Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...

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Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Kanton Zürich
         Gesundheitsdirektion

        Magazin P&G
         Prävention und Gesundheitsförderung

        Dezember 2020

       Emotionen
       Gefühle sind kein leichtes Spiel  –  S. 4

Gefühle                Lebensstil prägt                  Wenn Berufstätige
von A–Z  –  S. 8       psychische Gesundheit  –  S. 14   Angehörige betreuen  –  S. 18
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                                                             Liebe Leserin, lieber Leser
                                                                                                                                                                                                                         Fünf Termine
       Schwerpunkt: Emotionen                                                                                                                                                                                            die Sie sich merken müssen:
 4	Gefühle sind kein
       leichtes Spiel
                                                                                 Wie fühlen sich sich? Jetzt, in diesem                                                                                                  12. FEBRUAR
 8	Gefühle von A–Z                                                              Moment, in dem Sie diese Zeilen lesen?
                                                                                                                                                                                                                                                                               25. MAI UND 11. JUNI

10     Gefühle erforschen                                                       Sind Sie zufrieden, entspannt und bereit,
                                                                                                                                                                                                                         Gesund altern                                         Öffentliche Räume gestalten
                                                                                 sich von der neuen Ausgabe des Maga-                                                                                                    Zürcher Präventionstag 2021
                                                                                 zins P&G inspirieren zu lassen? Oder sind                                                                                               Der Präventionstag 2020 wurde auf                                                  Wie können öffentliche Räume gestaltet
12	
   Auf einen Blick                                                                                                                                                                                                                                                                                          werden, damit sie zum Zu-Fuss-Gehen,
                                                             Sie unruhig und können sich nur schwer auf die Lektüre kon-                                                                                                 den 12. Februar 2021 verschoben und
       Kurzmeldungen                                                                                                                                                                                                     findet neu digital statt. Das Thema                                                Velofahren oder Spielen anregen? Welche
                                                             zentrieren?
14	
   Zürcher Gesundheitsbericht                                                                                                                                                                                            bleibt bestehen: Gesund altern.                                                    Bedingungen müssen erfüllt sein, damit
                                                                                                                                                                                                                         Was sind die Voraussetzungen, um                                                   sich Menschen gern dort aufhalten? Diese
       Lebensstil prägt psychische                           Über Gefühle zu sprechen – besonders über die eigenen –,                                                                                                    gesund altern zu können? Welche                                                    Fragen werden im Weiterbildungskurs
       Gesundheit                                            ist nicht immer leicht. Manchmal lässt sich das «Rumoren im                                                                                                                                                                                    «Öffentliche Räume gestalten – Bewegung
                                                                                                                                                                                                                         Massnahmen unterstützen uns
18     work & care                                           Bauch» nicht so einfach deuten. Ein anderes Mal fehlt es                                                                                                    dabei, möglichst lange gesund und                                                  und Begegnung fördern» behandelt. Der
       Wenn Berufstätige                                     vielleicht an den richtigen Worten, um dem Gegenüber die                                                                                                    selbstständig zu bleiben?                                                          Kurs wird an der ZHAW durchgeführt und
       Angehörige betreuen                                                                                                                                                                                               Die Tagung nimmt sich dieser                                                       richtet sich an Berufsleute, die sich mit der
                                                             eigene Gefühlswelt zu beschreiben. Und manchmal spürt
                                                                                                                                                                                                                         Fragen an und bietet unter anderem                                                 Planung und Gestaltung öffentlicher Räume
20	
   Interview                                                 man schon beim blossen Gedanken an ein bevorstehendes                                                                                                                                                                                          befassen. Die Themen sind vielfältig:
                                                                                                                                                                                                                         Fachbeiträge zu Präventionsmöglich-
       Gesundes Altern in                                    Gespräch einen Kloss im Hals. Doch die Auseinanderset-                                                                                                      keiten in den Bereichen Ernährung,                                                 nachhaltige Mobilität, Kinderfreundlichkeit,
       der Gemeinde                                          zung mit unseren Gefühlen hält uns gesund – psychisch und                                                                                                   geistige Fitness oder soziale Teil­                   Begegnungsmöglichkeiten, Barrierefreiheit, Spielplätze, Sportanlagen,
                                                             physisch.                                                                                                                                                   habe. Weiter werden das kantonale                     Walkability, Bewegungsförderung und vieles mehr.
                                                                                                                                                                                                                         Aktionsprogramm «Prävention und
                                                                                                                                                                                                                                                                               Zeit / Ort: ZHAW Soziale Arbeit, Hochschulcampus Toni-Areal, Pfingstweidstrasse 96, 8005
                                                             Um den Diskurs rund um unsere Gefühlswelten anzuregen,                                                                                                      Gesundheitsförderung im Alter»                        Zürich, Fr. 800.–, Anmeldung online bis 23. April unter zhaw.ch/de/sozialearbeit/weiterbildung
                                                                                                                                                                                                                         und beispielhafte Projekte vorgestellt.               > Community Development und Migration
                                                             beteiligen wir uns an der Kampagne «Wie geht’s dir?». Von A wie                                                                                                                                                   Veranstalter: ZHAW Departement Soziale Arbeit in Kooperation mit Prävention und Gesund­
                                                             «ausgebrannt» über O wie «optimistisch» bis hin zu Z wie                                                                                                    Zeit / Ort: 9.00 bis 16.30 Uhr, online via Zoom,      heitsförderung Kanton Zürich, weiterbildung.sozialearbeit@zhaw.ch
                                                                                                                                                                                                                         Anmeldung online bis 1. Februar 2021 unter
                                                             «zufrieden» bietet sie ein Alphabet, das dazu einlädt, sich über                                                                                            www.gesundheitsfoerderung-zh.ch
Impressum
                                                             Gefühle auszutauschen.                                                                                                                                      Veranstalter: Prävention und Gesundheits­          19. JUNI
                                                                                                                                                                                                                         förderung Kanton Zürich, Tel. 044 634 46 29,

                                                             Auf den nachfolgenden Seiten veranschaulichen unsere
                                                                                                                                                                                                                         info@gesundheitsfoerderung-zh.ch                   Der Gesundheit auf der Spur
             Institut für Epidemiologie,
                                                             Autorinnen und Autoren die Wichtigkeit emotionaler Kompe-                                                                                                                                                      Der Tag der offenen Tür gibt einen Einblick in Forschung und Angebote am
Magazin P &G
            Biostatistik und Prävention
Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich.           tenzen und nehmen Sie mit auf eine Reise der Gefühle.                                                                                                                                                          Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich.
Herausgegeben vom: Institut für Epidemiologie,                                                                                                                                                                                                                              Nebst Vorträgen und Diskussionsrunden gibt es einen Gesundheitsparcours, bei
Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Zürich,
                                                             Ganz am Ende des Hefts erwartet Sie ein kleiner Einblick in                                                                                                                                                    dem die Wissenschaft hautnah erlebt werden kann. Auch kostenlose Gesundheits-
Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung
im Auftrag der: Gesundheitsdirektion Kanton Zürich
                                                             den aktuellen Zürcher Gesundheitsbericht. Der Beitrag stellt                                                                                                                                                   tests, eine Teddybärklinik für Kinder und vieles mehr werden angeboten.
Erscheinungsweise: zweimal jährlich
Bestellung des Magazins: EBPI, Abteilung Prävention
                                                             Zusammenhänge zwischen dem Lebensstil und der Gesundheit                                                                                                                                                       Zeit / Ort: 11.00 bis 16.00 Uhr, EBPI, Hirschengraben 84, 8001 Zürich, kostenlos
und Gesundheitsförderung, Kanton Zürich,                     der Zürcher Bevölkerung vor.                                                                                                                                                                                   Veranstalter: Universität Zürich, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention,
Hirschengraben 84, 8001 Zürich,                                                                                                                                                                                                                                             www.ebpi.uzh.ch
Tel. 044 634 46 29, praevention@ebpi.uzh.ch,                                                                                                                                                                             2. JUNI
www.gesundheitsfoerderung-zh.ch
                                                             In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund – und fühlen Sie!                                                                                                       Forchlauf
Redaktionsleitung: Sibylle Brunner, Abteilungsleiterin,
EBPI, Abt. Prävention und Gesundheitsförderung
Redaktion: Maja Sidler, EBPI, Abt. Prävention und
Gesundheitsförderung, Tel. 044 634 46 60,                    Sibylle Brunner                                                                                                                                             Beim Forchlauf wählen die Teilneh-
maja.sidler@uzh.ch, Thomas Neumeyer, EBPI,
Abt. Prävention und Gesundheitsförderung,
                                                             Beauftragte des Kantons Zürich                                                                                                                              menden zwischen drei verschiedenen                 21. JANUAR

Nina Hodel, EBPI, Abt. Prävention und Gesundheits-
förderung, Tel. 044 634 46 33, nina.hodel@uzh.ch
                                                             für Prävention und Gesundheitsförderung                                                                                                                     Kategorien aus: 7,4 km, 15,1 km oder
                                                                                                                                                                                                                         21,1 km. Die längste Strecke führt auf
                                                                                                                                                                                                                                                                            Gesundheit und Armut
                                                                                                                                Coverbild: GettyImages / Fran Polito, Pexels; Foto: zVg

Auflage: 4700 Exemplare
                                                                                                                                                                                                                         Waldwegen am Adlisberg vorbei und
Layout: Crafft AG, Zürich
                                                                                                                                                                                                                                                                            Die 4. Nationale Tagung widmet sich dem Thema: «Wenn Armutsbetroffene
Druck: Schellenberg Druck AG, Pfäffikon                                                                                                                                                                                  hoch über dem Greifensee bis zum
                                                                                                                                                                                                                                                                            Gesundheitsleistungen nicht in Anspruch nehmen». Welche Rolle spielen Anreize
Artikel aus dem Magazin P&G können ohne ausdrück-                                                                                                                                                                        Forchdenkmal.
liche Genehmigung der Redaktion übernommen werden,                                                                                                                                                                                                                          aus gesundheitsökonomischer Sicht für unser Gesundheitssystem? Was sind
sind aber vollständig abzudrucken und mit dem
                                                                                                                                                                                                                         Zeit / Ort: Start ab 19 Uhr im Sport Center        die Voraussetzungen für Eigenverantwortung? Aus verschiedenen Perspektiven
Quellenhinweis «Prävention und Gesundheitsförderung
                                                                                                                                                                                                                         Fluntern, Zürichbergstr. 196, 8044 Zürich,         werden diese Fragen diskutiert. Auch Betroffene werden miteinbezogen.
                                                                                                                                                                                          Fotos: Anina Lehmann; iStock

