Dynamisches, soziales Krisenmonitoring - Hannover.de
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Dynamisches, soziales Krisenmonitoring (Stand 09.12.2020) Einleitung Mit der Informationsdrucksache 1302/2020 wurde den Ratsgremien der Landeshauptstadt Hannover im Juni 2020 das dynamische, soziale Krisenmonitoring vorgestellt. Kapitel II dieser Drucksache ist die Grundlage für eine monatliche Fortschreibung und die Weiterentwicklung eines Indikatorensets, das ge- eignet ist, die aktuelle und sich wandelnde soziale Lage der Bevölkerung in Hannover zu beschreiben. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie sind innerhalb sehr kurzer Zeit viele Menschen in finanzi- elle Schwierigkeiten geraten. Wie lange diese andauern und wie viele nun nach dem Ende des Lockdowns finanziell wieder unabhängig werden, ist ungewiss. Die Beobachtung, Messung und Kommunikation der finanziellen und sozialen Lage der Bevölkerung infolge der Pandemie ist Ziel des sozialen Krisenmonito- rings. Das Monitoring ist eine monatlich aktualisierte, faktenbasierte Grundlage für Planung und Steue- rung der kommunalen Maßnahmen für die Bewohner*innen Hannovers. Vorgehensweise 1. Indikatoren: Es wurden Indikatoren ausgewählt, die soziale, finanzielle Auswirkungen der Krise ver- deutlichen. Das soziale Krisenmonitoring umfasst die Indikatoren aus den Themenfeldern Arbeitslo- sigkeit, Kurzarbeit, Leistungsbeziehende im SGB II und SGB XII, Wohngeld, Schulden, Kinderzu- schlag und Mietwohnungsinserate und Angebotsmieten. 2. Aktualität und Genauigkeit: Kennzeichnend für die Corona-Krise ist deren Dynamik im Verlauf sowie die Dynamik der Gesetzgebung, der Erlasse und Sofortmaßnahmen. Um dieser Dynamik annähernd gerecht zu werden und diese zeitnah beobachten zu können, ist Aktualität erforderlich. Diese Aktu- alität geschieht teilweise auf Kosten der Genauigkeit, weil zum Beispiel auch vorläufige oder noch nicht final revidierte Daten verwendet werden müssen. 3. Kleinräumigkeit: Relevante und zugleich monatlich oder quartalsweise verfügbare Daten liegen nicht auf Stadtteilebene vor, teilweise nicht mal auf Ebene des Stadtgebiets. In diesem Fall werden Daten für das Gebiet der Region Hannover und Niedersachsen insgesamt herangezogen. 4. Gender: Zur Differenzierung nach Geschlecht sind ausschließlich im Themenfeld Arbeitslosigkeit un- terjährige Daten verfügbar. Mit Veröffentlichung der Daten der anderen Themenfelder zum Jahres- ende sind weitere Differenzierungen nach Geschlecht, Alter, Nationalität möglich. Die Beobachtung, dass sich Rollenmuster infolge der Coronakrise retraditionalisieren, kann durch die klassischen und derzeit lokal verfügbaren Indikatoren nicht abgebildet werden. Auch für Arbeitsteilungsmuster bei der Care- und Familientätigkeit stehen leider keine (kleinräumigen) Quellen zur Verfügung. Die hier verwendeten Indikatoren zielen primär auf die monetären Auswirkungen der Coronakrise auf die hannoversche Bevölkerung und werden - wann immer es möglich ist – nach Geschlecht differenziert. 5. Turnus: Das Monitoring erscheint jeweils Mitte des Monats Download auf der Intranetseite der Koordinationsstelle Sozialplanung Internet unter www.hannover.de/soziales-krisenmonitoring. 6. Dynamik: Je nach Verfügbarkeit werden neue relevante Themenfelder dargestellt, ab Oktober erst- malig die „realisierte Kurzarbeit in der Region Hannover“ (Kapitel A) und der Bezug von „Kinderzu- schlag in Niedersachsen“ (Kapitel F). Mietwohnungsinserate und Angebotsmieten ab Dezember 2020 (Kapitel G). Verbraucherinsolvenzen werden ab November nicht weiter im Monitoring dargestellt. Die Entwicklung ist nicht coronabedingt und nicht Ausdruck sozialer Lagen, sondern Abbild der Er- wartung einer neuen gesetzlichen Regelung (s.u.). 1
