Elternbegleitung: dialogisch - Erfahrungen und Perspektiven - Evangelische ...

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Elternbegleitung: dialogisch - Erfahrungen und Perspektiven - Evangelische ...
Elternbegleitung:
dialogisch

Erfahrungen und Perspektiven

Konsortium Elternchance (Hg.)

Die Qualifizierung „Elternbegleiter*in“ wird im Rahmen des Programms „Elternchance II – Familien früh für Bildung gewinnen“
durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den Europäischen Sozialfonds gefördert.
Elternbegleitung:
                          dialogisch
                          Erfahrungen und Perspektiven

Konsortium Elternchance
IMPRESSUM                                                                                      4   Vorwort                           		 DEAE
                                                                                                                                     50 Immer ein Plan B
                                                                                               7 Ein besonderes Miteinander             Begegnung, Begleitung, Beratung,
                                                                                              		 Rückblick von Dozent*innen 1           Bildung und ein Budget für Familien
                                                                                                                                     55 Ressourcen stärken
                                                                                              		 Theorieteil
                                                                                                                                        Gelingende Erziehungs- und
                                                                                               8 Fachkompetenz bündeln
                                                                                                                                        Bildungspartnerschaft in der Kita
                                                                                                 Das Konsortium Elternchance
                                                                                              14 Haltung zeigen                      		 eaf
                                                                                                 Paradigmenwechsel in der            60 Veränderungen gestalten
                                                                                                 Familienbildung                     		 Elternchance im Familienzentrum
                                                                                              20 Familien stärken                    68 Kompetenzen erweitern
                                                                                                 Elternbegleitung in der Praxis      		 Elternbegleiter*innen in Familien-
                                                                                                                                     		 Bildungsstätten
                                                                                              		 AWO
                                                                                              22 Gemeinsam für ein starkes           		  BAG
                                                                                              		Miteinander                           77 Brücken bauen
                                                                                                 Elternbegleitung beim AWO KV        		 Starke Netzwerke Elternbegleitung
                                                                                                 Südost                              		 für geflüchtete Familien
                                                                                              30 Perspektiven eröffnen               85 Gemeinsam stark
HERAUSGEBER                                 LEKTORAT/KORREKTORAT
                                                                                              		 Elternbegleitung im AWO                 Vernetzte Elternbegleitung im
Konsortium Elternchance                     Petra von der Linde, freie Journalistin, Hamm
                                                                                              		 Kreisverband Konstanz                   Sozialraum
RECHTSTRÄGER                                SATZ/LAYOUT
AWO Bundesverband e.V.                      Matthieu De Schepper                              		  AKF                                		 PBW
Blücherstr. 62/63                                                                              36 Beteiligung ermöglichen            91 Familien empowern
10961 Berlin                                ILLUSTRATION                                      		 Elternbegleitung in der Kita           Dialogische Zusammenarbeit auf
Telefon: (+49) 30 – 263 09–0                Imke Schmidt-Sári                                 40 Auf Abstand gut verbunden              Augenhöhe
Telefax: (+49) 30 – 263 09–325 99
E-Mail: info@awo.org                                                                              Elternbegleitung in der Schul-     95 Wandel gestalten
                                            © AWO Bundesverband e.V., Das Copyright
Internet: awo.org                           für Texte und Bilder liegt, soweit nicht anders       sozialarbeit während der Corona-      Herausforderungen und Potenziale
                                            vermerkt, beim AWO Bundesverband e.V.                 pandemie                              der Familienbildung
VERANTWORTLICH
                                                                                              46 Herausforderungen begegnen
Hubert Heeg                                 Abdruck, auch in Auszügen, nur mit ausdrück-
Sprecher Konsortium Elternchance            licher vorheriger Genehmigung des AWO
                                                                                              		 Elternbegleitung im Bistum Mainz    100 Die Kraft des Dialogs
                                            Bundesverband e.V.                                                                       		 Rückblick von Dozent*innen 2
REDAKTION
Angela Berg, Jennifer Ludewig, Dr. Sandra   Alle Rechte vorbehalten.                                                                 101   Gemeinsam anpacken
Mirbek, Sarah Rockenberger, Gisela Tesch,                                                                                                  Perspektiven für Elternbegleitung
Wiebke Weinbrenner                          Dezember 2021
                                                                                                                                           und Familienbildung

                                                                                              INHALTSVERZEICHNIS                                                         3
VORWORT                                                                                 Hierzu haben die Projektkoordinatorinnen der sechs beteiligten Verbände 1
                                                                                                Praxisbeispiele aus dem Kontext ihrer jeweiligen Organisationen zusammen-
                                                                                                getragen. Der Fokus liegt dabei auf der dialogischen, wertschätzenden
    Von Hubert Heeg, Geschäfts-         Im Januar 2011 haben sich sechs Organisationen          Haltung. Sie in der Qualifizierung zum*zur Elternbegleiter*in zu vermitteln
    führer der AKF und Sprecher         (s. zweite Umschlagseite) zusammengetan, um             und dabei sowohl das Wissen als auch die praktische Handlungskompetenz
    des Konsortiums Elternchance
                                        miteinander an der Umsetzung des Bundes-                der Teilnehmenden zu erweitern, ist ein Kernziel des Programms. Die Beiträge
                                        programms „Elternchance ist Kinderchance“               zeigen, wie eine solche konstruktive und wertschätzende Haltung nicht
                                        mitzuwirken. Zehn Jahre später, gegen Ende des          nur die Zusammenarbeit mit Familien, sondern die Einrichtungen selbst
                                        ESF-Bundesprogramms „Elternchance II: Familien          verändern kann und darüber hinaus weiterwirkt. Gleichzeitig machen sie
                                        früh für Bildung gewinnen“, ist es Zeit, innezuhalten   auch die Vielfalt der institutionellen Kontexte der Elternbegleiter*innen und
                                        und rückblickend nach vorne zu schauen. Diesem          die Bandbreite ihrer Tätigkeit deutlich. Die Texte sind von Praktiker*innen
                                        Ziel soll die kleine Broschüre dienen.                  verfasst und in ihrem Stil sehr unterschiedlich; um der jeweiligen O-Töne
                                                                                                Willen haben wir dies so belassen. Und sie sind zusätzlich zu den vielfältigen
                                        Nach einer kurzen Darstellung der Schwerpunkte          Aufgaben geschrieben worden, die vor Ort anstehen und die zu erledigen auch
                                        von Elternchance II beschreibt Verena Wittke,           so schon die Zeit kaum ausreicht. Den Elternbegleiter*innen und anderen
                                        was die sechs Organisationen bewogen hat,               Autor*innen sei deshalb an dieser Stelle ganz ausdrücklich für dieses
                                        die Unterschiede ihrer Wertegrundlagen und              Engagement gedankt, durch das sie den Leser*innen einen Einblick in die
                                        der trägerspezifischen Aufgabenverständnisse            konkrete Praxis ermöglichen.
                                        zurückzustellen, um gemeinsam der Bildungs-
                                        und Teilhabeungerechtigkeit von Kindern entgegen-       Ebenso gilt der Dank den Dozent*innen der Qualifizierungskurse, die in den
                                        zuwirken („Das Konsortium Elternchance“).               Kursen die dialogische Haltung leben, den Projektkoordinatorinnen für die
                                        In ihrem zweiten Beitrag macht Verena Wittke            Unterstützung und Begleitung der Elternbegleiter*innen, beispielsweise bei
                                        anschließend den „Paradigmenwechsel in der              den lokalen Netzwerktreffen, und den Mitarbeiter*innen in der Projektzentrale,
1
    Angela Berg (Katholische            Familienbildung“ deutlich, der mit der Weiter-          bei denen die vielen Fäden des Projektes zusammengelaufen sind die sie
    Bundesarbeitsgemeinschaft           qualifizierung zum*zur Elternbegleiter*in be-           geschickt miteinander verwoben und weitergesponnen haben.
    für Einrichtungen der Familien-
    bildung), Jennifer Ludewig
                                        fördert wurde. Im abschließenden Beitrag werden
    (Deutsche Evangelische Arbeits-     Perspektiven skizziert und Eckpunkte benannt,           Im Konsortium Elternchance haben wir in den vergangenen Jahren ebenfalls
    gemeinschaft Erwachsenenbil-        die für eine dauerhafte institutionelle Absicherung     einen Lernprozess durchlebt. Anfangs allein in der Überzeugung verbunden,
    dung DEAE), Dr. Sandra Mirbek       von Elternbegleitung notwendig sind.                    dass die Bildungsungerechtigkeit vermindert werden müsse, ist das Projekt
    (AKF – Arbeitsgemeinschaft für
    katholische Familienbildung),
                                                                                                immer mehr auch „unseres“ geworden, hat die dialogische Haltung auch
    Sarah Rockenberger (AWO             Der Schwerpunkt der Broschüre beschäftigt sich          auf unseren Umgang miteinander „abgefärbt“. Um uns gemeinsam an der
    Arbeiterwohlfahrt Bundesverband),   jedoch mit der Frage, was sich in der Familien-         Umsetzung des Projektes beteiligen zu können, musste ein Verband die
    Gisela Tesch (eaf – evangelische
                                        bildung und der Arbeit mit Müttern, Vätern und          besondere Verantwortung der Rechtsträgerschaft tragen. Der AWO Bundes-
    arbeitsgemeinschaft familie),
    Wiebke Weinbrenner (Paritätisches   Kindern konkret verändert hat: sowohl in der Praxis     verband e.V. hat diese Aufgabe übernommen, auch hierfür sei an dieser
    Bildungswerk BV)                    von Einrichtungen der Familienbildung und Kitas         Stelle Dank gesagt.
                                        als auch im Selbstverständnis von Familienbildung.