Kanton Zürich» zu kennzeichnen. Davon ausgenom-
men sind Beiträge, die mit einem Copyright-Vermerk                                                                                                                                                                       Anmeldung online ab Januar unter
versehen sind. Die Verwendung von Bildern und Illustra-                                                                                                                                                                  asvz.ch/event/59391-forchlauf                      Zeit / Ort: 9.15 bis 16.30 Uhr, online, Fr. 150.–; für Studierende Fr. 30.–, Partner Fr. 90.–, Armutsbetrof­
tionen ist immer vorgängig mit der Redaktion zu klären.                                                                                                                                                                  Veranstalter: ASVZ (Akademischer Sport­            fene gratis, Anmeldung online bis 11. Januar 2021 unter bfh.ch/soziale-arbeit/gesundheit
                                                                                                                                                                                                                         verband Zürich)                                    Veranstalter: Berner Fachhochschule und zahlreiche weitere Partner, pascal.coullery@bfh.ch

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Magazin P&G, Dezember 2020 – 3
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Schwerpunkt                                                                                                                              Schwerpunkt

                                                G
                                                         efühle?! Wie lästig sie doch sein können, wenn
                                                         sie uns hemmen und einschränken, wie bei-
                                                         spielsweise die nahezu lähmende Angst vor
                                                 einer Prüfung; wie beflügelnd sie aber auch sein kön-
                                                 nen, wenn sie uns zu neuen Taten schreiten lassen – wie
                                                 Enthusiasmus, Neugier und Lebenslust. Wir alle emp-
                                                 finden Emotionen, tagein, tagaus – doch wie lassen sie
                                                 sich definieren? Wozu sind sie da? Und: Ist es eine
                                                 Kunst mit seinen eigenen Emotionen umzugehen?

                                                 Wie eine Emotion entsteht
                                                 Emotionen entstehen, wenn sich unsere Aufmerksam-
                                                 keit auf eine Gegebenheit lenkt, welche wir als für uns
                                                 bedeutsam einstufen. Dies kann ein wichtiges Ereignis
                                                 sein wie die Geburt eines Kindes, aber auch Verände-
                                                 rungen in unserem alltäglichen Leben wie ein Kaffee,
                                                 der sich unerwartet über die Tastatur unseres Laptops
                                                 ergiesst. Wir nehmen diese Ereignisse als «relevant»
                                                 wahr, und wir bewerten sie als mehr oder weniger gut
                                                 oder schlecht. Im Fall des ausgeschütteten Kaffees ver-
                                                 mutlich als ausgesprochen schlecht, da es sich doch um
                                                 unseren Arbeitscomputer handelte. Die Bewertung des
                                                 Ereignisses kann zum Auslösen einer Emotion führen,
                                                 welche sich aus Gefühl, einer körperlichen Reaktion
                                                 und einer «Handlungstendenz» zusammensetzt. Die
                                                 ersten beiden Komponenten sind einfach nachzuvoll-
                                                 ziehen: Ich bin erschrocken und entsetzt, dementspre-
                                                 chend reagiert mein Körper mit Anspannung, mein
                                                 Herz klopft schnell. Was ist aber die Handlungsten-
                                                 denz? Dies ist die Bereitschaft des Körpers, auf eine
                                                 bestimmte Art und Weise zu reagieren, zum Beispiel
                                                 blitzschnell den Laptop umzudrehen – vielleicht kann
                                                 damit ja noch ein grösserer Schaden vermieden werden.
                                                 Diese drei Teile – Gefühl, körperliche Reaktion und
                                                 Handlungstendenz – machen Emotionen aus. Und ge-
                                                 nau diese führen auch dazu, dass uns Emotionen im
                                                 Alltag motivieren, aber auch hemmen können. Nicht
                                                 alles daran können wir bewusst steuern, aber wie lange

           Gefühle sind kein
           leichtes Spiel
           Emotionale Kompetenzen sind uns täglich eine
           grosse Hilfe. Doch die eigenen Gefühle zu benennen
           und zu regulieren, will gelernt sein.
           Text: Andrea Samson
                                                                                                           Foto: Stocksy

4 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                             Magazin P&G, Dezember 2020 – 5
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Schwerpunkt                                                                                                                                                                                                                                                               Schwerpunkt

                                                                                                                                                             Sind wir aber bereits in einer emotionalen Situation,     bewegen will, öfter oder anders über ihre Emotionen
                                                                                                                                                             versuchen wir, diese zu verändern, um uns besser zu       zu sprechen.
                                                                                                                                                             fühlen. Manchmal reicht es aber auch, uns abzulenken         «Spielerisch» ist auch ein wichtiges Stichwort, wenn
                                                                                                                                                             oder eine Situation unter einem veränderten Blick­        man die Frage beantworten möchte, wie Kinder ihre
                                                                                                                                                             winkel zu betrachten. Letzteres                                                  Emotionen erlernen und testen.
                                                                                                                                                             ist eine Strategie, von der man                                                  Beobachtet man Kinder, sieht
                                                                                                                                                             weiss, dass sie sich positiv auf       «Der Umgang mit                           man, wie sie im Spiel mit anderen
                                                                                                                                                             die psychische Gesundheit aus-                                                   ihre Emotionen ausprobieren,
                                                                                                                                                             wirkt, wenn man sie häufig und
                                                                                                                                                                                                     den Emotionen                            erproben, nachspielen und auch
                                                                                                                                                             dem Kontext angepasst einsetzt.        passt sich bis ins                        herausfordern (man erinnere
                                                                                                                                                             Aber auch wenn eine Emotion                                                      sich an die unglaubliche Frustra-
                                                                                                                                                             schon präsent ist, kann man sie           Alter an und                           tion, wenn man zum ersten Mal
                                                                                                                                                             noch beeinflussen, indem man            verändert sich.»                         beim «Mensch ärgere dich nicht»
                                                                                                                                                             den Ausdruck verändert – ver-                                                    verloren hat). Diesen Umstand
                                                                                                                                                             stärkt, abschwächt, verbirgt oder                                                haben wir uns in einem gross­
                                                                                                                                                             gar vollständig unterdrückt. Die Fähigkeit, Emotionen     angelegten Forschungsprojekt zunutze gemacht: Auf-
                                                                                                                                                             zu benennen und zu regulieren, geht einher mit einer      bauend auf Emotionstheorien, haben wir gemeinsam
                                                                                                                                                             grösseren Stresstoleranz, besseren soziale Beziehungen    mit Game-Designern mehrere Gesellschaftsspiele ent-
                                                                                                                                                             zu Hause und am Arbeitsplatz und einem grösseren          wickelt, bei denen es um das Erkennen, die Benennung
                                                                                                                                                             sozialen Netz, weniger Depression und Ängsten, weni-      und Regulation der eigenen Emotionen und derjenigen
                                                                                                                                                             ger Aggression.                                           der anderen geht. Eine erste Studie hat gezeigt, dass
                                                                                                                                                                                                                       die Kinder Spass an den Spielen haben und sich ihre
                                                                                                                                                             Lebenslanges Erlernen                                     emotionalen Kompetenzen auf die Wahrnehmung der
                                                                                                                                                             Mit diesen Fertigkeiten wird man nicht geboren (abge-     Spiele auswirken. Nun werden die Spiele in weiteren
                                                                                                                                                             sehen von einem eingeschränkten Repertoire von Ver-       Studien im Schulkontext eingesetzt, um zu testen, ob
                                                                                                                                                             haltensmustern bei Kleinkindern wie dem «Nuckeln»         man emotionale Kompetenzen durch das Spielen dieser
                                                                                                                                                             oder dem Abwenden des Blicks). Man muss lernen, wie       Spiele tatsächlich fördern kann. Sollten diese Studien
                                                                                                                                                             man seine Gefühle erkennt, richtig deutet und allen-      positive Ergebnisse erzielen, können die Spiele durch-
                                                                                                                                                             falls reguliert. Dies passiert anfänglich in der Dyade    aus ein Werkzeug für Lehr- und Erziehungspersonen
                                                                                                                                                             mit den primären Bezugspersonen, weitet sich auf          sowie Familien darstellen, um Emotionen zu themati-
       Emotionsregulation ist die Fähigkeit, unsere Emotionen zu beeinflussen und zu lenken.                                                                 Lehrpersonen und andere Erziehungspersonen aus und        sieren und den Umgang mit ihnen zu üben. Das Schöne
                                                                                                                                                             wird durch die Erlebnisse mit Gleichaltrigen gefördert.   an diesen Spielen ist, dass sie nicht nur einen päda­
                                                                                                                                                             Neueste Forschung zeigt zudem, dass sich der Umgang       gogischen Wert haben, sondern gleichzeitig Spass
                                                                                                                                                             mit den Emotionen sogar bis ins Alter hinein anpasst      machen. Denn Lernen geht am einfachsten, wenn po-
                                                                                                                                                             und verändert. Emotionale Kompetenzen werden ein          sitive Emotionen im Spiel sind.
        wir uns über den nassen Computer ärgern wollen,                      Jemand der nur sagen kann, dass er sich «schlecht»                              Leben lang auf die Probe gestellt, da uns immer wieder
        während eine andere Aufgabe wartet, oder ob wir in                   fühlt, aber nicht unterschieden kann, ob er wütend,                             Herausforderungen geboten werden, denen wir noch
        Zukunft in der Nähe von Tastaturen noch Kaffee                       enttäuscht oder traurig ist, wird Schwierigkeiten ha-                           nicht gewachsen zu sein scheinen. Auch gibt es etliche
        trinken, wird durchaus Einfluss auf sie nehmen. Daraus               ben, den Ursprung seiner Emotion zu erkennen. Es                                Faktoren, welche die Entwicklung emotionaler Kompe-
        erwächst die Kunst, Gefühle im Alltag so einzusetzen,                wird dann auch schwierig, die Handlungstendenzen                                tenzen beeinflussen: die Fähigkeiten der Bezugsperso-
        dass sie uns behilflich sind und somit das lebenslange               richtig zu deuten und diese adäquat umzusetzen.                                 nen, mit ihren eigenen Emotionen umzugehen und so
        Erlernen von «emotionalen Kompetenzen» möglich                          Weiterer Bestandteil emotionaler Kompetenzen ist                             als Vorbild dienen zu können, das kindliche Tempera-
        machen. Was ist das? Und wie erlernt man das?                        die Emotionsregulation – die Fähigkeit, unsere Emotio­                          ment, soziale Probleme oder schwierige Lebenssitua­
                                                                                                    nen zu beeinflussen und zu len-                          tionen. In diesem jahrelangen Prozess des Lernens mit
        Emotionale Kompetenzen                                                                      ken, möglichst in eine Richtung,                         sich und seinen Gefühlen umzugehen, klappt natürlich      Prof. Andrea Samson
        Zu den emotionalen Kompeten-                                                                die uns weiterhilft. Manchmal                            nicht immer alles so, wie wir es uns wünschen würden.     Leiterin des chEERS Lab
        zen gehört zuallererst, Emotio-             «Zuallerst müssen                               möchten wir die Intensität nega-                         Emotionale Kompetenzen sind nicht nur bei verschie-       Ausserordentliche Professorin in
                                                                                                                                                                                                                       Psychologie, FernUni Schweiz
        nen bei sich selbst zu erkennen.
        Was empfinde ich gerade? Was
                                                       Emotionen bei                                tiver Gefühle drosseln, ein unan-
                                                                                                    genehmes Gefühl grad gänzlich
                                                                                                                                                             denen psychischen Störungen beeinträchtigt, auch Kin-
                                                                                                                                                             der, Jugendliche und Erwachsene mit Entwicklungsstö-
                                                                                                                                                                                                                       SNSF Professorin, Universität Fribourg

