Die "Rebenkäuze" Steinkauzschutz in Weingärten Niederösterreichs Von Wolfgang Pegler - AG Eulenschutz
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Die „Rebenkäuze“ Steinkauzschutz in Weingärten Niederösterreichs Von Wolfgang Pegler Abb. 1: Weingärten sind bevorzugte Lebensräume des Steinkauzes im Osten Österreichs (Fotos 1-6 und 8: © Josef Stefan; www.josefstefan.at). Steinkauz, Athene noctua, Weingärten als Lebens- die im Weinbau mittlerweile übliche Praxis Weingartenstehern (spezielle Pfähle zur räume, Österreich. – Little owl, Athene noctua, der Begrünungen in den Fahrgassen und Befestigung der Reben) erleichtern die vineyards as habitats, Austria. der damit einhergehenden verringerten Jagd. Diese werden auch zum Vortragen Bodenbearbeitung werden Bedingun- des Reviergesanges benutzt und bieten I n weiten Teilen seines mitteleuropäi- gen geschaffen, die für ein verbessertes zusätzlich eine Möglichkeit das Revier zu schen Verbreitungsgebietes besiedelt Nahrungsangebot für diese Arten sor- überblicken (Abb. 3). Passend zu diesen der Steinkauz besonders Streuobstwie- gen (Abb. 2). Die Vegetation in diesen Le- Faktoren und unseren Beobachtungen sen mit hochstämmigen, höhlenreichen bensräumen wird regelmäßig gemulcht erforschte Erbes (2013: 1) die Eignung von Obstbäumen, Weiden mit Kopfweiden, und kurz gehalten – dadurch bleiben die Weinanbaugebieten in Rheinland-Pfalz Dorfrandbereiche und Einzelgehöfte. Ein Beutetiere für Bodenjäger erreichbar. Bei und dies sogar mit einer der Zielsetzun- Lebensraum, der nur wenig beachtet wor- großer Trockenheit werden von manchen gen, ob diese Landschaftselemente die den ist, sind die Weingärten bzw. Weingar- Winzern die Begrünungen umgebrochen, Bruterfolge aus Grünlandgebieten über- tenlandschaften. die anschließend entweder eingesät wer- treffen können. den oder einer Selbstbegrünung dienen. Steinkauzvorkommen Durch diese Bewirtschaftungsweisen ent- Mangelware Brutplätze in Österreich steht ein Mosaik unterschiedlicher Flä- Weingartenlandschaften werden von Bedeutende Vorkommen dieser Eulenart chen, ein Nebeneinander von offenem und einem unterschiedlich hohen Anteil an in Österreich sind in Oberösterreich und in bewachsenem Boden. Das am niederöster- naturnahen Landschaftselementen (Bra- den pannonisch beeinflussten Klimagebie- reichischen Wagram initiierte Projekt zum chen, Bäume, Böschungen, Gebüsch) auf- ten Niederösterreichs und des Nordbur- Schutz des Wiedehopfes (Upupa epops) genlandes zu verzeichnen. Die Steinkäuze beweist die Bedeutung der Weingärten für in Oberösterreich und die wenigen Paare diese Vogelart. Auch die Bestände der Hei- im niederösterreichischen Mostviertel sind delerche (Lullula arborea) erholen sich auf- in Obstgärten, meist in der Nähe von Ge- grund dieser Begrünungen deutlich. höften, zu finden. Die aus mehreren Teil- populationen bestehenden Vorkommen Der „Rebenkauz“ im Osten Österreichs kommen fast aus- Die oben skizzierten Lebensraumbedin- schließlich in Weingartenlandschaften vor. gungen kommen auch dem Steinkauz zu- gute. Das Nahrungsangebot in Form von Weingärten als Lebensraum Insekten und Mäusen ist ausreichend, die Weingärten werden von einigen selten Beutetiere durch die niedrige Vegetation gewordenen Vogelarten bewohnt. Durch erreichbar und Ansitzwarten in Form von Abb. 2: Weingarten mit Hütte. Seite 30 Kauzbrief 34 (2022)
