Digitalisierungsbericht - VIDEO
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Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich immer auf Angehörige aller Geschlechter. Herausgeberin die medienanstalten – ALM GbR Friedrichstraße 60 10117 Berlin Tel: + 49 30 206 46 90 - 0 Fax: + 49 30 206 46 90 - 99 E-Mail: info@die-medienanstalten.de Website: https://www.die-medienanstalten.de Verantwortlich Dr. Wolfgang Kreißig – Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Thomas Fuchs – Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz der ZAK/DLM Redaktion Dr. Abel Reiberg Gemeinsame Geschäftsstelle der Medienanstalten, Berlin Copyright © 2021 by die medienanstalten – ALM GbR Bildnachweis: Illustrationen: © Rosendahl Borngräber GmbH, Damien Cauzard S. 72, Foto Simon Berghofer: Jens Jeske S. 73, Foto Thomas Fuchs: Achim Multhaupt S. 73, Foto Christian Krebs: NLM/Kevin Münkel S. 74, Foto Tobias Schmid: Landesanstalt für Medien NRW Stand: Oktober 2021 Alle Rechte vorbehalten ISBN: 978-3-948350-09-3 Design, Bildkonzept, Illustrationen und Satz Rosendahl Borngräber GmbH Website: www.rosendahl-berlin.de Druck PIEREG Druckcenter Berlin GmbH
Vorwort Thomas Fuchs Fachausschuss Netze, Technik, Konvergenz der ZAK / DLM Nichts ist so beständig wie der Wandel. Diese Fest- indem er der wachsenden Bedeutung von Benut- stellung des Philosophen Heraklit ist uns dank ver- zeroberflächen zunehmend Aufmerksamkeit schiedener Medien über Jahrtausende erhalten schenkt. Über ein Viertel der Nutzer in Deutschland geblieben. Für kaum eine Branche wie die Medien- gelangen mittlerweile nach dem Einschalten ihres branche und kaum eine Zeit wie die aktuelle Krise TV-Geräts nicht unmittelbar zum linearen TV-Pro- hatte sie jedoch mehr Gültigkeit. Krisen fungieren gramm, sondern auf eine Benutzeroberfläche. Mit häufig als Katalysatoren. Sie verstärken zumindest solchen Trends muss auch die Regulierung Schritt zeitweise langfristige Entwicklungen und Wand- halten. Vielfaltssicherung bleibt ein zentrales Ziel. lungsprozesse. Die durch die Coronapandemie aus- Die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, müssen je- gelöste Krise ist da keine Ausnahme. Zum einen doch angepasst werden. Mit dem Medienstaats- wurde die Medienbranche durch die Krise vor gro- vertrag hat der Regulierungsrahmen ein besonders ße Herausforderungen gestellt. Zum anderen bie- umfassendes Update erhalten. Die Aufgaben der tet diese auch die Chance, Altes auf den Prüfstand Medienanstalten (wie immer kurz dargelegt in die- zu stellen und neue Wege einzuschlagen. sem Bericht) wurden erweitert. Dies gilt besonders für den Bereich der Medienplattformen und Benut- Im nunmehr zweiten Jahr der Coronapandemie zeroberflächen. zeigt sich beispielsweise, dass der Wechsel von li- nearem TV zu On-Demand-Diensten mit den Maß- In ihrem Beitrag geben Christian Krebs (Themen- nahmen zur Pandemiebekämpfung einen Schub beauftragter Medienplattformen und Benutzer- erhalten hat. Dies gilt ebenso für die neuen Strea- oberflächen) und Tobias Schmid (Themenbeauf- mingdienste wie auch für die Online-Angebote von tragter Public Value) einen ebenso kompakten wie TV-Sendern. profunden Überblick über die geänderten Rahmen- bedingungen. Erläutert werden dabei zum einen Der Digitalisierungsbericht Video dokumentiert die die Vorgaben, die in der Satzung über Medienplatt- kurzfristigen und langfristigen Entwicklungen der formen und Benutzeroberflächen konkretisiert wur- Bewegtbildmärkte und hilft dabei, diese einzuord- den (Teil 1) – darunter beispielsweise die Vorgaben nen. Dabei geht der Bericht selbst mit der Zeit, etwa mit denen Transparenz für Nutzer und Chancen- 4
gleichheit für Inhalteanbieter gewährleistet wird. der Medienanstalten, dem Conseil supérieur de Zum anderen werden die in einer eigenen Satzung l’audiovisuel (CSA) und dem Office of Communi- konkretisierten Vorgaben behandelt, die eine be- cations (Ofcom). Dabei zeigt sich: Grundlegende sondere Auffindbarkeit von sogenannten Public- Entwicklungen sowie die Effekte der Pandemie Value-Angeboten sicherstellen (Teil 2). zeigen sich auch bei unseren europäischen Nach- barn. So sind ähnliche Trends festzustellen – etwa Im Beitrag von Simon Berghofer werden die neuen die zunehmende Bedeutung von VoD-Diensten – Entwicklungen, die der Grund für die Anpassungen und ähnliche Reaktionen der Marktteilnehmer – des Regulierungsrahmens sind, genauer betrachtet. etwa das zunehmende Engagement der klassischen Mit neuesten Zahlen und Fakten der bevölkerungs- TV-Sender im Onlinebereich. Gleichzeitig werden repräsentativen Befragung zeigt der Beitrag auf, auch Unterschiede erkennbar – entsprechend etwa was sich im Bewegtbildmarkt Deutschlands im den Strategien, die die jeweiligen nationalen Cham- letzten Jahr getan hat. Sichtbar wird dabei z. B., pions wählen. dass – auch wenn Kabel und Satellit den traditio- nellen TV-Empfang in Deutschland weiter domi- Insgesamt belegt der Digitalisierungsbericht Video nieren – immer mehr Nutzer ihr TV-Gerät direkt an einmal mehr, wie wichtig es ist, das aktuelle Ge- das Internet anschließen. Der Connected-TV nimmt schehen im Blick zu behalten. Den beständigen damit die Spitzenposition unter den Empfangswe- Wandel zu erfassen, zu bewerten und auf diesen gen ein. Zugleich verzichten immer mehr Haushal- zu reagieren, bleibt geboten – für Nutzer, Anbieter te mit Connected-TV auf traditionelle TV-Empfangs- und natürlich auch für die unabhängigen Regulie- wege wie Kabel, Satellit, Terrestrik oder IPTV. Ihre rungsbehörden, die unter sich verändernden Ge- Zahl bewegt sich noch im niedrigen einstelligen gebenheiten weiterhin die freie Meinungsbildung Millionenbereich, hat sich in den letzten 4 Jahren sicherstellen. jedoch fast verzehnfacht. Einen Blick über den Tellerrand auf das Geschehen im britischen und französischen Bewegtbildmarkt bietet der Beitrag der Schwesterorganisationen 5
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Inhalt Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag 9 Christian Krebs und Dr. Tobias Schmid Daten & Fakten zur Digitalisierung in Deutschland Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland 20 Dr. Simon Berghofer Methodik 44 Daten & Fakten der internationalen Digitalisierung Aktuelle Erkenntnisse zum Bewegtbildmarkt im Vereinigten Königreich und Frankreich 48 Office of Communications & Conseil supérieur de l’audiovisuel Die Aufgaben der Landesmedienanstalten in der Regulierung von Medienplattformen und Benutzeroberflächen 69 Autoren 72 7
