Politik brief - CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke - Universitätsklinikum Aachen
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Politikbrief Politik brief für Entscheider in Politik, Medien und Wirtschaft Ausgabe 2/2021 CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Mandats- und Funktionstragende, die Pandemie begleitet uns nun seit rund 20 Monaten. Trotz vieler Fortschritte und fast 800 COVID-19-Patientinnen und -Patienten, die wir in der Uniklinik bis dato be- handeln konnten, stehen wir am Beginn einer vierten Welle, bei der es entscheidend darauf ankommen wird, wie viele Bürgerinnen und Bürger vollständig immunisiert wurden. Die Flutkatastrophe hat zudem auch die StädteRegion und das Kranken- haus in Eschweiler getroffen. Bislang ist es uns aber gemeinsam mit den umliegen- den Häusern gut gelungen, die Versorgung der Patientinnen und Patienten stets umfassend zu gewährleisten. Natürlich ist die Coronakrise auch für unser Haus mit erheblichem Mehraufwand verbunden: Für das Jahr 2020 haben sich die zusätzli- chen Kosten und Erlösausfälle auf 60 Millionen Euro summiert. Daher freuen wir uns über die Initiative des Landes NRW: Die Landesregierung hat den Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen im Kampf gegen die direkten und indirekten Folgen der Coronakrise eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Von den Mitteln fließen 142,7 Millionen Euro unter anderem in Baumaßnahmen an der Uniklinik RWTH Aachen. Wir informieren Sie gern auf den folgenden Seiten im Detail. Auch wenn das aktuelle Infektionsgeschehen noch in vollem Gange und die weite- ren Entwicklungen nur in Teilen absehbar sind, möchten wir als Vorstand die Ge- legenheit nutzen, uns bei Ihnen, sehr geehrte Mandats- und Funktionstragende in Stadt, StädteRegion, Land und Bund, für die umfassende Zusammenarbeit und gute Kooperation zu danken. Man darf sicherlich sagen, dass wir gemeinsam Verantwor- tung wahrgenommen und dafür gesorgt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger stets bestmöglich versorgt waren – in der Corona- und der Flutkrise. Wir werden auch den weiteren Weg gemeinsam und in gutem Miteinander bewerkstelligen. Bleiben Sie gesund! Für den Vorstand Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik RWTH Aachen
Inhalt BAUMAßNAHMEN 6 BERUF & FAMILIE 18 › Dipl.-Ing. Heike Bekaan, Bereichsvorstand Bau und Brandschutz der Uniklinik „Famos für Familie“: Famose Familienfreundlichkeit geehrt RWTH Aachen, zum Thema „Operative Intensivpflege und Perinatalzentrum“ › Hoher Besuch in der Uniklinik RWTH Aachen: Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen informiert sich über Baumaßnahmen des NRW-Sonderprogramms FORSCHUNG 20 › Tagebau Garzweiler: Uniklinik RWTH Aachen führt Studie zur seelischen VERSORGUNG 10 Belastung von Umsiedlern durch › Prof. Stephan Hackenberg ist neuer Klinikdirektor und Lehrstuhlinhaber für › ERC Advanced Grant für die Erforschung von Infektionen bei Neugeborenen Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie › Nierenerkrankungen: DFG fördert eine Klinische Forschungsgruppe an der › Tagesklinik der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Uniklinik RWTH Aachen mit rund fünf Millionen Euro der Uniklinik RWTH Aachen am Standort Würselen erweitert Versorgungs- angebot › Zusammenführung: Klinik für Orthopädie gehört zur Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie CORONA-SPEZIAL 28 › Neue Datenlage: Studie zu Sinus- und Hirnvenenthrombosen nach COVID-19-Impfung in Deutschland veröffentlicht GASTBEITRAG 16 › Forschende identifizieren Biomarker zur Einschätzung schwerer COVID-19-Verläufe CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke im Interview KONTAKT & IMPRESSUM 34 Sprechen Sie uns gerne an!
POLITIKBRIEF 02/2021 6 7 POLITIKBRIEF 02/2021 BAUMAßNAHMEN Im zweiten Quartal 2022 ist der Start der Bauarbeiten geplant Seit 2016 tut sich auf der Westseite der Uniklinik eine stattliche Baugrube auf. Hier beginnen in Bälde die Bauarbeiten für den Erweiterungsbau der Operativen Intensivpflege und des Perinatalzentrums. Heike Bekaan, Bereichsvorstand Bau und Brandschutz und Geschäftsführerin der ukafacilities GmbH, über ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnliches Bauprojekt. Frau Bekaan, nach der Grundsteinlegung im Jahr 2016 ruhte die Baustelle eine ganze Zeit lang. Was ist der Hintergrund für die Verzögerungen? Bekaan: Eine solch lange Zeit bis zum Baubeginn ist definitiv nicht die Regel. Faktisch ist in all den Jahren aber intensiv geplant worden, um das Gebäude in jedem Fall realisieren zu können. Da unsere Uniklinik aber anders als viele Unikliniken in einem – zudem denkmalgeschützten Gebäudekomplex – beheimatet ist, galt es im Vorfeld eine Reihe an Fragen zu klären. Außerdem musste ein Weg gefunden werden, den Anbau bestmöglich und gleichwohl kostengünstig an die Geschossebenen der Uniklinik anzuschließen. Da es sich in Teilen um einen Tiefbau handelt, ist das nicht trivial, vor allem weil wir die Nutzungen der neuen Räume auf die bestehenden Etagen anpassen wollten. Die Umsetzung einer „door-to-door“-Lösung der Entbindungs- station auf Etage -3 und der Kinderintensivstation auf Etage -2 ermöglicht eine höhere qualitative Patienten- versorgung durch kürzere Behandlungswege und entspricht den G-BA-Richtlinien. Eine lange Planungsphase und eine anspruchsvolle Anbindung an das Gesamtkorpus des Gebäudes bedeuten natürlich umgekehrt auch kostentechnische Herausforderungen, die es zu bewerkstelligen galt. Wenn der Anbau technisch so schwierig zu realisieren ist, wäre es nicht eine Option ge- wesen, das Gebäude gar nicht bzw. nicht dort zu errichten? Bekaan: Nein. Die Entwicklung, Planung und der Bau von Klinikgebäuden ist immer eine Herausforderung. Das sollte grundsätzlich erst einmal anspornen, nicht entmutigen. In diesem Fall ist das faktisch aber nicht nur ein Gebäude, sondern ein Anbau für die Intensivmedizin und Pädiatrie. Er ist damit ein zentraler Baustein zur Optimierung der Krankenversorgungsstrukturen der Uniklinik RWTH Aachen und eine erfolgskritische Voraus- setzung, die Geburtshilfe sowie die intensivmedizinische Versorgungsqualität frühgeborener und erwachsener Patienten qualitativ und wirtschaftlich nachhaltig sicherzustellen. Das Gebäude schafft Synergien zwischen den intensivmedizinischen Bereichen, die für die Versorgung innerhalb der Region von zentraler Bedeutung sind. Wie eng war der Dialog mit den Ministerien und der Stadt im Rahmen der Planungen? Dipl.-Ingenieurin Karl Schultheis Bekaan: Auf allen Ebenen ist das Projekt intensiv diskutiert worden. Ein Blick in den Schriftverkehr zeigt, dass Heike Bekaan vor allem das Thema Denkmalpflege seit 2015 in Abstimmung mit dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, der Denkmalpflege und anderen Stellen breiten Raum eingenommen hat. Der aktuelle Planungsstand des Anbaus ist ein Ergebnis der Fassadenanalyse des Kerngebäudes – sowohl im Blick Bereichsvorstand Bau und Brandschutz der Uniklinik RWTH Aachen auf die Fern- als auch auf die Nahwirkung. Eine positive Stellungnahme der Oberen Denkmalpflege wurde 2015 erteilt. Das ist ein wichtiges Signal: Uns liegt selbst auch viel daran, dass das fertige Ensemble später wie aus einem Guss und nicht nach losem Stückwerk aussieht. Wie geht es konkret weiter? Zum Erweiterungsbau der Operativen Bekaan: Den Totalunternehmer für das Vorhaben haben wir mit Abschluss des Vergabeverfahrens Ende April Intensivpflege und des Perinatalzentrums beauftragen können. Im ersten und zweiten Quartal 2022 sind der zweite Bauantrag und das zweite Lüftungs- gesuch sowie der Antrag auf Teilbaugenehmigung für den Rohbau geplant. Vorbehaltlich der Zustimmungen könnte mit dem Rohbau dann im zweiten Quartal begonnen werden. Wir rechnen bis Ende 2025 mit der Fertigstellung des Gebäudes.
