Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen

 
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Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
LEITLINIEN ZAHNMEDIZIN

                         S1-Leitlinie (Langfassung)
                         Die Unterkieferprotrusionsschiene
                         (UPS): Anwendung in der
                         zahnärztlichen Schlafmedizin beim
                         Erwachsenen
                         AWMF-Registernummer: 083-045
                         Stand: November 2021
                         Gültig bis: November 2026

                         Federführende Fachgesellschaften:
                          Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS)
                          Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK)

                         Beteiligung weiterer Fachgesellschaften/ Organisationen:
                          Arbeitskreis Mund- und Gesichtsschmerzen der Deutschen Schmerzgesellschaft (DGS)
                          Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT)
                          Bundeszahnärztekammer (BZÄK)
                          Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
publiziert
                bei:

     Koordination:
             Dr. (F) Horst Kares

     Autoren (in alphabetischer Reihenfolge):
             Prof. Dr. Olaf Bernhardt
             PD Dr. Nikolaos Giannakopoulos
             Dr. Markus Heise
             Dr. Alexander Meyer
             Dr. Dagmar Norden
             Dr. Dr. Jörg Schlieper, M.Sc.

     Co-Autoren (in alphabetischer Reihenfolge):
             Dr. Juliane Gösling, MPH
             Dr. Birgit Lange-Lentz

     Methodik:
             Dr. Susanne Blödt (AWMF)
             Dr. Anke Weber, MSc. (DGZMK, Leitlinienbeauftragte)

     Jahr der Erstellung: 2021
     vorliegende Aktualisierung/ Stand: November 2021, Version: 1.0
     gültig bis: November 2026

Die "Leitlinien" der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen
für Ärzte/ Zahnärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der
Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte/ Zahnärzte
rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.

Leitlinien unterliegen einer ständigen Qualitätskontrolle, spätestens alle 5 Jahre ist ein Abgleich der neuen
Erkenntnisse mit den formulierten Handlungsempfehlungen erforderlich. Die aktuelle Version einer Leitlinie
finden Sie immer auf den Seiten der DGZMK (www.dgzmk.de) oder der AWMF (www.awmf.org). Sofern Sie die
vorliegende Leitlinie nicht auf einer der beiden genannten Webseiten heruntergeladen haben, sollten Sie dort
nochmals prüfen, ob es ggf. eine aktuellere Version gibt.
Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                        Stand November 2021

Verwendete Abkürzungen

 3D-Justierung              Dreidimensionale Justierung
 AADSM                      American Academy of Dental Sleep Medicine
 AASM                       American Academy of Sleep Medicine
 AHI                        Apnoe-Hypopnoe-Index
 BMI                        Body-Mass-Index
 BOP                        Bleeding on Probing Index
 BUB                        Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
 BUB-Kurs                   Interdisziplinärer schlafmedizinischer Kurs
 BZÄK                       Bundeszahnärztekammer
 CMD                        Craniomandibuläre Dysfunktionen
 CPAP                       Continuous Positive Airway Pressure
 DC/TMD                     Diagnostic Criteria for Temporomandibular Disorders
 DGFDT                      Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie
 DGS                        Deutsche Schmerzgesellschaft
 DGSM                       Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin
 DGZMK                      Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
 DGZS                       Deutsche Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin
 EADSM                      European Academy of Dental Sleep Medicine
 ESS                        Epworth sleepiness scale
 ICSD-3                     International Classification of Sleep Disorders – 3. Auflage 2014
 KZBV                       Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
 MAD                        Mandibular Advancement Device
 MRA                        Mandibular Repositioning Appliance
 MRD                        Mandibular Repositioning Device
 OSA                        Obstruktive Schlafapnoe
 POB                        Posterior Open Bite
 PSQI                       Pittsburgh-Sleep-Quality-Index
 RDC/TMD                    Research Diagnostic Criteria for Temporomandibular Disorders
 SB                         Schlafbruxismus
 SBAS                       Schlafbezogene Atmungsstörungen

© DGZS, DGZMK                                                                                        i
Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                  Stand November 2021

                            Snoring Loudly / Tiredness / Observed Apnea / High Blood Pressure /
 STOP-Bang
                            BMI>35 kg/m2 / Age>50 / Neck Size Large / Gender Male
 TMD                        Temporomandibular Disorders
 UPS                        Unterkieferprotrusionsschiene
 ZSM                        Zahnärztliche Schlafmedizin

© DGZS, DGZMK                                                                                     ii
Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                                                                 Stand November 2021

Inhalt
Verwendete Abkürzungen........................................................................................................................ i
1     Herausgebende ............................................................................................................................... 1
    1.1      Federführende Fachgesellschaften ......................................................................................... 1
    1.2      Kontakt .................................................................................................................................... 1
    1.3      Zitierweise ............................................................................................................................... 1
    1.4      Redaktioneller Hinweis............................................................................................................ 1
2     Geltungsbereich und Zweck ............................................................................................................ 2
    2.1      Priorisierungsgründe ............................................................................................................... 2
    2.2      Zielsetzung und Fragestellung ................................................................................................. 2
    2.3      Adressaten der Leitlinie........................................................................................................... 2
    2.4      Ausnahmen von der Leitlinie ................................................................................................... 2
    2.5      Patientenzielgruppe ................................................................................................................ 2
    2.6      Versorgungsbereich................................................................................................................. 3
    2.7      Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie ................................................................................... 3
    2.8      Verbindungen zu anderen Leitlinien ....................................................................................... 3
3     Einleitung ......................................................................................................................................... 4
    3.1      Therapie mit Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) ................................................................ 4
    3.2      Zahnärztliche Schlafmedizin (ZSM) ......................................................................................... 5
4     Anwendungsempfehlungen für Zahnärzte...................................................................................... 6
    4.1      Strukturorientierung ............................................................................................................... 6
      4.1.1          Fortbildung ...................................................................................................................... 6
      4.1.2          Apparative und räumliche Voraussetzungen .................................................................. 6
      4.1.3          Technische Voraussetzungen zur Herstellung und Anwendung von UPS ....................... 6
    4.2      Prozessorientierung ................................................................................................................ 6
      4.2.1          Zahnärztliche Vorgehensweise........................................................................................ 6
      4.2.2          Zahnärztliche Anwendung einer UPS .............................................................................. 9
    4.3      Ergebnisorientierung ............................................................................................................. 14
      4.3.1          Patient ........................................................................................................................... 14
      4.3.2          Unterkieferprotrusionsschiene (UPS)............................................................................ 16
5     Klinischer Algorithmus Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) ...................................................... 19
6     Hinweise zur Kiefergymnastik bei der UPS-Anwendung ............................................................... 20
7     Informationen zu dieser Leitlinie .................................................................................................. 21

© DGZS, DGZMK                                                                                                                                            iii
Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen
S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                                                                Stand November 2021

