschen Studentenwerks Integrations- und Gesellschaftspolitik » achim.meyeraufderheyde@ studentenwerke.de erklärt und in dieser Logik den Bund in seiner Zuständigkeit für die Sozialgeset- ze als Finanzier in die Pflicht nehmen will. Ein bisschen klingt es aber danach: Der Bund ist für den sozialen Rahmen im Bildungsbereich zuständig, an die DSW JOURNAL 4/2014 3
INHALT Das Magazin des Deutschen Studentenwerks Heft 4 Dezember 2014 POLITIK PRAXIS / 20-29 PROFILE PERSPEKTIVE FOTOS (LINKS): KAY HERSCHELMANN, OLIVER HEISSNER/HAMBURG, NOT ONLY PIXEL, PAAVO BLÅFIELD; FOTOS (RECHTS): ROBERT MICHAEL/DPA, MICHAEL GOTTSCHALK/GETTY IMAGES; Der Bund muss mehr soziale Sturmerprobter Verantwortung Pädagoge übernehmen Er behält immer die Nerven, erst recht als Vorsitzender des Wissenschaftsrats. Porträt des obersten deutschen Wissenschaftslobbyisten Manfred Prenzel. Von Anja Kühne / 30 Preiswürdig wohnen Vorbild Viele Studentenwohnheime sind mit Fachhochschule Preisen ausgezeichnet worden: für ökologische und nachhaltige Bauweise, Offiziell will sich noch niemand festle- energieeffiziente Technik und die gen, aber offenbar steht China davor, Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) zieht am Ende ihrer Amtszeit als Präsidentin Verwendung besonderer Materialien. viele seiner Universitäten in stärker der Kultusministerkonferenz ein Fazit. Interview mit Armin Himmelrath / 12 Von Cornelia Greve und praxisbezogene Fachhochschulen oder Sabine Jawurek / 20 Berufsfachschulen umzuwandeln. Von Jeannette Goddar / 34 Wie weit ist die Bologna-Mythen „Hochschule für Alle“? 15 Jahre Bologna-Reform ist Anlass genug Einfach lecker! für Anerkennung und Kritik. Eine Die Marke mensaVital der Inklusion an Hochschulen: Die kritische Analyse von Dieter Lenzens Studentenwerke hat sich gesetzlichen Vorgaben sind klar. Buch „Bildung statt Bologna!“ zu einem Gütesiegel Doch wie weit sind die Hochschulen und Von Wolf Wagner / 18 für gesundes Essen in Länder bei der Umsetzung? Von Wiebke Toebelmann / 16 den deutschen Mensen entwickelt. Von Bettina Kracht / 26 Mut zur Lücke CAMPUS Studierende von 34 Hochschulen haben 13 FRAGEN AN ... Kurz, knapp und informativ: diese Lücke beim Fotowettbewerb der … Barbara Hendricks, Zahlen, Daten und Fakten Studentenwerke in Bildern festgehalten, Bundesministerin für ILLUSTRATION: JACQUELINE URBAN aus der Bildungswelt / 6 um auf etwas Fehlendes hinzuweisen Umwelt, Naturschutz, oder um sie als Platz für Neues zu zeigen. Bau und Reaktor- Von Anne Renner / 28 sicherheit / 36 Teamwork Ein Gedanke noch Die Zwei von Der DSW-Präsident hat das der WIZ / 11 letzte Wort / 38 4 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 5
CAMPUS CAMPUS Ei ei ei, Cottbus! KABARETT Im Winter nach Cottbus, im Januar in die Lausitz? Unbedingt! Das Studentenwerk Frankfurt (Oder) lädt nach Cottbus zu „Ei(n)fälle“, dem bundesweiten Kabaretttreffen der CAMPUS Studiosi. Es findet im Januar 2015 zum 20. Mal statt, und wieder wird es ein „Best-of“ des stu- dentischen Kabaretts: „Zärtlichkeiten mit Freunden“ sind dabei, der böse Tilman Lucke, der FOTO: (LINKS): MP-A, WWW.CLAUDIA-DALBERT.DE/REINER KURZEDER; FOTOS (RECHTS): STUDENTENWERK POTSDAM; ILLUSTRATION: SAMUEL VON DÜFFEL „Prolästerrat“ aus Magdeburg, „ROhr- stOck“ aus Rostock. Es wird sauko- misch, hintergründig, nonsensig – und manchmal wird es auch weh tun. Am 17.1.2015 geht’s los mit der satiri- schen Kurzfilm-Nacht, es folgen Science Slam (20.1.), die Eröffnungs- gala im Staatstheater Cottbus (22.1.) Die „Alte Mensa“ des Studentenwerks München wurde von 2009 bis 2012 nach neuesten Sicherheitsanforderungen saniert. und der Lesebühnen-Brunch in der Mensa am 25.1.2015. Karten sichern, HEIKO SAKURAI Neue Alte Mensa hingehen! sg » www.studentenkabarett.de DENKMALPFLEGEPREIS Wie schön denkmalge- forderungen an Brandschutz, Energieverbrauch und Der schützte Gebäude aus den 1970er Jahren saniert werden technischer Gebäudeausrüstung. Grund genug für um- „Wie ge-wohnt“ können, ohne das traditionelle Erscheinungsbild zu fassende Sanierungsmaßnahmen. Das Ergebnis über- Potsdamer zerstören, ist an diesem Bauwerk besonders gut zu se- zeugte die Jury der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau hen: die Mensa Oberwiesenfeld des Studentenwerks und des Landesamts für Denkmalpflege, die es mit München. Ursprünglich wurde die „Alte Mensa“ an- dem Bayerischen Denkmalpflegepreis 2014 in Silber in WETTBEWERB Nach „Was isst Du?“ und schwierig ist, bezahlbaren Wohnraum zu lässlich der Olympischen Spiele 1972 gebaut. Nach der Kategorie „Öffentliche Bauwerke“ auszeichnete. ml DER NEUE Seit dem 1. November „Diversity? Ja bitte!“ geht der Plakatwettbe- finden. Der Plakatwettbewerb findet zum Jahrzehnten intensiver Nutzung entsprach sie Anfang » www.bayika.de/de/denkmalpflegepreis 2014 ist Peter Heiß neuer Geschäfts- werb des Deutschen Studentenwerks mit 29. Mal statt und wird vom Bundesministe- KURZ GESAGT des neuen Jahrtausends nicht mehr den aktuellen An- » www.stwm.de führer des Studentenwerks Potsdam. dem Thema Wohnen in die nächste Runde. rium für Bildung und Forschung gefördert. Der gelernte und studierte Kaufmann Unter dem Motto „Wie ge-wohnt“ ruft der Kooperationspartner ist das Museum für arbeitet seit 2011 im Studentenwerk, Wettbewerb Studierende der Fächer Grafik- Kommunikation Berlin. ar bisher als Leiter der Zentralabteilung. design, Kommunikationsdesign und Visu- » www.studentenwerke.de/ Er freut sich auf seine neue Aufgabe: elle Kommunikation dazu auf, ihre persön- de/29plakatwettbewerb … 82 % der Studierenden innerhalb der Vorlesungszeit im „Ich wünsche mir, dass das Studen- lichen Erfahrungen und individuelle Wussten Laufe einer Woche eine Mensa oder Cafeteria nutzen? tenwerk Potsdam weiterhin von den Studierenden, den Hochschulen und Botschaft gestalterisch umzusetzen. Die aktuelle 20. Sozialerhebung »Studenten- Sie schon, Im Durchschnitt suchen sie 3 x wöchentlich eine Mensa dem Land Brandenburg als kompe- des DSW zeigt, dass studenti- werke sind für dass … oder Cafeteria auf. Studenten gehen häufiger als tenter Ansprechpartner und Dienstleister für die sozia- sche Wohnformen sehr viel- fältig sind. Fast 30 Prozent der die Betreuung Studentinnen dort essen: Studenten 3,6 x, Studentinnen len Rahmenbedingungen Studierenden leben in einer der Studieren- den ein Muss« 3 x pro Woche. Die Hauptgründe, die sporadische Nutzer des Studiums wahrgenom- men wird.