Europäischer Forschungsr@um - Verbinden. Gestalten. Entwickeln. Nationale Konferenz des BMBF zum Europäischen Forschungsraum 10. Oktober 2016 | ...

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Europäischer
Forschungsr@um
Verbinden. Gestalten. Entwickeln.

Nationale Konferenz des BMBF zum Europäischen Forschungsraum
10. Oktober 2016 | bcc Berlin Congress Center
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Inhaltsverzeichnis
Verbinden. Gestalten. Entwickeln.                                                                                                                            3

Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum                                                                                                4

Nationale Konferenz zum Europäischen Forschungsraum                                                                                                          8
Rede der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, in Berlin ................................ 8

Embracing an ERA of Change                                                                                                                                 14
Rede des EU-Kommissars für Forschung, Wissenschaft und Innovation, Carlos Moedas ................................... 14

Zusammenfassung der Podiumsdiskussionen                                                                                                                    18
Der Europäische Forschungsraum – Quo vadis? ........................................................................................................... 18

Der Europäische Forschungsraum – Neue Themen – neue Politik? ......................................................................... 20

Die Workshops                                                                                                                                              22
Workshop 1: „Open Science“ und Digitalisierung des EFR ......................................................................................... 24

Workshop 2: „Open Innovation“ und Internationalisierung von KMU .................................................................... 28

Workshop 3: Horizont 2020 und Ausblick ...................................................................................................................... 32

Workshop 4: Der EFR und der Europäische Hochschulraum ..................................................................................... 36

Workshop 5: Gemeinsame Programme der EU-Mitgliedstaaten – wie geht es effektiver? ................................. 40

Workshop 6: „Widening Participation“ – Herausforderung für einen leistungsfähigen Forschungsraum ....... 44

Workshop 7: „Open to the World“ und internationale Forschungszusammenarbeit ............................................ 48

Impressum                                                                                                                                                  50
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    Europäischer
    Forschungsr@um
    Verbinden. Gestalten. Entwickeln.
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KAPITEL                                                                                                          3

Verbinden. Gestalten. Entwickeln.
Diese drei Leitlinien bildeten den Rahmen für die Konferenz zum Europäischen Forschungsraum, die das Bundesminis­
terium für Bildung und Forschung am 10. Oktober 2016 in Berlin ausrichtete. Die Veranstaltung zog eine Zwischenbi­
lanz zur Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum und gab neue Impulse für die zukünftige
europäische Forschungs- und Innovationspolitik.

Eine der wichtigsten Antriebskräfte der deutschen          500 Expertinnen und Experten aus Deutschland und
Wissenschaft ist die Zusammenarbeit mit Partne­            Europa diskutierten die Herausforderungen bei der
rinnen und Partnern in Europa. Die Basis dafür             Weiterentwicklung des EFR und entwickelten in krea­
bildet das Konzept des Europäischen Forschungs­            tiven Formaten neue Konzepte.
raums (EFR). Dieser zielt darauf ab, die Mobilität
von Forschenden in Europa zu erhöhen, einen freien         ∙ Welche Rolle sollten die EU-Mitgliedstaaten, welche
Austausch von Wissen zu ermöglichen, große For­              die Europäische Kommission bei der Vertiefung des
schungsinfrastrukturen gemeinsam zu errichten und            EFR übernehmen?
gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Kli­          ∙ Welche Chancen bietet die Digitalisierung der
mawandel oder der Bekämpfung großer Volkskrank­              Forschung, insbesondere vor dem Hintergrund von
heiten durch eine länderübergreifende Zusammenar­            „Open Science“ in Europa?
beit zu begegnen. Dazu hat die Bundesregierung 2014        ∙ Wie kann der EFR noch stärker als bisher für Partne­
eine eigene Strategie zum Europäischen Forschungs­           rinnen und Partner außerhalb von Europa geöffnet
raum verabschiedet.                                          werden, um so exzellente Forschende für Europa zu
                                                             gewinnen und globale Herausforderungen gemein­
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung              sam anzugehen?
richtete am 10. Oktober 2016 die Konferenz „Euro­
päischer Forschungsr@um. Verbinden. Gestalten.             Zu diesen und weiteren Fragestellungen fanden hoch­
Entwickeln.“ aus. Ziel war es, eine vorläufige Bilanz      rangige Podiumsdiskussionen und insgesamt sieben
der EFR-Strategie zu ziehen und neue Ideen für             Workshops statt. Die vorliegende Broschüre möchte
die Zukunft der Forschung in Europa zu erarbei­            die Ergebnisse der Konferenz einem größeren Publi­
ten. Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna          kum zugänglich machen und damit die Diskussionen
Wanka, EU-Forschungskommissar Carlos Moedas,               um die zukünftige EU-Forschungs- und Innovations­
die deutschen Wissenschaftsorganisationen und über         politik unterstützen.
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Strategie der Bundesregierung zum
Europäischen Forschungsraum
Im Juli 2014 wurde die „Strategie der Bundesregierung zum Europäischen Forschungsraum (EFR) – Leitlinien und natio­
nale Roadmap“ (EFR-Strategie) veröffentlicht. Deutschland war damit der erste EU-Mitgliedstaat, der eine eigene Strate­
gie zur Erreichung und Weiterentwicklung des EFR formuliert hat. Die deutsche EFR-Strategie diente als Vorbild für viele
andere EU-Mitgliedstaaten, die mittlerweile eigene Strategien erarbeitet haben.