BAUMAßNAHMEN POLITIKBRIEF 02/2021 8 9 POLITIKBRIEF 02/2021 ZU BESUCH Hoher Besuch in der Uniklinik RWTH Aachen: Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen informiert sich über Baumaßnahmen des NRW-Sonderprogramms Die Landesregierung hat den Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen im Kampf gegen die direkten v. l.: Peter Asché, Kaufmännischer Direktor, Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor, und Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Stefan Uhlig, Dekan der Medizinischen Fakultät, begrüßten Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, vor der und indirekten Folgen der Coronakrise eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Von den Uniklinik RWTH Aachen. Mitteln fließen 142,7 Millionen Euro unter anderem in Baumaßnahmen an der Uniklinik RWTH Aachen. Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, infor- mierte sich am 19. August 2021 im Rahmen eines Besuchstermins persönlich über die sieben Baumaßnah- Projektübersicht men, die zeitnah umgesetzt werden sollen. Von der Gesamtsumme des NRW-Sonderprogramms für die Zum Abschluss der Gesprächsrunde nutzte die Wissenschafts- Universitätskliniken in Höhe von einer Milliarde Euro gehen ministerin noch die Gelegenheit, sich über zwei der großen be- Die Coronakrise hat verdeutlicht, welch hohen Stellen- 142,7 Millionen Euro an die Uniklinik RWTH Aachen. Davon vorstehenden Baumaßnahmen im Rahmen des Medizinischen wert eine leistungsfähige Hochschulmedizin in Nord- Mehr als 140 Millionen Euro fließen mehr als 120 Millionen Euro in Baumaßnahmen; die Modernisierungsprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen rhein-Westfalen hat und wie wichtig die Zukunftsfähig- restlichen Mittel in Höhe von rund 22 Millionen Euro stehen für (kurz: MedMoP) zu informieren: der Bau des Zentral-OPs erhält die Uniklinik RWTH keit der sieben Uniklinik-Standorte Aachen, Bochum, Investitionen in die IT-Infrastruktur und für Ersatzbeschaffungen und der Bau des Gebäudes für die Operative Intensivmedizin Aachen im Rahmen des Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster für das Land von Geräten und Anlagen bereit. Heike Bekaan, Bereichsvor- und den Kreißsaal (kurz: OIP). Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, NRW-Sonderprogramms. NRW ist. Mit dem NRW-Sonderprogramm für Univer- stand Bau und Brandschutz an der Uniklinik RWTH Aachen, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor, betonte: „Alle sitätskliniken sollen notwendige Investitionen in der stellte Ministerin Pfeiffer-Poensgen im Beisein des gesamten Baumaßnahmen greifen eng ineinander. Die Sanierungsmaß- Davon fließen rund Hochschulmedizin getätigt und die Unikliniken technisch Uniklinik-Vorstands sowie einiger Pressevertreter die einzelnen nahmen und der bevorstehende Bau des Zentral-OPs und des 120 Millionen Euro und baulich fit für die Zukunft gemacht werden. Projekte in einer Kurzpräsentation vor, und erklärte: „Ein Groß- OIP-Gebäudes führen dazu, dass sich die medizintechnischen in Baumaßnahmen. teil des Geldes wird für die Sanierung des Bestandsgebäudes Strukturen an unserem Standort mit einem deutlichen Sprung „Die Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen sind genutzt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass wir als einzige verbessern. Der gesamte Vorstand dankt dem Land NRW, auch das Rückgrat der Patientenversorgung in der Corona- Finanzlage der Uniklinik: „Ebenso wie viele andere Uniklinik in Deutschland ein denkmalgeschütztes Kerngebäu- im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr herzlich Pandemie und spielen bei der Erforschung des Virus eine Unikliniken hatten wir im Jahr 2020 einen außeror- de haben. Mithilfe der Mittel werden wir den Sanierungsstau für die finanziellen Mittel.“ tragende Rolle. Aus diesem Grund haben wir als Landes- dentlichen Rückgang der Einnahmen zu verzeichnen. schneller abtragen können.“ regierung den Universitätskliniken zusätzliche Mittel zur Der Fehlbetrag beläuft sich für unser Haus auf rund Kathrin Zednik, Pflegedirektorin im Vorstand der Uniklinik RWTH Verfügung gestellt, um sie nach Kräften bei diesen und 60 Millionen Euro.“ Die Ursachen, so Asché, seien Das Geld fließt in folgende sieben Maßnahmen: Aachen, ergänzte: „Auch für die Pflege sind das Sonderpro- künftigen Herausforderungen zu unterstützen. Die Bau- vielfältig: Die Absagen zahlreicher Operationen und gramm, der Zentral-OP und das OIP-Gebäude von besonderer Radiopharmakalabor (13 Millionen Euro) und Brandschutzmaßnahmen, die hier an der Uniklinik die Reduzierung des ambulanten Versorgungsange- Bedeutung. Die Attraktivität des Pflegeberufs hat auch entschei- Erneuerung der Sicherheitsbeleuchtung (3 Millionen Euro) RWTH Aachen nun schnellstmöglich umgesetzt werden, bots gehörten ebenso dazu wie Kostensteigerungen dend mit Strukturen zu tun. Komplexe Krankheitsbilder, schwere Brandschutz-Ertüchtigung/Anpassungen Labore zielen darauf ab, eine bestmögliche Behandlung und For- im Bereich des medizinischen Sachbedarfs (z. B. Verläufe und seltene Erkrankungen gehören in Universitätskli- Molekulare Medizin (5 Millionen Euro) schung im Bereich der Spitzenmedizin zu