Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

                                            Einzelhandelskonzept
                                            für die Stadt Weil der Stadt

                                            Auftraggeber:       Stadt Weil der Stadt

                                            Projektleitung:     Dipl.‐Geogr. Gerhard Beck
                                                                Franziska Hamscher,
                                                                M. Sc. Stadt‐ und Regionalplanung

                                            Ludwigsburg, am 14.06.2018

                                                              Gesellschaft für Markt‐
                                                              und Absatzforschung mbH

                                                                                                    1
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Urheberrecht

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Inhaltsverzeichnis                                                                   Seite

I.     Aufgabenstellung und Strukturdaten                                               5

1.     Aufgabenstellung                                                                 5

2.     Aufgabe von Einzelhandelskonzepten und Zielsetzungen der
       Einzelhandelssteuerung                                                           6

3.     Methodische Vorgehensweise                                                       7

4.     Rahmenbedingungen der Einzelhandelsentwicklung                                   8
4.1    Entwicklung und Trends auf der Angebotsseite                                     8
4.2    Entwicklung und Trends auf der Nachfrageseite                                   10
4.3    Entwicklungen und Trends in der Nahversorgung                                   12
4.4    Standortwahl des Einzelhandels                                                  13

5.     Bauplanungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der Standortentwicklung des
       Einzelhandels                                                                   14
5.1    Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung                                         14
5.2    Landes‐ und Regionalplanung                                                     15

6.     Strukturdaten der Stadt Weil der Stadt                                          16

II.    Nachfragesituation                                                              19

1.     Marktgebiet und Bevölkerungspotenzial                                           19

2.     Kaufkraft im Marktgebiet 2018                                                   21

3.     Bevölkerungs‐ und Kaufkraftprognose 2026                                        22

III. Angebotssituation                                                                24

1.     Standortgefüge                                                                  24

2.     Aktueller Einzelhandelsbestand                                                  24

3.     Quantitative Bewertung des Einzelhandelsbesatzes                                28
3.1    Verkaufsflächenausstattung                                                      29
3.2    Einzelhandelszentralität                                                        30

IV.    Entwicklungsperspektiven des Einzelhandelsstandortes Weil der
       Stadt                                                         31

1.     Entwicklungspotenziale im Bereich der Nahversorgung                             31

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

2.     Exkurs: Einzelfallbewertung Verlagerung Norma                                  33
2.1    Konzentrationsgebot (Ziel 2.4.3.2.2 Regionalplan Region Stuttgart)             34
2.2    Integrationsgebot (Ziel 2.4.3.2.3 Regionalplan Region Stuttgart)               35
2.3    Kongruenzgebot (Ziel 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP Baden‐Württemberg sowie Pkt. 3.2.1.4
       Einzelhandelserlass BW)                                                         37
2.4    Beeinträchtigungsverbot (Ziel 3.3.7.2 LEP)                                     38
2.5    Räumliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben (Ziel 2.4.3.2.8 Regionalplan
       Region Stuttgart)                                                               42

3.     Entwicklungspotenziale im Bereich der sonstigen Sortimente                     43

V.     Steuerungskonzept für den Einzelhandel in Weil der Stadt                       45

1.     Ziele und Grundsätze                                                           45

2.     Sortimentskonzept                                                              46
2.1    Begriffsdefinitionen                                                           46
2.2    Sortimentsliste für die Stadt Weil der Stadt                                   47

3.     Standortkonzept                                                                49
3.1    Begriffsklärung „zentraler Versorgungsbereich“                                 49
3.2    Standortkonzept für Weil der Stadt                                             51

4.     Zentraler Versorgungsbereich Innenstadt                                        53

5.     Steuerungsempfehlungen zur Einzelhandelsentwicklung                            57
5.1    Empfehlungen innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches                      57
5.2    Empfehlungen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches                      57

6.     Maßnahmen der Bauleitplanung                                                   59

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

I.     Aufgabenstellung und Strukturdaten

1.     Aufgabenstellung

Für Weil der Stadt liegt kein aktuelles Einzelhandelskonzept vor. Die letzte größere einzelhandels‐
bezogene Untersuchung wurde im Rahmen der Ansiedlung des Edeka‐Marktes am Rand der In‐
nenstadt durchgeführt. Seitdem haben sich jedoch zahlreiche Veränderungen ergeben. Die his‐
torische Altstadt von Weil der Stadt ist vorwiegend durch kleinstrukturierte Fachgeschäfte ge‐
prägt. Hier haben sich immer wieder einzelne Veränderungen ergeben. Aber auch im Gewerbe‐
gebiet im Norden von Weil der Stadt hat es immer wieder Umstrukturierungen gegeben. Hervor‐
zuheben ist insbesondere der Leerstand des ehemaligen Baumarktes. Am nordwestlichen Sied‐
lungsrand soll das neue Wohngebiet „Häugern‐Nord“ entstehen. Hier möchte sich der Norma‐
Lebensmitteldiscounter, welcher aktuell im Gewebegebiet sitzt, perspektivisch hin verlagern.
Dazu erfolgt im Zuge dieses Einzelhandelskonzeptes eine Bewertung der landes‐ und regionalpla‐
nerischen Beurteilungskriterien. Außerdem werden Empfehlungen zur weiteren Entwicklung des
Einzelhandelsstandortes Weil der Stadt gegeben sowie eine Überprüfung der vorhandenen Be‐
bauungspläne durchgeführt und dazu Empfehlungen ausgesprochen.

Abbildung 1: Methodik der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes Weil der Stadt

GMA‐Darstellung 2018

                                                                                                      5
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

2.      Aufgabe von Einzelhandelskonzepten und Zielsetzungen der Einzelhandelssteue‐
        rung

Kommunale Einzelhandelskonzepte dienen v. a. der Erarbeitung von Leitlinien für eine zielgerich‐
tete und nachhaltige Einzelhandelsentwicklung. Diese werden in Form eines Standort‐ sowie ei‐
nes Sortimentskonzeptes konkretisiert. Das im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes erarbeitete
Sortimentskonzept (sog. „Sortimentsliste“) stellt einen gutachterlichen Vorschlag zur künftigen
Einstufung der Sortimente in nahversorgungs‐, zentren‐ und nicht zentrenrelevante Sortimente
dar. Mithilfe des Standortkonzeptes kann die Funktionsteilung zwischen zentralen und dezentra‐
len Einzelhandelslagen gesteuert werden. Der Fokus liegt dabei v. a. auf der Abgrenzung zentraler
Versorgungsbereiche, deren Lage, Ausdehnung und Funktion im Einzelhandelskonzept definiert
wird. Die Grundlage des Standort‐ und Sortimentskonzeptes stellt die aktuelle Einzelhandelssitu‐
ation in der Kommune dar, die im Rahmen der Konzepterarbeitung erhoben und ausgewertet
wird.

Ein Einzelhandelskonzept ermöglicht folglich die Steuerung des Einzelhandels auf gesamtstädti‐
scher Ebene. Dabei stellt es zunächst eine informelle Planungsgrundlage ohne rechtliche Bin‐
dungswirkung gegenüber Dritten dar.

Durch einen Beschluss des Gemeinderates wird diese informelle Planungsgrundlage zu einem
Entwicklungskonzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB und ist damit im Rahmen der Bauleitpla‐
nung als Abwägungsgrundlage zu berücksichtigen.

Als wesentliches städtebauliches Ziel für die Einzelhandelssteuerung sind zunächst der Schutz
und die Stärkung der Innenstadt zu nennen.1 Durch die Konzentration zentrenprägender Einzel‐
handelsbetriebe kann die Innenstadt nachhaltig gestärkt werden. Dies setzt jedoch die Ermittlung
nahversorgungs‐ und zentrenrelevanter Sortimente voraus, die im Rahmen des Einzelhandels‐
konzeptes empfohlen werden.

Ferner stellt auch die Sicherung des jeweiligen Baugebietscharakters eine legitime Zielsetzung
der Einzelhandelssteuerung dar. Durch den generellen bzw. gezielten Ausschluss von Einzelhan‐
del in Gewerbegebieten können diese für das produzierende und verarbeitende Gewerbe gesi‐
chert werden.

