Ein Fest für Clara oder Clara Wieck beziehungsweise Clara Schumann in Berlin - Wohnorte und Spielstätten
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Ein Fest für Clara oder Clara Wieck beziehungsweise Clara Schumann in Berlin – Wohnorte und Spielstätten Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Nein, weder ist Heidis Freundin Clara gemeint, noch die Zetkin, sondern Clara Schumann. Deswegen müssen linke Politniks und Leute, die leichte Kultur-Kost bevorzugen, dem „Fest für Clara“ nicht fernbleiben. Die am 13. September 1819 in Leipzig geborene Clara Wieck , die am 20. Mai 1896 in Frankfurt am Main als Clara Schumann starb, war die berühmteste Pianistin ihrer Zeit. Die gehobene Musikwelt feiert nun ihren 200. Geburtstag. Auch an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin wird die Komponistin und Pianistin gewürdigt und zwar am 1. und 2. November mit einem Fest im Neuen Marstall. Schließlich lebte Clara nicht nur in Leipzig, Dresden und Düsseldorf, sondern auch in Baden-Baden, Frankfurt am Main und: Berlin.
Dort führt die Musikwissenschaftlerin Theresa Schlegel zu Berliner Wohnorten und Spielstätten von Clara Schumann in der Straße Unter den Linden: Hôtel de Russie, Redern-Palais, Kronprinzenpalais, Jagor‘scher Saal u. a. Treffpunkt: Eingang Neuer Marstall. In einer Pressemitteilung der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin vom 22.10.2019 heißt es dazu: „Eine hochkarätige Besetzung mit Professor*innen und Studierenden der Hanns Eisler und Gästen wird das Leben von Clara Schumann an zwei Tagen musikalisch und in Lesungen durchwandern, ihr Werk belauschen und beleuchten. An die 70 Mitwirkende in Konzerten, Lesungen, Vorträgen, in einem Theaterstück, bei einem Stadtspaziergang und in einer Ausstellung werden sich dieser außerordentlichen Künstlerpersönlichkeit widmen. Die künstlerische Leitung hat die Pianistin Claar ter Horst.“ Mehr Informationen im Weltnetz unter Ein Fest für Clara. Klassik an der Küste –
Musikfreunde kommen im Grand Hotel Heiligendamm auf ihre Kosten Bad Doberan-Heiligendamm, Deutschland (Kulturexpresso). Heiligendamm, das älteste aller deutschen Seebäder, trumpft mit seiner Lage am Ostseestrand, der Umgebung von Steilküste, sanften Dünen und Wald. Hier lockt das Grand Hotel Heiligendamm mit Angeboten in Sachen Gastronomie und Wellness. Doch auch Kulturfreunde kommen in dem Luxushotel auf ihre Kosten. Davon zeugt schon die vielseitige, gut sortierte Bibliothek, die sich in einem Lesekabinett mit gemütlichen Sesseln befindet. Regelmäßig veranstaltet das Haus Lesungen und Konzerte, die gegen Eintritt auch Nicht-Hotelgästen zugänglich sind. Ein Highlight ist die Reihe „Freitagskonzerte“, die seit sechs Jahren läuft und monatlich an einem Freitag über die Bühne geht. Damit knüpft das Grand Hotel Heiligendamm, dessen Ensemble von Bade- und Logierhäusern zwischen 1793 und 1870 entstand, an seine kulturelle Tradition an: Seit jeher finden musikalische Veranstaltungen im prächtigen klassizistischen Ballsaal des Kurhauses statt.