    7.1       Zusammensetzung der Leitliniengruppe ............................................................................... 21
       7.1.1          Redaktion und Koordination ......................................................................................... 21
       7.1.2          Autoren.......................................................................................................................... 21
       7.1.3          Co-Autoren .................................................................................................................... 21
       7.1.4          Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen ....................................................... 21
       7.1.5          Beteiligte Experten ohne Mandat ................................................................................. 22
       7.1.6          Patientenbeteiligung ..................................................................................................... 22
       7.1.7          Methodik ....................................................................................................................... 22
       7.1.8          Weitere Beteiligung ....................................................................................................... 22
    7.2       Methodische Grundlagen ...................................................................................................... 22
    7.3       Literaturrecherche und kritische Bewertung ........................................................................ 23
    7.4       Strukturierte Konsensfindung ............................................................................................... 24
    7.5       Empfehlungsgraduierung und Feststellung der Konsensstärke ............................................ 25
       7.5.1          Festlegung des Empfehlungsgrades .............................................................................. 25
       7.5.2          Feststellung der Konsensstärke ..................................................................................... 25
8      Redaktionelle Unabhängigkeit ...................................................................................................... 25
    8.1       Finanzierung der Leitlinie ...................................................................................................... 25
    8.2       Darlegung von Interessen und Umgang mit Interessenkonflikten ....................................... 26
9      Externe Begutachtung und Verabschiedung ................................................................................. 27
10 Verbreitung und Implementierung ............................................................................................... 27
    10.1      Verwertungsrechte................................................................................................................ 27
    10.2      Verbreitung und Implementierung ....................................................................................... 27
11 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren ........................................................................... 28
12 Literatur ......................................................................................................................................... 29
Anhang - Tabellarische Übersicht der Interessenerklärungen .............................................................. 33

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1 Herausgebende
1.1 Federführende Fachgesellschaften

Deutsche Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS)
Albrechtstr. 14 b | 10117 Berlin | info@dgzs.de

Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK)
Liesegangstr. 17 a | 40211 Düsseldorf | dgzmk@dgzmk.de

1.2 Kontakt

Leitlinienkoordinator:

Dr. (F) Horst Kares
Zahnärztliche Privatpraxis
Grumbachtalweg 9
66121 Saarbrücken

Email: praxis@dr-kares.de

1.3 Zitierweise

DGZS, DGZMK: „Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen
Schlafmedizin beim Erwachsenen“, Langfassung 2021, Version 1.0, AWMF-Registriernummer: 083-
045, https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/083-045.html, (Zugriff am: TT.MM.JJJJ)

1.4 Redaktioneller Hinweis

Ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung
männlicher, weiblicher und weiterer Sprachformen verzichtet. Dies impliziert keinesfalls eine
Benachteiligung der jeweils anderen Geschlechter. Sämtliche Personenbezeichnungen in diesem
Dokument sind als geschlechtsneutral zu verstehen.

© DGZS, DGZMK                                                                              1
S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                      Stand November 2021

2 Geltungsbereich und Zweck
2.1 Priorisierungsgründe

Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) zu Behandlung von obstruktiver Schlafapnoe (OSA) und
Schnarchen bei Erwachsenen werden seit vielen Jahren von Zahnärzten angewendet, ohne dass es
dafür im deutschsprachigen Raum zahnmedizinische Handlungsempfehlungen gibt. Eine wirksame,
nachhaltige und nebenwirkungsarme Behandlung der OSA und des Schnarchens mit UPS hat aus
gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen für unsere Bevölkerung hohe Priorität. Im
Sinne einer Qualitätsförderung auf Basis aktueller Erkenntnisse und wegen des zu erwartenden
Anstiegs der Anwendung von UPS durch das Inkrafttreten des Beschlusses des gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA)1 zur Aufnahme der „Unterkieferprotrusionsschiene bei obstruktiver
Schlafapnoe“ in die Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung (MVV-RL) am 24.02.2021 und
den G-BA-Beschluss über eine Änderung der Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche          vertragszahnärztliche         Versorgung         (Behandlungsrichtlinie):
Unterkieferprotrusionsschiene bei obstruktiver Schlafapnoe vom 06.05.2021, ist eine diesbezügliche
Leitlinie notwendig.

2.2 Zielsetzung und Fragestellung

Ziel dieser Leitlinie ist es, Zahnärzte bei der Anwendung von UPS im Rahmen der zahnärztlichen
Schlafmedizin im Sinne der Qualitätsförderung mit Hinweisen zur Struktur-, Prozess- und
Ergebnisorientierung zu unterstützen.

2.3 Adressaten der Leitlinie

Diese Leitlinie richtet sich an alle Zahnärzte. Sie dient zur Information von Ärzten, insbesondere von
Ärzten mit Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“ (bzw. Ärzten mit einer fachlichen Befähigung zur
Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen), Gutachtern, Kostenträgern sowie
Patienten.

2.4 Ausnahmen von der Leitlinie

Diese Leitlinie bezieht sich nicht auf Kinder und Jugendliche.

2.5 Patientenzielgruppe

Patienten mit OSA und Schnarchen.

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S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
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2.6 Versorgungsbereich

Diese Leitlinie gilt für den ambulanten Versorgungsbereich.

2.7 Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie

    •   Kurzfassung

2.8 Verbindungen zu anderen Leitlinien

    •   S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Schnarchens beim Erwachsenen“ (AWMF-Registernr.
        017-068)
    •   S3-Leitlinie „Nicht-erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Schlafbezogene Atmungsstörungen“
        (AWMF-Registernr. 063-001)
    •   S3-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung des Bruxismus“ (AWMF-Registernr. 083-027)
    •   S2k-Leitlinie „Dentale digitale Volumentomographie“ (AWMF-Registernr. 083-005)

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S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
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3 Einleitung
Gaben erste Studien die Prävalenz der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) in den USA mit 4% der
männlichen und 2% der weiblichen Bevölkerung an2, spiegeln aktuellere Erhebungen mittlerweile
wesentlich höhere Zahlen wieder: 2015 wurden in der Schweizer Allgemeinbevölkerung im
Lebensalter von 40-80 Jahren Prävalenzzahlen von 49,7% bei Männern und 23,4% bei Frauen allein für
mittel- und schwergradige Ausprägung der OSA gefunden (AHI>15/h)3. Die Einbeziehung aller
Schweregrade (leicht- bis schwergradige OSA) ergab eine Prävalenz von 83,8% bei den Männern und
60,8% bei den Frauen. Auch die neuen, deutlich sensitiveren ICSD-3 Kriterien4 ermittelten in der
Altersgruppe über 40 Jahren Prävalenzen für die OSA von 79,2% bei Männern und 54,3% bei Frauen.
Aufgrund einer häufig fehlenden eindeutigen Abgrenzung des Schnarchens gegenüber der OSA
schwanken dagegen die Prävalenzangaben für das Schnarchen mit 2% bis 86% stark5.