“ Peter Heiß ist WG, jeweils rund ein Fünftel allein oder mit Partner/Partnerin. vom Mensabesuch abhalten, sind Lehrveranstaltungen, gebürtiger Potsdamer, er 23 Prozent wohnen noch bei ihren Claudia Dalbert, die zeitlich ungünstig liegen (48 %) und ist verheiratet und Eltern, 10 Prozent im Wohnheim. genereller Zeitmangel (36 %). wissenschafts- und hoch- hat zwei Kinder. jaw Gleichzeitig machen viele Studie- schulpolitische Sprecherin rende gerade zum Beginn des Win- der Landtagsfraktion FOTOS Bündnis 90/Die Grünen in » www.sozialerhebung.de » www.studenten- tersemesters in vielen Hochschul- Sachsen-Anhalt werk-potsdam.de städten die Erfahrung, dass es 6 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 7
CAMPUS CAMPUS ZAHLENWERK Studentenwerke im Zahlenspiegel 2013/2014 2,3 Mio. STUDIERENDE 1,58 Mrd. Euro Gesamteinnahmen, davon sind 16,4 % Semesterbeiträge. 2 Männer, 2 Oscars GV-MANAGER Michael Gradtke vom Studierendenwerk Hamburg (links) und Gerd Schulte-Terhusen sind „GV- Manager des Jahres 2014“. Das Fach- magazin „GVmanager“ ehrt damit seit 2009 Führungskräfte der Gemein- Er ist verantwortlich für neun Mensen und Cafeterien sowie ein Restaurant. Die Studentenwerke zählen zu den größten Gemeinschaftsverpflegern Deutschlands; sie bereiten im Jahr rund 90 Millionen Essen zu. Rund KOLUMNE Auf ein Wort Unerklärliche Phänomene 232 U schaftsverpflegung (GV). Erstmals 800 000 Studierende essen täglich in 58 ging der Preis gleich an zwei einer Mensa der Studentenwerke. sg ps – ist es etwa schon wieder so- FOTOS (LINKS): STEFAN KAMINSKI, DIE LINKE, PRIVAT, NINA ALTMANN; FOTOS (RECHTS): GV-MANAGER; PLAKATE: NAM DO HOAI; ILLUSTRATION: DOMINIK HERRMANN 925 Mensen Fachleute. Gradtke, Abtei- » dswurl.de/GVmanager2014 weit? Das Weihnachtsgeld ist der, lungsleiter Hochschulgas- wenn auch sehr angenehme, doch und Cafeterien tronomie beim Studie- unverkennbare Indikator: Das Jahr geht zu mit einem rendenwerk Hamburg, kreierte etwa einen Kli- Ende. Wie immer, so kommt es auch in die- sem Jahr wieder ganz unerwartet und STUDENTEN- WERKE Gesamtumsatz mateller und erweiter- plötzlich. Obwohl eine gewisse Erschöp- te für Hamburgs Stu- fung überall zu spüren ist, bemerke ich von rund 415 KINDERBETREUUNGS- dierende das vegane doch auch eine gewisse Vorfreude auf eini- EINRICHTUNGEN MIT Mio. Euro, das Angebot. Schulte- Terhusen leitet ge ruhige Tage zum Regenerieren, Gedan- ken ordnen, Abschließen von Projekten 19 000 8335 ist ein Umsatz- beim Studenten- sowie Sortieren und Wegheften der Papier- werk Essen-Duisburg stapel, die sich in zwölf Monaten angesam- plus von 3 % die Hochschulgastronomie. melt haben und nun auf ihren Platz im Ar- gegenüber chiv warten. Wie jedes Jahr, wird insbeson- dere letzteres immer auf die ruhigere Zeit MITARBEITER/INNEN dem Vorjahr. BETREUUNGSPLÄTZEN. Ehrung (v. l.) Michael Gradtke, Studierendenwerk Hamburg, um Weihnachten und Sylvester verscho- ben. Und wie ebenfalls jedes Jahr, ist der und Gerd Schulte-Terhusen, QUELLE: DEUTSCHES STUDENTENWERK Stapel am Anfang des neuen Jahres nur un- Studentenwerk Essen-Duisburg wesentlich kleiner geworden. Das ist defi- nitiv ein zuverlässiges, immer wiederkeh- rendes Phänomen! Ich frage mich, woran liegt das? Liegt es daran, dass allen immer EINE FRAGE ... noch kurz vor Weihnachten wichtige Dinge mit höchster Priorität einfallen, die es zu- Wo soll der Bund nach der GG-Änderung Akzente setzen? erst zu erledigen gilt? Selbst die Grundge- Antworten von den Bildungsexperten der Bundestagsfraktionen setzänderung und die BAföG-Reform gehen noch kurz vor knapp, quasi auf den letzten Drücker, in und hoffentlich auch durch Kai Gehring MdB Nicole Gohlke Ernst Dieter Albert Rupprecht den Bundesrat. Ich sehe es ja ein: Irgend- Bündnis 90/Die MdB Rossmann MdB MdB wann muss alles endlich zum Abschluss Grünen Die Linke SPD CDU/CSU geführt werden. Oder liegt es daran, dass diese Tätigkei- Aus den Wissenschaftspakten Die völlig unzureichende Grund- Der Bund soll die Hochschulen Wir gewährleisten Nachhaltig- ten einfach nur lästig sind und deshalb ger- mit kurzen Laufzeiten muss ei- gesetzänderung soll Planungs- in der Breite unterstützen, keit, die wir etwa mit dem Quali- ne liegengelassen werden? Es muss doch ne dauerhafte und verlässliche sicherheit wenigstens für die zum Beispiel mit einer Versteti- tätspakt Lehre oder der Exzel- schön sein, im Januar in ein aufgeräumtes Finanzierung für die Hochschu- Hochschulen herstellen. Wenn gung der Hochschulpakte, dau- lenzinitiative angestoßen haben. len erwachsen. Ihre Grundfinan- Frau Wanka es damit ernst erhaft die Nachwuchswissen- Dazu gehört auch die Förde- Büro zu kommen. Theoretisch zumindest, zierung und Ausstattung muss meint, dann muss der Bund flä- schaftler fördern und die rung von Kooperationen. Insge- denn praktisch kann ich da nicht mitre- Händchenhalten für Diversity gesamtstaatlich stabilisiert und chendeckend in die Grundfinan- Zusammenarbeit von außeruni- samt wollen wir die internatio- den. Also, woran liegt’s, dass es in meinem gestärkt werden. Dazu gehören zierung einsteigen. Die Spiel- versitärer und Hochschulfor- nale Sichtbarkeit exzellenter Büro im Januar immer noch genauso aus- ein zukunftsgerechter Hoch- chen um den Hochschulpakt schung erleichtern beziehungs- Hochschulen erhöhen, um den sieht wie im Dezember? schulbau und faire Wissen- müssen beendet und die Exzel- weise stärker unterstützen. Innovationsstandort Deutsch- schaftskarrieren. lenzinitiative eingestellt werden. land zu stärken. PLAKATE Jetzt kostenlos bestellen: die Sieger-Plakatserie von Nam Do Hoai, Fach- hochschule Düsseldorf, aus dem 28. Plakatwettbewerb des Deutschen Studenten- Marijke Lass, Chefredakteurin » www.kai-gehring.de » www.nicole-gohlke.de » www.ernst-dieter-rossmann.de » www.albert-rupprecht.de werks, Thema „Diversity? Ja bitte!“ – und viele weitere schöne, knallige Plakate. » marijke.lass@studentenwerke.de » www.studentenwerke.de/de/content/plakatbestellung 8 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 9