A. Kurzarbeit Durch Kurzarbeit sollen Arbeitslosigkeit vermieden und Arbeitsplätze erhalten werden. Der Indikator zeigt, wie viele Betriebe und Personen wirtschaftliche Einbußen verzeichnen, die zu einer finanziellen und sozialen Notlage führen können. Methodik – Was wird dargestellt? Angezeigte Kurzarbeit: Betriebe müssen vor Beginn der Kurzarbeit eine Anzeige erstatten. Statistische Daten zu eingegangenen Anzeigen beinhalten die Angaben eines Betriebes mit der Anzahl der von Kurz- arbeit voraussichtlich betroffenen Personen und stehen im Folgemonat zur Verfügung. Erst seit Oktober kann die Statistik der realisierten Kurzarbeit in das Monitoring einbezogen werden. Sie basiert auf Angaben in Abrechnungslisten zu den Anträgen auf Kurzarbeitergeld. Angezeigte Kurzarbeit in der Region Hannover 140.000 124.605 120.000 100.000 Anzahl 80.000 60.000 43.980 9.285 40.000 15.424 134 195 4.585 2.059 3.692 807 2.916 20.000 8.295 824 13 24 2.653 927 462 206 142 99 118 0 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Juni 20 Juli 20 Aug 20 Sept 20 Okt 20 Nov. 20 Anzeigen von Betrieben Personen in Anzeigen Quelle: Bundesagentur für Arbeit Realiserte Kurzarbeit in der Region Hannover 120.000 103.567 93.526 100.000 80.000 Anzahl 60.000 50.579 40.000 20.000 4.856 8.643 7.569 37 1.420 40 944 0 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Betriebe Personen Quelle: Bundesagentur für Arbeit Zusammenfassung Angezeigte Kurzarbeit in der Region Hannover ist in den Monaten März und April 2020 in Zeiten des Lockdowns massiv und sprunghaft angestiegen. Dies gilt sowohl für die Anzahl der Betriebe, die Kurzar- beit angezeigt haben als auch für die voraussichtlich von Kurzarbeit betroffenen Personen. In den Mo- naten ab Mai ist die Anzahl der Betriebe und Personen im Zuge des „Restarts“ unter das Niveau im März gesunken. Im November stieg die Zahl der Betriebe und die Zahl der Personen im Zuge des „Lockdown light“ wieder deutlich an. Die realisierte Kurzarbeit vollzieht im April, dem derzeit aktuellen Datenstand, eine vergleichbare Entwicklung wie ihrerzeit die angezeigte Kurzarbeit und sank im Mai wieder leicht. 2
B. Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit bedeutet Einbußen beim Einkommen und den Konsummöglichkeiten und kann, wenn sie länger andauert, zum Verlust sozialer Kontakte, Selbstwert und sozialer Akzeptanz führen. Phasen glo- baler Finanz- und Wirtschaftskrisen führten schon in früheren Jahren zu teils langanhaltender Arbeitslo- sigkeit, weit über die Dauer der eigentlichen Krise hinaus (z.B. Finanzkrise). Methodik – Was wird dargestellt? Arbeitslos sind Personen, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, eine versi- cherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit zu Ver- fügung stehen und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. Wer arbeitslos wird, erhält in der Regel Arbeitslosengeld (ALG I nach dem SGB III). Sollte dieses auf- grund eines geringen vorherigen Einkommens nicht existenzsichernd sein, erhalten Arbeitslose ergän- zend Leistungen nach dem SGB II (ALG II, „Hartz IV“). Dieses gilt auch, wenn die Arbeitslosigkeit bereits so lange dauert, dass nach persönlichen Voraussetzungen kein ALG I mehr gezahlt wird. Arbeitslose im Rechtskreis