Wir besuchten Ende 2018 ein „Freitagskonzert“ mit den Schauspielern Nadja Becker und Steffen Groth. Sie lasen Rainer Maria Rilke: Impressionen von dessen winterlicher Spanienreise sowie aus dem Briefwechsel des Dichters mit angebeteten Damen, Lou Andreas-Salomé oder Marie von Thurn und Taxis. Der Gitarrist Heiko Ossig umrahmte die Lesung mit leidenschaftlichen spanischen Klängen. „Jedes Freitagskonzert ist einzigartig“, sagt Susan Franke, Kulturdirektorin des Grand Hotels Heiligendamm. „Wir laden renommierte Künstler ein, die zur selben Zeit sonst nicht in Mecklenburg-Vorpommern zu erleben sind.“ Höhepunkt der ersten Jahreshälfte ist das „Chamber Music Fest am Meer“ vom 25. bis 28. April. Hier hält die Geigerin Franziska Hölscher das Szepter in der Hand, die einige ihrer Freunde und Kollegen zum gemeinsamen Musizieren einlädt. Mit von der Partie sind zum Beispiel der Klarinettist Sebastian Manz und die Pianisten Marianna Shirinyan und Aaron Pilsan – allesamt preisgekrönte Künstler. Franziska Hölscher, in diesem Jahr „Artist in Residence“ des Hotels, ließ sich von der rauen Schönheit der Natur um Heiligendamm zum Festivalmotto „Landscapes“ anregen. „Komponisten wie Beethoven, Brahms oder Sibelius haben Erfahrungen
in der Natur, etwa Begegnungen mit den Alpen oder dem Meer, immer wieder als Auslöser zum Komponieren genutzt“, sagt die Geigerin. Das Rezitationskonzert „Landschaften“ entwarfen Hölscher und die Pianistin Marianna Shirinyan zusammen mit dem 2016 verstorbenen Publizisten Roger Willemsen. „Bei der Programmgestaltung ging es uns um Brückenschläge zwischen Klanglandschaften und Sprachlandschaften, um Wechselwirkungen zwischen Wort und Musik“, erzählt Hölscher. In Heiligendamm werden die Stationen dieser Reise – von der Schwäbischen Alb bis zum isländischen Örtchen Ísafjörður – von dem Schauspieler Walter Sittler vorgetragen. Dem „Chamber Music Fest am Meer“ folgen weitere hochkarätige Konzerte. Am 31. Mai reisen die estnischen Zwillinge Triin Ruubel und Kärt Ruubel an. Triin ist Konzertmeisterin beim Estnischen Staatlichen Symphonieorchester; Kärt eine gefragte Pianistin. Am 19. Juni ist dann der bekannte Geiger Daniel Hope mit dem kalifornischen New Century Chamber Orchestra zu Gast. Während bei den „Freitagskonzerten“ renommierte Künstler spielen, kommt in der monatlichen Reihe „Carte blanche“ der Nachwuchs zum Zuge: Studenten der Rostocker Musikhochschule bieten eine Bandbreite von Klassik über Jazz bis zur Operette. Das Hotel legt Musikfreunden
eine Jahreskarte ans Herz. Alljährlich wählt das Publikum seinen Favoriten für einen Förderpreis, was mit einem weiteren Gastspiel im Grand Hotel Heiligendamm verbunden ist. Publikumslieblinge 2018 waren sechs junge Sängerinnen, die in Rostock bei der Sopranistin Martina Rüping studieren. Im Preisträgerkonzert am 7. Juli 2019 erfreuen sie das Heiligendammer Publikum erneut mit Arien aus Opern und Operetten. Auch das Frühförder-Programm der Rostocker Musikhochschule, die „Young academy rostock“, schickt ihre Talente nach Heiligendamm. Am 20. April gestaltet der hochbegabte Nachwuchs ein Osterkonzert im historischen Ballsaal. www.grandhotel-heiligendamm.de/kultur/