        4                                                                                       VORWORT                                                                      5
Dass ein Bundesprogramm, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten,        EIN BESONDERES MITEINANDER
über 11 Jahre gefördert wird, ist ungewöhnlich. Das Bundesministerium für
Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat damit ein deutliches           Rückblick von Dozent*innen                                            1
Ausrufezeichen gesetzt. Über 14.000 Fachkräfte konnten zu Eltern-
begleiter*innen qualifiziert werden, um Mütter und Väter frühzeitig und
zielgruppengerecht für die Bildungsverläufe ihrer Kinder zu sensibilisieren,     Jedem Anfang wohnte ein besonderer Zauber inne: das vorsichtige
zu den Übergängen im Bildungssystem zu beraten und die Selbsthilfe zu            Entdecken und Erkunden des Dialogkreises mit all seinen wertvollen
stärken. Und ebenfalls ungewöhnlich ist, dass der Rahmen der Umsetzung           Einladungen und das Ausprobieren der vielen kleinen Übungen. Ein
des Projektes so gestaltet war, dass zugleich ein Paradigmenwechsel in           wesentlicher Aspekt, der sich in fast allen Kursen gezeigt hat – es
der Familienbildung angestoßen und gefördert wurde, der über das Projekt         entwickelte sich ein wirkliches Miteinander. Teilnehmende äußerten oft,
hinausgeht. Auch dem BMFSFJ für dieses langanhaltende Engagement einen           dass sie eine ganz besondere Gruppe seien, und fragten, ob das in anderen
ganz herzlichen Dank!                                                            Kursen auch so gewesen sei. Sie waren verwundert und erstaunt, was
                                                                                 alles möglich wird, wenn sie sich ganz als Mensch zeigen und erleben,
Das ESF-Bundesprogramm „Elternchance II: Familien früh für Bildung gewinnen“     dass jede*r etwas Besonderes ist und wie wertvoll jeder einzelne Beitrag
kommt zum 31. Dezember 2021 zum Abschluss, die Elternbegleitung damit            in der Runde sein kann. Vielfalt wurde als echter Reichtum erkannt und
jedoch nicht zu ihrem Ende. Das BMFSFJ plant, das ESF Plus-Bundesprogramm        gewürdigt.
„ElternChanceN – mit Elternbegleitung Familien stärken“ zu realisieren.
Mit dem Standortprogramm sollen Strukturen der Elternbegleitung vor Ort          Immer wieder tief beeindruckt hat uns das wachsende Miteinander: ein
gestärkt und Eltern im Hinblick auf die Erziehungs- und Bildungsweg-             starkes Gefühl der Verbundenheit, der kollegialen emotionalen Nähe
begleitung ihrer Kinder weiterhin unterstützt werden. Dabei sollen Familien      und der positiven offenen Atmosphäre. Es hat sich im Laufe der Jahre
in besonderen Lebenslagen und Eltern mit Kindern bis zum Grundschulalter         verstärkt und wurde für uns ein natürliches „Ergebnis“ der dialogischen
besonders in den Blick genommen werden. Und das Konsortium Elternchance          Haltung und eines durch und durch salutogenen Menschenbildes.
setzt die Arbeit als solidarisches Lenkungsorgan mit der gemeinsamen Um-
setzung des Projektes „Verstetigung und Qualitätssicherung von Eltern-           Wir haben viel gelacht, miteinander und mit den Teilnehmenden. Dabei
begleitung“ fort, das ebenfalls vom BMFSFJ gefördert wird.                       hat die wertschätzende und gestärkte Beziehung zwischen uns als
                                                                                 Dozent*innen mit dazu beigetragen, dass die Atmosphäre sehr angenehm
Mit unserer Broschüre möchten wir etwas von dem „Geist“ des ESF Bundes-          und wertschätzend war.
programms und der dialogischen Haltung nachvollziehbar machen. Wir
hoffen, dass uns dies gelungen ist, und wünschen eine anregende Lektüre.         GERHILD DAMM UND FRANK SCHUBERT,
                                                                                 DOZENT*INNEN

                                                                               (Teil 2 siehe S. 100)

6                                                                              RÜCKBLICK VON DOZENT*INNEN 1                                                  7
FACHKOMPETENZ BÜNDELN                                                                ihr Engagement und ihre Fähigkeit zu einer trägerübergreifenden Zusammen-
                                                                                             arbeit und ihr Interesse, durch ein gemeinsam getragenes Konzept der
        Das Konsortium Elternchance                                                          Professionalisierung den neuen Herausforderungen in der Familienbildung
                                                                                             und Elternarbeit gerecht zu werden. Es entstanden im Rahmen beider ESF-
                                                                                             Bundesprogramme Curricula zur Qualifizierung von Fachkräften zu Eltern-
    Von Dr. Verena Wittke,               Mit den ESF-Bundesprogrammen Elternchance           begleiter*innen und somit eine Weiterqualifizierung, die die Stärkung der
    Referentin für Familienbildung       I und II hat das Bundesfamilienministerium eine     Fachkräfte in bildungsbezogenen Themenfeldern und in der Zusammenarbeit
    beim AWO Bundesverband e.V.
                                         Erfolgsgeschichte geschrieben. Das Konsortium       mit Eltern und Familien vor allem in benachteiligenden Lebenslagen zum
    und zertifizierte Elternbegleiterin
                                         Elternchance wirkt als Kooperationspartner des      Ziel hat. Dabei wurden in den Verbänden bereits erprobte und implementierte
                                         BMFSFJ an der Umsetzung der Programme „Eltern-      Ansätze, Eltern von Anfang an für die Bildungsverläufe ihrer Kinder zu
                                         chance ist Kinderchance“ und „Elternchance          sensibilisieren, aufgegriffen und weiterentwickelt. Zu Elternbegleiter*innen
                                         II – Familien früh für Bildung gewinnen“ mit. Im    weiterqualifizierte Fachkräfte sollten mehr noch als bisher in der Lage sein,
                                         Interesse von Kindern und Familien tragen die       allen Eltern und Familien Angebote der Bildung, Begleitung und Beratung zu
                                         Mitglieder des Konsortiums aktiv und träger-        ermöglichen, und durch die Entwicklung aufsuchender Ansätze dazu beitragen,
                                         übergreifend zur Überwindung einer immer mehr       dass Eltern ihre Kinder von klein auf in ihren Bildungsprozessen und bei der
                                         sichtbar werdenden Bildungs- und Teilhabe-          Bewältigung von Bildungsübergängen aktiv begleiten können.
                                         ungerechtigkeit sowie zu einem Aufwachsen
                                         aller Kinder im Wohlergehen bei. Strukturell hat    ELTERNCHANCE I UND II: EINE ERFOLGSGESCHICHTE
                                         sich der solidarische Ansatz des Konsortiums
                                         Elternchance als gemeinsames Lenkungsorgan          Das Bundesfamilienministerium hat mit den ESF-Bundesprogrammen
                                         eines großen Bundesprogramms bewährt.               Elternchance I und II Erfolgsgeschichte geschrieben: Mehr als 14.000 zu
                                                                                             Elternbegleiter*innen qualifizierte pädagogische Fachkräfte bundesweit
                                         RÜCKBLICK                                           sind in Familienbildung, Kita, Schule und anderen Einrichtungen tätig, um
                                                                                             mit ihren Angeboten, z. B. in Kitas, Familienzentren und Familienbildungs-
1
    AWO Arbeiterwohlfahrt Bundes-        2010 haben sich sechs bundeszentral tätige          stätten, Eltern frühzeitig und zielgruppengerecht für die Bildungsverläufe
    verband e.V., AKF – Arbeits-         Organisationen1, die Aufgaben der Familienbildung   ihrer Kinder zu sensibilisieren, zu den Übergängen im Bildungssystem zu
    gemeinschaft für katholische
                                         wahrnehmen und deren Interessen vertreten, zum      beraten und Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.
    Familienbildung e.V., Deutsche
    Evangelische Arbeitsgemein-          Konsortium Elternchance zusammengeschlossen,
    schaft Erwachsenenbildung            um gemeinsam als verbindlich handelnder Akteur      ÜBERWINDUNG VON BILDUNGS- UND TEILHABEUNGERECHTIGKEIT
    DEAE e.V., eaf – evangelische        und Kooperationspartner des Bundesministeriums
    arbeitsgemeinschaft familie e.V.,
    familienbildung deutschland
                                         für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)   Obwohl unterschiedlich in ihren Wertegrundlagen und ihrem trägereigenen
    – Katholische Bundesarbeitsge-       an der Umsetzung der Programme „Elternchance        Aufgabenverständnis, verband und verbindet die Mitglieder des Konsortiums
    meinschaft für Einrichtungen der     ist Kinderchance“ (2011-07/2015) und „Eltern-       Elternchance bis heute eine gemeinsame Sicht auf die gesamtgesellschaftlichen
    Familienbildung, Paritätisches
                                         chance II – Familien früh für Bildung gewinnen“     Herausforderungen, die durch soziale Bildungsbenachteiligung und strukturelle
    Bildungswerk Bundesverband
    e.V.                                 (ab 08/2015) mitzuwirken. Mit ihrem Zusammen-       Bildungsbarrieren gegeben sind. Gemeinsam wirken sie mit den ihnen verfügbaren
                                         schluss dokumentierten die beteiligten Verbände     Mitteln und Kompetenzen daran mit, ein erweitertes Bildungsverständnis

