DORSTFELD IN BEWEGUNG - MAGAZIN FÜR ZIVILGESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT GEGEN RECHTSEXTREMISMUS - Quartiersdemokraten
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DORSTFELD IN BEWEGUNG AUSGABE #3 MAGAZIN FÜR ZIVILGESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT GEGEN RECHTSEXTREMISMUS AUS DEM INHALT: → Rückblick auf das → Interview mit → Im Blickwinkel: Engagement im Jahr Manfred Kossak Verschwörungsmythen 2020
IMPRESSUM © Februar 2021 Dorstfeld in Bewegung - Magazin für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus Herausgeberin Verein zur Förderung von Respekt, Toleranz und Verständigung in Dortmund-Dorstfeld II. Bickestraße 6 44263 Dortmund Redaktion Vivianne Dörne / Annica Lang Projekt Quartiersdemokraten Telefon: 02 31 / 53 45 37 24 kontakt@quartiersdemokraten.de www.quartiersdemokraten.de facebook.com/quartiersdemokraten twitter.com/qd_dorstfeld Druck: WIRmachenDRUCK GmbH Gefördert durch:
04 ― GRUßWORT INHALT Birgit Miemitz 06 ― EDITORIAL Projekt Quartiersdemokraten 08 ― ZIVILGESESELLSCHAFTFLICHES ENGAGEMENT TROTZ SOCIAL DISTANCING Rückblick auf das Jahr 2020 12 ― EIN PODCAST AUS DORSTFELD Ausschnitte aus dem Quartiersdemokraten-Podcast 14 ― RECHTE ERZIEHUNGSIDEALE Interview mit Tina Leber 18 ― DARUM HABEN WIR UNS ENGAGIERT! Statements von Engagierten 20 ― »DISKRIMINIERUNG AUF DEM SPORTPLATZ SOLLTE AUF KEINEN FALL UNKOMMENTIERT BLEIBEN.« Interview mit Patrick Arnold 22 ― NEONAZI-SZENE IM UMBRUCH Rechtsextremismus in Dorstfeld im Jahr 2020 26 ― CHRONIK RECHTSEXTREMER VORFÄLLE IN DORSTFELD 2020 28 ― SELBSTVERSTÄNDNIS Runder Tisch für Toleranz und Verständigung Dorstfeld 30 ― AUSBLICK: EIN NEUER SONDERBEAUFTRAGTER Interview mit Manfred Kossack 32 ― IM BLICKWINKEL: Verschwörungsmythen 34 ― DREI FRAGEN an Micha Neumann & ADIRA
GRUßWORT Liebe Dorstfelderinnen und Dorstfelder, Sie halten die dritte Ausgabe des Magazins »Dorstfeld in Bewegung« in den Händen. Auch in dieser Ausgabe findet sich ein Rückblick auf die Aktivitäten 2020 im Stadtteil in der Aus- einandersetzung der demokratischen Zivilgesellschaft mit dem Rechtsextremismus vor Ort und viele interessante Informationen zur Unterstützung unserer demokratischen Kultur. Das Jahr 2020 war für uns alle angesichts der Corona – Pandemie ein außergewöhnliches Jahr mit vielen Belastungen und bisher nicht gekannten Herausforderungen in der Alltags- bewältigung und im beruflichen Leben. Umso erfreulicher ist es, dass auch in diesem Jahr viele Aktivitäten stattgefunden haben, die das bunte und vielfältige Leben dieses Stadtteils sichtbar und erfahrbar gemacht haben. Dafür möchte ich meinen Dank aussprechen an all die vielen engagierten und aktiven Dorst- felderinnen und Dorstfelder. Nach wie vor ist es den Neonazis nicht gelungen, im Stadtteil Anschluss zu finden. Daran hat dieses Engagement einen maßgeblichen Anteil. Wesentliche und kreative Unterstützung erfährt dieses Engagement mittlerweile im vier- ten Jahr durch das Projekt »Quartiersdemokraten«. Dem Projekt ist es gelungen, auch in diesem herausfordernden Jahr Menschen, Vereine und Institutionen in schwierigen Situ- ationen zu beraten, die Aktiven stärker zu vernetzen und interessante Informations- und Fortbildungsangebote zu machen. Mittlerweile sind sie fester und geschätzter Bestandteil des Engagements für Vielfalt und Demokratie - nicht nur Dorstfeld sondern auch weit dar- über hinaus. Dafür möchte ich mich bei den Mitarbeitenden im Projekt an dieser Stelle herz- lich bedanken. Sehr gerne und mit Freude möchte ich als neue Vorsitzende des Vereins »Verein zur Förde- rung von Respekt und Toleranz in Dortmund-Dorstfeld e.V.« dieses Engagement unterstüt- zen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und Euch im Jahr 2021! Anregende Lektüre wünscht Birgit Miemitz 04
»Nach wie vor ist es den Neonazis nicht gelungen, im Stadtteil Anschluss zu finden. Daran hat dieses Engagement einen maßgeblichen Anteil.« Birgit Miemitz ist seit 2020 neu gewählte Vorsit- zende des Vereins zur För- derung von Respekt, Tole- ranz und Verständigung in Dortmund-Dorstfeld e.V., der die Trägerschaft für das Projekt Quartiersdemo- kraten übernommen hat. Bis zu ihrem Ruhestand arbei- tete sie in der Koordinie- rungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund. 05
EDITORIAL Liebe Leser*innen! Wir wissen, dass es sich dabei um einen Mythos handelt, den Neonazis gerne für Sie halten die dritte Ausgabe des Magazins sich nutzen. Dorstfeld ist keine »natio- »Dorstfeld in Bewegung« in Ihrer Hand. nal befreite Zone« – es gibt viele Personen Es ist aber nicht nur die dritte Ausgabe im Stadtteil, die sich im Großen und im des Magazins für zivilgesellschaftliches Kleinen für einen lebenswerten und soli- Engagement gegen Rechtsextremismus darischen Stadtteil einsetzen. Trotzdem in Dorstfeld, sondern das Projekt ist nun betrifft uns der Rechtsextremismus als auch seit über drei Jahren aktiv. Als Fach- demokratische Gesellschaft – sie bedrohen und Netzwerkstelle für Rechtsextremis- Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen musprävention und Demokratieförde- und schüren Ängste, die sie für sich nutz- rung im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld bar machen wollen. Deswegen benötigt unterstützen und beraten wir die Dorst- zivilgesellschaftliches Engagement nicht felder Zivilgesellschaft im Engagement nur professionelle Unterstützung und für ein solidarisches Miteinander. Viele Zeit, sondern auch Mut und Einsatz für So- Dorstfelder*innen kennen unsere Arbeit lidarität – dieses Engagement soll mit dem und wissen, dass es uns ein großes Anlie- Magazin sichtbar gemacht werden. Das gen ist, eine Gegenöffentlichkeit für die Projekt Quartiersdemokraten ist daher demokratische Zivilgesellschaft zu der breit aufgestellt: Ob Workshops oder Fort- rechtsextremen Szene zu bieten. Deswegen bildungen zu bestimmten Themen oder finden Sie auch in unserer dritten Aus- Vorträge über die rechtsextreme Szene in gabe des Magazins einen Jahresrückblick Dortmund – wir kommen gerne zu Ihnen zu 2020, Interviews mit Engagierten aus und unterstützen Sie mit unseren Ange- Dorstfeld und Analysen über die neona- boten. Haben wir Ihr Interesse geweckt? zistischen Strukturen in Dortmund. Ziel Möchten Sie sich engagieren oder haben des Magazins ist es, den Fokus auf zivil- Fragen zum Umgang mit Rechtsextremis- gesellschaftliches Engagement zu legen mus? Sprechen Sie uns an! und die rechtsextremen Aktivitäten im Stadtteil einschätzbar zu machen. Schon 2020 – ein Jahr mit vielen seit vielen Jahren haben sich zahlreiche Herausforderungen für die Neonazis in Dorstfeld festgesetzt und ver- Demokratie suchen immer wieder den Stadtteil für sich zu beanspruchen und Dorstfeld als ver- Das Jahr 2020 wird uns allen in Erinnerung meintlichen »Nazi-Kiez«zu präsentieren. bleiben – mit der Ausbreitung des Corona- 06