CAMPUS SERIE CAMPUS TEAMWORK im Studentenwerk Auserchoren KURZ UND KNAPP 9 10 11 12 13 14 15 16 E-Auto für alle Deutschland überhaupt KLANGVOLL Chöre gibt es schon ein Windrad in Betrieb. viele in Berlin, aber so einen gab Bochumer Studierende Es befindet sich auf dem es noch nie: den hochschulüber- haben es gut: Mit ihrem Dach der Mensa der greifenden Jazz-Pop Chor Unität Semester-Ticket kön- Technischen Universität des Studentenwerks Berlin. So- nen sie den Öffentli- Hardenbergstraße, ne- wohl Berliner Studierende ver- chen Nahverkehr kos- ben den bereits instal- schiedener Hochschulen als auch tenlos in ganz Nord- lierten Solarstrom- und Mitarbeiter des Studentenwerks rhein-Westfalen nut- Solarthermieanlagen. sind dort herzlich willkommen. zen. Um die Studis noch Die damit gewonnene Chorerfahrung wird gerne gese- mobiler zu machen, be- Energie wird zur Strom- hen, ist aber nicht zwingend not- sorgte das Akademische und Warmwassererzeu- wendig. Der Chorleiter, Student Förderungswerk gung der Mensa ge- Sven Rätzel, kümmert sich zu- (AKAFÖ) für das Wohn- nutzt. Studentenwerk sammen mit einem Pianisten heim Stiepeler Straße Berlin goes green! em und einem Stimmbildner darum, 71a ein Elektroauto » www.studentenwerk- dass alles harmonisch klingt. samt Ladestation und berlin.de Man wird ihn bald auf Konzerten, stellt dort ein Car-Sha- Flashmobs und Uni-Evens live ring zur Verfügung. Das erleben können. ar Anmieten kostet 3,25 20 Jahre » www.studentenwerk-berlin.de Euro pro Stunde und im TUSCULUM Nachttarif (20.00–8.00 Uhr) nur 1,50 Euro. Die Das Studentenwerk ganze Nachbarschaft Dresden hat die 1893 im 3000 Bio-Tüten für Studis profitiert, denn das Pi- spätklassizistischen Stil FOTO (LINKS): STUDIERENDENWERK HEIDELBERG; PLAKAT: STUDENTENWERK BERLIN; FOTO (RECHTS): PAAVO BLÅFIELD lotprojekt RUHRAUTOe erbaute Villa „Tuscu- mit dem Studentenra- lum“ 1992 übernommen KAMPAGNE Zum Be- beim Biostädte-Netzwerk. batt gilt auch für sie! em und zu einem Studen- ginn des Wintersemes- Das Studierendenwerk Hei- » www.akafoe.de tenhaus umgebaut. Seit ters 2014/2015 ver- delberg serviert schon lan- » www.ruhrautoe.de 1994 ist es ein Zentrum schenkten die Stadt ge Bio sowie ausschließ- studentischer Kultur. und das Studieren- lich Fairtrade-Kaffee. Zum 20. Jubiläum denwerk Heidelberg Inhalt der Bio-Tüten: Green Berlin organisierte das Stu- gemeinsam 3 000 ein Kochlöffel, ein Gastro- dentenwerk Dresden Bio-Tüten an Stu- nomieführer, Gutscheine Das Studentenwerk Ber- Anfang November 2014 dierende. Die Aktion und Biolebensmittel- lin beweist erneut seine eine Festwoche. em ist Teil des Projekts Kostproben. em umweltfreundliche Hal- » www.studentenwerk- „Bio in Heidelberg“; die » www.stw.uni-heidelberg.de tung und nimmt als ers- dresden.de/kultur/ Stadt macht auch mit » dswurl.de/Heidelberg-Bio-Tueten tes Studentenwerk in tusculum IMPRESSUM DSW-Journal, Das Magazin des Deutschen Studentenwerks (DSW) An dieser Ausgabe haben außerdem mitgewirkt: Christian Füller, Jeannette www.claudia-dalbert.de/Reiner Kurzeder, Jens Weber/München Redaktionsanschrift: Deutsches Studentenwerk e.V. DIE ZWEI VON DER WIZ Ausgabe 4/2014 Goddar, Armin Himmelrath, Dr. Anja Kühne, Grafik: Einhorn Solutions GmbH Redaktion DSW-Journal Wiebke Toebelmann, Prof. Dr. Wolf Wagner www.einhorn-solutions.de Monbijouplatz 11 Das Team der Außenstelle Witzenhausen allem zu den Themen Studienfinanzierung Das DSW-Journal erscheint viermal im Jahr. Fotos: Nina Altmann, Olaf Bathke, Jonas Karikatur: Heiko Sakurai 10178 Berlin (WIZ) des Studentenwerks Kassel und Wohnen. Da sie auch für die Sachbear- Berweck, Paavo Blåfield, Eva Brumme, Illustrationen: Tel.: +49(0)30-29 77 27-43 Kein Witz: Sie kennen alle ihre Studierenden beitung zuständig sind, finden sie oft schnel- Herausgeber: Deutsches Studentenwerk CSU-Landtag, Die Linke, Wolfgang Dürr, Mi- Dominik Herrmann, Jacqueline Urban, Fax: +49(0)30-29 77 27-99 e.V., Monbijouplatz 11, 10178 Berlin chael Gottschalk/Getty Images, GVmanager, Samuel von Düffel E-Mail: dswjournal@studentenwerke.de persönlich – fast alle! Das Team in der Außen- le und unkomplizierte Lösungen. So haben Verantwortlich: Achim Meyer auf der Heyde, Oliver Heissner/Hamburg, Kay Herschel- Druck: Henrich Druck + Medien GmbH Internet: www.studentenwerke.de stelle Witzenhausen des Studentenwerks beide zu vielen Studierenden ein vertrauens- Generalsekretär mann, Udo Hesse, Stefan Kaminski, Sandra www.henrich.de Kassel unterstützt die 900 Studierenden des volles, fast familiäres Verhältnis aufgebaut: Chefredakteurin: Marijke Lass (ml) Kühnapfel, Robert Michael/dpa, mp-a, not Beratung: Helmut Ortner marijke.lass@studentenwerke.de only pixel, Christoph Reichelt/Berlin, Tomas www.ortner-concept.de Nachdruck und Wiedergabe von Fachbereichs Ökologische Agrarwissenschaf- „Direkt helfen zu können, das schätzen wir Redaktion: Cornelia Greve (cg), Riehle/ARTUR IMAGES, Rolf Schulten, Si- Anzeigen: Beiträgen aus dem DSW-Journal sind ten der Universität Kassel. Harald Mentz (r.) sehr, das motiviert uns täglich!“ Ach ja, die Stefan Grob (sg), Sabine Jawurek (jaw), gurd Steinprinz, Nicole Stoitschew, Studen- dswjournal-anzeigen@studentenwerke.de nur mit ausdrücklicher Genehmigung ist der Leiter, die Rechtsanwalts- und Notar- Cafeterien und die Mensa auf dem Campus Bettina Kracht (bk), Anne Renner (ar), tenwerke Berlin, Heidelberg, Oberfranken, Es gilt die Anzeigenpreisliste vom der Redaktion erlaubt. Der Bezugspreis ist fachangestellte Janin Artmann ist Sachbear- managen sie übrigens auch noch. jaw FOTO: Emilia Wojtkowska (em) Potsdam; Tobias Teichmann, UHH/Dichant, 1. Januar 2014 im Mitgliedsbeitrag enthalten. beiterin. Beide beraten ihre Studierenden vor » www.studentenwerk-kassel.de 10 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 11
