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Personal- und Organisationsentwicklung/-politik P-OE Katrin Klink & Andreas Tesche Diversity Mainstreaming – wie die Verbindung von Personalentwicklung und Diversity Management zur Katrin Klink Andreas Tesche Organisationsentwicklung beitragen kann This article describes the role of diversity management at universities and scientific institutions and how it can contribute to organisational development. With a comprehensive diversity and sustainability strategy, a university development would take place in which an organisational culture is created that is characterised by mutual respect, appreciation and openness of each and every individual. Three fields of action for diversity management are proposed which can be driven forward by human resources development: enabling individual life plans, creating transparent framework conditions and developing diversity competences. 1. Ausgangslage Zwei unterschiedliche Perspektiven zeigen wie wichtig Diversity Management als Treiber der Organisationsent- das Thema Diversität ist: Zum einen der Ansatz der Ant- wicklung? idiskriminierung und zum anderen der Ansatz der Poten- Diversity im allgemeinen Sinne wird meist mit „Vielfalt“ tialentfaltung einer von Diversity geprägten Umwelt/des übersetzt. Menschen sind in vielerlei Hinsicht vielfältig: Lebensraums Hochschule. Bezüglich des Einflusses auf in ihren Lebensentwürfen, ihren (z.B. kulturellen) Hin- die Antidiskriminierung kann man Argumente anführen tergründen, ihren Motiven, Kompetenzen, Vorlieben, wie die entstehende Offenheit gegenüber anderen Kul- Erfahrungen und mehr. Hierbei werden zusätzlich die turen, den Abbau von Stereotypen, die Akzeptanz und Dimensionen wie ethnische und kulturelle Diversität, Förderung des anderen Geschlechts oder Personen mit sexuelle Orientierung, Inklusion, Fachkultur, Vereinbar- einer anderen sexuellen Orientierung. Der Ansatz der keit von Familie und Beruf und Generationenmanage- Potentialentfaltung wurde bereits mehrfach wissen- ment neben der klassischen Gleichberechtigung der Ge- schaftlich hinterlegt (vgl. Ellemers/Rink 2016). Hierbei schlechter betrachtet. Diese Betrachtung kennzeichnet werden Aspekte wie die Erhöhung der Produktivität und die Bedeutsamkeit des Begriffs „Diversity“ im Umfeld die steigende Zufriedenheit der Mitarbeitenden durch einer Hochschule und/oder Forschungseinrichtung. eine diversity-gerechte Kultur geschildert. Zum Schluss Inzwischen sind an einigen Hochschulen Diversity-Ein- wird die Schwierigkeit eines einheitlichen Gesamtkon- richtungen geschaffen worden, welche das Thema Di- zeptes deutlich: Ziel der erfolgreichen Konzeptentwick- versity z.B. in der Personalentwicklung vorantreiben, lung muss es sein, dass die Institution im Nachgang ge- neben anderen Einrichtungen wie beispielsweise Chan- stärkt und geschlossen hervorgeht. cengleichheitsbeauftragten, Internationalen Büros oder Weitere Probleme und Herausforderungen treten in dem Schwerbehindertenbeauftragten. Unter die Aufgaben gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskurs auf. Oftmals des Diversity Managements fällt z.B. die Koordination wird sich hierbei fälschlicherweise nur auf eine Dimensi- der Aufgabenverteilung, die Entwicklung von Diversity- on von Diversity beschränkt und selten das Gesamtkon- Kompetenzen, die Unterstützung von Projekten und die strukt gesehen. Die Genderdiskussion ist im Alltag am strukturelle Einbindung der anderen Beauftragten. Dies verbreitetsten, diese spiegelt jedoch nur einen Teil der zeigt, dass das Gebiet Diversity als Querschnittsaufgabe Diversity-Dimensionen wider. Die wissenschaftliche Dis- nicht nur in der Personalentwicklung, sondern in der kussion ist dadurch von Selektivität und Limitation ge- ganzen Hochschule gilt. Insoweit sind Hochschulen und prägt. Das Bewusstsein aller Mitarbeitenden sollte für Forschungseinrichtungen auf dem Weg zu einer Gesam- die Vermeidung der Intersektionalität geschult werden. terfassung der diversity-gerechten Wissenschaft (siehe Dieser Begriff steht für die Tatsache, dass Diskriminie- z.B. Leitfaden Vielfaltsmanagement der Uni Rostock rung aufgrund der Vereinigung mehrerer Stereotype in- 2018 in P-OE 1+2 aus 2018 abgedruckt). nerhalb einer Person entsteht. Die Vereinfachung durch 32 P-OE 1+2/2020