virus wurde ein weltweiter Gesundheits- Dorstfeld in Bewegung notstand ausgerufen. Die Covid-19-Pan- demie bestimmt nach wie vor unseren Demokratisches Engagement gegen Alltag und verändert das gesellschaftliche Rechtsextremismus im Stadtteil bleibt Zusammenleben, nicht nur aufgrund der wichtig und wirkt. Trotz der großen Her- Corona-Maßnahmen wie die Einhaltung ausforderungen im Zusammenhang mit von Abständen und die Reduzierung so- der Covid-19-Pandemie können wir auf zialer Kontakte, sondern auch durch Kon- viele Erfolge zurückblicken. Einige Kader flikte innerhalb der Gesellschaft. Vor die- der rechtsextremen Szene aus Dorstfeld sem Hintergrund erfahren antisemitische sind derzeit inhaftiert durch den Repres- Verschwörungserzählungen Aufschwung, sionsdruck des Staates und auch die Kom- was sich zuletzt auf den so genannten munalwahl 2020 war kein Erfolg für die »Anti-Corona-Demonstrationen« in der Partei »Die Rechte« und der »NPD«: sie ganzen Bundesrepublik gezeigt hat. Die verlieren einen Sitz im Stadtrat und kön- Aussagen der Demonstrant*innen reichen nen lediglich in zwei Bezirksvertretungen von absurden Vergleichen mit dem Natio- einziehen. Auch die rechtsextreme Inter- nalsozialismus bis hin zur Inszenierung als netseite »DortmundEcho«, das als eigens »Widerstand«. Auch rechtsextreme Per- gegründetes Sprachrohr für Szenemitglie- sonen aus Dortmund sind immer wieder der dient, ging offline. An vielen Stellen Teil dieser antidemokratischen Proteste wurde zivilgesellschaftliches Engagement gewesen. Diese Ereignisse machen aber in Dorstfeld sichtbar – im Jahr 2020 vor auch deutlich wie aus Neonazis, Rechts- allem digital: Netzwerktreffen aber auch extremen, Verschwörungserzähler*innen eine Vielzahl an Vorträgen im Rahmen und Corona-Leugner*innen Bündnisse von »Dorstfeld im Gespräch« wurden on- entstehen, von denen eine reale Gefahr line durchgeführt. Daher erwartet Sie auch ausgeht. Auch der rechtsterroristische An- in diesem Magazin ein Rückblick auf die schlag in Hanau, bei dem neun Menschen Aktionen, die im vergangenen Jahr statt- aus rassistischen Motiven getötet wurden gefunden haben. Zwar werfen wir eben- und die Offenlegung von rechtsextremen so einen Blick auf die Entwicklung der Netzwerken in staatlichen Behörden zei- rechtsextremen Szene, aber sprechen vor gen, dass Rechtsextremismus nach wie vor allem mit Menschen, die den Stadtteil so- unsere Demokratie bedroht. Es wird deut- lidarisch mitgestalten. lich: die Arbeit für ein demokratisches und solidarisches Zusammenleben ist notwen- An dieser Stelle möchten wir uns bei allen dig! Unterstützer*innen bedanken, die an die- sem Magazin mitgewirkt haben und sich gemeinsam mit uns für eine starke Demo- kratie einsetzen. Dorstfeld bleibt in Bewe- gung! 07
ZIVILGESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT TROTZ SOCIAL DISTANCING Rückblick auf Jahr 2020 Das Jahr 2020 ist ein historisches Jahr, Neue Formen des zivilgesell- das uns allen in Erinnerung bleiben wird. schaftlichen Engagements Die Covid-19-Pandemie hat uns als Ge- sellschaft vor große Herausforderungen Die einschneidenden Maßnahmen haben gestellt. Mit der Ausbreitung des Corona- auch die Arbeit des Projekts wesentlich virus wird auch das öffentliche Leben in- verändert und dazu geführt, die Dorst- nerhalb weniger Monate heruntergefah- felder Zivilgesellschaft vor allem auf di- ren und die Pandemie bestimmt bis zum gitalem Wege in der Auseinandersetzung jetzigen Zeitpunkt das Weltgeschehen. mit der lokalen rechtsextremen Szene zu Die Maßnahmen zur Eindämmung der unterstützen und zu beraten. Aber nicht Infektionsgefahr sind weitreichend und nur die Erprobung neuer Kommunika- beeinflussen unseren persönlichen und tionsmöglichkeiten hat das Projekt vor beruflichen Alltag. Abstände einhalten, Schwierigkeiten gestellt, sondern auch auf persönliche Kontakte verzichten und viele Veranstaltungsabsagen bestimmten Masken tragen – Maßnahmen, die wichtig den Jahresanfang von 2020. So musste das und ein neues Zeichen der Solidarität sind. alljährliche Demokratie-Festival »Vielfalt So hat sich auch die Arbeit des Projekts lieben, Dorstfeld leben« auf dem zent- Quartiersdemokraten verändert, ebenso ralen Wilhelmplatz kurzfristig abgesagt die Möglichkeiten sich zivilgesellschaft- werden. Die Veranstaltung ist in enger lich zu engagieren. Zwar hat auch das Pan- Abstimmung und Zusammenarbeit mit demiegeschehen das öffentliche Leben in zivilgesellschaftlichen Akteur*innen aus Dorstfeld eingeschränkt, aber nicht trotz, Dorstfeld vor drei Jahren entstanden. Im sondern wegen der Pandemie haben wir Jahr 2018 fand eine große rechtsextreme gemeinsam neue Wege und Möglichkeiten Demonstration mitten im Herzen von erprobt. Dortmund statt. Neonazis mobilisierten stark ins Ausland und empfingen rechts- extreme Personen in Dorstfeld. Vor die- sem Hintergrund setzte die Dorstfelder Zivilgesellschaft gemeinsam mit dem Pro- jekt Quartiersdemokraten ein starkes Zei- 08
Mit Abstand in der Turnhalle: Dorstfeld im Gespräch unter besonderen Bedingungen chen für Demokratie und gegen Rechts- lich fanden unter diesem Titel Podiums- extremismus, in dem ein mehrtägiges diskussionen und Vorträge in Dorstfeld Demokratie-Festival mit klarer Botschaft statt, in dem unterschiedlichen Fragen organisiert wurde. Diese Tradition muss- rund um das Thema Rechtsextremismus te 2020 bedauerlicherweise pausieren. gemeinsam mit der Dorstfelder Zivilge- Antidemokratische Tendenzen und Ein- sellschaft nachgegangen wurde. So auch stellungen treffen aber gerade in Krisen- im letzten Jahr – allerdings digital oder mit zeiten auf fruchtbaren Nährboden – so hat Hygienekonzept. So haben wir in einer On- das Jahr 2020 auch gezeigt, dass die Arbeit line-Veranstaltung über rechte Familien- demokratiefördernder Maßnahmen und bilder und ihre menschenfeindlichen Er- politischer Teilhabe trotz der Kontakt- ziehungsvorstellungen gesprochen, aber beschränkungen wichtiger denn je ist. auch über Handlungsstrategien für Mul- Digitale Formate wie Diskussionsrunden, tiplikator*innen. Rechte Familienbilder Nachbarschaftshilfen und Videokonfe- sind aber nicht die einzige Herausforde- renzen sind nur einige Stichworte, die die rung in der Auseinandersetzung mit dem Veränderungen des Engagements andeu- Rechtsextremismus. Neonazis versuchen ten. Aber wie können kreative Lösungen nicht nur ihre Ungleichheitsvorstellungen aussehen und was ist eigentlich in Dorst- innerhalb ihrer Familien weiterzugeben, feld passiert? sondern auch in wichtigen gesellschaft- lichen Bereichen Einfluss zu erlangen. Dorstfeld im Gespräch So sehen sich auch Sportvereine immer wieder mit Rechtsextremen konfrontiert, Eine Möglichkeit all diese Fragen zu dis- sei es als Mitglieder, durch Unterwan- kutieren, bietet das Format »Dorstfeld derungsversuche aber auch als Zuschau- im Gespräch«, welches in Kooperation er*innen bei Sportveranstaltungen. Neben mit dem »Runden Tisch für Toleranz und der Frage, wie politisch Sportvereine sein Verständigung« entstanden ist. Ursprüng- können und müssen, stellt sich die prakti- 09