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zu entwickeln, und tragen im Interesse von Kindern und Familien aktiv und       Begleitung. Im Rahmen des ESF-Bundesprogramms Elternchance II wurde
trägerübergreifend zur Überwindung einer immer mehr sichtbar werdenden          das Curriculum in Kooperation mit dem Kompetenzteam Frühe Bildung an
Bildungs- und Teilhabeungerechtigkeit sowie zu einem Aufwachsen aller           der Evangelischen Hochschule Berlin überarbeitet. Die 2011 in Zusammenarbeit
Kinder im Wohlergehen bei.                                                      mit Prof. Dr. Tschöpe-Scheffler entwickelten grundlegenden Qualifizierungs-
                                                                                inhalte des ersten Bundesprogramms zu Voraussetzungen und Bedingungen
KOOPERATIONSPRAXIS MIT MODELLCHARAKTER                                          kindlicher Bildungsprozesse, dialogischer Haltung in der Beratung und
                                                                                Begleitung von Eltern sowie vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung wurden
Die Mitglieder des Konsortiums Elternchance verstehen ihre langjährige          inhaltlich aktualisiert und um das Themenfeld Familie – Partnerschaftlichkeit und
Kooperationspraxis auch als Modell für die regionalen Akteur*innen der          Wohlergehen ergänzt. So ermöglicht die Weiterqualifizierung den teilnehmen-
beteiligten Verbände, um auch vor Ort zu verbindlichen Absprachen sowie         den Fachkräften die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebens-
zu von Transparenz, Fairness und klarer Zielorientierung bestimmten träger-     lagen und Lebensentwürfen von Familien ebenso wie die Entwicklung einer
übergreifenden Kooperationsformen zu kommen und die Familienbildung             diversitätssensiblen und inklusiven Bildungsbegleitung auf der Basis des
gemeinsam weiterzuentwickeln. So regen die Mitglieder des Konsortiums           dialogischen Ansatzes.
Elternchance auf lokaler und regionaler Ebene Bündnisse der für die Familien-
bildung relevanten Akteur*innen an und unterstützen bestehende Bündnisse        PARADIGMENWECHSEL IN DER FAMILIENBILDUNG
insbesondere mit dem Ziel, Einsatz- und Arbeitsmöglichkeiten der Eltern-
begleiter*innen strukturell zu verankern und zu verstetigen.                    Mit der inhaltlichen und didaktischen Fokussierung der Qualifizierung auf
                                                                                eine nachhaltige Veränderung der professionellen Haltung von Fachkräften
WAS HAT DAS KONSORTIUM ELTERNCHANCE ERREICHT?                                   leistete das Konsortium Elternchance einen spürbaren Beitrag zu einem
                                                                                notwendigen und bereits vor einigen Jahren begonnenen Paradigmenwechsel
Schon das erste Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ zeigte           in der Familienbildung und in der Zusammenarbeit mit Eltern. Dieser
positive und nachhaltige Ergebnisse für die Arbeitsfelder Familienbildung       Paradigmenwechsel bringt es mit sich, Fachkräfte zu einer dialogorientierten
und Frühpädagogik. Indem Elternbegleitung sich an alle Familien wendet, kann    und wertschätzenden Zusammenarbeit mit allen Eltern zu befähigen. Die
eine Stigmatisierung teilnehmender Eltern und Kinder weitestgehend vermieden    Teilnehmenden selbst berichten insbesondere über spürbare und nachhaltige
und gleichzeitig eine Integration in die Alltagsroutine von Einrichtungen       Kompetenzgewinne in Bezug auf die wertschätzende und kultursensible
ermöglicht werden. Die zentralen Ergebnisse der Evaluation lassen erkennen,     Zusammenarbeit mit Eltern unterschiedlicher Herkunft und Milieus. Besonders
dass das Programm einen bedeutenden Beitrag zur Professionalisierung            nachhaltig sind die Zuwächse an Gesprächskompetenz und zielgruppen-
von Fachkräften und auf diesem Wege zur Stärkung von Eltern leistet. Mit        spezifischer Empathie (vgl. BMFSFJ 2014, S. 15 ff.).
ihrem Fokus auf die Förderung von Bildungschancen von Kindern und eine
dialogische Zusammenarbeit mit Eltern und Familien füllt die Qualifizierung     QUALITATIVE VERBESSERUNG DER ZUSAMMENARBEIT MIT ELTERN UND FAMILIEN
eine Lücke in der Fort- und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte
zur Bedeutung und Rolle von Eltern in Bildungsbelangen. Ihre besonderen         Die weit überwiegende Mehrheit der qualifizierten Fachkräfte berichtet davon,
Merkmale liegen dem Abschlussbericht zur Evaluation (DJI/FAU 2015, S. 17)       dass sie die vermittelten Inhalte und Kenntnisse auch in ihrem Arbeitsalltag
zufolge in der fachlichen Schwerpunktsetzung auf Familie als Bildungsort,       umsetzt und anwendet. Rückmeldungen von Elternbegleiter*innen lassen
der hohen Anwendungs- und Praxisrelevanz, der weitgehenden Kostenfreiheit       den Schluss zu, dass sich die Zusammenarbeit der qualifizierten Fachkräfte
für die Teilnehmenden sowie der systematischen und wissenschaftlichen           mit den Eltern und Familien qualitativ verbessert hat. Durch veränderte

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Ansprache, durch neu entwickelte Zugangswege und anders gestaltete              FAZIT UND AUSBLICK                                        LITERATUR
Formate konnten mehr und andere Familien als bisher erreicht werden.
                                                                                                                                      BMFSFJ (2014): Das Programm
Insbesondere Elternbegleiter*innen mit eigenem Migrationshintergrund            Sechs unterschiedliche Verbände und Organisationen
                                                                                                                                      „Elternchance ist Kinderchance“.
können als Schlüssel im Zugang zu Familien mit nicht-deutscher Herkunft         haben sich auf Grundlagen und Leitlinien für die      Zentrale Befunde der Evaluation.
verstanden werden. Die Befragung der Eltern bestätigt die gute Zusammen-        Weiterentwicklung des Arbeitsfeldes geeinigt und      Online verfügbar unter
arbeit und die durchweg positiven Erfahrungen mit Elternbegleiter*innen         verfolgen diese Ziele miteinander in gegenseitiger
(vgl. BMFSFJ 2014). Eltern können sich durch eine neue Form des Zusammen-       und konstruktiver Anregung. Strukturell hat sich
spiels mit Fachkräften „sowohl in der Einrichtung als auch zu Hause als         dieser gemeinsame und solidarische Ansatz des
Gestalter des eigenen Lebens wahrnehmen, neue eigene Bewältigungs-              Konsortiums Elternchance als gemeinsames
                                                                                                                                      Zuletzt geprüft am 14.09.2021
mechanismen finden und einüben, durch ermutigende dialogische Begegnungen       Lenkungsorgan eines großen Bundesprogramms
die intrinsische motivationale Kraft finden, Situationen zu ändern und selbst   bewährt. Erkennbar wird, dass träger- und             DJI/FAU (2015): Evaluation des
herausfinden, wo und wie sie Unterstützung und Hilfe benötigen“ (Tschöpe-       professionsübergreifende Zusammenarbeit               Bundesprogramms „Elternchance
                                                                                                                                      ist Kinderchance – Elternbegleitung
Scheffler 2013, S. 113).                                                        durch eine wirkungsvolle Bündelung von Fach-          der Bildungsverläufe der Kinder“.
                                                                                kompetenz Synergien schafft, die für die Weiter-      Abschlussbericht. München
Die bundesweit hohe Nachfrage nach der Weiterqualifizierung durch Fachkräfte,   entwicklung der fachlichen Arbeit ebenso nutzbar
                                                                                                                                      Tschöpe-Scheffler, Sigrid
Einrichtungen und Träger und die zunehmende Debatte über wertschätzende und     sind wie für die Vertretung der Interessen von
                                                                                                                                      (2013): Über die Haltung in der
partizipative elternbezogene Arbeit im Arbeitsfeld zeigen, dass es gelungen     Familien.                                             Zusammenarbeit mit Familien.
ist, die Bedeutung einer wertschätzenden Zusammenarbeit mit Eltern und                                                                In: Kompetenzteam Wissen-
die Stärkung von Familie als erstem und weichenstellendem Bildungsort für       Um die Ergebnisse und Leistungen der bislang          schaft des Bundesprogramms
                                                                                                                                      „Elternchance ist Kinderchance“
Kinder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken.                         zehnjährigen gemeinsamen Projektarbeit zum
                                                                                                                                      Corell, Lena; Lepperhoff, Julia
                                                                                Nutzen der öffentlich verantworteten Familien-        (2013) (Hrsg.): Frühe Bildung in
                                                                                bildung und ihrer Verbandsorganisationen zu           der Familie. Perspektiven der
                                                                                erhalten und weiterzuentwickeln, haben die            Familienbildung. Weinheim und
                                                                                                                                      Basel. S. 105-117
                                                                                dem Konsortium Elternchance angehörenden
                                                                                Organisationen den Beschluss gefasst, die
                                                                                Zusammenarbeit im Rahmen eines Kooperations-
                                                                                verbundes Familienbildung fortzusetzen mit
                                                                                dem Ziel, sich über die Elternchance-Programme
                                                                                hinaus am fachpolitischen Diskurs zu beteiligen
                                                                                und sich auf Bundes- und Länderebene weiterhin
                                                                                trägerübergreifend für die Interessen der Familien-
                                                                                bildung einzusetzen.