        kann ich mit dem Gefühl anfan-              sich selbst erkannt                             unterbinden, manchmal möch-                              rungen (z.B. Autismus Spektrum Störungen) haben es        Das Forschungsteam chEERSLab, geleitet
                                                                                                                                                                                                                       von Prof. Andrea Samson, befasst sich
        gen? Habe ich etwas davon oder                                                              ten wir angenehme Emotionen                              oft schwerer, emotionale Kompetenzen zu erlernen.
        nicht? Um hier verlässliche Ant-
                                                         werden.»                                   verstärken, verlängern, oder ge-
                                                                                                                                                                                                                       mit Emotionen und deren Regulation bei
                                                                                                                                                                                                                       Menschen mit und ohne Entwicklungs­
        worten zu finden, muss man ler-                                                             rade erst auslösen. Dafür haben                          Den Umgang mit Emotionen fördern                          störungen. Zudem ist das Team auch daran
        nen, wie man Gefühle richtig erkennt und entspre-                    wir viele Strategien – mehr oder weniger bewusst – er-                          Eine Möglichkeit, emotionale Kompetenzen zu fördern,      interessiert, Trainingsprogramme (unter
                                                                                                                                                                                                                       anderem in der virtuellen Realität) und Ge-
        chend benennt. Dies ist wichtig, da verschiedene                     lernt. Wir vermeiden Situationen, von denen wir glau-                           ist, das Gespräch darüber anzuregen. Die innovative       sellschaftsspiele zu entwickeln, welche
        Emotionen unterschiedliche Auslöser haben und un-                    ben, dass sie negative Gefühle hervorrufen und suchen                           Kampagne «Wie geht’s dir?» (siehe Bericht S. 8) ist ein   das Erlernen von emotionalen Kompetenzen
        terschiedliche Handlungstendenzen nach sich ziehen.                  solche, die uns positive Gefühle versprechen.                                   kreatives Beispiel, die Menschen jeglichen Alters dazu    erleichtern sollen.
                                                                                                                                        Foto: Stocksy; zVg

6 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                              Magazin P&G, Dezember 2020 – 7
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Schwerpunkt                                                                                                                                                                                                                                                                        Schwerpunkt

                                            Gefühle von                                                                                                                                                                                              breiterer Diskurs lanciert werden – denn
                                                                                                                                                                                                                                                     dort befinden sich alle Ziel- und Alters-
                                                                                                                                                                                                                                                     gruppen. Die Kantone tragen zudem

                                               A–Z
                                                                                                                                                                                                                                                     sehr aktiv zur Weiterverbreitung der
                                                                                                                                                                                                                                                     Kampagne bei, etwa mit der Distribution
                                                                                                                                                                                                                                                     von Kleinplakaten, Broschüren und an-
                                                                                                                                                                                                                                                     derem mehr. Zur gezielteren Auseinan-
                                                                                                                                                                                                                                                     dersetzung mit den eigenen Emotionen
                        Die Kampagne «Wie geht’s dir?» nimmt in einer neuen Welle                                                                                                                                                                    wurde zudem eine App entwickelt. Mit
                                                                                                                                                                                                                                                     der App kann ein Gefühlstagebuch ge-
                           die Gefühle junger Menschen in den Fokus. Von A wie
                                                                                                                                                                                                                                                     führt werden und die Nutzer*innen
                        ausgebrannt über F wie fröhlich bis zu Z wie zufrieden bietet                                                                                                                                                                erhalten auf die aktuelle Gefühlslage ab-
                              sie ein Vokabular, um über Gefühle zu sprechen.                                                                        Abb. 1: Sujet der ersten Welle   Abb. 2: Subline mit Begleit­    Abb. 3. Die aktuelle Welle     gestimmte Tipps, die sie auch perso-
                                                                                                                                                                                      erscheinungen                                                  nalisieren können. Links zum Download
                                                                      Text: Annett Niklaus                                                                                                                                                           der App sind zu finden auf wie-gehts-
                                                                                                                                                                                                                                                     dir.ch.

                                                                                             D
                                                                                                     ie aktuelle Welle der in der                    Vergleich zur älteren Bevölkerung deut-            und seit 2018 sind alle Deutschschweizer
                                                                                                     Deutschschweiz gezeigten Sen-                   lich mehr negative Gefühle erleben.                Kantone an der Kampagne beteiligt.
                                                                                                     sibilisierungskampagne «Wie                     Ebenfalls zeigte die Umfrage, dass nega-           Seither finanziert Gesundheitsförde-
                                                                                             geht’s dir?» richtet sich schwerpunkt-                  tive Gefühle von der Schweizer Bevölke-            rung Schweiz einen grossen Teil der
                                                                                             mässig an junge Erwachsene und hat                      rung häufig versteckt werden. Hier setzt           Kampagnenumsetzung.
                                                                                             einen ganz neuen Auftritt. Wie kam es                   die Weiterführung von «Wie geht’s dir?»               Nicht nur die Trägerschaft hat sich       Annett Niklaus
                                                                                             dazu und wie reiht sich die neue Welle in               an. Mit dem emotionalen Alphabet er-               gewandelt, auch inhaltlich hat die Kam-      Verantwortliche Kommunikation
                                                                                                                                                                                                                                                     und Kampagnen
                                                                                             die bisherigen ein? Gesundheitsförde-                   muntert die Kampagne dazu, über Be-                pagne in den vergangenen sechs Jahren        Prävention und Gesundheits­förderung
                                                                                             rung Kanton Zürich ist seit dem Start                   findlichkeiten – positive wie negative –           immer wieder neue Schwerpunkte ge-           Kanton Zürich
                                                                                             der Kampagne 2014 stark in deren Um-                    zu sprechen. Wer auf die Frage «Wie                setzt. Zwar bleibt das «Darüber reden,       annett.niklaus@uzh.ch
                                                                                             setzung involviert und kann einen Ein-                  geht’s dir?» präzisere Antworten findet            wie es einem geht» bis heute die Kern-
                                                                                             blick gewähren.                                         als «gut» oder «schlecht», ist besser ge-          botschaft der Kampagne. Die Nebenbot-
                                                                                                                                                     rüstet, die eigene Gesundheit zu pflegen.          schaften setzen aber unterschiedliche
                                                                                             Junge Erwachsene ansprechen                             Wer Gefühle differenziert benennen                 Akzente. Beim Start im Jahr 2014 lag der
                                                                                             Um mit der Kampagne junge Erwachse-                     kann – etwa, dass man sich «leer», «fröh-          Fokus auf der Entstigmatisierung psy-
                                                                                             ne zielführend ansprechen zu können,                    lich», «gestresst» oder «verliebt» fühlt –,        chischer Erkrankungen. Die Plakate
                                                                                             wurden in der Konzeptionsphase Fokus-                   kann besser mit negativen Gefühlen um-             nannten explizit Diagnosen wie Mager-
                                                                                             gruppeninterviews durchgeführt. Dar-                    gehen und wenn nötig Hilfe holen. Auch             sucht oder Depression (s. Abb. 1). Sie
                                                                                             aus ging hervor, dass es jungen Er­                     das Wahrnehmen positiver Gefühle ist               trugen dieses Thema in den öffentlichen
                                                                                             wachsenen besonders schwerfällt, ihre                   wichtig. Wer merkt, wann es gut geht               Raum und zeigten so, dass man darüber
                                                                                             Gefühle zu benennen. Diese Arbeitshy-                   und warum, kann diese wichtige Res-                reden kann und sollte. Im Folgenden
                                                                                             pothese der umsetzenden Werbeagentur                    source nutzen.                                     wurde der Fokus vermehrt auf die Ge-
                                                                                             wurde in Austausch mit der Trägerschaft                                                                    sundheitsförderung gesetzt. Die Plakate
                                                                                             der Kampagne und diversen Emotions-                     Tabus brechen und Gesundheit                       nannten nun Symptome oder Begleit­
                                                                                             forscher*innen (unter anderem auch                      fördern                                            erscheinungen wie Angst oder Einsam-
                                                                                             Prof. Andrea Samson, siehe Bericht S. 4)                Seit 2014 engagiert sich die Trägerschaft          keit (s. Abb. 2). Seit diesem September
                                                                                             diskutiert. Zur Überprüfung wurde An-                   der Kampagne «Wie geht’s dir?» für die             stehen Gefühle im Zentrum, von A wie
                                                                                             fang 2020 eine breit angelegte Umfrage                  Enttabuisierung psychischer Erkran-                ausgebrannt über F wie fröhlich, W wie
                                                                                                                                                                                                                                                       Material bestellen
                                                                                             zum Umgang der Schweizer Bevölke-                       kungen und die Förderung der psy­                  wütend bis zu Z wie zufrieden (s. Abb. 3).
                                                                                                                                                                                                                                                       Tragen Sie zur Kampagne bei –
                                                                                             rung mit Gefühlen durchgeführt.                         chischen Gesundheit. Gestartet wurde                                                              bestellen und verteilen Sie
                                                                                                                                                     die Kampagne als ein Projekt von vier              Internet, öffentlicher Raum                    Material. Organisationen und
                                                                                             Negative Gefühle werden                                 Kantonen der Deutschschweiz, Pro                   und Handy                                      Einzelpersonen im Kanton Zürich
                                                                                             versteckt                                               Mente Sana und dem welschen Dachver-               Die Kampagne ist seit September online         können bei uns kostenlos
                                                                                             Die Resultate der Umfrage wurden im                     band psychosozialer Organisationen,                zu sehen und wird dort spezifisch an           Kampagnenmaterial (Plakate,
                                                                                             sogenannten «Atlas der Emotionen» prä-                  CORAASP. Prävention und Gesund-                    junge Erwachsene ausgespielt. Für die          Kleber, Flyer, Broschüren)
                                                                                             sentiert. Dieser findet sich unter www.                 heitsförderung Kanton Zürich war von               breite Thematisierung ist auch die Schal-      bestellen und weiterverbreiten.
Das emotionale Alphabet regt an, über positive und negative Gefühle zu sprechen.
                                                                                             wie-gehts-dir.ch/de/aktuelles/atlas. Eine               Anfang an als Hauptträgerin der Kam­               tung von Grossplakaten im öffentlichen
                                                                                             der wichtigsten Erkenntnisse für die                    pagne massgeblich an ihrer Entwicklung             Raum wichtig: Während sich im Internet         →w
                                                                                                                                                                                                                                                         ww.gesundheitsfoerderung-zh.ch/
                                                                                                                                                                                                                                                        wgd-material
                                                                                             Kampagne war der Befund, dass junge                     beteiligt. Über die Jahre stiessen im-             bekanntlich jede*r in seiner Bubble be-
                                                                                             Erwachsene, insbesondere Frauen, im                     mer mehr Kantone zur Trägerschaft,                 wegt, kann im öffentlichen Raum ein
                                                                                                                                         Foto: zVg