In Abhängigkeit von der Ausprägung der OSA und des Schnarchens können allgemeine Maßnahmen
wie z. B. Gewichtsreduktion, Bewegungs- oder Lagetherapie empfohlen oder spezielle
Behandlungsmethoden wie die Positivdrucktherapie, die UPS-Therapie und operative Methoden
eingesetzt werden6. Die UPS-Therapie weist gegenüber der Positivdrucktherapie eine höhere
Adhärenz und dadurch eine vergleichbare Effektivität auf und ermöglicht eine nebenwirkungsarme
Behandlung7,8. Im Folgenden werden die Begrifflichkeiten zu diesem Thema definiert.

3.1 Therapie mit Unterkieferprotrusionsschiene (UPS)

Die Erstellung einer UPS erfordert eine vorherige ärztliche Überweisung.

Die UPS-Therapie wird beim Erwachsenen zur Behandlung der OSA, des Schnarchens und den mit
ihnen assoziierten gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen angewendet. Der Einsatz der
UPS erfolgt hierbei je nach Befundkonstellation entweder als einzige Maßnahme oder in Kombination
mit anderen Therapieoptionen; wie z. B. diätetischer Therapie bei Obesitas, Lagetherapie bei
rückenlagebetonter OSA und Schnarchen, Positivdrucktherapie zur Absenkung des Therapiedrucks
und den operativen Methoden.

Die UPS soll ein durch Protrusionselemente nachjustierbares, laborgefertigtes, individuell nach
Abformungen      und     Kieferrelationsbestimmung  angepasstes,     bimaxillär     verankertes
Zweischienensystem (Biblock) sein.

UPS sind abzugrenzen von intraoralen Geräten anderer Indikationsgebiete, wie z. B.
Okklusionsschienen (zum Schutz der Zähne vor Bruxismus), kieferorthopädischen Geräten (zur Zahn-
und Kieferregulation), Sportzahnschutz (Schutz der Zähne bei sportlichen Aktivitäten) und von
intraoralen Geräten gleicher Indikationsgebiete, wie z. B. konfektionierte, nicht-individuell
laborgefertigte UPS (sog. „Boil and Bite“), oder Pelottengeräten und Zungenretainern.

Folgende Synonyme finden sich im deutschsprachigen Raum: Apnoe-Schiene, Esmarch-Orthese,
progenierende Schiene, protrudierende Schiene und Protrusionsschiene. Ebenso finden sich
möglicherweise irreführende Begriffe, wie z. B. Schnarcherschiene oder Schnarchspange.

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S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
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Im englischsprachigen Raum finden sich folgende Bezeichnungen: Oral Appliance (OA), Mandibular
Advancement Device (MAD), Mandibular Repositioning Device (MRD), Mandibular Repositioning
Appliance (MRA).

Der Wirkmechanismus einer UPS wird überwiegend durch die Vorverlagerung des Unterkiefers
ausgelöst und führt über eine dadurch vermittelten Spannung der suprahyoidalen Gewebe zu einer
luminalen Vergrößerung und Stabilisierung des Atemweges auf Höhe des Velums, des Zungengrundes
und der Epiglottis9.

Am Anfang dieser Leitlinie befindet sich ein Abkürzungsverzeichnis mit den wichtigsten Begriffen im
Zusammenhang mit der UPS-Therapie – die allgemeine zahnärztliche Nomenklatur wird als bekannt
vorausgesetzt. Ferner befinden sich In Kapitel 5 ein klinischer Algorithmus
„Unterkieferprotrusionsschiene“ und in Kapitel 6 Hinweise zur Kiefergymnastik bei der UPS-
Anwendung.

3.2 Zahnärztliche Schlafmedizin (ZSM)

Zahnärztliche Schlafmedizin beschäftigt sich im interdisziplinären Netzwerk zwischen Ärzten und
Zahnärzten mit zahnärztlichen Maßnahmen, die zur Erkennung, zur Prävention und zur Behandlung
des OSA und des Schnarchens führen können sowie mit den ihnen assoziierten Zahn-, Mund- und
Kiefererkrankungen. Als präventive zahnärztliche Maßnahmen gelten insbesondere
kieferorthopädische Verfahren, die in der Wachstumsphase einer Verbesserung der Belüftung der
oberen Atemwege erwarten lassen. Als assoziierte zahnärztliche Erkrankungen sind der
Schlafbruxismus (SB), der orofaziale Schmerz, die craniomandibulären Dysfunktionen (CMD), die nicht-
kariösen Zahnhartsubstanzverluste, der Verlust von Zahnrestaurationsmaterialien und die Störungen
der oralen Befeuchtung bekannt und therapiebedürftig10-12.

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S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                        Stand November 2021

4 Anwendungsempfehlungen für Zahnärzte
4.1 Strukturorientierung

4.1.1 Fortbildung

Die Anwender von UPS sollen über Kenntnisse zur Anwendung und Therapie mit einer UPS verfügen.
Diese sollen durch Fortbildung erworben oder ausgebaut werden.

4.1.2 Apparative und räumliche Voraussetzungen

Die apparative und räumliche Ausstattung für die zahnärztliche UPS-Therapie orientiert sich an den
Erfordernissen für eine zahnärztliche Praxis und ein zahntechnisches Eigen- oder Fremdlabor.

4.1.3 Technische Voraussetzungen zur Herstellung und Anwendung von UPS

Die Herstellung von UPS im Sinne dieser Leitlinie erfolgt ausschließlich im zahntechnischen Eigen- oder
Fremdlabor, auf Basis individueller zahnärztlicher Abformung der Zahnbögen sowie diese umgebenden
Strukturen und eines Registrats der Kieferrelation in Startposition (siehe 4.2.2.2.1). Es kommen bei der
Herstellung von UPS solche Verfahren zur Anwendung, die eine patientenindividuelle Anpassung der
UPS durch Zahnärzte mit den in dieser Leitlinie geforderten Eigenschaften ermöglichen. Hierbei sind
die Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus der Integration von ergänzenden industriell
hergestellten Fertigelementen, wie z. B. einstellbare Protrusionselementen, in die UPS ergeben. Es
bestehen für die Herstellung und die Anwendung der verschiedenen UPS-Bauarten Urheber-, Marken,
Gebrauchsmuster-, Patent- und Designschutzrechte.

4.2 Prozessorientierung

4.2.1 Zahnärztliche Vorgehensweise

4.2.1.1   Zahnärztliche Symptome und Zeichen assoziiert mit Schlafstörungen

Die zahnärztliche Anamnese und der zahnärztliche Befund können Anhaltspunkte geben, die auf das
Vorliegen einer OSA hinweisen. Aufgrund eines erhöhten gesundheitlichen und psychosozialen Risikos
bei vermutlichem Vorliegen einer OSA, kann eine entsprechende Verweisung durch den Zahnarzt an
den Arzt zur Diagnosestellung angezeigt sein.

Folgende Hinweise auf Schlafstörungen können sich in Anlehnung an nationale und internationale
Konsensusstatements13-22 im Rahmen einer zahnärztlichen Anamnese und klinischen Untersuchung
ergeben:

Die zahnärztliche Anamnese kann Anhaltspunkte für den Verdacht auf eine OSA enthalten. Patienten
berichten z. B. über Zähneknirschen im Schlaf, Aufbissschmerzen beim Aufwachen oder
kälteempfindliche Zähne.

