Die Zukunft der Landwirtschaft - Ziele, Themenfelder und Handlungsempfehlungen aus der Sicht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ...
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Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Die Zukunft der Landwirtschaft – Ziele, Themenfelder und Handlungsempfehlungen aus der Sicht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) MARKETING FÜR LEBENSMITTEL UND AGRARPRODUKTE I ACHIM SPILLER
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Hintergrund: • Polarisierung der Diskussion über Landwirtschafts-, Umwelt- und Ernährungspolitik • Bauernproteste im Jahr 2019 gegen Pläne der Bundesregierung zum Insektenschutzpaket • Klimaproteste, z.B. „Fridays for Future“ • Dezember 2019: Agrardialog auf Einladung der Bundeskanzlerin mit 40 landwirtschaftlichen Verbänden. • Ergebnis des Agrardialogs: Der Deutsche Bauernverband (DBV) und „Land schafft Verbindung“ (LsV) erhalten den Auftrag, ein Konzept für eine Zukunftskommission Landwirtschaft zu erarbeiten. • Auf dieser Basis beschließt das Bundeskabinett am 8. Juli 2020 die Einsetzung der Zukunftskommission Landwirtschaft. 2
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Die großen Linien der Agrarpolitik (Weingarten 2018) Quelle: Peter Weingarten: Agrarpolitik, https://shop.arl-net.de/media/ direct/pdf/HWB%202018/Agrarpolitik.pdf 3
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Die großen Linien der Agrarpolitik (Weingarten 2018) Ernährungssicherung Weltmarktorientierung ??? Quelle: Peter Weingarten: Agrarpolitik, https://shop.arl-net.de/media/ direct/pdf/HWB%202018/Agrarpolitik.pdf 4
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Zur Notwendigkeit der ZKL „Die Kämpfe in der Agrar- und Umweltpolitik sind härter, als ich sie aus dem Wissenschaftssystem kenne“ (Peter Strohschneider in top agrar v. 12.07.2021) „Wenn der Teamgeist, der zwischen der obersten Führungsebene der Agrar- und Umwelt-, der Tierschutz- und Verbraucherschutzseite aufgeblüht ist, dauerhaft Wurzeln schlägt, dann war unsere Arbeit ein Erfolg.“ (Peter Strohschneider in agrar heute v. 15.07.2021) 5
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Zukunftskommission Landwirtschaft
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller https://www.landjugend.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Positionen/2021_Zuku nftsbild_BUNDjugend-BDL.PDF 10
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Einordnung aus Sicht der Jugendverbände selber „Die Landwirtschaft der Zukunft und eine zukünftige Gesellschaft kann nicht gestalten, wer sich hinter seinen Positionen versteckt und nur mit seinesgleichen redet. Das wissen junge Menschen wie die BDL- Bundesvorsitzende Kathrin Muus und BUNDjugend-Vorstand Myriam Rapior. Beide wurden von der Bundesregierung in die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ (ZKL) berufen und haben in den vielen Monaten intensiver und streitreicher Diskussion ihre Filterblase verlassen und eine gemeinsame Vision für die Zukunft der Landwirtschaft entwickelt. Beginnend mit den Schnittpunkten ihrer verbandlichen Positionen hatten sich die Verbandsvertreterinnen daran gemacht, die Gegensätze zu diskutieren und Konsens herauszuarbeiten. Sie haben die Perspektiven gewechselt, um die andere Seite besser zu verstehen, und miteinander um Kompromisse gerungen. Im Ergebnis dieser konstruktiven Zusammenarbeit steht ein Zukunftsbild der Landwirtschaft, das bei allen Unterschieden, die zwischen BDL und BUNDjugend auch weiterhin bestehen, einen Weg aufzeigt.“ Quelle: https://www.landjugend.de/unsere-themen/zukunftsbild-der-landwirtschaft Das Zukunftsbild der Jugendverbände ist allein schon deshalb ein Erfolg, weil es gelungen ist, einen Konsens zu erzielen, Gräben zu überwinden! 11
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Dokumente zum Leitbild Das Leitbild als PDF: https://www.landjugend.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Positionen/2021_Zukunftsbild_BUNDjugen d-BDL.PDF Podcast mit Kathrin Muus: https://www.topagrar.com/landleben/land-und-leute/kathrin-muus-bei-hofgespraeche-der- baeuerinnen-podcast-12571651.html 12
