Elektromobilität im Handel 2020 - Orientierungshilfe für den Aufbau von Ladeinfrastruktur - HDE ...
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EHI-LEITFADEN Elektromobilität im Handel 2020 Orientierungshilfe für den Aufbau von Ladeinfrastruktur
Die Erstellung des Leitfadens erfolgte mit freundlicher Unterstützung von: und den Partnern der EHI-Initiative Elektromobilität im Handel:
4 Inhaltsverzeichnis 1. EINLEITUNG 3. STANDORTANALYSE 1.1 Motivation und Zielsetzung 6 3.1 Standortspezifikationen infrastrukturell 1.2 S oll-Prozess für den und sozioökonomisch 16 Aufbau von Ladeinfrastruktur 8 3.2 Netzinfrastruktur 18 3.3 Förderung 20 2. BEDARFSANALYSE 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 10 2.2 Mögliche Unternehmenstrategien zum Aufbau von E-Ladepunkten 12 6. Fallbeispiele 1. Einleitung der Ladetechnik 4. Auslegung 2. Bedarfsanalyse 5. Betrieb 3. Standortanalyse EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Vorwort 5 Liebe Leserinnen und 4. A USLEGUNG DER Leser, LADETECHNIK 4.1 Wahl der Ladesäule 22 jüngsten Pressemeldungen haben die Verkaufszahlen für 4.2 Technische Einbindung Elektroautos 2019 einen neuen Rekordwert erreicht. Ent- der Ladepunkte 24 scheidend für eine möglichst flächendeckende Nutzung von Elektroautos ist allerdings ein ausgebautes Netz von 4.3 Kommunikationsfähigkeit Ladepunkten. der Ladesäule 25 Die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie, deren Umsetzung 4.4 Eichrechtskonformes Laden 25 in nationales Recht gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist, sieht dazu vor, dass auch der Einzelhandel voraussicht- 4.5 Lastmanagement 26 lich ab März 2020 auf den Parkplätzen seiner neuen oder 4.6 Einsatz von Batteriespeichern 27 umfassend renovierten Märkte bei mehr als 10 Stellplätzen einen Ladepunkt installiert. Die mit dem Aufbau von Lade- 4.7 Bauliche Parameter 27 infrastruktur verbundenen Prozesse, gehen allerdings weit über das Kerngeschäft eines Handelsbetriebs hinaus. Das EHI hat daher in 2019 die Initiative E-Mobilität 5. BETRIEB als neutrale Informationsplattform für den Handel rund 5.1 Technischer Service 28 um das Thema Elektromobilität gegründet. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist der vorliegende Leitfaden, der 5.2 Abrechnung 29 dem Handel als eine erste Entscheidungsgrundlage die- 5.3 Marketingkonzept und nen soll, sowie Perspektiven und mögliche Businessmodelle Kundenbindungsmaßnahmen 30 bei einer weiteren Verdichtung der E-Ladeinfrastruktur aufzeigt. Das EHI dankt daher an dieser Stelle nochmals allen, die an der Erarbeitung dieses Leitfadens mitgewirkt 6. FALLBEISPIELE haben. Über den Aufbau der Ladeinfrastruktur kann der Han- Mit Grünstrom von ALDI SÜD del mit seinen Stellplätzen eine der Schlüsselrollen für das Richtung Zukunft fahren 32 Gelingen der Mobilitätswende übernehmen und dabei neue SmaLES – Smart Local Energy Geschäftsbereiche entwickeln. Services 34 Das EHI wird daher die Initiative E-Mobilität im Handel weiter vorantreiben und freut sich schon auf eine Fort- Chargelounge bei IKEA in Ludwigsburg 36 setzung des intensiven branchen- und unternehmensüber- greifenden Austauschs. Köln, Februar 2020 7. VERZEICHNISSE Glossar 38 Literaturverzeichnis 39 Abbildungs-/Tabellenverzeichnis 40 Claudia Horbert Leiterin Forschungsbereich Impressum 42 Ladenplanung + Einrichtung EHI Retail Institute Laura Fleischmanni Projektleiterin E-Mobilitätn EHI Retail Institute n EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
1. Einleitung 1.1 Motivation und Zielsetzung Die Mobilität in Deutschland verändert sich. Die ENTWICKLUNG DER LADEINFRA Elektromobilität in Deutschland wächst stetig und STRUKTUR FÜR ELEKTROMOBILITÄT IN gewinnt zunehmend an Bedeutung aufgrund DEUTSCHLAND technologischer Weiterentwicklung, veränderter Im August 2019 waren in Deutschland rund Verbraucherwünsche und neuer politischer 200.000 E-Fahrzeuge zugelassen, davon sind un- Rahmenbedingungen. Mit der Initiative E-Mobili- gefähr die Hälfte Plug-in-Hybride. Bereits für 2020 tät im Handel greift das EHI Retail Institute ge- war das Ziel der Bundesregierung mindestens eine meinsam mit seinen Partnern das Thema Elektro- Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu mobilität und Ladeinfrastruktur am Point-of-Sale bringen. Dieses Ziel wird verfehlt und soll nun bis im Einzelhandel auf. Der vorliegende Leitfaden soll 2022 erreicht werden. Dabei rechnet die Nationa- Händlern beim Aufbau von Ladeinfrastruktur als le Plattform für Elektromobilität für das Jahr 2020 erste Entscheidungsgrundlage dienen und mög- mit einem Bedarf von 70.000 öffentlichen Lade- liche Strategieansätze und Chancen aufzeigen. punkten. Das Verkehrsministerium rechnet für Die Zahl der öffentlich zugänglichen Lade- 2030 bereits mit zehn Millionen Elektrofahrzeugen. punkte für Elektrofahrzeuge gewinnt in Deutsch- Es zeichnet sich eine zunehmende Elektri land immer mehr an Bedeutung. Laut der Liste der fizierung des Straßenverkehrs ab, was den Bedarf gemeldeten Ladepunkte der Bundesnetzagentur an einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur sind derzeit über 20.000 Ladepunkte öffentlich zu- bedeutet. Neben der Garage zu Hause oder am gänglich (Stand 16. Oktober 2019). Ein ausgebautes Arbeitsplatz werden auch im öffentlichen Raum Netz von Ladepunkten gilt als Voraussetzung für Ladepunkte benötigt. Dies bringt komplexe orga- die flächendeckende Nutzung von Elektroautos. nisatorische Herausforderungen mit sich. Je bes- EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Einleitung 7 „Ein ausgebautes Netz von Ladepunkten gilt als Voraussetzung für die flächendeckende Nutzung von Elektroautos.“ Marco Atzberger i EHI Retail Institutex ser die Ladeinfrastruktur vorab dimensioniert wird, Auch der Handel mit seinen Parkplätzen wird desto wirtschaftlicher kann sie sein und desto das zukünftige Mobilitätssystem und die Ladeinfra- schneller kann die Elektrifizierung stattfinden. struktur mitgestalten. Alle neuen Nichtwohn- Dabei sind auch Sharing-Konzepte wie z.B. Car- gebäude sowie Nichtwohngebäude, die einer grö- sharing oder das Ridesharing (organisiertes ge ßeren Renovierung unterzogen werden und dabei meinsames Fahren) sowie der Ausbau des öffent- über mehr als zehn Stellplätze verfügen, müssen lichen Verkehrs mit zu betrachten. Diese und noch nach der Richtlinie (EU) 2018/844 – Gebäude weitere Faktoren werden die Struktur der Fort- effizienzrichtlinie mindestens einen Ladepunkt für bewegungsmittel und das Mobilitätsverhalten Elektromobilität errichten. Somit werden auch erheblich beeinflussen. Handelsunternehmen, die oft auch an gut erreich- Anzahl der gemeldeten Ladeeinrichtungen laut Bundesnetzagentur Stand 16.10.2019 (Abb. 1) Anzahl Ladepunkte absolut 25.000 20.000 15.000 10.000 20.704 16.069 5.000 9.735 6.034 2.247 3.526 0 2014 2015 2016 2017 2018 2019 umgesetzte Ladepunkte geplante Ladepunkte bis Ende 2019 Quelle: Bundesnetzagentur: Ladesäulenregister, online verfügbar unter: https://www.bundesnetz-agentur.de/DE/Sachgebiete/Elektrizitaetund¬Gas/Unternehmen_ Institutionen/Handelund¬Vertrieb/ Ladesaeulenkarte/Ladesaeulenkarte_node.html Stand: 16.10.2019 EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