des SGB II sind damit in einer besonders prekären sozialen Lage. Für die Landeshauptstadt Hannover lassen sich Entwicklungen anhand von monatlichen Arbeitslosen- zahlen darstellen. Differenziertere Angaben, wie zur Zugehörigkeit der Regelkreise SGB II und SGB III und nach Geschlecht, Alter und Nationalität sind darüber hinaus für die Region Hannover insgesamt verfügbar. Arbeitslose in der Stadt Hannover 9,7 9,9 9,6 9,2 9,5 9,4 9,2 32.000 8,8 10,0 8,0 7,9 9,0 Quote Erwerbspersonen 28.000 7,8 8,0 24.000 7,0 20.000 6,0 Anzahl 30.058 29.586 29.287 28.859 28.542 27.898 27.833 16.000 5,0 26.227 Steigerung 23.829 23.739 23.418 12.000 4,0 März – Nov. 2020 3,0 8.000 2,0 4.000 1,0 18,9 % 0 0,0 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 absolut Quote bez. auf alle Erwerbspersonen Arbeitslose in der Region Hannover nach Rechtskreisen 60.000 Steigerung 51.277 52.504 50.862 49.562 48.549 49.986 48.270 März – Nov. 2020 50.000 45.457 41.548 41.324 40.671 40.000 Insgesamt 18,7 % 32.684 33.443 33.604 33.961 33.519 33.007 32.356 29.201 28.852 28.588 30.860 30.000 16.543 17.673 18.543 17.343 16.555 15.914 31,7 % 20.000 14.597 15.865 SGB III 12.347 12.472 12.083 10.000 SGB II 13,2 % - Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Insgesamt Rechtskreis SGB III Rechtskreis SGB II 3
Arbeitslose in der Region nach Nationalität, Alter und Geschlecht Deutsche - Ausländer*innen 35.000 30.000 25.000 Anzahl 20.000 32.126 31.318 30.909 30.460 30.183 29.835 29.695 28.135 25.124 15.000 20.123 19.722 19.705 19.293 19.142 18.583 18.481 17.108 15.348 10.000 Steigerung 5.000 März – Nov. 2020 - Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Ausländer*innen Deutsche Ausländer*innen 21,1 % U 25 - 55 plus Deutsche 10.000 18,2 % 8.000 55plus Anzahl 6.000 9.033 8.998 8.963 8.955 8.848 8.705 8.523 8.175 7.640 4.000 5.850 5.469 5.320 4.988 4.861 4.867 4.544 17,2 % 4.367 3.741 2.000 - U25 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 21,5 % U 25 55 plus Frauen Männer - Frauen 20,3 % 40.000 30.000 Männer Anzahl 29.650 20.000 29.041 28.853 28.387 28.029 27.629 27.299 25.838 23.240 17,5 % 22.854 22.236 22.009 17.431 19.619 20.920 21.599 21.533 20.971 10.000 - Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Männer Frauen Quelle: Bundesagentur für Arbeit Zusammenfassung In der Stadt Hannover waren die Zahl der Arbeitslosen und deren Quote an den Erwerbspersonen zu Beginn des Jahres leicht rückläufig. Von März bis November erfolgte ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von insgesamt um 18,9 Prozent. Seit dem Höchststand im August ist ein Rückgang von insgesamt 2.225 Arbeitslosen zu verzeichnen. In der Region Hannover beträgt die Steigerung von März bis November (+18,7 Prozent). Der Anstieg basiert primär auf der Zunahme von Arbeitslosen mit ALG I im Rechtskreis des SGB III von plus 31,7 Prozent, weniger durch die Zunahme von Arbeitslosen im SGB II (plus 13,2 Prozent). Der Anstieg der Arbeitslosigkeit trifft Frauen häufiger als Männer und Ausländer*innen häufiger als Deutsche. In den letzten Monaten besonders stark betroffen war die Gruppe der unter 25-Jährigen. Inzwischen liegt deren Betroffenheit zwar noch über dem Durchschnitt (plus 21,5 Prozent), aber nicht mehr auf dem hohen Niveau der Vormonate. Seltener vom Anstieg betroffen sind die 55-Jährigen und älteren (plus 17,2 Pro- zent). 4