Der Bund muss mehr soziale Verantwortung POLITIK übernehmen SYLVIA LÖHRMANN Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) zieht am Ende ihrer Amtszeit ein Fazit über BAföG, Studiengebühren und den deutschen Bildungsföderalismus. TEXT: Armin Himmelrath FOTOS: Kay Herschelmann DSW JOURNAL: Ab 2015 müssen die Bundesländer dem zu einem – aus meiner Sicht sinnvollen – nicht mehr für ihren BAföG-Anteil aufkommen. Ergebnis gekommen. Das funktioniert also. Die Das übernimmt dann der Bund. Im Gegenzug Grundkonstruktion unseres Bildungsföderalismus stimmen die Länder einer Grundgesetzänderung finde ich nach wie vor richtig und gut – das zeigt zu, mit der Bundeshilfe für den Hochschulbe- sich an solchen Beispielen. Aus meiner Sicht stellt reich erleichtert wird. Und vor ein paar Wochen sich aber eine andere entscheidende Frage: Ist die wurde in der Gemeinsamen Wissenschaftskonfe- Form der Zusammenarbeit zwischen Bund und Län- renz (GWK) beschlossen, dass die Bundesregie- dern noch zeitgemäß? Oder sind nicht sozialpoliti- rung weiter große Summen zu den Hochschul- sche Fragen ins Zentrum gerückt, die man früher gar pakten zuschießt. Täuscht der Eindruck, oder nicht im Kopf hatte, wenn man über Bildungspolitik geben die Länder derzeit Stück für Stück große gesprochen hat – etwa beim Thema Inklusion oder Teile ihrer Bildungshoheit ab? mit Blick auf soziale Disparitäten in Deutschland? Löhrmann: Das sehe ich überhaupt nicht so. Zu- nächst einmal muss man die verschiedenen Organe Ihre Antwort liegt auf der Hand … auseinanderhalten: Die Kultusministerkonferenz Natürlich: Die Art der Zusammenarbeit ist nicht (KMK) als Fachministerkonferenz ist ja kein Verfas- mehr zeitgemäß. Weil sie aus einer völlig anderen sungsorgan – und insofern verhandelt sie auch nicht Zeit mit einem völlig anderen Bildungsverständnis mit dem Bund. Das machen die Länder über den Bun- stammt, etwa mit einer Halbtagsschule, die aus- desrat. Und das zu Recht: Die Bundesländer tragen ja schließlich von Lehrerinnen und Lehrern gestaltet schließlich in Deutschland den Hauptteil der Bil- wurde. Und für U3-Betreuung galt: Fehlanzeige. dungsausgaben. Heute haben wir eine Ganztagsschule, die mit au- ßerschulischen Partnern arbeitet. Heute ist Schul- Trotzdem wird immer wieder der Ruf nach stär- und Bildungspolitik gleichzeitig auch Sozialpolitik, kerer Zentralisierung laut. Wirtschaftspolitik, Integrationspolitik und Gesell- Aber wofür soll das gut sein? Die Länder gestalten schaftspolitik. Deswegen bringt sich die KMK ja Bildungspolitik doch sehr effektiv. Ein Beispiel: Wir auch in dieser Frage ein: Was ist mit der sozialen Di- haben flächendeckend die Studiengebühren abge- mension von Bildung? Die Sozialgesetze macht nun schafft, obwohl es dafür nie im Leben einen einstim- einmal der Bund – und wer die Musik bestellt, der FOTO: migen KMK-Beschluss gegeben hätte. Wir sind trotz- sollte sie auch bezahlen. 12 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 13
POLITIK POLITIK weise im Koalitionsvertrag der großen Koalition gar Die Finanzierung der Studierendenwerke ist in den hängig davon, in welchem Fach, in welchem Land keine Grundlage gibt. Man brauchte aber offenbar ir- Bundesländern gesetzlich abgesichert – in einem ZUR PERSON und für welche Schulform sie ausgebildet werden. gendetwas für die zusätzlichen sechs Milliarden, die Umfang, den die Länder jeweils für sich entschie- Sylvia Löhrmann, 57, in Und auch die Sonderpädagogik muss sich anders de- man für Bildung ausgeben wollte. Da wurde dann ge- den haben. Dass die Studierendenwerke wichtig für Essen geboren, ist seit finieren als bisher. Die Grundsatzbeschlüsse sind ge- Mitte Juli 2010 Ministerin sagt: Wir schaffen die Mischfinanzierung beim das Hochschulsystem sind und zur Bildungsgerech- troffen – jetzt sind die Landesgesetzgeber gefordert, für Schule und Weiterbil- BAföG ab – das ist ja grundsätzlich auch sinnvoll. Die tigkeit beitragen, ist uns allen bewusst. 2012 haben dung sowie stellvertre- und im Besonderen die Hochschulen, die Lehramts- Erpressung liegt darin, dass es zusätzlich hieß: Liebe die Länder dafür 145 Millionen Euro aufgebracht. tende Ministerpräsiden- studiengänge anbieten. Bildung ist ein dauerhafter Länder, das bekommt ihr aber nur, wenn ihr im Ge- Das ist schon ein ordentlicher Betrag – aber eben tin des Landes Nord- und komplexer Veränderungsprozess. Man kann am genzug bei den Hochschulen einer Kooperations-Er- kein Thema für die KMK. rhein-Westfalen (NRW). Beispiel der Inklusion besonders deutlich machen, Noch bis Ende des Jahres weiterung zustimmt, inklusive Verfassungsänderung. dass Veränderungen ihre Zeit brauchen, da es in der 2014 ist sie die Präsiden- Da hatten wir ja schlechte Karten, weil es um 1,17 Am 15. Januar 2015 übergeben Sie Ihre Amtsge- tin der Kultusminister- Bildung keine „Lichtschaltautomatik“ gibt. Milliarden Euro BAföG-Einsparungen für die Länder schäfte als KMK-Präsidentin an Ihren Nachfol- konferenz (KMK), danach geht – ein Land wie Bremen kann sich dann kaum ger. Wie sieht Ihre Bilanz aus, was bleibt aus Ih- wird sie turnusgemäß Gab es weitere wichtige Themen in Ihrer leisten, „Nein“ zu sagen. Und die Wissenschaftsmi- rer Amtszeit? deren Vizepräsidentin. Amtszeit? Löhrmann studierte in nister in allen Ländern wollten und wollen es natür- Wissen Sie, die KMK ist schon ein sehr kollegiales Or- Natürlich. Die Gesamtstrategie zum Bildungsmonito- Essen an der Ruhr-Uni- lich auch, unabhängig von ihrem Parteibuch. Aber ja, gan. Da geht‘s nicht um persönliche Vermächtnisse. versität Bochum Eng- ring hat uns sehr beschäftigt. Die weitere Testung der das ist Erpressung. Und trotzdem mussten wir prag- Schon alleine deshalb, weil man dem Präsidium ins- lisch und Deutsch auf Schülerleistungen steht nicht zur Disposition, aber matisch damit umgehen. gesamt vier Jahre lang angehört. Ich werde also im Lehramt. Von 1984 bis wir wollen auch Gründe für die unterschiedlichen nächsten Jahr wieder stellvertretende Präsidentin 1995 arbeitete sie als Leistungen der Länder identifizieren. „Vom Wiegen Lehrerin an der Städti- Wie heftig wurde denn in der KMK darüber dis- sein, so wie mein Vorgänger Stephan Dorgerloh in wird die Sau nicht fett“, heißt es. Leistungs- und schen Gesamtschule So- kutiert, ob die frei werdenden BAföG-Mittel tat- diesem Jahr einer meiner Stellvertreter war. Das lingen. 