8 Einleitung baren Stellen über Parkräume verfügen, für den Für Bestandsimmobilien (Nichtwohngebäude), Ausbau der Elektromobilität bzw. den Aufbau e iner mit mehr als 20 Stellplätzen legen die Mitglied Ladeinfrastruktur mit eingebunden. Damit kann staaten die Anforderungen für den E inbau e iner der Handel mit seinen Stellplätzen zu einem der Mindestanzahl noch fest. Es ist damit zu rechnen, Schlüsselakteure für das Gelingen der Mobilitäts- dass auch im Bestand bis 31.12.2024 nachgerüstet wende werden und dabei neue Geschäftsbereiche werden muss. entwickeln. 1.2 Soll-Prozess für den Aufbau von Ladeinfrastruktur Für die Planung und den Aufbau einer Ladeinfra- Fokus auf folgenden Themen, welche in den nächs- struktur (LIS) kann nach dem hier dargestellten ten Kapiteln näher betrachtet werden. Sollprozess vorgegangen werden. Dabei liegt ein Planung und Aufbau einer Ladeinfrastruktur (LIS) (Abb. 2) Welche rechtlichen Verpflichtungen zum Aufbau von LIS bestehen? Bedarfsanalyse Welche strategischen Ziele sollen im Unternehmen verfolgt werden? Welche infrastrukturellen und sozioökonomischen Spezifikationen liegen am Standort vor? Standortanalyse Welche Förderprogramme kommen für den Standort infrage? Wie erfolgt die technische Einbindung der LIS? Auslegung der Welche baulichen Parameter sind zu berücksichtigen? Ladetechnik Wie erfolgt der technische Support? Welche Abrechnungsmodelle sind möglich? Nutzung Wie ist das Marketing zu gestalen, um die Kundenbindung zu steigern? und Betrieb Quelle: EHI EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
2. Bedarfsanalyse 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen Bei Erscheinen dieses Leitfadens ist der Gesetz- werden die Mindeststandards von den Mitglieds- gebungsprozess zur Umsetzung der Richtlinie (EU) staaten nachlaufend noch festgelegt. Laut der EU- 2018/844 – Gebäudeeffizienzrichtlinie in nationa- Richtlinie ist vorgesehen, dass Bestandsobjekte bis les Recht noch nicht abgeschlossen. Insofern sind 2025 ebenfalls mit LIS ausgestattet sein müssen. die nachfolgend dargelegten Termine und Fristen Die tatsächlichen Verpflichtungen können sich je ebenso wie etwaige Mindeststandards noch nicht nach Ausgestaltung des nationalen Gesetzgebers abschließend finalisiert. noch ändern. Die Richtlinie adressiert für den Lade- Gemäß der EU-Richtlinie zur Gesamtenergie- infrastrukturausbau nicht ausdrücklich einen Ver- effizienz von Gebäuden ist für alle neuen und pflichteten. Die Pflicht kann somit den Eigentümer grundlegend sanierten Nichtwohngebäude mit bzw. den Vermieter oder den Mieter treffen. Daher mehr als zehn Stellplätzen ab März 2020 ein ver- ist vor der Planung zu klären, sofern die Filiale pflichtender Aufbau mit je einem Ladepunkt vor- gemietet ist, wer für den Aufbau der Ladepunkte gesehen. Eine größere Renovierung liegt dann vor, zuständig ist. Zum derzeitigen Stand ist geplant, wenn die Kosten der Renovierung 25 Prozent der dass der Eigentümer den Nachweis durch eine Gesamtkosten des Gebäudes ohne Grundstück Erfüllungserklärung zu erbringen hat. überschreiten. Hierbei gilt es zu betonen, dass nach der Richtlinie nicht für jeden zehnten Parkplatz AUSNAHME- UND BEFREIUNGS ein Ladepunkt errichtet werden muss, sondern TATBESTÄNDE immer mindestens einer, auch bei weit mehr Stell- Aktuell wird an Befreiungstatbeständen gearbeitet. plätzen. Zusätzlich muss jeder 5. Stellplatz mit ent- Befreit von den Vorgaben der Richtlinie sind dem- sprechenden Leerrohren ausgestattet werden. Für nach kleine und mittlere Unternehmen im Sinne Bestandsobjekte mit mindestens 20 Stellplätzen der KMU-Definition der Europäischen Kommision. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Bedarfsanalyse 11 „Gemäß der EU-Richtlinie zur Gesamtenergie- effizienz von Gebäuden ist für alle neuen und grundlegend sanierten Nichtwohngebäude mit mehr als zehn Stellplätzen ab März 2020 ein verpflichtender Aufbau mit je einem Ladepunkt vorgesehen.“ Laura Fleischmanni EHI Retail Institutex WEITERE REGULATORISCHE RAHMEN BEDINGUNGEN Zusammenfassung Für die Planung und Umsetzung der Ladeinfra struktur müssen weitere Verordnungen, Richtlinien Das Gesetz verpflichtet alle Nicht und Gesetze berücksichtigt werden: wohngebäude zum Aufbau von Ladesäulenverordnung (BMWi): Verordnung über Ladeinfrastruktur. technische Mindestanforderungen an den siche- Neubauten: Bei mehr als 10 Stellplätzen ren und interoperablen Aufbau und Betrieb von muss 1 Ladepunkt errichtet und jeder öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektro- 5. Stellplatz mit Leerrohren ausge mobile stattet werden. Verordnung über Allgemeine Bedingungen für Große Renovierungen: Bei mehr als 10 den Netzanschluss und dessen Nutzung für Stellplätzen muss 1 Ladepunkt und die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung jeder 5. Stellplatz mit Leerrohren (Niederspannungsanschlussverordnung) ausgestattet werden. Mess- und Eichrecht (BfJ) bei kWh-scharfer Bestandsgebäude ab Januar 2025: Abrechnung Bei mehr als 20 Stellplätzen muss Preisangabenverordnung (PAngV) bei Ab- 1 Ladepunkt aufgebaut werden (die rechnung Mindeststandards werden von den Verordnung über die Entgelte für den Zugang Mitgliedsstaaten nachlaufend noch zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetz festgelegt). entgeltverordnung - StromNEV) Meldepflichten (Marktstammdatenregister) und Abgrenzung Dritter Bei geförderten Ladepunkten die Fördervor- gaben, z.B. Förderrichtlinie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (BMVI) Vorgaben oder Festsetzungen des Bebauungsplans EEG-Umlage und KWK-Umlage beachten EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