sche Herausforderung mit dem Umgang denn viele engagierte Einzelpersonen, aber mit Rechtsextremismus. Diesem Problem auch Netzwerke wie der »Runde Tisch für hat sich die Dorstfelder Zivilgesellschaft Toleranz und Verständigung« oder die angenommen im Rahmen einer lebendi- Dorstfelder Jugendgruppe »TARA – Teens gen Diskussionsrunde, denn der Stadtteil against racism and antisemitism« konn- zeichnet sich durch eine ausgesprochen ten sich nicht persönlich treffen. Mit dem starke Vereinskultur aus. Anlass für dieses Quartiersdemokraten-Podcast haben wir Format ist, dass Dorstfeld immer wieder in der Corona-Zeit daher ein Format ent- bundesweit als vermeintlicher »Nazi-Kiez« wickelt, mit dem Gespräche und ein Aus- im Gespräch ist. Wir möchten aber nicht tausch ohne direkten Kontakt ermöglicht nur über Dorstfeld reden, sondern mit den werden konnten. Wir fragen nach, wie die Dorstfelder*innen vor Ort nach gemeinsa- Menschen in Dorstfeld mit der Situation men Strategien und Lösungen suchen. umgehen und was sich im Stadtteil bewegt hat. So haben wir über das neue Bürger- Gemeinsam und solidarisch trotz haus »Pulsschlag« berichtet, welches auf Corona? dem Gelände der alten Waschkaue der ehe- maligen Zeche 2/3 in diesem Jahr in Ober- In Zeiten der Pandemie ist es schwierig, dorstfeld entsteht. Das Bürgerhaus bietet Kontakte zu pflegen. Das Projekt Quar- einen Ort für zivilgesellschaftliches Enga- tiersdemokraten steht schließlich für Ge- gement und Austausch. meinwesenarbeit, aber wie soll das funktio- nieren? Dieser Frage haben wir uns gestellt, Schule ohne Rassismus: Schüler*innen der Dorstfelder 10 Wilhelm-Busch-Relschule beim Gedenken zum 9. November
Über Dorstfeld und über die Landes- wurde die Gedenkveranstaltung in Dorst- grenzen hinaus hat aber noch ein anderes feld von vielen Dortmunder Bürger*in- Thema die Welt bewegt: Rassismus. Der nen besucht und als wichtiger Teil des zi- gewaltsame Tod von George Floyd durch vilgesellschaftlichen Engagements gegen einen Polizisten sorgte in den USA für Antisemitismus und Rechtsextremismus massive Proteste, die sich vor allem gegen wahrgenommen. Bedauerlicherweise wa- den weit verbreiteten und fortwährenden ren ein gemeinsames Beisammenstehen Rassismus richten. Auch hierzulande so- und Gedenken nicht möglich. Trotzdem lidarisieren sich viele mit den amerikani- konnte ein würdevolles Erinnern im Rah- schen Demonstrant*innen und über das men einer Kranzniederlegung am Mahn- Thema Rassismus wird nun wieder viel mal der ehemaligen Synagoge in Dorstfeld debattiert. An vielen Stellen wird dabei zu ermöglicht werden. Recht darauf hingewiesen, dass Rassismus keineswegs ein »neues« Problem ist oder »Demokratie ist keine Selbstver- nun »wieder da« sei. Denn das Gegenteil ständlichkeit« ist der Fall: Rassismus ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft und sorgt Rabbiner Baruch Babaev der jüdischen für Diskriminierung, Ausgrenzung und Gemeinde in Dortmund plädierte für Gewalttaten. Das Thema hat auch die Ju- einen mahnenden Blick auf die aktuellen gendgruppe TARA bewegt, wie sie in unse- gesellschaftlichen Entwicklungen. Die so rem Podcast berichteten. So erzählen die genannten »Anti-Corona-Demonstratio- Jugendlichen über ihre Erfahrungen mit nen« zeigen, wie anschlussfähig antisemi- Rassismus und Rechtsextremismus und tische Verschwörungserzählungen sind – erklären, was aus ihrer Sicht gegen Ras- Antisemitismus ist eben nicht nur zentral sismus in Dorstfeld getan werden kann. für den Rechtsextremismus, sondern auch Das Engagement für eine solidarische ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir Gesellschaft bewegt viele Menschen im erleben aktuell, wie wesentlich und wichtig Stadtteil – das hat sich auch bei der Ge- der Einsatz für ein demokratisches Mit- denkveranstaltung an die Opfer der Pog- einander ist. Das kontinuierliche zivilge- romnacht am 9. November gezeigt. Doch sellschaftliche Engagement in Dorstfeld die Covid-19-Pandemie und die damit ist trotz der Covid-19-Pandemie nicht ein- verbundenen Einschränkungen betrafen geschlafen. Uns haben im letzten Jahr vie- auch die jährliche Gedenkveranstaltung. le Meldungen erreicht, die Mut machen. Daher fand das Gedenken im kleinen Kreis Mut, sich weiterhin für Gleichwertig und statt, um die Gesundheit aller Beteiligten Solidarität einzusetzen. Auch im Jahr 2021 gewährleisten zu können. Damit wurde wird das Projekt Quartiersdemokraten nicht nur an die Opfer der nationalsozia- alle Menschen unterstützen, die sich für listischen Verbrechen erinnert, sondern einen demokratischen Diskurs und soli- auch ein Zeichen gegen aktuellen Anti- darischen Umgang miteinander einsetzen semitismus gesetzt. In der Vergangenheit möchten! 11
EIN PODCAST AUS DORSTFELD Podcasts, das sind im Internet abrufbare Audiobeiträge, erfahren während der Corona-Pandemie zunehmende Beliebtheit. Auch das Projekt Quartiers- demokraten hat 2020 einen Podcast entwickelt, zwei Folgen sind bisher erschienen. In der zweiten Folge berichtete die Jugendgruppe »TARA - Teens against racism and antisemitism« über rassistische Diskriminierung im Alltag anlässlich der Proteste der »Black Lives Matter« Bewegung. Auf diesen Seiten stellen wir einige Zitate aus dem Podcast vor (links) sowie einen Text der Dortmunder Schülerin A.J (rechts), der ebenfalls in der Folge zu hören ist. Der Podcast kann auf www.quartiersdemokraten.de sowie www.soundcloud.com/quartiersdemokraten gehört werden. »Diskriminiert zu werden aufgrund meines Aussehens, finde ich halt unschön!« »BLM-Demos haben eine Kontroverse ange- regt. Ich habe das Gefühl, dass der Rassis- mus gegen Schwarze nicht so oft aktiv be- sprochen wird oder kleingeredet wird« »Aufzustehen – mitzusprechen! Nicht sofort an Sachen zu glau- „Wer nichts sagt ben, die online gepostet werden. und es einfach so Selbst bei Alltagsrassismus, dass mitbekommt und man sagt: Stopp, das möchte ich sich nicht ein- nicht!« mischt, der ist fast genauso schlimm wie der, der es sagt.“ 12
