Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen

 
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Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
10     TITEL: WEHRDIENSTBESCHÄDIGUNG

                  Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner,
                 aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
          Der pensionierte Oberstabsfeldwebel a.D. hat in den 1960er Jahren an der Radarnase
           des „Starfighter” gearbeitet. Die Arbeit am Waffensystem hat Dietmar Glaner einen
           Unterarm gekostet. Heute arbeitet er als Vorsitzender des Bundes zur Unterstützung
     Radarstrahlengeschädigter in Deutschland e.V. im Einsatz für die letzten Opfer des kalten Krieges.

                                                                                                            te. Dietmar Glaner, Jahrgang     der Nationalen Volksarmee unter Lebens-
                                                                                             Foto: privat
                                                                                                            1947, ist heute Vorsitzender     gefahr dienten, den tödlichen Strahlen ihrer
                                                                                                            des Bundes zur Unterstützung     Radargeräte schutzlos ausgeliefert, wissen,
                                                                                                            Radarstrahlengeschädigter. Er    dass Scharpings Versprechen weitestgehend
                                                                                                            hat den Verein vor 20 Jahren     leer war.
                                                                                                            in Berlin mitgegründet. Der         Hunderte sind gestorben, bevor eine An-
                                                                                                            Deutsche BundeswehrVer-          erkennung als Wehrdienstbeschädigter oder
                                                                                                            band war dabei, ebenso meh-      eine Entschädigung sie erreichte. Noch immer
                                                                                                            rere Bundestagsabgeordnete,      – allen Expertisen wissenschaftlicher Exper-
                                                                                                            unter ihnen der spätere Wehr-    ten zum Trotz – gibt es Schreiben von den
                                                                                                            beauftragte Hans-Peter Bart-     zuständigen Behörden, die Dietmar Glaner
                                                                                                            els (SPD).                       erschüttert zurücklassen. So heißt es in einem
                                                                                                               Damals hatte der Sozial-      Gutachten, das die Unfallversicherung Bund
                                                                                                            demokrat Rudolf Scharping        und Bahn (UVB) im Schadenersatzprozess
                                                                                                            das Kommando im Bundes-          eines früheren Radartechnikers erstellen
                                                                                                            verteidigungsministerium.        lässt, am Ende lapidar: „Gegenwärtig lässt
                                                                                                            Schnell und unbürokratisch       sich kein ursächlicher Zusammenhang zwi-
                                                                                                            wolle man helfen, kündigte der   schen berufsbedingten Expositionen und der
                                                                                                            Minister an. Heute ahnt man,     Entstehung von Hodenkarzinomen wissen-
                                                                                                            wie Scharping das gemeint        schaftlich begründen.”
                                                                                                            haben könnte. „Denn von den
                                                                                                            bisher insgesamt circa 5600      Ein tiefer Schlag für alle, die wissen,
                                                                                                            gestellten Entschädigungs-       dass ihre Lebenszeit in Kürze abläuft
                                                                                                            anträgen von Soldaten und        Schreiben und Gutachten wie dieses sind
                                                                                                            Zivilbeschäftigten aus dem Be-   immer wieder ein tiefer Schlag in die Magen-
                                                                                                            reich der Bundeswehr und der     grube derer, die seit Jahren – teilweise seit
                                                                                                            ehemaligen Nationalen Volks-     Jahrzehnten – auf ihre Anerkennung als
                                                                                                            armee (NVA) sind bis heute       Wehrdienstbeschädigter und Entschädigung
                                                                                                            nur circa 890 Anträge positiv    warten. „Der Verdacht, dass man im Ver-
                                                                                                            beschieden worden”, rechnet      teidigungsministerium und bei anderen be-
                                                                                                            der Vereinsvorsitzende Diet-     teiligten Behörden auf die biologische Lösung
                                                                                                            mar Glaner vor. Die meisten      hofft, mit der sich das ‚Problem von selbst
                                                                                                            der geschädigten Soldaten,       erledigt, weil niemand der Betroffenen ist ab-
                                                                                                            die in der Bundeswehr und in     sehbarer Zeit mehr leben wird, ist nicht un-
     Ein Unteroffizier in den 1960er Jahren an der Raketenschule                                                                             begründet, wenn man die Zahl der tatsächlich
     der Luftwaffe in Fort Bliss/Texas: Der Techniker arbeitet an                                                                            Anerkannten und Entschädigten betrachtet”,
     der Steuerungseinheit des Radargerätes für das System „Nike                                                                             sagt Vereinvorsitzender Dietmar Glaner.
     Herkules“.                                                                                                                              „Uns läuft die Zeit davon, das ist keine Frage.”