ermöglichen“, Schutzkleidung) und die teilweise Umgestaltung der niken zum Alltag und fordern von der Pflege hochspezialisierte Psychiatrie (6 Millionen Euro) sagte Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. bisherigen Krankenhausorganisation (z. B. temporäre Kompetenz. Unsere künftige Infrastruktur bietet den Kollegin- Brandschutzsanierung (76 Millionen Euro) Umwidmung von Räumlichkeiten zur Behandlung von nen und Kollegen die Möglichkeit, modernste technische und Peter Asché, Kaufmännischer Direktor der Uniklinik COVID-19-Patientinnen und -Patienten). Umso dank- Modulbau Digitale Pathologie (10 Millionen Euro) digital-unterstützte Therapieverfahren anzuwenden. Wir bieten RWTH Aachen, gab im Rahmen des Besuchs der Mi- barer zeigte sich der Vorstand über die Finanzspritze Brandschutz-Ertüchtigung/Sanierung Wäscherei damit beste Bedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten für nisterin einen Einblick in die pandemiebedingte des Landes Nordrhein-Westfalen. (7 Millionen Euro) die universitäre Pflege am Standort Aachen.“
VERSORGUNG POLITIKBRIEF 02/2021 10 11 POLITIKBRIEF 02/2021 Auszeichnung BERUF & FAMILIE In Würzburg hatte Prof. Hackenberg die Leitung der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Onkolo- gie der HNO-Klinik inne. Diese wurde im Juni 2014 mit dem Preis der Arbeitsgemeinschaft On- kologie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie ausgezeich- Neuer Klinikdirektor und Lehrstuhlinhaber für net. Sein Forschungsspektrum ist vielfältig und umfasst vor allem Themen der Krebsentstehung und -behandlung. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit den Grundlagen der Immunreaktion Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals- bei chronischen Erkrankungen der Nasenschleimhaut sowie der Riechwahrnehmung. Chirurgie Besonderes Engagement zeigt Prof. Hackenberg in der universitären Lehre. Als Lehrbe- auftragter der HNO-Abteilung in Würzburg gestaltete er aktiv die Modernisierung und Weiterentwicklung der Ausbildung von Medizinstudierenden. Bei der Neuausrichtung des Zum 1. August 2021 ist Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Hackenberg als neuer Direktor und Lehrstuhlinhaber der Klinik Medizinstudiums ist er als Fachexperte tätig. 2020 wurde er mit dem Lehrpreis der Medizi- für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie an die Uniklinik RWTH Aachen berufen worden. Die nischen Fakultät der Universität Würzburg ausgezeichnet. Klinik wird sich im Rahmen der Neuberufung in Beratung, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen an Kopf und Hals neu aufstellen. Hohe Expertise Prof. Hackenberg ist ein ausgewiesener Experte in der Therapie von Krebserkrankungen der Kopf-Hals-Region. In Würzburg konnte er das hierfür erforderliche chirurgische Know-how erwerben und wei- terentwickeln. „Neben den komplexen Operationen zur Entfernung von zum Beispiel Kehlkopf- oder Rachenkrebs sind häufig Rekons- truktionen zur Wiederherstellung der Form und Funktion notwen- dig. Neben der kosmetischen Wiederherstellung sind die Verbes- serung und Aufrechterhaltung der Stimm- und Schluckfunktion wesentliche Bestandteile moderner Therapiekonzepte bei Kopf- und Halstumoren. Nur so können wir die Lebensqualität der Patienten optimal erhalten oder verbessern“, erklärt Prof. Hackenberg. Weite- re Schwerpunkte des Mediziners sind laserchirurgische Therapiever- fahren, das umfangreiche Spektrum der Mittelohrchirurgie inklusive Cochleaimplantationen sowie plastische Operationen. Des Weiteren wird er das interdisziplinäre Aachener Team mit seiner Expertise in der chirurgischen Versorgung von Erkrankungen der Schädelbasis ergänzen. Besonders engagiert er sich zudem bei der Behandlung von kindlichen Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen. Er besitzt die Zusatzbezeichnungen „Plastische Operationen“ und „Allergologie“. Ideale Bedingungen in Aachen Prof. Hackenberg blickt seiner neuen Aufgabe an der Uniklinik RWTH Aachen freudig entgegen: „Das Fachgebiet der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Dieser Trend wird so wei- Werdegang tergehen. Neben immer neuen Möglichkeiten zur medikamentösen Behandlung von schweren Erkrankungen im Der gebürtige Aachener absolvierte sein Studium der Medizin an der Ludwig-Maximilians- Kopf-Hals-Bereich ist auch die Beherrschung moderner chirurgischer Techniken besonders relevant, um unseren Pa- Universität in München. Die weiteren Stationen des 43-Jährigen umfassten eine Ausbildung tienten qualitativ hochwertige Behandlungsstrategien anbieten zu können. Der wichtigste Aspekt für eine optimale als Assistenzarzt an der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Regensburg sowie, vor seinem Patientenversorgung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Uniklinik und die RWTH Aachen stellen hierfür eine Wechsel an die Uniklinik RWTH Aachen, die Position als Leitender Oberarzt und Stellvertreten- ideale Plattform dar. Ich freue mich außerordentlich auf die Rückkehr in meine Heimatstadt Aachen und blicke positiv der Klinikdirektor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Würzburg. auf eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit“, betont Prof. Hackenberg.