Darüber hinaus sollen im Rahmen von Einzelhandelskonzepten ebenfalls die Möglichkeiten und
Perspektiven der Weiterentwicklung des Einzelhandels herausgearbeitet und standorträumlich
eingeordnet werden. Neben einer rein planerischen Komponente haben Einzelhandelskonzepte
demnach immer auch eine zukunftsgerichtete Fortentwicklung von Standorten im Fokus.

1
        Vgl. Urteile BVerwG (27.03.2013), Az. BVerwG 4 CN 7.11 und OVG NRW (28.01.2014), Az 10 A 152/13

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

3.     Methodische Vorgehensweise

Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf eine umfassende Datenbasis. Dabei handelt es sich
um überwiegend primärstatistisches Datenmaterial, welches durch die GMA erfasst und ausge‐
wertet wurde. Darüber hinaus standen der GMA sekundärstatistische Daten des Statistischen
Bundesamtes, des Statistischen Landesamtes Baden‐Württemberg sowie der Stadt Weil der
Stadt zur Verfügung. Nachfolgend werden die im Rahmen der Erarbeitung des vorliegenden Gut‐
achtens durchgeführten primärstatistischen Erhebungen in Kürze vorgestellt.

Die Angebotssituation wurde durch eine flächendeckende Vor‐Ort‐Aufnahme der Verkaufsflä‐
chen2 aller Einzelhandelsbetriebe im gesamten Stadtgebiet erfasst. Die Bestandserhebung des
Einzelhandels3 wurde im März 2018 durchgeführt. Die Erhebung erfolgte auf Grundlage der
GMA‐Branchensystematik. Für die Darstellung und Auswertung der Einzelhandelsdaten wurden
die einzelnen Sortimente den in nachfolgender Tabelle aufgeführten Branchen zugeordnet.

Die Darstellung wesentlicher Standortlagen des Einzelhandels in Weil der Stadt erfolgt neben
textlichen Erläuterungen auch auf Basis einer kartografischen Darstellung. Die Ergebnisse der Kar‐
tierungen dienen u. a. als wichtige Grundlage der sachgerechten Abgrenzung zentraler Versor‐
gungsbereiche.

2
       Verkaufsfläche wird in dieser Analyse wie folgt definiert: „Verkaufsfläche ist die Fläche, auf der die Ver‐
       käufe abgewickelt werden und die vom Kunden zu diesem Zwecke betreten werden darf, einschließlich
       der Flächen für Warenpräsentation (auch Käse‐, Fleisch‐ und Wursttheken), Kassenvorraum mit „Pack‐
       und Entsorgungszone“ und Windfang. Ebenso zählen zur Verkaufsfläche auch Pfandräume (ohne Fläche
       hinter den Abgabegeräten), Treppen, Rolltreppen und Aufzüge im Verkaufsraum sowie Freiverkaufsflä‐
       chen. Nicht dazu gehören reine Lagerfläche und Flächen, die der Vorbereitung / Portionierung der Waren
       dienen sowie Sozialräume, WC‐Anlagen etc. (vgl. hierzu auch BVerwG 4C 10.04 und 4C 14.04 vom
       24.11.2005).
3
       Dabei ist der „Einzelhandel im engeren Sinne“ bzw. der „funktionale Einzelhandel“ zu verstehen. Dieser
       umfasst den Absatz von Waren an den Endverbraucher ohne den Handel mit Kraftfahrzeugen, Brennstof‐
       fen und verschreibungspflichtigen Apothekerwaren.

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Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Tabelle 1:       GMA‐Branchensystematik
                 Branche                                            Sortimente
 Nahrungs‐ und Genussmittel                Lebensmittel (inkl. Back‐ und Fleischwaren), Reformwaren,
                                           Getränke, Spirituosen, Tabak
 Gesundheit, Körperpflege                  Drogerie, Kosmetik, Parfümerie‐ / Apotheker‐ / Sanitätswa‐
                                           ren
 Blumen, zoologischer Bedarf               Schnittblumen, Zimmerpflanzen, zoologischer Bedarf
 Bücher, Schreib‐ / Spielwaren             Bücher, Zeitschriften, Schreib‐, Papierwaren, Büroartikel
                                           (inkl. Büromaschinen), Bastelbedarf, Spielwaren (ohne PC‐
                                           Spiele), Modellbau
 Bekleidung, Schuhe, Sport                 Oberbekleidung, Damen‐, Herren‐,
                                           Kinderbekleidung, Schuhe, Lederwaren, Handtaschen, Kof‐
                                           fer, Schirme, Hüte, Sport (Bekleidung, Schuhe)
 Elektrowaren, Medien, Foto                Elektrohaushaltsgeräte, Telekommunikation (Telefon, Fax,
                                           Mobil‐ und Smartphones), Unterhaltungselektronik (Audio,
                                           Video, Spiele, Speichermedien, Foto), Informationstechnolo‐
                                           gie (Computer, Drucker etc.)
 Hausrat, Einrichtung, Möbel               Haushaltswaren (Glas / Porzellan / Keramik), Möbel (inkl.
                                           Matratzen), inkl. Gartenmöbel, Badmöbel, Spiegel, Küchen‐
                                           möbel / ‐einrichtung, Antiquitäten, Kunst, Rahmen, Bilder,
                                           Heimtextilien (Haus‐, Tischwäsche, Bettwäsche, Bettwaren,
                                           Gardinen, Wolle, Stoffe), Leuchten und Zubehör
 Bau‐, Heimwerker‐, Gartenbedarf           Bau‐, Heimwerker‐, Gartenbedarf (inkl. Gartencenter, Pflan‐
                                           zen, Sanitär, Holz, Tapeten, Farben, Lacke),
                                           Teppiche, Bodenbeläge (Laminat, Parkett)
 Optik / Uhren, Schmuck                    Optik, Hörgeräte (inkl. Service‐Flächen), Uhren, Schmuck
 Sonstige Sortimente                       Autozubehör (ohne Multimedia), Motorradzubehör,
                                           ‐bekleidung, Sportgeräte (Fahrräder, Camping, u. a.), Sonsti‐
                                           ges (Musikalien, Waffen, Gebrauchtwaren, Second‐Hand,
                                           Münzen, Stempel, Briefmarken, Nähmaschinen)
GMA‐Darstellung 2018

4.     Rahmenbedingungen der Einzelhandelsentwicklung

Eine Beurteilung der Entwicklungschancen des Einzelhandels in der Stadt Weil der Stadt kann
nicht losgelöst von wesentlichen Entwicklungstrends im Handel und bei den Kunden in Deutsch‐
land erfolgen, die auch die Standortwahl des Einzelhandels maßgeblich beeinflussen. Nachfol‐
gend werden daher die strukturprägenden Aspekte des Wandels dargestellt.

4.1    Entwicklung und Trends auf der Angebotsseite

Seit Anfang der 1970er Jahre vollzieht sich im deutschen Einzelhandel ein Strukturwandel, der
v. a. zu Lasten inhabergeführter Fachgeschäfte geht. Als Gewinner zeigen sich meist filialisierte
und discountorientierte Unternehmen sowie Franchisekonzepte, welche ihre größenbedingten,

                                                                                                           8
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

beschaffungsseitigen und logistischen Vorteile nutzen können. Der Online‐Handel hat den Wett‐
bewerb nochmals intensiviert.

Durch die Zuwächse großflächiger Betriebsformen und neuer Angebotskonzepte verzeichnete
der Einzelhandel in der Bundesrepublik seit 1990 einen erheblichen Verkaufsflächenzuwachs.
Durch geänderte Nachfragebedingungen, besonders durch das Wachstum des Online‐Handels,
hat sich der Verkaufsflächenzuwachs seit 2011 allerdings abgeschwächt (vgl. Abbildung 2) und ist
mittlerweile zum Stillstand gekommen. Zahlreiche Branchenexperten gehen für die kommenden
Jahre aufgrund der Digitalisierung von flächendeckendem Rückgang der Verkaufsflächen aus.