     W
                            Von Frank Jungbluth                                                                                                 Glaners eigene Geschichte ist ein Beispiel
               as ist das Leben eines Soldaten                                                                                               dafür, wie heimtückisch die Strah-
               wert? Kann man die Fürsorge-
               pflicht des Bundesrepublik in Mark
     und Pfennig, Euro und Cent bemessen? Fra-
     gen, die Dietmar Glaner verfolgen, seit er
     vor 31 Jahren nach 23 Jahren im Dienst der
     Luftwaffe bemerkte, dass sich irgendetwas
                                                                    Foto: picture alliance

     in seinem Körper verändert hat. Seine linke
     Hand begann zu schmerzen, als der damali-
     ge Stabsfeldwebel in seinem Haus renovier-

     Die Bundeswehr | April 2021
Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
TITEL: WEHRDIENSTBESCHÄDIGUNG                     11
  Dietmar Glaner, Oberstabs-
  feldwebel a.D., ist heute 73
  Jahre alt. Vor 20 Jahren, im
  April 2001, gründete er mit
 seinen Mitstreitern in Berlin
 den Bund zur Unterstützung
  Radarstrahlengeschädigter
     Deutschland e.V. Für sein
    Engagement hat man ihm
  2019 das Bundesverdienst-
              kreuz verliehen.
                                 Foto: Matthias Jung/jungfoto