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Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medien staatsvertrag Oktober 2021 Christian Krebs und Dr. Tobias Schmid Wie auch der Digitalisierungsbericht immer wieder durch die Medienanstalten mit der Satzung über belegt, kommt Medienplattformen und Benutzer- Medienplattformen und Benutzeroberflächen kon- oberflächen eine zunehmend wichtige Rolle in der kretisiert wurden (Teil 1). Zum anderen werden die Meinungsbildung zu. Umso wichtiger ist es, dass der in einer eigenen Satzung konkretisierten Vorgaben Regulierungsrahmen für Medienplattformen und behandelt, die eine besondere Auffindbarkeit von Benutzeroberflächen den neuen Entwicklungen an- sogenannten Public-Value-Angeboten sicherstellen gepasst wird. Mit der Verabschiedung des Medien- (Teil 2). Die abgestimmten Regelungen bilden ge- staatsvertrags ist dies jüngst geschehen. Dieser Bei- meinsam ein solides Fundament für die Vielfaltssi- trag bietet eine konzentrierte Übersicht über die cherung im Bereich der Medienplattformen und Neuerungen, die der Staatsvertrag gebracht hat. Im Benutzeroberflächen, das im Folgenden kompakt Fokus stehen dabei zum einen jene Vorgaben, die geschildert wird. Teil 1: Die neuen Vorgaben für Medienplattformen und Benutzeroberflächen Einleitung Rundfunkstaatsvertrag (RStV) als wesentlicher Re- Nach langjähriger Vorarbeit und verschiedenen gelungsrahmen des Medien- und Rundfunkrechts Anhörungen ist am 7.11.2020 der Medienstaatsver- in Deutschland ersetzt. Mit dieser umfassenden trag (MStV) in Kraft getreten. Damit wurde der Anpassung des Rechtsrahmens wollen die Staats- 9
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag vertragsgeber auf die grundlegenden Veränderun- Was sind Benutzeroberflächen? gen der Medienlandschaft, technisch wie inhaltlich, In Art. 2 Abs. 2 Nr. 15 MStV wird eine gesetzliche reagieren. Zudem sollten die neuen Vorgaben der Begriffsdefinition der „Benutzeroberfläche“ einge- novellierten EU-Richtlinie über Audiovisuelle Me- führt. Regulatorischer Anknüpfungspunkt ist die diendienste (AVMD-Richtlinie) in deutsches Recht Frage der Auffindbarkeit von Inhalten und die Ver- umgesetzt werden. mittlung des Zugriffs auf Inhalte durch eine (meist, aber nicht zwingend grafische) Präsentation einer Der neue MStV übernimmt dabei einerseits zwar Auswahlmöglichkeit. Eine Benutzeroberfläche kann in Teilen die Struktur des RStV und schreibt zahl- ein Teil einer Medienplattform, aber auch ein selbst- reiche Regelungen, wie etwa zum klassischen line- ständiges Telemedienangebot sein. Als selbststän- aren Rundfunkwerberecht, auch in Detailfragen diges Angebot ist davon auszugehen, dass die Me- fort. Es rücken jedoch auch vom alten RStV bisher dienplattform den Zugang zu Angeboten Dritter so nicht erfasste Akteure, Geschäftsmodelle und vermittelt, auf die sie zugreifen kann. Die Benut- technische Strukturen in den Fokus der medien- zeroberfläche steht stets in Bezug zu einer Medi- rechtlichen Regulierung. Dies sind u. a. die bisher enplattform, d. h. zu einem Gesamtangebot, dem lediglich in Teilbereichen adressierten Geschäfts- eine abschließende Entscheidung über die verfüg- modelle von Medienplattformen sowie die Benut- baren Inhalte zugrunde liegt. Als Beispiele für Be- zeroberflächen, u. a. für Smart-TV-Geräte oder Me- nutzeroberflächen werden im Gesetz genannt: dienplattformen. a) Angebots- oder Programmübersichten einer Me- Eine Vielzahl der Bestimmungen des V. Abschnitts dienplattform, des MStV ist durch Satzung und Richtlinien der Landesmedienanstalten zu konkretisieren. Der Er- b) Angebots- oder Programmübersichten, die nicht lass dieser Satzungen ist inzwischen nach intensi- zugleich Teil einer Medienplattform sind, ver Arbeit verschiedener Arbeitsgruppen der Lan- desmedienanstalten weitgehend abgeschlossen. c) visuelle oder akustische Präsentationen auch Hierzu gehört insbesondere die Satzung zur Kon- gerätegebundener Medienplattformen, sofern sie kretisierung der Bestimmungen über Medienplatt- die Funktion nach Satz 1 erfüllen. formen und Benutzeroberflächen, die am 17.12.2020 bei der EU-Kommission notifiziert wurde und die Nicht unter diese Definition fallen aber Übersich- am 1.6.2021 in Kraft getreten ist. ten über Inhalte, die im Internet frei verfügbar oder in Sozialen Medien oder Suchdiensten enthalten Mit der Regulierung von Medienplattformen eröff- sind. Ebenso wenig erfasst sind Bedienoberflächen net sich ein für die Landesmedienanstalten neues von Mediatheken, wenn diese nicht als Medien- Regulierungsfeld. plattformen reguliert sind. Benutzeroberflächen können nach der gesetzlichen Definition regelmäßig als textlich, akustisch oder bildlich dargestellte Angebots- oder Programm- übersichten verstanden werden. Auch akustische 10
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag Präsentationen, wie beispielsweise über Sprachas- Entscheidung über die Gestaltung der Oberfläche, sistenten, können erfasst werden. Maßgeblich ist, einschließlich Fragen der Individualisierbarkeit und dass alle Formen einer Präsentation, die Nutzerin- der Darstellung der Angebote oder Inhalte. nen und Nutzer bei der Orientierung und Selektion unterstützen, nach der Gesetzesbegründung erfasst sein sollen. Die Abgrenzung zwischen Benutzer- Marktortprinzip oberfläche und Medienplattform wird sich u. a. an Sowohl für Medienplattformanbieter als auch für der Frage auszurichten haben, ob eine Selektion Anbieter von Benutzeroberflächen gilt nach dem der Inhalte zu einem Gesamtangebot erfolgt (dann MStV das sog. Marktortprinzip. Dieses ist in § 1 Medienplattform) oder ob diese Inhalte nur mit Abs. 8 MStV festgeschrieben. Danach gilt der MStV dem Ziel der Zugriffssteuerung präsentiert werden auch für die genannten Anbieter, die im Ausland (dann Benutzeroberfläche). niedergelassen sind, sofern sie ihr Angebot bewusst auf Deutschland bzw. den deutschen Markt aus- Wesentliches Merkmal der Benutzeroberfläche ist richten. Es kommt für sie also nicht darauf an, wo es, dass sie den direkten Zugriff auf die in einer sie niedergelassen sind. Für die Anbieter von Smart- Medienplattform enthaltenen Inhalte erlaubt. Ge- TV-Geräten bedeutet das konkret, dass auch die meint sind vollständige Angebote (Rundfunk oder großen ausländischen Hersteller hier der Regulie- rundfunkähnliche Telemedien), Teile davon (etwa rung des MStV unterstellt werden, wenn eine Ge- einzelne Sendungen oder Videos auf Abruf) oder samtschau ergibt, dass sie sich an den deutschen auch Apps, die eine eigene Bedienumgebung schaf- Markt richten. Hier ist darauf hinzuweisen, dass fen und auf Softwarebasis den Zugriff auf bestimm- das hier verankerte Marktortprinzip nicht dem z. B. te Angebote steuern. Mit dieser Umschreibung ist nach der AVMD-Richtlinie geltenden Herkunfts- ein wesentlicher Anwendungsfall beschrieben: landprinzip entspricht. Die EU-Kommission hatte Diese Merkmale finden sich typischerweise in der hier dementsprechend beim Notifizierungsverfah- Nutzungssteuerung von Smart-TV Geräten mit ren des MStV Bedenken geäußert. (mindestens technisch möglichem) Internetzugriff. Der Anbieter einer Medienplattform