gelockert. Aber selbst Reviere, die fast ausschließlich aus Weingärten bestehen, decken die Bedürfnisse ab, die Stein- käuze an ihren Lebensraum stellen. Der limitierende Faktor für die Besiedlung ist der Mangel an Brutplätzen, obwohl diese Art eine hohe Brutplatz-Plastizität zeigt. Die Weinbaulandschaft östlich von Krems an der Donau wird von eiszeitlichen Löss- ablagerungen geprägt. Die von Kanin- chen (Oryctolagus cuniculus) und Zieseln (Spermophilus citellus) in mehr oder weni- ger steilen Lösswänden und -böschungen geschaffenen Höhlen werden von den Käuzen als Nachmieter zur Aufzucht ihrer Brut genutzt. Durch die stetige Zunahme der Bienenfresser (Merops apiaster), de- ren Höhlen im Laufe der Zeit auch für den Steinkauz nutzbar werden können, erhöht sich das Angebot an natürlichen Brutplät- zen. Dort, wo keine Lössformationen an- zutreffen sind, trug der Brutplatzmangel dazu bei, dass unser Steinkauz in den letz- ten Jahrzehnten beinahe aus der Weingar- tenlandschaft verschwunden wäre. Weingärten dienten früher nicht nur zur Kultivierung der Trauben, hier wurden auch Gemüse, Beerensträucher und Obst- bäume gepflegt. Mit der Rodung der Bäu- me – meist handelte es sich um Nuss- und Abb. 3: Steinkauz auf Weingartensteher. Kirschbäume – gingen Bruthöhlen verlo- ren. Ein weiteres Element sind Weingarten- hütten, in denen Material gelagert wird. Diese bieten ebenso Nischen und Höhlen für eine Brut (Abb. 4). Herausragende Bedeutung für die Stein- käuze in der Weingartenlandschaft haben sogenannte Kellergassen (Wege, an deren Rändern meist Weinkeller und Presshäuser platziert sind; Abb. 5). Diese Gebäude dienen, sofern sie zugänglich sind, als Tageseinstand, Winterquartier und Brutplatz. Leider werden viele dieser Gebäude nicht mehr genutzt, sie werden entweder dem Verfall preisgegeben und in späterer Folge abgetragen oder als Wochenenddomizil zweckentfremdet. Was Steinkauzschutz vermag Um den Brutplatzmangel zu beheben, damit die Bestände des Steinkauzes zu si- Abb. 4: Weingartenhütten sind wichtige Strukturelemente und zugleich Brutplätze für den Steinkauz. chern und sogar zu steigern, engagieren sich in Niederösterreich und im Burgen- land private Initiativen. Im niederösterrei- chischen Wagram und im Schmidatal stellt der Verein „Wagrampur – mit der Natur“ seit 2010 Nistkästen (verwendet werden die „klassischen“ Steinkauzröhren mit Mar- dersicherung) bereit, die an Weingarten- hütten, Kellern und Presshäusern montiert werden.1 Auch den nach wie vor in den Hintaus-Bereichen der Dörfer (darunter 1 Vgl. https://www.wagrampur.at/ Abb. 5: Kellergassen im Weingarten. Kauzbrief 34 (2022) Seite 31