len wirken, und vor allem dafür, dass man                       mar Glaner und auch die Operateure hoffen,      Strahlen aus den alten Senderröhren wie Ma-
erst Jahre oder Jahrzehnte später mit den Fol-                  dass sie den Krebs besiegt haben, aber die      gnetron und Thyratron kam noch die Hoch-
gen für die eigene Gesundheit konfrontiert                      Ergebnisse der Nachkontrolle Monate spä-        frequenzstrahlung aus den Antennen.
wird. Nicht selten kam die Diagnose zu spät                     ter alarmieren die Ärzte. Der Krebs hat die        Glaner sagt, er sei damals nach der Am-
und war das Todesurteil, Dietmar Glaners                        Mittelhand aufgefressen, Gewebe und Kno-        putation in ein Loch gefallen. Was soll einer
Leidensgeschichte fing 1990 mit Schmerzen                       chen sind zerstört. „Da hilft auch keine Be-    mit nur noch einer einsatzfähigen Hand bei
in der linken Hand an. „Ich dachte erst, das                    strahlung mehr”, attestieren die Mediziner      der Bundeswehr? Dietmar Glaner ist Spezia-
ist eine Sehnenscheidenentzündung”, sagt                        Dietmar Glaner. Es folgt eine zweite Opera-     list, Techniker, der sich mit vielen Flugzeug-
der heute 73-jährige Oberstabsfeldwebel a.D.                    tion, man bildet den Daumen der linken Hand     mustern der Luftwaffe auskennt. Wozu soll
Aber der Schmerz wird immer schlimmer,                          nach. Dietmar Glaner ist damals ein Mann in     man einen wie ihn noch gebrauchen?
immer bohrender. Dietmar Glaner lässt sich                      den besten Jahren, wie man so schön sagt, er       Nach der Operation aber schöpft er neuen
im Sanitätszentrum untersuchen. Er arbeitet                     ist 42 Jahre jung.                              Lebensmut. Günter Oltrogge, damals stell-
damals bei der Luftwaffe in Köln-Wahn, ist                                                                      vertretender Vorsitzender Luftwaffe im Deut-
hochspezialisiert, ein Unteroffizier mit Por-                   Verdacht, dass es am Radar liegt,               schen BundeswehrVerband steht an seinem
tepée und Fachwissen, wie man sie heute zu                      wird erstmals laut ausgesprochen                Krankenbett und sichert ihm die kamerad-
Tausenden bei der Truppe verzweifelt sucht.                   Noch drei Monate später in Glaners Schick-        schaftliche Hilfe des DBwV zu. Eine Hilfe,
Dietmar Glaner hat seinen Dienst immer als                    salsjahr 1990 aber wird klar, dass die Hand       deren segensreiches Wirken Dietmar Glaner
Verpflichtung angesehen, wie viele seiner Ge-                 und ein Teil des Unterarmes nicht mehr zu         und viele andere radarstrahlengeschädigte
neration, für die der Soldatenberuf immer                     retten sein wird, die Ärzte amputieren. „Ich      Soldaten seitdem erfahren haben. Der Ver-
sehr viel mehr als nur ein Job war.                           habe mit dem Eingriff gewartet, bis der achte     band wird eine laute Stimme beim Ruf nach
   1990 finden die behandelnden Ärzte im                      Geburtstag meiner Tochter vorbei war”, sagt       schneller und unbürokratischer Hilfe für die
Sanitätszentrum einen Knochentumor, einen                     Dietmar Glaner. Der Verdacht, dass das alles      Betroffenen und ihre Hinterbliebenen. Damit
der üblen Sorte. Schnell und hochaggressiv.                   mit seiner Arbeit am Radar des Starfighters       es nicht vielen so gehen soll, wie der Witwe
Er wird im September 1990 entfernt, Diet-                     zu tun haben könnte, wird erstmals laut aus-      eines ehemaligen Soldaten, der für die Luft-
                                                              gesprochen.                                       waffe am Flugabwehrsystem „Hawk“ seinen
                                                                An Arbeitsplätzen, wie Glaner einen hatte       Dienst getan hat. Er streitet seit 1983 für eine
                                                                   in den 1960er und 1970er Jahren, bei der     Anerkennung als Wehrdienstbeschädigter.
                                                                             Wartung der Systeme des Star-      Man muss sagen, dass es inzwischen seine
                                                                                   fighters F-104 haben schon   Ehefrau ist, die diesen Kampf führt, der Sol-
                                                                                     vor Jahrzehnten Exper-     dat ist tot. Der Krebs als Folge seiner jahre-
                                                                                    ten „gigantische Werte”     langen Arbeit am Radar der Abwehrraketen
                                                                                    gemessen, wie es heißt.     hat ihn umgebracht.
                          Der Starfighter F-104 war in den 1960er Jahren der Stolz
                                                                                    Zum „Beschuss” auf die         Man kann sich das Wegdenken oder Schön-
                         der Bundesluftwaffe. Dietmar Glaner arbeitete als Techni-  Techniker bei Luftwaffe     reden, aber am Ende bleibt der Verlust einer
                                    ker am Radargerät in der Nase des Flugzeuges.   und Marine mit Röntgen-     Hand am Körper des Menschen und Sol-

                                                                                                                                      Die Bundeswehr | April 2021
Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
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     Foto: Andrew Timmins/stern/Picture Press/ddp

                                                                                                                                                              Die gefürchteten Radarkeulen, die
                                                                                                                                                              Soldaten trafen, die den Luftraum
                                                                                                                                                              überwachten oder Wartungsarbeiten
                                                                                                                                                              an den Geräten ausführten. Die
                                                                                                                                                              Soldaten überhitzten im Wortsinn.

