Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge - Der Umsetzungsstand im Überblick der Bundesländer
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Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge Der Umsetzungsstand im Überblick der Bundesländer
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge Der Umsetzungsstand im Überblick der Bundesländer Autor: Marcus Wächter-Raquet Sachstand: Februar 2016
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Inhalt Einleitung 5 Einführung der Gesundheitskarte im Ländervergleich 13 Asylsuchende in Deutschland 6 Baden-Württemberg 13 Zahl und Herkunft der Asylsuchenden 6 Bayern 14 Verteilung der Asylsuchenden und Berlin 14 Personen im Leistungsbezug des AsylbLG 7 Brandenburg 15 Asylberechtigung und Schutzbedürftigkeit Bremen 15 nach internationalem Recht 8 Hamburg 17 Hessen 17 Gesundheitsversorgung Asylsuchender 10 Mecklenburg-Vorpommern 18 Niedersachsen 18 Gesundheitsversorgung nach dem Nordrhein-Westfalen 18 Asylbewerberleistungsgesetz 10 Rheinland-Pfalz 20 Einführung der Gesundheitskarte Saarland 21 für Flüchtlinge 11 Sachsen 21 Sachsen-Anhalt 21 Schleswig-Holstein 21 Thüringen 23 Diskussion 24 Umsetzungstand: Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge – Überblick 26 Länderüberblick 28 Literatur 31 Impressum 35 4
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Einleitung Deutschland erlebt derzeit einen großen Zu- bereits seit einigen Jahren der Fall, in anderen strom an Flüchtlingen. Im EASY-System, dem Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen Erfassungsinstrument für Asylsuchende des erst seit einigen Wochen. Zudem werden in den Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kommenden Monaten weitere Bundesländer (BAMF), wurden zum Ende des Jahres 2015 die eGK für Asylsuchende einführen. Grund für 1,1 Millionen Flüchtlinge registriert. diese Entwicklung ist die Verabschiedung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes im Um den Bedarfen der Ankommenden gerecht zu Oktober 2015, das den Ländern die Einführung werden, müssen die Systeme zur Unterstützung der eGK für Asylsuchende erleichtert. von Asylsuchenden an ihre Belastungsgrenzen gebracht werden. Dies betrifft unter anderem Das Gesetz erlaubt den Landesregierungen, den Bereich der gesundheitlichen Versorgung. die gesetzlichen Krankenkassen zum Abschluss Nur durch den Einsatz vieler freiwilliger Hel- eines Rahmenvertrags für die Einführung der ferinnen und Helfer kann eine medizinische eGK zu verpflichten. Allerdings bleibt es jedem Grundversorgung in den Unterkünften gewähr- Bundesland freigestellt, diesen gesetzlichen leistet werden. Die gesundheitliche Versorgung Rahmen zu nutzen. Zudem sind die aufneh- der Asylsuchenden außerhalb dieser Anlaufstel- menden Kommunen für die Gesundheitsver- len ist über das Asylbewerberleistungsgesetz sorgung der Asylsuchenden zuständig und (AsylbLG) geregelt. Danach haben Asylsuchende müssen in der Regel für die Kosten aufkommen. einen Anspruch auf die Behandlung akut auf- Expertinnen und Experten befürchten ob dieser tretender Erkrankungen und Schmerzzustände. weitgehenden Freiwilligkeit einen Flicken- Zudem erhalten werdende Mütter ärztliche und teppich unterschiedlichster Regelungen auf pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammen- Landes- und kommunaler Ebene. hilfe sowie Arznei-, Verband- und Heilmit- tel. Mit Ausnahme für besonders vulnerable In dieser Expertise wird zunächst der Prozess Gruppen, etwa unbegleitete Minderjährige, ist der Einführung der elektronischen Gesund- die Behandlung chronischer Krankheiten sowie heitskarte für Asylsuchende in den einzelnen Psychotherapie darin nicht miteingeschlossen. Bundesländern nachgezeichnet. Zusätzlich wer- den für die Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Halten sich Asylsuchende länger als 15 Mo- Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nate ohne nennenswerte Unterbrechung in die Inhalte der abgeschlossenen Rahmenver- Deutschland auf, erhalten sie eine elektroni- träge hinsichtlich des Leistungsumfangs sowie sche Gesundheitskarte (eGK) einer gesetzlichen zu erwartender Kosten dargestellt. Darüber Krankenkasse ihrer Wahl. Damit können sie hinaus wird der Verhandlungsstand zwischen ohne Leistungseinschränkungen das deutsche Landesministerien, gesetzlichen Krankenkas- Gesundheitssystem nutzen. Aber auch vor sen und Kommunen in den Bundesländern wie- Ablauf der Frist von 15 Monaten erhalten in dergegeben, die zu einem späteren Zeitpunkt einigen Bundesländern Asylsuchende bereits die Gesundheitskarte einführen werden. eine eGK. In Bremen und Hamburg ist das 5
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Asylsuchende in Deutschland Derzeit befinden sich rund 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht (UNHCR 2015). Auch die Zahl der Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, ist in den vergangenen zwei Jahren und besonders seit Mitte des Jahres 2015 enorm gestiegen. Allein in den Monaten Oktober und November 2015 wurden über 100.000 Menschen als Flüchtlinge registriert. Zahl und Herkunft der Kapazitäten beim BAMF nicht mehr unmit- Asylsuchenden telbar nach der erstmaligen Registrierung im EASY-System gestellt werden konnte. Insge- Nach Daten des Bundesamtes für Migration und samt wurden zwischen Januar und Dezember Flüchtlinge (BAMF) wurden im Jahr 2015 hier- 2015 ungefähr 1,1 Millionen Personen über das zulande 441.899 Erstanträge und 34.750 Folge- System registriert (Pro Asyl 2015). anträge gestellt. Das bedeutet einen Anstieg bei den Erstanträgen um 155,3 Prozent und bei den Folgende Herkunftsländer waren im Zeit- Folgeanträgen um 16,8 Prozent im Vergleich raum Januar bis Dezember 2015 am stärksten zum Vorjahr. Damit konnte das BAMF insge- vertreten: Syrien mit 158.657 Erstanträgen, samt 476.649 Asylanträge bis Ende Dezember im Vorjahr mit 39.332 Erstanträgen auf Rang 2015 entgegennehmen (BAMF 2016b). 1 (+303,4 %); Albanien mit 53.805 Erstanträ- gen, im Vorjahr Rang 5 mit 7.865 Erstanträgen Hinzu kommen etwa 650.000 Menschen, die (+584,1 %); Kosovo mit 37.095 Erstanträgen, im vergangenen Jahr im EASY-Registrierungs- im Vorjahr Rang 6 mit 6.908 Erstanträgen system erfasst wurden und noch keinen Asyl- (+383,9 %). (BAMF 2016b) Bei den anhängigen antrag stellen konnten. Diese Zahl ergibt sich, Erstverfahren ragen die Herkunftsländer Syrien wenn man von der Zahl der Registrierten die (74.875 Personen), Afghanistan (33.421), Alba- Erstanträge bis Ende Dezember 2015 abzieht. nien (25.582), Irak (19.064) und Eritrea (17.489) Allerdings können laut Behörden Menschen heraus (BAMF 2015b). Werden auch die regis- im EASY-System mehrfach erfasst sein. Inter- trierten Personen, die noch keinen Asylantrag nen Schätzungen der Bundesregierung zufolge stellen konnten, in die Betrachtung miteinbe- kommt etwa jeder zehnte registrierte Asyl- zogen, so sind Syrien, Irak und Afghanistan die suchende nicht in der ihm zugeteilten Erst- Hauptherkunftsländer (BAMF 2015c). aufnahmeeinrichtung an (Deutscher Bundes- tag 2015). Der starke Anstieg der Asylsuchen- denzahlen 2015 führte dazu, dass ein formaler Asylantrag mangels ausreichender personeller 6