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HALTUNG ZEIGEN                                                                             das Elternhaus erfahren. Weit vor Eintritt in Kita und Grundschule wird in
                                                                                               der Familie das Fundament für die Bildungsbiografie der Kinder gelegt.
    Paradigmenwechsel in der Familienbildung                                                   Die Vermittlung vielfältigster Bildungsinhalte und die Erschließung von
                                                                                               Bildungsumwelten durch Eltern und Familie beginnen im frühesten Kindes
                                                                                               alter und reichen bis an die Schwelle zu Ausbildung und Berufsleben. Bildungs
Von Dr. Verena Wittke,               Die Programme Elternchance I und II haben in              prozesse können vor allem dann gelingen, wenn Eltern ihre Kinder von Anfang
Referentin für Familienbildung       der Familienbildung weitreichende Veränderungs-           an selbstbewusst und kompetent auf den vielfältigen Bildungswegen begleiten
beim AWO Bundesverband e.V.
                                     prozesse befördert und beschleunigt. Die modular          und in ihnen die Freude am Lernen wecken, fördern und erhalten können. Die
und zertifizierte Elternbegleiterin
                                     angelegte berufliche Weiterqualifizierung zum*zur          Verantwortung als (Mit-)Gestalter*innen des Bildungs-, Berufs- und Lebens-
                                     Elternbegleiter*in erweitert das Wissen und               weges ihrer Kinder erfordert aufseiten der Eltern ein hohes Maß an sozialen,
                                     die praktische Handlungskompetenz von                     persönlichen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen sowie umfassende
                                     pädagogischen Fachkräften in der dialogischen             Erziehungs- und Bildungskompetenzen. Fehlende Ressourcen und unzureichende
                                     Bildungsberatung und -begleitung von Eltern.              Zugangsmöglichkeiten zu Informationen, Hilfe und Unterstützung der Eltern
                                     Elternbegleitung leistet somit einen wichtigen            hingegen, wie sie sich insbesondere bei Familien in benachteiligenden
                                     Beitrag auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit im              Lebenslagen finden, wirken sich oft lebenslang nachteilig auf Bildungswege
                                     Hinblick auf Bildung, Integration und Teilhabe            und -chancen der Kinder aus.
                                     von Familien.
                                                                                               ELTERNCHANCE I UND II
                                     BILDUNGSPROZESSE FÖRDERN UND BILDUNGSWEGE
                                     BEGLEITEN                                                 Im Bewusstsein dessen, dass die Bildungschancen von Kindern in einem
                                                                                               entscheidenden Maße von den Lebensumständen und Handlungsmöglichkeiten
                                     Eine gute Bildung ist ein Schlüssel für ein erfüllendes   der Eltern mitbestimmt werden und um Eltern in ihren anspruchsvollen
                                     und selbstbestimmtes Leben mit guten Perspektiven         Aufgaben zu stärken, startete die Bundesregierung 2011 im Rahmen der
                                     und somit nicht nur für den einzelnen Menschen            „Qualifizierungsoffensive für Deutschland“ das Programm „Elternchance ist
                                     selbst, sondern auch mit Blick auf die Gesell-            Kinderchance“. Wegen des großen Erfolgs ging 2015 das Folgeprogramm
                                     schaft ein hohes Gut. Spätestens seit dem zwölften        „Elternchance II – Familien früh für Bildung gewinnen“ an den Start. Mit
                                     Kinder- und Jugendbericht ist der Diskurs von einem       diesen Programmen hat das BMFSFJ in den vergangenen 10 Jahren einen
                                     erweiterten Verständnis von Bildung bestimmt, das         Paradigmenwechsel in der Familienbildung befördert und auch einen bildungs-
                                     deutlich über schulisch vermittelte und arbeits-          politischen Perspektivwechsel initiiert: Im Rahmen dieser Programme erwerben
                                     relevante Bildungsinhalte und institutionelle             pädagogische Fachkräfte in einer modular angelegten beruflichen Weiter-
                                     Bildungsorte hinausgeht. Mit diesem erweiterten           qualifizierung zusätzliches Wissen und praktische Handlungskompetenz
                                     Verständnis ist Familie als früher und neben Kita         in der dialogischen Bildungsberatung und -begleitung von Eltern. Die vom
                                     und Schule zentraler Bildungsort stärker in den           Konsortium Elternchance umgesetzte Qualifizierung basiert auf der Konzeption
                                     Fokus gerückt: Es ist unbestritten, dass faire            einer „situativen und dialogischen“ Familienbildung (Tschöpe-Scheffler
                                     Chancen von Kindern eng mit der Förderung und             2013), für die die Ausbildung einer kommunikativ-sensiblen, zugewandten
                                     der Begleitung verknüpft sind, die Kinder durch           und dialogischen Grundhaltung und der situationsadäquate Rückgriff auf