12 Bedarfsanalyse 2.2 Mögliche Unternehmensstrategien zum Aufbau von E-Ladepunkten Einzelne Handelsketten haben schon erste Lade- punkte in ihrem Filialnetz aufgebaut. Dabei gibt es Pioniere, die bereits das gesamte Filialnetz mit Ladepunkten ausgestattet haben, zum Teil auch mit Schnellladepunkten. Weitere Handelsketten SZENARIO 1 – BASIC: befinden sich in der Testphase und stellen K unden ERFÜLLUNG DER MINDEST an einzelnen Standorten Ladepunkte zur Ver- ANFORDERUNGEN DER GESETZ fügung. GEBUNG Für die Zukunft muss jedes Handelsunter- Ziel des Basic-Szenarios ist es, den wirtschaftlichen nehmen eine eigene Strategie dafür entwickeln, Aufwand für Investitionen und den Betrieb ver- welches Ziel mit dem Aufbau der Ladeinfrastruktur hältnismäßig gering zu halten und dabei die An- verfolgt und was dem Kunden geboten werden soll. forderungen der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie zu Zudem sollte bei der technischen und baulichen erfüllen. Umsetzung definiert werden, wer für welche Be- Bspw. kann eine Wallbox (siehe Tabelle 4: Über- reiche verantwortlich ist. Im Unternehmen sind blick über Ladestationen für Elektrofahrzeuge) in in der Regel u.a. Bereiche wie Energiemanagement, einfacher Ausführung, die nicht kommunikations- IT, Bauabteilung sowie technische Gebäudeaus- fähig ist und eine geringe Leistung bereitstellt (z.B. rüstung bei der Umsetzung einzubinden. Es soll- 3,7 kW), relativ einfach und kostengünstig mon- te geklärt sein, wer unternehmensintern für wel- tiert werden. Dabei sollte die Leistung der Wallbox che Bereiche verantwortlich ist und was an externe so gewählt werden, dass der Netzanschluss nicht Dienstleister und Partner vergeben wird. erweitert werden muss (siehe 3.2 Netzinfra- Exemplarisch werden für diesen Leitfaden drei struktur) und idealerweise die bestehenden Strom- mögliche Szenarien beispielhaft aufgezeigt: zähler genutzt werden können. Zudem ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen, den Szenario 1 – Basic: Ladepunkt mit einer einfachen technischen An- Erfüllung der Mindestanforderungen der bindung an die bestehende Gebäudetechnik anzu- Gesetzgebung schließen bzw. eine weitere Integration in Ener- Szenario 2 – Smart: gie-/Gebäudemanagem ent im Basic-Szenario Über die Anforderungen der Gesetzgebung umzusetzen (siehe 4. Auslegung der Ladetechnik). hinaus Um zu vermeiden, dass das Personal der Filiale bei Szenario 3 – Future: Störfällen der Ladestation angesprochen wird, bie- Zukunftsorientierte Strategieausrichtung tet sich die Kooperation mit einem Servicepartner an, der kontaktiert werden kann. Diese Szenarien bilden dabei einen strategischen Hierbei ist zu beachten, dass dieses Szenario Rahmen und zeigen alternative Möglichkeiten zur zwar die Anforderungen erfüllt, aber zur zu- Umsetzung auf. Mischformen und Teilszenarien künftigen Mobilitätswende keinen wesentlichen sind ebenfalls möglich. Einzelne Standorte sollten und nachhaltigen Beitrag leisten wird. Derzeit wird dabei individuell hinsichtlich ihrer unterschied- vom Handel ein großer Teil des Ladestroms an die lichen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Kunden verschenkt. Ob dies langfristig beibehalten Bei Standorten, welche in unmittelbarer Nähe der wird, muss der Betreiber individuell entscheiden. Autobahn liegen, können bspw. Schnellladepunkte Dabei kann die Ladeinfrastruktur ggf. so geplant weitere Kunden generieren und diesen Standort werden, dass es zukünftig auch möglich ist, den attraktiver machen. Bei Filialen, die zukünftig nicht Ladevorgang gegenüber dem Kunden abzurechnen weiterbetrieben werden sollen, reicht es vermut- (siehe 5.2 Abrechnung). lich, den Mindestanforderungen der Gesetzgebung zu entsprechen. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Bedarfsanalyse 13 SZENARIO 2 – SMART: SZENARIO 3 – FUTURE: ÜBER DIE ANFORDERUNGEN DER ZUKUNFTSORIENTIERTE STRATEGIE GESETZGEBUNG HINAUS AUSRICHTUNG Ziel des Smart-Szenarios ist es, das Ladekonzept Im Future-Szenario können mehrere AC-Lade- über die gesetzlichen Anforderungen hinaus zu ge- punkte ab 11 kW und DC-Ladepunkte aufgebaut stalten und den Kunden einen Mehrwert mit den werden (siehe 4. Auslegung der Ladetechnik). Durch Ladepunkten zu bieten. Abhängig vom Standort das breite Angebot an Lademöglichkeiten können können hier mehrere Ladepunkte mit einer Leis- u.a. auch neue Kunden wie Carsharing-Anbieter tung ab 11 kW aufgebaut werden oder auch an ge- (bspw. mit garantierter Abnahmemenge oder eigneten Standorten zusätzlich Schnellladepunkte Standzeit) einbezogen werden. Auch hier kann das installiert werden. Konzept sehr individuell und modular dem Stand- Die Ladepunkte würden hier in die Gebäude- ort und der Unternehmensstrategie angepasst wer- technik und in das Energiemanagementsystem mit den. Neben dem Bezug von Ökostrom kann zusätz- zusätzlichem Lastmanagement integriert (siehe 4. lich dezentral erzeugter PV-Strom mit in das Auslegung der Ladetechnik). Eventuell kann eine Konzept eingebunden werden. Außerdem ist eine Netzanschlusserhöhung nötig sein, wenn die vor- Kombination mit einem Speicher zu erwägen (siehe gesehene Gesamtladeleistung für die Ladepunkte 4.6 Einsatz von Batteriespeichern), wenn dies für den bestehenden Netzanschluss zu hoch ist wirtschaftlich zu realisieren ist, um die Eigenver- und dieser auch mit einem intelligentem Last- brauchsquote zu optimieren und die Kosten für management nicht ausreicht (siehe 3.2 Netzinfra- Leistungsspitzen zu vermeiden. struktur). Die Ladepunkte werden in die Gebäudetechnik Im Betrieb kann die Elektromobilität nur dann sowie in das Energiemanagementsystem bzw. CO2-neutral sein, wenn die Fahrzeuge ausschließ- Energiekonzept integriert. Hier ist ein netz lich mit regenerativer Energie geladen werden. Um dienlicher Betrieb mit integriertem Lastma ein regeneratives Energiesystem in der lang- nagement zu prüfen. Dabei ist aber zu beachten, fristigen Perspektive zu unterstützen, ist es sinn- dass dies auch dazu führen kann, dass dem Kun- voll, für Ladepunkte ein hochwertiges Ökostrom- den nicht immer die volle Leistung zur Verfügung produkt zu beziehen. Es kann auch die Möglichkeit gestellt wird. in Betracht gezogen werden, am jeweiligen Stand- Bei längeren Standzeiten könnten Elektrofahr- ort dezentral erzeugten PV-Strom in das Konzept zeuge zukünftig auch als temporäre Batterie- zu integrieren. speicher genutzt werden und dabei die gespeicherte Im Smart-Szenario sollte die Möglichkeit be- Energie der Fahrzeugbatterie durch „bilaterales stehen, den Ladevorgang gegenüber dem Kunden Laden“ an die Filiale abgeben oder ggf. ins Strom- abzurechnen (siehe 5.2 Abrechnung), was bspw. netz einspeisen. Zusätzlich kann der Strombezug auch über einen Dienstleister abgewickelt werden anhand von diversen Prognosen wie Strompreis- kann. Auch können weitere Kooperationen mit den entwicklung, Wettervorhersage und dem Kunden- jeweiligen Dienstleistern sinnvoll sein, die zusätz- verhalten geplant werden. Ziel ist es, die Kunden- liche Services übernehmen, wie bspw. ein Service- bedürfnisse zu erfüllen und dabei profitabel zu und Abrechnungspartner. Das zu realisierende wirtschaften und neue Geschäftsmodelle zu ent- Konzept sollte dem Standort und der Unterneh wickeln. mensstrategie individuell angepasst werden. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