P-OE xxx Kategorien stellt dann die vielfältige Realität einer Per- strumente wie die flexible Arbeitszeitregelungen, Maß- son dar. Es werden unterschiedliche Personen nicht nur nahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder anhand eines Merkmals, sondern anhand einer Band- Angebote des Gesundheitsmanagements. breite verschiedener Merkmale charakterisiert. Diese „Strukturelle Rahmenbedingungen am KIT“ bilden das Vielzahl an unterschiedlichen Eigenschaften führt zu dif- zweite Diversity-Handlungsfeld zur Schaffung von glei- ferenzierten Perspektiven und kreiert durch die Mög- chen und fairen Arbeitsbedingungen für alle Mitarbei- lichkeit neuer Vernetzungen der vorhanden Perspekti- tenden. Formelle Entscheidungs-, Kommunikations- ven und Gedankengänge eine Umgebung der Innovati- und Informationswege, sowie Leistungs- und Qualitäts- on. Außerdem sollte sich der Fokus weg von der aus- standards sollen zugänglich gemacht werden. Beispiels- schließlichen Minderheitenförderung („Big 6“) bewe- weise gehören dazu transparente und objektive Perso- gen, da sich dieser als zu passiv und defizitär herausge- nalauswahlverfahren und planbare Karrierewege. stellt hat. Stattdessen sollte ein Ansatz gewählt werden, Das dritte Handlungsfeld nimmt Diversity-Kompetenzen der von Anfang an keinen Gedanken an ein negatives auf individueller und organisationaler Ebene in den Bild von Minoritäten bietet. Dies kann unterstützt wer- Blick, um den Anforderungen einer Wissenschaftsein- den indem Stereotype in den Köpfen der Personen auf- richtung vorausschauend und angemessen zu begegnen. gehoben werden und eine Schulung der „Unconscious Dieses wird beispielsweise durch den „Unconscious Bias“ stattfindet, um wissenschaftliche Befunde zu un- Bias-Workshop“ oder den Leitfaden zur „diversity-ge- bewussten Wahrnehmungsfehlern den Mitarbeitenden rechten Sprache“ implementiert. und Studierenden näher zu bringen. Die Effekte aller drei Diversity-Handlungsfelder verstär- ken sich durch die gegenseitige Wertschätzung der Res- sourcen, also die Gesamtheit des Wissens und der 2. Weiterentwicklung der Diversity Fähigkeiten, die jede Person mitbringt. Nur im Zusam- Dimensionen zu Handlungsfeldern der PE menspiel dieser Elemente können vorhandene Potentia- Drei Handlungsfelder wurden auf Grundlage eines Ant- le der Beschäftigten am KIT vollständig entfaltet und idiskriminierungsansatzes für das Diversity-Management entsprechend eingesetzt werden. identifiziert, um der Vielfalt aller Mitarbeitenden zu be- Die Unterteilung in einzelne Handlungsschwerpunkte gegnen. Diese berücksichtigen sowohl individuelle als bietet eine Reihe von Vorteilen. Mitarbeitende profitie- auch organisationale Diversity-Bestandteile, wie z.B. in- ren durch einen inkludierenden Ansatz, der die Entfal- dividuelle Lebensentwürfe ermöglichen, faire Rahmen- tung der vorhandenen persönlichen Potenziale fördert. bedingungen gestalten und Diversity Kompetenzen ent- Zudem steigert das ressourcen- und leistungsorientierte wickeln. Dabei werden verschiedene Instrumente, Pro- Vorgehen die Akzeptanz in der Wissenschaft. Spezifi- gramme und Maßnahmen des Karlsruher Instituts für sche naturwissenschaftliche und technische Forschungs- Technologie (KIT) subsumiert, welche zu einem kon- felder werden somit um den Diversity-Gedanken erwei- struktiven Umgang mit Diversity beitragen. tert. Die Vielfalt der Handlungsfelder bietet weitrei- chende Gestaltungsmöglichkei- Abb. 1: Entfaltung von (Leistungs-)Potentialen ten hin zu einer diversity-gerech- ten Personalentwicklung. Die Analyse