In der EFR-Strategie der Bundesregierung wird Bezug              Beteiligungen als auch der Zuwendungen an der
genommen auf die sogenannten sechs EFR-Prioritäten,              Spitze der EU-Mitgliedstaaten.
die die Europäische Kommission und die EU-Mitglied­            ∙ Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und
staaten im Jahr 2012 als vorrangige Handlungsfelder für          Wissenschaftlern aus den mittel- und osteuropäi­
die Schaffung eines starken EFR identifiziert haben:             schen EU-Mitgliedstaaten sowie deren Einbindung
                                                                 in den EFR wird durch neue Programme wie z.B. das
∙ Effektivere nationale Forschungssysteme,                       ERA Fellowships-Programm des BMBF unterstützt.
∙ Optimale länderübergreifende Zusammenarbeit
  und entsprechender Wettbewerb,
∙ Offener Arbeitsmarkt für Forscherinnen und                   Optimale länderübergreifende Zusammenarbeit
  Forscher,                                                    und entsprechender Wettbewerb
∙ Gleichstellung der Geschlechter und Berücksichti­            ∙ Deutschland ist einer der aktivsten Akteure im
  gung des Gleichstellungsaspekts in der Forschung,              Bereich der Gemeinsamen Programmplanung und
∙ Optimaler Austausch von, Zugang zu und Transfer                ähnlicher Initiativen und Plattformen der grenzüber­
  von wissenschaftlichen Erkenntnissen,                          schreitenden Kooperation. So ist Deutschland aktuell
∙ Internationale Dimension des Europäischen                      an neun der zehn Initiativen der Gemeinsamen
  Forschungsraums.                                               Programmplanung, an vier von fünf Maßnahmen
                                                                 nach Artikel 185 AEUV (langfristig angelegt Förder­
                                                                 programme) und an 20 von 25 ERA-Nets Cofund
Im Folgenden werden für jede EFR-Priorität beispielhaft          (gemeinsame Förderausschreibungen) beteiligt.
einige Maßnahmen und Aktivitäten vorgestellt, die seit         ∙ Deutschland beteiligt sich außerdem an multilate­
der Veröffentlichung der EFR-Strategie umgesetzt bzw.            ralen Initiativen wie COST und EUREKA mit seinem
gestartet worden sind.                                           KMU-Förderprogramm EUROSTARS.
                                                               ∙ Der Aufbau und die gemeinsame Nutzung von
Effektivere nationale Forschungssysteme                          Forschungsinfrastrukturen haben für Deutsch­
∙ Die Neufassung des Art. 91b Abs. 1 GG trat am 1.               land große Bedeutung. Deutschland hat daher die
  Januar 2015 in Kraft. Hierdurch wurden die Möglich­            Weiterentwicklung und Aktualisierung der ESFRI-
  keiten der Zusammenarbeit von Bund und Ländern                 Roadmap (Roadmap des Europäischen Strategiefo­
  bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und              rums für Forschungsinfrastrukturen) aktiv voran­
  Lehre maßgeblich ausgeweitet.                                  gebracht und sich bisher an der Rechtsform von 23
∙ Im Juni 2016 wurden die Exzellenzstrategie zur                 ESFRI-Forschungsinfrastrukturen beteiligt. Nach
  Förderung von Spitzenforschung an Universitäten,               einer erfolgreichen Pilotphase wurde der nationale
  ein Bund-Länder-Programm zur Förderung des                     Roadmap-Prozess für Forschungsinfrastrukturen im
  wissenschaftlichen Nachwuchses sowie eine neue                 Jahr 2015 etabliert.
  gemeinsame Förderinitiative „Innovative Hochschu­
  le“ beschlossen.                                             Offener Arbeitsmarkt für Forscherinnen und
∙ Durch ein Netzwerk Nationaler Kontaktstellen un­             Forscher
  terstützt die Bundesregierung mit großem Erfolg die          ∙ Das BMBF fördert die Koordinierungsstelle EU­
  Beteiligung deutscher Forschender am EU-Rahmen­                RAXESS Deutschland. Diese unterstützt und berät
  programm für Forschung und Innovation (Horizont                international mobile Forschende, die für eine wissen­
  2020). So liegt Deutschland sowohl hinsichtlich der            schaftliche Tätigkeit nach Deutschland kommen
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oder in ein anderes Land gehen möchten.                  verlängert. Es stärkt die Gleichstellungsstrukturen an
∙ Das BMBF unterstützt die Versorgungsanstalt des          den Hochschulen und hat bisher die Berufung von
  Bundes und der Länder beim Aufbau und Betrieb            mehr als 500 Professorinnen gefördert.
  des Online-Portals „FindyourPension“, das For­         ∙ Durch mehrere Gesetzesnovellen, wie das erneuerte
  schende über Konditionen der Altersvorsorge in           Wissenschaftszeitvertragsgesetz, wurde die Verein­
  Europa informiert.                                       barkeit von Beruf und Familie weiter gestärkt. Das
∙ Über Mittlerorganisationen wie die Alexander von         Mutterschutzgesetz wird künftig auch für Studen­
  Humboldt-Stiftung und den Deutschen Akade­               tinnen gelten und Studierende mit Kindern werden
  mischen Austauschdienst wird mit zahlreichen             seit August 2016 durch höhere BAföG-Kinderbetreu­
  Programmen die Wissenschaftlermobilität auf              ungszuschläge unterstützt.
  allen Karrierestufen gefördert.                        ∙ Das BMBF verausgabte zwischen 2013 und 2015 etwa
∙ Als Teil von Horizont 2020 fördert die Marie­            2 Mio. Euro für Vorhaben im Themenfeld „Stärkere
  Skłodowska-Curie-Maßnahme „Innovative Trai­              Verankerung der Genderdimension in nationalen
  ning Networks“ die strukturierte und innovative          und europäischen Forschungsprogrammen“. Für
  Doktorandenausbildung. Hier konnten in den               die Jahre 2016 und 2017 sind weitere 1,7 Mio. Euro
  ersten beiden Jahren von Horizont 2020 bereits           vorgesehen.
  mehr als 500 Doktorandinnen und Doktoranden            ∙ Im Themenfeld „Förderung des wissenschaftli­
  von deutschen Einrichtungen für ein Promotions­          chen Nachwuchses unter Genderaspekten“ wurden
  projekt rekrutiert werden.                               zwischen 2013 bis 2015 Projekte in Höhe von insg.
∙ Im Rahmen des neuen Bund-Länder-Programms                5,4 Mio. Euro gefördert. Darüber hinaus sind für die
  zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses         Jahre 2016 und 2017 weitere 895.000 Euro eingeplant.
  wird die Einführung der Tenure-Track-Professur
  angestrebt, wodurch erfolgreiche Nachwuchswis­         Optimaler Austausch von, Zugang zu und Transfer
  senschaftlerinnen und -wissenschaftler langfristige    von wissenschaftlichen Erkenntnissen
  Perspektiven im deutschen Wissenschaftssystem          ∙ Die Bundesregierung fördert „offene Innovation“
  erhalten. Der Bund stellt hierfür bis zu 1 Mrd. Euro     und den Wissens- und Technologietransfer bereits
  zur Verfügung.                                           seit vielen Jahren im Rahmen der Hightech-Strategie.
                                                           Dazu gehören Maßnahmen zur Stärkung der stra­
Gleichstellung der Geschlechter und                        tegischen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft
Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts in             und Wirtschaft sowie zur schnelleren und effizienten
der Forschung                                              wirtschaftlichen Verwertung wissenschaftlicher
∙ Bei der Fortschreibung des Pakts für Forschung und       Erkenntnisse.
  Innovation für die Jahre 2016 bis 2020 wurde die       ∙ Die im November 2014 lancierte BMBF-Förderlinie
  Gewährleistung chancengerechter und familien­            „Forschung an Fachhochschulen mit Unternehmen
  freundlicher Strukturen und Prozesse als eines von       (FHprofUnt)“ unterstützt die Forschungskooperatio­
  sechs Zielen aufgenommen.                                nen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
∙ Das Professorinnenprogramm von Bund und Län­           ∙ Mit bis zu 550 Mio. Euro für insgesamt zehn Jahre
  dern wurde nach erfolgreicher Evaluation bis 2017        stärkt die im Sommer 2016 ins Leben gerufene Bund­
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  Länder-Initiative zur „Innovativen Hochschule“ den      Internationale Dimension des Europäischen
  Ideen-, Wissens- und Technologietransfer zwischen       Forschungsraums
  Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft.               ∙ Das Strategieforum für internationale Zusammen­
∙ Im September 2015 ging die IT-Gipfel-Plattform            arbeit in Forschung und Technologie (SFIC) ist die
  „Digitalisierung in Bildung und Wissenschaft“ an den      zentrale Plattform der Europäischen Union zur Wei­
  Start. Sie unterstützt die Umsetzung und Weiterent­       terentwicklung der Zusammenarbeit mit Drittlän­
  wicklung der Digitalen Agenda der Bundesregierung         dern. Deutschland hat sich aktiv an den Arbeiten des
  2014-2017.                                                Forums beteiligt, unter anderem als Vorsitzland der
∙ Der Ende 2014 gegründete Rat für Informations­            Länderinitiativen zu Russland und den USA.
  infrastrukturen soll Politik und Wissenschaft in        ∙ Die Initiativen der Gemeinsamen Programmplanung
  strategischen Zukunftsfragen der digitalen Wissen­        werden immer stärker internationalisiert und integ­
  schaft beraten und Empfehlungen für das deutsche          rieren beispielsweise Kanada, Japan, Argentinien oder
  Wissenschaftssystem vorlegen. Im Juni 2016 hat er         Neuseeland.
  seine Empfehlungen zu Strukturen, Prozessen und         ∙ Innerhalb von Horizont 2020 arbeiten deutsche Wis­
  Finanzierung des Forschungsdatenmanagements in            senschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Un­
  Deutschland veröffentlicht.                               ternehmen mit Partnern aus 115 Ländern weltweit
∙ Die deutschen Wissenschaftsorganisationen setzen          zusammen. Am intensivsten ist die Zusammenarbeit
  sich erfolgreich für den Wissens- und Technologie­        mit den USA, Südafrika und Kanada.
  transfer ein. So organisierten sie unter anderem
  2015 die jeweils vierte Ausgabe der Start-up Days zur
  Unterstützung von Gründungsinteressierten und der
  Innovation Days zur weiteren Vernetzung von
  Wissenschaft und Wirtschaft.
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Nationale Konferenz zum Europäischen
Forschungsraum
Rede der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, in Berlin