14 Bedarfsanalyse Definitionen Ladepunkt: Eine Einrichtung, die zum Aufladen von Schnellladepunkt (DC-Ladepunkt): Ein Ladepunkt, Elektrofahrzeugen geeignet und bestimmt ist. An an dem Gleichstrom mit einer Ladeleistung von mehr einem Ladepunkt kann zur gleichen Zeit nur ein Fahr- als 22 Kilowatt an ein Elektrofahrzeug übertragen zeug aufgeladen werden. werden kann. Normalladepunkt (AC-Ladepunkt): Ein Ladepunkt, Ladestation: Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, an dem Wechselstrom mit einer Ladeleistung von die aus einem oder mehreren Ladepunkten bestehen höchstens 22 kW an ein Elektrofahrzeug übertragen kann. wird. Überblick über die Szenarien (Tab. 1) Basic Smart Future Erfüllung der Mindest- Über die Anforderungen der Zukunftsorientierte Unternehmensstrategie anforderungen der Gesetzgebung hinaus Strategieausrichtung Gesetzgebung Mehrere Ladepunkte Ladetechnik Bis 11 kW entsprechend den Ergeb- AC + DC, Schnellladen nissen der Standortanalyse Abrechnung Keine Abrechnung Einfache Abrechnung Geschäftsintegriert Grünstrom, Vorhandenen Stromtarif Grünstrom, evtl. PV-Strom nutzen mit Energieversorgung nutzen evtl. PV-Strom nutzen Speicherung und Netzeinspeisung Anbindung an TGA und Einfaches Integriertes und netzdien- An bestehende Haustechnik Energiemanagement Energiemanagement liches Energiemanagement Service-, Abrechnungs- Service- und Kooperation Servicepartner und Kooperationspartner Abrechnungspartner (z.B. Carsharing) Personeller und wirtschaftlicher € €€ €€€ Aufwand Zugänglichkeit Während Öffnungszeiten 12 Stunden an Werktagen 24/7 Kundenbindung Gering Mittel Hoch Mehrere Ladepunkte Mehrere AC- und Beispiele Wallbox bis 22 kW DC-Ladepunkte Quelle: EHI EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Bedarfsanalyse 15 BEWERTUNG UND VERGLEICH DER in Zukunft sein. Dieser Ansatz ist in Szenario 3 SZENARIEN (Future) zu erkennen. Über geschäftsintegrierte Für die Zukunft der E-Mobilität im Bereich des Bezahlformen und neue Modelle von Koope Handels in Deutschland gibt es noch keine kla- rationen, z.B. mit der Kommune vor Ort oder mit ren Leitplanken oder Vorgaben dafür, welchen Betreibern von Parkhäusern, können neue Ge- Beitrag die Branche hierbei in den nächsten Jah- schäftsmodelle für die Zukunft entstehen. Der ren leisten kann und wird. Auch wenn die An- plattformbasierte Online-Handel ist physisch zahl der Handelsunternehmen seit 2000 um fast nicht in dem Umfang in der Nähe des Kunden 20 Prozent zurückgegangen ist*, gibt es aktuell wie der stationäre Handel, das ist und bleibt ein circa 340.000 umsatzsteuerpflichtige Unterneh strategisches „Asset“. men im Einzelhandel in Deutschland, u.a. mit Zusammenfassend gibt es in der vergleich meist größeren Parkflächen in Innenstädten oder enden Betrachtung der Strategieszenarien kein am Stadtrand mit guter Erreichbarkeit im All- richtig oder falsch, sondern es zeigen sich wie in tag. Somit zeigt sich das theoretische Markt- der Zukunftsforschung üblich alternative Ent- potenzial des Handels in Deutschland mit einer wicklungsoptionen. Sie können zwar als unter- recht bedarfsgerechten Verteilung in der Fläche schiedliche Ausbaustufen in zeitlicher Abfolge für den Aufbau von E-Ladeinfrastruktur auf. (erst Szenario 1, später Szenario 2, dann Szena- Wenn jedes dieser Handelsunternehmen nur rio 3) verstanden werden, was aber erhöhte Inves einen Ladepunkt bereitstellen würde, wäre die titionen in jeder Stufe nach sich zieht und nicht prognostizierte Zielgröße der Nationalen Platt- in jedem Fall zielführend ist. Vorgeschlagen wird form Elektromobilität** von 70.000 Ladepunkten vielmehr für zeitnahe Unternehmensentschei für das Jahr 2020 um fast das Fünffache über- dungen zur E-Ladeinfrastruktur eine „strategi- troffen. Dies muss nicht dem kurzfristigen Be- sche Vorrüstung“ für die E-Mobilität von m orgen: darf entsprechen, es zeigt aber die Chancen des Wenn vorerst nur einfache Ladepunkte realisiert Handels für die Politik und die Verkehrswende werden, sollten die Überlegungen dazu dennoch in der nahen Zukunft auf. Dies sollte über alle die spätere einfache Anbindung an das lokale Szenarien hinweg berücksichtigt werden. Energienetz („Smart Grid“) mit erneuerbaren Auch im Bereich der Energiewende ent- Energien ermöglichen oder den Ausbau eines stehen mit der E-Mobilität Synergien für einen Ökosystems mit weiteren Kooperationspartnern nachhaltigen und ressourceneffizienten Handel, und neuen Geschäftsmodellen. was sich ab Szenario 2 (Smart) ergibt. Bspw. kann Damit entstehen für den Handel in Deutsch- damit der Eigenverbrauch bei Nutzung erneuer land in der weiteren Bedarfsentwicklung über barer Energieerzeugung verbessert werden. alle Szenarien hinweg neue Chancen, die es E-Fahrzeuge können zukünftig mobile Puffer gemeinsam zu identifizieren und proaktiv zu speicher sein, um Energieüberschüsse lokal zu nutzen gilt. speichern. Und durch ein integriertes Energie- managementsystem (entsprechende Lasten vorausgesetzt) entstehen neue Steuerungs- möglichkeiten zwischen Gebäudetechnik, Energieerzeugern und -verbrauchern vor Ort. Gleichzeitig zeigt sich mit dem Hochlauf der E-Mobilität perspektivisch auch eine neue Wichtig Möglichkeit der Kundenbindung als Abgrenzung zum Online-Handel auf: Je strategischer ein Bei allen Aspekten, die das Handelsunternehmen um Handelsunternehmen das Laden von E-Fahr- setzen möchte, sollte auch immer geklärt werden, ob zeugen und zusätzliche Mehrwertdienste rund dies in Eigenregie geschehen kann oder ob hier Ko- um die E-Mobilität verfolgt, desto größer könn- operationen eingegangen werden bzw. die Durchführung te die Kundenbindung und desto höher die Ein- an einem Partner übertragen werden soll. kaufsfrequenz bei bestimmten Kundengruppen * Quelle: Statistisches Bundesamt, Zahlen 2017 (abgerufen von: https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/162118/umfrage/anzahl-der-steuerpflichtigen-unternehmen-des-einzelhandels-seit-2002/ ** http://nationale-plattform-elektromobilitaet.de/themen/ladeinfrastruktur/ EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