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Verteilungsquoten 2016 3,4 % 2,0 % 2,5 % 0,9 % 5,0 % Verteilung der Asylsuchenden und 9,3 % Personen im Leistungsbezug des AsylbLG 2,8 % 3,0 % Asylanträge können im Inland oder an der 21,2 % deutschen Grenze gestellt werden. Nach der 5,1 % erstmaligen Äußerung eines Asylgesuchs und 2,7 % der damit einhergehenden Registrierung erfolgt 7,3 % die Verteilung der Asylbegehrenden auf die einzelnen Bundesländer. Hierfür maßgeblich 4,8 % ist der sogenannte Königsteiner Schlüssel. Er wird für jedes Jahr entsprechend den Steu- 1,2 % ereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Bundesländer berechnet. Daneben spielen die 15,5 % Aufnahmekapazitäten eine Rolle sowie die 12,8 % Herkunftsländerzuständigkeit der Erstaufnah- meeinrichtungen. Auch minderjährige Schutz- suchende, die ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen sind, werden seit dem 1. November 2015 über eine Quoten- Baden-Württemberg 12,86 % Bayern 15,52 % regelung bundesweit verteilt. Zuvor galt das Berlin 5,05 % Prinzip der Unterbringung am Ankunftsort. Brandenburg 3,06 % Bremen 0,96 % Hamburg 2,53 % Nach der Verteilung auf ein Bundesland mel- Hessen 7,36 % den sich die Schutzsuchenden bei der zustän- Mecklenburg-Vorpommern 2,03 % digen Aufnahmeeinrichtung, die sich um die Niedersachsen 9,32 % Nordrhein-Westfalen 21,21 % Unterbringung kümmert und die nächstge- Rheinland-Pfalz 4,84 % legene Außenstelle des BAMF informiert. Der Saarland 1,22 % Asylantrag wird anschließend persönlich bei Sachsen 5,08 % Sachsen-Anhalt 2,83 % der zuständigen Außenstelle des BAMF ge- Schleswig-Holstein 3,40 % stellt. Jugendliche können nur in Begleitung Thüringen 2,72 % eines Vormunds ihren Antrag stellen. Nach der Quelle: Verteilung der Asylbewerber (BAMF 2016a) Antragstellung erhalten die Asylsuchenden eine Aufenthaltsgestattung, die zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt, bis über den Asylantrag entschieden ist. Diese Menschen befinden sich derzeit als Asylsuchende im Verfahren und be- ziehen dementsprechend Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Dieses 7
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Schutzoptionen für Flüchtlinge in Deutschland Schutzkategorie Bezeichnung Erteilungsdauer Schutz vor politischer Verfolgung Asylberechtigt 3 Jahre nach Art. 16a GG Schutz vor Verfolgung nach der Flüchtling 3 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) Internationaler subsidiärer Schutz Subsidiärer Schutz zunächst 1 Jahr, Verlängerung für zwei weitere Jahre möglich Schutz nach der Europäischen Abschiebungsverbot mindestens 1 Jahr Menschenrechtskonvention Quelle: Ablauf des deutschen Asylverfahrens (BAMF 2014) regelt auch den Anspruch auf Gesundheitsver- Verfahrens zuständig ist. Kann der Antrag in sorgung. Deutschland bearbeitet werden, prüft das BAMF die Zuerkennung des internationalen Schutzes Ende Dezember 2015 warten in Deutschland (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sub- 364.664 Asylsuchende auf die Entscheidung sidiärer Schutz) und die Anerkennung als Asyl- über ihre Asylerst- oder Folgeanträge (BAMF berechtigter. Kommt beides nicht in Betracht, 2016b). Die durchschnittliche Bearbeitungsdau- entscheidet das Bundesamt, ob Abschiebungs- er von Asylanträgen beträgt derzeit 5,4 Monate verbote nach § 60 des Aufenthaltsgesetzes (SVR 2015). Diese statistische Verkürzung der (AufenthG) vorliegen. Kann auch kein Abschie- Bearbeitungszeit beruht auf der Priorisierung beverbot festgestellt werden, erfolgt die Aus- von Antragstellern aus Syrien einerseits und weisung des Asylsuchenden. Der Asylsuchende aus den Westbalkanstaaten andererseits. Mit kann Einspruch gegen die Entscheidungen des dieser administrativen Schwerpunktsetzung BAMF erheben. verzögern sich die Verfahren von Flüchtlingen aus anderen Herkunftsländern allerdings umso Am häufigsten wird eine Aufenthaltserlaubnis mehr (Bertelsmann Stiftung 2015). So warteten aufgrund der Zuerkennung der Flüchtlings- zum Stichtag 31. Juni 2015 nach Angaben der eigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskon- Bundesregierung rund 12.000 Asylbewerber seit vention (GFK) erteilt. Anträge auf Asyl nach mehr als zwei Jahren auf eine Antwort (Medien- dem Grundgesetz (GG) werden nur sehr selten dienst Integration o.D.). bewilligt, da hier einzig die politische Verfol- gung durch staatliche Institutionen als Flucht- Asylberechtigung und Schutz- grund anerkannt wird. Anerkannte Flüchtlinge bedürftigkeit nach internationalem Recht nach GG und GFK bekommen eine Aufenthalts- erlaubnis für drei Jahre und danach in der Regel Die Entscheidung über einen Asylantrag bzw. eine Niederlassungserlaubnis (unbefristeter das Feststellen der Schutzbedürftigkeit nach Aufenthalt in Deutschland); beim subsidiären internationalem Recht setzt die Prüfung des Schutz und dem Abschiebungsverbot ist die Antrags nach dem sogenannten Dublin- Aufenthaltserlaubnis kürzer, kann aber ver- Verfahren voraus. Hier wird festgestellt, ob längert werden. Kann die Ausreise endgültig Deutschland oder ein anderes Land der Euro- abgelehnter Asylsuchender nicht vollzogen päischen Union (EU) für die Durchführung des werden (z. B. wegen Reiseunfähigkeit), wird für die Zeit des Verbleibs in Deutschland eine Duldung ausgesprochen, die teilweise jahrelang bestehen kann (SVR 2015). 8
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Schutzquote nach Herkunftsländern Serbien Kosovo 0,1% 0,4% Mazedonien Albanien 0,5% 0,2% Syrien 96,1% Afghanistan 46,6% Irak 88,6% Pakistan 9,8% Eritrea 92,1% 80,2% ungeklärt Herkunftsländer nach Anzahl der Asylanträge 2015 Schutzquote 1 Syrien, Arabische Republik 96,0 % 6 Serbien 0,1 % 2 Albanien 0,2 % 7 Eritrea 92,1 % 3 Kosovo 0,4 % 8 Mazedonien 0,5 % 4 Afghanistan 47,6 % 9 ungeklärt 80,2 % 5 Irak 88,6 % 10 Pakistan 9,8 % Quelle: Asylgeschäftsstatistik für den Dezember 2015 (BAMF 2016b) Im Jahr 2015 wurden 293.968 Bundesamts- entscheidungen (Summe der Entscheidungen über Erstanträge, Folgeanträge, Widerrufs- prüfverfahren und Wiederaufnahmeverfahren) gezählt. Mehr als vier Fünftel aller Entschei- dungen (86,2 %, 253.434 Entscheidungen) sind Entscheidungen über Asylerstanträge (BAMF 2016b). Die Schutzquote fällt je nach Her- kunftsland sehr unterschiedlich aus: Während Menschen aus manchen Staaten, etwa Syrien, fast eine hundertprozentige Chance haben, in Deutschland zu bleiben, geht die Chance bei anderen gegen null. 9
