Digitale Kompetenzen in der Basisbildung mit Migrant*innen authentisch erarbeiten - netzwerkmika.at
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2018 Digitale Kompetenzen in der Basisbildung mit Migrant*innen authentisch erarbeiten Ein methodisch-didaktischer Ansatz für die lernfeldübergreifende Vermittlung digitaler Kompetenzen „von Anfang an“ netzwerkmika.at
Inhaltliche Leitung Martin Wurzenrainer & Ursula Lummerstorfer | Verein Projekt Integrationshaus Mitarbeit Julia Schindler | Verein Frauen aus allen Ländern Marianne Hammani-Birnstingl & Petra Eyawo-Hauk | Verein Danaida Rubia Salgado | Verein das kollektiv Besonders bedanken möchten wir uns bei den Teilnehmer*innen der beiden Pilotkurse, die zur Ent- wicklung und Erprobung des neuen methodisch-didaktischen Ansatzes und der exemplarischen Materialien im Integrationshaus durchgeführt wurden und bei den Unterrichtenden der Vereine Integrationshaus, Danaida, das kollektiv und Frauen aus allen Ländern für ihre Teilnahme an den Fokusgruppen und ihr hilfreiches Feedback zu den Unterrichtsbeispielen und Arbeitsblättern. Diese Publikation steht auch online zur Verfügung: https://netzwerkmika.at/application/files/4515/2629/0116/Digital_Literacy_in_der_Basisbildung.pdf Diese Ressource steht unter einer CC-BY 4.0 Lizenz. Bei Verwendung geben Sie bitte an: CC-BY 4.0 MIKA Letzter Zugriff auf sämtliche angegebenen Links: 1. Juni 2018 Alle Abbildungen (Fotos) stammen von Lummerstorfer/Wurzenrainer (privat). Impressum Herausgeberschaft Verein Projekt Integrationshaus, Engerthstraße 163, 1020 Wien, Tel.: +43 (1) 2123520, Mail: info@integrationshaus.at, www.integrationshaus.at, ZVR 547408906 Für den Inhalt verantwortlich Andrea Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin Konzept / Gesamtredaktion Martin Wurzenrainer | Ursula Lummerstorfer Gestaltung Rita Obergeschwandner, Graz Druck Druckerei Khil GmbH, Graz Wien, August 2018 2 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
Digitale Kompetenzen in der Basisbildung mit Migrant*innen authentisch erarbeiten Ein methodisch-didaktischer Ansatz für die lernfeldübergreifende Vermittlung digitaler Kompetenzen „von Anfang an“ Diese Publikation wurde im Rahmen der Netzwerkpartnerschaft MIKA vom Verein Projekt Integrationshaus in Kooperation mit den Vereinen Frauen aus allen Ländern, Danaida und das kollektiv erstellt. Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung. DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 3
Inhalt Einleitung 5 Herausforderungen der lernfeldübergreifenden Vermittlung 6 Methodisch-didaktischer Ansatz für die lernfeldübergreifende 7 Vermittlung digitaler Kompetenzen 8 Leitende Unterrichtsprinzipien 11 Aktivitäten 11 Authentische Aktivität in digitaler Umgebung 13 Analytische Aktivitäten in digitaler Umgebung 18 Selbstständige Nutzung der digitalen Umgebungen 18 Arbeit mit einem generierten digitalen Wortschatz als Alltagswortschatz Unterrichtsbeispiele zur lernfeldübergreifenden Vermittlung digitaler 19 Kompetenzen 23 Thema 1: QR-Code nutzen 30 Thema 2: Lernapps 41 Thema 3: Audio- und Videodateien zum Lernen nutzen 49 Thema 4: Video erstellen und bearbeiten 58 Literatur 4 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
Einleitung Diese Publikation ist das Ergebnis der Ausein- • Recherchieren von Fachliteratur und Disku- andersetzung mit dem Thema digital und media tieren der vorhandenen Erfahrungen, Modelle literacy in der Basisbildung mit Migrant*innen und Erkenntnisse zum Themenbereich mit „von Anfang an“, die im Rahmen der Netzwerk- den Projektpartner*innen partnerschaft MIKA von 2015 bis 2018 vom Ver- • Kollegiale Unterrichtsbeobachtung in Maß- ein Projekt Integrationshaus unter Mitarbeit der nahmen bei den Projektpartner*innen Vereine Frauen aus allen Ländern, Danaida und • Diskussion mit erfahrenen Lehrenden in das kollektiv durchgeführt wurde. Ausgangs- Fokusgruppen lage für den Impuls, sich mit dieser Thematik • Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von zu beschäftigen, waren Erfahrungen aus den Unterrichtsmaterialien in zwei Modellkursen eigenen Einrichtungen, Vernetzungen und im Integrationshaus Weiterbildungen. Es gibt zwar vielfältige Erfah- • Durchführung von drei Weiterbildungsmodulen rungen und methodisch-didaktische Zugänge für Basisbildner*innen, in denen diese Ent- zur Vermittlung und Integration von digitalen wicklungen mit Lehrenden unterschiedlicher Kompetenzen im Basisbildungsunterricht, die- Einrichtungen erprobt und diskutiert wurden. ses Wissen ist aber wenig vernetzt. Auch bietet In dieser Publikation werden zunächst jene das von Fördergeber*innenseite vorgelegte Herausforderungen der lernfeldübergrei- offene Curriculum wenig „sichere“ Anhalts- fenden Vermittlung digitaler Kompetenzen punkte für die Einbettung dieses Lernfeldes in beschrieben, die sich im Zuge des Erfahrungs- den Unterricht. Ziel ist, die bestehenden Erfah- austausches und der Fokusgruppen heraus- rungen zusammenzuführen und daraus Mate- kristallisiert haben. Eine immer wiederkehrende rialien zu entwickeln, die einen gemeinsamen Herausforderung ist es, die Lernenden z. B. bei methodisch-didaktischen Ansatz verfolgen und einer Internetrecherche durch die dabei ver- als Grundlage für einen Transfer auf die Inhalte langten (Schrift-)Sprachkompetenzen nicht zu der Lernfelder in der Basisbildung dienen. überfordern, sodass sie sich nicht nur Schritt- Zu Beginn der Auseinandersetzung stellten wir für-Schritt angeleitet durch die Lehrenden in uns auf Grund der Annahme, dass die Vermitt- der digitalen Umgebung bewegen, sondern lung von digitalen Kompetenzen in der Basis- tatsächlich selbstständig handeln und zugleich bildung für Migrant*innen „von Anfang an“ ihre digitalen und ihre (Schrift-)Sprachkompe- möglich ist und sich durch diesen kombinierten tenzen weiterentwickeln. Ansatz digitale und Lese-/Schreibkompeten- Um diese Herausforderungen bewältigen zu zen gegenseitig unterstützend entwickeln können, wurde ein methodisch-didaktischer können, folgende Fragen: Ansatz entwickelt und erprobt, dem leitende • Wie unterstützen bzw. bedingen sich der Unterrichtsprinzipien zu Grunde liegen. Zentral Erwerb von Lese-/Schreibkompetenzen bzw. dafür sind Aktivitäten, welche als Modell die- Sprachkompetenz und digitale Kompetenzen nen, um diese Prinzipien im Unterricht umset- gegenseitig? zen zu können. Wie diese in die Unterrichts- • Wie kann digital und media literacy in der Basis- planung integriert werden können, wird anhand bildung mit Migrant*innen „von Anfang an“ als von vier Unterrichtsbeispielen veranschaulicht. integraler Teil in Kombination mit Sprache Abgerundet wird die Publikation mit Literatur- (DaZ, aber auch im Kontext Mehrsprachigkeit) hinweisen zu Referenzrahmen für digitale und und anderen Lernfeldern unterrichtet werden? Lese-/Schreibkompetenzen, zu methodisch- Wir legten einzelne Projektphasen fest, um didaktischen Modellen sowie zu weiterführen- uns den Antworten auf die Fragen anzunähern: der Literatur. DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 5