VERSORGUNG POLITIKBRIEF 02/2021 12 13 POLITIKBRIEF 02/2021 VERSORGUNG Uniklinik RWTH Aachen: Ausbau der Tagesklinik Erfahrung, Wissen, Kompetenz am Standort Würselen Mit Eröffnung der Tagesklinik in Würselen 2016 erweiterte die Uniklinik RWTH Aachen die medizinische Versorgung innerhalb Die Tagesklinik der Klinik für Psychiatrie, Psychothera- der Region. Das Team aus erfahrenen Ärzten, Psychologen, pie und Psychosomatik der Uniklinik RWTH Aachen am Sozialpädagogen, Ergo- und Physiotherapeuten sowie dem Standort Würselen bietet Wissen und Erfahrung sowie Pflegedienst bietet am Standort Würselen eine ganzheitliche und eine breite Palette verschiedenster Versorgungsange- wohnortnahe Behandlung. „Beruflich oder privat sind wir den bote für Patientinnen und Patienten mit psychischen verschiedensten Belastungen ausgesetzt, die sich nicht immer zu- und psychiatrischen Problemen. Seit Juni 2021 stehen friedenstellend emotional bewältigen lassen“, so die Oberärztin. dank eines umfangreichen Ausbaus 38 Plätze für Ein- Stress- und krankheitsfördernde Faktoren häufen sich, psychische zel- und Gruppentherapien zur Verfügung. oder psychosomatische Erkrankungen können die Folge sein. An diesem Punkt setzt die Tagesklinik in Würselen an. Eine thera- Die Tagesklinik der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und peutische Betreuung tagsüber, verbunden mit dem Leben im Psychosomatik am Standort Würselen hat die Anzahl der gewohnten familiären und sozialen Umfeld am Abend und am Therapieplätze erweitert. Nach vormals 24 Plätzen für Einzel- Wochenende, soll die Behandlung unterstützen. „Wir helfen bei und Gruppentherapien stehen jetzt 38 Plätze für Patientinnen der Behandlung, indem wir versuchen, die stress- und krankheits- und Patienten mit psychischen Störungen zur Verfügung. abfedernden Faktoren zu aktivieren und zu verstärken“, erklärt „Durch die Pandemie hat der Versorgungsbedarf zugenom- Dr. Juzek. „Im Rahmen der Erweiterung der Tagesklinik freut es men. Der eigene Alltag muss umstrukturiert werden. Die Rol- uns sehr, erstmals ein speziell auf die Behandlung von Depressio- le, die dem Menschen zugewiesen wurde, hat sich dadurch nen zugeschnittenes Therapieverfahren, die Interpersonelle Psy- verändert. Alte Aufgaben fallen weg – neue, herausfordern- chotherapie (IPT), anbieten zu können.“ Das Behandlungskonzept de kommen hinzu. Ein anderes Rollenbild kann so in Konflikt in der Tagesklinik Würselen sieht hierfür ein zeitlich begrenztes, mit dem bisherigen stehen und zu Problemen mit der eige- manualisiertes Gruppensetting vor. nen Gesundheit führen“, sagt die Kommissarische Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Univ.-Prof. Dr. med. Irene Neuner. „Unsere Schwerpunkte liegen insbesondere bei Patienten mit psychischen Störungen im höheren Lebensalter, affektiven Erkrankungen, Persönlich- Vor dem Hintergrund zunehmender Erkrankungen und dem da- keits- und Schmerzstörungen“, ergänzt die Oberärztin der mit einhergehenden größeren Behandlungsangebot erschien ein Tagesklinik in Würselen, Dr. med. Agnes Juzek. Ausbau der Kapazitäten sinnvoll. Das differenzierte Versorgungs- angebot, verknüpft mit dem interdisziplinären Team der Tageskli- nik, hat zum Ziel, die seelische und körperliche Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Patientinnen und Patienten wiederherzu- stellen und zu erhalten. In der Tagesklinik am Standort Würselen erfolgt die Übernahme der Pflichtversorgung von Patientinnen und Patienten für die Städte Würselen, Herzogenrath und der StädteRegion Aachen. Sie befindet sich im Gewerbegebiet Aachener Kreuz in der Schumanstraße 33, 52146 Würselen in den Schuman-Arkaden.
VERSORGUNG POLITIKBRIEF 02/2021 14 15 POLITIKBRIEF 02/2021 Klinik für Orthopädie gehört seit August zur „Im Zuge des Zusammenwachsens können wir mit unserem hochqualifizierten, engagierten und breitgefächerten Team die verschiedensten Erkrankungen des Bewegungsapparates aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln beurteilen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie um für jeden Patienten ein individuelles Therapiekonzept zu entwickeln“, erklärt Prof. Hildebrand. Damit setzt die neu gegründete Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Sinne ihrer Patientinnen und Patienten auf eine vernetzte Kooperation über einzelne Fachdisziplinen hinweg. Es entsteht eine Kompetenzklinik, die gleich an Seit dem 1. August 2021 wird an der Uniklinik RWTH Aachen die Klinik für Orthopädie nicht weiter als zwei Standorten, sowohl an der Uniklinik RWTH Aachen als auch am Franziskus, eine umfassende und kompetente separate Fachklinik fortgeführt, sondern ist mit der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirur- Betreuung gewährleistet. „Mit dem eingespielten, auf rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsenen Team gie verschmolzen. Bereits im Juni übernahm Univ.-Prof. Dr. med. Frank Hildebrand, Direktor der Klinik haben wir erstklassige Fachleute an Bord, mit denen wir uns bestens für das weitere Wachstum unserer Klinik gerüstet für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie und Ärztlicher Leiter des Zentralbereichs Physiotherapie, sehen“, blickt Prof. Hildebrand motiviert in die Zukunft. übergangsweise die kommissarische Leitung der Klinik für Orthopädie. Mit Inkrafttreten des Zusam- menschlusses ist die Klinik offiziell als „Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie“ Überregionale Anlaufstelle umbenannt worden, die Leitung hat Prof. Hildebrand inne. Als zentrale Anlaufstelle für akute und chronische Erkrankungen sowie für Verletzungen oder Verletzungsfolgen des Stütz- und Bewegungsapparates möchte die Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie auch ihre Rolle als überregionaler Ansprechpartner für Patienten mit besonders komplexen Verletzun- Die neue Klinik für Orthopädie, gen weiter ausbauen. „Diesen Prozess möchte ich unter intensiver Unfall- und Wiederherstellungs- Einbeziehung der niedergelassenen Kollegen und der Krankenhäu- chirurgie umfasst rund ser – sowohl regional als auch überregional – gemeinsam gehen, 160 Mitarbeiterinnen und um Partnerschaften zukünftig zu stärken und so gemeinsam eine Mitarbeiter.. optimale Versorgung und Betreuung aller Patienten auf höchstem Niveau zu erreichen“, betont der Klinikdirektor. Ambulant sowie stationär in besten Händen Es werden sowohl bewährte als auch innovative Therapieverfahren angewandt – diese reichen von kleinen, ambu- lant durchgeführten Eingriffen, bis hin zu komplexen Operationen. „Wir bieten unseren Patientinnen und Patienten modernste Verfahren zur Versorgung knöcherner Verletzungen, zum Gelenkersatz, zur Korrektur knöcherner Fehlstel- lungen sowie zum langfristigen Erhalt der Gelenke“, so Prof. Hildebrand. In diesem Zusammenhang finden minimal- invasive (gewebeschonende), arthroskopische Operationen und der differenzierte endoprothetische Ersatz von Schulter-, Hüft- und Kniegelenk Anwendung. „Verletzungen der Wirbelsäule und des Beckens werden bei uns sowohl konser- vativ als auch operativ behandelt“, ergänzt der Orthopäde und Unfallchirurg. Korrektureingriffe sowie Operationen bei Problemsituationen, beispielsweise bei Knochendefekten, Pseudarthrosen oder Infektionen, bilden einen weiteren Schwerpunkt der Klinik. Gleiches gilt für den Wechsel von Gelenksprothesen, wie er zum Beispiel bei Lockerung der Prothese nötig wird. „Unser oberstes Ziel ist es nach wie vor, durch eine präzise Diagnostik und schonende effiziente Chirurgie unter Einsatz modernster apparativer Techniken unseren Patientinnen und Patienten eine sichere Behandlung, © larshallstrom – Fotolia schnelle Genesung und einen möglichst kurzen Krankenhausaufenthalt zu ermöglichen“, betont Prof. Hildebrand. „Die Uniklinik RWTH Aachen bietet beste Voraussetzungen für die Neuausrichtung und Etablierung der Klinik für Mit der Zusammenführung ist eine neue, breit aufgestellte Klinik entstanden, die sowohl eine Akutversorgung Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie. Seit vielen Jahren besteht eine umfassende Expertise in der im Verletzungsfall schnell und kompetent gewährleistet als auch ein großes Spektrum an orthopädischen und Behandlung von Schwerstverletzten sowie von Erwachsenen und Kindern mit unfallchirurgischen und orthopädischen wiederherstellenden (rekonstruktiven) Therapiemöglichkeiten anbieten kann. Das Sektionsmodell – bestehend Krankheitsbildern. Das zeigen die zahlreichen Spezialambulanzen und Sektionen. Die Bündelung der Kompetenzen aus Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Becken- und Acetabulumchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Endopro- ermöglicht zukünftig nicht nur eine effektivere Koordination der Behandlung komplexer Erkrankungen, sondern auch thetik, Sporttraumatologie und minimal-invasive Gelenkchirurgie, Muskuloskelletale Tumorchirurgie, Kinderor- eine engere Kooperation mit den innerhalb der Klinik tätigen Fachdisziplinen sowie den niedergelassenen Kollegen thopädie und -traumatologie sowie Fuß- und Sprunggelenkchirurgie – bietet eine enge Verzahnung des großen und Therapeuten“, sagt Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik interdisziplinären Expertenteams. RWTH Aachen.