wird in der Übersicht über die wichtigsten Regelungen Regel auch der Anbieter der zur Bedienung der Me- a) Auffindbarkeit und Individualisierbarkeit dienplattform vorgesehenen Benutzeroberfläche Anbieter von Benutzeroberflächen haben gemäß sein. Dies muss aber nicht so sein, die Verantwort- § 84 MStV bestimmte Regelungen zur Vielfaltssi- lichkeiten können auch auseinanderfallen: In § 2 cherung zu beachten (mit Ausnahme der in § 78 Abs. 2 Nr. 20 MStV enthält das Gesetz eine eigene Satz 2 MStV genannten Anbieter). In Abs. 2 werden Definition des Anbieters einer Benutzeroberfläche. für die Auffindbarkeit in Benutzeroberflächen An- Das verdeutlicht, dass für diesen Anbieter auch forderungen definiert. Diese beinhalten im We- selbstständige regulatorische Verpflichtungen be- sentlichen 2 Säulen: Das Verbot der Diskriminierung stehen. Entscheidendes Merkmal für die Einstufung und das Gebot der Chancengleichheit. Der Anbie- als Anbieter einer Benutzeroberfläche ist die finale ter kann der Anforderung einer diskriminierungs- freien Sortierung von Angeboten und Inhalten auf unterschiedliche Weise Rechnung tragen, wie z. B. 11
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag durch die Listung der Angebote nach objektiven funkähnlicher Telemedien zu verändern (mit Aus- Kriterien wie Nutzungsreichweite, in alphabetischer nahme der in § 80 Abs. 2 MStV genannten Fälle). Reihenfolge oder nach Genregruppen. Nach § 10 Im Einzelnen gilt hier: Abs. 3 S. 7 der Satzung der Landesmedienanstalten zu Medienplattformen und Benutzeroberflächen bb) Das Verbot, technische oder inhaltliche Verän- ist in der Regel eine Sortierung oder Anordnung derungen vorzunehmen (siehe § 80 Abs. 1 Nr. 1). unzulässig, die durch Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung beeinflusst wird. Diese Regelung bbb) Das Verbot der vollständigen oder teilweisen dient der Sicherung der Chancengleichheit, denn Überlagerung oder Skalierung mit anderen Rund- eine Entgeltzahlung für eine bessere Platzierung funkinhalten oder Inhalten aus rundfunkähnlichen wirkt grundsätzlich dem Ziel der Chancengleichheit Telemedien (siehe § 80 Abs. 1 Nr. 2). Hierbei sind bei der Auffindbarkeit entgegen. Ebenso unzulässig allerdings Ausnahmen zugelassen: Überlagerungen ist die Bevorzugung eigener Angebote und Inhalte mit oder Skalierungen für Smart-Home-Anwen- des Anbieters der Benutzeroberfläche, es sei denn, dungen, individuelle Kommunikation, Bedienele- dass für die Nutzung ein Entgelt geleistet wird. mente der Benutzeroberfläche u. a. sind davon nicht erfasst. Erfasst werden hingegen die sog. „Pre-Rolls“. Eine Suchfunktion wird als grundsätzliche Min- Dies sind zeitlich direkt nach der Auswahlentschei- destvoraussetzung für eine Benutzeroberfläche dung durch Nutzerinnen und Nutzer und vor Beginn statuiert, wobei diese nach dem Wortlaut des MStV des Rundfunkprogramms erfolgende Werbeein- die Suche nach Angeboten ermöglichen muss. blendungen (vgl. § 3 Abs. 2 der Satzung). Die nach § 3 Abs. 3 der Satzung mögliche Zustimmung der Grundsätzlich müssen die Sortierung und Anord- Nutzerinnen und Nutzer im Einzelfall i. S. des § 80 nung immer auch von Nutzerinnen und Nutzern Abs. 2 Satz 2 und 3 MStV erfolgt durch eine eindeu- individualisiert werden können (Abs. 6). Ausnah- tige Handlung, mit der freiwillig, für die konkrete men sind für Altgeräte möglich, die bereits auf dem Nutzungssituation und unmissverständlich bekun- Markt sind und nicht nachgerüstet werden können, det wird, dass Nutzerinnen und Nutzer die Über- sowie für Neugeräte, die technisch nicht in der Lage lagerung oder Skalierung auslösen wollen. Gene- sind, den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu ralisierte Einwilligungen sollen weitgehend werden. Hier liegt jedoch die Nachweislast beim ausgeschlossen werden. Anbieter, der darstellen muss, dass eine Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen bzw. die Nachrüs- bbbb) Das Verbot, Rundfunkprogramme oder rund- tung tatsächlich unzumutbar wäre. funkähnliche Telemedien oder Teile davon nicht ohne Einwilligung des jeweiligen Anbieters in An- b) Signalintegrität und Überblendungen gebotspakete aufzunehmen, zu vermarkten oder § 80 MStV enthält in Abs. 1 für alle Anbieter, also öffentlich zugänglich zu machen (siehe § 80 Abs. 1 auch für Anbieter von Benutzeroberflächen, das Nr. 3). Diese Regelung zielt auch auf die unbefugte Verbot, Inhalte und Signale ohne Zustimmung des Verbreitung von attraktiven und auch durch beson- Rundfunkveranstalters oder des Anbieters rund- deren Rechteerwerb geschützten Teilen von Rund- funkprogrammen im Internet (sog. „TV-Piraterie“). 12
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag c) Transparenz findbarkeit mit ihren finanziellen Mitteln „kaufen“ Des Weiteren trifft die Anbieter von Medienplatt- könnten, würde dies die Wahrnehmbarkeit ggf. formen und Benutzeroberflächen nach § 85 MStV publizistisch wertvoller, aber weniger finanzstarker eine Transparenzpflicht (Ausnahme sind auch hier Veranstalter oder Anbieter auf Dauer erheblich die in § 78 Satz 2 MStV genannten) in bestimmten gefährden. Die Flaschenhalswirkung der begrenz- Bereichen. Sie haben die Grundsätze zur Auswahl, ten Fläche eines Bildschirms, zumindest auf der Sortierung und Anordnung von Angeboten, die ersten Auswahlebene, würde beispielsweise bei Kriterien für Empfehlungen, die Individualisierungs- Smart-TV-Geräten verstärkt. Das würde auf Dauer möglichkeiten gegenüber den Nutzerinnen und zu einer Schmälerung der für die Meinungsbildung Nutzern ausreichend transparent zu machen. relevanten, auffindbaren Angebote führen. Ein An- gebot, das nicht gefunden wird, kann nicht zur Meinungsbildung beitragen. Hier ein potenzielles Ausblick Risiko für die meinungsbildende Rückkopplungs- Wenn die Senderliste eines Kabelanbieters oder funktion des Rundfunks zu sehen, ist nicht fernlie- die Benutzeroberfläche eines Smart-TV hunderte gend. Es ist daher sinnvoll, mit gesetzlichen Rege- TV-Programme und dazu noch direkt aufrufbare lungen einen Mindestrahmen zulässiger Kriterien Telemedien und Apps beinhaltet, werden die obers- für Sortierungen zu schaffen. Auch die Individua- ten Sender bzw. Angebote der Liste im Zweifel deut- lisierungsmöglichkeit und die Suchfunktion für lich häufiger ausgewählt werden, als jene Angebo- Nutzerinnen und Nutzer dienen diesem Ziel. te am Ende oder auf folgenden Bildschirmseiten, die man extra aufrufen muss. Andererseits verbietet der MStV nicht jede wirt- schaftliche Nutzung einer Benutzeroberfläche und Die kaum zu überschauende Vielfalt der Angebote nicht jedes Gerät oder jede Software kann diese und Inhalte führt dazu, dass der Vermittlung der Anforderungen erfüllen. Zwischen diesen verschie- Möglichkeit des Zugangs eine immer höhere Be- denen Polen einen rechtssicheren, sachgerechten deutung zukommt. Wenn es nun beispielsweise so Ausgleich zu finden und eine entsprechende Auf- wäre, dass finanzstarke Unternehmen, gleich ob sichtspraxis zu entwickeln, wird eine herausfor- im Rundfunk- oder Telemedienbereich, eine her- dernde Aufgabe der nächsten Jahre in diesem Be- ausgehobene Präsentation oder eine bessere Auf- reich sein. Teil 2: Fokus Public Value Einen besonderen Blick verdienen bei den neuen eine gesonderte leichte Auffindbarkeit für bestimm- Regelungen für Medienplattformen und Benutzer- te Angebote vor – diese werden umgangssprachlich oberflächen die Vorschriften zur leichten Auffind- als Public-Value-Angebote bezeichnet. barkeit in § 84 Abs. 3 bis 5 MStV. Neben der leichten Auffindbarkeit von Rundfunk in seiner Gesamtheit auf der ersten Auswahlebene sieht die Vorschrift 13