KAPITEL 1 Herausforderungen der lernfeldübergreifenden Vermittlung Während der in der Einleitung skizzierten Pro- gration des Lernfelds digitale Kompetenzen in jektphasen zeigte sich bei den kooperierenden den Alphabetisierungsunterricht von Beginn Entwicklungspartner*innen ein Bündel ähn- an stellt Lehrende vor große methodisch-di- licher Herausforderungen, die im Folgenden daktische Herausforderungen. Es ist teilweise zusammengefasst dargestellt sind: stärker von den Kompetenzen und Interessen bzw. den Arbeitsbedingungen (Erstellung von Geforderte Schriftsprachkenntnisse geeignetem Unterrichtsmaterial braucht Zeit!) (und Kenntnisse der Unterrichts- der Lehrenden abhängig, ob und wie digitale Kompetenzen in den Basisbildungsunterricht sprache) integriert werden, als von den Kompetenzen Digitale Geräte und Apps – in weiterer Folge und Bedürfnissen der Lernenden. Allerdings zusammenfassend als „digitale Umgebung“ werden sowohl in den Richtlinien zu Basisbil- bezeichnet - kommunizieren vielfach mit Sym- dungsangeboten als auch im Curriculum für bolen, aber auch auf der Schriftebene, weshalb den erwachsenengerechten Pflichtschulab- deren Aneignung weitgehend den Prinzipien schluss (ePSA) umfassende digitale Kompe- des Schriftspracherwerbs folgt. Wie auch im tenzen inklusive kritischer Medienkompetenz kombinierten Deutsch-als-Zweitsprache- und gefordert. Die Offenheit der Anforderungen Alphabetisierungsunterricht bzw. im Basisbil- und die Tatsache, dass digitale Kompetenzen dungsunterricht mit Migrant*innen generell, im ePSA „nur“ Querschnittmaterie und kein gesellt sich auch im Lernfeld digitale Kompe- Prüfungsfach sind, kann aber auch als Vorteil tenzen die Herausforderung dazu, dass auch betrachtet werden, weil dadurch entsprechend die Unterrichtssprache Deutsch ist. den Prinzipien der Basisbildung besser auf die Es braucht daher eine Herangehensweise bei individuellen Bedürfnisse der Lernenden ein- der Planung des Unterrichts und der Erstellung gegangen werden kann. des verwendeten Materials, die ermöglicht, dass die Lernenden von den verlangten Schrift- Heterogene Vorkenntnisse der Lernenden sprachkenntnissen gefordert, aber nicht über- fordert sind. Erfahrungen aus der Basisbildungsarbeit mit Migrant*innen (siehe beispielsweise auch die Auswertung von Interviews im Rahmen von Offenes Curriculum und umfassende MIKA, Aschemann/Ziermann 2016) zeigen, Anforderungen an das Lernfeld dass die Lernenden besonders hinsichtlich digi- Zum aktuellen Zeitpunkt hat sich noch kein taler Kompetenzen unterschiedliche Vorkennt- „Referenzrahmen“ für digitale Kompetenzen nisse mitbringen, welche sie sich im Umgang in der Basisbildung etabliert, welcher sich mit mit digitalen Umgebungen selbst angeeignet dem für Sprache (Gemeinsamer Europäischer haben bzw. informell oder, was eher selten ist, Referenzrahmen für Sprachen) oder Lese- in einem formellen Unterrichtssetting erwor- und Schreibkompetenzen (beispielsweise das ben haben. Es kann nicht davon ausgegangen Rahmencurriculum. Deutsch als Zweitsprache werden, dass Lernende mit geringen (Schrift-) & Alphabetisierung von Fritz/Faistauer/Ritter/ Sprachkenntnissen auch über wenig digitale Hrubesch 2006) in Verbindung bringen ließe. Kompetenzen verfügen, da gerade diese Ler- Es ist für Lehrende daher besonders schwierig, nenden vielfach digitale Werkzeuge als abzuschätzen, welche digitalen Kompetenzen Unterstützung bei der Bewältigung ihres in welcher Phase des Schriftspracherwerbs Alltags einsetzen. (vgl. Anclin 2013, S. 7f) vermittelt werden können. Vor allem die Inte- Zu unterrichtende Gruppen in der Basisbil- 6 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
dungsarbeit mit Migrant*innen werden in den im Basisbildungsunterricht keine eigenständi- meisten Fällen aufgrund ihrer Lese-/Schreib- gen Handlungen setzen oder zu setzen wagen. kompetenzen sowie ihrer Sprachkompetenzen In diesem Zusammenhang zeigt sich zwar nach im Deutschen gebildet. Bei Clearing- bzw. Ein- unserer Erfahrung, dass es von der Alltagsrele- stufungsverfahren werden zwar vereinzelt auch vanz der im Unterricht eingesetzten digitalen Vorkenntnisse im Lernfeld digitale Kompeten- Geräte und Apps abhängig ist, wie hoch diese zen erhoben, welche dann aber meist keinen Hemmschwelle tatsächlich ist: Einfluss auf die Zusammensetzung der Grup- Selbstständig Neues auszuprobieren fällt den pen haben. Die so gebildeten Gruppen stellen meisten Lernenden an mobilen Geräten und sich daher den Lehrenden im Lernfeld digitale Apps leichter als am Desktop-Computer und Kompetenzen als heterogen dar. in Anwendungen im Office-Bereich. Die Hin- führung der Lernenden zur selbstständigen, Selbstständige Nutzung neuer also nicht durch eine Lehrperson unterstützten Nutzung digitaler Umgebungen, bleibt aber digitaler Umgebungen eine große Herausforderung. Dazu kommt, dass Der Erwerb von digitalen Kompetenzen lebt auch die Lehrenden gefordert sind, immer Neu- vom Ausprobieren unterschiedlicher Lösungs- es auszuprobieren, da digitale Umgebungen wege und kann daran scheitern, dass Lernende bekanntlich stetig im Wandel begriffen sind. KAPITEL 2 Methodisch-didaktischer Ansatz für die lernfeldüber- greifende Vermittlung digitaler Kompetenzen Um die beschriebenen Herausforderungen be- für das Lernfeld digitale Kompetenzen adaptiert wältigen zu können und die integrierte Vermitt- wurden. lung digitaler Kompetenzen im Basisbildungs- Insbesondere bei der Vermittlung von digitalen unterricht zu einem Vorteil gegenüber der von Kompetenzen ist es sinnvoll, im Unterricht von Schriftsprache isolierten Vermittlung werden einer authentischen, also „echten“ Situation zu lassen, wurde in diesem Projekt ein metho- auszugehen, in der die heterogenen mit- disch-didaktischer Ansatz mit modellhaften gebrachten digitalen Kompetenzen der Ler- Unterrichtsaktivitäten entwickelt und erprobt. nenden in ihrer Gesamtheit in den Unterricht Einen Orientierungsrahmen für diesen Ansatz hereingeholt und im Austausch mit der Gruppe bilden die Prinzipien der Basisbildung (Fach- weiterentwickelt werden können. Aus der gruppe Basisbildung 2017) insbesondere die Auseinandersetzung mit der authentischen Prinzipien Kompetenzorientierung, Lerner*in- Situation resultieren analytische, also diese nenzentriertheit und Alltagsrelevanz der digitalen Kompetenzen in einzelne Bestand- Unterrichtsthemen. Die konkrete Ausgestaltung teile zergliedernde Aufgaben, wodurch die des Ansatzes basiert auf dem methodisch-di- individuellen digitalen Kompetenzen weiter- daktischen Ansatz „Fremdsprachenwachstum“ entwickelt werden. Zugleich dient die Abfolge (Buttaroni 1997). Das Fremdsprachenwachstum von authentischen und analytischen Aufgaben wurde für den Sprachunterricht entwickelt, dazu, Wortschatz in seinem Verwendungszu- weswegen die dahinter stehenden Prinzipien sammenhang zu generieren und an den Wör- und zentralen Aktivitäten übernommen, aber tern das (schrift-)sprachliche System weiter zu DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 7