Abbildung 2: Verkaufsflächenwachstum im deutschen Einzelhandel 2005 – 2015

GMA‐Berechnung 2017 nach GfK, Nürnberg

Während der Umsatz des gesamten Einzelhandels in den vergangenen Jahren allenfalls leichte
Steigerungen verzeichnen konnte, konnte der Online‐Handel (E‐Commerce), bedingt durch die
zunehmende Internetaffinität und die stark verbesserte Ausstattung der Haushalte mit Compu‐
tern, Tablets und Smartphones, eine rasante Entwicklung nehmen. Nach Angaben des HDE wer‐
den sich von 2006 bis 2017 binnen 10 Jahren die Umsätze im Internethandel mehr als verdrei‐
facht haben. Für das Jahr 2017 geht der HDE von einem Umsatz von 48,7 Mrd. € aus. Danach liegt
der Anteil des Online‐Handels an allen Warengruppen bei derzeit rd. 10 %4. In den Nonfood‐Bran‐
chen ergeben sich allerdings schon deutlich höhere Marktanteile (Durchschnitt 20 %)5.

Der Online‐Handel hat inzwischen praktisch alle Warengruppen erfasst. Allerdings schwanken die
Marktanteile des Online‐Handels je nach Branche stark (vgl. Abbildung 3). Hohe Umsatzanteile
werden v. a. in den Bereichen Consumer Electronics, Bücher / Medien, Spielwaren / Sportartikel

4
       Quelle: HDE: Der deutsche Einzelhandel, Stand Januar 2017; GMA‐Berechnungen.
5
       Quelle: GfK / HDE: Handel digital ONLINE‐MONITOR 2017.

                                                                                                   9
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

und Bekleidung / Textilien / Schuhe erreicht, wo der Online‐Handel auch als Nachfolger des klas‐
sischen Versandhandels auftritt. Bei den Gütern des täglichen Bedarfs hingegen sind in Deutsch‐
land die Anteile des Online‐Handels immer noch sehr gering (Lebensmittel 0,8 %, Getränke 1,6 %,
Tiernahrung 1,6 %, Drogeriewaren / Kosmetik 3,2 %)6.

Abbildung 3: Umsatzanteile des Online‐Handels nach Sortimenten

Die Übergänge zwischen Online‐Handel und stationärem Einzelhandel sind mittlerweile nicht
mehr klar abgrenzbar. Alle größeren stationären Einzelhändler bieten mittlerweile auch Online‐
shops an, in denen entweder das Gesamtangebot oder zumindest ausgewählte Artikel verfügbar
sind (sog. Multichannel‐Handel). Hinzu kommen Online‐Marktplätze wie Amazon oder eBay, auf
denen derzeit der Großteil der Online‐Umsätze in Deutschland erwirtschaftet wird. Der Marktan‐
teil von reinen Internethandels‐Unternehmen im deutschen Einzelhandel liegt bei ca. 13 %7.

4.2    Entwicklung und Trends auf der Nachfrageseite

Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten ist aktuell ein preisbewussteres Nachfrageverhalten zu
beobachten, was v. a. durch steigende Ausgaben der Konsumenten für Energie, Miete, Freizeit,
Gesundheit, Steuern und Sozialabgaben bedingt ist. Das Verbraucherverhalten ist zudem abhän‐
gig von der Konjunkturlage und damit ggf. verbundenen Befürchtungen vor Arbeitslosigkeit und
Rezession. Die Ausgabenanteile für den Einzelhandel waren daher im vergangenen Jahrzehnt
rückläufig. Zugleich sind aber die Kundenansprüche an den Einzelhandel stetig gewachsen. Sie
wählen sowohl beim reinen Versorgungseinkauf als auch beim Shopping als Freizeitvergnügen
kritisch aus und zeigen „Schnäppchenlust“ und „Smart Shopping“ (vgl. Abbildung 4). Bedingt
durch das Internet und intensive Werbemaßnahmen der größeren Anbieter können die Kunden

6
       Quelle:     GfK / HDE: Handel digital ONLINE‐MONITOR 2016
7
       Quelle: Jürgen Diercks: E‐Commerce: Deutscher Internet‐Handel wächst, IX Magazin für professionelle
       Informationstechnik ,11.11.2015; aus http://www.heise.de/ix/meldung/E‐Commerce‐Deutscher‐Inter‐
       net‐Handel‐waechst‐2918428.html.

                                                                                                             10
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Preise, Qualitäten und Servicevorteile vergleichen und haben so ein hohes Anspruchsniveau ent‐
wickelt, dem besonders etliche Kleinanbieter kaum noch standhalten können. Hinzu kommt, dass
Kunden weniger berechenbar sind als früher.

Abbildung 4: Aktuelle Konsumtrends im deutschen Einzelhandel

GMA‐Grundlagenforschung 2018

Nachdem sich der Einzelhandel in erster Linie an der lokalen Nachfrage orientiert, ist der klein‐
räumlichen Analyse und Prognose der Kaufkraftentwicklung hohe Aufmerksamkeit zu schenken8.

Für die Zukunft sind auf der Nachfrageseite v. a. folgende Aspekte zu beachten:

      die soziodemografische Entwicklung, die sich in Deutschland u. a. in einer fortlaufen‐
       den Abnahme der durchschnittlichen Haushaltsgröße und deutlichen Verschiebungen
       im Altersaufbau der Bevölkerung zeigen wird,

      eine anhaltend hohe Mobilität der Bevölkerung und ein ansteigender individueller Ak‐
       tionsraum, auch bei älteren Bevölkerungsgruppen; auch der Einkauf im Internet trägt
       zu einer sinkenden Kundenbindung bei,

      fortlaufender Trend zur Individualisierung und Erlebnisorientierung, der in einem
       schwer einschätzbaren Konsumentenverhalten (Smart Shopping) resultiert,

      der weiter wachsende Anspruch breiter Bevölkerungsschichten an eine aktive Gestal‐
       tung der Freizeit, wobei der Einzelhandel und das Dienstleistungsgewerbe im Wettbe‐
       werb mit anderen Freizeitaktivitäten stehen werden,

8
       Gerade großräumliche Bevölkerungsprognosen bilden die lokalen Verhältnisse nur unzureichend ab. Zu‐
       dem haben sich viele Einwohnerprognosen der letzten beiden Jahrzehnte als nicht belastbar erwiesen.

                                                                                                             11
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

      ein steigendes Anspruchsniveau der Kunden bei abnehmender Toleranz (z. B. Beein‐
       trächtigungen durch Laufwege, Ladenschlusszeiten), was den Verbrauchertrend zum
       Online‐Einkauf und zum One‐Stop‐Shopping begünstigt.

4.3    Entwicklungen und Trends in der Nahversorgung

Für die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs kommt modernen Lebensmittelmärkten
eine besondere Bedeutung zu, da sie nicht nur ein qualifiziertes Kernsortiment an Lebensmitteln,
Getränken und Drogeriewaren bieten, sondern darüber hinaus auch die wichtigsten weiteren
Sortimente des kurzfristigen Bedarfs (z. B. Zeitschriften, Schnittblumen, Schreibwaren) zumindest
ausschnittweise vorhalten. Moderne Lebensmittelmärkte sind daher als Garanten einer qualität‐
vollen Nahversorgung anzusehen, darüber hinaus auch als Leitbetriebe der Einzelhandelsstruk‐
tur. Ergänzende Funktion für die Grundversorgung übernehmen kleinere Lebensmittelgeschäfte,
Betriebe des Lebensmittelhandwerks, Getränkemärkte, Tankstellen, Hofläden oder Kioske.

Besondere Bedeutung für die Entwicklung des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland kommt
discountorientierten Angebotsformen zu. Dabei handelt es sich um Vertriebskonzepte, die auf
eine konsequente Niedrigpreispolitik setzen. Lebensmitteldiscounter verfügen aktuell über einen
Marktanteil von ca. 45 – 46 % am Umsatzaufkommen im Lebensmittelsektor; Supermärkte kom‐
men auf ca. 29 %, Große Supermärkte auf ca. 10 %, SB‐Warenhäuser auf ca. 12 – 13 % und sons‐
tige Lebensmittelgeschäfte auf ca. 3 % des Umsatzvolumens.9 Wegen des Preisvorteils und ihres
übersichtlichen Sortiments sind Discounter bei deutschen Verbrauchern sehr beliebt. Super‐
märkte und Große Supermärkte profilieren sich dagegen v. a. durch Sortimentsbreite, Frische,
Convenience, Service, Ladenatmosphäre und persönliche Kundenansprache.

Kleinere Lebensmittelgeschäfte leiden an strukturell bedingten Kostennachteilen gegenüber grö‐
ßeren Filialisten. Auch genossenschaftliche Lebensmittelmärkte, Bringdienste oder mobile Ver‐
kaufsformen sind tendenziell teurer als konventionelle Supermärkte oder Discounter, zudem ist
hier die Auswahl deutlich eingeschränkt. Daher liegt für diese Verkaufsformen kundenseitig ein
eher geringes Interesse vor.