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Einige Knackpunkte des gemeinsamen Leitbildes der Jugend These im Leitbild: „Wünschenswert ist eine stabile bis steigende Anzahl der Höfe.“ These im Leitbild: „Moore wurden zu großen Teilen durch Unterstützung öffentlicher Mittel wieder vernässt und die langfristige Perspektive von betroffenen Betrieben gesichert.“ These im Leitbild: „Sowohl im Bereich der Lebensmittelerzeugung, als auch in der weiterverarbeitenden Produktion und im Vertrieb herrschen ausgewogene Marktkräfte. Die deutsche Politik und Gesetzgebung verhindert einseitige Oligopol- und Monopolbildung.“ These im Leitbild: „Die Verarbeitung von Lebensmitteln findet bevorzugt regional statt und Transportwege für landwirtschaftliche Erzeugnisse werden so kurz wie möglich gehalten.“ 13
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Einige Knackpunkte des gemeinsamen Leitbildes der Jugend These im Leitbild: „Der Konsum tierischer Produkte erreicht ein gesundes Maß und steht im Einklang mit Umwelt, Klima, Natur und Tierwohl.“ These im Leitbild: „EU-weit werden im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik öffentliche Mittel ausschließlich für die Erbringung gesellschaftlicher Leistungen durch die Landwirt:innen, wie z.B. Ökosystemleistungen und Kulturlandschaftspflege, zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass Landwirt:innen für gesellschaftliche Leistungen im Sinne des Gemeinwohls und der Ökologie bezuschusst werden.“ These im Leitbild: „Die Tiere verfügen über ausreichend Platz und Auslauf.“ These im Leitbild: „Die deutsche Agrarwirtschaft handelt auf fairen regionalen, nationalen und globalen Märkten über die gesamte Lieferkette hinweg.“ 14
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Zwischenfazit • Leitbilder sollen Diskussionen anstoßen – der Politik eine langfristige Richtung vorgeben. • Ein Leitbild ist also ein NORMATIVES Dokument. Man kann es daher nicht in den Kategorien richtig oder falsch beurteilen, sondern sinnvolle Bewertungskriterien sind: • Ist es klar formuliert/verständlich? • Ist es realisierbar? • Ist es hinreichend vollständig, sind die wesentlichen Fragen angesprochen? • Ist es in sich konsistent, d. h. passen die Ziele zueinander? • Ist es motivierend? Vermittelt es Sinn für die Zielgruppen? • Bei allen offenen Fragen im Detail: Das Jugendleitbild zeigt die Richtung der gesellschaftlichen Debatte an! 15
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Der (einstimmig verabschiedete) Abschlussbericht 16 https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1939908/39f791fc6a9ff29 3ae520e2fea41baa7/2021-07-06-zukunftskommission-landwirtschaft- data.pdf?download=1
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Zukunftskommission: Thesen • Die ZKL hat mit einstimmigem Votum eine Transformationsagenda verabschiedet • „ Beginn eines durchgreifenden Transformationsprozesses“, bei dem die Landwirtschaft nicht alleine gelassen werden dürfe“ • „Der Umbau ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ • „...Eine Reduzierung des Konsums von tierischen Produkten, einer Verbesserung des Tierwohls und eine umweltverträglichere räumliche Verteilung der Tierhaltung, die aller Voraussicht nach mit einer weiteren Verringerung der Tierbestandszahlen einhergehen werden“ • „ Schrittweise und vollständige Umwandlung der Direktzahlungen im Laufe der nächsten zwei Förderperioden ab 2023 in Zahlungen, die konkrete Leistungen im Sinne gesellschaftlicher Ziele betriebswirtschaftlich attraktiv werden lassen“ • Framing: Handlungsbedarf – hohe externe Kosten – Prävention lohnt sich • Die Gesellschaft wird – auf die eine oder andere Art – mehr Geld für Lebensmittel ausgeben (müssen) • Eine nachhaltige Landwirtschaft muss durch ökonomische Instrumente betriebswirtschaftlich attraktiv werden – neue Zahlungs- und Geschäftsmodelle entwickeln • Die Direktzahlungen werden damit Vergangenheit – aber das muss jetzt auch breit kommuniziert werden, damit die Pachtpreise ab jetzt sinken • Ein überzeugendes Gegenmodell der landwirtschaftlichen Interessenorganisationen gab es nicht. 17