Jocelyn B. Smith, Otto Waalkes und 27 andere. Bundespräsident ehrt Kulturschaffende mit Bundesverdienstkreuz Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Das Bundesverdienstkreuz verbindet sie. Jocelyn B. Smith ist neben Otto und Hans Zimmer wohl unter den bekannteren, doch darum geht es nicht. Die 29 Geehrten sind aus vielen Bereichen der Kultur. Unterstützt Bildung und Kultur, wie die Vermittlung des ABC: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im September 2018 im Garten seines Amtssitzes. © Foto/BU : Andreas Hagemoser, 2018 Am 3. Oktober war der Tag der Deutschen Einheit, am Vorabend ehrte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier knapp drei Dutzend Persönlichkeiten bei einem Gala-Diner im Schloss Bellevue, dem Hauptstadt-Sitz des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Bewusst wurden Menschen ausgewählt, die sich mit Kultur und
Bildung beschäftigen oder durch ihre Tätigkeit darunter fallen. Also alles Leute, die im Kulturexpresso stehen könnten. 16 Männer, der Rest Frauen. Rest ganz wertneutral gemeint, klar. Bundesverdienstkreuz für Jocelyn B. Smith Die Sängerin, Musikerin, Pianistin, Singer-Songwriterin, Jazzerin, Charity-Queen und und und … ist nicht für die Anzahl ihrer herausgebrachten CDs ausgezeichnet worden. Nicht für ihre Arbeit mit Kindern. Sie setzte sich vor der Landminen- Ächtungs-Konferenz in Norwegen für die Verbannung dieser furchtbaren, erschreckenden Krieggeräte ein, die noch lange, manchmal jahrzehntelang im Boden bleiben. Kaum Militär, sondern vor allem Kinder sind dann betroffen und verlieren Beine oder Leben. Im „günstigen“ Fall werden sie lebenslang zu Sozialhilfeempfängern; ein furchtbares Los. Hier ist sie – Here I am. Jocelyn B. Smith und Volker Schlott im Ernst-Reuter-Saal in Berlin-Reinickendorf Gute Musik und offene Ohren. OPEN HOUSE in der Heilig-Kreuz- Kirche mit den „Different Voices of Berlin“ und Jocelyn B. Smith „Shine a Light“ und viele andere Aktivitäten initiierte Jocelyn B. Smith oder nahm daran teil. Doch dem Vernehmen nach wurde ihr am 2. Oktober 2018 das Bundesverdienstkreuz für ihre langjährige Arbeit mit den Different Voices of Berlin verliehen. Einem integrativen Chorprojekt, das aktuell im Theaterstück „Auf der Straße“ im Kleinen Haus des Berliner Ensembles mitwirkt (nächste Termine um den 28.10.). Der Chor sang schon vor Bundesministern der Justiz, Arbeit und anderen. So vor der vielleicht-Kanzlernachfolgerin von der Leyen, als sie andere Ressorts bekleidete.
Im Theater. Jocelyn B. Smith mit Different Voices of Berlin im Brecht-Theater Berliner Ensemble Bundesverdienstkreuz auch für 28 weitere Kulturleute Der Tagesspiegel stellt Filmemacherin Caroline Link heraus https://www.tagesspiegel.de/kultur/tag-der-deutschen-einheit-b undespraesident-ehrt-29-kulturschaffende/23095084.html und Rainald Goetz. Filmkomponist Hans Zimmer, in seiner Branche neben Elfman und wenigen anderen ein ganz großer Name, gehört auch zu dem erlauchten Kreis. Kulturexpresso berichtete über ihn. Zimmer im Konzertsaal – Komponist Hans Z. tritt live an Gitarre und Keyboard mit seiner Filmmusik auf zusammen mit Band, Chor, Orchester und Lebo M Selten vor der Kamera, aber wichtig: Synchronsprecher Christian Brückner. Verwandtschaft mit Autor Peter Brückner war vor Redaktionsschluss nicht zu klären. Auch aus dem Bereich Film ist die tolle Schauspielerin Julia Jentsch. Thomas Ostermeier ist Chef der Schaubühne. Bei weitem nicht nur Deutsche wurden ausgezeichnet. François Ozon ist Franzose, man denke bei Filmen unter anderem an deutsch-französische Ko- Produktion „Frantz“. Im Alphabet noch nach Zimmer ist Tabea Zimmermann, die Bratsche spielt. Auch Annette Humpe ist genau wie Jocelyn B. Smith und Frau Zimmermann Musikerin. Damit sind vielleicht die meisten unter den ausgezeichneten Frauen der Musik verpflichtet.