3. Standortanalyse Ziel der Standortanalyse ist es, den Bedarf und zu- sprechender Ladeleistung ausgewählt werden. künftige Möglichkeiten für die Ladeinfrastruktur Sollen nicht nur die Mindestanforderungen erfüllt am jeweiligen Standort zu evaluieren. Im nach- werden, sind die Bedingungen am Standort genau- folgenden Prozessschritt kann auf dieser Grund- er zu betrachten, um die Ladeinfrastruktur dem- lage die geeignete Anzahl an Ladepunkten mit ent- entsprechend dimensionieren zu können. 3.1 Infrastrukturelle und sozioökonomische Standort- spezifikationen Um die Ladeinfrastruktur an der Filiale zu planen, Welches Verkehrsmittel nutzt der Kunde zur sollte im ersten Schritt ein Fokus auf den Kunden Filiale und besteht ein potenzieller Ladebedarf der Filiale liegen. Hier sollte z.B. die Anzahl der an der Filiale? Kunden betrachtet werden und deren durchschnitt- Wie viele Kilometer musste der Kunde liche Aufenthaltsdauer. Anhand dieser beiden zurücklegen? Aspekte kann eine erste Einschätzung darüber Zudem sollten sowohl im Smart- als auch im getroffen werden, wie viele Ladepunkte für die Future- Szenario das Einzugsgebiet der Filiale und Kunden der Filiale benötigt werden. Einen ersten die Anwohnerstruktur betrachtet werden, wer ggf. Überblick gibt dazu Abbildung 3, welche die durch- neben den Kunden die LIS noch nutzen wird. In schnittliche Ladezeit im Food- und großflächigen diesem Zusammenhang s ollte geklärt werden, ob Nonfood-Handel (Baumarkt, Elektrofachmarkt, an diesem Standort die Ladepunkte auch außer- Möbelhaus und Shoppingcenter) zeigt (s. Abb. 3). halb der Öffnungszeiten genutzt werden können. Darüber hinaus ist der Mobilitätsbedarf anhand Außerdem ist die derzeitige und zukünftige Nut- folgender Punkte der Kunden zu ermitteln: zung von Elektrofahrzeugen der Anwohner am EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Standortanalyse 17 Durchschnittliche Ladezeit pro Ladevorgang im Food-Handel und im großflächigen Nonfood-Handel (Abb. 3)* Anteile in Prozent 50 50 43 43 40 33 30 20 14 10 8 8 0 0 max. 30 Minuten 30 Minuten bis 1 Stunde 1 Stunde bis 2 Stunden über 2 Stunden Food Nonfood n = Food 14 Handelsketten; über 14.400 Filialen; Nonfood*: 12 Handelsketten; über 2.000 Filialen * Im großflächigen Nonfood-Handel werden folgende Branchen abgebildet: Baumarkt, Elektrofachmarkt, Möbelhaus und Shoppingcenter. Quelle: Whitepaper Elektromobilität im Handel 2019 Standort zu analysieren (z.B. über Kraftfahrt- Bundesamt, Altersstruktur, Einkommen und Kauf- kraft). Auch sind die bereits vorhandenen Lade- Wesentliche Faktoren der punkte (Anzahl, Leistung, kostenfreie Nutzung oder Standortanalyse mit Abrechnung) in unmittelbarer Nähe zu berück- sichtigen, um die Nutzung der Ladepunkte am 1. Kunden Standort besser planen zu können. a. Anzahl der Filialbesucher Die Lage des Standorts ist ein weiterer wich- b. Durchschnittliche Aufenthaltsdauer tiger Punkt, der bei der Planung zu berücksichtigen c. Durchschnittliche zurückgelegte Kilometer ist. An ländlichen Standorten oder an Standorten zur Filiale mit vielen Einfamilienhäusern ist die Wahrschein- lichkeit hoch, dass die Anwohner eine e igene Lade 2. Einzugsgebiet der Filiale und Anwohner infrastruktur aufbauen. An urbanen Standorten struktur weitere Angebote für Nutzer über mit überwiegend Mehrfamilienhäusern werden Kunden der Filiale hinaus Ladepunkte in unmittelbarer Nähe hingegen mit höherer Wahrscheinlichkeit genutzt. Außerhalb der 3. Vorhandene Ladepunkte am Standort Öffnungszeiten kann bspw. der Parkplatz inkl. der Ladeinfrastruktur gegen Entgelt von den An wohnern genutzt werden. Gesondert sind zudem autobahnnahe Stand- orte zu berücksichtigen, die auch für das Future -Szenario geeignet sind, um weitere Nutzergruppen anzusprechen. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
18 Standortanalyse 3.2 Netzinfrastruktur Die Ladung von Elektrofahrzeugen ist unter Um- Demnach sollten folgende Fragen geklärt ständen mit höheren elektrischen Lasten ver- werden: bunden, insbesondere beim Betrieb einer g rößeren 1. Ist die Erweiterung des Netzanschlusses Anzahl von Ladepunkten mit hoher Leistungs grundsätzlich möglich bzw. zwingend nötig? abgabe, wie bspw. 22 kW-Normalladestationen oder a. Nein (nicht nötig): Betrieb der Ladestation Schnellladestationen. Ist eine generelle Ausweitung mit vorhandener Leistung möglich. der Ladeinfrastruktur vorgesehen, sind zum Teil b. Nein (nicht möglich): Betrieb der Lade- Veränderungen an Hausanschlüssen und am vor- station nur mit Lastmanagement möglich. gelagerten Netz notwendig. Für die Planung ist es c. Ja: Betrieb der Ladestation mit zweitem deshalb sehr wichtig, die lokalen Kapazitäten des Hausanschluss oder Trafo möglich. Netzanschlusses zu prüfen und nach Bedarf und 2. Wie können zukünftige Ladepunkte bei der Möglichkeit zu erweitern. Planung mitberücksichtigt werden? Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge sind 3. Sollen die Ladepunkte über einen eigenen vor Inbetriebnahme dem Netzbetreiber mitzu- Netzanschluss/Bilanzkreis abgerechnet teilen*. Zudem ist die vorherige Zustimmung des werden? Netzbetreibers notwendig, wenn die Bemessungs- 4. Ist eine zusätzliche Trafostation nötig? leistung der Ladepunkte oder die Summenleistung aller Ladepunkte 12 kW überschreitet. Der Netz- Weiter sollte auch die Einbindung einer de betreiber ist in diesem Fall verpflichtet, sich inner- zentralen Energieerzeugung bspw. mit PV-Anlagen halb von zwei Monaten nach Eingang der Mit am Standort geprüft werden. Für die Nutzung von teilung zu äußern. PV-Strom am Ladepunkt muss bedacht werden, Bei der Inbetriebnahme einer entsprechenden dass hier weitere Meldepflichten und Umlagen Ladeleistung mit mehreren Ladepunkten ist die anfallen. Spitzenlast im Lastprofil in Verbindung mit der Tiefgaragen und Parkhäuser sind unabhängig möglichen Netzanschlussleistung zu betrachten, vom jeweiligen Szenario gesondert zu betrachten, die als Grundlage für die Kapazität des Netzan- da die Nachrüstung von Ladepunkten im Bestand schlusses dient. Wenn der vorhandene Netzan- sehr aufwändig sein kann. Die Gegebenheiten schluss nicht ausreichend ist, sollte geprüft wer- können oft sehr unterschiedlich sein und erfordern den, ob die Integration eines Lastmanagements eine individuelle Planung, insbesondere weil die ausreichen kann (geringere Kosten). Kann bzw. wird Kosten bei der Nachrüstung sehr hoch sein k önnen. dies nicht umgesetzt, sollte eine Hausanschluss- Zudem sind die jeweiligen Eigentumsverhält- erweiterung über den Netzbetreiber geprüft und nisse zu beachten, da bspw. bei einem Gemein- veranlasst werden (höhere Kosten) und als Letz- schaftseigentum ggf. die einstimmige Zustimmung tes kann der Netzanschluss über eine neue Trafo aller Eigentümer einzuholen ist, da es sich d em station beim Netzbetreiber geprüft und eine Er- Gesetz nach um eine bauliche Veränderung handelt. weiterung veranlasst werden (hohe Kosten). * Siehe § 19 der Niederspannungsanschlussverordnung. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Standortanalyse 19 Standortfaktoren als Voraussetzung für die Umsetzung der Szenarien (Tab. 2) Basic Smart Future Nutzung von Standortbezogene Prüfung Standortbezogene Prüfung Elektrofahrzeugen am – und zukünftige Entwicklung sinnvoll Standort betrachten Altersstruktur, Standortbezogene Prüfung Standortbezogene Prüfung Einkommen, Kaufkraft – und zukünftige Entwicklung sinnvoll der Anwohner betrachten Standortbezogene Prüfung Weitere Ladepunkte in Standortbezogene Prüfung sehr zu empfehlen und unmittelbarer Nähe und – sinnvoll zukünftige Entwicklung Art der Ladepunkte betrachten Je nach rechtlicher Lage am Wenn öffentlich nutzbar, dann Öffentliche Abhängig von der Umsetzung Standort, Umsetzung der zwingend öffentlich Zugänglichkeit der Richtlinie Richtlinie und/oder zugänglich Unternehmensstrategie Vorhandene Kapazität i.d.R. Kontakt mit Netzbetreiber ausreichend, wenn Leistung Kontakt mit Netzbetreiber aufnehmen und Standort >12 kW Kontakt mit Netz- aufnehmen und Standort Netzkapazitäten prüfen, ggf. Erweiterung des betreiber aufnehmen, prüfen, vorhandenen Haus- Netzanschlusses nötig, vorhandenen Hausanschluss anschluss prüfen Nutzung von Speichern prüfen Grünstrom Für Förderung verpflichtend Strom aus Photovoltaik Ggf. mit eigenem PV-Strom – Evtl. mit eigenem PV-Strom und Speicher und Speicher Z.B. Überlegung einer Sekundärnutzung der Doppelnutzung mit An Kann geprüft werden Doppelnutzung mit Ladeinfrastruktur wohnern und Unternehmen Anwohnern Weitere Services Z.B. Carsharing, Verleih – Standortabhängig anbieten E-Flotte Quelle: EHI EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