Bei der klinischen zahnärztlichen Untersuchung können Auffälligkeiten an den Zähnen, den
Weichgeweben und der Kaumuskulatur auf eine OSA hinweisen. Nicht-kariöse

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Zahnhartsubstanzverluste, wie z. B. Attritionen, Infraktionen, Höckerfrakturen, keilförmige Defekte
und/oder der Verlust von Zahnrestaurationsmaterialien deuten auf einen verstärkten Schlafbruxismus
hin, möglicherweise im Zusammenhang mit einer OSA23-25. In einigen Fällen treten auch Erosionen an
den Zähnen auf, möglicherweise eine Folge von verstärktem Reflux durch frustrane
Atemanstrengungen bei einer Schlafapnoe. An den Weichgeweben können eine verlängerte Uvula,
Rötung im Bereich des Rachens, langer Weichgaumen, vergrößerte Tonsillen, große Zunge,
Impressionen am Zungenrand oder der Wangeninnenseite und als Ausdruck funktioneller
Veränderungen palpationsempfindliche Kaumuskeln oder Kiefergelenke ebenso auffallen wie
hypertrophe Strukturen, z. B. Masseter-Hypertrophien.

4.2.1.2    Zahnärztliche Diagnostik und Therapie

Ziel der zahnärztlichen Diagnostik und Therapie vor und während der Anwendung einer UPS ist eine
Optimierung der Voraussetzungen für einen Behandlungserfolg und ein Minimieren der Risiken für das
stomatognathe System.

Risiken und Chancen einer UPS-Therapie sind ärztlich und zahnärztlich interdisziplinär abzuwägen.
Dabei obliegt die Abwägung über Risiken für die Anwendung der UPS und ggf. über die Indikation für
vorher einzuleitende zahnärztliche Maßnahmen allein der Zahnmedizin. Diese Abwägung erfolgt nach
dem Risikoprofil der für die UPS-Anwendung therapierelevante Befunde und Befundkonstellationen
(Indizes und Klassifikationen) in der konservierenden, prothetischen, parodontologischen und
funktionstherapeutischen Zahnheilkunde5,6,10,14,26,27.

Zu den therapierelevanten Befunden in der UPS-Anwendung zählen:

    •     unzureichende Festigkeit des Restzahnbestandes mit unzureichenden Stützzonen (z. B.
          erhöhtes Risiko für Eichner Klassifikation Gruppe B und C unter außer Acht lassen der Zähne
          mit Lockerungsgraden und zu geringem prothetischen Äquator),
    •     provisorischem Zahnersatz (z. B. erhöhtes Risiko für gebogenen Klammern) oder definitivem
          herausnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz (z. B. erhöhtes Risiko bei unzureichender
          Stabilität),
    •     kariöse Läsionen, sanierungsbedürftige Füllungen oder andere Defekte (z. B. erhöhtes Risiko
          bei sanierungsbedürftigen Füllungen über eine Fläche hinaus),
          parodontale/periimplantäre Erkrankungen (z. B erhöhtes Risiko bei BOP>10%,
          Sondierungstiefe ≥4 mm Stadium >1, Grad>A)28,
    •     Funktionsstörungen des Kauapparates: erhöhtes Risiko bei limitierenden und/oder
          schmerzhaften craniomandibulären Dysfunktionen (CMD), insbesondere bei dysfunktionalem
          Schmerz (Grad 3 und 4 der Graduierung chronischer Schmerzen) und limitierender
          Hypomobilität des Unterkiefers bei einer Unterkieferprotrusion < 5 mm, ausgehend von der
          maximalen Retrusion nach dreimaligem Versuch in Anlehnung an die Diagnostic Criteria for
          Temporomandibular Disorders (DC/TMD)29.

Das patientenindividuelle Risikoprofil dieser genannten therapierelevanten Befunde begrenzen nach
zahnärztlicher Bewertung die Indikation für und die Therapie mit UPS.

Daraus ergeben sich spiegelbildlich die vor und während der UPS-Therapie einzuleitenden
zahnärztlichen Maßnahmen zur Minimierung der Risiken ggf. mit Anpassung der bestehenden UPS.

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Zur Bewertung des Risikoprofils bieten sich z. B. die aus der Zahnmedizin bekannten Vektordiagramme
an, die auf die therapierelevanten Befunde und Befundkonstellationen in der UPS-Anwendung
abgestimmt sind27,30. Über mögliche Verzögerungen vor Versorgung mit einer UPS bedingt durch eine
zahnärztliche Vorbehandlung sollte der überweisende Arzt informiert werden.

Die Aufklärung und Einwilligung des Patienten bezieht sich für den Zahnarzt im interdisziplinärem
Behandlungsnetzwerk zwischen Arzt und Zahnarzt ausschließlich auf Art, Umfang, Durchführung, zu
erwartende zahnärztliche Folgen und Risiken der Maßnahme. Ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit,
Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie sowie möglicher
Alternativen zur Maßnahme bedürfen des interdisziplinären Austausches.

 Statement 1a
 Kapitel 3.2

 Die ZSM beschäftigt sich mit der Erkennung von Hinweisen, der Behandlung und der Konsens
 Prävention von OSA und des Schnarchens sowie mit den ihnen assoziierten Zahn-,
 Mund- und Kiefererkrankungen im interdisziplinären Netzwerk zwischen Ärzten und
 Zahnärzten.
 Abstimmung: 6/2/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Statement 1b
 Kapitel 4.2.1.1

 Die zahnärztliche Anamnese und der zahnärztliche Befund können Anhaltspunkte Starker
 geben, die auf das Vorliegen einer OSA hinweisen.                            Konsens
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Statement 1c
 Kapital 4.2.1.2

 Ziel der zahnärztlichen Diagnostik und Therapie vor und während der Anwendung Starker
 einer UPS ist eine Optimierung der Voraussetzungen für einen Behandlungserfolg Konsens
 und ein Minimieren der Risiken für das stomatognathe System auf der Grundlage
 der Bewertung des patientenindividuellen Risikoprofils
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Empfehlung 1d
 Kapitel 4.2.1.2

 Die Indikationsstellung einer UPS wird als risikobasierte Entscheidung auf Basis Starker
 zahnmedizinischer Befunde und Befundkonstellationen empfohlen.                   Konsens
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Expertenkonsens

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4.2.2 Zahnärztliche Anwendung einer UPS

4.2.2.1     Abformung von Ober- und Unterkiefer

Im Rahmen der Herstellung einer UPS ist die präzise Abformung beider Kiefer als Grundlage für eine
optimale Passform und Funktion der Schienen notwendig. Die Abformung kann analog oder digital
durchgeführt werden, je nach Präferenzen der Behandler. Dabei soll besonderes Augenmerk auf einer
ausreichenden Darstellung der Unterschnitte und der Weichgewebe liegen. Ein negativer Einfluss
klinischer Parameter auf die Abformung, wie z. B. harte oder weiche Beläge oder ein erhöhter
Lockerungsgrad der Zähne soll berücksichtigt werden.