bearbeiten, um auch die (schrift-)sprachlichen im Ausfüllen von Einsetzübungen auf einer Kompetenzen der Lernenden auszubauen. Internetseite statt wie herkömmlich auf einem Arbeitsblatt besteht (vgl. Rösler/Würffel 2010, Im Folgenden werden wichtige Prinzipien, S. 8), dann würde diese Umgebung ihrem ur- die den hier vorgestellten methodisch-di- sprünglichen Zweck — wie z. B. dem Abrufen daktischen Ansatz leiten, zusammengefasst. von Informationen, dem Erstellen von Inhalten Die ersten Prinzipien fußen auf Prinzipien der oder der Kommunikation – entfremdet werden Basisbildung allgemein und auf den Prinzipien und eine Vermittlung von umfassenden digita- des Fremdsprachenwachstums, während die len Kompetenzen, eingebettet in entsprechen- beiden letzten Prinzipien besonders die Her- de alltagsrelevante Handlungen, wäre damit ausforderungen der verschränkten Vermittlung verunmöglicht. von (schrift-)sprachlichen und digitalen Kom- petenzen „von Anfang an“ aufgreifen. Daran Um aber die Hemmschwelle der Lernenden anschließend werden modellhafte Unterrichts- zum ungesteuerten Ausprobieren niedrig zu aktivitäten vorgeschlagen und beschrieben, halten, ist es empfehlenswert, als authentische welche diese Prinzipien aufgreifen und einen Umgebung mobile Geräte und Apps einzu- Verlauf vom authentischen zum analytischen setzen, die eine höhere Usability (also Benut- Arbeiten aufzeigen. zer*innerfreundlichkeit) als Desktopgeräte aufweisen und den allermeisten Lernenden Leitende Unterrichtsprinzipien vertrauter sind, oder überhaupt auf die mitge- brachten Geräte der Lernenden zurückzugrei- Authentische digitale Umgebung fen (nach dem Prinzip „Bring your own device“ – BYOD). Alltagsbezug kann gerade im Unterricht von digitalen Kompetenzen nur hergestellt werden, Im Beispiel „QR-Code nutzen“ (siehe Kapitel wenn es sich um wirkliche, also nicht nach be- Unterrichtsbeispiele) werden Smartphones stimmten Formalkriterien ausgewählte Lern- oder Tablets (auch der Lernenden) und zusätz- inhalte handelt. Die digitale Umgebung, in der lich Apps zum Scannen von QR-Codes einge- sich die Lernenden von Basisbildungskursen setzt. bewegen, besteht aus digitalen Geräten, Be- triebssystemen, Applikationen (Apps) oder Authentische Situationen, Handlungs- Internetseiten, die zumeist nicht speziell für orientierung und Verschränkung der das Lernen konstruiert oder dafür aufbereitet Lernfelder wurden. Genauso wie authentische Lese- und Hörtexte von Anfang an den (Schrift-)Sprach- Die authentische digitale Umgebung, bestehend erwerb in der Basisbildung unterstützen, sollten aus mobilem Gerät und App, kann so in eine auch diese authentischen digitalen Umgebun- alltagsrelevante authentische Situation ein- gen von Anfang an in die Basisbildung integriert gebettet werden, dass sich die unterschiedli- werden. chen Lernfelder (digitale Kompetenzen, Lese-/ Schreibkompetenzen, Sprachkompetenzen) Obwohl diese authentischen digitalen Umge- sinnvoll miteinander verbinden lassen. Die bungen natürlich komplex aufgebaut sind und hinter den getätigten Handlungen stehenden auch sprachlich komplexe Elemente beinhal- Konzepte werden implizit erworben und Hand- ten, darf ein methodisch-didaktischer Ansatz lungskompetenz wird aufgebaut, auch wenn dazu nicht Gefahr laufen, diese Komplexität für noch auf Unterstützung einer Lehrperson den Einsatz im Unterricht zu reduzieren (eine zurückgegriffen wird. Der handlungsorientierte Vereinfachung von digitalen Umgebungen ist Ansatz bietet eine sichere Basis, die frühe Er- anders als bei Lesetexten auf Papier auch gar folgserlebnisse ermöglicht und Selbstwirksam- nicht so einfach möglich) oder gar die natürlich keitsüberzeugung wachsen lässt. komplexe Umgebung in Richtung spezieller Lernapps oder Internetseiten zum Online-Ler- Im Beispiel „QR-Code nutzen“ soll den Lernen- nen zu verlassen. den der Umgang mit QR-Codes, also abstrakt Wenn nämlich, überspitzt formuliert, der Mehr- formuliert das „Abrufen digitaler Inhalte via wert der digitalen Umgebungen im Unterricht QR-Code“, als eine digitale Kompetenz vermit- 8 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
telt werden. Ausgehend von der Annahme, dass ßen“ oder „Analytisches Absuchen“ folgen, die Lernenden in ihrem Alltag zunehmend auf denn die Bedeutung einer digitalen Umgebung Rechnungen, Werbeprospekte, Produktverpa- muss zuerst von den Lernenden in einem au- ckungen oder auch auf Informationsbroschü- thentischen Handlungszusammenhang global ren treffen, die mit digitalen Inhalten, welche verstanden worden sein, um dann genauer auf via QRCode abgerufen werden können, ange- ihre Form eingehen zu können. Auch in dieser reichert sind, werden eben diese authentischen Phase ist ein klarer Ablauf vorteilhaft, wobei Materialien in den Unterricht hereingeholt. die Anforderungen hinsichtlich Selbstständig- Diese Materialien stellen zusammen mit den keit in der Nutzung während der Aktivitäten digitalen Geräten und entsprechenden Apps Rekonstruktion, Lücken Schließen und Analy- (QR-Code-Reader, QR-Code-Reader im tisch Absuchen ansteigen. So werden im Bei- Browser) eine authentische digitale Umgebung spiel „QR-Code nutzen“ während der Aktivität im Unterricht dar, in der die Lernenden für sie „Rekonstruktion“ die Schritte vom Auffinden relevante Handlungen setzen und Handlungs- einer passenden App am Tablet bis zum Ab- kompetenz für ihren Alltag aufbauen können. rufen digitaler Inhalte rekonstruiert, wohinge- gen bei der Aktivität „Analytisches Absuchen“ Kleinschrittiger methodischer Ablauf bereits auf unterschiedlichen fremden Geräten vom globalen Verstehen und erster sowie auf dem eigenen Gerät eine App zum Scannen von QR-Codes gefunden und selbst- Handlungskompetenz zu Fokus auf ständig verwendet werden soll. Es ist Aufgabe Form und Transfer der Lehrenden, basierend auf den Beobach- Um die Lernenden in ihrer Auseinandersetzung tungen aus der authentischen Aktivität, die für mit einer digitalen Umgebung so zu fördern, die Lernenden passende analytische Aktivität dass sie nicht nur eine erste Handlungskompe- auszuwählen. So kann zum Beispiel die Aktivität tenz aufbauen, sondern diese Handlungskom- „Rekonstruktion“ übersprungen werden, wenn petenz auch in ihren Alltag transferieren die Lernenden bei der authentischen Ausein- können und letztendlich eine gewisse Selbst- andersetzung schon kompetent und ständigkeit in der Nutzung einfacher digitaler selbstständig agieren. Umgebungen erlangen, bedarf es mehrerer Aktivitäten im und auch außerhalb des Unter- Zurückgreifen auf mitgebrachte Kom- richts. Die unterschiedlichen Ziele der Aktivitä- petenzen und die Gruppe der Lernen- ten werden