Wir kommen in einer Zeit zusammen, in der Europa           Ich möchte daran erinnern: Das Leben im System
vor großen Herausforderungen steht. Die Idee der           Erde basiert auf Vielfalt. Es wird an keiner Stelle durch
europäischen Einigung – einst für alle Europäer der        Isolation gesichert, sondern durch Toleranz, durch
Garant für Frieden und Wohlstand – hat an Attrakti­        Offenheit, durch Vielfalt. Und das brauchen wir in der
vität eingebüßt: Wir sehen, wie sich zum Beispiel die      Europäischen Union!
Kanzlerin bemüht, eine gemeinsame Antwort auf die
Flüchtlingsfrage in Europa zu finden.                      Wenn man die Europäische Union mit anderen großen
                                                           Zusammenschlüssen vergleicht, dann gibt es keinen
Wir alle wissen, wie die Entscheidung in Großbritanni­     vergleichbaren Zusammenschluss auf der Welt, in dem
en ausgegangen ist. Aber es ist noch nicht klar, welche    gemeinsame Interessen so wesentlich durch Dialog und
Konsequenzen das für den gesamten Europäischen             Interaktion herausgebildet wurden wie in der Europäi­
Forschungsraum haben wird. Und etwas, was sicherlich       schen Union. Die europäischen Erfolge in den Bereichen
viele hier im Saal mit Sorge betrachten, das ist das Er­   Wissenschaft und Innovation gehen größtenteils auf
starken europaskeptischer Kräfte in unterschiedlichen      Gemeinschaftsprojekte, große Forschungseinheiten oder
Mitgliedsländern.                                          auf länderübergreifende Kooperationen zurück.

 „Was ist Europa?“, „Was bringt uns Europa?“ und           Die Debatte über die Zukunft des Europäischen
„Wie viel Europa brauchen wir?“ Diese Fragen wer­          Forschungsraums ist eine, die wir führen wollen. Wir
den gestellt, und sie werden drängender und offener        haben diese Konferenz ja lange geplant, und der jetzige
gestellt als vor einigen Jahren. Wir müssen darauf kluge   Zeitpunkt könnte nicht passender sein; auch, weil viel
Antworten finden.                                          in Bewegung ist, weil wir Erfahrung gesammelt haben,
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REDE DER BUNDESMINISTERIN FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG, JOHANNA WANKA                                                  9

aus dem, was in den letzten Jahren gelungen ist. Die         Wir müssen diesen Beitrag, den die Wissenschaft leis­
Vorstellungen, wie es weiter gehen sollte, sind nicht        ten kann, gemeinsam formen, gemeinsam fordern und
einheitlich und deswegen ist so ein großer Diskussi­         wir müssen ihn gemeinsam fördern. Deswegen ist das
onsrahmen, wie wir ihn hier heute bieten, wichtig.           Thema „Verbinden. Gestalten. Entwickeln.“, das wir die­
                                                             ser Konferenz gegeben haben, gut, um ein Stück Bilanz
Es gibt keinen anderen Politikbereich in der Europäi­        zu ziehen: Wie gut sind wir? Was hat funktioniert? Was
schen Union, in dem schon so eng zusammen gearbei­           hat nicht so gut funktioniert? – aber vor allen Dingen
tet und kooperiert wird, wie im Bereich von Wissen­          auch, um in die Zukunft zu schauen: Wie wollen wir
schaft und Forschung. Und wenn es um Antworten               die nächsten Phasen gestalten?
geht, auch mit Blick auf große Herausforderungen
unserer Zeit, dann wissen wir alle, dass diese nur in­                                  I.
ternational und für uns im ersten Schritt natürlich im
europäischen Bereich zu finden sind.                         Vor 2014 wurde seitens der Europäischen Kommission
                                                             gefordert, ich zitiere: „Ihr Mitgliedstaaten müsst den
Wissenschaft und Forschung sind gerade im euro­              Europäischen Forschungsraum ernster nehmen!“ und
päischen Kontext ein Plädoyer für Offenheit und für          „Wir brauchen mehr Engagement!“ Das waren Sie,
Gemeinsamkeit; dass Grenzen überwunden werden,               lieber Herr Kommissar Moedas, der das gesagt hat, mit
nicht nur reale Grenzen, auch wenn es um Themen              Vehemenz. Und Sie haben recht gehabt. Weil der Eu­
geht, um Grenzen im Geiste, die gesetzt werden, bei          ropäische Forschungsraum – ich glaube, das kann man
neuen Möglichkeiten, die auf der Welt durch For­             sagen – viel weniger real und wahr und akzeptiert war,
schung ermöglicht werden und die wir in Europa nicht         als er es heute ist.
abschneiden dürfen.
                                                             Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass wir 2014 als
Wir wollen diese, unsere Werte – Offenheit, Toleranz – ge­   Bundesrepublik Deutschland das erste Land waren,
gen alle Tendenzen von Abschottung und von Begrenzt­         das eine Nationale Strategie für den Europäischen
heit – auch Begrenztheit des Denkens – verteidigen.          Forschungsraum vorgelegt hat. Wir sind bei allen
10                                                                              EUROPÄISCHER FORSCHUNGSR@UM