8 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                                     Magazin P&G, Dezember 2020 – 9
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Schwerpunkt                                                                                                                                                                                                                                                                                       Schwerpunkt

                                                                                                                                                                                                                         oder nichts tun. Emotionen haben im-          Was nehmen die Kinder

                Gefühle erforschen
                                                                                                                                                                                                                         mer ein körperliches Echo.                    sonst noch mit?
                                                                                                                                                                                                                         Grandjean: Sehr schön ist auch zu sehen,      Rytz: Sie können sich konstruktiv ab-
                                                                                                                                                                                                                         wie sich die Kinder in meiner gemisch-        lenken, auch wenn etwas unangenehm
                                                                                                                                                                                                                         ten Klasse gegenseitig unterstützen. Als      ist und im Moment nicht gelöst werden
                                                                                                                                                                                                                         ein jüngeres Kind weinte, wurde es von        kann. Sie merken, dass es trotzdem wei-
                                                                                                                                                                                                                         einem älteren Kind getröstet: «Als ich        tergeht. Und sie erfahren, dass Wut und
  Die Weiterbildung Papperla PEP richtet sich an Lehrpersonen aus Kindergärten                                                                                                                                           kleiner war, war ich auch schnell traurig,    Traurigkeit normal sind und bei allen
                                                                                                                                                                                                                         aber das geht wieder weg, und wenn du         vorkommen.
    und Unterstufe. Sie vermittelt didaktisches Know-how, um 4- bis 8-Jährige
         in der Wahrnehmung ihrer Gefühle und ihres Körpers zu stärken.                                                                                                          «Soziale und                            älter bist, wird das anders.» So lernen sie   Grandjean: Auch lernen sie, Hilfe zu
                                                                                                                                                                                                                         zu relativieren.                              holen.
        Die Weiterbildung wird von Prävention und Gesundheitsförderung                                                                                                            emotionale
                            Kanton Zürich unterstützt.                                                                                                                        Kompetenzen sind                           Gibt es auch einen gesundheit­
                                                                                                                                                                                                                         lichen Effekt?
                                                                                                                                                                                                                                                                       Wie wirkt sich das auf
                                                                                                                                                                                                                                                                       die weitere Entwicklung
                                                                Interview: Maja Sidler
                                                                                                                                                                               lebenswichtig.»                           Rytz: Eine qualitative Umfrage unter 45       der Kinder aus?
                                                                                                                                                                                         Veronica Grandjean
                                                                                                                                                                                                                         Lehrpersonen hat gezeigt: Kinder neh-         Rytz: Emotionsregulierung ist eine Vor-
                                                                                                                                                                                                                         men Emotionen besser wahr und können          aussetzung fürs Lernen. Ohne wird’s
                                                                                                                                                                                                                         sie besser regulieren. Auch wird das          schwierig. Denn wie kann ich lernen,
                                                                                                                                                                             Wie verändert Papperla PEP den              Klassenklima friedlicher.                     wenn ich mich nicht konzentrieren
                                                                                                                                                                             Unterricht mit 4- bis 8-Jährigen?           Grandjean: Diese sozialen und emotio-         kann, weil ich gerade frustriert bin? Stu-
                                                                                                                                                                             Grandjean: Der Dialog und das Frage-        nalen Kompetenzen sind lebenswichtig.         dien zeigen, dass Kinder, die emotional
                                                                                                                                                                             stellen sind zentral.                       Wenn sie das früh kennenlernen, ist es        kompetenter sind, schulisch erfolgrei-
                                                                                                                                                                             Rytz: Es werden beispielsweise Bilder       ein langanhaltender Gewinn. Sie entwi-        cher sind. Auch geben emotionale und
                                                                                                                                                                             diskutiert, die nicht eindeutig sind. Die   ckeln ein Interesse am Zuhören und kön-       soziale Kompetenzen ein gutes Lebens-
                                                                                                                                                                             Kinder realisieren dadurch, dass es un-     nen ichbezogen reden: «Für mich ist das       gefühl.
                                                                                                                                                                             terschiedliche Meinungen gibt und keine     so, aber für andere ist es anders.» So
                                                                                                                                                                             falsch oder richtig ist. Oder wir machen    lernen sie auch, dass es okay ist, anders
                                                                                                                                                                             die Übung «innerer Wetterbericht». Alle     zu fühlen.
                                                                                                                                                                             Kinder erzählen, welches Wetter in ih-      Rytz: Das sogenannte Vermeidungsver-
                                                                                                                                                                             nen gerade ist, ob es tobt oder die Sonne   halten spielt bei vielen psychischen
                                                                                                                                                                             scheint. Zu einem späteren Zeitpunkt        Krankheiten eine Rolle. Indem die Kin-
                                                                                                                                                                             wird die Übung wiederholt und die Kin-      der lernen, auch über Schwieriges zu
                                                                                                                                                                             der merken: Das Wetter ist jetzt anders,    reden und damit umzugehen, eignen sie
                                                                                                                                                                             denn die Gefühle verändern sich.            sich ein Annäherungsverhalten an. Sie
                                  Mit dem Vokabular-Fächer lernen die Kinder, ihre Gefühle zu benennen.
                                                                                                                                                                                Es löst im Kind auch etwas anderes       setzen sich auch mit belastenden Gefüh-
                                                                                                                                                                             aus, wenn ich frage: «Wie gehst du mit      len auseinander und gehen diesen weni-          Papperla PEP im
                                                                                                                                                                             deiner Wut um?», als wenn ich ihm vor-      ger aus dem Weg. Sie haben den Mut zu
                                                                                                                                                                                                                                                                         Kanton Zürich
Im Interview erzählen Thea Rytz, Leite-            Welche Rolle spielt dabei                              ben gegenüber. Wir geben den Lehrper-                              gebe, wie es damit umgehen soll. Denn       stolpern, und das hilft für den Rest des
rin der Weiterbildung Papperla PEP, und            der Körper?                                            sonen eine Haltung mit, die sich bewusst                           das kann entmutigen und dem Kind das        Lebens. Für die psychische Gesundheit           Soeben ist eine Weiterbildung
Veronica Grandjean, Lehrperson für                 Rytz: Wir verfolgen einen körperorien-                 mit Emotionen auseinandersetzt. Dank                               Gefühl geben, es muss irgendwo hinein-      ist das wertvoll.                               gestartet. Die nächste Weiterbil­
4- bis 8-Jährige, wie emotionale und so-           tierten Zugang. Es geht um den ständi-                 dieser lernen sich die Kinder besser ken-                          passen. Wenn wir ihm mehr zumuten,                                                          dung findet im Herbst 2021 statt.
ziale Kompetenzen erlernt werden kön-              gen Dialog zwischen Körper und Gefüh-                  nen. Wie fühlt es sich an, wenn ich Angst                          sucht es selber einen Weg. Dies stärkt                                                      Anmeldungen sind ab Sommer
nen und wie Kinder davon profitieren.              len. Wie ist das, wenn ich traurig bin?                habe? Wie, wenn ich glücklich bin? So                              auch die Selbstkompetenz und ermutigt,                                                      2021 möglich und werden auf
                                                   Wo im Körper merke ich das? Was hilft                  entwickeln sie einen inneren Kompass,                              Verschiedenes auszuprobieren.                                                               unserer Website publiziert. In den
Frau Rytz, Sie haben die                           mir dann? Singen oder tief durchatmen?                 der hilft, durchs Leben zu navigieren,                                                                                                                         letzten drei Jahren haben rund
Weiterbildung Papperla PEP                         Mit diesen Fragen holen wir die Kinder                 auch wenn es manchmal stürmt.                                      Stellen Sie bei den Kindern                                                                 sechzig Lehrpersonen die Weiter­
vor zehn Jahren entwickelt.                        bei ihren Erfahrungen ab. Sie merken:                                                                                     Veränderungen fest?                                                                         bildung an der ZAL im Kanton
Wieso braucht es diese?                            Meine Erfahrungen haben einen Wert.                    Wie sieht das konkret aus?                                         Grandjean: Unsere Haltung hat auch viel                                                     Zürich besucht. Sie wird von
                                                                                                                                                                                                                                                                         Prävention und Gesundheitsförde­
Rytz: Damals gab es viele Projekte im              Das stärkt auch ihr Selbstwertgefühl.                  Grandjean: Wir möchten Lehrpersonen                                mit Interesse zu tun. Die Kinder müssen
Bereich Ernährung und Bewegung, aber               Das gezielte Fragen nach Gefühlen kann                 das Vertrauen mitgeben: Auch wenn eine                             Worte und Gefühlsadjektive finden, um           «Emotions-                                  rung Kanton Zürich im Rahmen
                                                                                                                                                                                                                                                                         des kantonalen Aktionspro­
mir war die psychische Gesundheit                  immer weiter geübt werden. Denn Ge-                    Situation im Kindergarten schwierig ist,                           sich auszudrücken. Sie lernen, dass mit
wichtig. Papperla PEP fördert emotiona-            fühle sind immer da. Wir können keinen                 negative Gefühle dürfen thematisiert                               einem bestimmten Gefühl ganz unter-
                                                                                                                                                                                                                         regulierung ist eine                            gramms «Psychische Gesundheit
                                                                                                                                                                                                                                                                         bei Kindern und Jugendlichen»
le und soziale Kompetenzen, stärkt die             Schritt machen, ohne etwas zu fühlen.                  werden. Wenn zum Beispiel ein Kind er-                             schiedlich umgegangen werden kann.            Voraussetzung                                 unterstützt.
Resilienz und hilft, eine differenzierte                                                                  zählt, dass der Grossvater gestorben sei,                          Rytz: Die Körperwahrnehmung wird
Selbstwahrnehmung zu entwickeln. Da-               Was vermittelt Papperla PEP?                           lohnt es sich, dem Raum zu geben und                               verbessert: Wir brauchen unseren Kör-          fürs Lernen.»                                →w
                                                                                                                                                                                                                                                                           ww.gesundheitsfoerderung-zh.ch/
von profitieren die Kinder tagtäglich – in         Rytz: In erster Linie Neugierde und Of-                die eigentlichen Pläne über den Haufen                             per nicht nur im Sport oder in der Bewe-                     Thea Rytz                       papperla-pep
                                                                                                                                                      Fotos: Lene Wichmann