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Gesundheitsversorgung Asylsuchender Der Anspruch von Flüchtlingen auf Sozialleistungen, die gesundheitliche Versorgung eingeschlossen, wird seit 1993 durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Allerdings ist die gesundheitliche Versorgung auf akute Erkrankungen und Schmerzzustände beschränkt. Asylbewerberinnen und -bewerber, die keine Gesundheitskarte einer Krankenkasse besitzen, müssen jeden Arztbesuch vorab bei der für sie zuständigen Behörde beantragen. Gesundheitsversorgung nach dem bei Schwangerschaft und Geburt, Vorsorgeun- Asylbewerberleistungsgesetz tersuchungen sowie Impfungen zu überneh- men. Diese Bestimmung wird ergänzt durch Anspruch auf gesundheitliche Versorgung laut § 6 AsylbLG: „Sonstige Leistungen können ins- AsylbLG haben nach § 1AsylbLG Asylsuchende, besondere gewährt werden, wenn sie im Ein- Bürgerkriegsflüchtlinge, Personen mit einer zelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder Duldung, vollziehbar ausreisepflichtige Per- der Gesundheit unerlässlich […] sind.“ Hierfür sonen sowie deren Familienangehörige. Im § 4 ist allerdings die vorherige Genehmigung durch AsylbLG wird der Leistungsumfang gesundheit- die zuständige Behörde einzuholen. licher Versorgung genauer definiert: „Zur Be- handlung akuter Erkrankungen und Schmerz- Flüchtlinge, die in den Erstaufnahme- oder zustände sind die erforderliche ärztliche und Nebeneinrichtungen untergebracht sind und zahnärztliche Behandlung einschließlich der noch keinen Asylantrag stellen konnten, wer- Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln den von der Einrichtung medizinisch versorgt. sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung Auch die Durchführung der Eingangsuntersu- oder zur Linderung von Krankheiten oder chung ist Aufgabe der Aufnahmeeinrichtung. Krankheitsfolgen erforderlicher Leistungen Verantwortlich ist hierfür das jeweilige Bundes- zu gewähren. Eine Versorgung mit Zahnersatz land. Flüchtlinge, die bereits Leistungen nach erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medi- dem AsylbLG beziehen, werden in den Praxen zinischen Gründen unaufschiebbar ist.“ Ohne niedergelassener Ärztinnen und Ärzte sowie Einschränkung sind medizinische Leistungen in Krankenhäusern behandelt. Hat der Hilfe- suchende eine Gesundheitskarte einer Kran- kenkasse, kann er direkt die Praxis bzw. das Krankenhaus aufsuchen. Liegt diese Karte nicht vor, müssen Asylsuchende vor Behandlungs- beginn einen vom Kostenträger (z. B. Sozial- 10
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern amt der für den Asylsuchenden zuständigen Einführung der Gesundheitskarte Kommune) ausgestellten Behandlungsausweis für Flüchtlinge vorlegen. Dieser ist mit einer Geltungsdauer versehen. Wird der Patient an einen anderen Im Bundesland Bremen erhalten Flüchtlinge medizinischen Versorger überwiesen, muss seit dem Jahr 2005 unmittelbar nach ihrer wieder ein neuer Behandlungsschein ausge- Registrierung eine Gesundheitskarte der AOK stellt werden. Bremen/Bremerhaven. In Hamburg gilt diese Regelung seit dem Jahr 2012. Grundlage für Nach 15 Monaten ununterbrochenen Aufent- dieses Vorgehen ist § 264 Abs. 1 SGB V, der halts im Bundesgebiet erhalten die oben die Übernahme der Krankenbehandlung für genannten Personengruppen Leistungen nach Nichtversicherungspflichtige ermöglicht, dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) sofern der Krankenkasse die Aufwendungen (§ 2 AsylbLG). Die in diesem Sinne Leistungs- für den Einzelfall sowie eines Teils der Verwal- berechtigten erhalten eine Versichertenkarte tungskosten erstattet werden (Jung 2011). In einer gesetzlichen Krankenversicherung ihrer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein Wahl und können damit GKV-Leistungen im wurden im Herbst 2015 ebenfalls Vereinbarun- vollen Umfang, mit Ausnahme der Leistungen gen zur auftragsweisen Betreuung Asylsuchen- der Pflegeversicherung, beanspruchen. Der der nach § 264 Abs. 1 SGB V abgeschlossen. In Erhalt der Gesundheitskarte entspricht aber Bundesländern ohne spezifische Regelungen nicht einer echten GKV-Mitgliedschaft. Das erhalten Asylsuchende gemäß § 264 Abs. 2 SGB Sozialamt erstattet der Krankenkasse nach V nach 15 Monaten ununterbrochenen Aufent- § 264 Abs. 2 SGB V die Behandlungskosten plus halts in Deutschland eine Gesundheitskarte eine fünfprozentige Verwaltungspauschale. einer Krankenkasse ihrer Wahl. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Mit dem im Oktober 2015 verabschiedeten und gelten Besonderheiten: Gemäß § 42 Abs. 2 Satz in Kraft getretenen Asylbeschleunigungsge- 3 SGB VIII sind die Jugendämter verpflichtet, setz, dem sogenannten Asylpaket I, wurde ein unbegleitetes ausländisches Kind in Obhut die Rechtsgrundlage für die bislang freiwilli- zu nehmen. Das Jugendamt muss dann den gen Vereinbarungen der Krankenkassen zur notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe Übernahme der Versorgung von Asylsuchenden sicherstellen. Wie und in welchem Umfang innerhalb der ersten 15 Monate geändert. Wenn diese „Krankenhilfe“ sichergestellt wird, un- ein Bundesland dazu eine Vereinbarung mit den terscheidet sich von Bundesland zu Bundesland gesetzlichen Krankenkassen einfordert und sich (GKV-Spitzenverband 2016). die Vereinbarung mindestens auf Ebene der Landkreise oder kreisfreien Städte erstrecken soll, sind die gesetzlichen Krankenkassen nun gezwungen, mit den Landesregierungen eine Rahmenvereinbarung zu schließen. Um die regionalen Vereinbarungen möglichst gleichgerichtet zu gestalten, wurde der GKV- Spitzenverband gesetzlich beauftragt, mit den auf Bundesebene bestehenden kommunalen Spitzenorganisationen Rahmenempfehlungen zu vereinbaren, die in die Landes- bzw. kom- munalen Vereinbarungen übernommen werden sollen. Diese Empfehlungen sollen insbeson- dere Bestimmungen über den Leistungsumfang 11