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag Aufgezählt werden im Staatsvertrag neben Ange- Regelungen zur Einfügung von Werbung oder den boten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Vorschriften zum Sponsoring. Oder weil sie schlicht- und den privaten Programmen, die gem. § 59 Abs. 4 weg für Werbekunden weniger attraktiv sind. MStV Fensterprogramme aufzunehmen haben, solche privaten Programme und Angebote, die in Dass sich somit die für die Allgemeinheit wichtigs- besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und te Aufgabe privater Medienanbieter – der Beitrag Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten. zur öffentlichen Meinungsbildung – immer weni- ger lohnt, haben die Länder mit den Public Value- Vorschriften im Medienstaatsvertrag, die die von Die Regelungsmechanik der Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste in Die massive Vervielfachung von Medienangeboten Art. 7a ermöglichte Anreizregulierung umsetzt, im Zuge der Digitalisierung ist selbstverständlich erkannt. grundsätzlich zu begrüßen. Nie zuvor stand Nut- zerinnen und Nutzern ein solch breites Portfolio an Durch leichte Auffindbarkeit bei hohem Anteil re- Sendern, Mediatheken, Blogs, Nachrichtenportalen levanter Inhalte kommt diesen eine erhöhte Sicht- und Plattformen für User Generated Content zur barkeit zu. So kann mehr Reichweite und damit Verfügung. Doch mit diesem Anwachsen der Zahl eine bessere Refinanzierbarkeit erreicht werden. von Angeboten verteilt sich auch die Aufmerksam- Dies macht es nicht nur für etablierte Anbieter keit neu und wird zum knappen Gut. Dies ist durch- ökonomisch sinnvoll, weiterhin in kostenintensive aus mit einer anderen Knappheit vergleichbar, die journalistische Inhalte zu investieren. Über eine vor der Digitalisierung problematisch war – der angemessene Herausstellung können auch Anrei- Knappheit von Übertragungskapazitäten. Beides, ze für weitere oder neue Mediendienste gesetzt damals die Kapazitäten und heute die Aufmerk- werden, (auch) diese Inhalte in ihren Katalog auf- samkeit der Nutzerinnen und Nutzer, ist essenziell zunehmen. für die Refinanzierung privater Medienangebote. Dementsprechend betreffen die Konsequenzen der Was ist Public Value? Schwierigkeit, bestimmte Angebote unter den vie- Welche privaten Rundfunk- und Telemedienange- len übrigen zu finden, solche Anbieter deutlicher, bote im Einzelnen von der leichten Auffindbarkeit die einen hohen Anteil kostenintensiver Produkti- profitieren sollen, legt der MStV nur abstrakt fest. onen verzeichnen. Dies meint besonders die Inhal- Er überlässt die konkrete Bestimmung den Landes- te, die mit einem hohen Rechercheaufwand und medienanstalten. Diesen sind in § 84 Abs. 5 MStV dem dafür notwendigen journalistischen Knowhow Kriterien an die Hand gegeben worden, die in die erstellt werden – also eben die Angebote, die rele- Entscheidung einzubeziehen sind. Demnach kommt vante Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung es auf den zeitlichen Anteil an nachrichtlicher Be- leisten. Intensiviert wird diese Situation weiter richterstattung über politisches und zeitgeschicht- dadurch, dass solche Inhalte deutlich schwieriger liches Geschehen, den zeitlichen Anteil an regio- zu refinanzieren sind. Etwa weil sie – wie Nachrich- nalen und lokalen Informationen, das Verhältnis tensendungen oder Sendungen für Kinder – bereits zwischen eigen- und fremdproduzierten Pro- gesetzlich darin limitiert werden, z. B. durch die gramminhalten, das Verhältnis zwischen ausgebil- 14
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag deten und auszubildenden Mitarbeitern, die an der seiner effektiven Wahrnehmung der öffentlichen Programmerstellung beteiligt sind, die Quote eu- Aufgabe der privaten Medienanbieter verdient, ropäischer Werke und den Anteil an Angeboten für belohnt zu werden. junge Zielgruppen an. Bei der Entscheidungsfindung finden die Kriterien Zur Konkretisierung dieser Kriterien und zur Ge- der nachrichtlichen Berichterstattung über politi- währleistung eines fairen und chancengleichen sches oder zeitgeschichtliches Geschehen, der An- Verfahrens, haben die Medienanstalten eine ge- teil an regionalen oder lokalen Informationen sowie meinsame Satzung erarbeitet und erlassen, die der Anteil an Angeboten für junge Zielgruppen zeitgleich mit der entsprechenden Vorschrift im gemäß der Public-Value-Satzung besondere Be- MStV am 1.9.2021 in Kraft getreten ist. rücksichtigung. Sie tragen am stärksten dazu bei, ein Angebot besonders meinungsbildungsrelevant Private Anbieter, die auf die Ausschreibung hin ei- wirken zu lassen. nen Antrag auf Bestimmung bei der das Verfahren führenden Landesanstalt für Medien NRW stellen, Bezüglich Fernseh- und Hörfunkangeboten wird müssen in diesem zunächst auf ihr Angebot bezo- es neben dem zeitlichen Anteil an Programmteilen, gene Angaben zu den in der Satzung konkretisier- die die Kriterien des MStV erfüllen, auch auf die ten Kriterien machen und Unterlagen einreichen, Regelmäßigkeit ihrer Ausstrahlung und den Zeit- die eine Überprüfung der Angaben ermöglicht. punkt ihrer Programmierung ankommen. Diese Hierbei haben die Medienanstalten bewusst auf Programmierungsvariablen entscheiden maßgeb- eine einengende Konkretisierung verzichtet, um lich darüber, wie groß der Aufwand für die Anbieter den Antragstellern möglichst weite Spielräume zu tatsächlich ist. Schlechter refinanzierbare Angebo- belassen. Eine kleinteilige Festlegung an dieser te in ohnehin weniger einschaltquotenträchtige Stelle hätte riskiert, den Kreis der Antragsteller in- Zeiten zu legen, ist aus ökonomischer Sicht schließ- direkt einzuschränken – ein innovatives Online lich ein einfacherer Weg, diesen Raum zu geben, Nachrichten Startup operiert sicherlich mit anderen als die bewusste Entscheidung für eine regelmä- Parametern als ein Vollprogramm mit langjährig ßige attraktive Platzierung. Und nicht zuletzt er- fortgeschriebener Rundfunkzulassung. fordert ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt eben auch, dass die Inhalte tatsächlich bei den Zusätzlich ist für den Antrag eine inhaltliche Be- Nutzerinnen und Nutzern ankommen. schreibung des Angebots erforderlich. Ebenfalls wird eine Darlegung gefordert, aus welchen Um- Bei rundfunkähnlichen Telemedien und weiteren ständen sich der besondere Beitrag zur Angebots- antragsberechtigten Angeboten hingegen müssen und Meinungsvielfalt im Bundesgebiet ergibt. Hier- andere Aspekte betrachtet werden, da die zeitliche durch wird den Unternehmen, die von der leichten Komponente mangels Linearität ausfällt. Hier ha- Auffindbarkeit profitieren möchten, die Möglichkeit ben sich die Medienanstalten die regelmäßige Ak- gegeben zu zeigen, was ihr Angebot zu einem be- tualisierung und die Platzierung und Zugänglichkeit sonders relevanten Beitrag macht, der es aufgrund innerhalb des Telemedienangebots als neben den zeitlichen oder sonstigen Umfang tretende Aspek- te in das Prüfprogramm geschrieben. 15