jeder Interaktion.                                 fenheit dem eigenen emotionalen Erle-                  zu werfen.                                                         gung, sondern auch, wenn wir atmen

10 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                                                    Magazin P&G, Dezember 2020 – 11
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Auf einen Blick                                                                                                                                                                                                                                                 Auf einen Blick

SUIZIDPRÄVENTION                                                BROSCHÜRE FÜR SCHULEN                                                                                                                                                  GESUND ALTERN

Fortbildungen                                                   Suizidalität im                                                                                                                                                        Sturz­
Berufsleute im Gesundheitswesen, im HR-, Bildungs- und
Sozialbereich sowie Führungskräfte sind vergleichsweise
                                                                Jugendalter                                                                                                                                                            prävention
häufig mit Suizidalität konfrontiert. In unseren Fortbildun-    Was bedeutet es, wenn eine Schülerin sich intensiv mit dem                                                                                                             Im Rahmen unseres kantonalen
gen vermitteln wir ihnen wichtiges Wissen und Hand­             Thema Sterben auseinandersetzt? Wie kann man reagie-                                                                                                                   Aktionsprogramms «Prävention und
lungssicherheit im Umgang mit Suizidalität. So führen wir       ren, wenn ein Schüler mit Suizid droht? Soll man das Thema                                                                                                             Gesundheitsförderung im Alter»
in Zusammenarbeit mit dem FSSZ (Forum für Suizidprä­            Suizid im Unterricht behandeln? Der Umgang mit solchen                                                                                                                 setzen wir verschiedene Massnahmen
vention und Suizidforschung) kostenlos zielgruppenspezifi-      Fragen ist anspruchsvoll. Ende Jahr erscheint deshalb eine                                                                                                             im Bereich Sturzprävention um. Wir
sche Fortbildungen durch, nach Absprache auch online.           Broschüre zum Thema Suizidalität im Jugendalter. Sie                                                                                                                   beteiligen uns am überkantonalen Pro-
                                                                richtet sich primär an Schulen der Sekundarstufen I und II,                                                                                                            jekt «StoppSturz», mit dem in der
→g
  esundheitsfoerderung-zh.ch/suizidpraevention-fortbildungen   ist aber auch für weitere Personen, die beruflich mit Jugend-                                                                                                          Gesundheitsversorgung die Prävention
                                                                lichen arbeiten, interessant. Herausgegeben wird die                                                                                                                   von Stürzen gestärkt wird. Es werden
                                                                Broschüre im Rahmen des kantonalen Schwerpunktpro-                                                                                                                     intra- und interprofessionelle Schulun-
                                                                gramms zur Suizidprävention.                                                                                                                                           gen beispielsweise bei Spitex, Ärzte-
                                                                                                                                                                                                                                       schaft, Physio- oder Ergotherapeuten
                                                                → Bestellung und Download gesundheitsfoerderung-zh.ch/                                                                                                                angeboten.
                                                                   schule-und-suizid
                                                                                                                                                                                                                                       Weitere Massnahmen zielen auf die
                                                                                                                                                                                                                                       Sensibilisierung und Information der
                                                                                                                                                         PRÄVENTION UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
                                                                                                                                                                                                                                       breiten Öffentlichkeit ab. Direktbe­
                                                                                                                                                         Unterstützung für Projekte                                                    troffene und Angehörige sollen ihre
                                                                                                                                                                                                                                       Kenntnisse über Sturzprävention
                                                                                                                                                                                                                                       verbessern und Präventionsmöglich-
                                                                                                                                                         Planen Sie ein Projekt im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung?
                                                                                                                                                                                                                                       keiten umsetzen. So haben wir die
                                                                                                                                                         Dann melden Sie sich bei uns. Wir unterstützen Projekte von Organisationen
                                                                                                                                                                                                                                       Broschüre «Sicher auf den Beinen» für
                                                                                                                                                         und Einzelpersonen. Sie können bei uns ein Gesuch zur Teilfinanzierung
                                                                GESUNDER BETRIEB                                                                                                                                                       die ältere Bevölkerung gedruckt. Sie
                                                                                                                                                         von bis zu CHF 15 000.– einreichen. Im Web finden sich alle Informationen
                                                                                                                                                                                                                                       enthält vielseitige Tipps zur Ernäh-
                                                                BGM-Forum Zürich                                                                         rund um die Einreichung eines Gesuchs sowie eine praktische Checkliste.
                                                                                                                                                         Nebst einem finanziellen Beitrag kann Gesundheitsförderung Kanton Zürich
                                                                                                                                                                                                                                       rung und Bewegung und erklärt, wie

                                                                ab 2021                                                                                  Gesuchsstellenden auch beratend zur Seite stehen.
                                                                                                                                                                                                                                       Stolperfallen im Alltag vermieden
                                                                                                                                                                                                                                       werden können.
                                                                                                                                                                                                                                       Bei Fragen können Sie sich gerne an
                                                                Gesunde und engagierte Mitarbeitende sind eine Voraus-                                   →w
                                                                                                                                                           ww.gesundheitsfoerderung-zh.ch/teilfinanzierung
                                                                                                                                                                                                                                       Projektleiter Rolf Spross wenden:
                                                                setzung für den Erfolg von Unternehmen. Betriebliches                                                                                                                  rolf.spross@uzh.ch, 044 634 47 68
                                                                Gesundheitsmanagement (BGM) stärkt die Gesundheit
                                                                und Motivation von Mitarbeitenden. Das BGM-Forum                                                                                                                       →Z
                                                                                                                                                                                                                                         u den Massnahmen gesundheitsfoerde-
                                                                Zürich wird ab 2021 Zürcher Betrieben seine Dienstleis-                                                                                                                 rung-zh.ch/sturzpraevention
                                                                tungen anbieten können. Dazu gehören Impulsveran­                                                                                                                      → Bestellung und Download Broschüre
                                                                staltungen und Treffen zum Erfahrungsaustausch zu                                        ARZTPRA XEN UND SPITEXZENTREN                                                    gesundheitsfoerderung-zh.ch/sicher-auf-
                                                                BGM-Themen sowie eine Online-Plattform mit Wissen,                                                                                                                        den-beinen
GESUND ALTERN
                                                                Tools, Materialien und Praxisbeispielen. Als Trägeror­                                   Motivierende Bewegungs­
Mehr Angebote                                                   ganisationen sind der Kaufmännische Verband Zürich,
                                                                der Arbeitgeber Zürich VZH, die Universität Zürich,                                      beratung
Auf der Website www.gesund-zh.ch sind Angebote zu               die SVA Zürich sowie die Suva beteiligt.
                                                                                                                                                         Das Pilotprojekt «primaBewegt» verfolgt das Ziel, eine gesundheitsfördernde
finden, welche die psychische Gesundheit von Menschen
                                                                Bei Fragen können Sie sich gerne an Sybille Imbach,                                      Bewegungsberatung in Arztpraxen und Spitexzentren zu implementieren.
ab 65 Jahren stärken. Die Angebote erleichtern es, Neues
                                                                Geschäftsführerin des BGM-Forums Zürich, wenden:                                         Mit den Pilotinstitutionen wird partizipativ die Umsetzung im Praxisalltag
zu lernen, Kontakte zu knüpfen sowie Hilfe anzunehmen
                                                                sybille.imbach@uzh.ch                                                                    definiert und eine Implementierungsstrategie für die breitere Umsetzung
oder anzubieten. Ende Januar 2021 werden neu auch
                                                                                                                                                         in der primären Gesundheitsversorgung des Kantons Zürichs entwickelt.
Informationen und Angebote zum Thema Ernährung
                                                                                                                                                         «primaBewegt» ist Teil von «primaZüri – Prävention chronischer Krank­
aufgeschaltet – von der Lebensmittelpyramide über
                                                                                                                                                         heiten in der primären Gesundheitsversorgung: Implementierung im Kanton
Tischgemeinschaften bis zu Mahlzeitendiensten und
                                                                                                                                                         Zürich», einem kantonalen Projekt im Auftrag der Gesundheitsdirektion
Rezepten.
                                                                                                                                                         des Kantons Zürich und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Epidemio­
                                                                                                                                                         logie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich.
→ www.gesund-zh.ch

                                                                                                                                                         Bei Fragen können Sie sich gerne an die Projektleiterin Dunja Nicca wenden:
                                                                                                                                                         dunja.nicca@uzh.ch
                                                                                                                                Fotos: iStock (2); zVg

12 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                   Magazin P&G, Dezember 2020 – 13
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Zürcher Gesundheitsbericht                                                                                                                                                                                                                                                                     Zürcher Gesundheitsbericht

                                                                                                                                                    starken Schlafstörungen oder Depres­
                                                                                                                                                    sionen zu leiden, rund zehnfach höher
                                                                                                                                                    als bei einem sehr gesunden Lebensstil.