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern nach AsylbLG, die Abrechnung und die Abrech- Das Ende Oktober 2015 verabschiedete Asylver- nungsprüfung enthalten sowie über den Ersatz fahrensbeschleunigungsgesetz sieht eine neue der Aufwendungen und der Verwaltungskosten Statuskennzeichnung der Gesundheitskarte (GKV-Spitzenverband 2015). vor. Unter dem Feld „Besondere Personen- gruppe“ ist die Kennziffer 9 neu eingeführt Ob die Länder diese gesetzliche Regelung an- worden. Damit wird für den Leistungserbringer wenden, bleibt ihnen überlassen. Auch bleibt es erkennbar, dass ein eingeschränkter medizi- im Verantwortungsbereich der Kommunen, ob nischer Leistungsanspruch besteht (§§ 4 und 6 sie dem zwischen einem Bundesland und den AsylbLG). Ende November 2015 hat die Gematik gesetzlichen Krankenversicherungen geschlos- das entsprechende Leistungsmerkmal auf der senen Rahmenvertrag beitreten. Laut einer Chipkarte eingepflanzt (Ärzte-Zeitung 2016a). Umfrage der Ärzte-Zeitung steht die große Mehrzahl der übrigen Landesregierungen der Auf Bundesebene versuchen der Spitzenver- Gesundheits-E-Card für Flüchtlinge positiv band der Krankenkassen und die kommunalen gegenüber, plane deren Einführung 2016 oder Spitzenverbände, sich auf „Rahmenempfeh- prüfe die Gesundheitskarte derzeit intensiv. lungen für die Übernahme der Krankenbehand- Lediglich Bayern erklärte auf Anfrage, von lung“ als Blaupause für die Landesrahmenver- der Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. träge zu verständigen. Streit entzündet sich Genauere Informationen zum Stand der Einfüh- immer wieder an der Höhe der Verwaltungs- rung der Gesundheitskarte können der Tabelle kosten. Auch die genaue und rechtssichere im Anhang entnommen werden. Definition, auf welche Gesundheitsleistungen Asylsuchende Anspruch haben, ist noch nicht Der Erhalt der Gesundheitskarte entspricht festgelegt. Wann eine Erkrankung akut ist und aber nicht einer echten GKV-Mitgliedschaft. was mit chronisch Kranken passiert, denen es Das Sozialamt erstattet der gesetzlichen Kran- ohne Behandlung immer schlechter gehen wird, kenversicherung die Behandlungskosten plus ist nicht geklärt. Eine schnelle Einigung der eine Verwaltungspauschale. Auch der Leis- Gremien scheint derzeit nicht in Sicht zu sein tungsumfang entspricht nicht dem der regulä- (Anthony 2016). ren Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse. Leistungseinschränkungen bestehen im Bereich der Langzeitpsychotherapie sowie der Rehabi- litationsmaßnahmen. Die genauen Abrechnun- gen sowie die Höhe der Verwaltungspauschale werden in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sein. Ob die Gesundheitskarte in den einzelnen Ländern eingeführt wird und welche Regelung vereinbart wurde, wird im dritten Kapitel dieser Expertise beschrieben. 12
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Einführung der Gesundheitskarte im Ländervergleich Das im Oktober 2015 beschlossene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz unterstützt die Bundesländer bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Asylsuchende, die sich noch keine 15 Monate in Deutschland aufhalten. Den einzelnen Ländern bleibt es freigestellt, ob sie das Gesetz nutzen oder die bestehenden Strukturen der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen über Behandlungsscheine beibehalten. Aus diesem Grund wurden bereits im Vorfeld der Gesetzesänderung Befürchtungen laut, dass es zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen auf Länderebene kommen könnte. Jetzt, gut drei Monate nach Verabschiedung des und Hamburg werden zudem die tatsächlich Gesetzes, haben neben Bremen und Hamburg, anfallenden Kosten benannt. die bereits vor Jahren die eGK für Asylsuchen- de eingeführt haben, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin mit der Aus- gabe von Gesundheitskarten an Flüchtlinge Baden-Württemberg begonnen. Die Landesregierungen in Bayern und Sachsen haben sich vorerst gegen die Die Landesregierung in Einführung ausgesprochen. Die restlichen Baden-Württemberg befür- Bundesländer befinden sich nach wie vor in wortet die Einführung der Abstimmungsprozessen mit den gesetzlichen Gesundheitskarte für Flücht- Krankenkassen und kommunalen Spitzenver- linge (Staatsministerium bänden. Baden-Württemberg 2015). Es soll eine Rahmenvereinbarung In den folgenden Ausführungen wird der Pro- mit allen gesetzlichen Kran- zess der Einführung der eGK für Asylsuchende kenkassen im Bundesland geschlossen werden. auf Ebene der einzelnen Bundesländer nachge- Die AOK Baden-Württemberg hat bereits im zeichnet. Für diejenigen Länder, die bereits mit Oktober 2015 signalisiert, die Landesregierung der eGK arbeiten, werden zudem auf Basis der bei dem Vorhaben zu unterstützen. Ein erster Rahmenvereinbarungen der Leistungsumfang Entwurf für eine Rahmenvereinbarung wurde der Gesundheitsversorgung für Asylsuchen- der Landesregierung von der AOK Baden-Würt- de sowie die Regelungen zur Finanzierung der temberg zugestellt. Die Vereinbarung regelt den Leistungen dargestellt. Für die Länder Bremen Einsatz einer eGK, den Leistungsumfang für 13
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Flüchtlinge und die Erstattung der Kassenauf- Die eGK erhalten alle Leistungsberechtigten wendungen durch das Land. Der Leistungsum- nach dem AsylbLG, die sich in der Zuständigkeit fang wird aufgrund der gesetzlichen Vorgaben der Berliner Sozialämter sowie des Landesamtes nicht das volle Leistungsspektrum von gesetz- für Gesundheit und Soziales befinden. Begin- lich Versicherten umfassen. Für weitergehende nend mit den Flüchtlingen, die sich ab dem Leistungen, wie etwa Vorsorgekuren oder 4. Januar 2016 in Berlin registrieren lassen, Haushaltshilfen, soll es ein Genehmigungsver- erhalten nach und nach auch die bereits fahren geben (Presseportal 2015). Ein Datum registrierten Asylsuchenden die eGK (ebd.). der Einführung wurde bisher aber noch nicht Bis Mitte 2016 sollen alle im Jahr 2015 in Berlin genannt. eingetroffenen Flüchtlinge die Gesundheits- karte haben (rbb 2015a). Leistungsumfang Bayern Der Umfang der gesundheitlichen Leistungen, die von Asylsuchenden in Anspruch genommen In Bayern wird die Gesund- werden können, orientiert sich weiterhin an heitskarte für Flüchtlinge, die den bundesweit geltenden rechtlichen Vor- sich noch keine 15 Monate in gaben der §§ 4 und 6 des AsylbLG. Auch mit Deutschland aufhalten, nicht der eGK soll die medizinische Versorgung der eingeführt (CSU-Landeslei- Flüchtlinge auf die dort festgelegten Leistungen tung 2015). Das Gesundheits- beschränkt bleiben. Dazu zählen unter ande- ministerium lässt derzeit die rem die Behandlung akuter Erkrankungen und