1985 trat Sylvia Kompetenzvergleiche können also kein Selbstzweck sächlich im Hochschulbereich bleiben oder ob bringt mit sich, dass wir unsere Themen gemein- Löhrmann den Grünen sein. Deshalb war es in den vergangenen Monaten sie auch zur allgemeinen Haushaltssanierung schaftlich besprechen und mit großer Kontinuität bei. Seit 1995 ist sie eine sehr wichtige Frage, wie wir es schaffen, aus den eingesetzt werden dürfen? Es soll da eine Ver- behandeln. Nehmen Sie zum Beispiel die Inklusion – Landtagsabgeordnete in Ergebnissen des Monitorings bessere Umsetzungs- Nordrhein-Westfalen, einbarung zugunsten der Hochschulen gegeben das ist eine riesige Herausforderung, die wird doch strategien zu entwickeln. Der Diskurs zwischen Bil- »Die eine oder andere Äußerung von 1995 bis 2010 war haben, die von einzelnen Ländern nicht einge- nicht in einem Jahr bewältigt. In diesem Jahr haben sie Fraktionsvorsitzende dungspolitik und Bildungsforschung ist dabei ganz halten wird. wir in der Lehrerbildung erste Umsetzungsbeschlüs- von Bündnis 90/Die Grü- erheblich vorangekommen. Und lassen Sie mich von Hochschulleitungen hat mich Zunächst einmal: Die KMK war mit diesem Thema se gefasst: die Verständigung über Basiskompetenzen nen in NRW. Löhrmann lebt in Solingen. noch einen weiteren Punkt nennen, der mir wichtig schon irritiert, weil das doch sehr nicht befasst, und die KMK-Präsidentin ist auch nicht die Schiedsrichterin. Das müssen schon die je- zur Inklusion für alle Lehrerinnen und Lehrer, unab- ist: die Erinnerungskultur. Diesem Aspekt wollte ich als Präsidentin der KMK ein Gesicht geben und Ge- nach Kirchturmdenken klang« weiligen Länder und die Kabinette entscheiden. Im Koalitionsvertrag heißt es im Übrigen, dass die wicht verleihen: bei der Begleitung von Schülergrup- pen bei Besuchen etwa in Auschwitz oder Ypern, Summen zur Entlastung der Länder bei ihren Bil- durch Gespräche mit gesellschaftlichen Gruppen dungsausgaben genutzt werden sollen. Es ist richtig, und durch Veranstaltungen zur Demokratiepädago- Das ist für Sie also kein Widerspruch, den Bund dass die Länder hier in ihrem gesamten Bildungsbe- gik sowie mit der Gedenkstättenarbeit. Zur Erinne- finanziell immer wieder zu Hilfe zu rufen und reich gestärkt werden. Ich halte überhaupt nichts rungskultur als Beitrag historisch-politischer Bil- die Bildungshoheit trotzdem bei den Ländern davon, den frühkindlichen Bereich, die Schule und dung werden wir in der KMK noch im Dezember 2014 zu belassen? den Hochschulbereich gegeneinander auszuspielen. Empfehlungen verabschieden, die über die vielen be- Nein, weil wir dadurch eine breite Vielfalt haben und Schon alleine deshalb, weil es rein formal ja auch sonderen Gedenktage im Jahr 2014 hinausreichen. weil sich manchmal auch einfach Optionen ergeben, Schüler-BAföG gibt. Und wenn ich in die frühkindli- Solche historischen Daten bleiben ja auch in Zukunft die sie zentralistisch so nicht umsetzen könnten. Das che Bildung investiere, profitieren davon auch die wichtige Lernanlässe in Schule und Zivilgesellschaft. beste Beispiel aus Sicht von Nordrhein-Westfalen ist Schulen und Hochschulen. Da hat mich die eine der Schulkonsens – zentral und auf Bundesebene hät- oder andere Äußerung von Hochschulleitungen Alles in allem – waren Sie gerne KMK-Präsidentin? ten wir das niemals in so einem fairen Prozess hinbe- schon irritiert, weil das doch sehr nach Kirchturm- Ja, sehr gerne, denn man kann in diesem Amt fach- kommen. Aber auch die schon genannte Abschaffung denken klang. Wir sind in der Bildungspolitik doch liche und gesellschaftliche Akzente setzen. Und die der Studiengebühren ist so ein Beispiel. längst viel weiter. Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen hat mir Freude gemacht. Die alten Grabenkämpfe Trotzdem haben Sie von „Erpressung“ gespro- Der Ausbau der Hochschulen schreitet voran, sind zum Glück vorbei, das tut der Sache gut. Auch chen, als es um die Koppelung zwischen der die Studentenwerke dagegen sind seit Jahren die KMK ist eben, wie jede gute Schule, eine lernen- BAföG-Reform und der Grundgesetzänderung unterversorgt, weil die soziale Begleitung der de Organisation – und das läuft in den vergangenen ging … Studierenden nicht immer im Blick der Politik Jahren schon sehr, sehr rund. Ja, das bleibt auch richtig. Der Bund hat zwei Pro- war. Könnte man von Seiten der KMK die frei Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) setzt sich als Ministerin für Schule und zesse auf den Weg gebracht, für die es interessanter- werdenden BAföG-Mittel nicht dafür einsetzen? Weiterbildung in NRW insbesondere für Inklusion ein. Das Interview führte Armin Himmelrath. 14 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 15