   Lebensstil prägt
                                                                                                                                                    Auch das Risiko, bei lediglich mittelmäs-
                                                                                                                                                    siger bis schlechter selbsteingeschätzter
                                                                                                                                                    Gesundheit zu sein, ist noch vierfach

psychische Gesundheit
                                                                                                                                                    erhöht. Das Risiko für physische Krank-
                                                                                                                                                    heiten wie Atemwegserkrankungen oder
                                                                                                                                                    starke muskuloskelettale Beschwerden
                                                                                                                                                    wie Rücken-, Schulter- oder Kreuz-
                                                                                                                                                    schmerzen ist bei einem sehr ungesun-
                                                                                                                                                    den Lebensstil ebenfalls signifikant er-
          Der aktuelle Zürcher Gesundheitsbericht zeigt auf, wie es um                                                                              höht (zwischen 1,5-mal und 2,5-mal
                                                                                                                                                    höher). Dabei zeigt sich jeweils eine kla-
               die Gesundheit der Zürcherinnen und Zürcher steht.
                                                                                                                                                    re Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je unge-
      Der Bericht vergleicht verschiedene Bevölkerungsgruppen miteinander                                                                           sünder der Lebensstil, desto höher das
               und untersucht auch Zusammenhänge, zum Beispiel                                                                                      Gesundheitsrisiko.
                                                                                                                                                       Ein ungesunder Lebensstil scheint
           zwischen ungünstigen Verhaltensweisen und der physischen                                                                                 also die psychische wie physische Ge-
                           wie psychischen Gesundheit                                                                                               sundheit der Zürcherinnen und Zürcher
                                                                                                                                                    stark zu beeinträchtigen. Natürlich ist
                                                    Text: Oliver Hämmig                                                                             gleichzeitig auch denkbar und plausibel,
                                                                                                                                                    dass umgekehrt eine beeinträchtigte psy-
                                                                                                                                                    chische wie physische Gesundheit den
                                                                                                                                                    Lebensstil negativ beeinflusst und zu
                                                                                                                                                    ungünstigen Verhaltensweisen wie Be-

E
       in wichtiger und häufig verwen-      im Durchschnitt. Bei den Rentnerinnen       0 bis 11 bemisst. Zu den gesundheitlich                     wegungsmangel, übermässigem Alkohol-
       deter Indikator für die Gesund-      und Rentnern, den wenig Gebildeten (ab      ungünstigen Verhaltensweisen gehören                        oder Internetkonsum oder dem Konsum
       heit ist die selbsteingeschätzte     25 Jahren) oder den Nichterwerbstätigen     neben körperlicher Inaktivität auch                         von psychoaktiven Substanzen führt.                                  Das Risiko für physische Krankheiten ist bei ungesundem Lebensstil signifikant erhöht.
Gesundheit. Die Frage nach der persön-      und Erwerbslosen im erwerbsfähigen          überlanges tägliches Sitzen, ungenügen-
lichen Einschätzung der eigenen all-        Alter (ab 25 Jahren) ist nach eigenem Be-   der Früchte- und Gemüsekonsum, über-
gemeinen Gesundheit wird über die           kunden ein Viertel bis fast ein Drittel     mässiger oder problematischer Alkohol-
gesamte Bevölkerung hinweg jeweils          nicht bei guter Gesundheit.                 konsum etwa in Form von regelmässigem
von einer überwiegenden Mehrheit mit           Ähnlich grosse Unterschiede wie bei      Rauschtrinken, täglicher bis erhöhter                       Abbildung 1
«gut» bis «sehr gut» beantwortet. In        der selbsteingeschätzten Gesundheit         Tabakkonsum, die regelmässige Ein­                          Lebensqualität und allgemeine Gesundheit
einzelnen Bevölkerungsgruppen ist die       gibt es bezüglich der selbstberichteten                                                                 nach Bevölkerungsgruppen
Antwort aber häufig auch nur «mittel-       Lebensqualität. 6 Prozent der Zürcher
                                                                                           Der persönliche

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           31,3
mässig» oder sogar «schlecht» bis «sehr     Wohnbevölkerung weisen keine gute

                                                                                                                                                                                                                                                   28,2
schlecht». Wie internationale Studien       oder sogar eine (sehr) schlechte Lebens-        Lebensstil hat                                             30 %

                                                                                                                                                                                                                                    25,0
gezeigt haben, stimmt diese subjektive      qualität auf. Dieser Anteil liegt zwar
und globale Selbsteinschätzung der eige-    deutlich tiefer als bei der selbsteinge-      grossen Einfluss.
nen Gesundheit nicht nur weitgehend         schätzten Gesundheit, variiert aber je

                                                                                                                                                                                                                                                                   18,6
                                                                                                                                                                                                                      18,3

                                                                                                                                                                                                                                                          18,1
                                                                                                                                                       20 %
                                            nach Bevölkerungsgruppe ebenfalls er-       nahme psychoaktiver Medikamente und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  16,3
mit dem allgemeinen und objektiven Ge-

                                                                                                                                                               16,0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         13,9
sundheitszustand überein, sondern sagt      heblich zwischen weniger als 3 Prozent      schliesslich auch problematischer Inter-

                                                                                                                                                                             12,0
darüber hinaus auch recht gut voraus,       (Jugendliche) und über 18 Prozent (we-      netkonsum.

                                                                                                                                                                                                                                                                                  9,9

                                                                                                                                                                                                                                                                                               9,5
wie lange jemand (noch) lebt.               nig Gebildete) (siehe Abb. 1).                 Wenn dieser Lebensstilindex zu ver-

                                                                                                                                                                                                                             8,6
                                                                                                                                                       10 %

                                                                                                                                                                                                            6,5

                                                                                                                                                                                                                                                                          6,4

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                5,9
                                                                                                                                                                      6,3
                                                                                        schiedenen Gesundheitsindikatoren in

                                                                                                                                                                                                                                           5,9
                                                                                                                                                                                    5,5

                                                                                                                                                                                                                                                                                                     5,0
                                                                                                                                                                                                         4,4
Grosse Unterschiede                         Starker Einfluss des Lebensstils            Beziehung gesetzt wird, zeigen sich teil-

                                                                                                                                                                                                                                                                                        3,2
                                                                                                                                                                                            2,7
                                                                                                                                                                                            2,6
Knapp über 86 Prozent der Zürcher           Der persönliche Lebensstil ist ein wich-    weise eindrücklich starke Zusammen-
Wohnbevölkerung ab 15 Jahren schätzt        tiger, wenn nicht sogar der wichtigste      hänge, insbesondere zwischen dem Le-                            0%
die eigene Gesundheit im Allgemeinen        Einflussfaktor für die Gesundheit über-     bensstil und der psychischen Gesundheit                                Frauen        Männer        Jugend-       Junge       Erwach-       Rentner­        Wenig           Mittel­        (Sehr)      Erwerbs­     Nicht­        Total
                                                                                                                                                              (ab 15 J.)    (ab 15 J.)       liche      Erwach-      sene im        Innen        Gebildete        mässig           hoch         tätige    erwerbs­       Kt. ZH
als gut oder sehr gut ein. Rund ein Sieb-   haupt. Für den aktuellen Bericht wurde      (siehe Abb. 2). Über alle untersuchten
                                                                                                                                                                                          (15–24 J.)      sene       mittleren     (65+ J.)      (ab 25 J.)      Gebildete      Gebildete     (25–64 J.) tätige und
tel ist dagegen nach eigener Einschät-      darum ein Index zum gesundheitsbezo-        Gesundheitsaspekte hinweg ergeben                                                                              (25–44 J.)      Alter                                     (ab 25 J.)     (ab 25 J.)                Erwerbs-
zung lediglich bei mittelmässiger bis       genen Lebensstil konstruiert, der ver-      sich mit ungesünder werdendem Le-                                                                                           (45–64 J.)                                                                               lose
schlechter Gesundheit (siehe Abb. 1).       schiedene gesundheitsrelevante Verhal-      bensstil stetig ansteigende Gesundheits-                                                                                                                                                                         (25–64 J.)