20 Standortanalyse 3.3 Förderung Derzeit arbeiten das BMVI und das BMWi an wei- Bei Förderprogrammen ist zu beachten, dass teren Förderungen, die u.a. vom Handel abgerufen hierfür ein weiterer personeller Aufwand für die werden können. Aktuelle Förderprogramme für Beantragung eingeplant werden muss. Darüber Ladeinfrastruktur können bei Bund, Ländern und hinaus sind Förderungen i.d.R. an Auflagen ge- Kommunen über die folgenden Informationskanäle bunden und können z.B. weitere Meldepflichten gefunden werden: zur Folge haben. Energieagenturen Tabelle 3 zeigt eine Auswahl der aktuellen Förder- und Aufbaubanken Förderprogramme. Diese Übersicht ist beispiel- Branchenverbände (Mittelstandsverbund, haft zu betrachten, da Förderungen i.d.R. zeitlich Handelsverband Deutschland …) begrenzt sind und sich Programme ändern kön- NOW (Nationale Organisation Wasserstoff- und nen. Dabei muss bei den jeweiligen Förderpro Brennstoffzellentechnologie) grammen geprüft werden, welche Voraussetzungen Nationale Plattform Elektromobilität zu erfüllen sind, um eine Förderung zu erhalten. Auswahl an derzeitigen Förderprogrammen (Tab. 3) Land Förderrichtlinie Deutschland Förderrichtlinie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland Baden-Württemberg Förderung von Ladeinfrastruktur in Baden-Württemberg (Charge@BW) Bayern Förderrichtlinie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Bayern Berlin Wirtschaftsnahe Elektromobilität – WELMO Brandenburg Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Umland (NESUR-KMU) Ladeeinrichtungen an und in Wohn- oder Gewerbeimmobilien Hamburg (Electrify Buildings for EVs – ELBE) Hessen Förderung für Ladestationen beim Arbeitgeber in Hessen progres.nrw – Programm für Rationelle Energieverwendung, Regenerative Nordrhein-Westfalen Energien und Energiesparen – Programmbereich Emissionsarme Mobilität Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Sachsen-Anhalt Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Sachsen-Anhalt … EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
4. Auslegung der Ladetechnik Mit den für den Standort ermittelten Mobilitäts- rungen an die Energieinfrastruktur sind mit den und Ladebedarfen der Kunden und ggf. weiteren ermittelten Kapazitäten am Standort abzugleichen Nutzergruppen kann eine Auslegung der Ladeinfra- und ihnen ggf. anzugleichen. struktur erfolgen. Die resultierenden Anforde 4.1 Wahl der Ladestation Es ist zwischen Ladepunkten mit Wechselstrom Die Wallbox bietet somit die Möglichkeit, den Kun- (AC) und Gleichstrom (DC) zu unterscheiden. Da den mit relativ geringen Kosten einen Ladepunkt im Akku des Fahrzeugs ausschließlich Gleichstrom zur Verfügung zu stellen (Basic). Die Ladeleistung gespeichert werden kann, wird bei der AC-Ladung einer Wallbox beginnt bei 3,7 kW und diese kann mit einem Gleichrichter im Fahrzeug der Wechsel- ab ca. 500 Euro erworben werden, wobei auf die strom in Gleichstrom umgewandelt. Ausstattungen der Wallbox geachtet werden s ollte. Einige Hersteller unterscheiden i.d.R. zwischen Hier gibt es u.a. erhebliche Unterschiede bezüg- Wandladestation und Wallbox. Im Allgemeinen ist lich der Kommunikationsfähigkeit (siehe 4.3 Kom die Wallbox eine einfachere Version mit niedriger munikationsfähigkeit der Ladestation), Abrech Leistung (z.B. 3,7kW) während die Wandladestation nungsmodellen (siehe 5.2 Abrechnung) und oftmals eine wandmontierte Ladesäule mit voller Schutzeinrichtungen, die eventuell zu zusätzlichen Funktionalität ist. Letztere gibt es in AC- und DC- Mehrkosten führen könnten. Ausführungen. Zudem fallen bei der Wallbox keine Im Smart-Szenario können bspw. mehrere Kosten für den Standfuß und das Fundament an. AC-Ladepunkte am Standort aufgebaut werden. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Auslegung der Ladetechnik 23 Überblick über Ladestationen für Elektrofahrzeuge (Tab. 4) Wallbox AC-Ladestation DC-Ladestation Kosten (Stand 09/19) ab ca. 500 € ab ca. 1.900 € Preise projektspezifisch ohne Installation Ladeleistung 3,7 – 22 kW 3,7 – 22 kW 50 – 300 kW Ladedauer für eine Vollladung in ca. 2 – 8 Stunden ca. 2 – 6 Stunden ca. 0,5 – 1 Stunde Abhängigkeit von der Batteriekapazität Quelle: Bild Wallbox: Schneider Electric, Bild AC-Ladestation: ChargePoint, DC-Ladestation: Adam Gregor/stock.adobe.com AC-Ladestationen werden mit Ladeleistungen i.d.R. s eparate Steckverbindung zum Fahrzeug (CCS oder von bis zu 22 kW angeboten. Als Ladestecker im CHAdeMO).Wenn DC-Ladepunkte aufgebaut AC-Bereich hat sich in Europa der Typ-2-Stecker werden, ist ein intelligentes Lastmanagement und als Standard durchgesetzt. Eine AC-Ladestation ggf. ein separater Netzanschluss sinnvoll, um die mit zwei Ladepunkten ist ab ca. 3.500 Euro zu benötigte Leistung bereitzustellen. erwerben, wobei auch hier auf die Ausstattung Die maximale Ladezeit des Elektroautos wird geachtet werden sollte, wie Kommunikationsfähig- vom Laderegler im Fahrzeug, von der Batterie- keit, Zugriffskontrolle, Stromzähler, Schutzkom kapazität sowie der abgegebenen Leistung der ponenten etc. Ladepunkte bestimmt. Die Wallbox und die Bei der DC-Ladestation ist der Gleichrichter AC-Ladestation können, je nach Modell, bis zu 22 in der Ladestation verbaut und gibt Gleichstrom kW Ladeleistung an jedem Ladepunkt abgeben. ab, dadurch kann die Fahrzeugbatterie mit einer Die schnelle Alternative dazu ist die DC-Lade- höheren Leistung laden. DC-Ladestationen wer- station, dabei kann die Batterie den Strom direkt den deshalb für Ladeleistungen von 50 bis teil- aufnehmen. weise über 300 kW angeboten und nutzen eine EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