Schwerpunkten vorangeschritten. Ich glaube, dass          Wir haben in den letzten zwei Jahren in Deutschland,
mittlerweile die Europäische Forschungs- und In­          was das nationale Wissenschafts- und Forschungssys­
novationspolitik ein ganz zentraler und integraler        tem angeht, viel geändert und neu begonnen: Wenn
Bestandteil unserer Forschungspolitik ist – nicht nur     ich zum Beispiel an die Möglichkeiten des föderalen
unter dem Aspekt: Was können wir für Deutschland          Systems denke. Wenn ich an die Grundgesetzänderung
erreichen? Was können wir finanziell erreichen?           denke, die unsere Schlagkraft im wissenschaftspoliti­
Sondern wirklich unter dem im Film eben angespro­         schen Bereich erhöht hat durch die Möglichkeit, dass
chenen Aspekt: Wir sind zu klein, auch als starkes For­   Bund und Länder anders als zuvor, also auch instituti­
schungsland. Wir haben aber eine unwahrscheinliche        onell und auch unbefristet zusammenarbeiten können.
Wucht, wenn es uns gelingt, die hunderte von Millio­      Das war die Basis dafür, dass wir seit einigen Monaten
nen, die im europäischen Bereich leben, zu erreichen,     ein Paket mit unterschiedlichen Komponenten schnü­
dort Forschung und Wissenschaft zu konzentrieren,         ren konnten: Die Exzellenzstrategie ist ein wichtiger
und Dinge gemeinsam zu machen.                            Punkt, ebenso das Tenure-Track-Programm, aber auch
                                                          die Innovative Hochschule. Das sind alles Punkte, die
Ich möchte nicht alles aufzählen, was wir inzwischen      in die Zukunft weisen und die den nationalen Standort
in unserer Nationalen Strategie geschrieben und auch      Deutschland stärken sollen.
erreicht haben. Ich möchte auf zwei Punkte aufmerk­
sam machen.                                               Ich freue mich auch, dass andere europäische Staaten
                                                          sich zum Teil auch an diesem deutschen Programm
Der erste Punkt, und der gilt nicht nur für Deutsch­      orientieren. In Frankreich sieht man die deutsche
land: Ich finde, wenn wir den Europäischen For­           Exzellenzinitiative nicht nur als ein Modell, sondern als
schungsraum als weltweit extrem starken For­              eine Möglichkeit, dort die Wissenschaft und Forschung
schungsraum profilieren wollen, dann ist auch             zu stärken. Wir haben im Rahmen der Hightech-
entscheidend, dass die einzelnen Länder ein starkes       Strategie Punkte gesetzt, die wir dann in modifizierter
nationales Wissenschaftssystem haben. Das brauchen        Form auch bei Horizont2020 finden. Das sind Punkte,
wir in Europa, um wettbewerbsfähig zu sein.               wo wir nationale Akzente mit dem, was wir in Europa
                                                          wollen, zusammenbringen.
NATIONALE KONFERENZ ZUM EUROPÄISCHEN FORSCHUNGSRAUM                                                                 11

Punkt zwei: Wir bringen die klugen Köpfe in Europa             weiteren Vernetzung der europäischen Einrichtungen
zusammen. Wir vernetzen Organisationen und Verfah­             in diesen Ländern.
ren. Wir sind mittlerweile ein Magnet für Talente aus
aller Welt: Im Moment haben wir in Deutschland über            Darüber hinaus laufen große Vorhaben, die den Euro­
80.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aus           päischen Forschungsraum mit Leben füllen – einiges
aller Welt, die hierzulande forschen, und viele Einrich­       sahen wir im Film – und an denen Deutschland inten­
tungen, in denen 50 Prozent der Promovenden aus                siv beteiligt ist: Wir sind an neun von zehn EU-weiten
vielen Teilen der Welt kommen. Und, was uns zum Bei­           Initiativen der Gemeinsamen Programmplanung zur
spiel von den USA unterscheidet, ist: Bei der genauen          Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen
Analyse stellt sich dar, dass die USA auf gewisse große        beteiligt. Zum Beispiel Klimawandel, demografischer
Nationen sehr attraktiv wirken – beispielsweise im             Wandel, Meeresforschung, Antibiotikaresistenzen und
asiatischen Raum –, dass wir in Deutschland aber eine          anderes. Das sind alles Themen, die zum Teil auch
kaum vergleichbare Bandbreite an Wissenschaftlern              beim G7-Treffen im letzten Jahr und auch in diesem
haben. Die Länder, aus denen sie kommen, das sind              Jahr eine Rolle gespielt haben.
arme Länder, das sind zum Teil Schwellenländer, das
sind Entwicklungsländer. Das sind aber auch Länder             Innerhalb der großen Initiativen der EU, die langfristi­
wie Kanada und die USA. Das heißt, wir haben eine              ge, länderübergreifende Programme begründen, zum
große Bandbreite an Wissenschaftlern, die es attraktiv         Beispiel Standardisierung von metrologischen Mess­
finden, in Deutschland zu arbeiten.                            verfahren, armutsassoziierte Erkrankungen, sind wir an
                                                               vier von fünf dieser Initiativen federführend beteiligt.
                             II.
                                                               Wenn Herr Moedas nachher auf seine „drei Os“ zu­
Wichtig im Rahmen der Europäischen Union und der               sprechen kommt, dann kann ich sagen, dass wir gerade
Zusammenarbeit ist mir und ist Deutschland, die Grup­          im Moment eine nationale Open-Access-Strategie
pe der „EU-13“. Dazu gehören unter anderem Bulgarien,          vorgelegt haben, bei der es um Datenaustausch in der
Kroatien, Rumänien, Malta, Polen, Slowenien, Ungarn            Wissenscommunity geht, zwischen den Forschungs­
und Zypern. Wir sind uns in der Analyse einig – Herr           instituten und Unternehmen und der Publikations­
Moedas und ich –, dass sowohl im letzten Programm, als         tätigkeit – was in Deutschland nicht alle begeistert,
auch jetzt, der Anteil dessen, was von diesen Staaten aus      aber es wird darüber diskutiert. Ich glaube, das, was
den Europäischen Forschungsförderprogrammen abge­              der Rat für Informationsinfrastrukturen als Programm
schöpft wird und in welchem Maße sie davon partizi­            für Deutschland vorgeschlagen hat – Wie kann man
pieren, dass sich das über einen längeren Zeitraum nicht       eine nationale Forschungsdatenbank in Deutschland
gesteigert hat. Für uns ist nicht nur die Frage interessant:   aufbauen? – ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir jetzt
Wie können wir mit den starken europäischen Nationen           versuchen, praktisch anzugehen. Der Schritt für die eu­
im Forschungsbereich zusammenarbeiten? Sondern,                ropäische Science Cloud könnte ein gutes Beispiel sein.
wenn wir wollen, dass Europa insgesamt stark ist, dann
muss unser Augenmerk auch im besonderen Maße                   Ich denke, dass Deutschland im Rahmen von Euro­
darauf liegen, die „EU-13“ mit einzubeziehen, zu stärken       pa auch etwas lernen kann, wenn es um das Thema
und die Potenziale dort zu heben.                              Gleichstellung geht – Gleichstellung von Mann und
                                                               Frau in der Wissenschaft. Wir haben dort Erfolge,
Wir haben vorhin auf der Bühne ein Zusammentreffen             aber das ist ein Thema, das bei mir weiterhin sehr
gehabt mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten des            weit oben auf der Tagesordnung steht. Dort gibt es
neuen Programms „ERA-Fellowships“. Das haben wir               auch Anregungen aus anderen Ländern, über die wir
Anfang September im Rahmen der Nationalen Stra­                in Deutschland diskutieren. Man kann nicht immer
tegie zum Europäischen Forschungsraum gestartet.               einfach etwas übernehmen, aber man kann sich quali­
Darin haben wir engagierten Nachwuchskräften aus               fiziert anregen lassen.
diesen EU-13-Staaten das Angebot gemacht, eine Zeit
in Deutschland zu sein und praktische Erfahrungen              In die europäische Forschung ist in den letzten Jahren
zu sammeln, vor allen Dingen im Wissenschaftsma­               viel Bewegung gekommen. Der Appell von Herrn
nagement, und damit auch einen Beitrag zu leisten zur          Kommissar Moedas, wir sollen uns mehr kümmern,
12                                                                                EUROPÄISCHER FORSCHUNGSR@UM