4.2.2.2     Kieferrelationsbestimmung für die Startposition der UPS-Therapie, Hilfsmittel zur
            Registrierung, Auswahl der UPS-Bauart mit Konstruktionshinweisen

4.2.2.2.1    Kieferrelationsbestimmung für die Startposition der UPS-Therapie

Als Startposition der UPS-Therapie wird die „Fertigungsposition“ einer UPS in einer definierten
Kieferrelation bei Eingliederung im Mund des Patienten zu Therapiebeginn bezeichnet. Der Prozess
dieser Kieferrelationsbestimmung besteht aus der Justierung der Kiefer in allen drei räumlichen
Achsen nach zahnmedizinischen Erfordernissen mittels geeigneter Hilfsmittel (Bissgabeln) und der
anschließenden Anfertigung eines Registrats. Angesichts fehlender eindeutiger wissenschaftlicher
Evidenz zu diesem Thema, hat sich diese Arbeitsgruppe aufgrund klinischer Erfahrung auf folgenden
Empfehlungen zur Bestimmung der Kieferrelation beim Beginn der UPS-Therapie geeinigt:

   4.2.2.2.1.1 Die Bestimmung der Vertikalachse

Die UPS-Startposition in der Vertikalachse (Longitudinalachse, Bisshebung) wird kontrovers diskutiert.
Es gibt keine eindeutige wissenschaftliche Evidenz über die optimale vertikale Hebung und die
entsprechende Wirksamkeit auf die Atmungsstörungen im Schlaf. Aufgrund klinischer Erfahrung kann
allerdings festgestellt werden, dass mit zunehmender Bisshebung die absolut gemessene Protrusion
des Unterkiefers und die Adhärenz für die UPS-Therapie abnehmen31-34.

Der vertikale Abstand im Bereich der Seitenzähne sollte für die zahntechnische Arbeit der jeweiligen
UPS ausreichend sein, um eine Fraktur im Laufe der Behandlung zu vermeiden. Einflüsse aufgrund
einer stärkeren Ausprägung der Spee´schen Kurve auf den interokklusalen Abstand über die
Gesamtstrecke der Unterkieferprotrusion gilt es hierbei zu berücksichtigen.

Der vertikale Abstand im Bereich der Frontzähne sollte für die zahntechnische Arbeit der jeweiligen
UPS ausreichend sein, um Interferenzen über die Gesamtstrecke der Unterkieferprotrusion zu
vermeiden, jedoch nicht zu groß, um einen Lippenschluss im Schlaf zu ermöglichen.

   4.2.2.2.1.2 Die Bestimmung der Sagittalachse

Die Empfehlungen für die UPS-Startposition in der Sagittalachse (Retrusion/Protrusion) variieren u. a.
wegen unterschiedlicher Startmesspunkte in der Literatur zwischen 6% und 90% der maximalen
Protrusionsamplitude35-38 erheblich. Demgegenüber finden sich in der Literatur übereinstimmende
Angaben hinsichtlich der überlegenden Reproduzierbarkeit für die maximale aktive Retrusionsposition
als Startmesspunkt der Protrusionsbewegung. Aufgrund dessen und wegen der leichteren klinischen

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Umsetzbarkeit empfiehlt diese Arbeitsgruppe, die maximale aktive Retrusionsposition als
Ausgangspunkt für die Bestimmung der Startposition in der Sagittalen zu verwenden39,40. Dabei sollte
die Startposition für den Patienten

    a) als angenehm empfunden werden (schmerz- und spannungsfrei)
       und
    b) soweit möglich bei ca. 50% der maximalen Protrusionskapazität liegen (ausgehend von der
       maximalen aktiven Retrusion bis zur maximalen aktiven Protrusion in liegender Position nach
       dreimaligem Versuch in Anlehnung an die DC/TMD-Kriterien29).

   4.2.2.2.1.3 Die Bestimmung der Horizontalachse

Die Startposition in der Horizontalachse (Transversalachse) sollte eine unter Vorschub auftretende
seitliche patientenindividuelle Abweichung des Unterkiefers berücksichtigen und angenehm für den
Patienten sein.

Die so gewählte dreidimensionale Startposition der UPS kann idealerweise aufgrund ihrer Wirksamkeit
auf die OSA bzw. des Schnarchens und fehlender oder geringer Nebenwirkungen dazu führen, dass
nach Eingliederung der UPS eine Nachjustierung nicht mehr notwendig wird.

4.2.2.2.2   Hilfsmittel zur Registrierung

Zur Bestimmung einer reproduzierbaren Kieferrelation für die Startposition einer UPS benötigt der
Zahnarzt ein Hilfsmittel (Bissgabel). Diese Arbeitsgruppe empfiehlt aufgrund langjähriger klinischer
Erfahrung die Anwendung eines Hilfsmittels, das aufgrund seiner Möglichkeiten zur Justierung in allen
drei Achsen eine Bestimmung der maximalen aktiven Protrusion und Retrusion sowie eine
Registrierung der Kiefer zueinander reproduzierbar gestattet. Die Justierung mit dem Hilfsmittel
gelingt entweder über additive und subtraktive Anpassungen oder über eine stufenlose
Einstellvorrichtung in allen drei Achsen. Diese Hilfsmittel sollten

    a)   eine reproduzierbare Startposition ermöglichen,
    b)   am liegenden Patienten anwendbar sein,
    c)   Stabilität gewährleisten und
    d)   entweder Einmalartikel oder Mehrwegartikel sein, die entsprechend den Angaben des
         Herstellers aufzubereiten sind.

4.2.2.2.3   Auswahl der UPS-Bauart mit Konstruktionshinweisen

Der Zahnarzt sollte die UPS-Bauart in Einvernehmen mit dem Patienten anhand von
zahnmedizinischen, medizinischen und biomechanischen Kriterien auswählen.

UPS nutzen verschiedene technische Eigenschaften, um den Unterkiefer in eine Position zu bringen,
die den oberen Atemweg erweitert. Es gibt zwei Typen von UPS: einteilige, nicht-nachjustierbare UPS-
Bauarten (Monoblock) und zweiteilige, nachjustierbare UPS-Bauarten (Biblock). Aus der klinischen
Anwendung zeigen nachjustierbare UPS mit speziellen Eigenschaften beim Erwachsenen deutliche
Vorteile, auch wenn dies in Evidenzberichten teils anders gesehen wird1,32,41-46.