C. Leistungen nach dem SGB II und SGB XII Das Sozialstaatsprinzip garantiert Menschen, dass im Fall einer längeren Zeit ohne Erwerbstätigkeit oder bei Erwerbsunfähigkeit für das Existenzminimum gesorgt ist. Dieses meint, dass die Wohnung bezahlt wird und alles, was zum täglichen Leben gehört. Abhängig davon, ob jemand bei Hilfebedürftigkeit er- werbsfähig ist oder nicht, besteht Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) oder nach dem SGB XII (hier: Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung). Methodik - Was wird dargestellt? Für die Landeshauptstadt Hannover stehen SGB II-Daten mit einer zeitlichen Verzögerung von ungefähr vier Monaten zur Verfügung. Aktuell kann bis auf den Monat Mai zurückgeblickt werden. Für die Region Hannover insgesamt werden Daten der Bundesagentur für Arbeit monatsaktuell veröffentlicht. Leistungen nach dem SGB XII (hier: Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) werden durch die Landeshauptstadt Hannover gewährt und ausgezahlt. Jeweils zum Monatsende ist bekannt, um wie viele Personen es sich handelt. Bis zur Veröffentlichung mit einem ti- melag von rund vier Monaten sind diese Daten als vorläufig zu betrachten. SGB II-Empfänger*innen in der Region Hannover 122.000 120.000 Entwicklung 118.000 Mrz. bis Nov. 2020 116.000 1,8 % Anzahl 121.277 121.072 120.992 120.562 119.220 119.147 114.000 117.337 117.092 115.007 112.000 113.524 113.442 110.000 108.000 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Quelle: Bundesagentur für Arbeit SGB II-Empfänger*innen* in der Stadt Hannover 70.000 69.000 68.000 Entwicklung 67.000 Mrz. –Jul 2020 Anzahl 69.163 66.000 68.944 68.943 67.914 5,4 % 65.000 65.391 64.000 64.531 64.398 63.000 62.000 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Quelle: Bundesagentur für Arbeit 5
SGB XII - Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in der Stadt Hannover 13.800 13.000 12.200 Anzahl Entwicklung 13.539 13.524 13.510 13.509 13.494 13.493 13.447 13.439 13.329 13404 13.305 13.211 11.400 März bis Nov. 2020 10.600 -0,3 % 9.800 9.000 Dez 19 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Soziales Zusammenfassung Für die Stadt Hannover liegen Daten der SGB II-Empfänger*innen im Pandemiezeitraum bis Juli vor. Von Februar bis März stieg deren Anzahl um 993 Personen an. Das entspricht fast zwei Drittel des An- stiegs in der Region Hannover insgesamt. Von März bis Juli wurde ein Anstieg um rund 3.550 Personen (+5,4 Prozent) verzeichnet. Die Anzahl der SGB XII Empfänger*innen in der Stadt Hannover stieg im März, dem Beginn des Lock- downs, um 110 Personen an, erreichte im Juni mit 13.539 Personen ein vorläufiges Maximum, um im November auf 13.404 zu sinken. Im März 2020 war in der Region Hannover bereits ein Anstieg der Empfänger*innen von SGB II-Leistun- gen von 1.565 Personen und im April von 4.213 Personen zu verzeichnen. Seit Juli sinkt die Anzahl der SGB II-Empfänger*innen wieder und liegt Ende November bei 117.092. Trotz“ Lockdown light“ ist auch im November die Anzahl leicht zurückgegangen (-245 im Vergleich zum Vormonat). 6
D. Wohngeld Wohngeld ist nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) ein staatlicher Zuschuss für Mieter*innen von Wohn- raum sowie Eigentümer*innen selbst genutzten Wohnraums. Wohngeld wird an Personen gezahlt, die keine Transferleistungen, wie z. B. Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Er- werbsminderung, beziehen. Ziel des Wohngeldes ist es, einkommensschwachen Haushalten, deren Le- bensunterhalt durch eigene Mittel bestritten wird, bei der Finanzierung ihrer Wohnkosten zu unterstüt- zen, ohne dazu weitergehende soziale Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Methodik - Was wird dargestellt Wohngeldempfänger*innen: Wohngeld wird durch die Landeshauptstadt Hannover gewährt und ausge- zahlt. Dargestellt werden Wohngeldzahlungen des jeweils laufenden Monats. Anträge auf Wohngeld: Der Fachbereich Soziales prüft, ob Anspruch auf Wohngeld besteht. Die Anzahl der Anträge gibt Auskunft darüber, wie viele Personen aufgrund finanzieller Engpässe ihre Ansprüche (über)prüfen lassen. Die Anträge enthalten keine Gründe für die Antragstellung. Hinweise darauf können die Sachbearbeiter*innen liefern: aktuell ist eine Zunahme von Anträgen wegen Kurzarbeitergeld, ALG I oder Wegfall von Einkommen bei Studierenden zu verzeichnen. Die Antragszahlen können sich für die Vormonate noch verändern, da auch rückwirkend Anträge erfasst werden können. Wohngeldempfänger*innen in der Stadt Hannover 5.500 5.000 Steigerung März bis Nov. 2020 4.500 Anzahl 15,5 % 5.181 5.176 5.165 5.097 5.039 4.923 4.776 4.000 4.594 4.480 4.310 4.201 3.909 3.500 3.000 Dez. 19 Jan. 20 Feb. 20 Mrz. 20 Apr. 20 Mai. 20 Jun. 20 Jul. 20 Aug. 20 Sep. 20 Okt. 20 Nov. 20 Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Soziales Anträge auf Wohngeld in der Stadt Hannover 2000 Im Dezember werden 1600 noch Anträge aus dem Monat November er- 1200 fasst. Die Antragszahlen Anzahl werden sich deshalb noch erhöhen. Revision 1.641 1.419 800 im Januar. 1.362 1.320 1.292 1.169 1.162 1.153 1.139 1.105 997 984 Die Daten wurden im Ok- 400 tober rückwirkend seit Januar 2020 revidiert. 0 Durchschnitt Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 2019 Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Soziales 7
Zusammenfassung Seit Januar 2020 steigt die Anzahl der Wohngeldempfänger*innen in der Stadt Hannover an. Nach Kenntnis des zuständigen Bereichs ist der Anstieg im Januar auf die Wohngeldreform vom 01.01.20 zu- rückzuführen. Mehr Haushalte haben seitdem Anspruch auf Wohngeld. Die Steigerung der Antragszahlen ab März gehen nach Kenntnis der Sachbearbeitung auf coronabedingte Einkommensausfälle (z.B. Kurz- arbeit, ALG I und Einkommensausfälle Studierender) zurück. Vor allem im November ist ein deutlicher Anstieg festzustellen (+ 257). Auch wenn in den Vorjahren für diesen Monat Steigerungen festgestellt wurden, fielen diese aber wesentlich geringer aus. Die aktuelle Steigerung ist damit vermutlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. 8
E. Schulden und Verbraucherinsolvenzen Die Coronakrise führt unter Umständen dazu, dass Einkommen ausfallen und Vermögen aufgebraucht werden müssen. Schnell entstehen in solchen Situationen Schulden. Grundsätzlich ist das Risiko, sich zu verschulden oder sogar zu überschulden, für Haushalte mit einem niedrigen Einkommen und geringer Qualifikation höher (vgl. Sozialbericht 2018, Seite 72 ff). Private Haushalte sind überschuldet, wenn sie ihre Schulden, nach Abzug aller Lebenshaltungskosten, nicht fristgerecht tilgen können (relative Über- schuldung). Wenn Einkommen und Vermögen der Schuldner*innen nicht mehr ausreichen, um beste- hende Verbindlichkeiten zu decken, liegt eine absolute Überschuldung (Insolvenz, Vermögensauskunft) vor. Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen sind meist die ersten Instanzen, die sich mit der Situation der Schuldner*innen professionell befassen, auch im Falle einer angestrebten Verbraucherinsolvenz ist eine Schuldnerberatung vorgelagert. Der Indikator Verbraucherinsolvenzen wird seit November 2020 nicht mehr im Monitoring dargestellt. Er sollte anhand der monatlichen Anzahl der eröffneten verbraucherinsolvenzverfahren mittel- oder lang- fristigen Auswirkung der Pandemie darstellen. Aufgrund einer vom Bundesjustizministerium im Juli an- gekündigten Gesetzesänderung verliert der Indikator an Aussagekraft. Die Gesetzesänderung beinhaltet, dass eine Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren und nicht wie derzeit sechs Jahren erfolgen wird. Die Beantragung von Verbraucherinsolvenzen wird von den Betroffenen nun soweit wie möglich verzö- gert, um in den Genuss der neuen Regelung zu kommen. Die Entwicklung ist somit nicht coronabedingt und nicht Ausdruck sozialer Lagen, sondern Abbild der Erwartung einer neuen gesetzlichen Regelung. Methodik - Was wird dargestellt? Erstkontakte via Telefonsprechstunde: Bei der sogenannten „Telefon-Sprechstunde“ der städtischen Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle handelt es sich um Erstkontakte. Deren Anzahl und Entwicklung werden monatlich dargestellt. Die Daten der städtischen Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle wer- den zum Auftakt des Monitorings stellvertretend für die Beratungsstellen in der Stadt Hannover heran- gezogen. Schuldnerberatung der Stadt Hannover -Erstkontakte via Telefonsprechstunde 90 80 70 60 Anzahl 50 40 82 68 65 62 30 59 55 59 57 51 20 44 35 10 0 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Soziales Zusammenfassung Erstkontakte via Telefonsprechstunde: Seit Januar 2020 sind die telefonischen Erstkontakte zur städti- schen Schuldnerberatung zunächst rückläufig gewesen. Mit einem Ausreißer nach unten im Oktober be- wegt sich das Kontaktgeschehen seit Mai auf ähnlichem, leicht steigendem Niveau. 9
F. Kinderzuschlag (KIZ) und „Notfall-KIZ“ KIZ: Kinderzuschlag bekommen Familien mit einem niedrigen Einkommen, das nur knapp über dem „Hartz-IV-Niveau“ liegt. Abhängig von der finanziellen Bedürftigkeit, die sich individuell berechnet, gibt es bis zu 185 Euro pro Kind und Monat. Durch gesetzliche Neuregelungen im Rahmen des sogenannten Starke-Familien-Gesetzes zum 1. Januar 2020 erweiterte sich der Kreis der Anspruchsberechtigten. Das Bundesfamilienministerium erwartet im Jahr 2020 eine Verdopplung der Anzahl der Kinder, die den Zu- schlag erhalten. Notfall-KIZ: Familien, bei denen sich coronabedingt das Einkommen durch Kurzarbeit, Arbeitslosengeld oder geringere Einnahmen reduziert hat, erhalten in der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2020 einen leichteren Zugang zum Kinderzuschlag („Notfall-KIZ“). Die Bundesagentur für Arbeit prüfte vorüberge- hend nur das Einkommen des vergangenen Monats und nicht aus den vergangenen sechs Monaten. Au- ßerdem wurde die Vermögensprüfung ausgesetzt. Für Familien, die im ablaufenden Bewilligungszeit- raum den höchstmöglichen Gesamtkinderzuschlag bezogen hatten, erfolgte ohne erneute Einkommens- prüfung eine einmalige Verlängerung des Kinderzuschlags um sechs Monate. So konnten die Leistungen ohne Unterbrechung gewährt werden. Methodik - Was wird dargestellt? Statistische Informationen zum Kinderzuschlag stellen die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (Fa- milienkasse der BA) zur Verfügung. Als kleinste räumliche Ebene werden die Bundesländer ausgewiesen. Es ist somit nicht möglich für die Stadt Hannover oder die Region Hannover Daten auszuwerten. Dargestellt wird die monatliche Entwicklung der Anzahl der Kinder in Niedersachsen, die einen Kinder- zuschlag erhielten. In der Annahme, dass sich die lokale