    14                                                                                         THEORIETEIL                                                                15
fundiertes Fachwissen ebenso charakteristisch sind wie die Reflexion der          Reichtum versteht und deren Anliegen im Abbau jedweder Ausgrenzung und
eigenen professionellen Rolle und Haltung in der Zusammenarbeit mit Eltern        Benachteiligung liegt. Die dialogische Grundhaltung der Elternbegleiter*innen
und Familien. Die Evaluationsergebnisse für die erste Programmlaufzeit, die       in der Zusammenarbeit mit den Familien steht für den Respekt vor der Einzig-
durch das vom BMFSFJ beauftragte Forschungsteam Ende 2014 vorgelegt               artigkeit eines Menschen und dem Eigen-Sinn von Familien, für das Bewusst-
wurden, zeigen in zentralen Punkten die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit            sein um die Begrenztheit der eigenen (professionellen) Sicht und Expertise
des Weiterqualifizierungsangebots auf und belegen die hohe Nachfrage der          und die Offenheit für individuelle und vielfältige Lebensformen. Sie ermöglicht
Fachkräfte nach dem Angebot. Es wird sichtbar, wie sich „die teilnehmenden        eine gleichwürdige Begegnung zwischen Familie und Fachkraft und traut es Eltern
Fachkräfte Wissen und Kompetenzen zur Elternbegleitung aneignen und wie           zu, ihren Kindern Chancen zu ermöglichen. Eltern fühlen sich willkommen,
durch ihre veränderte Zusammenarbeit mit Eltern deren Erziehungskompetenzen       wertgeschätzt und eingeladen zu einer gemeinsamen Arbeit im Interesse ihres
und Bildung in den Familien gefördert werden“ (BMFSFJ 2014, S. 6).                Kindes und erfahren sich als selbstwirksame Gestalter*innen ihres Lebens.
                                                                                  „Jede und jeder kann durch den Dialog ermutigt werden, das Vertrauen in die
STÄRKUNG VON BILDUNGSKOMPETENZEN                                                  eigene Urteilsfähigkeit und das Gespür für den eigenen ,richtigen‘ Weg wieder
                                                                                  zu finden. Das macht die Menschen langfristig unabhängiger vom Urteil so-
In ihren unterschiedlichen Arbeitsfeldern wenden sich Fachkräfte mit der          genannter Experten und deren Wissen und es stärkt sie.“ (Schopp 2019, S. 21
Qualifikation „Elternbegleiter*in“ an die Eltern und Familien mit dem Ziel, die   f.). Dies setzt voraus, dass sich die Fachkraft selbst als Lernende wahrnimmt,
Familien in ihrem Wunsch nach Bildung, in ihren Bildungskompetenzen und           die keine Lösungen vorgibt, sondern die Familienmitglieder als Expert*innen
in der Wahrnehmung ihrer Bildungsinteressen zu stärken. Mütter, Väter und         ihrer Lebenswelt, ihre Einzigartigkeit und ihren Eigensinn anerkennt und ihnen
andere an der Erziehung Beteiligte werden für die Kompetenzen und Selbst-         die Entwicklung eigener Lösungen zutraut. Sie selbst versteht sich als fach-
lernprozesse junger Kinder, aber auch der Vorschul- und Grundschulkinder          kundige Begleiterin auf diesem Weg, die durch eine erkundende Haltung und
sensibilisiert und zu Bildungsgelegenheiten im Alltag wie auch zu Bildungs-       eine Einladung zum Perspektivenwechsel Mütter, Väter und Kinder darin be-
übergängen beraten. Gleichzeitig werden sie in ihren Ressourcen gestärkt, auf     stärkt, eigene Stärken (wieder) wahrzunehmen, Ressourcen zu erkennen und
der Suche nach eigenen Lösungen begleitet und zu einer Erweiterung ihrer          eigene Potenziale selbstbewusst auszuschöpfen. Menschen, die sich in dieser
(bildungsbezogenen) Handlungsoptionen angeregt. Indem Fachkräfte für die          Weise als selbstwirksam erleben und verstehen, haben gute Voraussetzungen
Zusammenarbeit mit den Eltern und Familien eine Atmosphäre zu schaffen            dafür, ihre (Bildungs-)Chancen und die ihrer Kinder zu erkennen und wahrzu-
vermögen, die eine vorbehaltlos respektvolle Begegnung der beteiligten            nehmen. Dies geht einher mit der Bereitschaft der Elternbegleiter*in, eigenes
Menschen, einen offenen Austausch und einen gemeinsamen Denk- und Lern-           Handeln, Vorannahmen, Erfahrungen und Prägungen in den Blick zu nehmen
prozess zulässt, können auf beiden Seiten Vertrauen und Verstehen wachsen         und zu hinterfragen. Indem die Weiterqualifizierung dialogisches Lernen und
und die gemeinsame Arbeit verändern. Elternbegleitung wird so zu einem            dialogische Haltung den Teilnehmenden nicht allein vermittelt, sondern sie
wichtigen Beitrag auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit im Hinblick auf Bildung,      diese unmittelbar erfahren lässt, wirkt sie als Modell für die zukünftige dialogische
Integration und Teilhabe und zu einem Aufwachsen aller Kinder im Wohlergehen.     Arbeit der Elternbegleiter*innen.

DIALOGISCHE GRUNDHALTUNG                                                          INNOVATIVE FORMEN UND SETTINGS

Die dialogische Grundhaltung von Elternbegleiter*innen, wie sie sich aus der      Vielfach gelingt es den in diesen Programmen ausgebildeten Eltern-
konzeptionellen Grundorientierung der Weiterbildung ableitet, beinhaltet eine     begleiter*innen durch ihre anerkennende, vorurteilsbewusste und achtsame
klare Positionierung hin zu einer Familienbildung, die Unterschiedlichkeit als    Haltung gegenüber allen Familien – unabhängig von deren Herkunft, Bildung

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und Ethnie – aber auch über innovative Formen und Settings, Barrieren ab-            BESCHLEUNIGTE VERÄNDERUNGSPROZESSE                        LITERATUR
zubauen und verstärkt Familien zu erreichen, die bislang von Angeboten der
                                                                                                                                           BMFSFJ/Prognos AG (2021):
Eltern- und Familienbildung ausgeschlossen geblieben sind. Dabei profitieren         Aber auch, wenn immer noch „Luft nach oben“
                                                                                                                                           Familienbildung und Familien-
Familien auch davon, dass das Bemühen der Elternbegleiter*innen verstärkt            ist – diese Veränderungsprozesse sind durch           beratung in Deutschland. Bericht.
darauf gerichtet ist, Netzwerke innerhalb ihres Sozialraums auf- und auszu-          die Elternchance-Bundesprogramme mit ihren            Düsseldorf/Freiburg
bauen: Die Kenntnis weiterer Angebote im Sozialraum und ein guter Kontakt zu         14.000 zertifizierten Elternbegleiter*innen spürbar
                                                                                                                                           BMFSFJ (2014): Das Programm
anderen Akteur*innen ermöglichen es ihnen, im Sinne einer „Lotsen“funktion,          befördert und beschleunigt worden. Die nach-          „Elternchance ist Kinderchance“.
Familien ihren Bedürfnissen und Bedarfen entsprechend, zügig andere oder             folgenden Praxisbeispiele aus Einrichtungen der       Zentrale Befunde der Evaluation.
weiterführende Dienste und Angebote innerhalb des sozialen Nahraumes                 beteiligten Verbände zeigen, – exemplarisch zwar,     Online verfügbar unter
zugänglich zu machen.                                                                aber dennoch deutlich – wie Elternbegleitung
                                                                                     auf der Grundlage dieser Weiterqualifizierung
FAMILIENBILDUNG IM WANDEL                                                            die Zusammenarbeit mit Eltern, das Miteinander
                                                                                     im Team, die Einrichtungskultur und somit die         Zuletzt geprüft am 14.09.2021
Die 2021 veröffentlichte Bestandsaufnahme Familienbildung und Familien-              Familienbildungspraxis verändert hat. Gleich-
beratung (BMFSFJ/ Prognos AG 2021) in Deutschland zeigt auf, wie sehr sich           wohl bleibt noch viel zu tun, um Elternbegleitung     Engelbert, Angelika (o.J.) Familie
                                                                                                                                           und Bildung – Herausforderungen
Familienbildung in Deutschland vor allem in den vergangenen zehn Jahren              und Familienbildung langfristig zu sichern und zu
                                                                                                                                           und Ansatzpunkte für Kommunen.
verändert hat: So ist der Anteil der Familien mit niedrigem und mittleren sozialen   finanzieren.                                          Online verfügbar unter
Status in der Familienbildung deutlich gewachsen. Familienbildung ergänzt                                                                  http://www.familie-in-nrw.de/
ihre Angebote in den Familienbildungseinrichtungen zunehmend durch auf-                                                                    vertiefungstext-familie-
                                                                                                                                           bildung.html. Zuletzt geprüft am
suchende und mobile Angebote. Bildungsbegleitung als Themenfeld in der
                                                                                                                                           14.09.2021
Familienbildung erfährt spürbar einen Bedeutungszuwachs. Die bildungs- und
gesellschaftspolitische Bedeutung von Familienbildung ist in der Politik an-                                                               Schopp, Johannes (2019): Eltern
gekommen, wenngleich zeitgemäße und den hohen Ansprüchen an Familien-                                                                      Stärken. Die Dialogische Haltung
                                                                                                                                           in Seminar und Beratung. Ein
bildung entsprechende Förderstrukturen vielfach noch ausstehen.                                                                            Leitfaden für die Praxis. 6.,
                                                                                                                                           vollständig überarbeitete Auflage.
                                                                                                                                           Opladen, Berlin, Toronto

                                                                                                                                           Tschöpe-Scheffler, Sigrid
                                                                                                                                           (2013): Über die Haltung in der
                                                                                                                                           Zusammenarbeit mit Familien.
                                                                                                                                           In: Kompetenzteam Wissenschaft
                                                                                                                                           des Bundesprogramms „Eltern-
                                                                                                                                           chance ist Kinderchance“ Corell,
                                                                                                                                           Lena; Lepperhoff, Julia (2013)
                                                                                                                                           (Hrsg.): Frühe Bildung in der Familie.
                                                                                                                                           Perspektiven der Familienbildung.
                                                                                                                                           Weinheim und Basel. S. 105-117