durch bestimmte Aufgabenstellun- den als Erwerbsressource (Lernende gen, einhergehend mit einem entsprechenden Verhalten der Lehrenden, angestrebt. werden zu Lehrenden) Während der „authentischen Aktivität“ kommt Im Unterrichtsverlauf steht zu Beginn immer den mitgebrachten Kompetenzen einzelner eine „authentische Aktivität“, die authentische und der gesamten Gruppe in ihrer Interaktion digitale Umgebungen und die damit verbun- eine tragende Rolle zu, wobei Anfänger*innen denen Vorkenntnisse der Lernenden miteinbe- vom Wissen versierterer Kolleg*innen profitie- zieht. Ziel dieser ersten Aktivität ist das globale ren und diese dennoch nicht unterfordert sind. Verständnis der authentischen digitalen Umge- Aufgabe der Lehrenden ist es hier, zu mode- bung. Wie der Umgang mit einem Lesetext auf rieren, aber möglichst nicht einzugreifen. Das globales Verständnis abzielen kann, indem die konsequente sich Zurücknehmen der Lehren- Aufmerksamkeit der Lesenden auf verstandene den und das Vertrauen auf die Fähigkeiten der und verständnisrelevante Informationen ge- Einzelnen und der Gruppe in ihrer Interaktion lenkt wird, kann auch in authentischen digitalen erfordert ein Heraustreten der Lehrenden aus Umgebungen das globale Verstehen einer App ihrer gewohnten Rolle, ermöglicht aber auch das erste Lernziel sein. Die Lernenden sollen ein Lernen voneinander, was insbesondere im eine Vorstellung davon bekommen, wofür bei- sich ständig verändernden bzw. weiterentwi- spielsweise eine App wie ein „QR-Code-Rea- ckelnden Lernfeld der digitalen Kompetenzen der“ verwendet werden kann. für die Lehrenden auch eine Entlastung darstel- Erst aufbauend darauf können die analytischen len kann. Im Beispiel „QR-Code nutzen“ ist es Aktivitäten „Rekonstruktion“, „Lücken Schlie- wichtig, darauf zu vertrauen, dass einzelne Ler- DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 9
nende aus der Gruppe schon „QR-Codes“ oder anderen Wörtern, die Tätigkeiten beschreiben, den Vorgang des „Scannens“ in ihrem Alltag wie z. B. „lesen“, ist „scannen“ ebenfalls ein für wahrgenommen haben und daher die Gruppe die Lernenden bedeutsames Wort, das ihrem der Lernenden im Austausch untereinander Alltagswortschatz zugeordnet werden kann eine Möglichkeit findet, selbst einen QR-Code und nicht als „Fachwortschatz“ für spätere mit einer entsprechenden App zu scannen. Lernphasen aufgehoben werden muss. Die generativen Wörter können mit vielfältigen Me- Generativer digitaler Wortschatz als All- thoden der Alphabetisierung weiterbearbeitet tagswortschatz werden. Sie können beispielsweise zur Ana- lyse einzelner Phoneme und deren Position im In authentischen Unterrichtssequenzen wer- Wort oder zur Arbeit mit Silben herangezogen den digitale Umgebungen in einem Hand- werden. lungszusammenhang erarbeitet, was bedeu- tet, dass sie auch auf der sprachlichen Ebene Zyklische Progression von ersten Er- global verstanden werden. Während bei- spielsweise bei Lesetexten der Fokus in erster folgserlebnissen zu selbstständiger Linie auf sprachlichen Elementen liegt und Nutzung nur vereinzelt bestimmte formale Merkmale Ein entscheidender Vorteil eines Unterrichts, (wie Überschriften, Absätze, Formatierungen) der authentische Aktivitäten an den Beginn oder eingefügte Bilder und Illustrationen das setzt, ist das frühe Erfolgserlebnis, das die globale Textverständnis unterstützen können, Lernenden für sich verbuchen können, in- sind digitale Umgebungen meist stärker visuell dem sie das Gefühl bekommen, eine digitale aufbereitet und bedienen sich zusätzlich zu Umgebung grob verstanden zu haben. Durch schriftsprachlich realisierten Befehlen auch die analytischen Aktivitäten und das Er- und Symbolen, um eine hohe Usability zu gewähr- Bearbeiten von generativem Wortschatz wird leisten. auf die Form digitaler Umgebungen genauer Bei der Analyse der Form digitaler Umgebungen eingegangen und dadurch in weiterer Folge ein während der analytischen Aktivitäten kann also Verständnis für weniger vertraute oder neue auf symbolischer Ebene gearbeitet werden. Es digitale Umgebungen aufgebaut. können aber auch die schriftlich realisierten Der Übergang zur selbstständigen Nutzung Befehle der digitalen Umgebung miteinbe- digitaler Umgebungen ist jedoch ein längerer zogen und von den Lernenden wie Symbole Prozess und erfordert eine zyklische Progres- gelesen und memoriert werden. Die Lernen- sion über den gesamten Unterrichtsverlauf. den, die sich am Beginn des Schriftsprach- Der Weg von einer authentischen Aktivität zur erwerbsprozesses befinden, greifen dabei auf letzten analytischen Aktivität verläuft nicht li- die logographemische Strategie zurück. Dieses near und ist mit der letzten analytischen Aktivi- logographemische Erarbeiten kann aber auch tät auch nicht abgeschlossen. Eine bestimmte bereits von (beginnendem) alphabetischem digitale Umgebung wird stattdessen in unter- Lesen begleitet werden. Zusätzlich können die schiedlichen thematischen Kontexten immer schriftsprachlichen Elemente für den weiteren wieder in den Unterricht einbezogen, wobei bei Schriftspracherwerb als generative Wörter ge- deren Nutzung je nach Bedarf von den Leh- nutzt und bearbeitet werden. Durch die damit renden weiterhin Unterstützung angeboten erzielte Weiterentwicklung der Schriftsprach- werden kann. Die Lernenden werden zudem kompetenzen wird in weiterer Folge wiederum immer wieder dazu angeregt, diese digitale die selbstständige Nutzung digitaler Umge- Umgebung auch außerhalb des Unterrichts zu bungen durch die Lernenden unterstützt. nutzen und die erworbenen Kompetenzen Im Beispiel „QR-Code nutzen“ ergibt sich in ihren Alltag zu transferieren. Um diesen „scannen“ als ein Schlüsselwort, welches nach Transfer zurück in den Alltag zu erleichtern, dem emanzipatorischen Ansatz von Paulo Frei- können sich die Lernenden bei Bedarf von ihren re (vgl. Boulanger 2001) als generatives Wort Lernunterlagen inklusive Anleitungsvideos im Schriftspracherwerb genutzt wird. Neben Unterstützung holen. 10 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