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Bei der Auswahl der UPS-Bauart für die Langzeitanwendung sollen nur durch Protrusionselemente
nachjustierbare, laborgefertigte, individuell nach Abformungen und Kieferrelationsbestimmung
angepasste, bimaxillär verankerte Schienensysteme Berücksichtigung finden.
Die UPS, die diesen Anforderungen nicht genügen (z. B. im Mund angefertigte und/oder
konfektionierte UPS) zählen ausdrücklich nicht dazu. Individuelle Schienen haben eine bessere
Retention, eine höhere Wirksamkeit und weniger Nebenwirkungen32,45. Die UPS soll ausgehend von
der Startposition nach anterior und posterior nachjustierbar sein, da die sagittale Einstellung des
Unterkiefers eine Schlüsseleigenschaft für die Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil bei OSA und
Schnarchen ist. Diese sagittale Einstellung soll in reproduzierbaren Schritten von bis zu einem
Millimeter ausführbar sein und eine Nachjustierung von mindestens 5 mm nach anterior und 1 mm
nach posterior zulassen32. Eine genaue Beschreibung der individuellen Protrusionselemente und ihrer
Mechanismen wird hier aufgrund der kontinuierlich im Fluss befindlichen Weiterentwicklung dieser
technischen Faktoren nicht vorgenommen32,45,47. Wichtige Eigenschaften dieser Protrusionselemente
sind eine stabile Verankerung in der Schienenbasis und die visuelle Kontrollmöglichkeit der sagittalen
Einstellung, um einen optimalen Effekt zu gewährleisten. Auch sollte die Protrusionsfähigkeit der
jeweiligen UPS-Bauarten dauerhaft nachjustierbar bleiben, um bei Bedarf sowohl auf die Wirksamkeit
als auch die Nebenwirkungen Einfluss nehmen zu können48,49. Um eine lange Haltbarkeit und eine gute
Verträglichkeit zu gewährleisten, soll eine UPS aus stabilen und biokompatiblen Materialen mit
sekundär verblockender Wirkung hergestellt werden. Die UPS soll für Patient, ggf. notwendiges
Pflegepersonal und Behandler gut ein- und auszugliedern sein45.

 Empfehlungen 2
 Kapitel 4.2.2.2

  a) Die Kieferrelationsbestimmung für die Startposition einer UPS-Therapie soll Starker
     von schlafmedizinisch fortgebildeten Zahnärzten durchgeführt werden.        Konsens
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

  b) Zur Bestimmung einer reproduzierbaren, schmerz- und spannungsfreien Starker
     Kieferrelation für die Startposition einer UPS sollen Hilfsmittel verwendet Konsens
     werden, die eine Justierung der Kiefer in allen drei Achsen in liegender
     Position gestatten.
 Abstimmung: 7/0/1 (ja, nein, Enthaltung)

  c) Bei der Auswahl der UPS-Bauart sollen nur solche durch Protrusionselemente Starker
     nachjustierbare, laborgefertigte, individuell nach Abformungen und Konsens
     Kieferrelation angepasste, bimaxillär verankerte Schienensysteme
     Berücksichtigung finden.
 Abstimmung: 7/0/1 (ja, nein, Enthaltung)

 Expertenkonsens

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4.2.2.3     Eingliederung, Hinweise für Patienten bezüglich Trageweise, Pflege und Kiefergymnastik

4.2.2.3.1     Eingliederung der UPS

Die Eingliederung einer UPS in den Mund des Patienten setzt eine Reihe von Maßnahmen voraus, um
sowohl Wirksamkeit, Langlebigkeit sowie Therapieadhärenz sicherzustellen und gleichzeitig mögliche
Nebenwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren21,50. Der Zahnarzt prüft vor Eingliederung die
Integrität und die Qualität der technischen Ausführung der UPS. Passung, Retention und Lippenschluss
werden anschließend im Mund des Patienten untersucht. Der Patient beurteilt den Tragekomfort der
UPS und falls notwendig, werden Anpassungen durchgeführt sowie die therapeutische Startposition
nachjustiert.

4.2.2.3.2    Hinweise zur Trageweise und Pflege

Am Anfang der Therapie kann eine Eingewöhnung mit der UPS vor dem Einschlafen oder in
Ausnahmefällen eine Anwendung nur jede zweite Nacht hilfreich sein. Selbstständiges Ein- und
Ausgliedern durch den Patienten müssen instruiert und geübt werden. Pflegehinweise sollen gegeben
werden. Die Aufklärung und Einweisung in ein Nachjustier-, Titrationsprotokoll soll erfolgen. Über die
Notwendigkeit einer Überprüfung der Wirkung der UPS durch den Schlafmediziner nach Abschluss der
Titrationsphase, soll in Fällen einer diagnostizierten OSA aufgeklärt werden. Außerdem ist über
Verlaufskontrollen (Recall) in der Therapiephase durch den Zahnarzt und den überweisenden Arzt
sowohl bei diagnostizierter OSA als auch bei Schnarchen aufzuklären.

4.2.2.3.3    Hinweise zur Kiefergymnastik

Potenzielle Nebenwirkungen müssen im Rahmen der Aufklärung mit dem Patienten im Vorfeld und
nach Bedarf auch im Laufe der Behandlung besprochen werden. Um Schmerzen im Bereich der
Kiefermuskulatur und der Kiefergelenke zu vermeiden oder zu reduzieren und um somit die Adhärenz
zu erhöhen, sollen kiefergymnastische Verfahren vorgeführt und eingeübt werden51-53. Diese sollten
morgens nach dem Herausnehmen und abends vor dem Einsetzen der UPS und nach Bedarf häufiger
durchgeführt werden (Kapitel 6 „Hinweise zur Kiefergymnastik bei der UPS-Anwendung“). Im Einzelfall
stehen auch begleitende therapeutische Maßnahmen, wie z. B. Physiotherapie zur Verfügung.

Zur Vermeidung oder Minimierung von Veränderungen der Zahnstellung und/oder der Okklusion, kann
der Zahnarzt ggf. individuelle Hilfsmittel anpassen, deren Anwendung nach dem Ausgliedern der UPS
eine bessere Rückstellung des Unterkiefers ermöglichen. Andere Verfahren zu Minimierung von
Nebenwirkungen sollten Anwendung finden, wenn sie sich als wirksam erwiesen haben.

 Empfehlung 3
 Kapitel 4.2.2.3

 Bei Eingliederung einer UPS sollen dem Patienten Hinweise zur Handhabung, Starker
 Trageweise, Pflege, Kiefergymnastik, schlafmedizinischen Überprüfung und zum Konsens
 zahnärztlichen Recall gegeben werden.
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Expertenkonsens

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4.2.2.4     UPS-Titration, zahnärztliche und ärztliche Kontrollen

Die wissenschaftliche Evidenz zur Nachjustierung und Titration einer UPS ist niedrig, und es besteht
nach aktuellem Stand kein validiertes Nachjustier- und Titrationsprotokoll zur UPS-Therapie39. Diese
Expertengruppe empfiehlt die Einführung eines individualisierten Steuerungsschemas in drei Phasen.

4.2.2.4.1    Die Eingewöhnungsphase

Die Nachjustierung einer UPS in der Eingewöhnungsphase wird definiert als die Anpassung der UPS
aufgrund zahnmedizinischer Erfordernisse durch den Zahnarzt. Sie beginnt, falls notwendig, nach
Eingliederung der UPS aus der Startposition heraus. Dabei können nicht nur Änderungen in der
Sagittalen, sondern ebenfalls in der Vertikalen und in der Horizontalen notwendig werden.