Zwei Übersetzerinnen erhielten das Verdienstkreuz, Larissa Bender und Anne Birkenhauer-Molad; Barbara Vinken (München) ist Literaturwissenschaftlerin. Jim Rakete ist Porträtfotograf; Kathrin Ollroge und Wolfgang Tillmans sind „Fotokünstler“. Neo Rauch ist Maler, Martin Schläpfer Choreograph. Be van Vark Tanzpädagogin. Chemiker und Köche, könnte man denken, hatten die Kreuz- Vergeber nicht im Köcher. Doch Ulrich S. Schubert ist Chemiker, er gründete 1994 die Internationale Junge Orchesterakademie und organisiert Wohltätigkeit. Christian Bau ist Koch aus dem Saarland. Das erinnert mich an den Witz, wie sich in der Bahn zwei Reisende vorstellen: „Ich bin Pfarrer aus Passau“, sagt der eine. Der andere erwidert: „Ich bin Lüneburger Heide.“ Heute oder nie? Moon Suk wird ihren Salon weltreisebedingt schließen – Zu Gast: die
Pianistin Sara de Ascaniis Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Moon Suk reiste 1989 zu einem Aufnahmestudium nach Deutschland, seitdem hat sie hier eine beispiellose Karriere hingelegt und das Kunst- und Musikleben entscheidend bereichert. Seit 3 Jahren ließ sie die Berliner Salonkultur wieder aufleben und zieht hervorragende junge Künstler an. Diesmal die Pianistin Sara de Ascaniis. Die Italienerin ist bei der Koreanerin zu Gast, doch Länder zählen schon lange nicht mehr in der Welt der Musik. Sprachen, ja. Sara de Ascaniis hat beim Lesen der Noten und Partituren zweifellos einen Heimvorteil, da sie als Muttersprachlerin nicht erst lernen muss, was adagio bedeutet, oder andante oder piano. Das Piano, Klavier, der Flügel ist ihr Instrument. Sie studierte in Vicenza in Venetien, das ca. 60 Kilometer nordwestlich von Venedig liegt. Die norditalienische Großstadt mit etwa 112.000 Einwohnern ist unter anderem für ihre Keramik und Musikintrumente bekannt. Andrea Palladios Renaissancebauwerke führten zur Anerkennung eines Unesco- Welterbes. Sara de Ascaniis‘ Italien Sara de Ascaniis Eltern sind Musiker, haben aber ihr aber alle Freiheit gelassen. Nach einer Veranstaltung wiederholte die Zweieinhalbjährige das gerade mehrfach gehörte Hauptthema am Klavier, was bei den Eltern Erstaunen auslöste und sie langsam an das Instrument heranführen ließ. Von Schulbeginn an begann dann eine zehnjährige Ausbildung. Es ist diese Freiheit und Freiwilligkeit, die Sara de Ascaniis‘ Ausdruck und Entfaltung ermöglicht gemacht hat. „Perfekte“ Pianisten, deren technische, teils seelenlose „Perfektion“ wenig lebendig und noch weniger herzlich ist, deckeln einen Teil ihrer Persönlichkeit, um in einem kleinen Teilbereich bessere Ergebnisse zu erzielen. Professor Bernd Senf würde von Unterdrückung der Lebensenergie sprechen.