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FAMILIEN STÄRKEN                                                                     Arbeit der Elternbegleiter*innen vor Ort weiter. In vielen Einrichtungen fanden
                                                                                         sie kreative Möglichkeiten, um mit den Familien in Kontakt zu bleiben. Der
   Elternbegleitung in der Praxis                                                        Bedarf an Austausch und Vernetzung war auch in dieser Zeit sehr groß.
                                                                                         Diesem begegneten wir mit dem neuen Format der „Digitalen Austauschforen“.
                                                                                         Neben den übergreifenden Projekten kamen zudem immer wieder die jeweiligen
Von Dr. Sandra Mirbek,             Wie eine konstruktive, wertschätzende und             verbandseigenen Strukturen und Akteur*innen zum Tragen.
Koordinatorin Elternchance,        dialogische Zusammenarbeit mit Familien erreicht
Arbeitsgemeinschaft für
                                   wird und Elternbegleitung sich als langfristige       Die folgenden Praxisberichte geben Einblicke in die vielfältige Arbeit der
katholische Familienbildung e.V.
(AKF), Bonn                        Ressource implementieren lässt, illustrieren die      Elternbegleiter*innen vor Ort. Sie decken ein breites Spektrum an Arbeits-
                                   Beispiele guter Praxis aus den sechs Verbänden        feldern sowie verschiedene Perspektiven ab: von Elternbegleitung in Kitas
                                   des Konsortiums Elternchance.                         und Schulen über die Familienbildung bis hin zum Sozialraum. Zudem
                                                                                         werden beispielsweise Kooperationen mit Fachberatungen, Lehrkräften, dem
                                   Im Rahmen des Programms „Elternchance II –            Jugendamt oder Bistum deutlich, ebenso Schritte von einzelnen zertifizierten
                                   Familien früh für Bildung gewinnen“ sind zahlreiche   Fachkräften hin zu einem verbandlichen Gesamtkonzept.
                                   Elternbegleiter*innen ausgebildet worden, die
                                   in verschiedenen Arbeitsfeldern der Kinder- und       ELTERNBEGLEITUNG ALS RESSOURCE
                                   Jugendhilfe sowie der Familienbildung tätig sind.
                                   Dazu gehören beispielsweise Kindertagesstätten,       Die Beiträge zeigen, wie eine konstruktive, wertschätzende und dialogische
                                   Familienzentren, Wohnheime, Schulen, Familien-        Zusammenarbeit mit den Familien erreicht werden kann und welche Maß-
                                   bildungsstätten, Jugendclubs oder Freizeitein-        nahmen ergriffen werden, um Elternbegleitung als langfristige Ressource
                                   richtungen. Vor Ort entstanden vielfache Beispiele    zu implementieren. Besonders gut gelingt dies in Einrichtungen, in denen
                                   guter Praxis sowie regionale und überregionale        mehrere Fachkräfte oder idealerweise das gesamte Team die Qualifizierung
                                   Vernetzungen. Diese wurden teilweise durch das        durchlaufen haben und eine kontinuierliche Fortbildung möglich ist. Auch
                                   Format der „Lokalen Netzwerktreffen“ (LNTs) im        die gezielte Einstellung von Elternbegleiter*innen oder das Zur-Verfügung-
                                   Rahmen des Bundesprogramms angestoßen oder            Stellen von Stundenkontingenten explizit für die Elternbegleitung erleichtert
                                   auch durch Fachkräfte vor Ort initiiert.              die Arbeit mit Familien spürbar. Hier werden auch Forderungen nach einer
                                                                                         festen Anzahl von freigestellten Stunden für die Elternbegleitung deutlich,
                                   VERSCHIEDENE PERSPEKTIVEN AUF ELTERN-                 die sowohl für die Zusammenarbeit mit Eltern vor Ort als auch für die Fort-
                                   BEGLEITUNG                                            bildung und den Austausch bzw. die Reflexion der Fachkräfte notwendig sind.

                                   Die Projektkoordinatorinnen der sechs Verbände        Insgesamt zeigt sich, dass Elternbegleitung viele verschiedene Facetten
                                   des Konsortiums Elternchance (AWO, AKF, eaf,          aufweist, gut in die jeweiligen Einrichtungen implementiert werden kann, das
                                   DEAE, BAG, PB) konnten diese Entwicklungen in         Programm zur Verbesserung der Qualität und Effizienz von Elternbegleitung
                                   den letzten Jahren durch viele persönliche oder       im Sozialraum beiträgt und eine nachhaltige strukturelle und finanzielle Unter-
                                   virtuelle Kontakte miterleben und begleiten. Trotz    stützung der Elternbegleiter*innen vor Ort gewährleistet werden muss, um
                                   der pandemiebedingten Einschränkungen lief die        die erreichte Qualität beizubehalten bzw. weiter ausbauen zu können.

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GEMEINSAM FÜR EIN STARKES MITEINANDER                                               „Bei diesen Treffen arbeiten wir auch an Angeboten für Eltern. So sind der Podcast
                                                                                       „Kleine Auszeit“ und eine Videoreihe zum Schulanfang als Gemeinschafts-
   Elternbegleitung beim AWO KV Südost                                                 projekte entstanden“, erklärt eine der Elternbegleiter*innen. „Diese Treffen
                                                                                       geben Raum und Zeit, um mit den Kolleg*innen in Kontakt zu kommen, sich
                                                                                       auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. So, wie es die Eltern-
Von Kathrin Najasek, Fach-      In einem starken Miteinander können aus Impulsen       begleiter*innen in Kitas, Familienzentren, Beratungsstellen und Grundschulen
beratung Elternbegleitung bei   Ideen und aus Ideen Visionen werden: Dafür             des Kreisverbandes tagtäglich mit den Eltern tun“, ergänzt die Fachberaterin.
der AWO Berlin Kreisverband
                                steht die Elternbegleitung bei der AWO Berlin
Südost e.V.
                                Kreisverband Südost.                                   GELINGENSFAKTOREN VON A WIE AUSTAUSCH BIS Z WIE ZEIT

                                Berlin, Tempelhofer Feld. Juni 2021. Neun Eltern-      Eine fachliche Begleitung, regelmäßiger Austausch und damit die Möglichkeit,
                                begleiter*innen und die Fachberaterin Kathrin          sich miteinander weiterzuentwickeln und zu vernetzen, sind nur eine Aus-
                                Najasek sitzen im Kreis. Die gestaltete Mitte zeigt    wahl der Gelingensfaktoren für den erfolgreichen Einsatz und die langfristige
                                Blumen, persönliche Gegenstände und Dialog-            Implementierung der Ressource Elternbegleitung. Hinzu kommen Zeit für
                                karten. Ein Dialogspaziergang steht an – der           die Arbeit, finanzielle Absicherung, die strukturelle Verankerung in den Ein-
                                Abschluss eines langen, arbeitsintensiven Tages.       richtungen sowie Geduld und eine partizipative Haltung. Das partizipative
                                Wie verschaffe ich mir Luft und Freiraum, wenn         Element bezieht sich dabei augenscheinlich auf die Bildungsarbeit mit den
                                mal wieder alles zu viel ist? – Dieses Thema ist für   Familien, aber genauso auch auf die Zusammenarbeit der Elternbegleiter*innen
                                Eltern gleichermaßen relevant wie für die Fach-        untereinander und im Fachbereich: Ein interdisziplinäres Team arbeitet
                                kräfte. Es wurde bei den Vorbereitungen auf das        gemeinsam an den Herausforderungen und bestmöglichen Unterstützungs-
                                Netzwerktreffen vom Team bestimmt.                     angeboten für die Zielgruppe. Dadurch wird der Haltungsanspruch deutlich,
                                                                                       der ausgehend von der Elternbegleitung auch den gesamten Kreisverband
                                REGELMÄSSIGE NETZWERKTREFFEN                           Südost der AWO Berlin bewegt.

                                Seit 2016 das erste Modellprojekt in der Eltern-       VON DEN ERSTEN ZERTIFIZIERTEN AWO-FACHKRÄFTEN BIS ZUM
                                begleitung bei der AWO Berlin Kreisverband Südost      VERBANDLICHEN GESAMTKONZEPT
                                e.V. (AWO KV Südost) startete, kommen Eltern-
                                begleiter*innen in Netzwerktreffen zusammen.           Micaela Daschek, die jetzige Vorstandsvorsitzende, erkannte 2013 den
                                Die Fachberaterin Kathrin Najasek lädt ein und         besonderen Wert der Weiterqualifizierung und ermutigte Fachkräfte aus
                                ist für die Vor- und Nachbereitung zuständig. Als      verschiedenen Bereichen, sich als Elternbegleiter*in fortbilden zu lassen.
                                fachliche Begleitung ist sie ausschließlich für die    Denn: „Die Beziehungsgestaltung ist in der Pädagogik die einzige ‚Währung‘,
                                Elternbegleiter*innen da und bildet eine Schnitt-      die wir haben“, sagt sie. „Nur wenn sie echt, respektvoll, aufmerksam und
                                stelle zwischen Träger, Einrichtungen und dem          wertschätzend von uns praktiziert wird, sind wir langfristig wirksam.“ Mit-
                                Team. Die Stelle wurde im Zuge der Entwicklung         arbeiter*innen der Kitas, Freizeit- und Beratungseinrichtungen im KV Südost
                                einer Gesamtstrategie Elternbegleitung bei der         gestalten seitdem als zertifizierte Elternbegleiter*innen die Elternarbeit und
                                AWO Berlin Kreisverband Südost geschaffen.             tragen ihre Ideen in das Team der Einrichtungen.