hat Früchte getragen. Die Tatsache, dass mittlerweile       exzellente Innovationen setzen und auch ein zentraler
fast alle Nationen eigene Nationale Strategien vorgelegt    Ansprechpartner für Innovatoren sein, wenn es um
haben, ist ein Indiz dafür, dass man das, was so abstrakt   Forschungsmittel aus dem europäischen Bereich und
klingt – diese großen schönen Überschriften –, dass da      um das Andocken im europäischen Bereich geht.
wirklich Substanz dahinter steckt. Es ist für uns mitt­
lerweile eine Erfolgsgeschichte, bei der wir voneinan­      Wenn man über den Europäischen Forschungsraum
der lernen können, bei der wir uns aber auch überlegen      spricht, dann ist natürlich damit auch das Europäische
können: Was wollen wir in Zukunft anders machen?            Rahmenprogramm mit angesprochen – das ist nicht
Ich denke, dass wir in Zukunft mutiger sein sollten,        identisch, hängt aber sehr eng zusammen.
was diesen Bereich anbetrifft – das heißt, klarer in der
Zielsetzung, auch ehrgeiziger, was Volumina anbetrifft.     Lassen Sie mich noch einige Worte zu dem Gesamtsys­
                                                            tem sagen, das der Europäische Forschungsraum und
Ich hoffe, dass es in den einzelnen Diskussionsrunden       das Europäische Rahmenprogramm für Forschung und
heute Anregungen gibt, wie das konkret aussehen             Innovation nur gemeinsam bilden können. Der Um­
könnte, Anregungen aus der Wissenschaft oder aus            stand, dass die Mitgliedstaaten sich jetzt sichtbarer und
dem Wissenschaftsmanagement. Wir wollen das dann            engagierter an der Ausgestaltung dieses Europäischen
gerne weitertragen und diskutieren.                         Forschungsraumes beteiligen, lässt auf keinen Fall die
                                                            Kommission aus der Verantwortung. Es geht nicht
                           III.                             ohne die Mitgliedstaaten, aber auch nicht ohne die
                                                            Europäische Kommission. Diese gemeinsame Verant­
Lieber Herr Kommissar,                                      wortung, die möchten wir gerne demonstrieren und
                                                            wahrnehmen. Wir brauchen eine gemeinsame Vision,
Sie haben die richtigen Prioritäten gesetzt. Die von Ih­    die uns verbindet.
nen angeregten Punkte „Offene Wissenschaft“, „Offene
Innovation“, „Offen zur Welt“, sind die schlagenden         Wenn es um die nächste Phase geht, dann darf es keine
Punkte – nicht nur, weil diese „drei Os“ marketing­         künstliche Aufspaltung in einerseits Europäischen
mäßig auch einmal etwas anderes sind, sondern weil          Forschungsraum, als Idee mit viel Nationalem und gro­
es sich auch sehr gut einkreisen lässt, was inhaltlich      ßen Projekten und auf der anderen Seite Europäischer
dahinter steckt. Wenn es uns gelingt, in Europa noch        Forschungsförderung geben. Eine solche künstliche
stärker die Möglichkeiten der Forschung zu bündeln,         Aufspaltung ist schlecht, ist aber noch in einigen Köp­
dann könnten wir uns in die großen internationalen          fen vorhanden. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn
Debatten noch wesentlich stärker einbringen. Dazu           wir beides als Teile eines Ganzen betrachten.
brauchen wir feste Partnerschaften, neben dem Par­
tizipieren an Horizont 2020. Wir brauchen feste Part­       Natürlich ist Horizont 2020 ein wichtiges Instrument.
nerschaften zwischen Regionen, zwischen Ländern             Erste Überlegungen zum Rahmenprogramm ab 2021
und auch zwischen Kontinenten. Darüber wird heute           bewegen uns, weil wir die Mängel und Vorzüge des
zu diskutieren sein.                                        jetzigen Programms sehen. Das wird auch viele hier im
                                                            Raum strategisch interessieren.
Ich habe den Eindruck, dass gerade auch durch das
anfangs Gesagte, die schwierigere Situation, in der         Wir haben gesehen, dass diese forschungspolitische
wir uns in Europa befinden, ein Stück neuer Schwung         Debatte in den nächsten Jahren dominieren wird.
hinein gekommen ist.                                        Deswegen ist es wichtig, möglichst frühzeitig unsere
                                                            Vorstellungen einzubringen und auf allen möglichen
Ihre Vorschläge, Herr Kommissar, zu einem neuen             Wegen miteinander zu diskutieren, um bei der Erarbei­
europäischen Innovationsrat, begrüße ich sehr. Wir          tung dieses Rahmenprogramms beteiligt zu sein. Ich
stehen dort in einem engen informellen aber auch            würde mich über eine enge Partnerschaft zwischen
offiziellen Austausch. Wir haben uns von deutscher          Deutschland und der Europäischen Kommission an
Seite dazu im Juli dieses Jahres positioniert. Mit den      der Stelle sehr freuen. Drei Punkte, die mir am Herzen
vorgeschlagenen Maßnahmen könnte ein Europäi­               liegen und in denen wir Sie unterstützen wollen,
scher Innovationsrat in Europa deutliche Impulse für        möchte ich nennen.
KAPITEL                                                                                                         13

Erstens: Eine gute finanzielle Ausstattung im nächsten     Im Moment, ich sagte es anfangs, ist die Situation in
Rahmenprogramm. Wir müssen belegen, auch für die           Europa nicht leicht. Aber ich bin der festen Meinung,
Staatschefs, dass Forschung der Bereich ist, der die       dass solche Umbruchsituationen auch immer Chancen
höchste Kraft hat, um den europäischen Gedanken            beinhalten. Wir sollten diese Zeit gerade vonseiten
voran zu treiben und auch Wohlstand in Europa zu           der Wissenschaft nutzen, auch wenn es zum Teil im
schaffen. Deswegen brauchen wir ein klares Signal an       Moment mehr Fragen als Antworten gibt. Ich sehe hier
die Bürger, aber auch an die Mitgliedstaaten, dass das     ein enormes Potenzial, den Bürgerinnen und Bürgern
Priorität hat – nicht nur in Deutschland und in einigen    Europas den Mehrwert deutlich zu machen, den Euro-
anderen Ländern, sondern in Europa.                        pa im Bereich von Wissenschaft und Forschung bietet.

Zweitens: Das sprach ich schon an. Wir können uns          Ich möchte enden mit einem Zitat, das Sie wahrschein­
keine Forschungslücke und keine Innovationslücke im        lich kennen und das ich immer noch klasse finde. Es
europäischen Bereich leisten. Deswegen ist das Thema       ist von einem deutschen Mathematiker, dem ersten
„EU-13“ ein Thema, das wichtig ist. Es liegt im ge­        deutschen Professor für Experimentalphysik, Georg
samteuropäischen Interesse, die unterrepräsentierten       Christoph Lichtenberg. Er sagte: „Ich kann freilich
Staaten zu stärken. – Auch das ist ein Anliegen, das wir   nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es an-
mit beraten sollen: Was kann man dort konkret tun?         ders wird; aber so viel kann ich sagen: es muss anders
Welche Anregungen gibt es?                                 werden, wenn es gut werden soll.“ Ich denke, wir haben
                                                           einiges gut gemacht. Und einiges wollen wir anders
Und drittens: Wir brauchen eine kluge Arbeitstei­          machen. Darüber wollen wir heute diskutieren.
lung. Wir müssen uns bei der Debatte zum nächsten
Rahmenprogramm klar dazu positionieren, was wir            Im Sinne des Mottos „Verbinden. Gestalten. Entwi­
national machen wollen. Wir brauchen national ver­         ckeln.“ wünsche ich allen viele interessante, spannende
bindliche Aussagen, was wir gemeinsam mit anderen          Diskussionen. Danke, dass Sie alle da sind und Lust
Mitgliedstaaten machen wollen, und was wir auf die         haben zu debattieren.
gesamteuropäische Ebene heben.
14                                                                             EUROPÄISCHER FORSCHUNGSR@UM