Dieser Anteil ist in manchen Bevölke-       tensweisen berücksichtigt und dabei den     risiken. Beispielsweise ist bei einem sehr                        Mittelmässige bis sehr schlechte allgemeine Gesundheit
rungsgruppen noch deutlich höher als        Lebensstil insgesamt auf einer Skala von    ungesunden Lebensstil das Risiko, an                              Nicht gute bis sehr schlechte Lebensqualität
                                                                                                                                     Foto: iStock

14 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                                                                  Magazin P&G, Dezember 2020 – 15
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
Zürcher Gesundheitsbericht                                                                                                                                                                                                                                                           Zürcher Gesundheitsbericht

  Abbildung 2
  Ungesunder Lebensstil und Gesundheit
                                                                                                                      Gesundheitsrisiko Stress                      denen Korrelationen und Dosis-Wir-                   einzelner «Risikogruppen» zu verbes-
                                                                                                                      Neben dem Lebensstil beeinflussen auch        kungs-Beziehungen doch häufig so stark,              sern. Nämlich etwa beim Lebensstil
                       12
                                                                                                                      spezifische Lebens- und Arbeitsbedin-         dass Alternativerklärungen zu Kausalzu-              oder bei den Lebens- und Arbeitsbedin-
                                                                                                          11,0
                                                                                                                      gungen die Gesundheit der Zürcherinnen        sammenhängen höchst unplausibel er-                  gungen. Diese Erkenntnisse sind nicht
                                                                                                                      und Zürcher. Diese können dabei so­wohl       scheinen. Unabhängig von dieser eher                 neu. In ihrer Deutlichkeit und Differen-
                       10                                                                                             gesundheitliche Belastungen als auch          akademischen Frage nach Ursache und                  ziertheit sind die Ergebnisse dennoch
                                                                                                          9,3         Ressourcen darstellen. Als gesundheitli-      Wirkung zeigen die Ergebnisse allemal,               bemerkenswert. Sie bilden damit eine
                                                                                                                      che Ressourcen herausgestellt haben sich      wo Präventions- und Gesundheitsförde-                wichtige Grundlage für gesundheitspo-           PD Dr. Oliver Hämmig
                                                                                                                                                                                                                                                                         Bereichsleiter Gesundheitsberichterstattung
                       8                                                                                              etwa soziale Unterstützung oder eine          rungsmassnahmen ansetzen können,                     litische Entscheidungsprozesse sowie
 Adjusted Odds Ratio

                                                                                                                                                                                                                                                                         Institut für Epidemiologie, Biostatistik und
                                                                                                                      starke Kontrollüberzeugung, also das          sollen und sogar müssen, um die Ge-                  zielgruppenspezifische Handlungen und           Prävention der Universität Zürich
    Risikofaktor

                                                                                                                      Gefühl, sein Leben im Griff und unter         sundheit der Zürcher Bevölkerung oder                Empfehlungen.                                   Tel 044 634 46 82, oliver.haemmig@uzh.ch
                                                                                                                      Kontrolle zu haben und dem Schicksal
                       6
                                                                                                                      nicht einfach ausgeliefert zu sein. Zu den
                                                                                                                      Belastungen, die im Bericht untersucht
                                                                                                          4,2
                                                                                                                      werden, zählen etwa soziale Isolation           COVID-19 Social Monitor
                       4                                                                                              oder Probleme mit der Vereinbarkeit von
                                                                                                                      Beruf und Familie. Einer der stärksten          Die Massnahmen zur Bekämpfung                      Die langjährige Erfahrung mit der           2017 ist das ein Zuwachs von gut
                                                                                                          2,5         Belastungs- und gesundheitlichen Risi-          der Ausbreitung des Coronavirus                    Erhebung von Gesundheitsdaten und           6 Prozent. Die selbsteingeschätzte
                       2                                                                                  1,9         kofaktoren im (Erwerbs-)Leben über-             haben zu einer starken Einschrän­                  der Gesundheitsberichterstattung            allgemeine Gesundheit scheint
                                                                                                          1,5         haupt ist jedoch Stress bei der Arbeit.         kung der Mobilität, der sozialen                   ermöglichten eine rasche Lancierung.        dagegen nicht unter der Ausnahme­
                       1
                                                                                                                         Im Bericht wird gezeigt, dass häufiger       Kontakte und zu einer plötzlichen                  Die verwendeten Fragen für den              situation zu leiden. Der Anteil an
                                                                  Lebensstil
                            sehr gesund             eher gesund           eher ungesund           sehr ungesund
                                                                                                                      Stress bei der Arbeit etwa das Bewe-            Veränderung der Arbeitsbedingungen                 Fragebogen wurden zumeist aus               Personen, die ihre Gesundheit
                                 (0)                    (1-2)                  (3-4)                   (5-11)         gungsverhalten und den gesamten Le-             geführt. Mit dem COVID-19 Social                   etablierten nationalen Erhebungen –         als mittelmässig bis sehr schlecht
                                                                                                                      bensstil negativ beeinflusst und auch die       Monitor (SM) wurde in kürzester Zeit               wie der Schweizerischen Gesund­             bezeichnen, schwankt um die
                              Depression (letzte 12 Mte.)                   Starke muskuloskelettale Beschwerden     Wahrscheinlichkeit für starkes Überge-          eine repräsentative Längsschnitt­                  heitsbefragung (SGB) – übernommen.          11 Prozent. In der SGB von 2017,
                              Starke Schlafstörungen                        Atemwegserkrankungen (Asthma, chron.    wicht (Adipositas) markant erhöht. Da-          befragung lanciert und im Internet                 Dies erlaubt es auch, die Ergebnisse        die als Referenz dienen kann, lagen
                              Mittelmässige bis sehr schlechte              Bronchitis, COPD usw.)                   rüber hinaus geht häufiger Stress bei der       eine Plattform installiert, auf der                des laufenden Monitorings mit               14 Prozent der Schweizer Bevölke­
                              allgemeine Gesundheit                          Übergewicht und Adipositas (BMI ≥ 25)   Arbeit auch mit einem deutlich, d.h.            die gesundheitlichen Auswirkungen                  früheren repräsentativen Befragun­          rung in dieser Kategorie.
                                                                                                                      drei- bis sechsfach, erhöhten Risiko für        der Ausnahmesituation im Verlauf                   gen zu vergleichen.                         Eine mögliche Erklärung dafür ist,
                                                                                                                      gesundheitsbedingte Arbeitsabsenzen,            der Zeit mitverfolgt werden können.                So zeigt sich zum Beispiel, dass der        dass angesichts der Bedrohung
                                                                                                                      für eine mässige bis schlechte selbstein-       Im Rahmen der regelmässigen Er-                    Lockdown ein Schock war, der sich           durch COVID-19 die derzeitige ei-
   Abbildung 3
                                                                                                                      geschätzte Gesundheit und für eine              hebung bei rund 2000 ausgewählten                  negativ auf die Lebensqualität der          gene Gesundheit in einem vergleichs­
   Häufiger Stress bei der Arbeit und Gesundheit
                                                                                                                      nicht gute bis schlechte Lebensqualität         Personen in kurzen Zeitabständen                   Bevölkerung ausgewirkt hat. In der          weise besseren Licht erscheint.
                                                                                                                      einher (siehe Abb. 3). Auch hier gilt, dass     werden Veränderungen beim Wohlbe­                  ersten Befragung, drei Wochen nach          Die Ergebnisse der seit März 2020
                       7                                                                                              die Daten keine Rückschlüsse auf die            finden, der physischen und psychi­                 dem Lockdown gaben gut 14 Prozent           stattfindenden Umfragewellen
                                                                                                                      Kausalrichtung der gefundenen Zusam-            schen Gesundheit, der körperlichen                 der Befragungsteilnehmenden eine            können online abgerufen werden.
                                                                                                          6,4
                                                                                                                      menhänge erlauben. Mit anderen Wor-             Aktivität, der Arbeitssituation etc.               mittlere bis sehr schlechte Lebens­
                       6                                                                                              ten: Möglicherweise ist Stress bei der          erfasst.                                           qualität an. Im Vergleich mit der SGB       →h
                                                                                                                                                                                                                                                                       ttps://csm.netlify.com
                                                                                                                      Arbeit nicht (nur) Ursache, sondern viel-
                                                                                                                      mehr (auch) Folge besagter Gesund-
                       5
Adjusted Odds Ratio

                                                                                                                                                                        16 %
                                                                                                                      heitsprobleme.                                                                                             Ende Lockdown
   Risikofaktor

                                                                                                                                                                                                                                 27. April
                                                                                                                      Differenzierte Ergebnisse,                        14 %
                       4
                                                                                                                      wichtige Erkenntnisse
                                                                                                                      Der jüngste Zürcher Gesundheitsbericht            12 %
                       3                                                                                  3,0         weist solche Befunde und viele weitere
                                                                                                          2,7
                                                                                                                      aufschlussreiche Ergebnisse aus, ver-             10 %
                                                                                                                      gleicht dabei systematisch verschiedene
                       2
                                                                                                                      Bevölkerungsgruppen im Kanton Zürich               8%
                                                                                                                      mit- und untereinander und untersucht
                       1                                                                                              ganz bestimmte Zusammenhänge zwi-                  6%
                                                             Stress bei der Arbeit
                                                                                                                      schen verschiedenen Verhaltensweisen,                    SGB 2017                                                        SM 2020
                             Selten bis nie                       Manchmal                    Meistens bis immer      Lebensbedingungen und Gesundheits-                                  2. April    10. April   17. April     1. Mai    15. Mai   29. Mai   19. Juni       17. Juli     21. Aug.    3. Okt.
                                                                                                                      indikatoren. Auch wenn die verwende-                Nicht gute bis sehr schlechte Lebensqualität
                              Nicht gute bis sehr schlechte Lebensqualität                                            ten Daten der Schweizerischen Gesund-               Mittelmässige bis sehr schlechte allgemeine Gesundheit
                              Mittelmässige bis sehr schlechte allgemeine Gesundheit                                  heitsbefragung genaugenommen keine
                              Arbeitsabsenzen (mind. 1 Tag letzte 4 Wochen)                                           Kausalschlüsse erlauben, sind die gefun-

   16 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                                                                       Magazin P&G, Dezember 2020 – 17
Emotionen - Dezember 2020 Prävention und Gesundheitsförderung Magazin P&G - Prävention und Gesundheitsförderung Kanton ...
work & care                                                                                                                                                                                                                                       work & care

F                                                    Wenn
        rau Müllers Kind hatte bei der Ge-                                                                             care»-Thematik tabuisiert oder bei Be-         care» auf allen betrieblichen Ebenen
        burt einen schweren Herzfehler.                                                                                kanntwerden einer Situation kein Ver-          aufmerksam und fördern dies pro­              Unsere Angebote
        Der Sohn von Herrn Schweizer                                                                                   ständnis für erwerbstätige Angehörige          aktiv, z.B. mittels Testimonials oder
                                                                                                                                                                                                                    Das kantonale Aktionsprogramm