Qualität durch Freiheit und Freiwilligkeit Dass Sara de Ascaniis‘ Entwicklung wunderbar und in Freiheit geschah, ist nicht anders vorstellbar. Wenn sie als Violinduo mit Julia Pérez Gámez auftritt, ist ihre Fähigkeit, ganz im Spiel zu versinken und gleichzeitig perfekt mit ihrer Partnerin zu harmonieren, voll ausgebildet. Ein Genuss, dies zu beobachten. Der Musikgenuss ergibt sich von ganz allein. Moon Suks Verdienst, ist es immer wieder solche begnadeten Talente aufzuspüren, die doch sehr menschlich sind. Von Moon Suks Kunst und Gesang – die Sopranistin beherrscht allein 500 Stücke auswendig – wäre noch viel zu berichten. Moon Suk setzt sich in einen VW-Bus und ist dann einfach mal weg An dieser Stelle kurz der Hinweis, dass ihre Berliner Tage vorübergehend gezählt sind. 2018 wird sie auf eine vielleicht anderthalbjährige Weltreise gehen – in einem VW-Bus? – und unterwegs mit örtlichen Künstlern auftreten. Ein Datum der Wiederkehr wurde nicht festgelegt. Der monatliche Salon pausiert auf unbestimmte Zeit – was das heißen kann, wissen wir vom ICC Der monatliche Salon wird also ab Anfang der Jahres auf unbestimmte Zeit aussetzen. Die 1000 glücklichen Zuhörer ihre monatlichen Salons und diejenigen, die es bisher nicht schafften, werden wohl jetzt zum Run auf die Eintrittskarten ansetzen. Lediglich 50 werden für die Beletage in der Charlottenburger Altbauwohnung am Olivaer Platz verkauft. Als einmal 70 Musikliebhaber Einlass begehrten, wurde es einfach zu eng.
Zu allem Guten obendrauf gibt es auch noch ein selbstzubereitetes schwäbisch-koreanisches Dinner-Büfett. Sonntag, 15. Oktober 2017: „Musikalisches Oktoberfest“ im Salon Moon www.moonsuk.de (Nicht nur zum Salon, sondern auch zu Vita und Werk Moons.) Der Salon Moon ist ja kein Auslaufmodell, aber ein Beweis für die Wandlungsfähigkeit des „Gesamtkunstwerks“ Moon: www.salonmoon.de Mond und Sterne zum Anfassen – Exklusive Kultur-und-Wellness- Reise mit Wladimir Kaminer und Moon Suk Lebenspfade jüdischer Komponisten – Premiere des Festivals New Life in Berlin Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). In das Jahr 2017 fällt der 120. Geburtstag Paul Ben-Haims, mit bürgerlichem Namen Paul Frankenburger, geboren 1897 in München. Bereits 1931 wurde er als Jude vom Augsburger Theater entlassen, floh 1933 nach Palästina und nahm dort den Namen Ben-Haim – »Sohn des
Lebens« – an. Er wurde einer der führenden Komponisten und Kulturpolitiker in Israel, der bis zu seinem Lebensende das Musikleben Israels prägte. Die Aufführung seiner Werke durch Yehudi Menuhin, Jascha Heifitz, Menachem Pressler und Leonard Bernstein machten ihn international bekannt. Bein-Haims Schicksal teilten Dutzende deutsch-jüdische Komponisten wie Kurt Weill, Alexander Zemlinsky, Franz Schreker, Ernst Toch, Hanns Eisler und viele andere. Ihr Problem war: Sie hingen am alten Leben, aber es gab kein Zurück. Sie begannen ein neues Leben (NEW LIFE!), ohne Kenntnis der Sprache ihres Exils, ohne Beziehungen. Viele schafften es, Fuß zu fassen, andere verließen die Kräfte. Einige Komponisten waren eng mit dem von Bronislaw Huberman gegründeten Palestine Symphony Orchestra verbunden und verdankten ihm sogar das Überleben. Joseph Kaminski, Dirigent des Warschauer Rundfunkorchesters, wurde 1937 von Huberman in das Palestine Orchestra geholt und entging so der Verfolgung durch die Naziokkupanten. Ofra Yitzhaki am Piano auf dem New Life Festival 2017 in Berlin. BU: Stefan Pribnow © 2017, Foto: Daniela Incoronato Ben-Haims Jubiläum inspirierte die Sopranistin Mimi Sheffer, sich der Wiederbelebung der Kunstmusik jüdisch-europäischer