GASTBEITRAG POLITIKBRIEF 02/2021 16 17 POLITIKBRIEF 02/2021 GASTBEITRAG Herr Henke, Gesundheitsversorgung ist ein teures Gut. änderung seit der Einführung des Systems in Deutschland bewer- Vor der Pandemie gab es Stimmen, etwa das Bertelsmann- tet. Neben der hausindividuellen Pflegepersonalvergütung haben Gutachten, die eine deutliche Reduktion der Krankenhäuser wir seit 2018 die volle Refinanzierung von Tarifsteigerungen. Ich und Betten forderten. Wie bewerten Sie die Sachlage im persönlich werbe schon länger dafür, auch die Kosten für ärztliche Nachgang? Leistungen aus den Fallpauschalen herauszunehmen. Generell Henke: Die Bertelsmann-Vorschläge vom Juli 2019 habe ich rechne ich mit lebhaften Reformdebatten zur Krankenhausversor- sehr kritisch bewertet und die radikale Standortbündelung nach gung in der neuen Wahlperiode des Deutschen Bundestages. CDU dänischem Vorbild abgelehnt. Die Corona-Pandemie bestätigt in und CSU sprechen sich in ihrem Regierungsprogramm für eine meinen Augen den Bedarf nach wohnortnaher, also flächende- stärkere Bündelung klinischer Behandlungen und einen bundes- ckender stationärer Grundversorgung. Die Debatten um inten- weiten Ausbau des virtuellen Krankenhauses aus. Angesichts der sivmedizinische Versorgungskapazitäten oder gar Notfallreserven Aachener Erfahrungen in letzterer Hinsicht bin ich optimistisch, haben uns vor Augen geführt, dass Krankenhausplanung in erster dass die Arbeit von Unikliniken neu einzuordnen sein wird. Linie der öffentlichen Daseinsvorsorge zu dienen hat. Ich bin froh, dass wir sogar COVID-19-Intensivfälle aus dem EU-Ausland versor- Sie kandidieren wieder für den Bundestag. Was steht auf gen konnten, um etwa Frankreich, die Niederlande und Belgien in Ihrer gesundheitspolitischen Agenda für die kommende kritischen Phasen zu entlasten. Legislaturperiode? Zugleich hat das Virtuelle Krankenhaus NRW nach seinem pan- Henke: Ganz oben steht die künftige Pandemieprävention. Da demiebedingten Frühstart veranschaulicht, wie neue Formen der geht es um Krisenmanagement, um Vorräte für Gesundheitsnot- Kooperation zwischen verschiedenen Häusern und Hausarten aus- fälle und um ein gutes Miteinander von Bund und Ländern. Das sehen können. Die laufende Neuausrichtung der nordrhein-west- Parlamentarische Begleitgremium COVID-19-Pandemie, dem ich fälischen Krankenhausplanung geht ähnliche Wege. Die Landes- aktuell im Deutschen Bundestag vorsitzen darf, hat bereits mit regierung will durch bessere Leistungssteuerung eine Über- oder Expertinnen und Experten vorausgeblickt. Anfang 2022 folgt das Unterversorgung an einzelnen Standorten reduzieren. Ich begrüße interdisziplinäre Gutachten zum Infektionsschutzgesetz. Ich möch- diesen Prozess und begleite ihn auch seitens der nordrheinischen te daran mitarbeiten, dass wir gestärkt aus der Corona-Pandemie Ärzteschaft. Ein abschließendes Fazit zur stationären Versorgung herauskommen. nach der Corona-Pandemie erschiene mir aktuell verfrüht. Auf meiner gesundheitspolitischen Agenda für die kommende Legislaturperiode steht auf jeden Fall auch ein „Präventionsge- Ein Anker in der Versorgung waren auch die Unikliniken. setz 2.0“. Die Erstfassung von 2015 war mit ihrer systematischen An dieser Gleichwohl schreiben viele von ihnen jetzt hohe Verluste Primär- und Sekundärprävention in allen Lebensbereichen wichtig Stelle lassen wir regelmäßig und beanspruchen zusätzlich die Landeshaushalte. Braucht und richtig, hat aber inzwischen Ideen zur Weiterentwicklung Mandats- und Funktionsträgerinnen es auch auf Bundesebene ein Umdenken in der Finanzierung hervorgerufen. Das gilt zum Beispiel für die Ernährungs- und und -träger verschiedener Fraktionen zu Wort der Krankenhäuser – vor allem der Großkliniken? Krebsprävention sowie für die Einbindung kommunaler Akteure. kommen. Henke: Es steht die feste Zusage des Bundes, coronabedingte Am Herzen liegt mir daneben die konsequente Umsetzung des Erlösrückgänge für die Jahre 2020 und 2021 gegenüber 2019 Bund-Länder-Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst vom © Andreas Steindl nachträglich auszugleichen. Für vorsorglich freigehaltene Betten vergangenen Herbst. Wir brauchen endlich attraktive Arbeitsbe- gab es ab Juli 2020 zudem gestaffelte Ausgleichszahlungen, die dingungen in den Gesundheitsämtern und müssen jetzt den von die jahresdurchschnittliche Krankheitsschwere und Verweildauer Corona ausgelösten Schwung beibehalten. Rudolf Henke von einzelnen Häusern berücksichtigten. Das kam natürlich den Den Schwung beibehalten will ich auch in der globalen Ge- Groß- und Unikliniken besser entgegen und lag auch im Sinne sundheitspolitik. International hat sich Deutschland hier in den der Landesregierungen. Mit dieser Denkrichtung müssen wir in vergangenen Jahren einen Spitzenruf erarbeitet, wozu auch der CDU-Gesundheitspolitiker Zukunft die besonders hohen Vorhaltekosten für hochspezialisierte Unterausschuss im Deutschen Bundestag beigetragen hat. Jetzt Versorgung mit außergewöhnlich breitem Leistungsspektrum in brauchen wir hierzulande mehr Bewusstsein, dass die nachhalti- den Blick nehmen. Gleiches gilt für die Grundversorgung insbe- gen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen auch bei uns täglich sondere im ländlichen Raum, für die wir abseits von Fallzahlen eine mit Leben zu füllen sind. Das betrifft zum Beispiel unsere Maßnah- sichere Vorhaltefinanzierung brauchen. men gegen Antibiotikaresistenzen oder unseren Umgang mit der „Ganz oben auf der Agenda steht die Das Umdenken hinsichtlich der regulären Finanzierungssystematik ist bereits im Gange. Die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten weltweiten Zunahme von Tropenkrankheiten. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass Klimaschutz und Gesundheitsschutz zwei künftige Pandemieprävention.“ aus den Fallpauschalen zum Jahr 2020 wird als nachhaltigste Ver- Seiten der gleichen Medaille sind.