POLITIK POLITIK Wie weit ist die Die UN-Behindertenrechtskonvention hat den Die Universitäten in NRW haben die ZLV bisher Beauftragten mehr Arbeit beschert. Sie sorgt aber zwar nicht unterzeichnet, doch auch hier bewegt auch für neue Impulse in den Ländern. Das Amt der sich viel. An der Universität Duisburg-Essen wurde Beauftragten wird zunehmend institutionalisiert, etwa 2013 die Beratungsstelle zur Inklusion bei Be- zum Beispiel in Berlin, mit der jüngsten Novelle hinderung und chronischer Erkrankung verstetigt. „Hochschule für Alle“? des Hochschulgesetzes im Jahr 2011. Bildungssena- Unter der Ägide der Prorektorin für Diversity-Ma- torin Sandra Scheeres (SPD): „An allen Hochschu- „Wir lassen uns einen nagement, Ute Klammer, koordiniert die Behinder- len sind mittlerweile Behindertenbeauftragte be- ‚Ampelbericht‘ geben, tenbeauftrage Daria Celle Küchenmeister seit 2012 stellt.“ Zudem arbeitet die Senatsverwaltung für wie der Gebäudebe- die Arbeitsgruppe Inklusive Hochschule. Deren Ziel: Bildung, Jugend und Wissenschaft gemeinsam mit stand sukzessive Formulierung konkreter Arbeitsaufträge für den In- barrierefrei gestaltet den Berliner Behindertenbeauftragten in einer Ar- wird“ klusionsprozess sowie interne Vernetzung. „Die Sit- beitsgruppe „Menschen mit Behinderung in Hoch- zungen haben für alle eine stark motivierende Wir- INKLUSION Hochschuldbildung für Menschen mit Behinderung oder chronischer Oliver Jörg (CSU), schule und Wissenschaft“ zusammen; sie trifft sich bayerischer Landtagsab- kung“, freut sich die Beauftragte. zweimal im Jahr. Auch an der TU Dortmund ist Teilhabe von Behin- Krankheit: Die gesetzlichen Vorgaben sind klar, die Umsetzung ist im Gange. geordneter, stellvertreten- der Vorsitzender des Aus- derten ein Thema. Ein sehr prominentes sogar, und schusses für Wissenschaft das nicht erst seit UN-Konvention und HRK-Empfeh- A und Kunst TEXT: Wiebke Toebelmann uch in Bayern gibt es landesweite Treffen der lung, sondern bereits seit 1977. Damals aus einem Beauftragten, zu denen auch stets Landesver- Lehrstuhl entstanden, gibt es heute das Dortmunder D treter erscheinen. „Wir lassen uns zudem Zentrum Behinderung und Studium (DoBuS). Das An- en gleichberechtigten Zugang zur unter einen Hut zu bekommen,“ sagt Christiane jährlich einen ‚Ampelbericht‘ geben, wie der Gebäu- gebot reicht von Beratung über ein Schnupperstudi- Hochschulbildung zu gewähren – »Infrastrukturen Schindler, Leiterin der Informations- und Bera- debestand sukzessive barrierefrei gestaltet wird“, um bis hin zu Fortbildungen für Lehr- und Verwal- FOTO (LINKS): ROLF SCHULTEN; FOTOS (RECHTS): CSU-LANDTAG, SANDRA KÜHNAPFEL, OLAF BATHKE, PRIVAT (AUTORIN) dazu verpflichtet die UN-Behinder- und Lehre tungsstelle Studium und Behinderung (IBS) des sagt der bayerische Landtagsabgeordnete Oliver Jörg tungspersonal. Das Zentrum begleitet Baumaßnah- tenrechtskonvention (UN-BRK) die Deutschen Studentenwerks. Auch Anwesenheits- (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Ausschus- men, stellt Hilfsmittel zur Verfügung und bietet Bera- unterzeichnenden Staaten, also auch teilhabegerecht pflichten und die hohe Prüfungsdichte zum Ende ses für Wissenschaft und Kunst. Viele Beratungsan- tung beim Übergang in den Beruf an. „Wir haben hier Deutschland. Mit ihrer Empfehlung zu gestalten, ist des Semesters können für Studierende mit Beein- gebote seien über Studiengebühren finanziert wor- eine lange Tradition“, sagt Leiterin Birgt Rothenberg. „Eine Hochschule für Alle“ von 2009 hat die Hoch- ein anspruchs- trächtigungen zu echten Barrieren werden. „Wo sie den. „Nach dem Wegfall war es wichtig, die Kom- „An allen Hochschulen Für ihr umfassendes Angebot wurde die TU Dortmund schulrektorenkonferenz (HRK) auf die UN-BRK re- voller Prozess, früher vieles selbst regeln konnten, brauchen sie pensation der Beiträge politisch umzusetzen. Mit sind mittlerweile Be- gerade mit dem Arbeitgeberpreis für Bildung 2014 agiert und die Hochschulen in Deutschland zum der mehr Zeit jetzt die Unterstützung ihrer Hochschule“, so die dem anstehenden Doppelhaushalt 2015/16 wird der hindertenbeauftragte ausgezeichnet. Das Motto in diesem Jahr: „Bildung weiteren Abbau von Barrieren und zur Verbesserung Expertin. Besonders viele Schwierigkeiten haben Kompensationsbetrag sogar nochmals leicht erhöht bestellt“ inklusiv – Potenziale entfalten durch Inklusion“. braucht als wir Sandra Scheeres (SPD), ihrer Beratungs- und Unterstützungsangebote ver- Studierende mit chronischen oder psychischen Er- werden können und geht über die letztmalig ange- Fazit: Viel Engagement im deutschen Hochschul- uns wünschen Senatorin für Bildung, anlasst. Ein ganz wichtiges Thema: die Gestaltung krankungen, deren Beeinträchtigungen zumeist fallenen Studienbeiträge hinaus“, so Jörg. system – aber genauso viel ist noch zu tun, damit das von individuellen Nachteilsausgleichen. Dazu gehö- würden. Wichtig nicht sichtbar sind. Hier ist Sensibilisierung gefor- Im nördlichsten Bundesland Schleswig-Holstein Jugend und Wissenschaft Leitbild einer „Hochschule für Alle“ mehr und mehr des Landes Berlin ren etwa Zeitverlängerungen bei Prüfungen, Aus- ist, dass es heu- dert – der Hochschulangehörigen ebenso wie der wird derzeit an der Universität Kiel in Zusammenar- Wirklichkeit wird und sich auch wirklich alle Studi- nahmen von der Anwesenheitspflicht oder längere te fast überall Mitarbeiter in den Studentenwerken. beit mit dem Institut Mensch, Ethik und Wissen- eninteressierten mit Behinderung oder chronischer Leihfristen in der Bibliothek. Nachteilsausgleiche Beauftragte für Wichtige Impulsgeber für mehr Inklusion an schaft ein Aktionsplan für die Hochschule erarbei- Krankheit frei für den Studiengang ihrer Wahl an der sind und bleiben notwendig, weil Studierende mit die Belange der Hochschulen sind die Beauftragten für behinderte tet, der die Vorgaben der UN-BRK in konkretes und Hochschule ihrer Wahl entscheiden können. Behinderungen oder chronischen Krankheiten im- Studierenden oder chronisch kranke Studierende, die es mittler- verbindliches Handeln umsetzen soll. Zudem soll mer noch auf viele Hindernisse stoßen: Fahrstühle weile an fast allen Hochschulen oder Studentenwer- ein Leitfaden erstellt werden, der auch andere Hoch- mit Beeinträch- ZUM NACHLESEN: fehlen, Lehrmaterialien sind nicht barrierefrei ken gibt. Sie beraten Studierende, helfen bei der Be- schulen bei der Erstellung von Aktionsplänen unter- zugänglich, Studienpläne sind zu unflexibel. tigung gibt« antragung von Nachteilsausgleichen, initiieren stützt. Nicht ohne Stolz weist Wissenschaftsstaats- Alles zu Studium mit Behinderung und chronischer Deutliche Folgen dieser Schwierigkeiten: Be- Schulungsveranstaltungen für Lehrende oder Maß- sekretär Karl-Rudolf Fischer (SPD) darauf hin, dass