                                                                                                                                             als Soldat nicht so haben, es herrsche Krieg,
                                                                                                                                             sei der Tenor in den 1960er und 1970er Jah-
                                                                                                                                             ren gewesen. „Man hat uns nicht gewarnt,
                                                                                                                                             man hat uns nicht belehrt, man hat uns ein-
                                                                                                                                             fach verbraten“, klagte der frühere Soldat
                                                                                            Scharping, der als Jurist um die schwieri-       Heinz Dankenbring aus Kaufbeuren vor 20
                                                                                            ge Rechtslage weiß, persönlich betroffen.        Jahren, als sich das Magazin „Stern“ des The-
                                                        „Man muss hier                      Eines der Opfer der tödlichen Radarstrahlen      mas der Radarstrahlengeschädigten ausführ-
                                                                                            ist sein früherer Sportfreund Dirk Diedrich.     lich annahm.
                                                      von beträchtlicher                    Der Hauptmann der Reserve diente in einer           Seit der Gründung des Bundes zur Unter-
                                                                                            „Nike“-Batterie. Der Hauptmann der Reserve       stützung Radarstrahlenbeschädigter, dem
                                                    Röntgenstrahlung für                    war wie Scharping passionierter Radfahrer.       Dietmar Glaner heute vorsteht, hat sich einiges
                                                                                            Er war in Scharpings Partei, der SPD eng ver-    geändert, aber nicht genug. Glaner hat mit sei-
                                                    die Soldaten ausgehen,                  bunden, war Ortsvereinsvorsitzender in Trier-    nen Mitstreitern Forderungen aufgeschrieben,
                                                     die auch das Eiweiß                    Pfalzel. Er starb 1993 an einem Hirntumor
                                                                                            als Folge der tödlichen Röntgenstrahlen,
                                                                                                                                             „die schnell umgesetzt werden müssen, wenn
                                                                                                                                             wir noch etwas erreichen wollen“, wie er sagt.
                                                       zersetzen kann.“                     denen er im Dienst ausgesetzt war.               Es geht dabei um die Beweiserleichterung für
                                                                                               Seit Jahrzehnten, lange bevor sich die ers-   Geschädigte in Verfahren zur Anerkennung
                                                      Aus einem Bericht für das BMVg 1960   ten Geschädigten meldeten, und die Folgen        einer Wehrdienstbeschädigung. Es geht um
                                                                                            für ihre Gesundheit diagnostiziert waren,        die Einrichtung eines Runden Tisches, den
                                                                                            wusste man bei der Bundeswehr um die             die Wehrbeauftragte Eva Högl moderieren
            daten Dietmar Glaner, das Fehlen seines lin-                                    lautlose Gefahr vom Radar.1958 meldete           möge, und es geht um die Gleichbehandlung
            ken Unterarmes, der Gedanke daran, was                                          zum Beispiel schon das fernmeldetechnische       Radarstrahlengeschädigter, die früher in
            geworden wäre, wenn er sich nicht am 3. Ja-                                     Zentralamt „beträchtliche Röntgenstrahlung“      der Bundeswehr oder der NVA gedient
            nuar 1967 vor 54 Jahren für den Dienst bei                                      bei einer Untersuchung an einer Thyratron-       haben. Bei der ostdeutschen Armee waren
            der Luftwaffe entschieden hätte. Immerhin,                                      röhre in der Luftwaffenschule 1 in Kauf-         die Belastungen noch dramatischer, war das
            sein Vorgesetzter in Köln streitet für Dietmar                                  beuren. Montage- und Einstellarbeiten seien      Schweigen noch deutlicher, weil auch die
            Glaner. Er kann im Dienst bleiben, mit einer                                    gefährlich, schrieben die Fachleute in ihren     Staatssicherheit verhinderte, dass die gehei-
            Sondergenehmigung. Der Berufssoldat bleibt                                      Bericht. Ihre Empfehlung: Die Soldaten soll-     me Technik der Waffenbrüder von der Roten
            bis 2011, die letzten zehn Jahre als Reserve-                                   ten bei Arbeiten an den Anlagen Bleihand-        Armee und ihre tödliche Wirkung öffentlich
            dienstleistender, bei der Truppe. „Ich habe der                                 schuhe tragen. Die wurden aber erst viel         diskutiert werden konnte.
            Bundeswehr viel zu verdanken und bin nicht                                      später geliefert. Aus dem Jahr 1960 ist ein         Ingo Gädechens (60, CDU), Bundestags-
            im Groll gegangen.” Sein Antrag auf Wehr-                                       Vermerk aus dem Verteidigungsministerium         abgeordneter in der Unions-Fraktion seit
            beschädigung wird schnell und positiv ent-                                      überliefert, in dem von der Schädigung von       2009, hat 37 Jahre in der Bundeswehr ge-
            schieden. Das war 1991. Jahre später wird                                       Blutgefäßen, von einer möglichen Zersetzung      dient. Er war Unteroffizier mit Portepée,
            in Fernsehbeiträgen über das Schicksal tau-                                     des Eiweißes von Auswirkungen auf das vege-      zuletzt Stabsbootsmann. Gädechens kennt
            sender Soldaten berichtet, Gutachter werden                                     tative Nervensystem die Rede ist, wenn man       das Schicksal Radarstrahlengeschädigter
            beauftragt, die Gerichte sind beschäftigt und                                   die Strahlenbelastung betrachte. In der Folge    aus eigener Erfahrung. Er war Leiter der
            da ist dann noch das Versprechen von Ver-                                       wurde die „Zentrale Dienstvorschrift 44/20“      Marineortungsstelle Staberhuk auf Feh-
            teidigungsminister Scharping, auf dessen Ein-                                   zur Arbeit an Radargeräten verschärft, es        marn. Er ist Obmann seiner Fraktion
            lösung so viele schon so lange warten.                                          wurden Abschirmungen eingebaut. Aber die         im Verteidigungsausschuss und Bericht-
               Dabei ist der 73-jährige Sozialdemokrat                                      Maßnahmen griffen zu kurz. Man solle sich        erstatter für die Fragen der Radarstrahlen-