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag Lokale und regionale Angebote Wie weit die Möglichkeiten hier reichen und wie Der MStV schreibt den Anteil an regionalen und viel Kreativität der Staatsvertrag hier zulässt, kann lokalen Informationen als ein Kriterium für Public wohl erst die Anwendungspraxis zeigen. An den Value fest. Er fordert aber insgesamt, dass die von Medienanstalten jedenfalls sollen solche Ansätze der Regelung profitierenden Angebote einen be- nicht scheitern. sonderen Beitrag im Bundesgebiet leisten. Die Me- dienanstalten sehen hierin nicht zwingend einen Widerspruch. Auch ausschließlich regional oder Das weitere Verfahren lokal ausgerichtete Anbieter können Anträge stel- Die Entscheidung über die Bestimmung der Ange- len und berücksichtigt werden – soweit ihre Kon- bote, die in besonderem Maß zur Meinungs- und zepte und Anträge inhaltlich oder technisch eine Angebotsvielfalt im Bundesgebiet beitragen, obliegt Subsumtion unter das Kriterium im Bundesgebiet der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK). ermöglichen. Den Abschluss des Bestimmungsverfahrens wird – voraussichtlich im Frühjahr 2022 – die Veröffentli- Dementsprechend kommt es für diese Anbieter chung zweier Public-Value-Listen darstellen. Mit darauf an, Argumentationen, Kooperationen oder einer Liste für Audioangebote und einer Liste für technische Ansätze zu finden, die diese Vorausset- Bewegtbildangebote treffen die Medienanstalten zung erfüllen. Zu denken ist in diesem Bereich vor eine grundsätzliche Unterscheidung, die den Ge- allem für die IP-basierte Übertragung an Lösungen, wohnheiten der Nutzerinnen und Nutzer entspricht die auf Geolokalisation zurückgreifen. So könnte und damit die leichte Auffindbarkeit noch weiter gewährleistet werden, dass Nutzerinnen und Nut- fördert. Zugleich wird so verhindert, dass die Listen zer, die eine bestimmte Position innerhalb der An- unüberschaubar groß werden, was sich eher kon- gebote, die leicht auffindbar zu halten sind, an- traproduktiv auswirken dürfte und den positiven wählen, stets einen standortabhängigen Dienst Effekt der Incentivierung gefährdete. angeboten bekommen. Interessant ist dies insbe- sondere für die mobile Nutzung, etwa im Auto. Die Reihenfolge der Listen, so die Public-Value- Hierfür wären entsprechende Vereinbarungen mit Satzung, bestimmt sich in einer Gesamtschau der den Betreibern von Medienplattformen erforder- im ersten Verfahrensschritt positiv beschiedenen lich. Anträge. Die Listen dienen der Umsetzung durch die Anbieter von Benutzeroberflächen, sofern und Auch eine Zusammenfassung einer Vielzahl von soweit diese bei der Sortierung und Anordnung der lokal oder regional ausgerichteten Angeboten, bei- Angebote eine Reihenfolge abbilden. spielsweise in einer App, die möglicherweise zu- gleich auch die Aufgabe der Geolokalisation über- nehmen könnte, wäre denkbar. Eine solche Ausblick Anwendung zur Ansteuerung von Medienangebo- Nicht nur die aufgezeigte Problematik rund um ten wäre für sich genommen dann möglicherwei- lokal und regional ausgerichtete Angebote, auch se berücksichtigungsfähig. die voraussichtliche Heterogenität der Antragstel- ler und die damit verbundene Frage der zur Beur- teilung erforderlichen Unterlagen und ihre Ver- 16
Die neuen Regelungen für Medienplattformen und Benutzeroberflächen im Medienstaatsvertrag gleichbarkeit stellen eine Herausforderung für das gesamte Verfahren dar. Wichtiger als diese und andere Detailfragen ist jedoch, dass die staatsver- tragsgebenden Länder die oben skizzierte Proble- matik erkannt und ein adäquates Instrument zu Ihrer Lösung bereitgestellt haben. Wenn die leichte Auffindbarkeit von besonders re- levanten Inhalten und Angeboten erst einmal eta- bliert ist, stellt sie eine Chance für den Medienmarkt dar, die beschriebene Schieflage mit eigenen Kräf- ten zu korrigieren und kann für Wettbewerb sorgen. Profitieren werden am Ende die Nutzerinnen und Nutzer – und die freie und unabhängige Meinungs- bildung in der Gesellschaft insgesamt. 17
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Daten & Fakten zur Digitalisierung in Deutschland 19
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Oktober 2021 Dr. Simon Berghofer Akuelle Befunde der bevölkerungsrepräsentativen Erhebung zur digitalen Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Die 17. Ausgabe des Digitalisierungsbericht Video und welche Trends voraussichtlich nachhaltig sind steht, wie auch bereits der Digitalisierungsbericht und sich über die Pandemiezeit hinweg fortsetzen des letzten Jahres, im Schatten von Corona. Die be- werden. Der erste Teil des vorliegenden Beitrags be- völkerungsrepräsentative Erhebung zu TV-Übertra- richtet dabei traditionell die Entwicklungen auf Ebe- gungswegen, der Haushaltsausstattung mit Bild- ne der Empfangswege und gibt detaillierte Auskunft schirmgeräten und der digitalen Bewegtbildnutzung über die Ausstattung von TV- und Bildschirmgeräten erfolgte, wie bereits im Vorjahr, unter „Pandemiebe- deutscher Haushalte. Der zweite Teil wendet sich der dingungen“. Die Eingriffe in das alltägliche Leben Bewegtbildnutzung zu und berichtet über die jüngs- durch staatliche Maßnahmen zur Pandemiebekämp- ten Entwicklungen zur TV-Nutzung sowie zur Video- fung waren in diesem Jahr aber deutlich geringer nutzung über das Internet auf Basis der Nutzenden. als im Vorjahr. Die aktuellen Befunde und die Trend analysen geben damit einen guten ersten Einblick, Den kompletten Forschungsbericht zur Studie finden welche Veränderungen auf dem Bewegtbildmarkt Sie hier: https://www.die-medienanstalten.de/ und in der Bewegtbildnutzung befeuert wurden – themen/forschung Teil I: Empfangswege und Geräteausstattung Anzahl der TV-Haushalte auf hohem Niveau im Wohnzimmer – die Zahl verfügbarer Bildschirm- stabil geräte in den Haushalten hat in den letzten Jahren Displays, egal ob klein oder groß sind heutzutage stetig zugenommen. Trotz dieser steigenden Bild- omnipräsent. Vom Smartphone über den Smart schirmfülle gehört das Fernsehgerät nach wie vor home-Assistenten bis hin zum eigenen Kinobeamer zur „Standardausstattung“ eines jeden Haushaltes. 20