mittelfristigen Folgen des von Schmerzzuständen, inklusive Arznei- und Flüchtlingszustroms für die medizinische Verbandsmittel, Schutzimpfungen und medizi- Versorgung genau prüfen. Ein umfangreiches nisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen. Vom Gutachten soll den zusätzlichen Bedarf an Rahmenvertrag ausgeschlossen sind Leistungen medizinischer Versorgung infolge der Zuwan- wie künstliche Befruchtung und Sterilisation, derung von Asylsuchenden klären, insbesonde- Vorsorgekuren oder die Teilnahme an besonde- re bei Krankenhäusern, in der Geburtshilfe ren Behandlungsprogrammen der Krankenkas- sowie bei niedergelassenen Ärzten und Psycho- sen bei chronischen Erkrankungen (SenG 2015). therapeuten. Mit Ergebnissen wird ab Mitte 2017 gerechnet (Mihm 2016). Die Behandlerinnen und Behandler können im Datensatz der eGK anhand der Bezeichnung „9“ im Feld „Besondere Personengruppe“ Berlin erkennen, dass es sich um einen Patienten bzw. eine Patientin im Leistungsbezug des AsylbLG handelt. Im Stadtstaat Berlin wurde die eGK für Flüchtlinge Anfang Kosten Januar 2016 eingeführt. Ver- In Berlin erhalten die Krankenkassen zusätz- tragspartnerinnen des Landes lich zu den angefallenen Behandlungskosten Berlin sind die AOK Nordost, eine Verwaltungsgebühr von sechs Prozent der die DAK-Gesundheit, die BKK· entstandenen Leistungsaufwendungen pro an- VBU und die Siemens-Betriebs- gefangenen Betreuungsmonat und Leistungs- krankenkasse (SBK). Ziel ist berechtigten (SenG 2015). eine den Marktanteilen der Krankenkassen in Berlin entsprechende Verteilung der Asyl- Finanzierung suchenden auf die teilnehmenden Kassen. Die Die Kosten der Gesundheitsversorgung von Teilnahme weiterer Krankenkassen ist jederzeit Asylsuchenden trägt vollständig das Land möglich (SenG 2015). Berlin (SenG 2015). 14
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Brandenburg Bremen Im November 2015 stimmte Das Bremer Gesundheitspro- das Kabinett der Landesre- gramm für Asylsuchende nahm gierung Brandenburg dem 1993 auf dem Höhepunkt der vorgelegten Entwurf für ein damaligen Flüchtlingswelle neues Landesaufnahmegesetz seine Arbeit auf. Das Gesund- zu. Laut Gesetzentwurf werden heitsprogramm bietet eine die Kosten für die medizini- medizinische Grundversorgung sche Versorgung vollständig von Asylsuchenden und vom Land Brandenburg übernommen. Außer- vermittelt bei unklaren, bei chronischen oder dem soll zum 1. April 2016 eine Gesundheits- anderen schwerwiegenden Krankheitsbildern in karte für Asylsuchende, die sich noch keine das Regelsystem der gesundheitlichen Versor- 15 Monate in Deutschland befinden, eingeführt gung. Hierzu wurden Gesundheitssprechstun- werden. Der Entwurf wurde dem Landtag den in der Zentralen Aufnahmestelle und in zugeleitet und soll im März 2016 beschlossen anderen Gemeinschaftsunterkünften eingerich- werden. In Kraft treten soll das neue Landes- tet. Zudem erhalten in Bremen seit 2005 alle aufnahmegesetz zum 1. April 2016 (Staats- Asylsuchenden auf der Basis von § 264 SGB V kanzlei Brandenburg 2015). eine Gesundheitskarte der AOK Bremen/ Bremerhaven (Jung 2011). Voraussetzung für die Einführung der eGK für Asylsuchende ist, dass die Kreise und kreis- Nach der Registrierung werden die Asylsuchen- freien Städte in Brandenburg dem bereits den beim Amt für Soziale Dienste gemeldet. ausgehandelten Rahmenvertrag zwischen der Im nächsten Schritt meldet das Amt die Asyl- AOK Nordost und der Landesregierung beitreten bewerberinnen und -bewerber bei der AOK Bre- (ebd.). Die Inhalte des Rahmenvertrags wurden men/Bremerhaven an. Diese erstellt daraufhin bisher nicht veröffentlicht. eine eGK und sendet sie den Asylsuchenden zu. In Bremen ist für Behandlerinnen und Behand- Finanzierung ler anhand der eGK nicht zu erkennen, dass es Das Land Brandenburg wird die Kosten für sich um Asylsuchende handelt. Im Datensatz die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen der eGK ist im Feld „Besondere Personengrup- künftig komplett übernehmen. Dafür wird eine pe“ (BPG) weiterhin die „4 = Bundessozialhilfe- Spitzabrechnung der Behandlungskosten neu gesetz“ gespeichert (Kassenärztliche Vereini- eingeführt. Die Erstattung erfolgt nach einem gung Bremen 2015a). Nach den ersten 15 Mona- gesonderten Kostennachweis. Bislang erhalten ten sind Asylsuchende nicht mehr nach § 264 die Kommunen einen Pauschalbetrag pro Asyl- Abs. 1 SGB V versichert, sondern nach Abs. 2 suchenden und Monat (Staatskanzlei Branden- desselben Paragrafen. Es entfällt die Bezeich- burg 2015). nung „4“ im Feld „BPG“ (dies. 2015b). Leistungsspektrum In Bremen haben Asylsuchende Anspruch auf die Behandlung akuter Erkrankungen und von Schmerzzuständen. Außerdem können zur Ver- hütung und Früherkennung von Krankheiten Schutzimpfungen, medizinisch gebotene Vor- sorgeuntersuchungen und Leistungen im Rah- men der Mutterschaftsrichtlinie (kein Anspruch auf Mutterschaftsgeld) abgerechnet werden (Kassenärztliche Vereinigung Bremen 2015b). 15
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Asylsuchende können nicht an Bonusprogram- Verfügung (ebd.): 2009: 2.391,77 Euro; men der AOK Bremen/Bremerhaven, struktu- 2011: 2.264,35 Euro; 2012: 2.158,51 Euro. rierten Behandlungsmethoden bei chronischen Erkrankungen (DMP), künstlicher Befruchtung Rund 46 Prozent der Leistungsausgaben ent- und Akupunkturbehandlungen teilnehmen. fallen auf den Leistungsbereich „Krankenhaus“. Ein Anspruch auf Psychotherapie, Vorsorge- Es folgen mit knapp 19 Prozent der Bereich „ärzt- kuren, Rehabilitationsmaßnahmen, Zahnersatz liche Behandlungen“ und mit jeweils knapp und kieferorthopädische Behandlungen besteht zehn Prozent „Arzneimittel“ und „sonstige in der Regel nicht bzw. kann nur im Einzel- Sachleistungen“. Im Vergleich zu gesetzlich fall nach Begutachtung bewilligt werden (dies. Krankenversicherten entfallen prozentual mehr 2015a). So wird eine Psychotherapie grund- Ausgaben auf den Leistungsbereich „Kranken- sätzlich nur als Kurzzeittherapie bewilligt. Die haus“ und weniger Ausgaben auf „Arzneimit- Begutachtung wird nicht von der AOK beauf- tel“. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass be- tragt, sondern wird in Bremen vom Klinikum stimmte Leistungen, wie beispielsweise Kran- Bremen-Ost und in Bremerhaven vom Gesund- kengeld, nicht in Anspruch genommen werden heitsamt vorgenommen. können. Insgesamt liegt das Ausgabenniveau unter dem der gesetzlich Krankenversicherten Sehhilfen sind nur analog zu den Bestimmun- (ebd.). gen des SGB V in Anlehnung an die Regelungen für den Personenkreis unter 18 Jahren erstat- Für die von der AOK durchzuführende Wahr- tungsfähig. Für Vorsorgekuren und Rehabili- nehmung der Krankenbehandlung wurden tationsmaßnahmen kommt nur in besonders Verwaltungskosten in Höhe von acht Euro pro gelagerten Einzelfällen eine Bewilligung in Leistungsberechtigten und angefangenen Mo- Betracht. Anschlussheilbehandlungen können nat sowie eine ergänzende Verwaltungsgebühr dagegen im Rahmen der GKV bewilligt werden. vereinbart. Die Gebühr berechnet sich anteilig Zahnersatz und kieferorthopädische Behand- hinsichtlich der angefallenen Behandlungskos- lungen können nur nach Begutachtung vom ten. Für die Gesamtverwaltungsgebühr (Ver- zuständigen Gesundheitsamt in Bremen und waltungskosten plus ergänzende Gebühr) wurde Bremerhaven bewilligt werden. ein Höchstsatz von zehn Euro festgelegt (Freie Hansestadt Bremen und Magistrat der Stadt Wird das Gesundheitsamt mit einem Gutachten Bremerhaven 2005). beauftragt, ist die AOK Bremen/Bremerhaven verpflichtet, dem Gesundheitsamt mitzuteilen, Finanzierung auf welcher Rechtsgrundlage (Personenkreis) In Bremen wurde der Rahmenvertrag von die Betreuten Leistungen beziehen. vorherein auf kommunaler Ebene abgeschlos- sen, also von den Trägern der Leistungen nach Kosten AsylbLG, der Freien Hansestadt Bremen und In Bremen werden die durchschnittlichen dem Magistrat der Stadt Bremerhaven, so dass Behandlungskosten aus den Controlling-Daten eine Finanzierung von Leistungen über das Land der AOK Bremen/Bremerhaven ermittelt. Zu entfällt (Freie Hansestadt Bremen und Magist- diesen Kosten zählen neben den Leistungen nach rat der Stadt Bremerhaven 2005). § 4 AsylbLG (bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt) auch die sonstigen Leistungen nach § 6 AsylbLG, die im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind, etwa Therapiekos- ten (Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen 2013). Für die Jahre 2009, 2011 und 2012 stehen die durchschnittlichen Behand- lungskosten pro Kopf und Jahr öffentlich zur 16
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Hamburg die Bewilligung von Vorsorgekuren und Rehabi- litationsmaßnahmen ist die zuständige Behörde der Stadt Hamburg zuständig. Anschlussheil- In der Freien Hansestadt behandlungen können dagegen im Rahmen der Hamburg erhalten seit dem gesetzlichen Krankenversicherung bewilligt 1. Juli 2012 alle nach dem werden. AsylbLG Leistungsberechtigten eine Gesundheitskarte der AOK Kosten Bremen/Bremerhaven. In den Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V bekommt die AOK Jahren davor gab es in Ham- Bremen/Bremerhaven durch die Freie Han- burg bereits Versuche, die sestadt Hamburg die Leistungsausgaben in Gesundheitskarte analog zum Bremer Modell vollem Umfang erstattet. Zuzüglich wurde eine einzuführen. Der politische Wille war da, doch Verwaltungspauschale von derzeit zehn Euro es fand sich keine Krankenkasse, die als Ab- pro Monat und Person vereinbart. Für die Be- rechnungsstelle fungieren wollte. Daher wurde reitstellung der eGK fällt eine einmalige Gebühr die AOK Bremen/Bremerhaven als eine auf von acht Euro an. Für die Nutzung des Medi- diesem Gebiet erfahrene Vertragspartnerin zinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) gewonnen. werden fünf Euro je Bedarfsgemeinschaft und Jahr berechnet (Burmester 2015). Leistungsumfang Asylsuchende mit einer eGK sind in Hamburg, Die Pro-Kopf-Ausgaben seit Einführung der abgesehen von einigen Leistungsbeschränkun- eGK beliefen sich im Jahr 2012 auf 175,32 Euro gen und -ausschlüssen, den GKV-Mitgliedern bei 4.121 von der AOK Bremen/Bremerhaven in verfahrens- und leistungsrechtlich gleichge- Hamburg betreuten Personen. Bis zum Juni 2013 stellt. Für die Behandlerinnen und Behandler ist erhöhte sich aufgrund der gestiegenen Flücht- im Datensatz der eGK der eingeschränkte Leis- lingszahlen die Zahl der Betreuten auf 5.359 tungsanspruch erkennbar. Im Feld „Besondere (Burmester 2015). Personengruppe“ wird die neu von der Gematik aufgenommene Ziffer 9 geführt. Leistungsbeschränkungen und -ausschlüsse bestehen in Hamburg aufgrund der §§ 4 und 6 Hessen AsylbLG bei Leistungen im Ausland, freiwilligen Im November 2015 wurde von Zusatzleistungen der AOK Bremen/Bremerhaven, der Hessischen Landesregie- Langzeitpsychotherapien, Rehabilitationsmaß- rung der „Hessische Aktions- nahmen sowie bei Zahnersatz (Burmester 2015). plan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung Folgende Leistungen können von den Leis- des gesellschaftlichen Zusam- tungsberechtigten nicht in Anspruch genom- menhalts“ vorgestellt. Darin men werden: künstliche Befruchtungen, struk- hält die hessische Landes- turierte Behandlungsmethoden bei chronischen regierung fest, dass sie die von der Bundes- Krankheiten (DMP), freiwillige Zusatzleistun- regierung zugesagten neuen rechtlichen gen, die von der AOK außerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten zur Einführung einer eGK für Pflichtleistungen des SGB V angeboten werden, Asylsuchende nutzen möchte. Ein Zeitpunkt und Leistungen im Ausland. Nur unter bestimm- für die Einführung der Gesundheitskarte wurde ten Bedingungen können Kurzzeitpsychothe- nicht genannt. Allerdings geht die Landesregie- rapien, Zahnersatz und kieferorthopädische rung nicht von einer landesweiten Umsetzung Behandlungen sowie Sehhilfen (zu Konditionen im Jahr 2016 aus, da die Erfahrungen in den in Anlehnung an die Regelungen für den Perso- anderen Bundesländern zeigen, dass nach der nenkreis unter 18 Jahren) bewilligt werden. Für Einführung zunächst nur einzelne Kommunen 17
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern von dem Instrument Gebrauch machen (Hessi- sche Staatskanzlei 2015). Niedersachsen Der niedersächsische Landtag Die Kommunen wurden schriftlich gebeten, hat Ende Dezember 2014 ihre Meinung zur Gesundheitskarte abzugeben. beschlossen, die Einführung Die Landesregierung hält es für möglich, dass einer elektronischen Gesund- durch die Erhöhung der vom Land an die Kom- heitskarte in Kooperation mit munen gezahlten Pauschale zur Versorgung der der gesetzlichen Krankenver- Asylsuchenden bei den Gebietskörperschaften sicherung analog zum Bremer kein Interesse mehr besteht, die Gesundheits- Modell zu prüfen. Gegenwärtig karte einzuführen (Bebenburg und Rippega- existiert der Entwurf einer Rahmenvereinbarung ther 2015). Die Pauschale differenziert in drei der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersach- Stufen zwischen Ballungsräumen und ländli- sen mit dem Land (Niedersächsisches Ministe- chen Regionen. Kommunen