Komponisten zu widmen und in Berlin das Festival NEW LIFE – Lebenspfade – zu gründen. Drei Tage lang wurden am Wochenende in der Sankt-Elisabeth-Kirche und in der Villa Elisabeth Werke geflüchteter jüdischer Komponisten gespielt, vom Klaviertrio und Streichquartett bis zur Sinfonie, darunter Uraufführungen und deutsche Erstaufführungen. Was wie ein Anachronismus erscheint – so die Uraufführung einer Ouvertüre von Alexander Zemlinsky (1871-1942) – hat tragische Gründe, weil diese Werke in Deutschland nicht gespielt werden konnten oder weil die Noten verschollen waren oder weil sie im Exil entstanden und eben jetzt nach Deutschland (re)importiert werden. Darüber ließe sich lange philosophieren, doch das Entscheidende für den Hörer war die Freude an der Entdeckung nicht erahnter Kunstwerke. So begannen die Berliner Symphoniker unter Leitung von Lior Shambadal mit der Uraufführung der Ouvertüre von Zemlinsky und dem sinfonischen Gedicht für Sopran und Orchester »Pan« von Paul Frankenburger sowie mit der deutschen Erstaufführung des Klavierkonzerts op. 41 (1949) von Ben-Haim, furios gespielt von der New Yorker Pianistin Gila Goldstein. Am Sonntag folgten das Violinkonzert von Josef Kaminski (1903-1972), geschrieben 1947-1949 und hier gespielt vom Ersten Konzertmeister des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, Erez Ofer, sowie die deutsche Erstaufführung des Klavierkonzerts No.1 von Josef Tal (1910-2008), gespielt von der israelischen Pianistin Ofra Yitzhaki. Die Berliner Symphoniker, ignoriert vom Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), spielten in gewohnt zuverlässiger Manier. Sie durften sich des Privilegs erfreuen, als erste in Deutschland Paul Ben-Haims grandioses Klavierkonzert mit seiner israelisch-mediterranen Klangfarbe und Josef Tals früh-modernes Klavierkonzert aufzuführen – eine schöne Bereicherung ihres Repertoires. Der Konzertmeister Michail Sekler war entzückt von den reizvollen Stücken, die sie zu spielen hatten.
Mimi Sheffer, Leiterin des New Life Festivals, mit dem israelischem Botschafter Hadas-Handelsman am 14. Juli 2017 in Berlin. BU: Stefan Pribnow © 2017, Foto: Yvonne Dippmann Der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, Schirmherr des Festivals, brachte es auf den Punkt, wenn er bemerkte, dass durch die Schuld der Nazis unersetzliche Verluste für das deutsche und europäische Kulturleben entstanden sind, und dass die Musiker nun versuchen, einen Teil der musikalischen Ideen jüdischer Komponisten nach Deutschland zurückzubringen. Die jahrhundertealte jüdische Kulturtradition in Deutschland werde über Generationen zu neuem Leben erweckt, auch durch Zeitgenossen wie Daniel Barenboim und Lior Shambadal. Es bleibt anzumerken, dass die gleichen oder größere Verluste für die Wissenschaft durch die Vertreibung oder Ermordung jüdischer Mediziner, Physiker, Chemiker, Pharmakologen und anderer entstanden sind. Eine Lücke im Konzept des Festivals: es fehlen Komponisten wie Hanns Eisler und Paul Dessau, Kommunisten, die den Kampf um ein besseres Deutschland nie aufgaben und in der DDR, gemeinsam mit einem Zirkel jüdischer Intellektueller, den