We are living in the 21th century, the era of freedom, technology and progress and yet we find ourselves fol- lowing the same patterns of our past. Our generation is the one that grew up without the terror of war and yet Wir leben im 21. Jahrhundert, if feels like we find ourselves in the midst of one of the im Zeitalter der Freiheit, der greatest wars, a war against humanity. It is our moral Technologie und des Fortschritts, obligation, nay, our duty to bring this reign of terror und dennoch folgen wir den glei- to an end. We are one people, we are brothers and chen Mustern wie in unserer Ver- sisters, we are one big family. So, let us be united, gangenheit. Unsere Generation ist let us hold hands and built one strong commu- ohne die Schrecken des Krieges auf- nity. A community where every human being is gewachsen, und doch haben wir das tolerated and accepted regardless of colour, race, Gefühl, dass wir uns inmitten einem ethnic background, gender, religion or any ot- der größten Kriege befinden, einem her form of stigmatism that has been imposed Krieg gegen die Menschheit. Es ist unse- on us by individuals of this society. I expected re moralische Verpflichtung, nein, unse- the 21th century to be a century of freedom, re Pflicht, dieser Schreckensherrschaft equality and justice for every single person ein Ende zu setzen. Wir sind eine Mensch- on this planet. I believed the 21th century heit wir sind Brüder und Schwestern, wir to be a new chapter for mankind but appa- sind eine große Familie. Lasst uns also ver- rently, I have been deceived. What I expect eint sein, lasst uns an den Händen halten und from us is to live up to these expectations. eine starke Gemeinschaft aufbauen. Eine Ge- Let us make our century worth living meinschaft, in der jedes menschliche Wesen and celebrating. Let us be remembered toleriert und akzeptiert wird, unabhängig von for betterment, no, the advancement of Hautfarbe, »Rasse«, ethnischem Hintergrund, humankind and once and for all aban- Geschlecht, Religion oder jeder anderen Form don the climate of hate that has been von Stigmatismus, die uns von Teilen dieser Ge- infiltrating our world. This is what sellschaft auferlegt wurde. Ich habe erwartet, dass our predecessors taught, this is what das 21. Jahrhundert ein Jahrhundert der Freiheit, they fought for, this is what they Gleichheit und Gerechtigkeit für jeden einzelnen wanted. Menschen auf diesem Planeten sein wird. Ich dach- te, dass das 21. Jahrhundert ein neues Kapitel für die Menschheit sein würde, aber offenbar habe ich mich getäuscht. Was ich von uns erwarte, ist, diesen Erwar- tungen gerecht zu werden. Lasst uns unser Jahrhundert lebens- und feierwürdig machen. Lasst uns für Verbes- serung, nein, für den Fortschritt der Menschheit in Er- innerung bleiben und das Klima des Hasses, das in unsere Welt eingedrungen ist, ein für alle Mal aufgeben. Das ist es, was unsere Vorgänger gelehrt haben, das ist es, wofür sie ge- kämpft haben, das ist es, was sie wollten. 13
RECHTE ERZIEHUNGSIDEALE Interview mit Tina Leber Das Familienleben extrem rechter Akteur*innen ist oftmals nicht offen einsehbar. Haltungen und Erziehungsvorstellungen wirken sich jedoch direkt auf die Kinder und deren Verhalten in öffentlichen Einrich- tungen aus. Geschlechterbilder spielen dabei eine prägnante Rolle. Gleichzeitig treten rechte Eltern zum Teil offen mit ihren Positio- nen auf und versuchen, Diskurse zu beeinflussen. Tina Leber ist Er- ziehungswissenschaftlerin und Sexualpädagogin. Sie beschäftigt sich mit Kindererziehung und Familienbildern im Rechtsextremismus und hat im Juni letzten Jahres in ihrem Vortrag im Rahmen der Veranstaltung »Dorstfeld im Gespräch« über rechte Erziehung und Geschlechterbilder informiert. Tina, du beschäftigst dich intensiv geringer ist als der von Männern. Das selbe mit Familienbildern und Kinder- gilt auch für Führungspositionen. Das ist erziehung im Rechtsextremismus, kein Zufall, denn ein männlicher Domi- der oft als ein primär männliches nanzanspruch ist ideologisch tief verwur- Phänomen wahrgenommen wird. zelt und macht die Szene unter Anderem deswegen für viele Menschen attraktiv. Die Welche Rolle spielen Frauen in der Rollen, die Frauen zum einen einnehmen rechtsextremen Szene? und die ihnen zum anderen ideologisch Es ist generell sehr schwer, allgemeine und/oder strategisch zugedacht werden, Aussagen über die rechtsextreme Szene sind ebenfalls konstitutiv für die Extreme zu treffen, da sich dieser Bereich aus sehr Rechte. Neben ihrer zentralen Bedeutung unterschiedlichen Subkulturen, Strö- nach Innen, nehmen sie außerdem eine mungen und Akteur*innennetzwerken immer wichtigere Funktion in der Reprä- zusammensetzt. Die Rolle und Präsenz sentanz nach Außen ein, da sie das Bild von von Frauen z.B. in rechten Hooligan- oder extrem rechten Strukturen verändern. Die Kampfsportszenen ist eine andere als bei aktiven Frauen werden häufig zielgerich- völkischen Siedler*innen oder in Parteien. tet sichtbar gemacht, um die Attraktivität Generell ist festzustellen, dass der zahlen- der Szene zu steigern. mäßige Anteil von Frauen in der Szene 14
Wodurch zeichen sich Familienbil- der im Rechtsextremismus aus? Wichtig ist meiner Meinung nach, zu dif- Rechtsextreme Frauen werden oft- ferenzieren zwischen ideologischer Idee mals nicht als Trägerinnen ihrer von Familie und gelebter Realität. Nur in Ideologie wahrgenommen, sondern bestimmten rechten Milieus ist der Rück- als »Freundin von...« dargestellt. zug in familiäre (und tribale) Strukturen, Das beste Beispiel hierfür ist Beate in denen funktionale Brauchtumsver- Zschäpe als einer der Haupttäterin mittlung und elitäre Nachkommenspflege des Nationalsozialistischen Unter- gelebt wird, möglich oder gewollt. Auch das Ideal einer lebenslangen familiären grunds. Werden solche Wahrneh- Einheit ist in der Realität nicht das ein- mungen für rechtsextreme Propa- zige gelebte Modell. Genereller kann man gandastrategien benutzt? vielleicht sagen, dass ein Familien- und Erziehungsideal vorherrscht, das auf Es gibt schon seit Jahren gezielte Strate- konservativen und reaktionären Werten gien, dass Frauen bestimmte gesellschaft- basiert. Gleichzeitig kommt Kindern als liche Positionen, wie z.B. erzieherische Werteträgern und Instrument zur Siche- Berufe, aber auch ehrenamtliche Fürsor- rung des Fortbestehen des »Volkes« eine geaufgaben wahrnehmen und sich somit wichtige Funktion in der Umsetzung der inhaltlich und personell in Stellung brin- politischen Zukunftsvorstellung zu. Das gen. Das kann dann funktionieren, wenn Erziehungideal richtet sich im Allgemei- der gesellschaftliche Rahmen sie nicht nen gegen emanzipatorische Erziehungs- als politische Akteurinnen erkennt, ver- konzepte ( z.B. in der Sexualpädagogik), harmlost oder Positionen teilt. Es ist aber die die Bedürfnisse und die Befähigung wichtig zu erkennen, dass rechtsextreme zur Mündigkeit von Kindern in den Fokus Akteur*innen auch an einem gesellschaft- stellen. Das macht es Kindern aus rechten lichen Leben teilhaben, z.B. als Eltern von Familien in einer pluralen Gesellschaft oft Kita-Kindern oder Fußballspieler*innen, nicht einfach. und aus diesen Rollen heraus Interesse an Themen haben und dort mit problemati- schen Haltungen sichtbar werden. »Das macht es Kindern aus rechten Familien in einer pluralen Gesellschaft oft nicht einfach.« 15