POLITIKBRIEF 02/2021 18 19 POLITIKBRIEF 02/2021 BERUF & FAMILIE „Famos für Familie“: Famose Familienfreundlichkeit geehrt Der Familienservice der RWTH Aachen University hat familienfreundliche Chefinnen und Chefs im Rah- men der digitalen Preisverleihung „Famos für Familie“ am 21. Juni 2021 ausgezeichnet. Der Preis ist mit 500 Euro dotiert. Mit dem Preis ehrt die Hochschule Leitungen und Teams, die sich für eine familien- freundliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. Aus den Reihen der Uniklinik RWTH Aachen darf sich Univ.-Prof. Dr. med. Rolf Rossaint über die Auszeichnung freuen. Als familiengerechte Hochschule ist der RWTH Aachen die Verbesserung der Work-Life-Balance ein wichtiges Anlie- gen. Dazu gehört auch die Umsetzung einer entsprechenden Mitarbeiterführung durch die Chefin oder den Chef. Alle Mitarbeitenden der RWTH Aachen University und der Uniklinik RWTH Aachen hatten in den letzten Monaten die Möglichkeit, Vorschläge für die Auszeichnung „Famos für Familie“ abzugeben. Mit dem Preis werden Führungs- kräfte und Teams gewürdigt, die ein hohes Maß an Familienfreundlichkeit zeigen und deutlich machen, dass sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Vonseiten der Uniklinik RWTH Aachen erhielt Univ.-Prof. Dr. med. Rolf Rossaint, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, den diesjährigen „Famos für Familie“-Preis für Familienfreundlich- keit. Mit rund 150 Mitarbeitenden ist seine Klinik eine der größten Abteilungen der Uniklinik. „Ich freue mich sehr darüber, dass unser Engagement, individuelle Lebensumstände und Bedürfnisse in Einklang zu bringen, Anerken- nung findet. Der ‚Famos-Preis‘ ist allerdings niemals eine Einzel-, sondern immer eine Teamleistung. Jeder springt für jeden ein. Dafür möchte ich meine Mannschaft loben und ihr danken“, betonte Prof. Rossaint in seiner Dankesrede. Familiengerechte Personalführung Die zwölf Preisträgerinnen und Preisträger setzen sich für eine familiengerechte Personalführung ein und fördern eine damit einhergehende Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Wir arbeiten mit vielen Menschen in großen Teams zusammen. Eine gute Kommunikation, verbunden mit einer familienfreundlichen Arbeitsregelung, führt zu einer aus- gewogenen Work-Life-Balance. Die Förderung der Familien stärkt die Loyalität der Mitarbeitenden“, erklärte Manfred Nettekoven, Kanzler der RWTH Aachen. „Die Preisträgerinnen und Preisträger sind Botschafter für eine familienge- Preis für Familienfreundlichkeit rechte, wertschätzende Führung“, sagte apl. Prof. Dr. rer. nat. Doris Klee, Prorektorin für Personal und wissenschaftli- chen Nachwuchs der RWTH Aachen. Durch einen verantwortungsvollen Führungs- stil können Führungskräfte maßgeblich dazu Service für Beschäftigte beitragen, dass Beruf und Familie oder Pflege Des Weiteren bietet das Team des Gleichstellungsbüros der RWTH Aachen, welches die Preisverleihung gestaltet und gut miteinander vereinbar sind. Den Einsatz moderiert hat, allen Hochschulangehörigen Beratung und Unterstützung zum Thema Gleichstellung und Verein- ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für barkeit von Familie und Beruf oder Studium an. Auch das Familien-Service-Büro der Uniklinik RWTH Aachenbietet Familienfreundlichkeit würdigt die RWTH Univ.-Prof. Dr. med. Rolf Rossaint als Servicestelle für alle Beschäftigten der Uniklinik RWTH Aachen individuelle Beratung und Unterstützung in allen Aachen mit dem Preis „Famos für Familie“. familienrelevanten Fragen an.
FORSCHUNG POLITIKBRIEF 02/2021 20 21 POLITIKBRIEF 02/2021 FORSCHUNG Tagebau Garzweiler: Uniklinik RWTH Aachen führt Studie zur seelischen Belastung von Umsiedlerinnen und Umsiedlern durch Welche Auswirkungen haben der Braunkohletagebau, der Heimatverlust und mögliche Umsied- lungen auf die psychische Gesundheit der lokalen Bevölkerung rund um den Tagebau Garzwei- ler II? Dieser Frage widmen sich Forscherinnen und Forscher des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie. Studienleiterin Priv.-Doz. Dr. med. Andrea Kaifie-Pechmann erklärt das Studienziel: „Bislang gibt es keine aussagekräftigen Daten zu den psychischen Belastungen und der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Doch genau diese wären wichtig, um den Betroffenen in Zukunft eine zielgerichtete Unter- stützung anbieten zu können.“ Ablauf der Studie Mittels eines Fragebogens haben sowohl Menschen an der Studie teilgenommen, die kürzlich umgesie- delt sind, als auch jene, die noch umsiedeln werden. In der ersten Erhebungswelle wurden Bewohnerin- nen und Bewohner der Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Berverath, Unter- und Oberwestrich befragt. Darüber hinaus involvierte das Forscherteam Regionen ohne Umsiedlerstatus (Wanlo, Holzweiler, Kaul- hausen/Venrath). Von Mitte bis Ende Juni wurden die Fragebögen persönlich an der Haustür oder über die Briefkästen verteilt. Anschließend konnten sie in einem vorfrankierten Umschlag an das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin zurückgesendet werden. „Die Datenerhebung erfolgt komplett anonym“, versichert die Studienleiterin. Mit den ersten Ergebnissen ist Ende September 2021 zu rechnen. Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stehen die psychischen, sozialen und allgemeinen Folgen für die betroffene Bevölkerung. „Uns interessieren die Rückmeldungen aller Bewohnerinnen und Bewohner, jung wie alt. Nur so können wir uns ein umfassendes Bild machen“, betont Theresa Krüger, die als medi- zinische Promovendin mit der Durchführung der Studie vor Ort betraut ist. Über den Tagebau Garzweiler Garzweiler Das Abbaugebiet des Tagebaus Garzweiler erstreckt sich zwischen den nordrhein-westfälischen Städten Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen, Bedburg und Grevenbroich. Der Braunkohle-Tagebau liegt wie auch der Tieftagebau Hambach im Norden des Rheinischen Braunkohlereviers, einem Bergbaurevier am Nordwestrand des Rheinischen Schiefergebirges. Betrieben wird der Tagebau von der RWE Power, einer Tochtergesellschaft des RWE-Konzerns. © Roland Abel – stock.adobe.com
FORSCHUNG POLITIKBRIEF 02/2021 22 23 POLITIKBRIEF 02/2021 FORSCHUNG ERC Advanced Grant für die Erforschung von Infektionen bei Neugeborenen Der Humanmediziner und Wissen- schaftler Univ.-Prof. Dr. med. Mathi- as Hornef, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, hat den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Advan- ced Grant des European Research Council (ERC) für einen Förderzeit- raum von fünf Jahren erhalten. Mit dem Geld möchte er unter anderem die Rolle von frühkindlichen Darmin- fektionen erforschen und Mechanis- men der Krankheitsempfindlichkeit im späteren Leben durch Differen- zierungs- und Funktionsänderungen © Design Cells – stock.adobe.com des Darmepithels identifizieren.