Krankheit » www.studentenwerke.de Horst Hippler, Präsident einträchtigte Studierende brechen ihr Studi- der Hochschulrektoren- nahmen für mehr Barrierefreiheit. Ihr Arbeitsauf- das einjährige Projekt vom Land Schleswig-Holstein Sonderpublikation „BEST – beeinträchtigt studieren“ „Das Projekt ‚Aktions- um häufiger ab, wechseln öfter Fach oder konferenz (HRK) wand ist in den vergangenen Jahren deutlich gestie- finanziert wird. » www.best-umfrage.de/Gesamtdarstellung/ plan‘ wird vom Land Hochschule und brauchen vielfach gen, wie eine IBS-Umfrage von 2013 ergab. Jürgen In Nordrhein-Westfalen nutzt das Wissen- finanziert und soll Empfehlungen der Kultusministerkonferenz Handlungsanleitungen „Verbesserung der Ausbildung für Behinderte im Hoch- länger bis zum Abschluss. Das ergab Gündel, Leiter der Studienberatung und Behinder- schaftsministerium das Instrument der Ziel- und erstellen, die von schulbereich“ » www.kmk.org die 20. Sozialerhebung des Deut- tenbeauftragter der Universität Erlangen-Nürnberg, Leistungsvereinbarungen (ZLV), um seine Hoch- anderen Hochschulen Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz schen Studentenwerks. bestätigt: „Mit der Studierendenzahl ist auch mein schulen dazu zu verpflichten, „Konzepte zur voll- genutzt werden „Eine Hochschule für Alle“ » www.hrk.de „Das Bachelor- und Master-Stu- Pensum gestiegen. Meine Stellvertreterin und ich ständigen Inklusion behinderter Studierender“ zu können“ dium ist streng reguliert. Studie- stoßen schon mal an unsere Grenzen, etwa, wenn es entwickeln. Die Vereinbarungen haben aber bisher Karl-Rudolf Fischer (SPD), renden mit Beeinträchtigungen um einen Nachteilsausgleich geht, bei dem besonde- nur die Fachhochschulen unterzeichnet. Über kon- Staatssekretär im Ministe- DIE AUTORIN rium für Soziales, Gesund- fehlen dadurch die Freiräume, die re fachspezifische Aspekte berücksichtigt werden krete Umsetzungspläne müssen die Hochschulen Wiebke Toebelmann ist freie Journalistin in heit, Wissenschaft und sie brauchen, um zum Beispiel Stu- müssten.“ Was sich Gündel wünscht: „Ein Budget der Regierung berichten – ein umstrittener Eingriff Hamburg und schreibt unter anderem über Gleichstellung des Landes Bildungs- und Karrierethemen dium, Arztbesuche und Therapien und personelle Verstärkung.“ in die Autonomie der Hochschulen. Schleswig-Holstein 16 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 17
POLITIK POLITIK Vereinheitlichung hat ein einzig- anzustrebenden Kompetenzen artiger Verschulungsprozess statt- DIETER LENZEN für jede Veranstaltung als „Lear- Bologna-Mythen gefunden, der im Wesentlichen als überzeugter Kritiker des Bolog- ning-Outcomes“ ist die koperni- durch die Adaption des Akkredi- na-Prozesses bekannt, veröffentlichte kanische Wende von der Lehre im Frühjahr 2014 das Buch „Bildung tierungsprinzips aus den USA ver- zum selbstgesteuerten Lernen statt Bologna!“. Darin versammelt er ursacht worden ist“ (S. 35). noch einmal alle seine Kritikpunkte als Mittelpunkt und Zweck des Auch daran stimmt nichts: an der Reform und will zum Nach- Systems. Kompetenzen sind au- Der Bologna-Prozess ist entstan- denken über die „besinnungslose tonome Fähigkeiten. den aus den massiven Mobilitäts- Umsetzung eines europäischen Man kann sie nur durch Pro- Reformgedankens an den deutsch- hindernissen innerhalb Europas bieren und Üben erlangen und LOB UND KRITIK 15 Jahre nach der Bologna-Reform hat Dieter durch die sehr unterschiedlichen sprachigen Universitäten“ anregen. Die Reform müsse in eine andere durch Anwenden unter Beweis Abschlüsse in gleichen Fachrich- stellen. Kompetenzen sind Bil- Lenzen in seinem Buch „Bildung statt Bologna!“ seine Kritik an ihr tungen. So musste ich in der Zeit Richtung reformiert werden: Ein Hochschulstudium müsse bilden – dung. Wissen um des Wissens zusammengefasst – und stößt damit nicht nur auf Zustimmung. vor Bologna immer wieder auf- den Menschen und seine Persön- lichkeit – und darf nicht nur als rein willen und seine Präsentation in wendige Gutachten über meine Referaten oder Vorlesungen sind formales Vergleichskriterium an Absolventinnen und Absolventen Erziehung, Quiz-Fähigkeit für TEXT: Wolf Wagner den europäischen Hoch- schreiben, wenn sie sich im euro- schulen dienen. „Wer wird Millionär?“. päischen Ausland bewarben. Dar- Dieter Lenzen ist Präsi- Mit der Betonung des aktiven um war es für die Verwirklichung dent der Universität Lernens von Kompetenzen will Hamburg und des höchsten Ziels der EU, die Vizepräsident für ECTS für Studienqualität sorgen. »Zum Trost Freizügigkeit und berufliche Mo- Internationale Die Credit-Points messen nur die gibt er den bilität zu gewährleisten, eminent Angelegen- Zeit, die es im Durchschnitt pro Mythen sind Geschichten, die wegen ihrer emotionalen Doch nichts davon hält einem kritischen Blick stand. wichtig, diese Hindernisse aus heiten der Semester braucht, um sie zu er- übermächti- Bedeutung immer wieder erzählt werden. Sie skandali- Im Bologna-Prozess haben die USA nie eine Rolle gespielt. dem Weg zu schaffen. Eine „Ver- Hochschul- werben. Sie haben mit Qualität gen Ameri- sieren die Welt und geben ihr zugleich eine tröstende Denn ein anglo-amerikanisches Hochschulsystem gibt es einheitlichung“ war damit nie an- rektorenkon- nichts zu tun, nur mit der Stu- kanern und ferenz. Rechtfertigung. Dieter Lenzen, langjähriger Präsident nicht. Außer den Namen „Bachelor“ und „Master“ haben gestrebt. Im Gegenteil: Die Bolog- dierbarkeit des Studiums. nicht den der Freien Universität Berlin und heutiger Präsident der sie nichts gemein. Der US-amerikanische Bachelor dauert na-Deklaration von 1999 erklärte, Es gibt noch weitere My- eigenen Universität Hamburg, hat in seinem Buch „Bildung statt vier Jahre und ist in keiner Weise auf Berufsausbildung dass der Prozess „unter uneinge- then in Lenzens Buch. allein auf Bologna!