24 Auslegung der Ladetechnik BEISPIELRECHNUNG: dem Kunden mit den Ladepunkten zur Verfügung Angenommen, ein Elektrofahrzeug hat folgende gestellt werden kann. Wenn der Kunde für 15 Mi- technische Daten: nuten in der Filiale ist und mit 3,7 kW lädt, wird er Batteriekapazität: 40 kWh durchschnittlich durch die Ladung ca. 7 km zusätz- Reichweite: ca. 300 km lich erhalten. Hingegen können für einen Anwohner, Verbrauch: 13,3 kWh pro 100 km der länger als 8 Stunden lädt, die 3,7 kW für eine volle Batterie ausreichen. Mit einer Ladeleistung Die Tabelle 5 gibt einen Überblick darüber, wie viele von 50 kW kann der Kunde innerhalb von einer Kilometer das Fahrzeug ungefähr in Abhängigkeit Stunde seine Fahrzeugbatterie komplett laden. von der Ladeleistung und Standzeit an Reichweite Schlussendlich sollte die Frage im Unterneh in Kilometern durch die Ladung an der Filiale er- men beantwortet werden, ob dem Kunden eine hält. Das Fahrverhalten, Ladeverluste und weitere schnelle Lademöglichkeit während des Einkaufs Faktoren wurden dabei nicht berücksichtigt. geboten werden soll oder nur die Möglichkeit, die Dies ist nur eine beispielhafte Berechnung, um Batterie nachzuladen, das sogenannte Opportunity einen ersten Überblick darüber zu erhalten, was Charging. Beispielrechnung: Erzielbare Reichweiten (km) in Abhängigkeit von Ladeleistung und Standzeit (Tab. 5) Ladedauer* Leistung 15 Minuten 30 Minuten 1 Stunde 2 Stunden 4 Stunden 8 Stunden 3,7 kW 7 km 14 km 28 km 56 km 111 km 223 km 11 kW 21 km 41 km 83 km 165 km ca. 300 km 22 kW 41 km 83 km 165 km ca. 300 km 50 kW 94 km 188 km ca. 300 km * Die in der Beispielrechnung angegebene Ladedauer wird nur dann erreicht, wenn das Elektroauto auch die volle Leistungsaufnahme ermög- licht. Die tatsächliche Leistungsaufnahme ist also durch den im Fahrzeug verbauten Laderegler limitiert. Quelle: EHI 4.2 Technische Einbindung der Ladepunkte Die Ladesäulenverordnung ist eine vom Bundes Überspannungsschutz, soweit noch nicht vor- ministerium für Wirtschaft und Energie erlassene handen Verordnung, mit deren Vorgaben der Ausbau von gegebenenfalls Komponenten des Last- und Stromtankstellen in Deutschland beschleunigt und Energiemanagements Rechtssicherheit geschaffen werden soll. Sie regelt gegebenenfalls Stromzähler, soweit notwendig technische Mindestanforderungen an den Aufbau oder nicht an anderer Stelle vorhanden und Betrieb von öffentlich zugänglichen Lade Kabelwege für die IT-Anbindung zur Server und punkten. IT-Infrastruktur (Zählerfernablesung, Authenti- Für die technische Einbindung in die Gebäude- fizierung, Abrechnung etc.) technik und IT-Infrastruktur sollten ausreichend Die Nachrüstbarkeitsoptionen im Hinblick auf zu- Platzreserven in der Hauptverteilung und der künftige Entwicklungen in der Ladetechnik und Infrastruktur (Kabelkanäle, Leerrohre) vorhanden auf dem E-Automobil-Markt sollten nach Möglich- sein für: keit bereits bei der Auslegung geprüft und berück- Leitungsschutzschalter sichtigt werden, damit in der Betriebsphase ent- Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD), soweit sprechend flexibel reagiert werden kann. sie nicht in der Ladestation vorhanden sind EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Auslegung der Ladetechnik 25 4.3 Kommunikationsfähigkeit der Ladestation Zum Laden von Elektrofahrzeugen ist es erforder- licht einen Fernzugriff auf die Ladestation und bil- lich, dass Ladeinfrastruktur und Fahrzeuge sicher det dabei die Grundlage für übergreifende und kommunizieren können. Sie tauschen Daten zur standardisierte Transaktionen bzw. Abrechnungs- Ladesteuerung sowie ggf. zur Authentifizierung, und Bezahlprozesse. Abrechnung und zum Lastmanagement aus. Dafür sind Kommunikationsprotokolle abhängig vom Lademodus spezifiziert. Einfache Protokolle sind in den Standard-Schnittstellen (über Typ-2-Ste- Definition cker, CCS oder CHAdeMO) für das Laden von Elektrofahrzeugen bereits integriert. Komplexere Backend-Anbindung: Als Backend wird der Teil eines Protokolle mit erweitertem Funktionsumfang be- IT-Systems bezeichnet, der sich mit der Daten finden sich noch in der Normung und Entwicklung. verarbeitung im Hintergrund beschäftigt. Bei Lade- Im Smart- und Future-Szenario sollte die Lade- stationen sind das u.a. Abrechnungssysteme. infrastruktur über eine Online-Anbindung bzw. eine sogenannte Backend-Anbindung verfügen, OCPP: OCPP (Open Charge Point Protocol) ist ein u.a. für die Kommunikation mit Nutzern, dem tech- standardisiertes Kommunikationsprotokoll für die nischen Support, dem Abrechnungsanbieter oder Verbindung von Ladestationen mit zentralen Backend- weiteren Servicedienstleistern. Der gängige Stan- systemen. dard hierfür ist der OCPP-Standard, dieser ermög- 4.4 Eichrechtskonformes Laden Wird der Strom abgerechnet (Smart/Future), Die Zählerdaten müssen dem Fahrer eines sind die Vorgaben des Mess- und Eichgesetzes Elektroautos über eine Anzeige an der Ladestation (MessEG), der Mess- und Eichverordnung (Mes- oder ein anderes Medium mit geeichtem Kom sEV), der Preisangabenverordnung (PAngV) sowie munikationsweg, wie z.B. der S.A.F.E-Initiative, der Stromsteuer-Durchführungsverordnung sichtbar gemacht werden. (StromStV) zu beachten. Dies schafft die Grund- Die eingebauten Messeinrichtungen in der Lade- lage, dass Messergebnisse korrekt angezeigt und station müssen (herstellerseitig) ein Konformi- abgerechnet werden. Der Stromzähler in der Lade- tätsbewertungsverfahren durchlaufen sowie ge- station ist daher ein eichpflichtiges Messgerät, auch eicht werden und das Messsystem muss über die Anzeige des Stromzählers unterliegt als Zusatz eine geeignete Einrichtung zur Erstellung einer einrichtung im Sinne von § 3 Nr. 24b MessEG dem digitalen Signatur verfügen. Eichrecht, es sei denn, der Strom wird an die Kun- Ein Datensatz muss folgende Mindestbestand- den verschenkt (Basic). teile haben: Messwerte (z.B. Anfangs- und Für die Kunden muss bereits vor Beginn des Endzählerstand oder Differenz), Einheit des Ladevorgangs Kostentransparenz herrschen. Die Messwerts, Zeitstempel, eindeutige ID der Lade vorrangige Abrechnungseinheit soll verbrauchs- vorrichtung, Identifikation des Kunden/der abhängig die Mengeneinheit Kilowattstunde (kWh) Transaktion. sein. Dabei muss eine eichrechtskonforme Lade- Zusatzeinrichtungen: Eine solche ist etwa ein station eingesetzt werden. Zusätzlich zur kWh kann Backend-System, das die sichere Übertragung des eine Ladepauschale oder ein Zeittarif kombiniert signierten Datensatzes oder die nachträgliche werden. Daraus ergeben sich u.a. folgende Anfor Überprüfung der Messdaten durch den Fahrer derungen, die eine Ladestation erfüllen muss, wenn ermöglicht. der Strom abgerechnet wird: EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