            Die Bundeswehr | April 2021
Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
TITEL: WEHRDIENSTBESCHÄDIGUNG                        13

                                                                         Foto: picture alliance/Kappeler/dpa
                           geschädigten. Er
                           sagt: „Als ich im
                           Jahre 2009 als
                           Berufssoldat aus
                                                     Ingo Gädechens
                          dem aktiven Dienst
                                                 (60, CDU) war selbst
                       in den Deutschen                viele Jahre bei
                     Bundestag gewählt und         einer Radareinheit
                schließlich ordentliches Mit-         der Marine. Der
         glied im Verteidigungsausschuss              Berichterstatter
                                                   im Verteidigungs-
wurde, stand das Thema Radarstrahlenopfer
                                                      ausschuss setzt
von Anbeginn auf meiner Agenda. Als An-               sich seit Jahren
gehöriger der Marine und ehemaliger Dienst-        für Radarstrahlen-
stellenleiter einer Marineradarstation gab es        geschädigte ein.
mehrere persönliche Begegnungen mit Be-
troffenen, deren Leid und Leidensweg ich         bekommen, müsste es für besondere Fälle                       ist. „Auch der ehemalige haushaltspolitische
kannte. Besonders steinig erwies sich der        einen Anlaufpunkt geben, damit schnell                        Sprecher der FDP-Fraktion Jürgen Kop-
Weg, den die Kameraden gehen mussten, um         Hilfe geleistet werden kann. Auch bei allen                   pelin half den Weg zu ebnen und schaffte
überhaupt eine Wehrdienstbeschädigung an-        Bemühungen mit einer Stiftung zusätzliche                     den ersten finanziellen Rahmen, um mit der
erkannt zu bekommen. Damals lag die Be-          Hilfe zu leisten, sollte der Dienstherr in sei-               Deutschen Härtefallstiftung ein Gremium
weislast beim Antragsteller und auch Gerichte    ner Fürsorgepflicht an erster Stelle stehen.                  zu bilden, das tatsächlich unbürokratische
– selbst wenn sie wollten – konnten Wehr-        Der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten                   Hilfe leisten konnte. Mit Oberst a.D. Gertz
dienstbeschädigungen nicht anerkennen, weil      sowie zivilen Mitarbeiter muss in allen Be-                   bekam die Stiftung einen Vorsitzenden, der
Nachweise über Gefahren, denen die Soldaten      reichen gewährleistet sein. Schließlich kann                  aus seiner profunden Erfahrung beim Deut-
seinerzeit ausgesetzt waren, in der Dokumen-     ein Mehr an Prävention nicht nur gesund-                      schen BundeswehrVerband viel Erfahrung
tation nicht erbracht werden konnten. Hinzu      heitliche Schäden, sondern auch belastende                    und eine satzungskonforme Struktur in den
kommt, dass gerichtliche Verfahren viel Zeit     Verfahren im Nachhinein verhindern.“                          Aufbau einbrachte. Die Stiftungsratsvor-
in Anspruch nahmen, sodass der Rechtsweg            Gädechens zieht Bilanz: „Insgesamt be-                     sitzende Sabine Bastek bildet dabei die Ver-
für die Betroffenen sehr oft eine zusätzliche    obachte ich seit meiner Zeit als aktiver Sol-                 bindung ins Ministerium und der General-