Embracing an ERA of Change
Rede des EU-Kommissars für Forschung, Wissenschaft und Innovation, Carlos Moedas

Minister Wanka, State Secretary Schütte, Presidents of   cessary answer to the worrying trend of protectionism
the Alliance, Distinguished guests, Ladies and Gent­     we are witnessing in recent times. Open science, open
lemen, Minister Wanka: thank you for inviting me to      innovation, and open to the world are not a departure
Berlin to discuss the future of our European Research    from ERA. They are at the very heart of ERA. So this
Area! As we all know, ERA is established under our       conference is very timely.
Treaty and constitutes the main instrument at EU level
to bring together and reform our national research       I would like to take this opportunity today to raise two
systems. ERAʼs slogan is ʻan open space for knowledge    points:
and growth‘. Those who know me understand how
much I value openness. I chose as the defining drivers   ∙ First, your national ERA action plan.
of my mandate “Open Innovation, Open Science and         ∙ And second, to look at the future of ERA within the
Open to the World”. Openness makes us more effective.      Framework Programme.
It makes us more competitive. And it provides the ne­
So, let me go to my first point, your ERA Action Plan.       to ‚digital ERA‘, to grant and expand access to publicly­
Germany is to be commended for being the first coun­         funded scientific findings and data, or Open Access.
try in the EU to adopt a National Action Plan, one that      Germany has an eye set firmly on the future.
shows real progress as well as a vision for the future. I
see two reasons why I believe your plan is an example        Secondly, your strategy also shows a commitment to
for the rest of Europe: you have put emphasis on a new       the wider European challenges, not just your specific
digital economy, and you look beyond your own bor­           national situation. You have made it an explicit policy
ders, to support excellence in research in the entire EU.    to strengthen ERA as a whole. You have embedded the
                                                             fact that science is no longer a matter of national pres­
On the first point: your National Action Plan clearly        tige, but of collective responsibility.
mentions your strategy for digital transformation in
science, to take advantage of the opportunities of the       The German ‘ERA Fellowships’ initiative is an excellent
rapid digitization. I am especially pleased to see a spot­   example of this. By aiming at at least one fellowship for
light on innovation and Industry 4.0. Your High Tech         each EU-13 countries, you not only help to build capa­
Strategy, with a 34 billion euro investment, will deliver    city and excellence in these countries. But at the same
significant returns in your transition to a digital eco­     time, you improve your own networks. This is what I
nomy. Furthermore, I strongly welcome the reference          call a win-win for all involved. As you may know, the
16                                                                                  EUROPÄISCHER FORSCHUNGSR@UM

European Commission has proposed to increase the             My second value is openness – Openness is what binds
budget of Horizon 2020 with an additional 400 milli­         everything together. It is the common denominator.
on. In my view, Widening actions, as well as the ERC,        Europe desperately needs a culture of Open Innovati­
should get a substantial share of this additional budget.    on and Open Science. We need this to have a realistic
Let me now turn to my second point, on how I see the         chance of riding the next wave of innovation, and to
future of ERA within our Framework Programme.                increase the number of high impact papers. Europe
                                                             needs to fight protectionist instincts and understand
I’ll start with our next funding programme. Naturally        that no single company or country, as large as it may
the discussion on the next Framework Progamme is             be, can compete globally under a closed innovation
only just starting. It will be a collaborative discussion,   model.
where all countries in Europe will have a say. Where
scientists will have a say. Where innovators will have       In science, growing complexity and specialization
a say. As you are aware, we have recently appointed          means that the most interesting findings are emerging
Pascal Lamy to the High Level Group for the mid-term         at the intersection of disciplines. For that we absolutely
evaluation of Horizon 2020, and this group will natu­        need a model of open science, with open access to pub­
rally help us shape the future Framework Programme.          lications and data. Europe also needs more openness in
I want to take the opportunity of being here today with      its international collaborations. We are more inter­
you to lay out my views on the future of our Frame­          connected than ever before. The global challenges we
work Programmes for the first time. I am strongly            face, from health pandemics to climate change, make it
convinced that the core values of Horizon 2020 and its       essential to have a culture of international engagement
successor have to be Excellence, Openness and Impact.        in place.

Let me start with Excellence. Our foundation stone has       My third key value for the next Framework Programme
to continue to be excellent, curiosity-driven research.      is that of Impact. Impact also suffers from a standard
This has to be the core value. Not just reflected in         misconception. We tend to shy away from this word.
the European Research Council, but throughout the            We do not want to appear to have a utilitarian vision
entire research and innovation ecosystem. We have to         for science. We fear being characterized as philistines,
improve our funding for innovation through well­             who fail to see that science is a good in itself. Again,
targeted and accountable industrial partnerships. Or         I fear we are falling into false dichotomies. Perhaps
for disruptive start-ups to gain a foothold in the market    the best way to make my point on impact is to use the
through the European Innovation Council. Also this is        words of the Dutch Nobel Prize winner for Chemistry,
based on excellence, which will prevent Europe from          Prof. Ben Feringa, when he said last week: “I hope there
falling behind in market-creating innovations. So these      will always be the possibility of a ‚playground‘ in which
two issues, excellent fundamental science on one side,       we can do research. You should be able to fall. Because
and applied science or innovation on the other side, are     only then do you arrive to discoveries. Not every
not mutually exclusive. It was Louis Pasteur who said        discovery will lead to an application. But it does lead to
that “There are no such things as applied sciences but       knowledge and then an application will follow that can
only applications of science”. That is why we, present       change the world.”
here today, have to forcefully reject the simplistic and
false dichotomy between the two sides.                       So, we can have a culture that, on the one hand, promo­
                                                             tes the measurement of the impact of research, while
Reality is instead a complex spectrum where an ERC           on the other hand, understanding, intellectually, that
grant can very rapidly find a market application, and        not all research will have a concrete and immediate
a PPP with industry can then inspire fundamental re­         impact. I hope that in the next Framework Program­
search in the future. Recently, a member of the Solvay       me we can have a more sophisticated approach to
family told me that one of his ancestors used to say that    this issue of impact. We can do more to capture and
there is only one kind of science – “applied science”:       measure different kinds of outputs – including the
some of it already being applied and some that will be       unexpected ones. Because sometimes results that we
applied in the future, even if it is 100 years from now.     don‘t think have impact can have a huge impact in
                                                             other disciplines. We have to work on cross-impact
KAPITEL                                                                                                         17

between disciplines. We have an obligation and an        To conclude, we are in an exciting time for science and
incentive to be much better at understanding and         innovation policy. The world is changing fast, and we,
communicating the impact of what we do. Not only to      as policy makers, have to adapt faster. A successful ERA
ministers of finance, but to the general public!         will lead to Open Innovation, Open Science and Open
                                                         to the World. From my part, from the perspective of the
So these core values of Excellence, Openness and         European Commission, we take inspiration from your
Impact are ones that I want us to discuss during the     work. We are opening an exciting new chapter, where
interim evaluation and in designing the next Frame­      we will lay the foundations of our next Framework
work Programme. This ties in very closely with the       Programme, that will lead Europe into the third decade
future of ERA. There is no doubt ERA has come a long     of this century. It is a decade in which we need to kick­
way since its inception in 2000. Now is the time to      start the stagnant growth of productivity and jobs that
look ahead, at the future ERA. In my view, that means    we see throughout Europe. These challenges depend on
two things. One, we should now turn our focus on im­     how successful we are in unleashing the full potenti­
plementation. This is the responsibility of the Member   al of science and innovation in Europe. And for that
States. And of course you can count on the support of    we need to fight every day for a culture of Excellence,
the Commission in doing this.                            Openness and Impact embedded in ERA.