bestehender Prozesse führt zu unterschiedlichen an- wendungsbezogenen Instrumen- ten und zielgerichteten Angebo- ten in Bezug auf Diversity-Aspek- te. Bereits bestehende Angebote lassen sich durch die Anwendung der spezifischen Handlungsfelder besser evaluieren. Die Herausforderung in der Ge- staltung der „Handlungsfelder“ liegt in der schwierigen Zuord- nung der Unterthemen zu den einzelnen Bereichen im Ver- gleich zu den klassischen Di- mensionen. Wenn die Vielzahl der Diversity-Dimensionen un- zureichend berücksichtigt wird, führt dieses zu einem Qualitäts- verlust in der individuellen Aus- führung. Ein sorgfältiges Moni- Das erste Diversity-Handlungsfeld „Individuelle Lebens- toring der Ergebnisse muss erfolgen, damit Veränderun- entwürfe ermöglichen“ bezieht sich auf veränderte ge- gen innerhalb der Institution frühzeitig erkannt werden. sellschaftliche Rahmenbedingungen und die individuel- Es zeigt sich die Notwendigkeit eines möglichst diffe- len Lebenssituation des Einzelnen. Zugehörig sind In- renzierten und standardisierten Ablaufs des Monito- P-OE 1+2/2020 33
Personal- und Organisationsentwicklung/-politik P-OE rings. Diese Konkurrenzsituation kann sich jedoch mit deren unterschiedlichen Implikationen mit den konkre- entsprechenden Ressourcen auch als gewinnbringende ten Fragestellungen: Chance entwickeln. Weiterhin wird eine einheitliche • Wie kann das Diversity-Management in die „eigene“ Kompetenzen-Schulung im Bereich Diversity benötigt, Arbeit integriert werden? um Kommunikationsprobleme zwischen den Zuständi- • Was ist eine diversity-gerechte Personalentwicklung gen und Beauftragten zu verhindern. Dieses kann durch und welche Anforderungen stellt diese an die Mitar- Experten-Workshops und eine einheitliche Diskussions- beitenden? basis im Wissenschaftsmanagement erfolgen. • Welche Mehrwerte und Herausforderungen bringt die Wie zuvor erwähnt, wird das Diversity-Management als Verbindung von Personalentwicklung und Diversity- Querschnittsaufgabe innerhalb der ganzen Hochschule Management mit sich? verstanden. In diesem Bereich gibt es bereits umfassen- de Maßnahmen, beispielsweise zum Thema der Inklusi- Im zweiten Workshop wurde verstärkt auf die struktu- on. Es bestehen Leitfäden für barrierefreie Lehre und es relle Verbindung zwischen einer Personalentwicklung in wurden behindertengerechte Zugänge zu Gebäuden strategischer Hinsicht und Diversity eingegangen: und Räumen geschaffen. Als Beispiel für die Gleichstel- • Welche inhaltlichen Abgrenzungen und Schnittmen- lungspolitik, genauer für die gendergerechte Sprache, gen ergeben sich in der PE und im Bereich Diversity? wurde der Leitfaden für diskriminierungsarme Sprache • Welche aktuellen Schwerpunkte (Kerndimensionen) an der Universität Rostock veröffentlicht. Rassistische sind für die Personalentwicklung einerseits und für das Strukturen müssen frühzeitig aufgedeckt werden, um Diversity-Management andererseits vorherrschend? Vorfälle des Rassismus oder auch Antisemitismus vorzu- • Welche strategischen Ziele werden mit der PE derzeit beugen. Situativ sollte jedwede Art von Diskriminie- verfolgt? rung angesprochen werden oder frühzeitig gemeldet • Welche strategischen Ziele werden mit der Etablierung werden. Mit dem Zertifikat „audit familienfreundliche von Diversity verfolgt? Hochschule“ werden Hochschulen ausgezeichnet, die explizit Rahmenbedingungen schaffen, um Beruf oder Im Rahmen des kollegialen Austausches der Wissen- Studium mit der Familie zu vereinbaren. Das Gesund- schaftsmanager*innen aus deutschen und österreichi- heitsmanagement wird durch das Wissen des bundes- schen Universitäten, sowie zwischen den Wissenschafts- weiten Arbeitskreises gesundheitsfördernder Hoch- zentren und Forschungseinrichtungen ergaben sich die schulen erweitert. Hierbei wurden 10 Gütekriterien er- folgenden Festlegungen und Ergebnisse: arbeitet und 2020 aktualisiert mit Aufnahme aller Quer- 1. Gute PE ist immer diversity-gerecht, aber