Abb. 6: Steinkauz vor seinem Brutkasten. versteht man die relativ ruhigen Bereiche gehende Steinkauzfreunde im Burgen- hinter dem eigentlichen bäuerlichen An- land anwenden. Im Projektgebiet von Hans wesen) lebenden Käuzen werden Nisthil- Wurm und Sepp Paar weist die Weingarten- fen an Gebäuden angeboten. Ausgehend landschaft noch einen guten Bestand an von einem kleinen Restbestand von maxi- Nussbäumen auf. Die zum Großteil darauf mal 5 Paaren im Jahr 2010 brüteten in den und auch an Gebäuden montierten Käs- Jahren 2020 und 2021 im Projektgebiet ten wurden innerhalb weniger Jahre zum von Wagrampur erfreulicherweise bereits großen Teil angenommen. Beginnend im jeweils 40 Paare. Jahr 2016 mit zehn Nistkästen und fünf In Zukunft wird es verstärkt darum gehen, erfolgreichen Bruten wies die Bilanz im das Vorkommen der Steinkäuze in die Jahr 2020 40 Brutpaare bei 250 Nisthilfen Weingartenlandschaft auszudehnen. Es auf. 2021 brüteten bereits 63 Steinkauz- soll dabei auch eine Methode zur Anwen- paare erfolgreich. Sind keine geeigneten dung kommen, die zwei beherzt ans Werk Strukturen vorhanden, werden die Kästen auf Metallstehern, meist zwei bis drei pro Abb. 8: Abenddämmerung im Weingarten. Revier, befestigt. Diese nutzt der Steinkauz ebenfalls zur Aufzucht seiner Brut, selbst in kauf den Schutz dieser Eulenart. Von jeder der strukturlosen Agrarlandschaft. verkauften Flasche kommt dem Steinkauz- Schließlich untermauert Erbes unsere Be- projekt 1 Euro zugute (Abb. 7). Vielen Dank! obachtungen und Wiederansiedlungser- folge nicht nur durch zitierte Autoren, die Literatur diese Tatsache bestätigen, sondern durch Erbes, J. (2013): Bruterfolg des Steinkauzes (Athe- ne noctua) in Weinanbaugebieten von Rhein- eigene Forschungsergebnisse: „Die Brut- land-Pfalz. - Bachelorarbeit, Hochschule für erfolge steigen also am deutlichsten ab Forstwirtschaft Rottenburg; https://rlp.nabu.de/ ca. 10% bzw. 15% Weinbergsanteil […]“ imperia/md/content/rlp/eulen/bachelorarbeit_ und „Also würde wohl ein Jagdhabitat joscha_erbes.pdf [21.07.2021]. mit abwechslungsreichen Strukturen und Stadler, S.; Kriechbaum, M. & Pennerstorfer, J. (2017): Habitatausstattung von Steinkauzrevieren Athe- 40% Weinbergen die besten Bedingungen ne noctua (Scopoli, 1769) in der Weinbauland- darstellen.“ (2013: 7, 37-39, 46, 49, 56-57). schaft östlich von Krems (Niederösterreich). - Diese erfreulichen Entwicklungen ermun- Egretta 55: 118-132; https://www.zobodat.at/ tern uns in weiteren Weingärten aktiv zu pdf/EGRETTA_55_0118-0132.pdf [21.07.2021]. werden. Es würde uns freuen, wenn unsere Erfahrungen eine Anregung für den Stein- kauzschutz in anderen Weingartenland- Dank schaften Europas sind (Abb. 6).2 Autor und Redaktion danken allen Vorbildhaft ist ebenso die durch Dr. Ri- Bildgebern für die kostenfreien Veröffent- Abb. 7: Weinetikett des Grünen Veltliner „Athene-Stein- chard Zink initiierte Spendenfreudigkeit lichungsrechte. kauzwein“ des Weinhofs Ulzer, Seebarn am Wagram. des Weinhofs Ulzer, Seebarn am Wagram: Man gab dem Grünen Veltliner nicht nur Wolfgang Pegler 2 Weitere Hinweise zum Steinkauzschutz in Wein- anbaugebieten finden sich auch in der Arbeit von den passenden Namen „Athene-Steinkauz- mywoga@aon.at Stadler et al. 2017. wein“, sondern unterstützt mit dessen Ver- Seite 32 Kauzbrief 34 (2022)
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