Der Online‐Handel mit Nahrungs‐ und Genussmitteln wird zwar von den Verbrauchern teilweise
auch akzeptiert (z. B. für Spezialitäten, Wein usw.), jedoch stellt das Internet für weite Bereiche
des Lebensmittelhandels aufgrund der erforderlichen Frische und schonenden Verpackung der
Waren sowie des damit verbundenen logistischen Aufwands und der Mehrkosten in Deutschland
bislang noch keine weit verbreitete Angebotsform dar.

9
       Quelle: EHI Retail Institute: EHI Handelsdaten aktuell 2016, S. 90; GMA‐Berechnungen.

                                                                                                      12
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

4.4    Standortwahl des Einzelhandels

Neben Unternehmensprozessen und gesellschaftlichen sowie demografischen Veränderungen
hat die Neubewertung von Standortfaktoren und Standortqualitäten durch Einzelhandelsunter‐
nehmen Veränderungen der Handelslandschaft ausgelöst.

Für die Entwicklung des Einzelhandels in den Innenstädten und Ortszentren waren in den ver‐
gangenen Jahren folgende Trends festzustellen:

      Der hohe Anteil des Online‐Handels hat in den deutschen Innenstädten bereits zu Fre‐
       quenzrückgängen und einem teilweisen Rückgang einzelner Branchen geführt.10

      Um der Bequemlichkeit der Verbraucher entgegen zu kommen, konzentriert sich der
       Handel auf enger abgegrenzte Standorte. Randlagen und innerstädtische Nebenlagen
       verlieren dagegen an Bedeutung; hier treten verstärkt Fluktuation, Mindernutzungen
       und Leerstandsbildung auf.

      Die mittelständischen Anbieter hatten aus unterschiedlichen Gründen deutlich rück‐
       läufige Gesamtmarktanteile.

Nahezu alle Kommunen in Deutschland steuern aktuell ihre Handelsentwicklung mit kommuna‐
len Einzelhandelskonzepten, in denen für den Einzelhandel zulässige Gebiete festgelegt und die
Ansiedlung zusätzlicher Handelsflächen gesteuert werden11.

Als Standorte des Lebensmittelhandels werden i. d. R. Lagen mit guter Erreichbarkeit für den
motorisierten Individualverkehr und mit großen Stellplatzkapazitäten präferiert. Diese befinden
sich ganz überwiegend außerhalb der (zumeist kleinteilig strukturierten) traditionellen Innen‐
städte bzw. Ortsmitten.

Tabelle 2:       Standortanforderungen des Lebensmitteleinzelhandels (Auswahl)

                                                                                     Großer Supermarkt /
          Daten                     Discounter              Vollsortimenter
                                                                                        SB‐Warenhaus

Verkaufsfläche                      ab 800 m²                 ab 1.200 m²                 ab 2.500 m²
Sortiment                     75 – 80 % Foodanteil       80 – 85 % Foodanteil        60 – 70 % Foodanteil
Artikelzahl                     ca. 2.000 – 4.000              ca. 10.000             ca. 25.000 – 50.000
Parkplätze                         ab 60 Stück                ab 80 Stück                 ab 150 Stück
Grundstück                         ab 4.000 m²                ab 5.000 m²                 ab 7.000 m²
Kernbevölkerung                    ab 3.000 EW                ab 4.000 EW                ab 10.000 EW
GMA‐Standortforschung (ca.‐Werte)

10
       So wurden in den vergangenen Jahren größere Flächen des Bucheinzelhandels vom Markt genommen.
       Auch am Schuheinzelhandel geht die Entwicklung nicht spurlos vorüber. So meldete z. B. die Schuhkette
       Görtz die Schließung mehrerer Filialen. Als Grund wurde explizit der ins Internet abwandernde Umsatz
       genannt.
11
       vgl. hierzu: W. Spannowski, S. Holl: Die Steuerung der Einzelhandelsentwicklung in Deutschland im Lichte
       der europäischen Niederlassungsfreiheit; Kaiserslautern 2012.

                                                                                                                  13
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

5.     Bauplanungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der Standortentwicklung des
       Einzelhandels

5.1    Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung

Städte und Gemeinden haben mit dem BauGB und der BauNVO ein planungsrechtliches Instru‐
mentarium zur Hand, mit dem die Standortentwicklung im Einzelhandel gesteuert werden kann.
Folgende Gebietskategorien sind zu unterscheiden:

      Gebiete mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB):

       Werden in Bebauungsplänen die in der BauNVO bezeichneten Baugebiete festgelegt, sind
       Einzelhandelsbetriebe bis zur Grenze der Großflächigkeit in allen Baugebieten möglich:

        Sie sind zulässig in allgemeinen und besonderen Wohngebieten sowie in Dorf‐,
           Misch‐, Urbanen‐, Gewerbe‐ und Industriegebieten (§§ 4 bis 9 BauNVO).

        In Kleinsiedlungsgebieten sind Läden zulässig, sofern sie der Versorgung des Gebie‐
           tes dienen und in reinen Wohngebieten können sie als Ausnahme zugelassen wer‐
           den (§§ 2 und 3 Bau NVO).

       Für großflächige Einzelhandelsbetriebe enthält der § 11 Abs. 3 BauNVO eine Sonderrege‐
       lung. Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe mit bestimmten städtebau‐
       lichen und raumordnerischen Auswirkungen sind außer in Kerngebieten nur in ausgewie‐
       senen Sondergebieten zulässig, wenn die Geschossfläche über 1.200 m² liegt (dieser Satz
       beinhaltet aber eine widerlegbare Regelvermutung).

      Nicht beplanter Innenbereich (§ 34 BauGB):

       Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der
       baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in
       die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und gleichzeitig die Erschließung gesichert ist.
       Nach § 34 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung die BauNVO anzu‐
       wenden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunut‐
       zungsverordnung entspricht. Nach § 34 Abs. 3 BauGB dürfen von den Vorhaben keine
       schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Standortkommune
       oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Im Einzelfall (z. B. bei Erweiterung) kann
       vom Erfordernis des Einfügens abgewichen werden. Ziel der gesetzlichen Neuregelung im
       § 34 BauGB ist es, durch das Ausfüllen einer Rechtslücke bei Genehmigungsverfahren für
       großflächige Einzelhandelsvorhaben in Gemengelagen im unbeplanten Innenbereich auch
       hier eine städtebauliche Steuerung ohne Bauleitplanung zu ermöglichen. Dies soll durch
       die Sicherung der zentralen Versorgungsbereiche, insbesondere dem Schutz der Ange‐
       botsstrukturen in den Kernstadtbereichen und damit deren Attraktivitätserhalt dienen.

                                                                                                    14
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

       Mit der Novellierung des BauGB 2007 hat der Gesetzgeber darüber hinaus die Möglichkeit
       geschaffen, über § 9 Abs. 2a BauGB im nicht beplanten Innenbereich einen Bebauungsplan
       aufzustellen, in dem zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche nur
       bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen festgelegt
       oder ausgeschlossen werden können.

5.2    Landes‐ und Regionalplanung

Für die raumordnerische Bewertung von Einzelhandelsgroßprojekten sind – neben den einschlä‐
gigen Vorschriften des BauGB und der BauNVO – die Ziele der Raumordnung und Landesplanung,
festgelegt im Landesentwicklungsplan Baden‐Württemberg (2002) sowie im Regionalplan der Re‐
gion Stuttgart, heranzuziehen.

Bei Standorten für großflächigen Einzelhandel sind folgende Prüfkriterien zu beachten:

      Konzentrationsgebot

      Beeinträchtigungsverbot

      Kongruenzgebot

      Integrationsgebot.

Bezüglich dieser Prüfkriterien sind folgende wesentliche Ziele im Landesentwicklungsplan Baden‐
Württemberg genannt:12

       „Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Han‐
       delsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sollen sich in das zent‐
       ralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in der Regel nur in Ober‐, Mittel‐
       und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Die Verkaufsfläche
       der Einzelhandelsgroßprojekte soll so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den
       zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet. Die verbrau‐
       chernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit
       anderer Zentraler Orte dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Einzelhandels‐
       großprojekte dürfen weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihre Folgewirkun‐
       gen die Funktionsfähigkeit der Stadt‐ und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich
       beeinträchtigen. Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich inte‐
       grierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden.“ (Plansätze 3.3.7,
       3.3.7.1 und 3.3.7.2 des LEP).