was macht schnittsthemen, die eine gesunde und diversity-gerech- „gute PE“ aus? (siehe auch „Kodex für gute Personal- te Organisation charakterisieren. Diese verschiedenen entwicklung an Universitäten des Netzwerkes für Per- Themen-Bereiche innerhalb der Hochschulen verdeutli- sonalentwicklung an Universitäten“ 27.11.2015). chen wie komplex sich das Diversity-Management ge- 2. Diversity ist ein wichtiges Querschnittsthema und in staltet. Es lässt sich festhalten, dass es verschiedene andere Themenkomplexe integrierbar. Erfordert die bundesweite Angebote im Bereich Diversity gibt, die bisherige Etablierung von Diversity an deutschen Uni- die Hochschulen zur Unterstützung der eigenen Maß- versitäten ein „Reframing“ der Personal- und Organi- nahmen heranziehen können. sationseinheit, um den strategischen Ausrichtungen gerecht zu werden? 3. Erforderlich ist eine weitere inhaltliche Ausgestaltung 3. Konkrete Erörterung und Weiterentwicklung von Diversity im Rahmen einer umfassenden „diversi- im Netzwerk für Personalentwicklungen an ty policy“ für alle Universitäten und Wissenschaftsein- Universitäten (UniNetzPE) richtungen. 4. Kann das derzeitige „audit Diversity“ den erforderli- Anhaltende Veränderungen des Wissenschaftssystems chen Rahmen für die Verzahnung von Diversity und führen zu stetigen Neuausrichtungen der Universitäts- strategischer Personalentwicklung bieten? Fall dies Kultur, vor allem die Personalentwicklung und das Di- nicht der Fall ist, wie könnte ein solches, welches versity-Managment müssen dabei neue Wege gehen. Sie sachgerecht alle Diversity-Aspekte inklusive der stra- stehen somit für zukunftsweisende Themen an deut- tegischen Ausrichtung beinhaltet, gestaltet werden? schen Universitäten. Aus diesem Grund hat sich das 5. In allen (strukturellen) Prozessen ist Diversity mit zu Netzwerk für Personalentwicklung an Universitäten berücksichtigen, diesem inbegriffen ist auch eine stär- („UniNetzPE“) auf seiner Jahrestagung vom 23.-24. Sep- kere Verortung in die strategische Personal-und Orga- tember 2019 an der Universität Würzburg diesen beiden nisationsentwicklung der Hochschulen und Wissen- Themenfeldern mit einem Schwerpunkt gewidmet. schaftseinrichtungen. Die Anforderungen an eine di- Durch den Vortrag „Diversität nutzen: Chancen und Her- versity-gerechte Personalentwicklung bedeutet nicht ausforderungen für die Personalentwicklung“ von Frau die Betreuung einzelner Personen bzw. Themenkom- Laura Elisabeth Creon, Integrationsbeauftragte der SRH plexe, sondern die Ausgestaltung der Organisation als Hochschule Berlin, folgte eine Einführung in die Thema- Gesamtheit zu einer „diversen“ Organisation. Dies tik, die anhand zweier Workshops im Rahmen der Netz- setzt nicht nur eine strukturelle, sondern auch eine in- werktagung vertieft wurden. Der erste Workshop be- haltlich stärkere Verbindung zwischen Diversity einer- fasste sich mit der Einbindung von Diversity-Instrumen- seits und Personal- bzw. Organisationsentwicklung ten und Maßnahmen der Personalentwicklung und andererseits voraus. 34 P-OE 1+2/2020
P-OE xxx Aufgrund dieser Festlegungen mündeten die Vorstellun- faltsmanagements implementiert, Diversity strukturell in gen der Workshop-Teilnehmer*innen, auch für die allen PE- und OE-Prozessen verankert, flexible Arbeits- zukünftige Entwicklung des Wissenschaftssystems, in die zeit- und Arbeitsortgestaltung und eine wertschätzende Forderung „Unterstützung und Einräumung von Gestal- Organisationskultur geschaffen werden. tungsrechten und –pflichten der diversity-gerechten Per- Die vier wichtigsten strategischen Ziele für Diversity an sonal- und Organisationsentwicklung an den Hochschu- Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen sind len und Wissenschaftseinrichtungen“. Zur weiteren Be- daher zusammengefasst: arbeitung dieser Gesamtthematik wurde der einhellige 1. Eine diversity-fördernde Organisations- und Füh- Wunsch formuliert, eine Arbeitsgruppe zu „Diversity rungskultur schaffen, weltoffene und tolerante Hoch- und PE/OE“ zu etablieren, die sich im Rahmen des Uni- schulkultur entwickeln. Unterstützung von OE-Pro- Netzwerkes PE im Gründungsstadium befindet und auf zessen im Kontext der Diversity-Dimensionen, d.h. den Internetseiten von UniNetzPE angekündigt ist. Unterstützung des Kulturwandels. (https://uninetzpe.de/das-netzwerk/arbeitsgruppen/). 