Zum Abschluss: Teilweise treten rechte Eltern offen mit ihren menschen- feindlichen Positionen auf und stellen pädagogische Institutionen vor He- rausforderungen. Was können deiner Meinung nach Bildungseinrichtungen und die Zivilgesellschaft dagegen tun? Meiner Erfahrung nach entstehen, gerade in pädagogischen Einrichtungen, die alltäglichen Herausforderungen nicht primär durch organisierte Akteur*innen der Extremen Rechten, sondern durch rassistische, sexistische oder anderweitig abwertende Positionen einer Viel- zahl unterschiedlicher Personen (Eltern, Kooperationspartner*innen, Kolleg*innen etc.) und der Unsicherheit im Umgang mit diesen. Eine spezifische Anforderung ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Elternarbeit, der Bedürfnisorientierung am Kind und der eigenen wertbasierten Haltung der Einrichtung, des Trägers und der Profession. Darüber hinaus ist es auch der Auftrag von Pädagog*innen, die Bedürfnisse (zum Beispiel nach Schutz) der an- deren Kinder, Eltern und Kolleg*innen im Blick zu haben. Der kollegiale Austausch in der eigenen Einrichtung, mit dem Träger, in kommunalen Arbeitskreisen sowie in überregiona- len fachspezifischen Netzwerken ist wichtig, um eigene Haltungen zu schärfen und Hand- lungsstrategien zu entwickeln. Dabei kann auf einen umfangreichen Wissenschatz zivilge- sellschaftlicher Expert*innen und/oder Wissenschaftler*innen zurückgegriffen werden. 16
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DARUM HABEN WIR UNS ENGAGIERT! Zivilgesellschaftliches Engagement lebt von Beteiligung. Wir möchten daher an dieser Stelle wie in jeder Ausgabe einigen Personen und Or- ganisationen das Wort geben, die sich 2020 in Dorstfeld auch während der Pandemie mit engagiert haben. »Rassismus ist ein Thema, dass uns alle betrifft. Nichtsdestotrotz wird es nur selten angesprochen oder diskutiert. In Anbetracht der politischen Lage in den USA sowie den politischen Entwicklungen in Deutschland im vergange- nen Jahr, hatte ich das Bedürfnis meinen Beitrag zu der Lage zu leisten und meine Gedanken mit der Öffentlichkeit zu teilen. Ich hatte vom 21. Jahr- hundert mehr erwartet und gerade in Krisenzeiten auf verstärkten Zusam- menhalt gehofft. Schließlich betrifft dieses Thema uns alle und sollte uns eines Besseren lehren, für ein friedvolles und harmonisches Miteinander.« A.J. Schülerin aus »Meine Mutter war ein echtes Kriegskind und hat sehr Dortmund unter dem Nationalsozialismus und dem Krieg gelitten. Als mein Sohn im Jahre 2002 in einem Dorstfelder Schre- bergarten von Freunden versteckt wurde, damit die Nazis ihn wegen seines ausländischen Aussehens nicht verprü- geln, erinnerte ich mich an sie und dachte: Auf meinem Grabstein soll nicht stehen 'Sie hat sich nicht gewehrt'. So kam ich zum Runden Tisch - damals noch geleitet von seinem Initiator, dem ehemaligen Bezirksbürgermeister Hans-Ulrich Krüger. Seitdem bin ich zumeist dabei gewe- sen. Demokratie fängt für mich vor der Haustüre an. Und die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen: Es lohnt sich, täglich dafür zu kämpfen!« Harriet Ellwein Rentnerin, seit 2000 wohnhaft in Dorstfeld, Evangelische ELIAS-Gemeinde 18
»Rechtsextreme versuchen, mit Hilfe einer so- genannten Raumkampfstrategie Ideologien der Ungleichwertigkeit gesellschaftsfähig zu »Die Initiative für den Titel Schule machen und in der Mitte der Gesellschaft zu ohne Rassismus, Schule mit Courage verankern. Die Grundwerte unserer Demo- kam vor einigen Jahren aus der Schü- kratie und der bedingungslose Schutz vor lerschaft. Der Titel verpflichtet immer Rechtsextremismus, seiner menschenver- wieder darüber zu diskutieren, wo sind achtenden Ideologie und Gewaltbereitschaft die latenten und offenen Anteile des sind essenziell für unser Zusammenleben. Die Rassismus, der Ausgrenzungen, der Koordinierungsstelle der Stadt Dortmund unterschiedlichen Formen von Gewalt möchte das über Jahre gewachsene Netzwerk insbesondere der strukturellen Gewalt zivilgesellschaftlicher und städtischer Akteu- in der Schule. Es gibt hier in der Real- re und Bündnisse für Vielfalt, Toleranz und schule eine grundsätzliche und offene Demokratie weiter stärken und mit eigenen Unterstützung durch das Kollegium. sowie gemeinsamen Aktionen dazu beitragen, Neben Projekten z.B. Stolpersteine, Radikalisierung präventiv zu begegnen und Gedenktage, Gedenkfahrten, meet a Rechtsextremismus ebenso wie Antisemitis- jew, ist die Entwicklung einer Schul- mus zu bekämpfen. Wir treten für ein res- kultur, wie gehen wie miteinander um, pektvolles Zusammenleben aller Menschen Wertschätzung und Haltung wichtig. unabhängig von sozialem Status, Herkunft, An allen sechs Schulen in Dorstfeld Sprache, Alter, Geschlecht, sexueller Orientie- gibt es jetzt Schulsozialarbeit. Die vie- rung und Identität sowie Religion ein.« len Kontakte zu Kinder und Jugend- lichen eröffnen uns den Sozialraum Koordinierungsstelle für der Kids. Es gibt eine vielfältige Netz- Vielfalt, Toleranz und werkarbeit zwischen den unterschied- Demokratie der Stadt lichsten Einrichtungen und Vereinen Dortmund Überall ist noch viel Potential und Luft nach oben! « »Ich habe mich in Dorstfeld engagiert, weil ich es Rolf Thielmann wichtig finde kleine und große Zeichen für De- Schulsozialarbeit mokratie und Menschenrechte zu setzen. Denn Wilhelm Busch Realschule, Vorstand Dortmunder Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit Boxsport 20 / 50 und es tut gut, dass ein oder andere Mal daran zu erinnern.« Stefan Woßmann Leiter des Respekt-Büros des Jugendamtes der Stadt Dortmund 19