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Die Zahl der TV-Haushalte, also solcher Haushalte, kommen so jeweils auf eine Abdeckung von knapp die über mindestens einen Fernseher verfügen, ist 44 Prozent der TV-Haushalte in Deutschland und weiterhin stabil. Etwas mehr als 95 Prozent der liegen damit etwa auf Vorjahresniveau. Leicht zu- Haushalte in Deutschland verfügen über mindes- gelegt gegenüber dem Vorjahr hat die terrestrische tens ein Fernsehgerät. Die Zahl der TV-Haushalte Fernsehübertragung. Etwas mehr als 2,6 Millionen liegt damit bei insgesamt 38,8 Millionen und bleibt Haushalte empfangen ihr Fernsehsignal über DVB- auf einem stabilen hohen Niveau. Die Menge der T2 HD, das entspricht einem Anteil von knapp 7 Pro- Haushalte ohne TV-Gerät ist im Vergleich zum Vor- zent der TV-Haushalte (+ 0,4 Prozentpunkte). jahr leicht rückläufig und hat sich nach einem mehr- jährigen Anstieg bei 2 Millionen eingependelt. Die Erstmals leicht rückläufig ist mit 3,9 Millionen die meisten TV-Haushalte in Deutschland besitzen ein Zahl der IPTV-Haushalte.1 Gemeint ist mit IPTV hier einziges Fernsehgerät – das trifft auf gut 57 Prozent die Übertragung des IPTV-Signals in „geschlosse- zu. Mehr als vier von zehn Haushalten verfügen nen“ Netzen, wie sie z. B. von der Telekom, 1&1 aber über 2 (29 Prozent) oder 3 bzw. mehr (14 Prozent) auch mehreren regionalen Anbietern betrieben TV-Geräte. Die Mehrfachausstattung hat damit werden. Die Anbieter gewährleisten durch aktives 3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Kapazitätsmanagement und den Einsatz proprie- Damit steigt die durchschnittliche Geräteausstat- tärer Receiver gewisse Qualitätsstandards. tung auf 1,6 Fernseher pro Haushalt. Verteilung der TV-Empfangswege stabil, IPTV stagniert, DVB-T gewinnt leicht Kabel und Satellit bleiben nach wie vor die wich- tigsten TV-Übertragungswege. Etwas mehr als 16,9 Millionen Haushalte in Deutschland empfan- 1 Zu beachten ist hier, dass mit der aktuellen Erhebung IPTV- gen ihr TV-Signal über das Breitbandkabelnetz. Die Angebote einzelner Anbieter erstmals nicht mehr als IPTV- Zahl der Haushalte mit Satellitenempfang liegt nur Haushalte gezählt, sondern, sofern kein anderer Empfangsweg vorliegt, den Connected-TV-Only-Haushalten zugeschlagen geringfügig darunter. Beide Übertragungswege werden. Hintergrund ist, dass diese Anbieter angeben, bei der Verbreitung nicht mehr auf geschlossene Netze zu setzen. Abb. 1 Haushaltsausstattung mit TV-Geräten im Fünfjahrestrend Insgesamt 2017 2018 2019 2020 2021 stehen 63,3 Mio. 2+ TV-Geräte 13,947 13,141 15,257 15,409 16,622 TV-Geräte in deutschen 1 TV-Gerät 24,360 25,556 23,235 23,111 22,131 Haushalten TV-HH gesamt 38,306 38,697 38,491 38,52 38,753 Angaben in Mio.; Basis: 38,306 / 38,697 / 38,491 / 38,520 / 38,753 Mio. TV-HH in Deutschland (n = 7.059). 21
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Abb. 2 Verteilung der Übertragungswege im Fünfjahrestrend Kabel 43,7 43,6 44,7 45,1 45,9 Satellit 43,5 44,1 44,8 45,0 45,7 Terrestrik 6,7 6,3 6,0 6,4 7,4 0% 30 % 60 % IPTV (managed) IPTV (OTT-Only) 10,1 4,7 10,6 2,9 8,6 1,7 7,9 0,5 6,9 n. a.* 0% 15 % 30 % 0% 15 % 30 % 2021 2020 2019 2018 2017 * IPTV (OTT-Only) erstmals 2018 erhoben; Summe > 100 % wegen Mehrfachempfang; Basis: 38,306 / 38,697 / 38,491 / 38,520 / 38,753 Mio. TV-HH in Deutschland (n = 7.059). Verzehnfachung der Connected-TV-Only- signale über das offene Internet zu verbreiten. Man Haushalte in 4 Jahren spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Neben den klassischen IPTV-Angeboten sind die „Over-the-top-Verbreitung“ (OTT). Den Nutzenden Fernseh- und Plattformanbieter in den letzten Jah- ist es dadurch möglich, auf traditionelle Empfangs- ren verstärkt dazu übergegangen, TV-Programm- wege zu verzichten und das TV-Programm nur noch 22
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland über das Internet zu beziehen, ein Phänomen, das oder sehr häufig auch schon mit UHD-Auflösung.2 auch unter dem Begriff „Cord-Cutting“ bekannt ist. Daher überrascht es wenig, dass knapp 85 Prozent Die Zahl der Haushalte, die auf traditionelle Emp- der TV-Haushalte in Deutschland über mindestens fangswege wie Kabel, Sat, Terrestrik oder auch IPTV ein hochauflösendes Fernsehgerät verfügen. Ihre vollständig verzichten, um ihren Fernseher statt- Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr nur leicht auf dessen ausschließlich mit dem Internet zu verbin- 32,7 Millionen Haushalte gestiegen (+ 0,6 Prozent- den, ist auf 1,8 Millionen Haushalte gestiegen. Das punkte), etwas stärker zugelegt hat die Mehrfach- sind gut 700.000 Haushalte mehr als im Vorjahr. ausstattung mit HD-Geräten (+ 2 Prozentpunkte). Die Zahl der TV-Cord-Cutter-Haushalte ist in Rela- Fast ein Drittel (29 %) der Fernsehhaushalte verfügt tion zu den meisten anderen Empfangswegen nach über 2 (21 %) oder 3 bzw. mehr (8 %) HDTVs. In gut wie vor gering. Ihr Wachstum beeindruckt jedoch. 70 Prozent der TV-Haushalte unterstützen alle TV- Seit Beginn ihrer Erhebung im Digitalisierungsbe- Geräte einen hochauflösenden Standard. richt vor 4 Jahren hat sich ihre Zahl fast verzehn- facht, von 0,5 Prozent im Jahr 2018 auf 4,7 Prozent aller TV-Haushalte in Deutschland. UHD-Geräte mittlerweile in knapp jedem dritten TV-Haushalt Klar auf Wachstumskurs ist die Verbreitung von Mehrfachausstattung mit HDTV steigt ultrahochauflösenden (UHD) Fernsehern. Die auch Besucht man heute einen Elektronikfachmarkt oder unter dem Label „4K“ zeichnende Geräteklasse mit bestellt ein neues TV-Gerät per Internet, dann er- einer Auflösung von 3.840 × 2.160 Pixel steht mitt- wirbt man in der Regel einen Fernseher mit HD- lerweile in knapp jedem dritten TV-Haushalt (30 Prozent). Das sind gut 5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und entspricht insgesamt 11,5 Milli- Ermittlung der Connected-TV-Only- onen Haushalten. Differenziert nach Übertragungs- Haushalte wegen liegen alle Haushalte auf einem ähnlichen Niveau, lediglich die traditionell technikaffineren Die Ermittlung der Zahl der Cord-Cutter-Haus- IPTV-Haushalte stechen mit einer überdurchschnitt- halte am TV erfolgt im Digitalisierungsbericht lichen UHD-TV-Ausstattungsquote von 39 Prozent in mehreren Stufen. In einem ersten Schritt hervor (vgl. Abb. 3). werden die genutzten Fernsehgeräte erhoben. Anhand der einzelnen Geräte wird dann (ge- stützt) erfragt, über welchen Übertragungsweg Noch knapp 15 Millionen SD-Only-Geräte das Fernsehprogramm genutzt wird. Nur wenn in den Haushalten explizit keiner der 4 genannten Übertragungs- Trotz steigender HD-Ausstattung verfügen knapp wege Satellit, Kabel, DVB-T oder IPTV bestätigt 16 Prozent der Haushalte weiterhin über Fernseher wird, erfolgt die Nachfrage nach der Art des ohne HD-Empfang. Auf die Zahl der TV-Geräte TV-Empfangs am Gerät. Sofern dann angege- übertragen, entspricht das etwa 14,8 Millionen ben wird, der Fernseher sei ausschließlich mit dem Internet verbunden, wird der Haushalt als OTT-Only-Haushalt gezählt. 2 Im ersten Quartal 2021 lag der Marktanteil von UHD-TVs bei 75 Prozent der verkauften Fernsehgeräte. 23