der höchsten Stufe rium für Soziales, Gesundheit und Gleichstel- (Darmstadt, Offenbach, Frankfurt, Wiesbaden) lung 2015). Ein Datum, zu dem die eGK einge- erhalten 1.050 Euro pro Flüchtling und Monat, führt wird, wurde bisher nicht genannt. Kommunen der niedrigsten Stufe (Regierungs- bezirke Gießen und Kassel) erhalten 865 Euro (Hessisches Ministerium für Finanzen 2015). Die geschätzten Kosten für die Gesundheitsver- sorgung von maximal 200 Euro pro Flüchtling Nordrhein-Westfalen und Monat können mit der Pauschale gedeckt Nordrhein-Westfalen (NRW) werden (Bebenburg und Rippegather 2015). hat als erstes Flächenland die Gesundheitskarte für Flücht- Unabhängig von der Abfrage der Kommunen ist linge eingeführt. Die Rahmen- die hessische Landesregierung mit den Vertre- vereinbarung zwischen der tern der Krankenkassen im Gespräch (ebd.). Landesregierung und den Krankenkassen zur Übernah- me der Gesundheitsversorgung Mecklenburg- für Asylsuchende gegen Kostenerstattung nach § 264 SGB V wurde am 28. August 2015 unter- Vorpommern zeichnet (MGEPA 2015c). Folgende gesetzliche Krankenkassen haben den Rahmenvertrag Die Landesregierung von unterzeichnet (Stand: Januar 2016): AOK Mecklenburg-Vorpommern hat NordWest, AOK Rheinland/Hamburg, Novitas im November 2015 Gespräche BKK, Knappschaft, DAK-Gesundheit, Techniker mit den Krankenkassen und den Krankenkasse (TK), Barmer GEK, IKK classic, kommunalen Spitzenverbänden KKH Kaufmännische Krankenkasse, VIACTIV über die Einführung einer eGK Krankenkasse, Siemens-Betriebskrankenkasse für Asylsuchende, die sich noch (SBK) (MGEPA 2015d). Jede kreisfreie Stadt und keine 15 Monate in Deutschland jede Gemeinde eines Kreises in NRW ist einer aufhalten, aufgenommen (MAGS 2015). Geplant Krankenkasse zugeordnet (ebd.). ist die Einführung der eGK für das erste Quartal 2016. Ein genaues Datum steht aber nicht fest, In Nordrhein-Westfalen kann jede Kommune da die Krankenkassen noch untereinander über selbst entscheiden, ob sie dem oben genannten einen Rahmenvertrag beraten. Offen ist bislang, Rahmenvertrag beitreten will. Insgesamt haben ob alle Kassen die eGK an Asylsuchende ausgeben bisher (Stand Januar 2016) 18 Gemeinden ihren sollen oder nur ausgewählte oder lediglich eine Beitritt zur Rahmenvereinbarung erklärt. Als- Kasse (Sander 2015). dorf, Bonn, Bochum, Gevelsberg, Monheim und 18
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Mülheim haben zum 1. Januar 2016 die eGK für schaftsgeld) sowie Leistungen der Pflege und Asylsuchende eingeführt. Wermelskirchen hat der Eingliederungshilfe (MGEPA 2015b). die Einführung für den 1. Februar 2016 ange- kündigt, Oberhausen und Sprockhövel werden Die Behandlerinnen und Behandler können im zum 1. April folgen (aerzteblatt.de 2015b). Datensatz eGK anhand der Bezeichnung „9“ im Bocholt, Dülmen, Düsseldorf, Hattingen, Her- Feld „Besondere Personengruppe“ erkennen, decke, Köln, Moers, Münster und Remscheid dass es sich um einen Patienten bzw. eine Pati- werden ebenfalls folgen. Die Städte Essen, entin im Leistungsbezug des AsylbLG handelt. Herne, Hagen, Dortmund, Bottrop und Gel- senkirchen haben sich gegen die Einführung Abrechnung entschieden (Anthony 2016). Die Krankenkassen rechnen die ihnen ent- standenen Ausgaben kalendervierteljährlich Die eGK erhalten alle Asylsuchenden, die die mit der jeweils zuständigen Gemeinde ab. Die Erstaufnahmeeinrichtungen und zentralen Gemeinde leistet als Vorauszahlung monatliche Unterbringungseinrichtungen des Landes ver- Abschlagszahlungen je Leistungsberechtigten, lassen haben und den Gemeinden zugewiesen die sich an den durchschnittlichen Leistungs- wurden. Die Gemeinde meldet die ihr zugewie- ausgaben für den Personenkreis orientieren und senen Flüchtlinge bei der für sie zuständigen regelmäßig den tatsächlichen Leistungsausga- Krankenkasse an. Die Krankenkasse schickt ben angepasst werden. Bis zum 31. Dezember die eGK dann direkt an die Asylsuchenden. Bis 2016 orientiert sich die Höhe der Abschlagszah- zur Zustellung der eGK können die Kommu- lung an den durchschnittlichen Ausgaben der nen den Flüchtlingen Abrechnungsscheine der Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Krankenkasse für ärztliche und zahnärztliche AsylbLG und beträgt damit monatlich 200 Euro Versorgung zur Verfügung stellen, um den ver- je Leistungsberechtigtem (MGEPA 2015a). In einfachten Zugang zur Gesundheitsversorgung jedem Fall erfolgt später eine Abrechnung auf ohne Wartezeit sicherzustellen (MGEPA 2015c). Grundlage der tatsächlich entstandenen Leis- tungsausgaben. Entstandene Überzahlungen Leistungsspektrum werden zurückgezahlt (MGEPA 2015e). In NRW orientiert sich der Leistungsumfang der gesundheitlichen Versorgung an den Vorga- Zur Abgeltung der entstehenden Verwaltungs- ben der §§ 4 und 6 AsylbLG. Dementsprechend aufwendungen leistet die zuständige Gemeinde ist der Anspruch auf Gesundheitsleistungen Verwaltungskostenersatz für die von der Kran- beschränkt auf die Behandlung von Schmerz- kenkasse durchzuführende Wahrnehmung der zuständen, akuter Erkrankungen sowie akut Gesundheitsversorgung gemäß § 264 Abs. 1 SGB behandlungsbedürftiger Erkrankungen. Über V in Höhe von acht Prozent der entstandenen den Erhalt von Vorsorgekuren, Neuversorgung Leistungsaufwendungen, mindestens jedoch mit Zahnersatz, Haushaltshilfe nach den Rege- zehn Euro pro angefangenen Betreuungsmonat lungen des SGB V, künstlichen Befruchtungen je Leistungsberechtigten. Die zu erstattenden und Sterilisation, strukturierten Behand- Verwaltungskosten werden quartalsweise an- lungsmethoden bei chronischen Krankheiten hand der im jeweiligen Quartal pro Leistungs- (DMP), Wahltarifen, die von der Krankenkasse berechtigten angefallenen Leistungsaufwen- außerhalb der gesetzlichen Pflichtleistungen dungen ermittelt (MGEPA 2015a). angeboten werden, und Leistungen im Ausland, die in besonderen Fällen auch Asylsuchende Finanzierung beanspruchen können, wird wie vor Einführung Das Land NRW beteiligt sich, geregelt durch der eGK von den zuständigen Stellen in den das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG), an den Kommunen entschieden. Grundsätzlich nicht Kosten für Aufnahme und Unterbringung von von der Versorgung umfasst sind Entgelter- Asylsuchenden über eine pauschale Landeszu- satzleistungen (z. B. Krankengeld und Mutter- weisung. Für das Jahr 2016 sind dafür 1,948 Mil- liarden Euro vorgesehen, was einer Pauschale 19