2. Potential und Talente aller Hochschulmitglieder syste- matisch fördern und nutzen und damit einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten. 4. Strukturelle Institutionalisierung 3. Diversity-Kompetenz der Hochschulmitglieder stär- Grundlage für die Verankerung von Diversity in Unter- ken, für Gleichstellungs-, Diskriminierungsfragen und nehmen und öffentlichen Institutionen bildet die „Char- für den Umgang mit Vielfalt innerhalb und außerhalb ta der Vielfalt“ aus dem Jahr 2006, die flankiert vom der Hochschulen sensibilisieren. „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG), zu 4. Kreativität, Innovationsfähigkeit, Wertschätzung, einem der größten Diversity-Unternehmensnetzwerke Chancengerechtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Deutschlands geführt hat. Hervorzuheben ist insbeson- Motivation und Arbeitszufriedenheit schaffen/er- dere Ziffer 1 der Charta, welche sich mit der Pflege höhen. einer wertschätzenden Organisations- und Führungs- kultur beschäftigt, sowie Ziffer 3 mit der Anerkennung Diversity als gemeinsame Vision und als strategisches der Vielfalt innerhalb und außerhalb der Organisation Ziel betrifft daher alle Handlungsfelder des Personalma- als wertschätzender und gewinnbringender Faktor für nagements. Neben der strategischen Personalplanung eben diese. Im Zuge dieser Entwicklungen entstanden liegt der Hauptfokus Antidiskriminierungsstellen, Diversity-Beauftragte und - auf der Führungs- und Organisationskultur. „Führungs- Organisationseinheiten in vielen Unternehmen, Hoch- kräfte müssen pro-aktiv Vielfalt gestalten (und nicht nur schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Bereits auf diese reagieren). Diversity-Management kann durch- unverändert bestehen die Kerndimensionen von Diver- aus als eine eigenständige Führungsaufgabe gesehen sity: mit Menschen aller Generationen, Anerkennung werden.“ (Fesefeldt/Voigt, S. 17). Insoweit sind die Her- aller sozialen und biologischen Geschlechter, ethnische ausforderungen vielfältig wie ihr Diversity-Ansatz. So kulturelle Vielfalt, Internationalität, Personen aller sind z.B. auch Hochschulen und Wissenschaftseinrich- Glaubensrichtungen und Weltanschauungen, sexuelle tungen vor rassistischen Diskriminierungen nicht gefeit, Orientierung, Inklusion hinsichtlich Menschen aller Be- wie der Sammelband von Daniela Heitzmann und Ka- fähigungen und Beeinträchtigungen zum Abbau von so- thrin Houda zu „Rassismus an Hochschulen – Analyse – zialen Barrieren sowie Vereinbarkeitsthemen, z.B. Fami- Kritik – Intervention“ (1. Auflage 2020), eindrucksvoll lienfreundlichkeit. verdeutlicht. In diesem werden konkrete rassistische Die Anforderungen an eine diversity-gerechte und wirk- Strukturen, Wissensproduktionen und Diskriminierungs- same Personal- und Organisationsentwicklung liegen erfahrungen in Wissenschaft und Hochschule aufgezeigt daher in der Anerkennung der unterschiedlichen Vor- und bewertet. aussetzungen und Bedürfnisse der Beschäftigten. Dazu Diversität ist daher umso mehr der Treiber für die Wei- zählen die Förderung der individuellen Stärken und Ziele terentwicklung von Forschung und Lehre an Hochschu- der Beschäftigten je nach Lebensphase, Wertschätzung len. Dieses belegt umfassend und detailliert der Bericht der Individualität und Intersexualität, Wertschätzung der European University Association (EUA) „Diversity, der hohen personellen Vielfalt der Belegschaften und Equity and Inclusion in European Higher Education In- Teams mit Abschwächung von