»DISKRIMINIERUNG AUF DEM SPORTPLATZ SOLLTE IN KEINEM FALL UNKOMMENTIERT BLEIBEN.« Interview mit Patrick Arnold Patrick Arnold von der LAG Fanprojekte NRW hat im September als Dis- kuntant an der Veranstaltung »Rechtsextremismus als Herausforderung für Sportvereine« im Rahmen von »Dorstfeld im Gespräch« teilgenommen. Für diese Ausgabe haben wir mit ihm nochmal über das Thema gesprochen. Wie schätzt du aus deiner Sicht Auf der anderen Seite beobachten wir Ak- rechtsextreme Aktivitäten in Sport- tivitäten von Rechtsextremen in und um vereinen ein? Fanbündnisse im Profifußball. In dem Be- reich bewegen unter anderem wir uns mit Die gibt es leider. Grundsätzlich muss man unseren Angeboten. Um eine gelingende aus meiner Sicht zwei Agitationsformen Prävention sicherzustellen, ist eine Zu- unterscheiden. Auf der einen Seite haben sammenarbeit aller involvierten Akteure wir den Amateurfußball, der über Satzun- eine Grundvoraussetzung, da die Erschei- gen und Leitbilder die Möglichkeit sowie nungsformen mitunter sehr subtil sind. die Aufgabe hat, rechtsextreme Personen Auch hier kann man den Vereinen in den aus den Strukturen sowie den Trainingsan- letzten Jahren eine gute Arbeit attestieren. geboten fernzuhalten. Meiner Wahrneh- Gerade am Standort Dortmund setzt der mung nach funktioniert das bis auf Einzel- Verein BVB im Bereich Rechtsextremis- fälle ganz gut, eine wichtige Rolle spielt in musprävention bundesweit Maßstäbe. dem Fall das Engagement des hier zustän- digen Fußball- und Leichtathletik-Ver- Welche Strategien und präventiven band Westfalen, welcher die Vereine in Maßnahmen können Sportverei- dem Bereich kompetent unterstützt. Des ne denn verfolgen, was hat sich als Weiteren wären in dem Fall Einrichtun- hilfreich erwiesen? gen wie Eure (Quartierdemokraten) oder das Angebot der mobilen Beratung gegen Zentrales Element einer sinnvollen Prä- Rechtsextremismus (MBR) zu nennen. vention ist die Vernetzung. Wenn Proble- me auftauchen, macht es Sinn, diese offen 20
anzusprechen und sich ggfs. professionel- Dokumentation, eine Weitergabe dieser le Hilfe zu holen. Gerade das Ehrenamt an den zuständigen Verein/Verband und stößt in solchen Fällen auf Grund knap- auch Sanktionen oder die kollektive Be- per Ressourcen schnell an seine Grenzen. endigung eines Spiels können in Erwägung Das Einholen von Hilfe ist kein Zeichen gezogen werden. Diskriminierung auf von Schwäche, sondern immer auch eine dem Sportplatz sollte in keinem Fall un- deutliche Positionierung. Vereinssatzun- kommentiert bleiben. gen und Sportplatzordnungen sind zudem ein Instrument, aktiven Ehrenamtlern im Konfliktfall Verhaltenssicherheit zu bie- ten. Das eben schon genannte (kostenlose) Beratungsangebot hilft natürlich ebenso. Gucken wir uns doch ein Fallbei- spiel an: Ein*e Fußballtrainer*in nimmt diskriminierende Aussagen in der Mannschaft wahr und weiß nicht, wie eine gelungene Reaktion aussehen könnte. Was würdest du der Person aus deiner Sicht raten? Es macht immer Sinn, als Team aufzutre- ten. Zudem rate ich, den möglichen Kon- fliktfall im Vorfeld zu üben, dann fällt eine angemessene Reaktion erfahrungs- ZUR PERSON: gemäß deutlicher leichter. Möglicherwei- Patrick Arnold ist Diplom-Sozial- se sind im Vorfeld Aufgaben und Abläufe arbeiter und Geschäftsführer der festgelegt, dies könnte für alle Beteiligten LAG Fanprojekte NRW. Ers setzt sich zu einem Sicherheitsgefühl führen. Lei- in dieser Funktion intensiv mit der sind wir in vielen Konfliktsituationen Rechtsextremismus und Diskriminie- sehr täterorientiert, die Einnahme einer rung im Fußball auseinander. Die Opferperspektive finde ich immens wich- Fachstelle der LAG Fanprojekte NRW tig. Im besten Fall können dann mehrere vertritt die gemeinsamen Interes- Schritte parallel laufen. Natürlich ist aber sen der 15 sozialpädagogischen Fan- jeder Konflikt individuell, weswegen auch projekte im landesweiten Netzwerk. Selbstschutz immer die oberste Priorität Darüber hinaus organisiert die LAG haben sollte. Nicht immer lassen sich Kon- Angebote wie Fachtage, Qualifizie- flikte sofort oder kommunikativ lösen, rungsangebote, Veranstaltungsrei- hen oder Jugendbegegnungen. grundsätzlich empfehle ich eine zeitnahe www.lag-fanprojekte-nrw.de 21
IM UMBRUCH NEONAZI-SZENE Rechtsextremismus in Dorstfeld im Jahr 2020 Als Fach- und Netzwerkstelle für das Thema Rechtsextremismus betreibt das Projekt Quartiersdemokraten ein Monitoring rechts- extremer Vorfälle, also die Beobachtung und Dokumentation be- kannt gewordener Ereignisse mit rechtsextremem Hintergrund in Dorstfeld. Dies hat zum Ziel, diese Vorfälle sichtbar zu machen und somit das Handeln rechtsextremer Gruppen besser einschätzen zu können. Auf den folgenden Seiten findet sich daher ein Über- blick über Entwicklung der rechtsextremen Szene in Dorstfeld sowie eine Chronik rechtsextremer Vorfälle im Stadtteil. Bei den Kommunalwahlen 2014 wurden beschimpft und zum Teil körper- schaffte es die rechtsextreme lich attackiert. Über dieses Ereignis berich- Kleinstpartei »Die Rechte« mit teten Medien bundesweit als so genannten einem Sitz in den Stadtrat Dort- »Rathaussturm«. Aufgrund der starken munds. Am besagten Wahlabend Zivilcourage und dem Zusammenschluss zogen circa 20 Neonazis rund um demokratischer Parteien und antifaschis- Siegfried Borchardt zum Dort- tischer Gruppen konnte den Neonazis der munder Rathaus – provokant, ag- Zutritt verwehrt werden. Der »Nationale gressiv und uniformiert in gelben Widerstand Dortmund« (NWDO) ist eine Hemden mit der Aufschrift »Weg Kameradschaft, die 2012 durch das Innen- mit dem NWDO-Verbot«. Es regte misterium NRW verboten wurde. Kurz sich zivilgesellschaftlicher Wi- danach organisierten sich die ehemaligen derstand, indem sich zahlreiche Mitglieder rund um Michael Brück in der Personen zusammenschlossen neugegründeten Partei »Die Rechte«. Mi- und ihnen den Weg ins Rathaus chael Brück hatte seit 2015 das Mandat versperrten. Aus Angst vor Über- und den Sitz im Stadtrat übernommen. Im griffen, die sich im Anschluss als Jahr 2008 zog er nach Dorstfeld und galt durchaus berechtigt herausstellte. die letzten Jahre als führender Kopf der Mit Flaschen und Pfefferspray rechtsextremen Szene in der Ruhrgebiets- gingen die Neonazis auf Mitglie- metropole. Im letzten Jahr rückte Brück der der demokratischen Parteien aber zunehmend in den Hintergrund. und Antifaschist*innen los. Sie Lange kursierten Gerüchte um einen Weg- 22