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MODELLPROJEKT ELTERNBEGLEITUNG IN BERLIN                                          auch die Lichtenberger Elternbegleiterin Chiara Marceddu. Sie arbeitet mit
                                                                                  Müttern und Vätern, u.a. aus dem Senegal, Gambia, Afghanistan und Albanien.
Zwei Jahre später, 2015, bewarb sich der Kreisverband im Herzen Neuköllns         Die Angebote von Kreativnachmittagen und Elterncafés im Gemüsebeet werden
proaktiv für das Modellprojekt Elternbegleitung in Berlin der Berliner Senats-    gerne besucht. Durch die intensive Kooperation mit der angeschlossenen Kita
verwaltung für Jugend, Bildung und Familie. Der KV Südost geht seitdem            und dem „südost Europa Kultur e.V.“, viel Engagement und einem einladenden
den Fragen nach, wie Elternbegleitung in familienbildenden Einrichtungen und      Blick ist es ihr außerdem gelungen, dass Familien der Sinti und Roma sie als
im Sozialraum wirkt und wie sich die Zusammenarbeit mit Familien, die Bildungs-   vertrauensvolle Ansprechperson wahr- und ihr Begleitungsangebot annehmen.
angebote und die Einrichtungen selbst durch den Einsatz zertifizierter
Elternbegleiter*innen verändern. Im April 2016 starteten vier Fachkräfte mit      EINRICHTUNGEN VERÄNDERN SICH
jeweils 15 Stunden an vier Standorten in Neukölln und Lichtenberg mit dem
Projektziel, Eltern in benachteiligenden Lebenslagen durch leicht zugängliche,    Beteiligung wurde in der Einrichtung am Fennpfuhl, in der Gisa Schmidtke
bildungsbegleitende und beratende Angebote in ihrer Verantwortung zu              die Aufgabe der Elternbegleitung übernommen hat, schon immer groß-
stärken und die Standorte für diese Familien zu öffnen.                           geschrieben. Mit den Eltern kamen die Aktionen: Weihnachtsmärkte werden
                                                                                  in Eigenregie organisiert, wöchentlich findet der Familiengarten statt und bei
NEUE ANGEBOTE ETABLIEREN SICH                                                     den Festen sind unterstützende Eltern, Kinder und Jugendliche nicht mehr
                                                                                  wegzudenken. Über die letzten Jahre hinweg vollzog sich ein Wandel am
Merle Amelung ist als Elternbegleiterin von Anfang an dabei. Sie arbeitet         Standort: von einer Jugendfreizeiteinrichtung zum Haus der Begegnung mit
mit Familien mit Fluchterfahrung in der Frauenberatung Neukölln und bietet        Familienzentrum, Jugendclub, Stadtteilmüttern, Integrationslots*innen und
in den umliegenden Gemeinschaftsunterkünften für Menschen mit Flucht-             einer Elternbegleiterin. Hier begegnet sich die Nachbarschaft des Lichtenberger
erfahrung eine Sprechstunde und Gesprächskreise zu den Themen Bildungs-           Kiezes.
übergänge, Schulbesuch und Lernen an. Sie hört den Familien zu, nimmt
sich Zeit. Zugänge werden ermöglicht und Hürden abgebaut, indem hier              NEUE ZIELGRUPPEN WERDEN ERREICHT
eine Geh-Struktur angeboten wird: Merle Amelung geht nicht nur dorthin,
wo die Familien leben, sondern begleitet sie teilweise auch zu Gesprächen         Mit dem Schwerpunkt ihrer Arbeit schließt Sarah Rockenberger eine Lücke. Sie
in Ämtern, Beratungsstellen und Schulen. Dies wird von den Familien als           ist Elternbegleiterin im Neuköllner Falk-Club, einer kultursensiblen Freizeit-
entlastend erlebt. Dabei verliert die Elternbegleiterin nie den Blick auf die     einrichtung für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf und begleitet
Aktivierung der familiären Ressourcen. Mit der Elternbegleitung etablierte        Familien mit Kindern mit besonderen Bedarfen. Ihrer Arbeit ist es zu verdanken,
sich das Frauenkochen: Frauen gestalten ihre Treffen, kaufen ein, bestimmen       dass es den ersten Stammtisch in Neukölln für Familien mit Kindern mit
Gesprächsthemen und verbinden es mit kreativen Aktionen wie der Glasmalerei.      besonderen Bedarfen in Kooperation mit dem Pflegenetzwerk Berlin gibt.
Gleichzeitig stehen ihnen bei Fragen die Beraterinnen der Frauenberatung
zu Verfügung.                                                                     LEUCHTTURM-PROJEKT IN BERLIN

NEUE ZUGÄNGE EBNEN DEN WEG IN DIE EINRICHTUNGEN                                   Die verschiedenen Einrichtungen und Schwerpunkte unterstreichen den
                                                                                  Modellcharakter. Das von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
Dass Familien aus Gemeinschaftsunterkünften mittlerweile ihren Weg ins            und Familie geförderte Projekt entwickelte sich schnell zu einem Leuchtturm
Familienzentrum KINUFA finden, Angebote nutzen und mitgestalten, erlebt           in Berlin.

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                                                                                                            beginnen.
                                                                                                                                                                                             2020-2021

      AWO KV Südost
                                     realisiert werden.

                      BILDNACHWEIS
                                                                       ABBILDUNG S. 27
                                                                                                            Dem besonderen Engagement der Familienbildungsreferentin des AWO

                                                                                                            Elternbegleitung in Grundschulen realisiert werden konnte. Seit August

                                                                                                            das Projekt an Grundschulen professionell zu strukturieren und rasch zu
                                                                                                            projekt hierzu gestartet werden. Der Kreisverband erhielt den Auftrag, an
                                                                                                            des Berliner Abgeordnetenhauses ist es zu verdanken, dass die Vision der
                                                                                                            Bundesverbandes e.V., Dr. Verena Wittke, und einer politischen Vertreterin

                                                                                                            ein Angebot für die Eltern vor Ort zu implementieren. Die langjährige
                                                                                                            vier Grundschulen Neuköllns/Treptow-Köpenicks die Elternbegleitung als
                                                                                                            2020 konnte am Kreisverband Südost der AWO Berlin ein weiteres Modell-

                                                                                                            Erfahrung und die damit erarbeitete Kompetenz im Feld der Elternbegleitung

                                     konnte in vier Grundschulen
                                                                                                            haben es Vorstand, Fachbereich, Fachberatung und allen Beteiligten ermöglicht,
                                                                                                                                                                                             GUTES SPRICHT SICH RUM: DIE AUSWEITUNG DER ELTERNBEGLEITUNG

                                     Neuköllns/Treptow-Köpenicks
                                     Die Vision der Elternbegleitung
                                                                                         Individuelle Begleitung zu

AWO
                                                                                         Erziehungs-und Bildungsthemen
                                                            Schliemann                   der Grundschulkinder +                                              Theodor-Storm
                                                            Grundschule                  Lots*innenfunktion                                                    Grundschule
                                                         Elternbegleitung +                  - Sprechstunden                                                Elternbegleitung +
                                                         Schulsozialarbeit                   - Hausbesuchen                                                    Schulstation
                                                                                             - Dialogspaziergänge

                                     Innovative und                                      Projektaufbau:                                     Brücken bauen zwischen
                                     niedrigschwellige Angebote                          Vier Grundschulen mit je einer                     Lehrpersonal und Eltern. Sie
                                     der Begegnung und einen                             75% Stelle für zertifizierte                       stärken das Miteinander durch
                                     Austausch zu bildungs-                              Elternbegleiter*innen                              Zuhören, die Anerkennung aller
                                     bezogenen Themen wie                                Sach-und Fortbildungskosten                        Sichtweisen und die Beratung
                                     Schulangang, Schulsystem und                        Vernetzung mit dem Team                            bei der Gestaltung von
                                     Übergänge.                                          Fachliche Begleitung durch                         Elternabenden und
                                         - Elterncafés                                   die Fachberatung                                   Gesprächen.
                                         - Elternstammtisch, auch                        Förderung:
                                             auf dem Spielplatz
                                         - Informationsabende mit
                                             Gesprächskreis