Die vorgestellten Beispiele (siehe Kapitel erstrecken, wobei sowohl zwischen den Einhei- Unterrichtsbeispiele) bestehen nach dieser ten als auch den Teilen Zeit vergehen kann bzw. zyklischen Progression aus zwei Teilen, die sich muss. Zusätzlich gibt es auch Anregungen zur wiederum auf mehrere Unterrichtseinheiten selbstständigen Weiterarbeit. KAPITEL 3 Aktivitäten Basierend auf den leitenden Prinzipien wurden Authentische Aktivität im Projekt folgende modellhafte Unterrichtsak- tivitäten entwickelt, die zentral für den metho- in digitaler Umgebung disch-didaktischen Ansatz zur lernfeldübergrei- fenden Vermittlung digitaler Kompetenzen Wie bereits zuvor als eine Herausforderung be- in der Basisbildung sind. Angelehnt an das schrieben, bringen TN von Basisbildungskursen Fremdsprachenwachstum (Buttaroni 1997) fol- sehr unterschiedliche digitale Kompetenzen gen die Aktivitäten einem Verlauf vom authen- mit. Um diese individuellen Ressourcen im tischen zum analytischen Arbeiten. Der Ablauf Unterricht aufzugreifen und eine authentische der Aktivitäten in sich, welcher einem genauen Herangehensweise an die authentische digitale Schema folgt, sowie die Bezeichnung der Akti- Umgebung zu fördern, wird den TN zuerst eine vitäten, sind ebenfalls an diesen Ansatz ange- ausreichend eingegrenzte digitale Umgebung lehnt. Anhand von vier Beispielen (siehe Kapitel (ein digitales Gerät, eine App, eine Internetseite Unterrichtsbeispiele) werden diese Aktivitäten etc.) zusammen mit einer möglichst offenen in einen themenbezogenen Unterrichtszusam- und wenig strukturierten Aufgabenstellung an- menhang eingebettet veranschaulicht. geboten. Hinweis: In weiterer Folge werden zur Verein- fachung der Lesbarkeit die Begriffe Lernende und Lehrende durchgehend als Lernende = TN und Lehrende = KL abgekürzt. Für die Umsetzung im Unterricht wird folgender Ablauf vorgeschlagen: Authentische Aktivität in digitaler Umgebung Schematischer Ablauf • Individuelle Auseinandersetzung mit der authentischen digitalen Umgebung • Informationsaustausch in Kleingruppen • Individuelle Auseinandersetzung mit der authentischen digitalen Umgebung und Fokus auf nicht Verstandenes • Informationsaustausch in Kleingruppen in anderer Zusammensetzung und Fokus auf nicht Verstandenes • Informationsaustausch im Plenum (KL als „lebendes Wörterbuch“) • Abschließende individuelle Auseinandersetzung mit der authentischen digitalen Umgebung DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 11
Individuelle Auseinandersetzung mit Die Aufgabe kann beispielsweise lauten, dass der authentischen digitalen Umgebung pro Kleingruppe ein Symbol oder Befehl erfragt werden kann. Damit wird sichergestellt, dass Zuerst setzen sich die TN individuell mit der beim „lebenden Wörterbuch“ von KL wirklich digitalen Umgebung auseinander. Dafür soll nur die Informationen geklärt werden, die die der zeitliche Rahmen so eng gesteckt sein, TN nicht in den Austauschphasen untereinan- dass die TN zwar ausreichend Möglichkeit zum der klären konnten. Ausprobieren haben, sich aber nicht zu sehr im Versuch verlieren, die Umgebung detailliert zu Rolle der KL verstehen und das Ziel des globalen Verstehens aus den Augen verlieren. Wichtig ist, dass KL in die individuelle Aus- einandersetzung mit der digitalen Umgebung Informationsaustausch und in die Phasen des Informationsaustausches möglichst wenig steuernd oder unterstützend Neben der individuellen Auseinandersetzung eingreift. Hauptsächlich besteht die Aufgabe mit der digitalen Umgebung und dem Zurück- von KL bei der gesamten authentischen Aktivi- greifen auf die Vorkenntnisse der Einzelnen tät darin, die individuelle und gemeinsame soll durch die nächste Phase der authentischen Auseinandersetzung der TN mit der digitalen Aktivität der Austausch der TN untereinander Umgebung genau zu beobachten. Anhand der gefördert werden, sodass die mitgebrachten Beobachtungen soll festgestellt werden, wel- digitalen und sprachlichen Kompetenzen der che verständnisrelevanten Schwierigkeiten die gesamten Gruppe als Ressource zur Verfügung Umgebungen aufweisen, um darauf aufbauend gestellt werden. Der erste Austausch der TN passende analytische Aktivitäten planen zu untereinander kann, sofern die Gruppenzu- können. KL beobachtet während der authenti- sammensetzung dies ermöglicht, auch in der schen Aktivität auch, welche Begriffe die TN für Erstsprache der TN oder in einer Lingua franca die Bezeichnung einzelner Befehle, Symbole erfolgen. oder Arbeitsschritte bereits verwenden, um diese ebenfalls in den analytischen Aktivitäten Weitere Phasen von individueller aufgreifen zu können. Auseinandersetzung und Informa- tionsaustausch sowie Ziel der authentischen Aktivität Informationsaustausch im Plenum Ziel ist das globale Verstehen einer digitalen Umgebung, also beispielsweise eine grobe („lebendes Wörterbuch“) Vorstellung davon zu bekommen, wozu eine Je nach Bedarf folgen weitere Phasen der in- App verwendet werden kann. Nach der authen- dividuellen Auseinandersetzung mit der digi- tischen Aktivität kann von den TN nicht erwar- talen Umgebung sowie des Austausches der tet werden, dass sie bereits selbstständig die TN untereinander. In diesen Austauschphasen digitale Umgebung nutzen können oder selbst- kann die Gruppenzusammensetzung geändert ständig digitale Inhalte erstellen können. Auf- werden, sodass beispielsweise vom ersten Aus- gabe von KL ist es daher auch, den TN diesen tausch in den Erstsprachen zu einem Austausch Druck zu nehmen, indem der authentischen auf Deutsch übergegangen wird. Es kann bei Aktivität bewusst ausreichend Zeit eingeräumt Bedarf nach der zweiten Austauschphase an- wird. Ein Übergang von der authentischen Akti- geboten werden, das Verständnis bestimmter vität in digitaler Umgebung zu einer selbststän- als relevant empfundener Informationen im digen Nutzung der Umgebung ist ein längerer Plenum, also durch KL, zu klären. Dieses Prozess und erfordert viele Zwischenschritte Angebot muss vor der zweiten Austauschphase (siehe zyklische Progression). gesetzt und entsprechend eingegrenzt werden. 12 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
QR-CODE NUTZEN TEIL 1 Im Beispiel „QR-Code nutzen — Teil 1“ werden Smartphones oder Tablets (auch der Lernenden) und zusätzlich Apps zum Scannen eines QR-Codes eingesetzt. Dazu werden von KL verschiedene Materialen wie Rechnungen, Werbeprospekte, Produktverpackungen oder Informationsbroschüren, welche QR-Codes enthalten, in den Unterricht mitgebracht. Die Auf- gabenstellung besteht darin, herauszufinden, worum es sich bei den QR-Codes handelt und was man damit zusammen mit den Tablets machen kann. Durch die Offenheit der Auf- gabenstellung haben die TN dann die Möglichkeit, die digita- le Umgebung „auszuprobieren”, ihre vorhandenen digitalen und sprachlichen Kenntnisse zu aktivieren, oder sich bereits implizit, also beim Tun, neue Kenntnisse über die digitale Umgebung anzueignen. Analytische Aktivitäten in digitaler Umgebung Wie bereits beschrieben, ist die Voraussetzung Absuchen ansteigen. Es ist Aufgabe von KL, für die Durchführung analytischer Aktivitäten basierend auf den Beobachtungen aus der immer die authentische Aktivität, denn die authentischen Aktivität, die für die TN passen- Bedeutung einer digitalen Umgebung muss de analytische Aktivität auszuwählen. So kann zuerst von den TN in einem authentischen zum Beispiel die Aktivität Rekonstruktion über- Handlungszusammenhang global verstanden sprungen werden, wenn die TN bei der authen- worden sein, um dann genauer auf ihre Form- tischen Auseinandersetzung schon kompetent eingehen zu können. Der Übergang von der und selbstständig agieren. authentischen zu analytischen Aktivitäten soll nicht unmittelbar erfolgen, sondern erst nach