Musste 2020 ins Gefängnis: Neonazi Sascha Krolzig zug Brücks, die sich Ende letzten Jahres Haftstrafen für Dorstfelder bestätigten. Er ist nach Chemnitz gezogen, Neonazis was wenig überraschend ist. Schon lange pflegt die neonazistische Szene aus Dort- Die Covid-19-Pandemie und die damit mund gute Kontakte nach Chemnitz. Bei einhergehenden Maßnahmen und Be- den rechtsextremen Ausschreitungen in schränkungen haben ebenfalls Auswir- der Stadt 2019 waren Dortmunder Neona- kungen auf die Aktivitäten der Neonazis. zis vorne mit dabei und tauchen laut anti- So versuchten sie sich als Kümmerer zu faschistischen Recherchen immer wieder inszenieren und boten Einkaufshilfen an. im Umfeld der extrem rechten Fanszene Trotz der Kommunalwahlen wurden im des Chemnitzer FC auf. Brück hat sein Vergleich zum vorherigen Jahr aber weni- Mandat an den langjährigen Dortmunder ger Informationsstände der Partei »Die Neonazi Matthias Deyda abgegeben. Auf- Rechte« angemeldet. Ebenso hat es im fällig wurde Deyda im letzten Jahr vor al- letzten Jahr keine Gewalttaten mit rechts- lem auf dem rechtsextremen Aufmarsch extremem Hintergrund in Dorstfeld ge- in Budapest am »Tag der Ehre«. Er nahm geben. Allerdings sind einige Neonazis, die nicht nur an diesem Aufmarsch teil, son- von der Polizei als rechtsextreme Inten- dern hielt auch eine Rede, in der er Hitler sivtäter beschrieben werden, zurzeit noch als bekanntesten und größten Staatsmann in Haft. So zum Beispiel die Brüder Chris- der deutschen Geschichte bezeichnete. So toph und Matthias Drewer, aber auch der ist für die Dorstfelder Zivilgesellschaft ist stadtbekannte Siegfried Borchardt. Sascha der Wegzug Brücks zwar ein Erfolg, das Krolzig, Bundes- und Landesvorsitzender verbliebende Personal der hiesigen Neo- NRW der Partei »Die Rechte«, wurde u.a. nazi-Szene bleibt jedoch nicht weniger ge- wegen Volksverhetzung und gefährlicher fährlich. Körperverletzung im Juli 2020 für 14 Mo- nate Haft ohne Bewährung verurteilt. 23
Durch die Inhaftierung von Sascha Krolzig form für die extrem Rechte genutzt wird, und weiteren Akteuren der Dorstfelder denn mit dem Umzug Brücks, wurde auch Neonazi-Szene ist ein Personalwechsel der die rechte Propagandaseite »Dortmund- oberen Führungsebene zu beobachten. Echo« abgeschaltet. Krolzig und Brück gelten als führende Köp- fe der rechtsextremen Kleinstpartei »Die Niederlage bei der Rechte«. Mit der neonazistischen Partei Kommunalwahl 2020 versuchen sie auch Einfluss auf parlamen- tarischer Ebene zu nehmen. Zwar hat sie Obwohl Neonazis immer wieder den Ver- keinen realpolitischen Einfluss, trotzdem such unternommen haben die so genann- gab es immer wieder Versuche sich in die ten »Querdenker-Demonstrationen« zu Öffentlichkeit zu rücken, selbstverständ- unterwandern und bei Ausschreitungen lich mit Provokation und politischem auf Demonstrationen im ganzen Bundes- Kalkül. In der Vergangenheit gab es daher gebiet Teil waren, konnte die Pandemie immer wieder Skandale – zum Beispiel als Stimmenfänger nicht herhalten. Die durch Anfragen über die Anzahl der in neonazistische NPD trat zur Kommunal- Dortmund lebenden Jüdinnen und Juden. wahl in Dortmund nicht an. Trotzdem er- Zusammen mit der rechtsextremen NPD fuhren die Neonazis eine Niederlage. Zwar mit jeweils einem Sitz im Dortmunder konnten sie einen Sitz im Stadtrat mit 1,1 Stadtrat bildeten in Persona Michael Brück % halten und jeweils mit einem Mandats- (Die Rechte) und Axel Thieme (NPD) einen träger in die Bezirksvertretungen Huckar- Gruppenstatus, so dass die parlamentari- de und Eving einziehen, im Vergleich zu sche Arbeit auch eine finanzielle Ressour- den letzten Kommunalwahlen konnten sie ce bietet. Dennoch war die Kommunalwahl ihre Präsenz aber nicht aufrechterhalten. für die Dortmunder Neonazis kein Erfolg. Zugleich setzten die Dorstfelder Neonazis Auch die aktivistische »Aktionsgruppe aber auch im Vorfeld der Kommunalwah- Dortmund-West« hat sich laut eigenen len auf kalkulierte Provokationen. Auf Angaben Mitte letzten Jahres aufgelöst. israelfeindlichen Wahlplakaten, deren In- Mit der rebellischen Außendarstellung halt an Parolen des Nationalsozialismus er- wollten Mitglieder insbesondere ein jun- innerten, präsentierten die Neonazis wie- ges Publikum ansprechen. Als Nachfolger der einmal offen ihren Antisemitismus. hat sich kurzzeitig danach das so genannte In Dorstfeld wählten 299 Personen Bernd »Tremonia Kollektiv« gebildet, welches bis- Schreyner, der für den Posten als Oberbür- her vor allem in sozialen Netzwerken und germeister kandidierte. Schreyner, ehe- durch Aufkleber in Erscheinung getreten maliges Mitglied der rechtspopulistischen ist. So kann auch vermutet werden, dass die Partei »Alternative für Deutschland«, trat Internetseite als neue Informationsplatt- dann auch Ende des letzten Jahres aus der 24
neonazistischen Partei »Die Rechte« wie- der Neonazis trotz mehrerer Haftstrafen, der aus. Laut eigenen Angaben aufgrund Wahlniederlagen und Personalwechsel inhaltlicher Differenzen. Mit dem Verlust auf ein bundesweites und zum Teil gar des Gruppenstatus im Dortmunder Stadt- internationales Netzwerk zurückgreifen. rat verliert die rechtsextreme Szene auch Der Stadtteil Dorstfeld ist nicht nur als rund 45.000 Euro. Somit verfügen sie über Wohnort vieler Neonazis, sondern auch deutlich weniger finanzielle Ressourcen. ein Aktionsraum, in dem Personen der Auch der »Kampf der Nibelungen« bietet extremen Rechten versuchen, eine politi- keine finanzielle Rücklage. Das rechtsex- sche Deutungshoheit aufzubauen und auf- treme Kampfsportevent findet seit 2013 rechtzuerhalten. In der Vergangenheit gab einmal pro Jahr statt und wird u.a. von es immer wieder Wegzüge aus Dortmund Alexander Deptolla aus Dorstfeld heraus nach Ostdeutschland, insofern ist der Um- organisiert. Die Veranstaltung dient dabei zug von Michael Brück als Sprachrohr der nicht nur als großes Rekrutierungsbecken Dortmunder Szene ein Erfolg, die Gefahr für Jugendliche und junge Menschen, son- des Rechtsextremismus bleibt aber weiter- dern spült auch Geld in die Kasse. Im Jahr hin virulent. Die rechtsextreme Szene in 2019 konnte die Stadt Ostritz in Sachsen Dortmund bleibt also eine große Heraus- das Event verbieten und aufgrund des Pan- forderung trotz struktureller Probleme demiegeschehens wurde im letzten Jahr innerhalb der Szene. Die rechtsextreme lediglich ein zweistündiger Livestream Ideologie stellt für alle Personen, die nicht eingerichtet. Dabei kündigte Deptolla an, ins rechtsextreme Weltbild passen, eine dass auch in den nächsten Jahren zunächst konkrete Gefahr dar. Staatlicher Repres- keine Events stattfinden werden, sondern sionsdruck ist ein wichtiges Mittel in der dass man sich auf den Verkauf von Sport- Bekämpfung von rechtsextremen Struktu- bekleidung konzentriere. ren, allerdings zeigen u.a. auch die diversen Aufdeckungen extrem rechter Netzwerke Gefahr des Rechtsextremismus in Behörden, dass eine zivilgesellschaftli- bleibt weiterhin bestehen che Auseinandersetzung mit ihrer Ideolo- gie und Praxis notwendig ist. Zusammenfassend kann daher konstatiert werden, dass das Jahr 2020 für die Dorst- felder Neonazis nicht unbedingt von Er- folgen geprägt war. Allerdings lässt sich eine Einschätzung nicht nur an diesen Kri- terien messen, denn die neonazistischen Strukturen in Dortmund reichen bis in die 80er Jahre zurück. So können die Dorstfel- 25