Im Regionalplan Region Stuttgart werden im Plansatz 2.6.3.2 zu Einzelhandelsgroßprojekten die
Ziele der Landesplanung weiter ausgestaltet. Auf eine Detaildarstellung wird im Folgenden ver‐
zichtet. 13

12
       Landesentwicklungsplan 2002 Baden‐Württemberg.
13
       Regionalplan Stuttgart, Satzungsbeschluss vom 22. Juli 2009.

                                                                                                  15
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

6.      Strukturdaten der Stadt Weil der Stadt

Die ca. 18.980 Einwohner14 zählende Stadt Weil der Stadt (Landkreis Böblingen) ist im Regional‐
plan des Verbandes Region Stuttgart als Unterzentrum im Mittelbereich Leonberg ausgewiesen.
Das Oberzentrum Stuttgart liegt östlich in rd. 23 km Luftlinien‐Entfernung. Nordöstlich und süd‐
westlich in jeweils rd. 10 – 12 km Luftlinien‐Entfernung liegen die Mittelzentren Leonberg und
Calw sowie im Südosten die funktionsteiligen Mittelzentren Sindelfingen und Böblingen. In direk‐
ter Nachbarschaft liegt westlich das Kleinzentrum Althengstett sowie östlich das Kleinzentrum
Renningen.

Die Bevölkerungsentwicklung verlief in den letzten Jahren positiv. So ist im Zeitraum 2011 bis
2016 insgesamt eine Bevölkerungszunahme (+ 4 %) festzustellen. Damit liegt die Bevölkerungs‐
entwicklung in Weil der Stadt leicht unter dem Niveau der Entwicklung im Landkreis Böblingen
(+ 5,9 %).

Tabelle 3:       Einwohnerentwicklung 2011 – 2016 im regionalen Vergleich

                                              Einwohner                  Entwicklung 2011 – 2016
        Stadt / Landkreis
                                         2011             2016           absolut          relativ in %
 Weil der Stadt                               18.260        18.983               + 723             + 4,0
 Grafenau                                       6.393        6.732               + 339             + 5,3
 Renningen                                    16.758        17.510               + 752             + 4,5
 Leonberg                                     44.749        47.744              + 2.995            + 6,7
 Böblingen                                    45.167        49.611              + 4.444            + 9,8
 Sindelfingen                                 60.452        64.159              + 3.707            + 6,1
 Landkreis Böblingen                        364.458        385.888             + 21.430            + 5,9
 Ditzingen                                    24.039        24.698               + 659             + 2,7
 Calw                                         22.126        23.158              + 1.032            + 4,7
 Simmozheim                                     2.911        2.939                 + 28            + 1,0
 Ostelsheim                                     2.414        2.372                 ‐ 42            ‐ 1, 7
Quellen: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg, Stand jeweils 31.12.2016

Siedlungsstrukturell setzt sich Weil der Stadt aus den ehemals selbständigen Ortschaften Weil
der Stadt und Merklingen sowie den kleineren Orten Hausen an der Würm, Münklingen und
Schafhausen zusammen. Weil der Stadt verfügt über eine kompakte Altstadt mit erhaltener
Stadtmauer, außerdem über ein größeres Wohngebiet im Westen der Kernstadt entlang der
Max‐Caspar‐Straße. Ein zweites größeres Wohngebiet befindet sich im Nordosten der Stadt. Ein
zusammenhängendes Gewerbegebiet ist im nördlichen Stadtgebiet, entlang der Josef‐Beyerle‐
Straße, etabliert.

14
        Quelle: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg, Stand 31.12.2016

                                                                                                            16
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Durch die unmittelbare Lage an der B 295 ist Weil der Stadt verkehrlich gut an das überregionale
Straßennetz angebunden. Über den Bahnhof Weil der Stadt besteht außerdem eine Anbindung
an das S‐Bahn‐Netz und die Landeshauptstadt Stuttgart. Auch die Erreichbarkeit aus dem nahen
Umland ist als gut zu bewerten.

Im Jahr 2017 gab es in Weil der Stadt etwa 4.044 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte15; da‐
von entfallen 26 % auf das „Produzierende Gewerbe“; 37 % auf den Bereich „Handel, Gastge‐
werbe und Verkehr“ und 37 % auf „Sonstige Dienstleistungen“16. Im Vergleich zum Landkreis
Böblingen ist die Verteilung etwas stärker zugunsten des Sektors „Handel, Gastgewerbe und Ver‐
kehr“ verschoben. Weil der Stadt besitzt insgesamt eine unterdurchschnittliche Bedeutung als
Arbeitsplatzstandort. 2.665 Berufseinpendlern standen 2017 6.489 Berufsauspendler gegenüber.
Daraus ergibt sich ein negativer Pendlersaldo von – 3.824 sozialversicherungspflichtig Beschäftig‐
ter.17

15
         Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am 30.06.2017.
16
         Quelle: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg: Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer in den
         Gemeinden Baden‐Württembergs am 30.06.2016. Aktuellere Daten sind derzeit nicht verfügbar.
17
         Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am 30.06.2017.

                                                                                                                17
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Karte 1:           Lage von Weil der Stadt und zentralörtliche Struktur im Untersuchungsraum

                                                                                               Legende

                                                                                                        Oberzentrum

                                                                                                        Mittelzentrum

                                                                                                        Unterzentrum

                                                                                                        Kleinzentrum

                                                                                               Quelle: erstellt mit RegioGraph Planung;
                                                                                               GMA-Bearbeitung 2018

                                                                                                                                          18
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

II.    Nachfragesituation

1.     Marktgebiet und Bevölkerungspotenzial

Die Abgrenzung des Marktgebietes bildet die wesentliche Grundlage zur Ermittlung des Bevölke‐
rungspotenzials und der damit zur Verfügung stehenden Kaufkraft. Als Marktgebiet wird in dieser
Untersuchung derjenige Bereich definiert, innerhalb dessen die Verbraucher den Standort Weil
der Stadt regelmäßig aufsuchen.

Zur Abgrenzung und Einteilung des Marktgebietes wurden folgende Kriterien herangezogen:

      wesentliche Strukturdaten des Untersuchungsraums (z. B. Siedlungsstruktur, Pend‐
       lerbeziehungen, Wirtschaftsstruktur) und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen.

      die Verkehrserschließung im Untersuchungsraum und die damit zusammenhängenden
       Zeit‐Distanz‐Werte unter Berücksichtigung der Topographie.

      die Angebotssituation in den umliegenden Städten und Gemeinden.

      Ergebnisse aus anderen GMA‐Untersuchungen in der Region.

Vor diesem Hintergrund lässt sich für Weil der Stadt folgendes Marktgebiet abgrenzen:

      Zone I:             Weil der Stadt                                       ca. 18.985Einwohner

      Zone II:            Simmozheim, Ostelsheim, Grafenau                     ca. 12.045 Einwohner

      Zonen I ‐ II:       Insgesamt                                         ca. 31.030 Einwohner.18

Vor dem Hintergrund der Angebotssituation in der Stadt Weil der Stadt und der regionalen Wett‐
bewerbssituation ist davon auszugehen, dass sich die Versorgungsbedeutung im Wesentlichen
auf die Stadt Weil der Stadt und die unmittelbar angrenzenden Gemeinden beschränkt. Die Zone
II des Marktgebiets umfasst die Gemeinden Simmozheim und Ostelsheim, beide jedoch zugehö‐
rig zum Mittelbereich Calw sowie Grafenau (Mittelbereich Sindelfingen und Böblingen). Diese
grenzen im Westen und Süden direkt an Weil der Stadt an und weisen entfernungstechnisch die
kürzeste Distanz zu Weil der Stadt auf. Hervorzuheben ist dabei, dass es sich bei dieser Abgren‐
zung um eine wirtschaftliche Betrachtung handelt. Im Sinne der regionalplanerischen Betrach‐
tung ist im weiteren Verlauf der Analyse bei der Potenzialermittlung jedoch nur die Stadt Weil
der Stadt heranzuziehen.