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern von 10.000 Euro pro Asylsuchenden und Jahr Die Landkreise und kreisfreien Städte in Rhein- entspricht (833 Euro pro Monat, zum Vergleich: land-Pfalz können nun entscheiden, ob sie der Die monatlichen Abschläge an die Krankenkas- Vereinbarung beitreten (MSAGD 2016). Trier sen für die eGK wurden zunächst auf 200 Euro hat sich als erste Stadt für die Einführung pro Asylsuchenden festgelegt). Darin enthalten der eGK entschieden. Generell raten aber die sind die vom Bund zugesagten Zuweisungen Spitzenverbände der Städte und Kreise ihren (670 Euro pro Flüchtling und Monat) von ins- Mitgliedern von der Einführung der eGK ab. gesamt 626 Millionen Euro. Die Finanzmittel Als Grund wurde genannt, dass die Kosten der werden nach dem Zuweisungsschlüssel des Gesundheitsversorgung auf die Städte und Krei- § 3 (1) FlüAG auf die Gemeinden verteilt und se abgeladen werden (Die Welt Online 2016). zum 1.3, 1.6., 1.9. und 1.12. zu jeweils einem Viertel von den Bezirksregierungen ausge- Leistungsumfang zahlt. Ab 2017 wird auf eine Pro-Kopf-Finan- Bestehen bleiben die Regelungen des AsylbLG zierung der Flüchtlingskosten für die Städte hinsichtlich der Einschränkung der medizini- und Gemeinden umgestellt (Städtetag Nord- schen Versorgung von Asylsuchenden gegen- rhein-Westfalen 2015). Die Landespauschale über den Leistungen für gesetzlich Kranken- wird unabhängig von der Einführung der eGK versicherte. Die Vereinbarungspartner haben für Asylsuchende an die Kommunen ausgezahlt. gemeinsam einen Leistungsumfang definiert, der die Bedürfnisse der Asylsuchenden und die Über das Flüchtlingsaufnahmegesetz erhalten Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben berück- Gemeinden im Einzelfall bei außergewöhnlich sichtigt und zugleich ein möglichst unbüro- hohen Behandlungskosten (derzeit mehr als kratisches Verfahren der Leistungsgewährung 70.000 Euro je Flüchtling im Kalenderjahr) eine festlegt (MSAGD 2016). zusätzliche Unterstützung (MGEPA 2015e). Der Leistungskatalog war bei Erstellung des ersten Teils dieser Expertise noch nicht ver- öffentlicht. Rheinland-Pfalz Kosten Die Landesregierung in Rhein- Die Krankenkassen erhalten eine Verwaltungs- land-Pfalz wird die eGK für gebühr von acht Prozent der entstandenen Asylsuchende, die sich noch Leistungsaufwendungen, mindestens jedoch keine 15 Monate in Deutsch- zehn Euro pro Betreuungsmonat und Leistungs- land aufhalten, im Jahr 2016 berechtigtem. Die Kosten werden nach zwei ab- einführen. Ein entsprechender gerechneten Quartalen evaluiert (MSAGD 2016). Rahmenvertrag zwischen dem Ministerium für Soziales, Finanzierung Arbeit, Gesundheit und Demografie (MSAGD) Die Kosten für die medizinische Versorgung der und den Krankenkassen wurde am 20. Januar Asylsuchenden werden aus öffentlichen Geldern 2016 unterzeichnet. An den Verhandlungen der zuständigen Behörden der Kommunen ge- waren neben dem MSAGD und den Krankassen deckt (MSAGD 2016). auch Vertreterinnen und Vertreter des Integra- tionsministeriums sowie der kommunalen Das Land zahlt ab dem 1. Januar 2016 den Kom- Spitzenverbände beteiligt. munen über die Dauer des Asylverfahrens eine monatliche Pauschale von derzeit 848 Euro pro Der Rahmenvertrag war bei Erstellung des Asylsuchenden für alle Aufwendungen bezüg- ersten Teils dieser Expertise noch nicht ver- lich dessen Aufnahme, Unterbringung und Ver- öffentlicht. sorgung. Dazu kommt bei besonders kostenin- tensiven Fällen eine zusätzliche Erstattung von Gesundheitskosten (MIFKJF 2015). 20
Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Bundesländern Saarland Sachsen-Anhalt Das saarländische Gesund- Das Bundesland Sachsen- heitsministerium hatte sich Anhalt plant, Asylsuchende bereits im August 2015 für die Anfang 2016 mit einer Gesund- Einführung der Gesundheits- heitskarte auszustatten. Die karte für Flüchtlinge ausge- Landesregierung steht hier sprochen. Ende vergangenen im Gespräch mit Vertreterin- Jahres war im Saarland über nen und Vertretern der gesetz- den Abschluss einer Rahmen- lichen Krankenkassen. Zudem vereinbarung auf Landesebene mit Vertretern müssen noch Haftungs- und Abrechnungsfra- von Kassen, Kassenärztlicher Vereinigung und gen für die Ärztinnen und Ärzte geklärt werden Landkreisen verhandelt worden. Es wurde der (Mitteldeutsche Zeitung Online 2015). Die CDU- Entwurf einer Vereinbarung vorgelegt. Die Landtagsfraktion geht davon aus, dass vor einer Landkreise, die für die gesundheitliche Versor- Klärung der offenen Fragen keine Gesundheits- gung der Flüchtlinge zuständig sind, erachteten karte für Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt einge- jedoch den Abschluss einer entsprechenden führt wird. Die CDU-Fraktion im Landtag von Vereinbarung zum damaligen Zeitpunkt als Sachsen-Anhalt (2015b) lehnt die Einführung nicht zielführend (Burmeister 2016, Ärzte-Zei- einer Gesundheitskarte zum jetzigen Zeitpunkt tung 2016b). Als Grund gaben die kommunalen ab, um neue Leistungen und Kosten, die damit Spitzenverbände zu hohe Verwaltungskosten auf die Kommunen zukommen würden, abzu- an. Das Angebot der gesetzlichen Krankenkas- wenden. sen belief sich auf acht Prozent anteilige Verwaltungskosten pro Person plus zusätzliche 2,5 Prozent Verwaltungskosten für die Kasse- närztliche Vereinigung Saarland. Auf dieser Schleswig-Holstein Basis sieht der Geschäftsführer des saarländi- schen Landkreistags keinen Regelungsbedarf – In Schleswig-Holstein erhalten der Versicherungsschutz der Flüchtlinge sei seit dem 1. Januar 2016 alle gewährleistet. Asylsuchenden, die eine Erst- aufnahmestelle des Landes in Richtung einer Kommune verlassen haben, eine Gesund- Sachsen heitskarte. Die entsprechende Rahmenvereinbarung wurde Die Landesregierung in Sach- im Oktober 2015 von der Gesundheitsministerin sen hat noch nicht abschlie- des Landes Schleswig-Holstein unterzeichnet. ßend über die Einführung der Die Vertragspartner des Landes sind die AOK eGK für Asylsuchende ent- Nordwest, BKK-Landesverband Nordwest, IKK schieden. In einer Veröffent- Nord, Knappschaft, Novitas BKK sowie die lichung der Sächsischen Ersatzkassen Techniker Krankenkasse (TK), Staatskanzlei (2016) vom Barmer GEK, DAK-Gesundheit und die Kauf- Januar 2016 wird angekündigt, männische Krankenkasse (KKH). dass die Landesregierung verschiedene Varian- ten der Einführung der eGK prüfen und gegebe- In Schleswig-Holstein können die Kommunen nenfalls erforderliche Schritte einleiten wird. nicht frei entscheiden, ob sie dem Rahmenver- trag beitreten. Das Land hat die Kommunen per Erlass dazu verpflichtet, mit den oben genann- ten Kassen Verträge abzuschließen 21
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