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller EIGENE ZUSAMMENFASSUNG DER ZKL-LEITLINIEN (GEKÜRZT) Die zwölf Leitlinien für den Transformationsprozess 1. Transformation des Ernährungs- und Landwirtschaftssystems wirtschaftlich tragfähig gestalten 2. Vermeidung derzeitiger negativer Externalitäten betriebswirtschaftlich attraktiv machen 3. Nachhaltig produzierte Lebensmittel verlangen nach höheren Preisen 4. Volkswirtschaftlich ist die Transformation hochgradig rentabel 5. Transformation kostet Zeit, die aber knapp ist: anfangen und definierte Zwischenziele setzen 6. Das ganze Instrumentarium konsistent auf Transformation ausrichten 7. Dies verlangt Agrar- und Umweltpolitik dynamisch weiterzuentwickeln und aufeinander abzustimmen 8. Öffentliches Geld muss gesellschaftliche Leistungen fördern 9. Stärkere Ausrichtung auf Output-Indikatoren (Erfolgsindikatoren) 10. Regionale Kooperationen von Agrar- und Umweltakteuren fördern 11. Zielgerichtet Erproben statt Grundsatzstreite 12. Polarisierungen in der Agrar-Umwelt-Debatte lassen sich durch Dialoge überwinden 18
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Vorsorge rechnet sich • Hohe externen Kosten des Landwirtschafts- und Ernährungssystems – hoher zweistelliger Mrd.-Betrag • Der Finanzbedarf einer weitgehenden Transformation des Agrar- und Ernährungssystems, wird weit unter denjenigen Folgekosten liegen, die ohne diese systemische Transformation zu prognostizieren sind Maßnahme Kosten pro Jahr ü Steigerung nichtproduktiver Flächenanteile 0,6-1,0 Mrd. Euro ü Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien 1,0 Mrd. Euro ü Wiedervernässung von Mooren 0,83-1,35 Mrd. Euro ü Ausweitung Ökolandbau 1,6-2,4 Mrd. Euro ü Verzicht PSM auf 25-33% der Fläche 0,8-1,1 Mrd. Euro ü Nachhaltigkeitsbewertung/-checks etc. 0,13 Mrd. Euro ü Tierwohl 2,5-4,1 Mrd. Euro Transformationskosten von 7 bis 11 Mrd Euro p.a. abzüglich bisheriger Mittel je nach Umwidmung (kurzfristig 5-9 Mrd. Euro p.a., langfristig 1,5-5,5 Mrd. p.a.) 19
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Wirklich alle einverstanden? 20
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Agrar-Blogger https://www.bauerwilli.com/fragen-an-die-zukunftskommission/ 21
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Hubertus Paetow – DLG-Präsident https://www.dlg-mitteilungen.de/blog/uebersicht/zukunftskommission-warum- ich-das-ergebnis-begruesse 22
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Zeichen des Wandels Deutscher LandFrauenverband (dlv) Positionspapier vom 23.08.2021 https://www.landfrauen.info/fileadmin/Redaktion/PDF/Publikationen/Positionspapi ere/2021_09_dlv_Position_Fleischkonsum_final.pdf 23
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller 24
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Meine Learnings aus Borchert-Kommission und ZKL • Trotz sinkender gesamtwirtschaftlicher Bedeutung steigt die gesellschaftliche Relevanz des Sektors. • Es muss mehr Geld in den Sektor: • KonsumentInnen werden – auch bei besseren Labeln – die Transformation nicht allein bewerkstelligen – Consumer- Citizen-Gap • Es geht nicht ohne Politik und neue Zahlungen sowie verbesserte internationale Rahmenbedingungen für ein Level Playing Field (siehe dazu https://agrardebatten.blog/2021/03/02/level-playing-field/) • Der Handel kann durch Selbstverpflichtungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen und Mittel generieren • Es gibt keine überzeugenden Gegenkonzepte zur Transformationsagenda, landwirtschaftliche Protestverbände sind konzeptionell schwach aufgestellt, DBV gespalten. • Weltmarktorientierung der Agrarwirtschaft ist nicht mehr das primäre Ziel. • Reden hilft – Konsenskommissionen können mehr sein als ein Alibi (der Spruch: „wer nicht weiter weiß, gründet...“ – stimmt nicht zwangsläufig). • Aber wie jetzt die Landwirtschaft in der Breite mitnehmen? Wichtige Rolle der landwirtschaftlichen Opinion-Leader! 25
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte Prof. Dr. Achim Spiller Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Achim Spiller Georg-August-Universität Göttingen Lehrstuhl "Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte" Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Platz der Göttinger Sieben 5 37073 Göttingen a.spiller@agr.uni-goettingen.de Tel: 0551/39-26241 26
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