18
       Quelle: Daten des Statistischen Landesamt Baden‐Württemberg (Stand: 31.12.2016); ca.‐Werte, gerun‐
       det.

                                                                                                            19
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Karte 2:           Marktgebiet von Weil der Stadt

                                                         Legende

                                                                  Zone I

                                                                  Zone II

                                                         Quelle: erstellt mit RegioGraph Planung;
                                                         GMA-Bearbeitung 2018

                                                                                                    20
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Auf einzelbetrieblicher Ebene können in Einzelfällen (z. B. Lebensmittelmärkte) zwar durchaus
überörtliche Einzugsgebiete angenommen werden. Für den Großteil der Betriebe begrenzen
aber die umliegenden Wettbewerbsstandorte Renningen, die Mittelzentren Calw, Leonberg,
Böblingen und Sindelfingen ebenso wie die naturräumlich und topografischen Gegebenheiten
(insbesondere Richtung Norden) das Marktgebiet des Einzelhandels in Weil der Stadt.19

2.     Kaufkraft im Marktgebiet 2018

Nach Berechnung des Statistischen Bundesamtes sowie eigenen Berechnungen liegt die einzel‐
handelsrelevante Kaufkraft (inkl. Apotheken und Ladenhandwerk) für die abgegrenzten Bedarfs‐
güter pro Kopf der Wohnbevölkerung in Deutschland derzeit bei ca. 5.570 €.20

Davon entfallen auf

      Nahrungs‐ und Genussmittel                                  ca. 2.035 € p. a.

      Nichtlebensmittel                                           ca. 3.535 € p. a.

Neben den Pro‐Kopf‐Ausgabewerten ist zur Berechnung der Kaufkraft das lokale Kaufkraftni‐
veau21 zu berücksichtigen. MB Research errechnet die Kaufkraftkoeffizienten auf der Grundlage
der Steuerstatistik.22 Für die Stadt Weil der Stadt liegt das Kaufkraftniveau mit 110,6 deutlich über
dem bundesdeutschen Durchschnitt.23 Die Gemeinden in Zone II weisen ebenfalls ein überdurch‐
schnittliches Kaufkraftniveau auf. Dieses beläuft sich in Simmozheim auf 110,3, in Ostelsheim auf
113,8 und in Grafenau auf 115,1.

Bei Zugrundelegung der aktuellen Einwohnerwerte und des Kaufkraftniveaus errechnet sich für
das Weil der Städter Marktgebiet ein jährliches einzelhandelsrelevantes Kaufkraftvolumen von
ca. 193,2 Mio. €.

19
       Die Außenlinie des Marktgebiets stellt selbstverständlich keine unüberwindbare Grenze dar, sondern eher
       eine allgemeine Größe. Nicht alle der in Weil der Stadt ansässigen Einzelhandelsbetriebe strahlen in glei‐
       chem Umfang in das Marktgebiet aus. Die Anziehungskraft hängt neben der Fristigkeit des Bedarfs v. a.
       von der Attraktivität und Größe des Anbieters ab. So bestehen auf einzelbetrieblicher Ebene teilweise
       Kundenverflechtungen, die über das skizzierte Marktgebiet hinausgehen, während andere Betriebe nicht
       einmal das gesamte Gemeindegebiet für sich erschließen können.
20
       Ohne Anteil verschreibungspflichtiger Medikamente bei Apotheken.
21
       Vgl. Kapitel I.
22
       Quelle: MB Research, Nürnberg 2016.
23
       Werte über 100,0 deuten auf ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt höheres Kaufkraftniveau, Werte
       unter 100,0 auf ein unter dem Bundesdurchschnitt liegendes Niveau hin.

                                                                                                                    21
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Tabelle 4:       Kaufkraftpotenziale im Marktgebiet 2018
                                                                  Kaufkraft in Mio. €
                                                 Zone I                Zone II            Gesamt
 Nahrungs‐ und Genussmittel                                42,7                  27,9               70,6
 Gesundheit, Körperpflege                                   8,5                   5,5               14,0
 Blumen, zool. Bedarf                                       2,9                   1,9                4,8
 kurzfristiger Bedarf insg.                                54,1                  35,3               89,4
 Bücher, Schreib‐ / Spielwaren                              5,5                   3,6                9,1
 Bekleidung, Schuhe, Sport                                 14,6                   9,5               24,1
 mittelfristiger Bedarf insg.                              20,1                  13,1               33,2
 Elektrowaren, Medien, Foto                                11,3                   7,4               18,7
 Hausrat, Einrichtung, Möbel                               12,7                   8,3               21,0
 Bau‐, Heimwerker‐, Gartenbedarf                           10,4                   6,7               17,1
 Optik / Uhren, Schmuck                                     2,5                   1,6                4,1
 Sonstige Sortimente                                        5,9                   3,8                9,7
 langfristiger Bedarf insg.                                42,8                  27,8               70,6
 Nichtlebensmittel insg.                                   74,3                  48,3              122,6
 Einzelhandel insg.                                       117,0                  76,2              193,2
GMA‐Berechnungen 2018; ca.‐Werte gerundet, Abweichungen durch Rundung möglich

3.     Bevölkerungs‐ und Kaufkraftprognose 2026

Die Entwicklung des Kaufkraftvolumens im Einzugsgebiet bis zum Prognosehorizont 2026 ist ne‐
ben konjunkturellen Einflüssen auch von der künftigen Entwicklung des Verbraucherverhaltens
(z. B. Online‐Handel) sowie der soziodemografischen Entwicklung abhängig (vgl. auch Kapitel I.
4).

Unter Berücksichtigung der Prognose des Statistischen Landesamtes Baden‐Württemberg kann
für die Stadt Weil der Stadt bis 2026 von einer stabilen Einwohnerentwicklung (+ 76 Einwohner
bzw. + 0,4 %) ausgegangen werden.24 Auch in Zone II des Marktgebietes ist bis 2026 mit einer
konstanten Einwohnerentwicklung zu rechnen (‐ 57 EW bzw. ‐ 0,5 %).

Unter Anbetracht der aktuellen (Wohnraum‐) Entwicklungen in der Region Stuttgart (hoher Sied‐
lungsdruck in der Stadt Stuttgart sowie hohe Grundstückspreise auch im näheren Umland), ist
davon auszugehen, dass auch das weitere Umland der Stadt Stuttgart, damit auch Weil der Stadt,
zukünftig für Wohnbau‐Suchende interessanter wird (S‐Bahn‐Anschluss nach Stuttgart; Her‐
mann‐Hesse‐Bahn nach Calw ab 2020; Bosch in Renningen etc.). Dementsprechend entwickelt

24
       Quelle: Aktuelle EW‐Zahlen der Stadt Weil der Stadt im Zusammenhang mit Statistisches Landesamt Ba‐
       den‐Württemberg, Bevölkerungsvorausberechnung bis 2035 (mit Wanderungen); Basisjahr 2014. Aus der
       amtlichen Statistik wurden die relativen Veränderungen als Grundlage herangezogen, da die aktuellen
       EW‐Zahlen bereits über denen der Prognose liegen.

                                                                                                             22
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Weil der Stadt aktuell das Neubaugebiet „Häugern‐Nord“, welches insgesamt rd. 10,5 ha umfas‐
sen bzw. Platz für bis zu 350 Wohneinheiten (rd. 1.000 Einwohner) bieten wird. Dementspre‐
chend ist auf mittel‐ bis langfristige Sicht von einer höher anzusetzenden Bevölkerungsentwick‐
lung auszugehen als aktuell vom Statistischen Landesamt Baden‐Württemberg prognostiziert.

Als Fazit kann demnach festgehalten werden, dass die Nachfragesituation in Weil der Stadt in
den nächsten Jahren vorerst als stabil einzuordnen ist. Auf mittel‐ bis langfristige Sicht ist davon
auszugehen, dass sich mit der Zunahme der Wohnbevölkerung (v. a. durch das Neubaugebiet
„Häugern‐Nord“) auch die Nachfragesituation verstärken wird.