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Abb. 3 Haushaltsausstattung mit HDTV-/UHD-Geräten nach Übertragungsweg 64,0 54,9 84,5 Satellit 29,8 52,6 82,4 Kabel 29,0 55,0 84,0 IPTV (OTT-Only) 40,2 48,6 88,8 IPTV (managed) 39,0 54,7 93,7 Terrestrik 30,1 69,9 100,0 0% 25 % 50 % 75 % 100 % UHD-TV HDTV Gesamt (UHD- oder HDTV) Alle Haushalte: UHD-TV HDTV Gesamt Basis: 38,753 Mio. TV-Haushalte in Deutschland (n = 7.059). V-Geräte, die im Falle einer zukünftigen Abschal- T Empfangsgerät auch hochauflösendes Fernsehpro- tung der SD-Übertragung aufgerüstet oder ggf. gramm empfangen können. Dies ist jedoch nicht entsorgt werden müssten. immer der Fall. Der gemessene Empfang von HDTV liegt stets etwas unter der Ausstattungsquote. Gründe hierfür können beispielsweise sein, dass HD-Empfang auf stabilem Niveau einzelne Hardwarekomponenten innerhalb des Der Digitalisierungsbericht unterscheidet zwischen heimischen Videosystems nicht HD-fähig sind oder der Haushaltsausstattung mit HDTV-Geräten und die Signalstärke / Bandbreite bei der Zuführung dem tatsächlichen Empfang von HDTV. Da die öf- oder im Hausverteiler nicht ausreichen. Auch eine fentlich-rechtlichen Fernsehprogramme über alle fehlende Aktualisierung der Sender- oder Favori- Verbreitungswege unverschlüsselt in HD-Qualität tenlisten kann ein Grund sein. verbreitet werden, sollte jeder Haushalt mit HDTV- 24
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Gut acht von zehn Fernsehhaushalte (80 Prozent) stabilen Niveau bleibt. Diese Stabilität zeigt sich mit „klassischem“ Fernsehempfang geben an, ihr weitgehend über alle TV-Übertragungswege. Im TV-Programm in hochauflösender Qualität zu se- Vergleich zum Vorjahr hat lediglich der Empfang hen. Das entspricht knapp 30 Millionen Haushalten von hochauflösendem Fernsehen über IPTV leicht in Deutschland, womit der HD-Empfang auf einem Abb. 4 HD-Empfang und Private in HD 18 Satellit 77 44 Kabel 78 IPTV 58 (managed) 93 41 Terrestrik 100 Alle TV-Haushalte 36 2021 80 34 2020 80 31 2019 73 29 2018 70 28 2017 66 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Private in HD HD-Empfang Alle TV-Haushalte: Private in HD HD-Empfang Basis: 36,915 Mio. TV-HH mit klassischem TV-Empfang (n = 6.778); 16,933 Mio. Kabel-HH (n = 2.988); 16,867 Mio. SAT-HH (n = 3.097); 3,910 Mio. IPTV-HH (n = 811); 2,615 Mio. Terrestrik-HH (n = 529). 25
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland zugelegt (+ 4 Prozentpunkte), alle anderen klassi- Mindestens ein Smart-TV in knapp schen Übertragungswege bleiben weitgehend auf zwei Drittel aller TV-Haushalte Vorjahresniveau. Bei den meisten heute im Handel verfügbaren Ge- räten handelt es sich nicht nur um HDTV-Geräte, sondern auch um Smart-TVs, also um TV-Geräte, Private in HD: stetiges jährliches Wachstum die mit dem Internet oder dem heimischen Netz- Während die öffentlich-rechtlichen Programme werk verbunden werden können. Knapp 25 Millionen ohne Zusatzentgelt in HD-Qualität angeboten wer- Haushalte verfügen über mindestens einen solchen den, benötigt man für den Empfang hochaufgelös- internetfähigen Fernseher. Das entspricht zwei Drit- ter privater Fernsehprogramme ein kostenpflichti- tel (64 Prozent) der TV-Haushalte in Deutschland. ges HD-Programmpaket. Solche Pakete können auf Die Smart-TV-Ausstattung hat somit gegenüber allen Übertragungswegen gebucht werden.3 Knapp dem Vorjahr erneut um knapp 4 Prozentpunkte zu- 13,3 Millionen TV-Haushalte haben sich für solch gelegt und setzt damit den Wachstumstrend der ein HD-Paket entschieden und können das gesam- letzten Jahre fort. Auch die Mehrfachausstattung te Programmspektrum in hochauflösender Qualität nimmt weiter zu – etwas weniger als jeder fünfte genießen. Das sind etwa 2 Prozent mehr als im Haushalt (19 Prozent) verfügt über 2 oder mehr Vorjahr und entspricht 36 Prozent der TV-Haushal- smarte Fernsehgeräte. In knapp 46 Prozent der TV- te mit klassischem TV-Empfang. Im Trend zeigt sich Haushalte sind alle vorhandenen Geräte „smart“. seit mehreren Jahren ein stabiles Wachstum. Im Vergleich zum Jahr 2017 ist die Zahl der Haushalte Erwartungsgemäß ist die Smart-TV-Ausstattung mit hochauflösendem Privatfernsehempfang um in den insgesamt etwas technikaffineren IPTV- und etwa 2,6 Millionen Haushalte gestiegen. Das ent- OTT-Haushalten überdurchschnittlich hoch. Mehr spricht einer relativen Zunahme von 24 Prozent in als drei Viertel (77 Prozent) der Haushalte, die ihr 5 Jahren. TV-Signal über IP-Netze empfangen, verfügt über mindestens ein smartes TV-Gerät. Mit 67 Prozent Abbildung 4 zeigt den Anteil des HD-Privatfernseh- liegen auch DVB-T2-Haushalte leicht über dem empfangs per Übertragungsweg. Es wird deutlich, Durchschnitt, Kabel- und Satellitenhaushalte kom- dass, relativ betrachtet, der Anteil der Haushalte men jeweils auf eine Smart-TV-Quote von etwas mit Privatfernsehempfang in HD in IPTV-Haushal- mehr als 63 Prozent der Haushalte. ten am höchsten ist. Absolut betrachtet empfangen die meisten Nutzenden der Privaten in HD ihr Fern- sehprogramm über Kabel (7,7 Millionen), gefolgt Acht von zehn Smart-TV-Haushalte verbinden vom Satellitenempfang (3,6 Millionen) und IPTV ihr Gerät mit dem Internet (2,4 Millionen). Die Terrestrik versorgt über DVB-T2 Um den vollen Funktionsumfang eines Smart-TVs knapp 1,4 Millionen Haushalte mit hochauflösen- zu nutzen, muss das Gerät mit dem Internet ver- dem Privatfernsehen. bunden werden. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Die Internet-Anschlussquote bei Smart-TVs ist im letzten Jahr um 6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen und liegt damit bei 80 Pro- 3 Die Nutzung von HD-Programmpaketen durch Connected-TV- zent der Haushalte, die mindestens einen Smart-TV Only-Haushalte kann an dieser Stelle aus methodischen Gründen nicht ausgewiesen werden. 26