CHRONIK RECHTSEXTREMER VORFÄLLE IN DORSTFELD 2020 INFOSTÄNDE 18.08., 28.08., 04.09 und 11.09.2020: An der Haltestelle Wittener Straße veran- staltet die Partei »Die Rechte« einen Infor- mationsstand. SONSTIGE VORFÄLLE 18.01.2020: Laut Eigenangaben von Neo- 20.04.2020: Neonazis rufen vorgeblich dazu nazis findet in Dorstfeld unter dem Titel auf, aufgrund des Beginns von Lockerungs- »Dresden-Soli-Feier« ein Konzert mit dem maßnahmen im Zuge der Covid-19-Pan- rechtsextremen Liedermacher Sebastian demie den Tag feierlich zu begehen und Döhring (Künstlername: Fylgien) statt. Hier- schwarz-weiß-rote Fahnen aus den Fenstern zu sollen 80 Besucher*innen erschienen sein. zu hängen. Am Abend zünden Neonazis aus dem vermeintlich gleichen Anlass Feuer- 16.03.2020: Neonazis kündigen unter dem werk in der Emscherstraße. Der 20. April ist Label »Nationale Solidarität« an, Hilfsleis- zugleich der Geburtstag Adolf Hitlers, sodass tungen wie beispielsweise Einkäufe für Co- sich die Aktionen der Neonazis wieder als vid-19-RisikopatientInnen oder Personen in Provokationsversuch lesen lassen. Quarantäne anzubieten. Hierfür wurden in Dorstfeld mehrere Plakate verklebt. Unklar 12.05.2020: In Unterdorstfeld sind mehrere bleibt, in welcher Form diese Hilfe tatsäch- Stromkästen sowie eine Telefonzelle groß- lich angeboten wurde und ob sie in Anspruch flächig mit den Farben der »Reichsfahne« be- genommen wurde. malt worden. 14.05.2020: Die Rückseite der Bushaltestelle Wittener Straße ist mit mehreren Haken- kreuzen beschmiert worden. 18.12.2020: An einer Wand in der Emscher- straße sind rechtsextreme Farbschmiererei- en aufgetaucht. 26
Rund um den Wilhelmplatz in Dorstfeld ereignet sich auch 2020 rechtsextreme Vorfälle 27
SELBSTVERSTÄNDNIS DES RUNDEN TISCHES DORSTFELD Der Runde Tisch für Toleranz und Verständigung besteht schon seit über 20 Jahren in Dorstfeld und arbeitet eng mit dem Projekt Quartiersdemo- kraten zusammen. Im vergangenen Jahr wurde das Selbstverständnis des Runden Tisches aktualisiert und wird an dieser Stelle der Öffentlich- keit zugänglich gemacht. Wer steht hinter dem Runden Tisch für Toleranz und Verständigung in Dorstfeld? Der Runde Tisch Dorstfeld setzt sich zusammen aus Vertreter*innen Dorstfelder Organi- sationen, wie Vereinen, Schulen und Schülervertretungen, Kirchengemeinden, Jugend- hilfeträgern, demokratischen Parteien und deren Mandatsträger*innen, der Polizei sowie Einzelpersonen, die in Dorstfeld leben oder arbeiten. Der Runde Tisch versteht sich als zi- vilgesellschaftliches Netzwerk für ein demokratisches und vielfältiges Dorstfeld und steht allen offen, die sich den unten genannten Zielen und Schwerpunkten verpflichtet fühlen. Beraten und begleitet wird der Runde Tisch durch die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund sowie das Projekt Quartiersdemokraten, das vom Verein zur Förderung von Respekt, Toleranz und Verständigung in Dortmund-Dorst- feld e.V. getragen wird. Als unabhängiges Netzwerk ist der Runde Tisch weder ein Beirat noch ein offizielles Beschlussgremium. Was sind die Ziele des Runden Tisches? Der Runde Tisch steht für Vielfalt, Toleranz und Solidarität im Quartier. Er macht seit vie- len Jahren deutlich, dass die Dorstfelder*innen antidemokratische und rechtsextreme Be- strebungen und Handlungen nicht dulden. Er wendet sich mit demokratischen Formen der Auseinandersetzung und bürgerschaftlichem Engagement gegen in Dorstfeld ansässige Neonazis sowie gegen Rassismus und Antisemitismus. Die Mitglieder des Runden Tisches machen zusätzlich deutlich, dass auch rechtspopulistische Gruppierungen und Parteien, die z.B. rassistische Parolen verbreiten oder die Religionsvielfalt missachten, nicht in ihr Ver- ständnis von gelebter Demokratie im Quartier passen. Dazu gehören alle Formen gruppen- bezogener Menschenfeindlichkeit, die auch aus der Mitte der Gesellschaft kommen. In die- sem Sinne ist der Runde Tisch bestrebt, präventive und intervenierende Maßnahmen gegen Rechtextremismus und Demokratiefeindlichkeit zu unterstützen und zu fördern. 28
Alle Mitglieder des Runden Tisches setzen sich außerhalb der Arbeit im Runden Tisch für die Ziele des Runden Tisches ein oder agieren so, dass es den Zielen des Runden Tisches nicht entgegensteht. Was sind die Schwerpunkte des Runden Tisches? 1. Informationsaustausch und Beratung • Regelmäßiger Informationsaustausch zum Thema Rechtsextremismus und Demokra- tiefeindlichkeit in Dorstfeld und darüber hinaus zwischen allen Beteiligten und gegen- seitige solidarische Unterstützung • Vermittlung von Anfragen an zuständige oder betroffene Organisationen im Sinne der gegenseitigen Unterstützung 2. Inhaltliche Diskussion und Debatten • Sensibilisierung für die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und -populismus durch die Vertiefung von Hintergrundinformationen und gesellschaftspolitischen Zusammenhängen, z.B. durch die Veranstaltungsreihe »Dorstfeld im Gespräch« sowie Workshoptagen 3. Förderung und Unterstützung von Aktivitäten und Angeboten einzelner Mitglieder des Runden Tisches und anderer Organisationen, wie z.B. • Die Präsenz vor Ort durch den im Herbst 2020 eröffneten Stadtteilladen am Wilhelm- platz • Solidarität im Stadtteil durch Feste und Veranstaltungen, wie dem Dorstfelder Demo- kratie-Festival • Präventive Maßnahmen, insbesondere für Heranwachsende und junge Menschen im Stadtteil Welche Verpflichtungen haben Mitglieder des Runden Tisches? Durch den Beitritt zum Runden Tisch verpflichtet sich jedes Mitglied der Verwirklichung der genannten Zielsetzung und der Weiterentwicklung des Selbstverständnisses. Um einen Rahmen der Vertraulichkeit zu gewährleisten, werden Informationen und Diskussionser- gebnisse nicht ohne vorherige Abstimmung mit allen in die Öffentlichkeit getragen. Sie haben Interesse an einer Mitgliedschaft und Mitarbeit am Runden Tisch Dorstfeld? Schreiben Sie uns an unter: rundertischdorstfeld@gmail.com 29
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