                                                                                                       23
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

III. Angebotssituation

1.     Standortgefüge

Die Einzelhandelsstruktur der Stadt Weil der Stadt kann wie folgt beschrieben werden:

      Die historische Altstadt befindet sich innerhalb der größtenteils erhaltenen Stadtmau‐
       ern. Die Haupteinkaufslage umfasst den Marktplatz und die Stuttgarter Straße bis zur
       Badtorstraße. Das Angebotsspektrum bezieht sich auf den kurz‐ und mittelfristigen Be‐
       darf, wobei überwiegend inhabergeführte kleinteilige Fachgeschäfte und Betriebe des
       Lebensmittelhandwerks ansässig sind. Das Einzelhandelsangebot wird durch Dienst‐
       leistungsbetriebe, Gastronomie und öffentliche Einrichtungen ergänzt. Der einzige
       großflächige Anbieter ist das E‐Center südlich der Altstadt.

      Der Fachmarkt‐ und Nahversorgungsschwerpunkt befindet sich im südwestlichen Teil
       des Gewerbegebietes Josef‐Beyerle‐Straße entlang der Siemensstraße. Hier sind die
       Anbieter Aldi, Lidl, dm, Blumen Charly, Takko, AWG Modecenter, Matratzen Concord,
       Getränkemarkt Maile, Deichmann, Kik, Charles Vögele, Reno sowie ein Fashion Outlet
       zu finden. Im direkten Umfeld sind außerdem T€di und der türkische Supermarkt Me‐
       vlana Markt in der Markt‐Passage ansässig. Der ehemals größte Anbieter, der Extra
       Bau‐ und Hobbymarkt, ist seit Jahren geschlossen und steht leer. Im weiteren Umfeld
       befinden sich außerdem Fressnapf und das Dänische Bettenlager, eine Filiale der Bä‐
       ckerei Diefenbach sowie der BayWa Bau‐ und Gartenmarkt. Weiter nördlich im Gewer‐
       begebiet befindet sich etwas außerhalb eine Filiale von Norma, westlich des Gewerbe‐
       gebietes ist Netto ansässig.

      In Merklingen befindet sich der Ortskern zentral an der Hauptstraße / Hausener Straße
       an der Kirche. Hier sind v. a. Anbieter des Lebensmittelhandwerks sowie Dienstleister
       zu finden. Am südlichen Ortseingang liegt der Penny‐Lebensmitteldiscounter sowie
       Anbieter des langfristigen Bedarfsbereichs.

      In Münklingen und Schafhausen sind jeweils eine Bäckerei und ein Blumenladen an‐
       sässig. Insgesamt ist die Einzelhandelsstruktur der Gesamtstadt stark auf den zentralen
       Stadtteil Weil der Stadt ausgerichtet.

2.     Aktueller Einzelhandelsbestand

Die nachfolgenden Daten beruhen auf einer vollständigen Erhebung des Einzelhandels im März
2018. Dabei wurden die Betriebe nach Umsatzschwerpunkt den einzelnen Warengruppen zuge‐
ordnet. Zusätzlich erfolgte eine Einteilung nach der Fristigkeit der Waren in kurz‐, mittel‐ und
langfristige Bedarfsbereiche. Die Verkaufsflächen enthalten keine Produktions‐ und Lagerflächen.

                                                                                                   24
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Karte 3:           Wesentliche Einkaufslagen in Weil der Stadt

                                                                           Legende
                                                                           Größenklassen
                                                                               über 1.500 m² VK

                                                                               800 bis < 1.500 m² VK

                                                                               400 m² bis < 800 m² VK

                                                                               100 m² bis < 400 m² VK
                                          Stadtteil
                                         Merklingen                            < 100 m² VK

                                                         Gewerbegebiet     Branchen
                                                          Weil der Stadt        Nahrungs- und Genussmittel
                                                                                Gesundheit, Körperpflege
                                                                                Blumen, zool. Bedarf
                                                                                Bücher, PBS, Spielwaren
                                                                                Bekleidung, Schuhe, Sport
                                                                                Elektrowaren, Medien, Foto
                                                                                Hausrat, Einrichtung, Möbel
                                                         Innenstadt             Bau-, Garten- und Heim
                                                                                werkerbedarf, Bodenbeläge

                                                                                Optik, Uhren, Schmuck
                                                                                Sonstiger Einzelhandel

                                                                            Kartengrundlage:
                                                                            Stadt Weil der Stadt
                                                                            GMA-Bearbeitung 2018

                                                                                                              25
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Zum Zeitpunkt der Erhebung waren in der Stadt Weil der Stadt insgesamt 89 Betriebe des Laden‐
einzelhandels und Ladenhandwerks mit einer Gesamtverkaufsfläche von rd. 24.000 m² ansässig.
Die Bruttoumsatzleistung beträgt ca. 86,7 Mio. €.

Hiervon entfallen auf Nahrungs‐ und Genussmittel

      34 Betriebe (= ca. 38 % des Gesamtbestandes)

      8.915 m² VK (= ca. 37 % der Gesamtverkaufsfläche)25

      ca. 43,4 Mio. € Bruttoumsatz (= ca. 50 % des Gesamtumsatzes).

Auf Nichtlebensmittel entfallen

      55 Betriebe (= ca. 62 % des Gesamtbestandes)

      ca. 15.085 m² VK (= ca. 63 % der Gesamtverkaufsfläche)

      ca. 43,3 Mio. € Bruttoumsatz (= ca. 50 % des Gesamtumsatzes).
Tabelle 5:       Einzelhandelsbestand in Weil der Stadt

                                                 Anzahl          VK in m²           Umsatz in Mio. €
                                                Betriebe
 Nahrungs‐ und Genussmittel                                34               8.915                43,4
 Gesundheit, Körperpflege                                   7               1.740                 9,2
 Blumen, zool. Bedarf                                       7               1.480                 2,8
 kurzfristiger Bedarf insg.                                48           12.135                   55,4
 Bücher, Schreib‐ / Spielwaren                              5                835                  2,9
 Bekleidung, Schuhe, Sport                                 12               4.590                11,6
 mittelfristiger Bedarf insg.                              17            5.425                   14,5
 Elektrowaren, Medien, Foto                                 5                360                  1,3
 Hausrat, Einrichtung, Möbel                                8               2.860                 5,7
 Bau‐, Heimwerker‐, Gartenbedarf                            3               1.110                 2,9
 Optik / Uhren, Schmuck                                     4                510                  3,0
 Sonstige Sortimente                                        4               1.600                 3,9
 langfristiger Bedarf insg.                                24            6.440                   16,8
 Nichtlebensmittel insg.                                   55           15.085                   43,3
 Einzelhandel insg.                                        89           24.000                   86,7
GMA‐Erhebung Januar 2018; ca.‐Werte gerundet, Abweichungen durch Rundung möglich.

25
       Bereinigte Werte, Umsätze und Verkaufsflächen der Mehrbranchenunternehmen wurden den jeweiligen
       Branchen zugeordnet.

                                                                                                         26
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

In Weil der Stadt ist in fast allen Bedarfsbereichen ein vergleichsweise gutes Angebot vorzufin‐
den. Während im Grundversorgungsbereich die Einzelhandelssituation durch das E‐Center in der
Innenstadt, Netto und Penny in Streulagen, durch mehrere Lebensmitteldiscounter im Gewerbe‐
gebiet sowie den Drogeriemarkt dm im Gewerbegebiet geprägt ist, ist im mittelfristigen Bedarfs‐
bereich schwerpunktmäßig auf die Fachmarktangebote aus dem Bereich Bekleidung und Schuhe
im Gewerbegebiet sowie auf die Bücher‐ und Schreibwarenanbieter in der Innenstadt hinzuwei‐
sen. Aus dem langfristigen Bedarfsbereich sind im Gewerbegebiet BayWa, Matratzen Concord,
Velotraum, T€di und das Dänische Bettenlager vertreten, sowie in der Innenstadt diverse Fach‐
geschäfte und in Merklingen ebenfalls Fachgeschäfte sowie ein größerer Sanitäranbieter und ein
Küchenstudio.

Betrachtet man die räumliche Verteilung befinden sich in der Innenstadt ca. 39 % der Betriebe
befinden sowie rd. 28 % der Verkaufsflächen. Der Verkaufsflächenschwerpunkt liegt mit insge‐
samt 56 % in dezentralen Lagen.

Der Stadtteil Merklingen nimmt mit rd. 13 % der Gesamtverkaufsfläche eine gewisse Rolle in der
Weil der Städter Einzelhandelsstruktur ein. Die anderen Stadtteile spielen mit insgesamt rd. 1 %
Verkaufsflächenanteil eine sehr untergeordnete Rolle (vgl. folgende Tabelle).