4.2.2.4.2    Die Titrationsphase

Die Anpassung einer UPS in der Titrationsphase wird definiert als die Nachjustierung der UPS aufgrund
schlafmedizinischer und zahnmedizinischer Erfordernisse. Sie beginnt nach einer erfolgreichen
Eingewöhnungsphase und besteht in der Steuerung des Unterkiefer-Protrusionsgrades
(Nachjustierung in bis zu Ein-Millimeterschritten) nach schlafmedizinischen und zahnmedizinischen
Erfordernissen mit dem Ziel einer Optimierung der schlafmedizinischen Wirkung, einer Minimierung
des Nebenwirkungsprofils und als direkte Folge daraus eine Verbesserung der Adhärenz. Die
Titrationsphase erfolgt in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Arzt und Zahnarzt unter
Berücksichtigung patientenbezogener Faktoren. Mit zunehmendem Ausmaß der Nachjustierung wird
zwar eine erhöhte Wirksamkeit wahrscheinlicher, ohne dass allerdings ein linearer Effekt zwischen
dem Ausmaß der Nachjustierung und der Wirksamkeit einer UPS besteht21,54.

Als Zielgrößen für die schlafmedizinischen Erfordernisse einer Nachjustierung dienen zunächst
Symptome und Messwerte ambulanter Protokolle. Die Beurteilung der schlafmedizinischen
Erfordernisse einer Nachjustierung soll in Abstimmung zwischen dem überweisenden Arzt und dem
Zahnarzt erfolgen. Die Durchführung der Nachjustierung obliegt allein dem Zahnarzt. Zu den
wichtigsten symptombezogenen Zielgrößen zählen das Schnarchen und die Tagesschläfrigkeit mit der
Evaluation über analoge Scorings bzw. Fragebögen (z. B. Epworth sleepiness scale, ESS55). Die
messtechnischen Zielgrößen ergeben sich aus der Evaluation polygrafischer Parameter mittels ein- und
Mehrkanalableitungen zur Messung u. a. der Sauerstoffsättigung, des peripheren arteriellen Tonus,
des Atemflusses, der Herzfrequenz und Körperlage.

Die Titrationsphase endet mit dem Erreichen der UPS-Therapieposition, wenn keine Nachjustierungen
mehr notwendig sind, der Patient mit dem Ergebnis zufrieden ist und der Schlafmediziner eine
ausreichende Wirksamkeit der UPS im Schlaf nachgewiesen hat (UPS-Therapie-Response). Wenn keine
zufriedenstellende Wirksamkeit durch den Arzt nachgewiesen werden kann (UPS-Therapie-Non-
Response), ist die Überleitung zu einer anderen Therapieform ärztlich zu entscheiden.

4.2.2.4.3    Die Therapiephase mit Recall

Die Therapiephase beginnt am Ende der Titrationsphase. Die UPS soll möglichst regelmäßig während
der gesamten Schlafzeit getragen werden. Eine erste zahnärztliche Langzeitkontrolle (Recall) sollte
standardmäßig nach sechs Monaten, danach jährlich erfolgen. Die Intervalle können an das
individuelle Risikoprofil angepasst werden26. Mittel- und langfristig kann eine Nachanpassung der UPS

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S1-Leitlinie „UPS - Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin“
Langfassung                                                                       Stand November 2021

aufgrund von ärztlichen oder zahnärztlichen Faktoren notwendig werden. Wenn bei den
zahnärztlichen Kontrollen Hinweise für eine nachlassende Wirkung bestehen, sollte, in Abstimmung
mit dem Arzt, erneut titriert werden. Dabei sollten auch im Sinne der Verlaufsaufklärung andere
Variablen, wie z. B. Nebenwirkungen evaluiert und berücksichtigt werden. Wenn die UPS aus
materialtechnischen oder patientenbezogenen Gründen erneuert werden muss, soll eine
interdisziplinäre Neubewertung der Indikation für eine UPS-Therapie gem. des klinischen Algorithmus
(Kapitel 5) dieser Leitlinie erfolgen.

Die zuletzt vorhandene Therapieposition soll für die neue UPS übernommen werden, wenn o. g.
Bewertung dies zulässt.

Wenn keine zufriedenstellende Wirksamkeit durch den Arzt nachgewiesen werden kann (UPS-
Therapie-Non-Response), ist die Überleitung zu einer anderen Therapieform ärztlich zu entscheiden56.

 Empfehlungen 4
 Kapitel 4.2.2.4

  a) Die Nachjustierung in der Titrationsphase einer UPS soll in möglichst kleinen Starker
     Schritten von bis zu einem Millimeter durchführbar sein, um die Faktoren Konsens
     Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Adhärenz bestmöglich beeinflussen zu
     können
 Abstimmung: 7/0/1 (ja, nein, Enthaltung)

  b) Zum Abschluss der Titrationsphase soll die Wirksamkeit der UPS- Starker
     Therapieposition schlafmedizinisch beurteilt und bestätigt werden Konsens
 Abstimmung: 8/0/0 (ja, nein, Enthaltung)

 Expertenkonsens

4.3 Ergebnisorientierung

Die Beurteilung für einen Behandlungserfolg bei der UPS-Therapie umfasst patientenbezogene
Aspekte, wie die Wirksamkeit, den Tragekomfort, die Nebenwirkungen und die Umsetzung der
Empfehlungen durch den Patienten (Adhärenz). Technische Aspekte zur Beurteilung der Güte der UPS-
Behandlung beziehen sich auf die UPS und sind die Passung, die Justier- und Titrationsfähigkeit, die
Haltbarkeit, die Umbau-/Reparaturfähigkeit, die hygienischen Eigenschaften und die
Materialverträglichkeit.

4.3.1 Patient

4.3.1.1    Wirksamkeit

Über die Art und Notwendigkeit einer schlafmedizinischen objektivierenden Überprüfung des
Wirkungsgrades der UPS ist ärztlich zu entscheiden; dieses ist entsprechenden Leitlinien (siehe 2.8) zu
entnehmen. Der Zahnarzt verweist den Patienten hierfür zurück an den überweisenden Arzt. Dieser

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entscheidet über die Fortführung der UPS-Therapie mit unveränderter UPS-Therapieposition, über die
Notwendigkeit einer erneuten Titration für die Bestimmung einer geänderten und wirksamen UPS-
Therapieposition oder im Falle einer Non-Response trotz erneuter Titration über einen Abbruch der
UPS-Therapie. Ein Therapieerfolg lässt sich im Einzelfall weder mittels Prädiktoren noch weiterer
möglicher Einflussfaktoren, wie z. B. durch anthropometrische Parameter vorhersagen.

4.3.1.2   Tragekomfort (Patientenzufriedenheit)

Eine guter Tragekomfort der UPS bedeutet kein oder wenig Druckgefühl an Zähnen, Zahnfleisch oder
Spannungsgefühl auf die orofaziale Muskulatur. Sie sollte sich gut einsetzen und abnehmen lassen;
sowohl von dem Patienten selbst als auch von den jeweiligen Hilfskräften im Krankenhaus oder in der
Pflege.