ANALYTISCHE AKTIVITÄT: REKONSTRUK- einem gewissen zeitlichen Abstand, d.h. es wird TION DER DIGITALEN UMGEBUNG damit zumindest bis zur nächsten Unterrichts- einheit gewartet. Bei dieser Aktivität sollen die TN einen bereits Im Folgenden werden drei unterschiedliche grob verstandenen Arbeitsablauf aus der analytische Aktivitäten vorgestellt, wobei die authentischen Auseinandersetzung aus sei- Anforderungen hinsichtlich Selbstständigkeit nen einzelnen Arbeitsschritten zusammen- in der Nutzung der digitalen Umgebung von fügen, also rekonstruieren. Dazu können diese der Aktivität Rekonstruktion über die Aktivität Arbeitsschritte durch KL in Form von Bildern Lücken Schließen bis zur Aktivität Analytisches aufbereitet werden. Für die Umsetzung im Unterricht wird folgender Ablauf vorgeschlagen: Analytische Aktivität: Rekonstruktion der digitalen Umgebung Schematischer Ablauf • Individuelle Rekonstruktion der Arbeitsschritte in der digitalen Umgebung • Informationsaustausch in Kleingruppen • Individuelle Rekonstruktion der Arbeitsschritte in der digitalen Umgebung • Informationsaustausch in Kleingruppen in anderer Zusammensetzung • Rekonstruktion im Plenum und Wiederholen der Arbeitsschritte am Gerät • Klären von offenen Fragen DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 13
Individuelle Rekonstruktion der Arbeits- Spracherwerb auch gemeinsam benannt. schritte in der digitalen Umgebung Die sortierten Abbildungen der Arbeitsschrit- te können dabei auf ein offenes Arbeitsblatt Die TN versuchen individuell aus dem Gedächt- geklebt und je nach den Zielen im (Schrift-) nis ein Puzzle von Abbildungen der einzelnen Spracherwerb auch beschriftet werden. In Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge jedem Fall sollen die Begriffe aufgegriffen zusammenzusetzen. werden, die die TN bereits selbst während des Informationsaustausches verwendet haben. Informationsaustausch In Kleingruppen vergleichen die TN ihr Ergeb- Rolle der KL nis untereinander und können sich über die Genauso wie bei der authentischen Aktivität Korrektheit der Abfolge, aber auch über mög- nimmt sich KL bei dieser Aktivität zurück und liche alternative Lösungswege austauschen. gibt den TN die Möglichkeit, ihre individuellen Auch in dieser Phase hat KL nur beobachtende Vorkenntnisse und die bei der authentischen Funktion. Aktivität aktivierten oder erworbenen Kompe- tenzen zielgerichtet anzuwenden. Weitere Phasen von individueller Re- konstruktion und Informationsaus- Ziel der analytischen Aktivität: tausch sowie Rekonstruktion im Plenum Rekonstruktion und Klären von offenen Fragen Ziel ist die neuerliche intensive, aber von KL Je nach Anzahl und Komplexität der einzelnen stärker gelenkte Beschäftigung mit einer digita- Arbeitsschritte bedarf es einer zweiten Runde len Umgebung, ein tieferes Verständnis für die von individueller Rekonstruktion und Aus- einzelnen Schritte und den gesamten Ablauf, tausch in Kleingruppen. Zuletzt werden die das Memorieren des Ablaufs und das Bewusst- Arbeitsschritte im Plenum besprochen, auf dem sein darüber, dass es Varianten im Ablauf, also Gerät (wenn möglich mittels Projektion) ge- unterschiedliche mögliche Lösungswege, gibt. zeigt und, abhängig von den Zielen im (Schrift-) QR-CODE NUTZEN TEIL 2 Im Beispiel „QR-Code nutzen — Teil 2“ werden die Arbeits- schritte, die für das Scannen mit einem QR-Code-Reader auf einem Tablet notwendig sind, rekonstruiert. Dabei werden Bil- der (Screenshots) ausgeschnitten, sortiert und anschließend auf das Arbeitsblatt geklebt und beschriftet. ANALYTISCHE AKTIVITÄT: und Symbole) der aus den vorangegangenen LÜCKEN SCHLIESSEN IN Aktivitäten vertrauten digitalen Umgebung gelenkt. Dazu erhalten die TN ein Arbeitsblatt, DIGITALER UMGEBUNG auf dem verschiedene bereits durchlaufene Arbeitsschritte als Bilder dargestellt sind, wobei Bei dieser Aktivität wird die Aufmerksamkeit jedoch die anwendungsspezifischen Schlüssel- der TN gezielt auf die Form (einzelne Befehle symbole ausgeschnitten wurden. 14 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
Diese „Lücken“ sind von den TN durch eine intensive Auseinandersetzung mit der digitalen Umgebung zu schließen. Für die Umsetzung im Unterricht wird folgender Ablauf vorgeschlagen: Analytische Aktivität: Lücken Schließen in digitaler Umgebung Schematischer Ablauf • Individuelles Lücken Schließen in der digitalen Umgebung mit Fokus auf Form (Symbole, Befehle) • Informationsaustausch in Kleingruppen • Individuelles Lücken Schließen in der digitalen Umgebung mit Fokus auf Form (Symbole, Befehle) • Informationsaustausch in Kleingruppen in anderer Zusammensetzung • Lücken Schließen im Plenum und Vorzeigen der Symbole und Befehle am Gerät • Klären von offenen Fragen Individuelles Lücken Schließen in der Abhängig von der Komplexität und Länge digitalen Umgebung mit Fokus auf Form der Aufgabe bzw. den Kompetenzen der TN bedarf es weiterer Phasen der individuellen (Symbole, Befehle) Auseinandersetzung oder des Austausches in Die TN erhalten ein Arbeitsblatt, auf dem Kleingruppen. Bei einem weiteren Austausch in wichtige Arbeitsschritte aus der authentischen Kleingruppen ist auf eine neue Gruppenzusam- beziehungsweise von anderen vorangegange- mensetzung, eventuell nach Erstsprachen der nen Aktivitäten abgebildet sind (z. B. Starten TN, zu achten. Abschließend werden im Ple- der App QR-Code-Reader und Scannen eines num die noch fehlenden Lücken ergänzt und QR-Codes). Aus den Abbildungen wurden je- die Befehle bzw. Symbole benannt. Zusätzlich doch umgebungsspezifische Schlüsselsymbole können die Befehle bzw. Symbole auch auf dem herausgeschnitten. Die TN versuchen diese Arbeitsblatt beschriftet werden. vorhandenen Lücken durch eine intensive indi- viduelle Auseinandersetzung mit der digitalen Rolle der KL Umgebung zu schließen. Auch bei dieser Aktivität zieht sich KL zurück und lässt den TN ausreichend Raum, ihre er- Informationsaustausch worbenen Kompetenzen anzuwenden. KL kann In Kleingruppen vergleichen die TN die Er- jedoch unterstützend eingreifen, wenn sich z.B. gebnisse auf ihrem Arbeitsblatt untereinander, die TN auf den Arbeitsoberflächen, die sie nach abweichende Ergebnisse können sie durch Symbolen absuchen sollen, „verirren“. eine gemeinsame Auseinandersetzung mit der digitalen Umgebung klären. Ziel der analytischen Aktivität: Lücken Schließen Weitere Phasen von individuellem Ziel der Aktivität ist die fokussierte Auseinan- Lücken Schließen und Informationsaus- dersetzung auf der Symbolebene einer App tausch sowie Lücken Schließen im Ple- und deren zunehmende selbstständige Nut- num und Klären von offenen Fragen zung. DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 15