“ (Ullstein, Berlin 2014) Reden und Aufsätze der angelegt. Er soll nach dem Humboldtschen Vorbild allge- schränkter Achtung der Vielfalt der Kulturen, der Spra- Die Absicht hinter diesen gehäuf- abfragbares vergangenen Jahre zu einem Text zusammengefasst. meine Menschenbildung vermitteln. Erst der anschlie- chen, der nationalen Bildungssysteme und der Autono- ten Fehlwahrnehmungen ist edel. Dieter Lenzen will Weil in ihm die gängigsten deutschen Bologna-Mythen ßende Master liefert in explizit „Schools“ genannten Ins- mie der Universitäten“ erfolgen muss. zeigen, dass Bildung im Humboldtschen Sinne möglich Wissen versammelt sind, lohnt es, einige davon vorzuführen titutionen Berufsausbildung. In England dauert der Andere Länder, zum Beispiel Schottland, Dänemark, ist. Darum stellt er die Zeit vor Bologna als erfülltes Ideal fixierten und zu analysieren. Bachelor meist drei Jahre und ist tatsächlich eine wissen- Irland, Schweden und die Niederlande haben diese Of- dieser Humboldtschen Bildung dar und setzt diese proji- Kolleginnen schaftliche Berufsausbildung. fenheit genutzt und ihre traditionell auf selbstständi- zierte Situation von einst in Kontrast zu einer skandali- und Kollegen die Schuld« 1 Eigentlich weiß Lenzen das. Das zeigt er in dem ges, Problem lösendes Lernen ausgerichtete Bildungs- sierten Situation heute. Zum Trost gibt er den über- Mythos Nr. 1 steckt schon im Titel des Buchs: Buch (S. 54f und 98), wenn er von den Liberal Arts Colle- systeme im Bologna-Prozess nicht nur bewahrt, sondern mächtigen Amerikanern und nicht den eigenen allein Der Bologna-Prozess stehe im Widerspruch zur ges und ihrem Bachelor schwärmt oder auf den Anteil ausgebaut. Das wird durch den Bologna-Monitor 2009 auf abfragbares Wissen fixierten Kolleginnen und Kolle- deutschen Bildung im Humboldtschen Sinne. der Liberal Arts im normalen Bachelor-Studium der USA honoriert: Diese Länder stehen an der Spitze beim Ran- gen die Schuld. Man müsse nur aufhören, sich nach Als Grund wird im Text der durch Bologna auf- hinweist. Warum dann das „Amerika-Bashing“ mit of- king um die Erfüllung der Bologna-Ziele. Deutschland Amerika zu richten, und schon wäre das Humboldtsche oktroyierte Sieg des anglo-amerikanischen, allein auf fensichtlichen Fehlinformationen? liegt weit hinten. Die Verschulung in Deutschland ist Paradies erreichbar. So schafft er das, was den Mythos Berufsausbildung ausgerichteten, Hochschulsystems hausgemacht und hat weder mit Bologna noch mit der ausmacht: Skandalisierung und Trost zugleich. 2 FOTOS: UHH/DICHANT, UDO HESSE (AUTOR) benannt. Akkreditierung zu tun. Akkreditierung gibt es weltweit Doch das ist unnötig. Er müsste nur nach Schott- Bei Lenzen liest sich das so: Der Bologna-Prozess Mythos Nr. 2 Der Bologna-Prozess habe als Ziel ohne die deutsche Verschulung. land, Skandinavien, Irland und den Niederlanden, den „kann als einzigartiger ‚Sieg‘ der britisch-amerikanisch die inhaltliche-kulturelle Einigung Europas Gewinnern im Bologna-Monitor 2009 schauen, um zu 3 akzentuierten Universitätsvorstellungen über das klas- und zwinge darum den Universitäten inhaltli- erkennen, dass alles, was er anstrebt, unter Bologna sische Universitätsideal deutscher Provenienz gelten.“ che Festlegungen auf, die sie ihrer Autonomie Mythos Nr. 3 Die durch das European Credit möglich, ja erwünscht ist. (S. 9) Man habe verkannt, „dass in Amerika, aber auch in beraubten und zu einer beispiellosen Verschulung des Transfer System (ECTS) geforderte Festlegung Großbritannien ein Hochschulsystem – anders als in deutschen Hochschulstudiums geführt hätten. auf „Kompetenzen“ und einer Berechnung der Deutschland – in erster Linie als Berufsausbildung ver- Lenzen formuliert das so: „Der Verlust der universitä- „Workload“ stehe dem deutschen Bildungsge- standen wird.“ (S. 16) Dadurch werde die deutsche „Uni- ren Autonomie – der Freiheit der Lehre – und die Exilati- danken entgegen. DER AUTOR versität zur Berufsschule transformiert“ (S. 26), von Per- on des Bildungsgedankens aus der Universität ver- Lenzen: „‚Workload‘ – was für ein Unsinn, Studien- Wolf Wagner ist Altrektor der Fachhochschule sonen, „die sich benehmen wie bewaffnete Vertreter danken sich also einer Art Domino-Effekt“ (S. 28). Denn qualität nach Arbeitszeit bemessen zu wollen“ (S. 35). Erfurt und Professor für Sozialwissenschaften und Politische Systeme im Ruhestand amerikanischer Einwanderungsbehörden.“ (S. 20) unter dem „Vorwand einer angeblich notwendigen Die im ECTS zwingend vorgeschriebene Definition von 18 DSW JOURNAL 4/2014 DSW JOURNAL 4/2014 19
PRAXIS LÜBECK Studentenwerk FAKTEN Schleswig-Holstein, Interna- Auszeichnung: Deutscher Architek- tionales Studentenwohn- turpreis „Zukunft heim (ISW) Das Wohnheim Wohnen“, 2007 Architekt: steht mitten in der histori- MAI Stadtplaner + schen Altstadt von Lübeck, Architekt BDA, Lübeck Fertigstellung: 2005 neben der im 13. Jahrhundert Wohnfläche: erbauten Marienkirche. Durch 2 800 Quadratmeter seine moderne Architektur und Wohnplätze: 105 Wohnformen: die Farbe Rot bildet es einen PRAXIS Einzel- und Mehr- spannenden Kontrast zu den zimmerappartements, WGs, 2 bedingt UNESCO-Welterbe-Stätten. rollstuhlgerechte Seine Fassaden orientieren sich Appartements an der Typologie der histori- Adresse: Alfstraße 5a/Fisch- schen Gebäude. Es stehen Ein- straße 6a/b, und Mehrzimmerapparte- 23552 Lübeck ments sowie Gemeinschafts- wohnungen zur Verfügung. Preiswürdig Einige Appartements verfügen über eine Dachterrasse. »Das ISW bildet den Auftakt zur kritischen Rekonstruktion des Gründungsviertels in wohnen der Lübecker Altstadt« Klaus Mai, MAI Stadtplaner + Architekt BDA AUSGEZEICHNETE WOHNHEIME Innovative Neubauten und sanierte Altbauten: Bei ihren Wohnheimen legen die Studentenwerke großen Wert auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Die ökologische Bauweise, der Einsatz von besonderen Materialien sowie die gestalterische Leistung wurden in den vergangenen Jahren mit zahlreichen renommierten Architekturpreisen gewürdigt. Sieben Beispiele. FOTO: TEXT: Cornelia Greve und Sabine Jawurek 20 DSW JOURNAL X/2014 DSW JOURNAL 4/2014 21
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