Entwicklung nicht grundsätzlich vom Geschehen in Niedersachsen unterscheidet, kann die Grafik Auskunft über die Entwicklung dieser Leistung für Fami- lien geben. Kinderzuschlag in Niedersachsen 100.000 Mit „Notfall-KIZ“ ab 1.4.20 80.000 Entwicklung Anzahl Kinder März bis Nov. 2020 60.000 96.490 93.204 91.413 90.389 89.903 86.651 75.728 64.330 40.000 90,1 % 45.572 37.975 34.159 20.000 0 Jan. 20 Feb. 20 Mrz. 20 Apr. 20 Mai. 20 Jun. 20 Jul. 20 Aug. 20 Sep. 20 Okt. 20 Nov. 20 Quelle: Bundesagentur für Arbeit Zusammenfassung Bereits seit Januar 2020 also vor der Coronakrise, ist die Zahl der Kinder, die in Niedersachsen einen Kinderzuschlag erhielten, deutlich angestiegen. Dieses ist auf die oben erwähnte gesetzliche Neurege- lung zurückzuführen. Mit der Einführung des „Notfall-KIZ“ kam es zu einem sprunghalten Anstieg der Empfänger*innen. Es lässt sich anhand der dargestellten Daten nicht unterscheiden, welche Entwicklung dem „Notfall-KIZ“ und welche der Gesetzesänderung zuzuordnen ist. Geht man aber von der vom Bun- desfamilienministerium (coronaunabhängig) erwarteten Verdopplung der Empfänger*innenzahlen aus (hier rd. 68.000), müssten zum Beispiel im Juli rund 28.500 der insgesamt über 96.000 Empfänger*innen nach den Regeln des Notfall-KIZ den Zuschlag erhalten haben. Seit Juli hat sich die Anzahl der Leis- tungsempfänger*innen auf hohem ungefähr gleichbleibendem Niveau eingependelt. Das Absinken im November entspricht einer bundesweiten Entwicklung für die aktuelle keine Erklärung angeboten werden kann. 10
G. Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt Im Durchschnitt wendete die Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2019 rund 26 Prozent ihres verfügba- ren Haushaltseinkommens für Miete und Nebenkosten beziehungsweise für den Unterhalt ihres Wohn- eigentums auf (Wohnkostenbelastungsquote)1. Vor dem Hintergrund zunehmender Kurzarbeit und stei- gender Arbeitslosigkeit in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ist anzunehmen, dass die Wohn- kostenbelastungsquote für Miet- und Eigentumshaushalte steigt. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen im Mai 20202. Hohe Wohnkosten führen dazu, dass Haushalte in ihren übrigen Konsumentscheidungen eingeschränkt werden. Eine Überbelastung durch Wohnkosten liegt vor, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent seines verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgibt – unabhängig davon, ob die Betroffenen zur Miete oder in den eigenen vier Wänden leben. 2019 traf dies für 14 Prozent der Haushalte in Deutschland zu. Dabei sind es insbesondere alleinlebende, alleinerziehende und armutsgefährdete Haushalte, die eine über- durchschnittlich hohe Wohnkostenbelastung aufweisen. Dies sind Haushaltstypen, die vor allem in Groß- städten wie Hannover leben3. Die Wohnkostenbelastung ist nur bundesweit abbildbar. Um die Situation auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt Hannover näherungsweise abzubilden, wertet die Verwaltung seit Sommer 2020 in einem mo- natlichen Rhythmus das vorhandene Angebot auf dem freien Wohnungsmarkt aus. Dabei lassen sich Angebotsmieten aus Mietwohnungsinseraten ermitteln und es zeigt sich, zu welchem Mietpreis die je- weils verfügbaren Wohnungen Wohnungssuchenden auf dem lokalen Wohnungsmarkt in der Stadt Han- nover angeboten werden. Sie sind ein guter Spiegel der aktuellen Marktlage und illustrieren die Versor- gungschancen von Haushalten, die aktuell umziehen (müssen). Aus den Angebotsmieten lässt sich nicht