Platz fanden, für dieses Ziel zu arbeiten. Das erste Festival darf nicht das letzte gewesen sein. Alle schönen Erinnerungen. Die junge Komponistin Terhi Dostal begleitet Weihnachtslieder aus Finnland am Flügel Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Wer Weihnachtslieder abwiegelt, denkt bestimmt an das bekannte deutsche Programm mit Tannenbaum, „Morgen, Kinder …“ und „Macht hoch die Tür“. Oder an das unerträgliche englischsprachige Gedudel, das einem beim Einkaufen unverhinderlich aus den Lautsprechern entgegenquillt. Aufatmen! Es gibt in Europa noch eine andere Realität. Still und starr liegt der See. In Mitteleuropa im Winter vielleicht nur noch im Ausnahmefall. In Finnland auch zu Zeiten des Klimaveränderungsgeredes die Regel. Und „Land der Seen“ könnte der inoffizielle Beiname des Staates sein, wenn es wie in den USA solche Mottos gäbe wie „Eureka“ in Kalifornien und „Wir würdigen unsere Freiheiten
und pflegen unsere Rechte“ in Iowa. „North to the Future“, das Motto Alaskas, könnte auf Finnland bezogen werden. Nach Norden zur Zukunft. Ebenso „Freiheit und Unabhängigkeit“, der Wahlspruch Delawares. Warum? Im Gegensatz zu Frankreich, England und China ist Finnland ein junges Land. Der Weltbrand oder Weltkrieg, der später in den 1. solchen umbenannt wurde, hatte es möglich gemacht. Das russische Zarenreich hielt dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn, zwei anderen der damals fünf Weltmächte, an seiner Westfront nicht stand. Der Frieden von Brest-Litowsk und das Zarenreich wurden geschlossen. Die nachfolgende Republik überdauerte nur kurze Zeit. Dann kamen die Kommunisten. Auf die Zerstörungen folgten Aufteilungen. Polen entstand und am Bottnischen Meerbusen 1917 Finnland. Anderen Verlierern des Weltkriegs ging es nicht anders. Griechenland, die Türkei, Syrien und der Irak. Vertraute aus den Nachrichten mit alter Kulturgeschichte. Doch ihre staatliche Eigenständigkeit verdanken sie wie auch der Libanon, der Jemen, Jordanien, Katar, Kuwait, Oman und weitere Länder dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach den Kriegsereignissen; und vielleicht der Umstellung der britischen Flotte von Kohle auf Öl. Kulturell bedeutete das ein neues Bewusstsein. Die Kultursprachen gab es schon lange, teils mit eigenen Alphabeten. Griechisch. Türkisch. Das westslawische Polnisch; finnisch. Aus dem Zerfall der k.u.k-Doppelmonarchie entstanden Staaten rund um Sprachgebiete und Völker. Das westslawische Tschechisch und Slowakisch. Ungarisch, das, wenn es nicht das Finnische gäbe, allein dastünde wie das Baskische. So können die beiden die Finnougrische Sprachgruppe bilden.
Dass das Finnische jetzt so im Mittelpunkt steht, hat seine Gründe. Zum einen den 6. Dezember. Geld verdienen kann man mit dem Nikolaustag. Der erste Anlass des Monats, kleine Geschenke und Winterstiefel zu kaufen. „Was hattest du im Stiefel?“ „Einlegesohlen“. Scherz beiseite. Der 6. Dezember ist in Finnland ein wichtiger Tag. Nicht nur Niklas wegen. An diesem Tag 1917 erlangte das finnische Volk seine staatliche Unabhängigkeit. Dieses Jahr wurde ihr 99. Geburtstag gefeiert. Im nächsten steht die Hundertjahrfeier an. Wie das bei solchen Jubiläen so ist, fängt das Feiern früh an. Eine Website gibt es schon: http://suomifinland100.fi . Ein junger Staat braucht eine Nationalliteratur, Musik und Insignien. Hymne, Wappen, Flagge. Die finnische Fahne kehrte sich bewusst vom Tiermotiv des Zarenreiches (Doppeladler) und dem komibinierten astronomischen und Werkzeug-Motiv des Folgestaates (Stern, Hammer & Sichel) ab. Das Nationalsymbol zeigt zwar nicht schwarz auf weiß, aber hellblau auf weiß das christliche Kreuz. Damit wird eine Nähe zu den vier anderen skandinavischen Staaten demonstriert, die sich im Flaggenbild fast nur farblich unterscheiden. Finnland ohne Weihnachtslieder ist so wie China ohne Mauer oder Australien ohne Kängurus. Die Literatur kann auch säkular sein. Der bekannteste Dichter am finnischen und bottnischen Meerbusen ist der 1942 im lappländischen Kittilä geborene Arto Paasilinna. 