Two, we should look ahead at the developments of         Thank you.
tomorrow. ERA has entered the digital age. It is up to
us how we take advantage of it. There are new barriers
to tear down.
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Der Europäische Forschungsraum – Quo vadis?
Das Podium blickte auf die bisherige Zusammenarbeit im Europäischen Forschungsraum zurück und diskutierte, welche
Schritte notwendig sind, um den Forschungsraum und die EU-Forschungsrahmenprogramme erfolgreich fortzuführen.

Die Zusammenarbeit mit Partnerinnen und Partnern           hier ein Vorbild auch für andere Politikbereiche sein.
in Europa hat eine enorme Bedeutung für die deutsche       Die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und
Wissenschaft. Dabei gehe es weniger um die finanzi­        Partnerinnen und die Betrachtung von Forschungsge­
elle Unterstützung, die deutsche Forschende von der        genständen aus einer internationalen Perspektive seien
Europäischen Union erhalten. Zwar sei beispielsweise       in der Wissenschaft seit Langem selbstverständlich.
die Förderung des Europäischen Forschungsrates (ERC)       Dadurch sei die wissenschaftliche Zusammenarbeit
oftmals Voraussetzung dafür, internationale Expertin­      zu einem stabilisierenden Faktor in der Europäischen
nen und Experten für die deutschen Universitäten zu        Union geworden und werde es auch zukünftig sein.
gewinnen. Doch grundsätzlich ließe sich die Bedeutung      Dieses positive Beispiel gelte es in die allgemeine
der europäischen Zusammenarbeit nicht durch die            politische Debatte zu transportieren. Auch inhaltlich
Höhe der eingeworbenen Mittel ausdrücken. Weitaus          solle sich die Wissenschaft daran beteiligen, eine neue
wichtiger sei für die zukünftige Zusammenarbeit das        gemeinsame Vision für die europäische Zusammenar­
Bilden von Netzwerken und das Finden von europäi­          beit zu erarbeiten.
schen Partnern und Partnerinnen.
                                                           Doch nicht nur auf europäischer Ebene sollte die
Vor dem Hintergrund aktueller Krisen in Europa             Wissenschaft ihre Rolle als Unterstützerin der Poli­
komme der Wissenschaft eine besondere Rolle zu. Die        tik wahrnehmen. Auch auf nationaler Ebene sei es
fehlende Unterstützung für das europäische Projekt,        wichtig, aktuelle politische Herausforderungen noch
wie zuletzt bei der Brexit-Abstimmung, wurde darauf        mehr als bisher in die Forschung aufzunehmen und
zurückgeführt, dass es der Europäischen Union an           der Politik wissenschaftlich fundierte Entscheidungs­
einem gemeinsamem Narrativ, einer gemeinsamen              grundlagen anzubieten.
Vision mangele. Das Europa der Wissenschaft könne
PODIUMSDISKUSSION: DER EUROPÄISCHE FORSCHUNGSRAUM – QUO VADIS?                                                        19

Gerade im Vorfeld haushaltspolitscher Debatten werden          Das Podium unterstrich die Bedeutung des Exzellenz­
die europäischen Politikfelder danach bewertet, welchen        kriteriums für die Weiterentwicklung des Europäischen
„Impact“, welche konkreten Auswirkungen sie in der             Forschungsraums. Bei der Vergabe europäischer Förder­
Vergangenheit erzielt haben. Dabei wird die europäische        mittel sollten nicht regionale Kriterien im Vordergrund
Forschungspolitik stark daran gemessen, wie viele Inno­        stehen, sondern die Qualität der Anträge. Der Europäi­
vationen sie hervorgebracht hat. Dabei, so das Podium,         sche Forschungsrat (ERC) sei ein gutes Beispiel einer ex­
müsse diskutiert werden, wie eng der Begriff der „Inno­        zellenzorientierten Förderung. Es wurde vorgeschlagen,
vation“ gefasst werden sollte. Marktfähige Innovationen        dass auch die länderübergreifende Zusammenarbeit des
nutzen nicht nur aktuell vorhandenes Wissen, sondern           Forschungsrats wieder stärker gefördert werden sollte.
seien oft, wie bei der Erfindung des Lasers, auf Erkennt­
nisse jahrelanger Grundlagenforschung angewiesen.              Nachholbedarf wurde beim Anwerbung internationa­
Somit habe auch die erkenntnisgetriebene, nicht per se         ler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für den
marktorientierte Forschung eine große Bedeutung für            Europäischen Forschungsraum gesehen. Im interna­
Innovation. Gleichzeitig sei es entsprechend schwierig         tionalen Vergleich liege Europa hier hinter den USA
im Vorfeld zu beurteilen, welcher „Impact“ in einem zu         zurück. Das Podium unterstrich auch die Bedeutung der
fördernden Forschungsvorhaben zu erwarten ist. Hier            Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese dürften nicht
sei die jeweilige Einschätzung exzellenter Fachkolle­          als Unterstützungswissenschaften betrachtet werden,
ginnen und -kollegen des Forschungsraums gefragt.              sondern als eigenständige Disziplinen, die aus ihrer
Es wurde angeregt, weniger den direkten Nutzen von             Forschung heraus neue Ansätze erarbeiten. Es wurde
Fördermaßnahmen in den Fokus der Debatte zu stellen,           vorgeschlagen, den Geistes- und Sozialwissenschaften
sondern den Europäischen Forschungsraum stattdessen            im nächsten Rahmenprogramm wieder ein größeres
noch stärker durch langfristige, stabile Kooperations­         Gewicht zu verleihen.
strukturen zu stärken.
                                                               Die Podiumsdiskussion machte deutlich, wie intensiv
Doch auch umgekehrt habe die marktorientierte Inno­            Deutschland in den Europäischen Forschungsraum
vation eine immer größere Bedeutung für die Grundla­           eingebunden ist. Die Wissenschaft hat eine große Bedeu­
genforschung. So fußten innovative Produkte auf den            tung für die heutige und zukünftige Zusammenarbeit
Ergebnissen der Grundlagenforschung. Gleichzeitig              in der Europäischen Union und sollte diese Rolle noch
inspirierten die Anwendungsperspektiven aber auch              stärker als bisher wahrnehmen.
die erkenntnisorientierte Forschung. Aufgrund dieser
Wechselwirkung sollten Forschung und Innovation bei              Panel
der Ausgestaltung europäischer Förderinstrumente –
beispielsweise des Europäischen Innovationsrates (EIC)
– noch enger miteinander verzahnt werden. Dabei sei              Prof. Dr. Wolfgang Ertmer | Vizepräsident der
es auch wichtig, die Prozessketten in der Wissenschaft           Deutschen Forschungsgemeinschaft
zu überarbeiten, um neue Forschungsergebnisse noch
schneller in die Anwendung zu bringen und so entspre­            Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner | Präsident der
chende Wettbewerbsvorteile nutzen zu können.                     Leibniz-Gemeinschaft