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Abb. 5 Haushaltsausstattung Smart-TV Insgesamt 2021 45,4 18,7 64,0 stehen 34,4 Mio. 2020 44,8 15,4 60,3 Smart-TV-Geräte in deutschen 2019 45,0 11,5 56,4 TV-Haushalten. 2018 42,5 9,1 51,6 0% 25 % 50 % 75 % 1 Smart-TV-Gerät 2+ Smart-TV-Geräte Mind. ein Smart-TV-Gerät Basis: 38,697 / 38,491 / 38,520 / 38,753 Mio. TV-Haushalte in Deutschland (n = 7.059). besitzen. Insgesamt können so knapp 20 Millionen kommen Peripheriegeräte wie z. B. Streamingsticks Fernsehhaushalte auf zusätzliche Angebote wie oder Set-Top-Boxen zum Einsatz (Connected-TV) HbbTV, Mediatheken und Apps auf ihrem Smart-TV oder die Fernseher werden mit Hilfe z. B. eines Com- zugreifen. Bezogen auf alle Fernsehhaushalte in puters oder Smartphones an das Internet ange- Deutschland entspricht das etwas mehr als der bunden (Connectable-TV). Zieht man alle Mög- Hälfte (51,2 Prozent). lichkeiten, den Fernseher mit dem Internet zu verbinden in Betracht, steigt die Zahl der Haushal- te, die ihren Fernseher mit dem Internet verbinden Connected-TV Gesamt: In zwei von drei auf knapp 26 Millionen. Das heißt, etwas mehr als Haushalten ist mindestens ein TV mit dem zwei Drittel (67 Prozent) der TV-Haushalte in Internet verbunden Deutschland können über ihren Fernseher auf In- Ältere Fernsehgeräte werden auch über andere halte aus dem Internet zugreifen. Wege „smart“ gemacht, um über das Internet ver- breitete Inhalte und Anwendungen zu nutzen. Dabei Teil II: Digitale Bewegtbildnutzung Auch im zweiten Jahr der Covid-19-Pandemie müs- im Erhebungszeitraum 2021 weniger streng als im sen die Ergebnisse, und insbesondere auch die Vorjahr, dennoch ist davon auszugehen, dass die Trendbetrachtungen, vor dem Hintergrund der un- außergewöhnlichen Umstände weiterhin das In- gewöhnlichen Situation interpretiert werden. Zwar formations- und Mediennutzungsverhalten der waren die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen Menschen in Deutschland beeinflusst haben. Folg- 27
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Abb. 6 Connected-TV Smart-TV ans Internet angeschlossen In 48 % 2021 51,2 der TV-HH sind alle Fernseher im 2020 44,7 Haushalt mit 2019 39,3 dem Internet 2018 31,3 verbunden Smart- + Connected-TV 2021 64,4 2020 58,3 2019 51,3 2018 45,1 Smart, Connected + connectable (über Computer / Tablet / Smartphone) 2021 66,6 2020 62,0 2019 55,1 2018 49,4 0% 20 % 40 % 60 % 80 % Basis: 38,697 / 38,491 / 38,520 / 38,753 Mio. TV-Haushalte in Deutschland (n = 7.059). lich gilt es auch in diesem Jahr, die „Corona Brille“ Fernsehen mit mehr als 96 Prozent deutlich über bei der Einordnung der Ergebnisse zur Medien- und dem Bevölkerungsschnitt. Anders sieht es bei den Bewegtbildnutzung aufzubehalten. Jüngeren aus. Mehr als jeder zehnte der unter 50-Jährigen hat keinen Zugang zu einem Fernseh- gerät mit klassischem TV-Empfang. Unter den 20- Zugang zu „klassischem“ Fernsehen bis 39-Jährigen ist es sogar etwa jeder sechste. Das weiterhin sehr hoch bedeutet nicht, dass diese Personen sich vom Fern- Ferngesehen wird schon lange nicht mehr nur klas- sehprogramm verabschiedet haben, sondern nur, sisch vom Wohnzimmersofa am Fernsehgerät, son- dass sie andere Bildschirmgeräte bevorzugen und dern auf einer Vielzahl von Bildschirmen und in das Internet als Übertragungsweg nutzen. ganz unterschiedlichen Situationen. Dennoch bleibt der Zugang zum TV-Gerät in deutschen Haushalten Standard: mehr als neun von zehn (92 Prozent) Ausstattung mit OTT-fähigen Geräten im Personen in Deutschland haben Zugang zu einem Bevölkerungsschnitt gleichauf mit TV Fernseher mit klassischem TV-Empfang über Kabel, Die Gerätepenetration mit internetfähigen Bild- Satellit, IPTV oder DVB-T2-HD. Unterschiede zeigen schirmgeräten hat in diesem Jahr mit 92 Prozent sich vor allem in den Altersgruppen. Bei Personen im Bevölkerungsschnitt erstmals das gleiche Niveau ab 50 Lebensjahren liegt der Zugang zu klassischem wie der Zugang zu klassischem TV erreicht. Nach 28
Digitale Bewegtbildübertragung und -nutzung in Deutschland Altersklassen unterschieden zeigt sich, dass bei den steigenden Zahl an internetfähigen Bildschirmge- unter 60-Jährigen so gut wie jeder über mindestens räten in Haushalten nicht verwunderlich. In Teilen ein internetfähiges Bildschirmgerät verfügt – selbst erklärt sich diese Entwicklung auch aus dem stei- bei den 60- bis 69-Jährigen sind es noch neun von genden Anteil an Connected-TV-Only-Haushalten, zehn Personen, die Zugang zu einem Smartphone, wie sie in Teil 1 dieses Beitrags beschrieben wird. Tablet oder Ähnlichem haben. Erst bei Personen ab dem 70. Lebensjahr liegt die Penetration mit OTT- fähigen Geräten etwas niedriger. Etwas mehr als Fernseher weiterhin wichtigstes Gerät zur zwei von drei (67 Prozent) der über 70-Jährigen Bewegtbildnutzung verfügt über die notwendige Ausstattung, um Vi- Gefragt nach dem wichtigsten Gerät für die Be- deos aus dem Internet zu nutzen. wegtbildnutzung, nennt mehr als die Hälfte (57 Pro- zent) der Personen ab 14 Jahren in Deutschland das Fernsehgerät. Hinter dem Fernseher platziert sich – Ein Großteil der Bevölkerung kann klassisches wenn auch mit deutlichem Abstand – das Smart- TV und Internetvideos schauen phone, das von 12 Prozent genannt wird, gefolgt Die hohe Gerätepenetration sowohl klassischer von Laptops (10 Prozent), PC (8 Prozent) und Tablet Fernseher als auch anderer internetfähiger Bild- (5 Prozent). Damit kehrt die Relevanz des TV-Gerä- schirmgeräte birgt ein enormes Empfangspoten- tes nach einem leichten Anstieg im letzten Jahr zial für Videoangebote. Mehr als acht von zehn wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurück. (84 Prozent) Personen ab 14 Jahren in Deutschland Der Fernseher wird nach wie vor über alle Alters- verfügen über die technischen Möglichkeiten so- gruppen hinweg als wichtigstes Gerät angegeben. wohl klassisches Fernsehen als auch Videos aus Deutliche Unterschiede zum Bevölkerungsschnitt dem Internet zu nutzen. Dieser Anteil ist im Trend zeigen sich zwischen den unter- und den über weitgehend stabil. Abbildung 7 zeigt auch, dass die 30-Jährigen. In der jüngeren Altersgruppe nennt Zahl derjenigen mit ausschließlichem Zugang zu nur jeder Dritte (33 Prozent) den Fernseher, andere OTT-Angeboten auf knapp 5,7 Millionen Personen Geräte wie das Smartphone (23 Prozent) oder der angestiegen ist, während die Zahl derjenigen, die Laptop werden von deutlich mehr Personen als am „nur“ Zugang zu klassischem Fernsehen haben, wichtigsten für den Videokonsum befunden. Bei rückläufig ist. Das ist angesichts einer nach wie vor den über 30-Jährigen ist die Zahl derjenigen, die Over-the-top-Video (OTT-Video) OTT steht für Over-the-top und bezeichnet Be- sind z. B. Livestreams von TV-Sendern wie DAZN, wegtbildinhalte, die mittels einer Internetver- die Mediatheken und Plattformen der öffentlich- bindung über das „offene Netz“ im IP-Protokoll rechtlichen und privaten TV-Sender (z. B. Joyn verbreitet werden. Anders als z. B. bei IPTV sind oder TVNOW) oder die Videos von Videoplattfor- die Inhalte unabhängig vom Infrastrukturanbie- men und Streamingdiensten wie YouTube, Net- ter und auf jedem internetfähigen Bildschirm- flix oder Amazon. gerät zu empfangen. Beispiele für OTT-Videos 29
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