                                                  Berufstätige
erlitt beim Sport eine Querschnittläh-                                                                                 hat. Wenn flexible Arbeitsmodelle feh-         Aktivitäten am nationalen Tag der
                                                                                                                                                                                                                    «Prävention und Gesundheitsför­
mung. Herr Meier hat eine Ehefrau mit                                                                                  len oder keine Informationen und B             pflegenden und betreuenden Angehö-            derung im Alter» zielt mit verschie­
Depressionen. Frau Berners Eltern sind                                                                                 eratungsangebote – z. B. zur sozialen          rigen (jeweils 30.10.).                       denen Projekten auf die Stärkung

                                                  Angehörige
im hohen Alter dement bzw. gebrechlich.                                                                                Sicherheit – verfügbar sind, kann das u.a.   • Quantifizierung im Betrieb als Ent-           von betreuenden Angehörigen ab.
Und die Mutter des 16-jährigen Stefan                                                                                  finanzielle Engpässe für Angehörige be-        scheidungsgrundlage: Eine Betriebs-
hat fortgeschrittene Multiple Sklerose.                                                                                günstigen.                                     umfrage zum Ausmass von «work &               Schulungen: Wir unterstützen
Ihnen gemeinsam ist, dass sie als pfle-                                                                                   Die Potenziale bei gelingender Ver-         care» zeigt die Präferenzen der Mit-          Gemeinden und Organisationen

                                                   betreuen
gende und betreuende Angehörige auch                                                                                   einbarkeit sind höhere Loyalität zum           arbeitenden für unterstützende                finanziell und mit Know-how bei
erwerbstätig sind. Wer in solchen oder                                                                                 Arbeitgeber, soziale Kompetenzen bei           Massnahmen auf. Die kontinuierliche           der Durchführung von Schulun­
ähnlichen Situationen die Nächsten un-                                                                                 oft sensiblen Gesundheitsthemen sowie          Dokumentation und Analyse von er-             gen. Diese richten sich an be­
terstützt, ist Teil von knapp 600 000                                                                                  griffiges Zeitmanagement. Nicht zuletzt        arbeiteten Individuallösungen ist             treuende Angehörige, aber auch
pflegenden Angehörigen in der Schweiz             Betreuende Angehörige von kranken oder                               sichert die Erwerbstätigkeit die Rente,        nützlich.                                     Fachpersonen, Freiwillige und
                                                                                                                                                                                                                    weitere Multiplikatoren, die beruf-
ab 9 Jahren. Vermutlich sind es mehr.                                                                                  generiert Steuern sowie Sozialversiche-      • Support und nutzerfreundliche In-
Denn 61 Prozent der befragten Angehö-
                                             hochaltrigen Nächsten sind unverzichtbar. Gehen sie                       rungsbeiträge und schafft bei gelingen-        formationen: Standardisierte oder
                                                                                                                                                                                                                    lich mit älteren Menschen arbei­
                                                                                                                                                                                                                    ten. Aus dem Katalog können Ver-
rigen nennen mindestens eine weitere             auch einer Berufstätigkeit nach, bringt dies                          der Vereinbarkeit auch Abwechslung im          individualisierte Unterstützung sind          anstaltende den gewünschten
Person aus dem Familienkreis, die bei         Herausforderungen, aber auch Potenziale mit sich.                        Privatleben.                                   hilfreich, z.B. im Intranet oder als          Event auswählen und buchen. Mit
der Behandlung, Pflege und Betreuung                                                                                                                                  Austausch in einem Care-Café.                 dem Angebot soll in den Gemein­
mithilft. Bei den Angehörigen im Er-                            Text: Iren Bischofberger                               Erschwerte Vereinbarkeit                                                                     den die Gesundheitskompetenz
werbsalter sind rund vier von fünf Per-                                                                                Für Familien mit gesunden Kleinkin-          Zu empfehlen ist eine Kombination ver-          der älteren Bevölkerung und deren
sonen erwerbstätig. Diese Doppelaufga-                                                                                 dern bestehen institutionalisierte Ange-     schiedener dieser Lösungsansätze, um            Angehörigen gestärkt werden.
be wird in der Kurzform «work & care»                                                                                  bote wie Kitas sowie Sozialversicherun-      «work & care» mehrdimensional voran-
genannt.                                                                                                               gen über den Arbeitgeber, was die            zubringen, als Thema sichtbar zu ma-            →w
                                                                                                                                                                                                                      ww.gesundheitsfoerderung-zh.ch/
                                                                                                                       Vereinbarkeit mit dem Beruf erleichtert.     chen und eine breite Basis im Betrieb,           schulungen

Kein Randphänomen                                                                                                      Hingegen sind die Herausforderungen          bzw. in der Arbeitswelt zu schaffen.
Zweierlei ist klar: Die Angehörigen und                                                                                von «work & care» oft weniger bekannt,
ihre Unterstützungsleistungen sind in                                                                                  weshalb es teils an Unterstützungsange-      Neues Bundesgesetz                              Projektfinanzierung: Wir
Gesellschaft und Gesundheitsversor-                                                                                    boten und an Verständnis seitens der         Das Bundesgesetz zur Verbesserung der           unterstützen Projekte auf kommu­
                                                                                                                                                                                                                    naler Ebene, welche gesundheits­
gung unverzichtbar. Und die Kombina­                                                                                   Arbeitgeber fehlt, ebenso wie an einge-      Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und
                                                                                                                                                                                                                    förderliche und soziale Ressour­
tion von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit                                                                                 spielten Prozessen in der Arbeitsgestal-     Angehörigenbetreuung, das teils im Ja-          cen der betreuenden Angehörigen
für kranke oder hochaltrige Nächste ist                                                                                tung. Vor allem generieren die Schnitt-      nuar und teils im Juli 2021 in Kraft tritt,     stärken. Sie haben eine Projekt­
in der Arbeitswelt kein Randphänomen.                                                                                  stellen zum Gesundheitswesen nicht           bietet ein Momentum, um bestehende              idee? Dann finden Sie weitere
Dies bestätigt auch eine Unternehmens-                                                                                 selten Friktionen. So begleiten Angehö-      und neue Lösungsansätze weiterzuent-            Informationen sowie die Richt­
befragung bei Personalverantwortlichen                                                                                 rige ihre Nächsten oftmals regelmässig       wickeln. Besonders der im Gesetz vor-           linien unter
im Rahmen des Förderprogramms «Ent-                                                                                    zum Arztbesuch, wobei auch Warte-            gesehene Betreuungsurlaub für Eltern
lastungsangebote für betreuende Ange-                                                                                  zeiten anfallen. Oder sie wirken als inof-   von schwer beeinträchtigten Kindern –           →w
                                                                                                                                                                                                                      ww.gesundheitsfoerderung-zh.ch/
hörige 2017–2020». Somit wird deutlich:                                                                                fizielle Case Manager bei Spitalein- und     finanziert durch die Erwerbsersatzord-           projektfinanzierung
Um die (Zeit-)Ressourcen von Angehöri-                                                                                 -austritten, wenn diese – mangels pro-       nung – bedeutet für die Arbeitswelt eine
                                                                                                                                                                                                                    Kontakt: Manuela Kobelt, Programmkoor­
gen herrscht ein Seilziehen zwischen                                                                                   fessioneller Versorgungskoordination         Neuerung. Angehörige erhalten die               dinatorin «Prävention und Gesundheitsför­
Privat- und Berufswelt. Dass dabei die                                                                                 im fragmentierten Gesundheits- und           Chance, sich 14 Wochen lang ohne Ver-           derung im Alter», manuela.kobelt@uzh.ch,
Gesundheit der Angehörigen nicht lei-                                                                                  Sozial­system – nur rudimentär geplant       einbarkeitsdruck um ihre Kinder zu              Tel. 044 634 47 84
det, ist zentral, damit die Versorgungs-                                                                               erfolgen. Solche zeitaufwendigen Auf­        kümmern. Inwiefern sie dabei Sorge zu
kontinuität gegenüber ihren Nächsten                                                                                   gaben, die zusätzlich zu anderen Pflege-     ihrer eigenen Gesundheit tragen kön-
wie auch die Erwerbskontinuität ge-                                                                                    und Betreuungsleistungen anfallen, ber-      nen, werden die individuellen Erfahrun-
währleistet sind. Ebenfalls zeigte die                                                                                 gen das Risiko eines Zeitkonflikts mit       gen zeigen müssen. Es lohnt sich daher,
Befragung, dass erwerbstätige Angehö-                                                                                  der Erwerbstätigkeit.                        Lösungsansätzen proaktiv den Weg zu
rige – wenn sie keinen anderen Ausweg                                                                                                                               bahnen, damit sowohl Betriebe wie auch
finden – sich selber krankmelden und so                                                                                Mehrere Lösungsansätze                       die einzelnen Mitarbeitenden und deren
die Absenzzahlen beeinflussen.                                                                                         Drei miteinander verwobene Stossrich-        Familien für konkrete Situationen gut
   Gleich vorweg: Die kombinierte Er-                                                                                  tungen sind zentral, um «work & care»        vorbereitet sind. Damit steigt die Chan-
werbs- und Sorgearbeit birgt für Er-                                                                                   nachhaltig im Betrieb zu verankern:          ce, dass die Betreuenden selbst gesund        Prof. Dr. Iren Bischofberger
werbs­tätige wie Betriebe sowohl Heraus-                                                                                                                            bleiben.                                      Programmleiterin «work & care»
                                                                                                                                                                                                                  Bereich Forschung, Careum Hochschule
forderungen als auch Potenziale. Schwie-                                                                               • Sensibilisierung bis hin zum Kultur-                                                     Gesundheit, Teil der Kalaidos Fachhoch-
                                                                                                                                                                    Weitere Informationen:
rig wird es, wenn das Arbeitsumfeld oder                                                                                 wandel im Betrieb: Mitarbeitende und       www.bag.admin.ch/betreuende-angehoerige-      schule Schweiz
auch das private Umfeld die «work &                                                                                      Vorgesetzte sind bezüglich «work &         programmteil1                                 iren.bischofberger@careum-hochschule.ch
                                                                                                   Foto: iStock; zVg

18 – Magazin P&G, Dezember 2020                                                                                                                                                                                                Magazin P&G, Dezember 2020 – 19
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