Hinsichtlich der Frage, mit welchen Instrumenten For­            Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst | Präsidentin der
schung und Innovation gefördert werden sollten, wurde            Humboldt-Universität zu Berlin
betont, dass die kreditbasierte Förderung – wie durch
den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen            Prof. Dr.-Ing. habil. Reimund Neugebauer |
(EFSI) – kein Ersatz für die Zuwendungsförderung sei. So         Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft
sei der EFSI als Investitionsfonds für finanziell schwä­
chere Länder konzipiert und nicht darauf ausgerichtet,           Dr. Georg Schütte | Staatssekretär im
die Forschung in Deutschland voranzubringen. Zudem               Bundesministerium für Bildung und Forschung
sei nicht sicher, dass die EFSI-gestützten Kredite, die ins­
besondere Investitionen mit höheren Risiken unterstüt­           Moderation: Jan-Martin Wiarda
zen, auch zurückgezahlt werden können.
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Der Europäische Forschungsraum –
Neue Themen – neue Politik?
Welches sind die aktuellen Herausforderungen im Europäischen Forschungsraum? Wie können neue Schwerpunkte
wie Open Science gemeinsam umgesetzt werden? Welche Diskussionen zeichnen sich um das Budget des nächsten
Rahmenprogramms ab? Diesen und weiteren Themen widmete sich die zweite Podiumsdiskussion der EFR-Konferenz.

Das Podium unterstrich, dass noch immer große            Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwick­
Unterschiede zwischen den forschungsstarken und          lung bereitzustellen. Deutschland solle sich dafür
forschungsschwächeren EU-Mitgliedstaaten bestehen.       einsetzen, dass dieses Ziel – in einer Mischung von
Es müsse verhindert werden, dass dadurch das Projekt     nationaler Anstrengung und europäischer Initiative –
des Europäischen Forschungsraums gefährdet wird.         umgesetzt wird.
Die Teilnehmenden plädierten dafür, dass insbeson­
dere erfolgreiche Länder wie Deutschland sich dafür      Robert-Jan Smits lobte das deutsche Engagement
einsetzen sollten, forschungsschwächere Länder           für den Europäischen Forschungsraum. Die weite­
beim Auf- und Ausbau stabiler Forschungssysteme          re Verbesserung des EFR sei die Aufgabe der EU-
zu unterstützen. Kontrovers wurde hingegen disku­        Mitgliedstaaten, was sich auch in den nationalen
tiert, welche Instrumente auf europäischer Ebene         EFR-Strategien und -plänen widerspiegele. Volker
genutzt werden sollten, um die bestehenden Unter­        Rieke betonte hingegen die Bedeutung einer stärke­
schiede abzubauen – beispielsweise die „Widening         ren Zusammenarbeit von Europäischer Kommission
Participation“-Maßnahmen des Rahmenprogramms             und EU-Mitgliedstaaten und unterstrich, dass die
oder die europäischen Strukturfonds.                     Verantwortung für die Ausgestaltung des EFR nicht
                                                         nur bei den EU-Mitgliedstaaten, sondern auch bei der
Es dürfe nicht sein, so die Teilnehmenden, dass einige   Kommission liege.
EU-Mitgliedstaaten ihre nationale Forschungsför­
derung reduzierten, weil ihre Forschenden auch auf       Bei der Diskussion um das nächste Forschungsrahmen­
EU-Ebene gefördert werden können. Man müsse an           programm sei es wichtig, nicht nur finanzielle Größen
dem Ziel festhalten, dass jedes Land drei Prozent des    zu diskutieren. Im Vordergrund solle die strukturelle
würde die europäische Wissenschaft enorm profitie­
                                                            ren. Dennoch seien noch viele offene Fragen zu klären.
                                                            Dabei gehe es um rechtliche Vorgaben wie zum Beispiel
                                                            die Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums,
                                                            aber auch um die Vergleichbarkeit von Daten unter­
                                                            schiedlicher Herkunft, um Anreizsysteme, die For­
                                                            schende belohnen, wenn sie ihre Forschungsergebnisse
                                                            öffentlich zugänglich publizieren oder um Detailfragen
                                                            zur Speicherung von Daten und ihrer Pflege. Der Citi­
                                                            zen Science-Ansatz, also die aktive Bürgerbeteiligung
                                                            in der Forschung, scheitere vielfach am Widerstand der
                                                            Wissenschaft. Um Open Science und Citizen Science
                                                            voranzubringen, werde eine andere Kultur in Universi­
                                                            täten, Wissenschaft und Forschung gebraucht.

                                                            In der Debatte zeigte sich, dass sich der Europäische For­
                                                            schungsraum kontinuierlich weiterentwickelt und neue
                                                            Themen, wie z. B. Open Science, integriert. Dabei ist ein
                                                            gemeinsames Vorgehen aller Beteiligten erforderlich.
und inhaltliche Ausgestaltung des Programms stehen.
Das Rahmenprogramm dürfe keine Doppelung der na­
tionalen Förderprogramme sein, sondern müsse einen            Panel
europäischen Mehrwert generieren.

Die Podiumsteilnehmer unterstrichen dennoch den               Sabine Brünger-Weilandt | Direktorin und
Wunsch, das Budget des Nachfolgeprogramms ge­                 Geschäftsführerin des FIZ Karlsruhe – Leibniz-
genüber Horizont 2020 zu erhöhen oder zumindest               Institut für Informationsinfrastruktur GmbH
zu halten. Schon jetzt zeichne sich aber ab, dass man
dabei mit mehreren Herausforderungen konfrontiert             Dr. Christian Ehler | Mitglied des Europäischen
werde. Erstens sei nicht davon auszugehen, dass die EU-       Parlaments
Mitgliedstaaten einer Erhöhung des allgemeinen EU-
Haushalts für die Zeit nach 2020 zustimmen. Zweitens          Prof. Dr. Horst Hippler | Präsident der
stünden Gemeinschaftsprogramme wie die Forschungs­            Hochschulrektorenkonferenz
förderung grundsätzlich im Fokus, wenn es darum gehe,
Gelder im EU-Haushalt zu kürzen. Regional zugeteilte          Dr. Stefan Kaufmann | Mitglied des Deutschen
Gelder wie die der europäischen Strukturfonds seien           Bundestages
hier weniger gefährdet. Und drittens stelle sich die Fra­
ge, wie die Verteidigungsforschung finanziert werden          MinDir Volker Rieke | Abteilungsleiter für
soll, die derzeit auf europäischer Ebene diskutiert wird.     Europäische und internationale Zusammenarbeit in
Würde sie in das Rahmenprogramm integriert, bestün­           Bildung und Forschung im BMBF
de die Gefahr, dass das Budget für die anderen Förder­
bereiche entsprechend reduziert würde.                        Robert-Jan Smits | Generaldirektor der
                                                              Generaldirektion Forschung und Innovation der
Bezüglich weiterer inhaltlicher Prioritäten zur Vertie­       Europäischen Kommission
fung des EFR wurde der Abbau von Mobilitätshinder­
nissen für Forschende diskutiert, ebenso wie weitere          Prof. Dr. Otmar D. Wiestler
nötige Fortschritte bei der Förderung von Forsche­            Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft
rinnen. Open Science, so das Podium, berge großes
Potenzial. Wenn es gelänge, den EFR noch stärker als          Moderation: Jan-Martin Wiarda
einen offenen digitalen Forschungsraum zu gestalten,
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