LERNAPPS TEIL 2 Im Beispiel „Lernapps — Teil 2“ versuchen die TN die Lücken auf dem Arbeitsblatt, die für lernappspezifische Symbole bzw. Befehle wie „Kontrolle“ oder „weiter“ stehen, durch die Ausei- nandersetzung mit einer Lernapp am Tablet zu schließen. Zu- sätzlich werden die Symbole auf dem Arbeitsblatt beschriftet. ANALYTISCHE AKTIVITÄT: aus dem Unterricht noch nicht vertrauten Um- ANALYTISCHES ABSUCHEN DER gebungen. Mit vergleichbaren digitalen Um- gebungen sind beispielsweise Apps gemeint, DIGITALEN UMGEBUNG die ähnlich komplex aufgebaut sind und dem Bei dieser Aktivität wird die Aufmerksamkeit gleichen Zweck dienen (z. B. Apps zum Erstel- der TN wiederum gezielt auf die Form (Befehle len von bearbeiteten Videos …). Beim Analyti- und Symbole) der aus den vorangegangenen schen Absuchen versuchen die TN also einen Aktivitäten vertrauten digitalen Umgebung ersten Transfer ihrer erworbenen digitalen gelenkt. Es handelt sich hierbei in erster Linie Kompetenzen auf noch nicht vertraute digitale um Befehle und Symbole, die nicht nur für Umgebungen, um in weiterer Folge eine zu- eine selbstständige Nutzung dieser vertrauten nehmende Selbstständigkeit in der Anwendung Umgebung wichtig sind, sondern auch für die der digitalen Kompetenzen zu erlangen. Nutzung anderer, vergleichbarer, aber den TN Für die Umsetzung im Unterricht wird folgender Ablauf vorgeschlagen: Analytische Aktivität: Analytisches Absuchen der digitalen Umgebung Schematischer Ablauf • Individuelles Analytisches Absuchen unterschiedlicher digitaler Umgebungen mit Fokus auf Form (Symbole, Befehle) • Informationsaustausch in Kleingruppen • Individuelles Analytisches Absuchen unterschiedlicher digitaler Umgebungen mit Fokus auf Form (Symbole, Befehle) • Informationsaustausch in Kleingruppen in anderer Zusammensetzung • Analytisches Absuchen im Plenum und Vorzeigen der Symbole und Befehle an den Geräten • Klären von offenen Fragen 16 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
Individuelles Analytisches Absuchen einandersetzung oder des Austausches unterschiedlicher digitaler Umgebungen in Kleingruppen, wobei bei einem weiteren Austausch in Kleingruppen auf eine neue Die TN erhalten die Aufgabe, aus dem Unter- Gruppenzusammensetzung, eventuell nach richt noch nicht vertraute digitale Umgebungen Erstsprachen der TN, zu achten ist. Abschlie- nach bereits bekannten Symbolen und Befeh- ßend werden gemeinsam mit Unterstützung len abzusuchen. Die Aufgabenstellung kann durch KL die Befehle bzw. Symbole gezeigt mündlich erfolgen, jedoch durch ein Arbeits- und benannt. blatt unterstützt werden. Das erste Analytische Absuchen erfolgt individuell. Abhängig von der Rolle der KL Anzahl der verfügbaren digitalen Umgebungen/ Geräte kann auch mit einem Analytischen Ab- Auch bei dieser Aktivität zieht sich KL zurück suchen in Kleingruppen begonnen werden. und lässt den TN ausreichend Raum, ihre er- worbenen Kompetenzen anzuwenden. KL kann Informationsaustausch jedoch unterstützend eingreifen, wenn sich z.B. die TN auf den Arbeitsoberflächen, die sie nach In Kleingruppen vergleichen die TN ihr Sucher- Symbolen absuchen sollen, „verirren“. gebnis bzw. unterstützen sich gegenseitig dabei, die gesuchten Symbole oder Befehle zu finden. Ziel der analytischen Aktivität: Analyti- sches Absuchen Weitere Phasen von individuellem Ana- lytischem Absuchen und Informations- Ziel der Aktivität ist die fokussierte Auseinan- dersetzung mit der Symbolebene einer vertrau- austausch sowie Analytisches Absuchen ten digitalen Umgebung und deren selbststän- im Plenum und Klären von offenen Fra- dige Nutzung sowie der Transfer der digitalen gen Kompetenzen auf vergleichbare, noch nicht Abhängig von der Komplexität der digitalen vertraute Umgebungen und deren beginnende Umgebungen bzw. den Kompetenzen der TN selbstständige Nutzung, mit Unterstützung bei bedarf es weiterer Phasen der individuellen Aus- Bedarf. VIDEO ERSTELLEN UND BEARBEITEN TEIL 1 S. 17_Symbolfoto.docx (Aufg a b enstellung m ünd lic h od er sc hriftlic h) Im Beispiel „Video erstellen und bearbeiten — Teil 1“ suchen die Suchen Sie in Ihrer Umgebung verschiedene Automaten Suc hen Sie in Ihrer Um g eb ung versc–hied ene Autom a ten – TN unterschiedliche Automaten, wie z.B. einen Kaffeeauto- z.B. z.B. KaKaffeeautomat, Getränkeautomat, ffeea utom a t, Geträ nkea utom a t, maten und einen Getränkeautomaten nach dem Symbol bzw. Zig a rettena utom a t etc . Zigarettenautomat etc. Befehl für „Anzahl“ und „bezahlen“ ab. Die Aufgabenstellung erhalten sie in Form eines Arbeitsblatts, das auch mündlich er- läutert wird. Wo können Sie die Anzahl auswählen? Wo können Sie d ie Anza hl a usw ä hlen? Wo können Sie bezahlen? Wo können Sie b eza hlen? DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 17
Selbstständige Nutzung der digitalen Umgebungen Gemäß dem leitenden Unterrichtsprinzip der während der analytischen Aktivitäten be- zyklischen Progression werden für den weiteren arbeitet wurden, noch einmal herangezogen, Unterrichtsverlauf Aktivitäten empfohlen, die es beispielsweise das Arbeitsblatt aus der ana- den TN ermöglichen, die erarbeiteten digitalen lytischen Aktivität Rekonstruktion, auf dem Kompetenzen für individuelle Ziele selbstständig wichtige Arbeitsschritte abgebildet (und be- zu verwenden. Dabei ist gemeint, dass der erste schriftet) sind. Zusätzlich können, basierend auf Transfer der digitalen Kompetenzen auf weniger den bestehenden Lernunterlagen und ergänzt vertraute Umgebungen, der bei der Aktivität durch die Erläuterungen von KL aus den ple- Analytisches Absuchen erfolgt, auf die Nutzung naren Austauschphasen der vorangegangenen in neuen thematischen Kontexten im Unterricht Aktivitäten, Anleitungsvideos erstellt und den oder auch außerhalb des Unterrichts ausgewei- TN für die selbstständige Nutzung digitaler tet wird, um somit die erworbenen Kompetenzen Umgebungen als Unterstützung bereitgestellt auch in den Alltag der TN zu transferieren. werden. Zu diesem Ziel werden die Lernunterlagen, die LERNAPPS TEIL 2 Im Beispiel „Lernapps — Teil 2“ können sich die TN mit Hilfe des Arbeitsblatts zur Aktivität Rekonstruktion und eines An- leitungsvideos (via QR-Code auf dem Arbeitsblatt abrufbar) selbstständig bei der Lernplattform learningapps.org anmel- den. Arbeit mit einem generierten digitalen Wortschatz als All- tagswortschatz Bei der Analyse der Form digitaler Umgebungen Prozess der Alphabetisierung herangezogen (Befehle, Symbole) können die dabei genann- werden. Die Weiterbearbeitung der Wörter ten Begriffe für Arbeitsschritte auch auf den erfolgt mit vielfältigen Methoden der Alpha- Arbeitsblättern für Rekonstruktion oder Lücken betisierung (siehe Beispiel) . Durch die damit Schließen verschriftlicht werden (z. B. Begriffe erzielte Weiterentwicklung der Schriftsprach- wie „öffnen“, „scannen“, „starten“, „speichern“, kompetenzen wird in weiterer Folge wiederum …). Diese Begriffe sind Wörter, die in den Alltags- die selbstständige Nutzung digitaler Umgebun- wortschatz der TN Eingang gefunden haben und gen durch die Lernenden unterstützt. somit als bedeutsame, generative Wörter für den 18 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