4.3.1.3   Nebenwirkungen

Die Anwendung von UPS gilt als nicht-invasives Verfahren. Dennoch können während und nach dem
Tragen einer UPS im Schlaf in Abhängigkeit von der UPS-Bauart und von patientenbezogenen Faktoren
Nebenwirkungen auftreten52,54.

Eine sorgfältige Aufklärung über Nebenwirkungen der UPS soll durchgeführt werden und ist
wesentliche Bedingung für eine gute Adhärenz des Patienten. Sie muss vor der Entscheidung des
Patienten für diese Intervention stehen und im Verlauf der UPS-Therapie rekapituliert werden. Die
Evidenz über empfehlenswerte Maßnahmen zur Vermeidung von Nebenwirkungen ist niedrig und von
geringer Qualität52. Die Aufklärung soll auch Maßnahmen beinhalten, die die Schwere möglicher
Nebenwirkungen lediglich abmildern und deren Auswirkungen zeitlich begrenzen.

Nebenwirkungen können reversibel und transient kurzfristig nach Eingliederung der UPS auftreten. So
ist initial mit übermäßigem Speichelfluss, in seltenen Fällen mit verstärkter Mundtrockenheit zu
rechnen. Der Schienenrand kann zu Irritationen und Entzündungen der Gingiva führen. Auch können
in den ersten Nächten die Zähne selbst empfindlich sein. Diese Beschwerden sind nach einer
Eingewöhnungsphase schnell rückläufig, bzw. verschwinden nach Korrekturen an der UPS.

Kurz- bis mittelfristig kann es auch zu Spannungsgefühlen bis hin zu Schmerzen in der Kaumuskulatur
und im Bereich der Kiefergelenke kommen. Diese Beschwerden sind auf die Protrusion des
Unterkiefers über mehrere Stunden in der Nacht zurückzuführen. Die Art dieser Beschwerden ähnelt
den Symptomen einer klassischen craniomandibulären Dysfunktion (CMD). Im Allgemeinen sind die
Schmerzen nach längerer Tragezeit rückläufig. Patienten, die schon vor der UPS-Therapie CMD-
Symptome oder Zeichen aufwiesen, erfahren keine signifikante Exazerbation ihrer Beschwerden. Um
diese CMD-Beschwerden zu reduzieren oder sogar zu vermeiden, können begleitende Maßnahmen
wie Kiefergymnastik, Physiotherapie, der temporäre Einsatz von frontalen Aufbissen oder
Medikamenten sinnvoll sein. Auch können bei der UPS-Therapie Geräusche in den Kiefergelenken
auftreten, die allerdings meistens transient sind und von allein wieder verschwinden und nach
Aufklärung des Patienten nicht weiter behandlungsbedürftig sind.

Irreversible Veränderungen im Bereich der Zähne können Okklusion und Zahnstellung betreffen.
Okklusionsstörungen können sich in einem posterior offenem Biss (POB) zeigen. Nach einer Studie von
Perez et al. kam es innerhalb von zwei Jahren Tragezeit der UPS zu einer Inzidenz des POB um fast 18%.

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Allerdings nahmen knapp ein Drittel der betroffenen Patienten diese Veränderung selbst gar nicht war.
Im Frontzahnbereich kann es durch Proklination der unteren Zähne und Retroklination der oberen
Zähne insgesamt zu einer Verringerung des vertikalen und sagittalen Überbisses kommen57. Patienten
mit einer Angle-Klasse III sollten aufgrund dieser ungünstigen Nebenwirkungen diesbezüglich
besonders aufgeklärt werden. In einigen Fällen können sich die Approximalkontakte der Zähne
erweitern, was zu Impaktierung von Speiseresten führt, besonders bei längerer Tragedauer58,59. Eine
Änderung der UPS-Bauart, das Tragen eines Retainers tagsüber oder eine Restaurierung der
Zwischenräume können entsprechende Gegenmaßnahmen sein52. Frakturen von Zähnen oder
Restaurationen können die direkte Folge einer starken Retention oder okklusalen Veränderungen bei
einer UPS-Therapie sein. Zahnärztliche Korrekturen an der UPS oder Restaurationen an den Zähnen
sind dann ggf. notwendig59. Die UPS kann im Verlauf der Behandlung Abplatzungen oder Brüche
aufweisen, was meist wiederhergestellt werden kann60. Anwendungseinschränkungen einer UPS-
Therapie können Allergien, Würgereiz oder Angstzustände sein61,62.

In wenigen Fällen können Nebenwirkungen, wie z. B. persistierende CMD-Symptome, Änderung der
Zahnstellung oder der Okklusion, anhaltende Mundtrockenheit sowie parodontale Probleme zum
Abbruch der UPS-Therapie führen. Erheblich häufiger wurde die UPS-Therapie allerdings wegen
persistierenden OSA-Symptomen beendet63.

Neben der positiven medizinischen Wirkung der UPS-Therapie auf das OSA und das Schnarchen,
konnten auch günstige zahnmedizinische Effekte belegt werden. Es konnte eine Reduktion der
Bruxismusepisoden im Schlaf nachgewiesen werden64,65, was sich wiederum positiv auf die damit
assoziierten Zahnhartsubstanzverluste, morgendliche Kopfschmerzen und andere orofaziale
Schmerzen ausgewirkt hat66,67.

4.3.1.4   Umsetzung der Anwendungsempfehlungen

Eine gute Umsetzung der Anwendungsempfehlungen (Adhärenz) korreliert mit einer hohen
Zufriedenheit für die betroffenen Patienten als auch ihrer Bettpartner68. Die wichtigsten Gründe für
eine niedrige Adhärenz sind die subjektiv empfundenen Nebenwirkungen und die fehlende
Wirksamkeit; meistens in Bezug auf die Reduktion des Schnarchens62,69. Ein Abbruch der UPS-
Behandlung korreliert nicht mit der Schwere der OSA69.

Um ihre Wirksamkeit entfalten zu können sollte die UPS im Schlaf möglichst viel getragen werden. In
Analogie zu den CPAP-Kriterien für eine „häufige Nutzung“ bedeutet dies mindestens 4 Stunden in der
Nacht und mindestens 5 Tage in der Woche70.

4.3.2 Unterkieferprotrusionsschiene (UPS)

4.3.2.1   Passung

Eine UPS hat eine gute Passung, wenn sie angenehm spannungsfrei auf den Zahnreihen anliegt und ein
Verschieben der Zähne durch Sekundärverblockung minimiert. Der Aufbiss von Ober- und
Unterkieferschiene sollte flächig sein, regelmäßig überprüft und gegebenenfalls bedarfsgerecht
korrigiert werden. Sie sollte eine gute Retention auf den Zahnreihen gewährleisten, damit sie sich im
Schlaf nicht löst und dadurch ihre Wirksamkeit verliert.

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