ableiten, wie hoch die mittlere Wohnkostenbelastung in der Landeshauptstadt ist, jedoch ist anzunehmen, dass aufgrund steigender Angebotsmieten auch die Wohn- kostenbelastung insgesamt zunimmt. Methodik – Was wird dargestellt? Grundlage der Angebotserfassung und des Indikators „Angebotsmiete“ sind inserierte Mietwohnungen in der Stadt Hannover mit Angaben zur Nettokaltmiete je Quadratmeter. Die Stadt Hannover greift hierzu auf die vom Institut empirica angebotene Datenbank zurück, die die Angebote verschiedener Online- Immobilienportale (Immoscout24, Immonet, Immowelt usw.) sowie der Webportale größerer lokaler Tageszeitungen sammelt. Die Angebotsmiete ergibt sich aus den erfassten Mietwohnungsangebote im jeweiligen Monat. Dabei wird die mittlere Angebotsmiete als Median ausgegeben. Der Median teilt die monatlich erfassten Inserate in zwei gleich große Gruppen auf: 50 Prozent der inserierten Angebotsmie- ten sind geringer und 50 Prozent fallen höher aus. Der Median hat im Unterschied zum arithmetischen Mittelwert den Vorteil, dass er weniger anfällig auf Ausreißermieten (besonders hohe/niedrige Ange- botsmieten) reagiert. 1 Quelle: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen / 2020/10/PD20_428_639.html 2 Quelle: Groß, C., Göbler, K. & Wagner, G. G. (2020). Corona-Pandemie: Auch ein Stresstest für den Wohnungsmarkt. Veröf- fentlichungen des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen, Berlin Mai 2020 3Quelle: www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Tabellen/eurostat-anteil-wohnkosten-haushaltsein- kommen-silc.html 11
Mietwohnungsinserate und Angebotsmieten* inserierter Mietwohnungen in der Stadt Hannover seit Januar 2018 2.000 9,80 1.800 9,60 1.600 9,40 Inserate* absolut 1.400 9,20 in Euro/m² 1.200 9,00 1.000 Durchschnitt 1.320 Inserate / Monat 8,80 800 600 8,60 400 8,40 200 8,20 0 8,00 Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep 18 18 18 18 18 18 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 Inserate* absolut in Euro/m² Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Bereich Stadtentwicklung/ empirica Preisdatendatenbank * Hierbei erfasst sind: alle inserierten Mietwohnungen (Bestand und Neubau) ohne weitere Filterung. Die Abbildung zeigt die Zahl inserierter Mietwohnungen sowie die Angebotsmiete des jeweiligen Monats. Durchschnittlich werden im langjährigen Mittel rund 1.320 Mietwohnungsinserate pro Monat erfasst. Generell werden im Dezember und Januar weniger Inserate geschaltet. Zusammenfassung Die Zahl inserierter Mietwohnungen war in den Monaten März 2020 bis Juni 2020 deutlich reduziert. Im März betrug der Rückgang der Inserate 4 Prozent gegenüber dem Mittelwert. Weniger Wohnungsange- bote bedeuten weniger Auswahloptionen bei möglicherweise anstehender Wohnungssuche. Zudem sind auch während der Pandemie die Angebotsmieten gestiegen beziehungsweise die monatlichen Angebots- mieten halten seit März 2020 ihr hohes Niveau. Wie viele Haushalte sich am Ende der Corona-Pandemie in einer Überlastungssituation befinden werden, ist noch nicht absehbar. Die zu Beginn der Pandemie ergriffene Maßnahme, dass Mieter*innen, denen pandemiebedingt die Einnahmen fehlten, ihre Miete stunden konnten, ist Ende Juni ausgelaufen. Der Kündigungsschutz hat mögliche Geldsorgen demnach nur bis in den Herbst verschoben. Dies ist ein inhaltlicher und redaktioneller Beitrag des Bereichs Stadtentwicklung (OE 61.5) der Landes- hauptstadt Hannover. 12
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