Diversity–Faultlines, Ge- stitutions“, welcher von Anna Lena Claeys-Kulik und staltung chancengerechter Berufungsverfahren und Sen- Thomas Ekman Jorgensen verfasst wurde (20.11.2019, sibilisierung und Kompetenzentwicklung in allen Berei- www.eua.eu). che einer Hochschule oder Wissenschaftseinrichtung. Die befragten 159 Institutionen aus 36 verschiedenen Förderung für Führungspositionen (geschlechtergerecht, europäischen Systemen haben mehrheitlich als Haupt- Menschen mit Beeinträchtigung, Menschen mit Migrati- hindernisse die fehlenden Ressourcen und mangelnde ons- und Fluchterfahrung). Führungskräfte müssen Sensibilisierung angegeben. Insoweit bedarf es eines daher mit einbezogen werden, indem Leitlinien und „holistic system-level approach, rather than looking at Grundordnungen weiterentwickelt werden, eine regel- higher education institutions …” (a.a.O., S. 44) und sys- mäßige Sensibilisierung stattfindet und die Kompetenz- tematischen Diversity-Trainings „Training and other entwicklung der Mitarbeitenden im Rahmen von Coa- forms of awareness raising are clearly important forms of ching weiterentwickelt wird. Das Diskriminierungspo- supportas they directly address the main barriers to at- tential von Kriterien und Verfahren der Personalpolitik taining equity, diversity and inclusion” (a.a.O., S. 43). muss evaluiert, ein Leitfaden zur Umsetzung des Viel- P-OE 1+2/2020 35
Personal- und Organisationsentwicklung/-politik P-OE Conclusio Ellemers, N./Rink, F. (October 2016): Diversity In Work Groups. In: Current Opinion in Psychology, 11, pp. 49-53. Fesefeldt, J./Voigt, I. (2016): Kulturelle Vielfalt als Ressource im Personal- “New policies and strategies than need to be adapted to management. In: dpg-Informationen 2016. respond to the specific system context and challenges” Heitzmann, D./Houda, K. (Hg.) (2020): Rassismus an Hochschulen. Analyse – Kritik – Intervention. Weinheim. (a.a.O., S. 44). Krell, G./Sieben, B. (2007): Diversity Management und Personalforschung. Mit einer umfassenden Diversity- und Nachhaltigkeits- In: Krell, G./Riedmüller, B./Sieben, B./Vinz, D. (Hg.): Diversity Studies. strategie würde eine Hochschulentwicklung stattfinden, Grundlagen und disziplinäre Ansätze. Frankfurt am Main. in der eine Organisationskultur entsteht, die von gegen- Schöer, H. (2012): Diversity Management und Soziale Arbeit. ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, Deutscher Verein für Öf- seitigem Respekt, Wertschätzung und Offenheit jeder fentliche und Private Fürsorge, Archiv Nr. 1/2012, S. 1-13. und jedes einzelnen geprägt ist (Charta der Vielfalt Nr. 1). Die Entfaltung vielfältiger Fähigkeiten und Talente aller Mitarbeiter*innen ermöglicht und gewinnbringend für die Hochschule eingesetzt wird. Und somit eine Will- kommens-, Lehr- und Lernkultur gelebt wird, die den initiierten Kulturwandel vorantreibt. Literaturverzeichnis n Katrin Klink, M.A., Leiterin Diversity Manage- „4 Layers of Diversity” nach Gardenswartz/Rowe (2003). Quelle: https:// www.gardenswartzrowe.com/why-g-r ment sowie Qualifizierung von Wissenschaft- Berthold, C./Leichsenring, H. (Hg.): CHE Diversity Report 2012. ler*innen am Karlsruher Institut für Technologie Buß, I./Buß, C. (2015): Diversity Management – auch für Hochschulperso- (KIT), E-Mail: katrin.klink@kit.edu nal? Ergebnisse einer bundesweiten Hochschulbefragung. In: Personal- und Organisationsentwicklung in Einrichtungen der Lehre und For- n Andreas Tesche, Regierungsdirektor, Leiter schung, 10 (4), S. 98-105. Stabsstelle Diversity und Berater für Human Res- Claeys-Kulik, A.-L./Ekmann Jorgensen, T./Stöber, H. (2019): Diversity, Equity and Inclusion in European Higher Education Institutions. EUA-Report source Strategy an der Universität Rostock, November 2019. E-Mail: andreas.tesche@uni-rostock.de Döge, P. (2008): Von der Antidiskriminierung zum Diversity-Management. Ein Leitfaden. Göttingen. 36 P-OE 1+2/2020
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