Belastung darstellte.“                           dat und erst recht nach meinem Einzug in den                  inspekteur Eberhard Zorn unterstreicht mit
   Mit dem damaligen Parlamentarischen           Bundestag erkennbare Fortschritte. Wie auch                   seiner Schirmherrschaft die Bedeutung der
Staatsekretär im BMVg, Thomas Kossen-            im zivilen Bereich hat eine starke Sensibilisie-              Stiftung.“
dey, habe er von der ersten Stunde an einen      rung eingesetzt und arbeitsschutzrechtliche                       Klar ist auch: „Die Antragsentwicklung
fachkundigen Mitstreiter gehabt, der ge-         Maßnahmen werden auf allen Führungs-                          nach Fallgruppen zeigt, dass die Anzahl
holfen habe, viele Dinge zu regeln und büro-     ebenen selbstverständlich mitgedacht. Das                     der Radarstrahlenopfer – auch aufgrund
kratische Hürden zu beseitigen, damit den        stimmt mich zuversichtlich, dass künftig die                  der Demographie – immer geringer, die der
geschädigten Soldaten endlich Recht wider-       Zahl der nachträglich zu unterstützenden                      PTBS-Geschädigten oder Kameradinnen
fahren konnte. „Dabei wurden sowohl die          Härtefälle noch weiter zurückgehen wird.”                     und Kameraden bei sonstigen Gesundheits-
Radarstrahlenopfer der ehemaligen NVA als           Gädechens weiß, wie steinig der Weg war                    schäden immer größer wird. Die eigentliche
auch die der Bundeswehr betrachtet”, wie Gä-     und dass er nur überparteilich zu schaffen                    ‚Zielgruppe‘ der Radarstrahlengeschädigten
dechens sagt.                                                                                                     macht bei den zuletzt beschlossenen An-
   Wie sein Mitstreiter Karl-Heinz Brunner                                                                           trägen noch zehn Prozent aus. Zum Ver-
von der SPD (siehe Seite 9) weiß der Christ-                                                                           gleich war dies im Jahr 2015 noch bei
demokrat: „Leider wird das Schadens-                                                                                     rund der Hälfte der Fall“, so Ingo
potential einer Tätigkeit häufig erst im Rück-                                                                              Gädechens.
blick erkannt. Das bedeutet dann, dass der
Nachweis später schwierig zu erbringen ist.
Für das Ministerium und die Bundeswehr
insgesamt bedeutet dies, dass man schnel-
ler und flexibler auf neue Erkenntnisse re-
agieren muss. Neben dem eigentlichen
Verfahren um eine Wehrdienst-
beschädigung anerkannt zu

    Eine Radarstation in der frühe-
                                                                                                                                                  Foto: Privat/DBwV

       ren Raketenschule der Luft-
      waffe in Fort Bliss in El Paso/
     Texas. Dort wurden Tausende
     Soldaten ausgebildet und der
             Strahlung ausgesetzt.

                                                                                                                                   Die Bundeswehr | April 2021
Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen Die Zeit arbeitet gegen Dietmar Glaner, aber er würde nie aufhören, zu kämpfen
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