                                                                                         Anbindung an Team vor Ort und
                                                                                         Kooperation mit den
                                                    H.-von-Helmholtz ISS                 Akteur*innen der Schule und des                                 Grundschule am
                                                      und Grundschule                    Sozialraums                                                    Heidekampgraben
                                                     Elternbegleitung +                                                                                 Elternbegleitung +
                                                     Jugendsozialarbeit                                                                                      Team der
                                                       „Brückenbauer“                                                                              Intergrationserzieher*innen
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Es wurde dabei schnell deutlich, dass Ausrichtung und Umsetzung von sehr          EINE FRAGE DER HALTUNG!
unterschiedlichen Faktoren abhängen. Dabei sind neben den Bedarfen der
Eltern und Schulen, dem Sozialraum – also der Struktur vor Ort und den            Eine nachhaltige Elternbegleitung ist seit 2013 das Ziel des AWO Kreis-
Möglichkeiten der Anbindung und Vernetzung – vor allem die Bereitschaft,          verbandes. Dafür braucht es eine Haltung, die weit über die Veränderung in
neue Wege zu gehen und gemeinsam entwickeln zu wollen, zu nennen (was             der Arbeit mit Familie hinausgeht. 2018 erkor das Leitungsteam die Um-
bedeutet Elternbegleitung an unserer Grundschule konkret?). In diesem             setzung einer dialogischen Haltung zum Qualitätsziel des Jahres. Dieser
Prozess werden neben der Schulleitung auch die schulinternen Gremien wie          Aufgabe widmet sich auch der neue Fachbereichsleiter Jugend, Beratung
Gesamtelternvertretung (GEV) und Lehrer*innen-Konferenzen sowie andere            und Projekte Thomas Lauche: „Das Thema dialogische Haltung passt wunderbar
am Bildungsprozess beteiligte Akteur*innen einbezogen, z. B. Schulsozial-         zu uns. Aber wir wollen nicht nur darüber sprechen, sondern diese leben.“
arbeit, Integrationserzieher*innen und das Hort-Team. Dass sich Eltern in         Und Micaela Daschek fügt hinzu: „Haltung lässt sich nicht verordnen.
der Schule willkommen fühlen – eine Ansprechperson haben und jemand an            Insofern braucht es ein (tägliches) Vorleben durch jede einzelne Führungs-
ihrer Seite wissen, der sie beim Übergang und während der Grundschulzeit          kraft, Fort- und Weiterbildung für die pädagogischen Fachkräfte im Bereich
ihrer Kinder begleitet, ist grundlegendes Ziel des Modellprojektes.               der Kommunikation, unterschiedliche Beobachtungs-, Reflexions- und
                                                                                  Feedbackelemente einschließlich Supervision sowie Transparenz und Offen-
IMPLEMENTIERUNG VON ELTERNBEGLEITER*INNEN IN KITAS – TRÄGERÜBER-                  heit in den Teams.“ Für die Elternbegleitung bedeutet dies die Entwicklung
GREIFEND GESTALTEN                                                                eines trägerinternen Gesamtkonzeptes und QM-Standards für die Arbeit der
                                                                                  Fachkräfte sowie eine strukturelle Verankerung von Elternbegleitung in den
Als Ende 2020 das Quartiersmanagement Brunnenstraße in Berlin Mitte               Einrichtungen als derzeit anstehende und zukunftsweisende Ziele.
der Vorstandsvorsitzenden Micaela Daschek das Projektvorhaben Aufbau
von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften in der Kita Ramlerstraße              EIN STARKES MITEINANDER
vorstellte, war sie von der Idee begeistert, die Elternbegleitung in Kitas mit
einem Konzept zu untermauern und dieses modellhaft umzusetzen. Der                Und es bedeutet auch, gemeinsam an den Aufgaben und Herausforderungen
Träger erhielt den Auftrag und startete 2021 das Projekt mit einer Fachkraft      zu arbeiten, sodass jedes Teammitglied die eigenen Stärken und Erfahrungen
für die Elternbegleitung, die neben der Bildungs- und Erziehungsbegleitung        in den Prozess einbringen kann. Denn: In einem starken Miteinander können
gemeinsam mit dem Kita-Team eine sozialraumorientierte Gesamtstrategie            aus Impulsen Ideen und aus Ideen Visionen werden – wie die Vision von einer
der Elternarbeit erarbeitet. Das Vorhaben ist langfristig angelegt und soll auf   Chancengerechtigkeit für alle Familien im Hinblick auf Bildung, Integration
weitere Kitas des städtischen Trägers übertragen werden. Eine Besonderheit        und Teilhabe ihrer Kinder. Dafür steht die Elternbegleitung bei der AWO Berlin
ist die trägerübergreifende Arbeit: Die AWO Berlin KV Südost, der städtische      KV Südost, was auch von allen Teilnehmer*innen des Netzwerktreffens auf
Träger Kindergärten City und das Quartiersmanagement Brunnenstraße                dem Tempelhofer Feld im Juni 2021 bestärkt wird – von jedem und jeder mit
setzen gemeinsam die Erprobung neuer Wege einer gelingenden Erziehungs-           der individuellen Expertise und dem speziellen Blick auf das Thema und die
und Bildungspartnerschaft und die Verankerung eines langfristig angelegten        Zielgruppe der Elternbegleitung.
Konzeptes der Elternbegleitung um – mit der Kita als zentralem Ort, ein-
gebettet in ein Unterstützungsnetzwerk verschiedener Akteur*innen des
Sozialraums.

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PERSPEKTIVEN ERÖFFNEN                                                              ÄNDERUNG DES BLICKWINKELS

   Elternbegleitung im AWO Kreisverband Konstanz                                      Nach und nach entstanden andere Formen der Elterngespräche mit einer
                                                                                      anderen Haltung den Eltern gegenüber. Vorrangig ist dabei die Änderung des
                                                                                      Blickwinkels, wie sie aus folgenden Äußerungen von Kolleg*innen spricht:
Von Agnes Hügle, AWO             Die dialogische Haltung der Elternbegleiter*innen
Kreisverband Konstanz e.V.,      verändert den Blickwinkel und ermöglicht eine        • „… ich habe mehr Verständnis für die verschiedensten Situationen und
und Gabriele Weschenfelder,
                                 andere Form der Begegnung, der Akzeptanz und           kann anders darauf reagieren.“
Leitung Familienhaus Taka Tuka
Land in Singen                   der Gesprächsführung: Von der besseren Qualität      • „… Umgang mit Eltern ist nochmals bewusster geworden.“
                                 der Zusammenarbeit profitieren Fachkräfte aus        • „… die Erarbeitung von Konfliktlösungen hat sich verändert, Familien finden
                                 dem Kita-Bereich und der niederschwelligen             eigene, nicht unsere Lösungen, mit denen sie dann auch weitergehen
                                 Beratungs- und Bildungsarbeit ebenso wie               können.“
                                 Familien und Einrichtungen im AWO-Kreisver-
                                 band Konstanz e.V.                                   Die dialogische Haltung verändert die Wahrnehmung des Gegenübers – von
                                                                                      Eltern sowie von Kolleg*innen oder Mitarbeiter*innen anderer Einrichtungen.
                                               Die AWO Konstanz war mit dem           Sie ermöglicht eine andere Form der Begegnung, der Akzeptanz und der
                                                Fachbereich Kinder, Jugend und        Gesprächsführung. So sind Elternbegleiter*innen in der Lage, eine andere
                                                Familie schon bei einem der ersten    Art der Elternbeteiligung und Elternarbeit anzuregen, zu gestalten und zu
                                                Weiterbildungslehrgänge zum*zur       leben:
                                                   Elternbegleiter*in vertreten.
                                                   Insgesamt wurden bislang 13        • Sie hören sich als Fachkraft Sorgen und Nöte an, ohne zu urteilen.
                                                   Mitarbeiter*innen unseres Kreis-   • Sie können die Verhaltensweisen und Meinungen anderer stehen lassen
                                                   verbandes aus dem Kita-Bereich       und verstehen die eigene Sichtweise als nur eine von vielen möglichen.
                                                  und der niederschwelligen           • Sie lassen Vielfalt zu.
                                                  Beratungs- und Bildungsarbeit       • Mehr Augenhöhe wird ermöglicht – statt des Anspruchs, alles zu wissen
                                                 qualifiziert. Sie alle hatten den      und für alles allein Lösungen finden zu müssen.
                                 Wunsch, ihr jeweiliges Aufgabengebiet noch besser
                                 meistern zu können und neue Gedanken und             All das erleben Mitarbeiter*innen als durchaus entlastend.
                                 Wege für die Arbeit mit Eltern zu finden und zu
                                 entwickeln. Durch die veränderte – weil dialogisch   NEUE RAHMENBEDINGUNGEN
                                 ausgerichtete Praxis der ersten ausgebildeten
                                 Elternbegleiter*innen – entstand in den Teams        Um Mitarbeiter*innen auch in Zukunft zu stärken, ihre Kräfte zu bündeln
                                 zunehmend das Bedürfnis, sich vertiefter mit der     und sie nicht „ausbluten“ zu lassen, ist das Qualifizieren, Unterstützen und
                                 dialogischen Arbeitsweise auseinanderzusetzen        Einbeziehen der dialogischen Haltung unabdingbar: Stichwort „Empowerment“.
                                 und neue Konzepte für die Elternarbeit, basierend    Dafür müssen und mussten neue Rahmenbedingungen geschaffen werden.
                                 auf der dialogischen Haltung, zu entwickeln.         Ein Baustein zur regelmäßigen Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung

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