Tabelle 6:       Einzelhandelsbestand in Weil der Stadt nach Lagen
                                                         Betriebe                 Verkaufsflächen
                   Lage
                                                Anzahl              in %         m²            in %
 Kernstadt Weil der Stadt gesamt                         62                70     20.630              86
 Innenstadt                                              35                39      6.600              27
 sonstige Lagen Kernstadt                                 5                 6        930               4
 dezentrale Lagen Kernstadt                              22                25     13.100              55
 Merklingen (alle Lagen)                                 22                25      3.220              13
 sonstige Stadtteile (alle Lagen)                         5                 5        150               1
 Gesamt                                                  89                100    24.000              100
GMA‐Erhebung 2018, ca.‐Werte gerundet

Bezüglich der Betriebstypenstruktur zeigt sich, dass mit einem Anteil von ca. 70 % Fachgeschäfte
immer noch von großer Bedeutung sind. Ca. 15 % der Betriebe sind als Fachmärkte zu beschrei‐
ben, ca. 7 % können der Kategorie der Lebensmittelmärkte (Super‐ / Verbraucher‐, Discount‐
märkte) zugeordnet werden. Bezogen auf die Verkaufsfläche nehmen die Fachmärkte mit aktuell
ca. 38 % den größten Anteil ein (vgl. Abbildung 5).

                                                                                                            27
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

Abbildung 5: Verkaufsflächenbestand in der Stadt Weil der Stadt nach Betriebstypen

GMA‐Erhebung 2018

Die Analyse der Größenstruktur zeigt, dass es sich in Weil der Stadt um einen überwiegend klein‐
teiligen Geschäftsbesatz handelt. Rund ein Viertel der Betriebe verfügt über eine geringere Ver‐
kaufsfläche als 50 m², zusammen mit den Betrieben bis unter 200 m² Verkaufsfläche liegt der
Anteil bei ca. 67 %. Trotz der deutlichen Dominanz in Bezug auf die Betriebsanzahl nehmen diese
Betriebe nur ca. 13 % der Gesamtverkaufsfläche von Weil der Stadt ein. Im Gegensatz dazu ste‐
hen die großflächigen Betriebe, die nur ca. 10 % des Geschäftsbesatzes ausmachen, aber dafür
knapp die Hälfte (ca. 48 %) der Verkaufsfläche in Weil der Stadt stellen.

3.     Quantitative Bewertung des Einzelhandelsbesatzes

Die vergleichende Betrachtung ausgewählter Einzelhandelskennziffern ergänzt die absoluten An‐
gaben zum Einzelhandelsbestand und dient der Bewertung des Einzelhandelsangebotes der Stadt
Weil der Stadt. Hierzu ist anzumerken, dass dieser Kennziffernvergleich lediglich einen Anhalts‐
punkt zur Bewertung der Ausstattung eines Einzelhandelsstandortes liefern kann. Es handelt sich
hierbei zunächst um eine rein rechnerische Beurteilung des Bestandes, die erste Rückschlüsse auf
die Leistungsfähigkeit, besondere Stärken bzw. Schwächen sowie Entwicklungspotenziale zulässt.

Diese quantitative Analyse ist durch eine qualitative Bewertung zu ergänzen, in der – differenziert
nach Branchen – die konkreten räumlichen Strukturen des Einzelhandelsstandortes, die Qualität
des Angebotes (u. a. Leistungsfähigkeit, Betriebsgrößen‐ / Betriebstypenstruktur) sowie auch die
Wettbewerbssituation im regionalen Umfeld berücksichtigt werden. Diese Detailbetrachtung er‐
folgt im nächsten Kapitel.

                                                                                                      28
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

3.1    Verkaufsflächenausstattung

Für ein besseres Verständnis der Einzelhandelsausstattung in Weil der Stadt soll der Einzelhan‐
delsbesatz anhand der Verkaufsflächenausstattung mit anderen Städten verglichen werden.
Grundlage hierfür sind sog. Versorgungskennziffern, die die Ausstattung der Kommunen auf die
Einwohnerzahl normiert darstellen. Als Vergleichsbasis wurden Werte aus Einzelhandelsstruktur‐
analysen anderer Städte in der Region herangezogen.

Der Einzelhandelsbesatz der Stadt Weil der Stadt kann zunächst wie folgt charakterisiert werden:

      Im gesamten Einzelhandel existiert umgerechnet auf 1.000 Einwohner ein Verkaufsflä‐
       chenbesatz von ca. 1.268 m² Verkaufsfläche (Referenzwert BW: 1.299 m²), davon ca.
       514 m² im Nahrungs‐ und Genussmittelsektor (Referenzwert BW: 504 m²) und 754 m²
       im Nichtlebensmittelsektor (Referenzwert BW: 795 m²).

Abbildung 6: Einzelhandelsbestand im interkommunalen Vergleich

Quelle: GMA‐Erhebungen 2018; Stand der Einwohnerzahlen in Bezug auf den Stand der Erhebung. Für Calw: Da‐
        ten aus der Fortschreibung Zentrenkonzept Calw, März 2017.

Im interkommunalen Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Größenordnung sowie BW‐Durch‐
schnittswerte für Kommunen zwischen 10.000 – 20.000 EW zeigt sich, dass Weil der Stadt insge‐
samt sowohl für Nahrungs‐ und Genussmittel als auch im Bereich der Nicht‐Lebensmittel über
eine gute, durchschnittliche Verkaufsflächenausstattung verfügt.

                                                                                                            29
Einzelhandelskonzept für die Stadt Weil der Stadt 2018

3.2    Einzelhandelszentralität

Im Verhältnis aus der erzielten Umsatzleistung im Einzelhandel (ca. 86,7 Mio. €) und des örtlichen
Kaufkraftpotenzials im Stadtgebiet (ca. 117,0 Mio. €) errechnet sich eine Zentralitätskennziffer
des Einzelhandels von insgesamt ca. 74.26 Insgesamt ist festzuhalten, dass die Einwohner der
Stadt Weil der Stadt auch andere Einzelhandelsstandorte im Umland aufsuchen (z. B. Leon‐
berg, Sindelfingen, Böblingen) bzw. Teile der Kaufkraft im Online‐Handel gebunden werden.

Abbildung 7: Zentralität nach Sortimenten

GMA‐Erhebung 2018

Die Zentralitätswerte von Weil der Stadt bewegen sich auf einem für ein Unterzentrum durch‐
schnittlichem Niveau und variieren je Sortiment. Im Bereich der Grundversorgung (Lebensmittel,
Drogeriewaren) zeigt sich eine gute Ausstattung und Bindung. Insbesondere gewisse Sortimente
des langfristigen Bedarfs weisen mögliche Steigerungspotenziale auf. Gleichzeitig sind hier jedoch
die starken Wettbewerbsstandorte im Umfeld, die siedlungsräumliche Lage, die Wirtschafts‐
struktur, die Mobilität der Bevölkerung und die Entwicklungen im Bereich des Online‐Handels
nicht außer Acht zu lassen.

Dementsprechend werden im folgenden Kapitel Entwicklungspotenziale unter Berücksichtigung
der genannten Faktoren herausgearbeitet.

26
       Die Zentralitätskennziffer des Einzelhandels errechnet sich aus dem erzielten Umsatz in der betreffenden
       Kommune im Verhältnis zur Kaufkraft der dortigen Wohnbevölkerung. Sie stellt damit ein Indiz für die
       Attraktivität des betreffenden Einzelhandelsstandorts – auch für auswärtige Kunden – dar. Werte von
       über 100 zeigen erhebliche Kaufkraftzuflüsse an, bei Werten unter 100 liegen hohe Kaufkraftabflüsse vor.
       Es ist aber zu berücksichtigen, dass es sich um einen rein rechnerischen Wert handelt, der umso höher
       ausfällt, je niedriger die Kaufkraft am Ort selbst ist und je größer das Marktgebiet des Einzelhandelsstand‐
       orts ist (abhängig u. a. von der Entfernung zu Oberzentren, von der Lage an Autobahnen / Bundesstraßen
       sowie von der Präsenz von Großbetrieben wie z. B. SB‐Warenhäuser, Möbelhäusern oder Bau‐ und Heim‐
       werkermärkten mit großen Marktreichweiten).

                                                                                                                      30
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