FORSCHUNG POLITIKBRIEF 02/2021 24 25 POLITIKBRIEF 02/2021 Infektionen des Gastrointestinaltraktes sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Mortalität und Morbidität im Kindesalter weltweit. Unklar ist, warum vor allem in Entwicklungsländern manche Infektionen das Risiko der ERC Grants Kinder für langfristige Folgeschäden wie vermindertes Wachstum und eine eingeschränkte intellektuelle Entwick- lung erhöhen. Der Darm eines Neugeborenen wird nach der Geburt von Bakterien besiedelt, die vor allem von Mit seinen Advanced Grants zeichnet der Euro- der Mutter sowie aus der Umwelt stammen und schließlich nach einigen Monaten ein stabiles Darmmikrobiom päische Forschungsrat (englisch ERC) exzellente etablieren. Dies trägt wesentlich zur Ausbildung eines reifen Immunsystems in dieser Zeit bei. Gleichzeitig un- Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die terliegt das Darmgewebe während der Neugeborenenperiode entwicklungsbiologischen Änderungen, die die sich mit herausragenden Leistungen in der For- Darmschleimhaut auf die besonderen Aufgaben während der bakteriellen Besiedlung aber auch während dem schungscommunity etabliert haben. Das Preisgeld Wechsel der Ernährung von Muttermilch zu fester Nahrung vorbereiten. Infektionen des Darms mit pathogenen dient dazu, innovative Projekte voranzutreiben. Mikroorganismen und die Stimulation der Wirtsabwehr beeinflussen auf vielfältige Weise die Etablierung des Die Förderlinie ERC „Advanced Grants“ richtet Darmmikrobioms, aber auch die Darmgewebe- und Immunreifung. sich an etablierte Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit einer herausragenden wissen- Die Förderperiode Das Darmepithel setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen mit verschiedenen Funktionen zusammen, schaftlichen Leistungsbilanz, die neue Forschungs- beträgt 5 Jahre.. die eine dynamische Barriere zwischen Wirtsgewebe und Darmlumen ausbilden. Die postnatale Entwicklung der gebiete erschließen möchten. Heterogenität und funktionellen Spezialisierung der Epithelzellen und der Einfluss von Darminfektionen auf diesen Prozess sind bis heute noch wenig untersucht. Mit seinem Forschungsvorhaben möchte Prof. Hornef den Einfluss Laut Bekanntgabe des Forschungsrats haben von Darminfektionen bei Neugeborenen auf die Differenzierung und Funktion des Darmepithels näher untersuchen. insgesamt 209 Wissenschaftlerinnen und Wissen- Dabei sollen innovative, multiskalige technische Ansätze und analytische Methoden in Kombination mit neuartigen schaftler in der Ausschreibungsrunde 2020 einen präklinischen Modellen weiterentwickelt und genutzt werden, um die Bedeutung von frühkindlichen Infektionen der begehrten ERC Grants erhalten. Insgesamt Ingesamt haben durch bakterielle, virale und parasitäre Erreger für die weitere Entwicklung des Kindes und seine Empfindlichkeit verteilen sich die Grants auf 25 Nationalitäten – die 209 Wissenschaftlerinnen gegenüber immunologischen, metabolischen und entzündlichen Erkrankungen zu analysieren und zu erklären. meisten werden an das Vereinigte Königreich (51), und Wissenschaftler Deutschland (40), Frankreich (22) und die Nieder- aus 25 Nationalitäten Die innovativen analytischen Methoden werden in enger Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen an der RWTH lande (17) vergeben. in diesem Jahr einen der Aachen University, aber auch national sowie international eingesetzt. begehrten ERC Grants erhalten.
FORSCHUNG POLITIKBRIEF 02/2021 26 27 POLITIKBRIEF 02/2021 FORSCHUNG Nierenerkrankungen: DFG fördert Klinische Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Forschungsgruppe an Mit geförderten Forschungsgruppen ermöglicht die DFG Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Die Förde- der Uniklinik RWTH rung soll unter anderem dazu beitragen, die klinische Forschung durch die Schaffung und Stärkung forschungsori- entierter Strukturen in den Universitätskliniken zu verbessern, die leistungsorientierte Verteilung der Ressourcen zu Aachen mit rund fünf unterstützen, Ausbildungsstrukturen zu etablieren oder zu stärken, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, die wissenschaftliche Profilbildung der jeweiligen Medizinischen Fakultäten voranzubringen sowie die Kooperation Millionen Euro zwischen Klinikerinnen und Klinikern und Grundlagenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern zu intensivieren. Den Beschluss zur Einrichtung der Klinischen Forschungsgruppe 5011 „Integration neuer Methoden zur Verbesserung von translationaler Nierenforschung“ fasste der Hauptausschuss der DFG auf Empfehlung des Senats. Abhängig vom wissenschaftlichen Erfolg kann der Fördergeber die Laufzeit einmalig um weitere vier Jahre verlängern. Patientinnen und Patienten mit einer chro- „Dafür ist das ursächliche Verstehen der Krankheitsabläufe und nischen Nierenerkrankung (CKD) gehören -verläufe unabdingbar. Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem zu einer der komplexesten Patientengrup- Labor sollen in die klinische Forschung übertragen werden. Neue pe in der Inneren Medizin. Schätzungen Ansätze sollen die Diagnostik von Nierenerkrankungen grundle- Neue Therapie- & Behandlungs- zufolge werden Nierenkrankheiten 2040 gend verändern und so zu einer verbesserten Patientenversorgung strategien für Nierenerkrankungen voraussichtlich die fünfthäufigste Todesur- führen“, erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Peter Boor, Sprecher der sache weltweit sein. Und dennoch bringt KFO 5011 und Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets Translatio- Die Klinische Forschungsgruppe „Integration neuer dieses Gebiet aktuell die wenigsten klini- nale Nephropathologie am Institut für Pathologie an der Uniklinik Methoden zur Verbesserung von translationaler schen Studien für neue Therapien hervor. RWTH Aachen. Um die notwendige Vernetzung zu erreichen, wer- Nierenforschung“ (KFO 5011) an der Uniklinik Grund dafür sind hauptsächlich fehlende den unter der Federführung von Prof. Boor und von Univ.-Prof. Dr. RWTH Aachen will neue Therapieoptionen und diagnostische Ansätze, die die Aktivität med. Marcus Möller, Klinischer Leiter der KFO 5011 und Oberarzt Behandlungsstrategien für Nierenerkrankungen der Erkrankungen direkt in der Niere in der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Rheumato- entwickeln. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft widerspiegeln. Die Klinische Forschungs- logische und Immunologische Erkrankungen (Medizinische Klinik (DFG) fördert dieses Vorhaben für vier Jahre mit gruppe „Integration neuer Methoden zur II) an der Uniklinik RWTH Aachen, verschiedene Einrichtungen der rund fünf Millionen Euro. Verbesserung von translationaler Nieren- Aachener Uniklinik kooperieren. forschung“ (KFO 5011) versucht, diese Lücke zu schließen. Sie hat es sich zum „Die Förderung der DFG ist eine große Anerkennung und Aus- Ziel gesetzt, neue Verfahren zu etablieren, zeichnung für unsere erfolgreiche gemeinsame Vorarbeit in den die die Pathophysiologie von Nierener- vergangenen Jahren und das innovative Potenzial unseres For- krankungen besser verständlich machen, schungsprojekts. In ganz Deutschland gibt es nur zwei Klinische und daraus neue diagnostische Ansätze Forschungsgruppen mit nephrologischer Ausrichtung, die KFO und neue Fragestellungen für klinische 5011 an der Uniklinik RWTH Aachen ist eine davon“, so Prof. Studien entwickeln. Die Arbeit der Aache- Möller. „Wir freuen uns, dass die DFG unseren Förderantrag positiv ner Forschungsgruppe soll letztlich in die bewertet hat und die Arbeit somit nun losgehen kann“, blickt Prof. Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten Boor zuversichtlich in die Zukunft. Die KFO 5011 ist eine von der- für Betroffene münden. zeit insgesamt 16 Klinischen Forschungsgruppen deutschlandweit. © decade3d – Fotolia
POLITIKBRIEF 02/2021 28 29 POLITIKBRIEF 02/2021 CORONA-SPEZIAL 6. April 2021 mit der Bitte angeschrieben worden, alle Fälle von zerebralen Sinus- und Hirnvenenthrombosen sowie ischämi- Gut Dreiviertel aller schen und hämorrhagischen Schlaganfällen, die innerhalb eines thrombotischer zereb- Monats nach einer SARS-CoV-2-Impfung aufgetreten waren, ralen Ereignisse waren mittels webbasiertem Fragebogen bis zum 14. April 2021 zu bei Frauen aufgetreten. melden. Maßgebliche Unterstützung bei der Datenerhebung kam ebenfalls aus Aachen: Univ.-Prof. Dr. med. Rainer Röhrig, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik an der Unikli- nik RWTH Aachen, entwickelte die technische Umsetzung. Insgesamt gingen im Rahmen der Abfrage 87 Meldungen ein, In 95,2 Prozent der Fälle von denen 62 durch das Expertenteam bestätigt wurden. In waren die unerwünschten 95,2 Prozent der Fälle waren die unerwünschten Ereignisse Ereignisse nach erster nach erster Gabe des Impfstoffs aufgetreten: bei 45 Fällen Gabe des Impfstoffs handelte es sich um zerebrale Venenthrombosen, bei neun um aufgetreten. ischämische Schlaganfälle, bei vier um Hirnblutungen und bei weiteren vier um andere thrombotische Ereignisse. Das mittlere Alter der Betroffenen lag bei 46,7 Jahren, 77,4 Prozent der Betroffenen waren unter 60 Jahre alt. Von insgesamt 62 bestätigten Fällen 53 der insgesamt 62 bestätigten Fälle (85,5 Prozent) waren handelte es sich bei nach Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff ChAdOx1 45 Fällen um zerebrale aufgetreten, neun Fälle (14,5 Prozent) nach Impfung mit dem Venenthrombosen.. BioNTech-Vakzin BNT162b2. Es wurden keine Ereignisse nach Gabe des Impfstoffes mRNA-1273 von Moderna beobachtet. Letzteres lässt sich durch die verhältnismäßig geringere Ver- © Looker_Studio – stock.adobe.com impfungsrate des Vakzins in Deutschland erklären: Bis zum 18. Die DGN-Studie „Cerebral venous thrombosis associated April 2021 hatten in Deutschland 16.428.425 Personen die with vaccination against COVID-19“ zeigt, dass es nach Imp- erste Gabe einer SARS-CoV-2-Impfung erhalten, 5.517.282 Neue Datenlage: fung mit dem SARS-CoV-2-AstraZeneca-Impfstoff zu signifi- kant mehr zerebralen Sinus- und Hirnvenenthrombosen (CVT) Personen waren vollständig geimpft; es waren in Deutschland 16,2 Millionen Dosen des Vakzins von BioNTech, 4,6 Millionen Studie zu Sinus- und Hirnvenenthrombosen kam als nach Impfung mit den mRNA-Impfstoffen. Die Rate der aufgetretenen CVT-Ereignisse war nach einer Erstimp- Dosen von AstraZeneca und 1,2 Millionen Dosen von Moderna verimpft worden. 37 von 45 Fällen einer Hirnvenenthrombose nach COVID-19-Impfung in Deutschland fung mit Vakzinierung mit ChAdOx1 um mehr als neunmal höher als nach Impfung mit den mRNA-Impfstoffen. Die waren nach Impfung mit ChAdOx1 gemeldet worden, acht Fälle nach BNT62b2. Von den neun nach Impfung gemeldeten veröffentlicht Rate für Frauen war im Vergleich zu der von nicht weiblichen Personen mehr als dreimal erhöht. ischämischen Schlaganfällen waren acht nach Vakzinierung mit AstraZeneca und ein Fall nach Gabe des BioNTech-Impfstoffs aufgetreten. Die vier Fälle intrazerebraler Blutungen waren nach Im Mai 2021 wurde eine in Deutschland durchgeführte für zerebrale Sinus- und Hirnvenenthrombosen nach Impfung mit ChAdOx1 (AstraZeneca) beobachtet worden. Studie unter der Projektleitung der Klinik für Neurologie Impfung mit dem Vakzin ChAdOx1 (AstraZeneca) hatten, Bundesweite Datenerfassung an der Uniklinik RWTH Aachen als Preprint veröffentlicht, sondern auch ältere Frauen. Fazit des überregionalen Gut Dreiviertel aller thrombotischer zerebralen Ereignisse (75,8 die das Auftreten von zerebrovaskulären Ereignissen, ins- Studienteams der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Alle neurologischen Kliniken in Deutschland waren von der Prozent) waren bei Frauen aufgetreten. Von den 45 Men- besondere Sinus- und Hirnvenenthrombosen im Gehirn, (DGN): Das Risiko ist insgesamt extrem gering, aber Per- DGN unter der Projektleitung von Univ.-Prof. Dr. med. Jörg schen, die nach Impfung eine Hirnvenenthrombose hatten, nach Impfung gegen SARS-CoV-2 beschreibt. Auffällig sonen aller Altersklassen, im Besonderen Frauen müssen B. Schulz, Direktor der Klinik für Neurologie an der Uniklinik waren 35 (77,8 Prozent) weiblich. 36 (80 Prozent) waren unter war, dass nicht nur jüngere Frauen ein höheres Risiko umfassend über mögliche Risiken aufgeklärt werden. RWTH Aachen und korrespondierender Autor der Studie, am 60 Jahre alt.
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