QR-CODE NUTZEN TEIL 2 Im Beispiel „QR-Code nutzen — Teil 2“ wird mit einem Teil des generierten Wortschatzes weitergearbeitet, der sich sowohl aus jenen Wörtern zusammensetzt, die für die Benennung einzelner Arbeitsschritte bei der Nutzung der App QR-Code- Reader gesammelt wurden als auch aus anderen Wörtern aus dem (Kurs-)Alltag. In diesem Fall dienen Wörter wie „scannen“ oder „lesen“ als Lernwörter mit dem Graphem . Bilder werden Wörtern zu- geordnet, dann auf ein Arbeitsblatt geklebt und beschriftet, wird markiert. KAPITEL 4 Unterrichtsbeispiele zur lernfeldübergreifenden Vermittlung digitaler Kompetenzen In diesem Kapitel werden vier Unterrichts- dig bei dieser Plattform anmelden können. beispiele vorgestellt: „Audio- und Videodateien zum Lernen nutzen“ · QR-Code nutzen Teil 1 und 2 zielt auf das selbstständige Abrufen und Er- · Lernapps Teil 1 und 2 stellen digitaler Inhalte in Form von Audio- und · Audio- und Videodateien zum Lernen nutzen Videodateien ab, während „Video erstellen und Teil 1 und 2 bearbeiten“ das selbstständige Erstellen und · Video erstellen und bearbeiten Teil 1 und 2 Bearbeiten einfacher Videos zum Ziel hat. Alle vier Beispiele sind so angelegt, dass sie Wie und wann können die Beispiele im von Anfang an im Unterricht eingesetzt wer- Unterricht eingesetzt werden? den können, auch wenn die Lernenden – was ohnehin selten ist - noch über keine oder sehr Diese Unterrichtsbeispiele wurden nach jenen geringe digitale Kompetenzen verfügen. Das digitalen Kompetenzen benannt, die dabei erste Unterrichtsbeispiel „QR-Code nutzen“ ist jeweils im Fokus stehen, obwohl durch das lern- dabei jedoch Voraussetzung für die Durchfüh- feldverschränkende Unterrichtsprinzip diese rung der anderen Beispiele, da die Kompetenz, Kompetenzen in den gesamten Basisbildungs- digitale Inhalte über einen QR-Code abrufen zu unterricht eingebettet sind. können, während der weiteren Beispiele wieder Zu den digitalen Kompetenzen: Das Unter- gebraucht wird, beispielsweise damit die Ler- richtsbeispiel „QR-Code nutzen“ behandelt das nenden Anleitungsvideos nutzen können. Lernziel, digitale Inhalte über einen QR-Code Zugleich zeigen die vier Unterrichtsbeispiele abrufen zu können. Das Beispiel „Lernapps“ aber auch, wie digitale Kompetenzen in der hat zum Ziel, dass die Lernenden von der Basisbildung „von Anfang an“ lernfeldübergrei- Lehrperson erstellte Lernapps der Plattform fend erarbeitet werden können, sodass neben learningapps.org nutzen und sich selbststän- den digitalen Kompetenzen gleichzeitig auch DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG 19
der Ausbau der (Schrift-)Sprachkompetenzen hat. Die angeführten Lernziele am Anfang jedes im Unterricht erreicht wird. Unterrichtsbeispiels werden in Form von „De- Das erste Unterrichtsbeispiel „QR-Code skriptoren“, also Kompetenzbeschreibungen nutzen“ kann somit auch dann im Unterricht oder „Kann-Beschreibungen“ aufgelistet. Für eingesetzt werden, wenn die Lernenden noch die Formulierung dieser Kompetenzbeschrei- über sehr geringe (Schrift-)Sprachkenntnisse bungen und ihre Zuordnung zu Kompetenzbe- im Deutschen verfügen und sich im Unterricht reichen wurde der Referenzrahmen „DigComp erstmals das Lesen und Schreiben anhand der 2.1.“ (Carretero Gomez/Vuorikari/Punie 2017) deutschen Orthographie aneignen. Analog herangezogen. Dieser Referenzrahmen umfasst zur Progression der digitalen Kompetenzen ist mit Stand 2018 fünf Kompetenzbereiche (Com- dieses Beispiel so angelegt, dass es auch be- petence areas) mit insgesamt 21 Deskriptoren züglich der (Schrift-)Sprachkompetenzen vor (Competence descriptors), die sich über acht den weiteren Beispielen durchgeführt werden Kompetenzstufen (Proficiency levels) verteilen. sollte, da es sich gut dafür eignet, herauszufin- Die entwickelten Unterrichtsbeispiele orientie- den, über welche (Schrift-)Sprachkompetenzen ren sich an den beiden grundlegenden Kompe- die Lernenden verfügen. Konkret zielt dieses tenzstufen (Foundation). Die Beschreibung der Beispiel auf Lese-/Schreibkompetenzen hin- Beispiele durch Deskriptoren aus diesen Stufen sichtlich eines ersten Sichtwortschatzes ab, berücksichtigt zusätzlich die von Teil 1 zu Teil 2 bestehend unter anderem aus den Schriftzügen der Unterrichtsbeispiele ansteigende Komple- bekannter Markennamen, welcher von den xität der Aufgaben und die wachsende Selbst- Lernenden vielleicht nicht buchstabenweise ständigkeit, mit der diese Aufgaben bewältigt „er“lesen, aber als „Wortbild“ erfasst werden werden können. kann. Dieser Sichtwortschatz wird im Beispiel Bei „QR-Code nutzen“ wird beispielsweise im „QR-Code nutzen“ in Form unterschiedlicher Teil 1 das Ziel verfolgt, dass die TN mit Unter- Medien via QR-Code in den Unterricht herein- stützung digitale Inhalte (eine App zum Scan- geholt und bearbeitet. nen von QR-Codes) identifizieren und finden Die weiteren Beispiele können darauf aufbau- können. Im Teil 2 entwickelt sich daraus das Ziel, end von Anfang an im Unterricht eingesetzt dass die TN nicht nur diese digitalen Inhalte werden und sind so gestaltet, dass die vorge- selbstständig identifizieren und finden können, schlagenen Themen und damit der erarbeitete sondern auch generell Apps in einem App- Wortschatz, die erarbeiteten Laute und Buch- Store. staben sowie sprachlichen Strukturen verändert Die Beschreibungen der Lese-/Schreibkompe- werden können. tenzen orientieren sich am „Rahmencurriculum. Deutsch als Zweitsprache & Alphabetisierung“ Welche Lernziele hinsichtlich digitaler (Fritz/Faistauer/Ritter/Hrubesch 2006) und Kompetenzen und Lese-/Schreibkom- am im Netzwerk MIKA entwickelten „Kompe- tenzpass Lesen und Schreiben/Basisbildung“ petenzen verfolgen die Unterrichtsbei- (Reisinger-Friedrich/Rebernig-Ahamer 2011). spiele? Jedes der vier Unterrichtsbeispiele besteht aus Wie sind die Unterrichtsbeispiele auf- zwei Teilen, die wiederum in mehrere Unter- gebaut? richtseinheiten gegliedert sind. Die Aufteilung in zwei Teile begründet sich in der Unterschei- Bei allen Beispielen wird eine thematische dung der digitalen Kompetenzen, die dabei Einbettung vorgeschlagen und eingangs der erarbeitet werden. Teil 1 beschreibt Aktivitäten, gesamte Verlauf kurz zusammengefasst. Damit, deren Lernziel vorrangig ein globales Verste- wie auch anhand der folgenden Auflistung von hen digitaler Umgebungen und eine Nutzung Deskriptoren zu Lese-/Schreibkompetenzen dieser Umgebungen mit Unterstützung durch sowie digitalen Kompetenzen soll eine rasche Lehrende ist, während Teil 2 eine zunehmende Orientierung gegeben werden, ob das Unter- selbstständige Nutzung der digitalen Umge- richtsbeispiel in den aktuellen Unterrichtsver- bung mit Unterstützung nur bei Bedarf zum Ziel lauf aufgenommen werden kann. Anschließend 20 DIGITALE KOMPETENZEN IN DER BASISBILDUNG
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