26 Auslegung der Ladetechnik Aktuell haben sich auf dem Markt zwei Lö werte mit einer digitalen Signatur zu versehen und sungsvarianten durchgesetzt, die eine eichrechts- zentral zu speichern (Transparenz-Software). Dabei konforme Abrechnung von Ladevorgängen ermög- sind zudem die Vorgaben zum Datenschutz zu lichen. Zum einen lassen sich die Anforderungen beachten. aus dem MessEG durch den Einbau eines so- In der Regel wird das vom Hersteller bzw. genannten lokalen Speicher- und Anzeigemoduls Betreiber übernommen und muss nicht selbst (SAM) direkt an der Ladestation vor Ort umsetzen. durchgeführt werden. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, die Mess- 4.5 Lastmanagement Werden zahlreiche Ladestationen gleichzeitig oder strukturanbietern zusammen mit den Ladesta mehrere Ladestationen mit höheren Lade- tionen angeboten. Der Einsatz bietet sich vor allem leistungen betrieben (Smart/Future), kann die sum- bei höheren Ladeleistungen an, da bei einer Dros- mierte Anschlussleistung schnell die bestehende selung auf sehr niedrige Ladeleistungen (im Be- Netzanschlussleistung am Standort übersteigen. reich < 2 kW) die Wirkungsgrade stark abfallen In der Praxis werden im Allgemeinen zwar nicht und bestimmte Mindestleistungen fahrzeugseitig immer alle Stationen gleichzeitig voll belastet, ins- nicht unterschritten werden dürfen. Im Idealfall besondere bei langen Standzeiten und hohen Lade- werden beim Lademanagement auch die Moment leistungen*, dennoch muss die Energieinfra- anleistungen der sonstigen Verbraucher und der struktur auf die volle Leistung ausgelegt werden, ggf. vorhandenen Stromerzeuger innerhalb des damit die Hauptsicherungen auch bei seltenen Netzanschlusses mitberücksichtigt, um die vor- Lastspitzen nicht auslösen. Aus wirtschaftlicher handenen Kapazitäten optimal auszunutzen. Eine Sicht macht es aber keinen Sinn, die Energieinfra- Leistungsdrosselung der Ladungen bietet sich struktur auf die gesamte Anschlussleistung der hauptsächlich zur Verhinderung von Spitzenlasten einzelnen Ladestationen auszulegen. Mit einem an, damit ist jedoch verbunden, dass sich die Lademanagementsystem können begrenzte n otwendigen Ladezeiten der Fahrzeuge bei Leistungsressourcen auf die tatsächlich ladenden geminderter Ladeleistung verlängern und die Fahrzeuge verteilt werden. Wird die maximal Erwartungen der Nutzer an die Infrastruktur ggf. zulässige Gesamtleistung überschritten, können nicht erfüllt werden. Bei der Erzeugung von laufende Ladevorgänge gedrosselt oder unter- Spitzenlasten kann es zu hohen Leistungspreisen brochen und neue Ladevorgänge verzögert gestartet kommen, was unter wirtschaftlichen Gesichts- werden. Ein hierfür erforderlicher Lademanage punkten verhindert werden sollte. mentcontroller wird bei verschiedenen Ladeinfra- * Bei höheren Ladeleistungen sind die Batterien schneller vollgeladen. Der Anteil der Ladezeit an den Standzeiten sinkt und damit die Gleichzeitigkeit der Ladungen. EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
Auslegung der Ladetechnik 27 4.6 Einsatz von Batteriespeichern Batteriespeicher bieten das Potenzial, Lastspitzen, zuschränken. Bei der Dimensionierung sind ver- welche durch die Ladeinfrastruktur oder andere schiedene Faktoren, wie die historischen Lastgänge Verbraucher erzeugt werden, zu kompensieren, und das erwartete Nutzerverhalten, relevant. Eine ohne Einschränkungen für die Nutzer der Lade- integrierte Betrachtung der geplanten Ladeinfra- stationen. Außerdem können, bspw. beim Betrieb struktur, des Speichers und des Energieverbrauchs einer PV-Anlage, Verbrauch und Erzeugung bes- am Standort kann über Partner im Vorfeld durch- ser aufeinander abgestimmt werden, um den Eigen- geführt und so eine passende Dimensionierung verbrauchsanteil zu erhöhen. Die Systemkosten sichergestellt werden. für Batteriespeicher sind seit Jahren rückläufig, Für den Einsatz eines Batteriespeichers mit weiteren Kostensenkungen ist zukünftig zu müssen auch die baulichen Anforderungen be rechnen, Batteriespeicher sind bereits heute in ei- rücksichtigt werden. Hierzu zählen ausreichend nigen Anwendungsfällen wirtschaftlich. große Batterieräume und die Einhaltung der Um- Steht die Ladeleistung für den Nutzer im gebungsbedingungen, z.B. die Gewährleistung der Vordergrund, wie bei dem Einsatz von Schnelllade- Raumtemperatur mittels einer Belüftung oder systemen, bieten Energiespeicher Vorteile. Durch Klimatisierung sowie die baulichen Anforderungen sie können Leistungsspitzen und Netzausbau hinsichtlich des Brandschutzes. vermieden werden, ohne das Nutzererlebnis ein- 4.7 Bauliche Parameter Die Ladepunkte sollten möglichst in der Nähe der Stellplatzbreiten ist alternativ eine seitliche Niederspannungshauptverteilung angeordnet wer- Montage möglich. Dabei kann eine Ladestation den, um die Kosten für lange Kabelstrecken zu mi- bspw. zwischen zwei Parkplätzen angeordnet sein. nimieren. Bei der Festlegung des Aufstellungsorts Zudem kann ein zusätzlicher Anfahrtsschutz an außerhalb von Gebäuden ist insbesondere bei der Ladestation angebracht werden, um Schäden Nachrüstungen im Bestand auf die Erreichbarkeit durch die Fahrzeuge zu minimieren. Zusätzlich der elektrischen Infrastruktur zu achten. Zudem müssen bei der Planung und dem Aufbau der Lade- sollten der Verlauf der Leerrohrverkabelung für station die Verkehrssicherungspflichten berück- zukünftige Ladepunkte und der zusätzliche Platz- sichtigt werden. bedarf berücksichtigt werden. Wenn die Ladepunkte auch außerhalb der Die Zufahrt und die Ladepunkte müssen bspw. Öffnungszeiten genutzt werden, muss der Zugang als Voraussetzung für eine Förderung klar gekenn- hierfür geklärt sein. Dabei sollte sichergestellt sein, zeichnet sein. Die Parkplätze sollen dabei mit einer dass die Ladepunkte beleuchtet werden. Wenn auf Bodenmarkierung (Smart/Future) in ihrer Erschei der Parkplatzfläche bereits eine Videoüberwachung nung z.B. farblich von anderen Parkplätzen ab- vorhanden ist, sollten die Ladepunkte zum Schutz gesetzt sein, damit eine gute Erkennbarkeit gegeben vor Vandalismus eingebunden werden, dabei sind ist. Durch eine geeignete Beschilderung sollen die die Vorgaben des Datenschutzes zu beachten. Ladepunkte für Elektrofahrzeuge von nicht berech Zum Brandschutz und zur Überprüfung der tigten Fahrzeugen freigehalten werden. Leitungen/Steckerverbindungen sind die nötigen Zur Größe des Stellplatzes sind mindestens Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Außerdem ist die Vorgaben der jeweiligen Garagenverordnungen in dem Zusammenhang zu prüfen, welche Schä- einzuhalten. Die Anordnung der Ladepunkte ist den durch die Gebäudehaftpflichtversicherung in Abhängigkeit von der Parkplatzausrichtung zur abgedeckt sind und ob bzw. in welchen Fällen der Fahrbahn und den zu erwartenden Fahrzeugen Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur zu zu planen. Die Ladestation soll vorzugsweise vor zusätzlichem Versicherungsbedarf führt. dem Fahrzeug angebracht werden. Bei größeren EHI-Leitfaden Elektromobilität im Handel 2020
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