2002 hatte er bereits 35 Romane geschrieben: „Der Sohn des Donnergottes“, „Die Rache des glücklichen Mannes“, „Heißes Blut, kalte Nerven“ (durchaus kein Kriminalroman). Buchtitel wie „Nördlich
des Weltuntergangs“ und „Der Sommer der lachenden Kühe“ lassen seinen Humor durchscheinen. Doch Musik ist, ob wir es wollen oder nicht, bisher immer zu einem großen Teil auch religiös. Liturgisch. Ähnlich wie viele Feste. Das Mittelalter strotzte davon, während wir uns den Rücken krummschuften. Die großen vierstimmigen Chorwerke haben Ursprünge im Gottesdienst. Schuberts Es-Dur-Messe. Bachs H-Moll-Messe. Das Requiem von Verdi und Mozart. Terhi Dostal begleitet die Winterlieder dieses Sonntagnachmittags, der für manche der 3. Advent ist, am Klavier. Sie komponierte „Terve Maria – Gegrüßet seist du Maria“. Damit ist eine Aufführung eher garantiert als bei einem Schlager, denn Musik gibt es in Kirchen mindestens einmal die Woche. Sie arrangierte das Stück und führte es mit in Berlin lebenden finnischen Musikern und Musikerinnen auf. Ein Privileg kleiner Länder, schneller zu den wichtigen zu gehören. Eine Chance, die sie genutzt hat. Terhi Dostal ist 38 Jahre alt. Wir dürfen den Finnen also ihre vorweihnachtliche Vorfreude nicht verübeln. Am 11. Dezember kann man mitsingen, so wie es einige am 3. Dezember mit Esa Ruuttunen getan haben bei „Joulumaa“ – „Weihnachtsland“. Das finnische Liedgut birgt allein schon im Segment „Christmas Songs“ viele Überraschungen. Rein wie der Schnee und von Herzen kommt die Vorfreude. Fein die Melodien, manchmal unbeholfen und unschuldig wie es ein kleineres Land noch sein kann. Nicht vermischt und kommerzialisiert wie in Deutschland oder den Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Auswahl von Titeln kann das verdeutlichen: Carl Collán „Sylvian joululaulu – Sylvias Weihnachtslied“
Armas Maasalo: „Mä kanssa enkelten – mit den Engeln“ Olavi Pesonen: „Joulun Tähti – Weihnachtsstern“ Sulhu Ranta: „Taas Kaikki kauniit muistot – Alle schönen Erinnerungen“ Jean Sibelius‚ „Viisi joululaulua – Fünf Weihnachtslieder“ – „Nu star jul vid snöig part“ – „Nu sa kommer julen“ – „Det Mörknar ute …“ – „En etsi valtaa, loistoa … – Nicht Reichtum, Macht …“ – „On hanget korkeat, nietokset“ Ristu Vähäsarja: „Lumitähti – Schneestern“ Gönnen wir den Finnen ihre Weihnachtslieder. Sie feiern Weihnachten und ihre Unabhängigkeit und das nun schon seit fast 100 Jahren. Oder wir genießen gar das Konzert. Wann? Sonntag, den 11.12.2016 um 17 Uhr Wo? Veranstaltungsort: Passionskirche, Marheinekeplatz 1, 10961 Berlin (Kreuzberg) Eine Veranstaltung des Finnland-Zentrums e.V. Weil es so schön ist, das Wichtigste nochmal auf finnisch: Kauneimmat joululaulut. Sunnuntaina 11.12.2016, Klo 17:00 Passionskirche, Marheinekeplatz 1, Berlin (Kreuzberg) Säestäjä: Terhi Dostal Tilaisuuden järjestää Berliinin suomalainen seurakunta (Lisätiedot: (030) 7 81 81 89)
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