Erfolgreich umgesetzt Ausgabe 2 - Mittelstand-Digital Zentrum ...

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Erfolgreich umgesetzt Ausgabe 2 - Mittelstand-Digital Zentrum ...
erfolgreich umgesetzt

                        Ausgabe 2
Erfolgreich umgesetzt Ausgabe 2 - Mittelstand-Digital Zentrum ...
Was ist Mittelstand-Digital?

Mittelstand-Digital informiert kleine und mittlere Unternehmen
über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung.
Die geförderten Kompetenzzentren helfen mit Expertenwissen,
Demonstrationszentren, Best-Practice-Beispielen sowie Netz-
werken, die dem Erfahrungsaustausch dienen. Das Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ermöglicht die
kostenfreie Nutzung aller Angebote von Mittelstand-Digital.

Der DLR Projektträger begleitet im Auftrag des BMWi die
Kompetenzzentren fachlich und sorgt für eine bedarfs- und
mittelstandsgerechte Umsetzung der Angebote. Das Wissen-
schaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste
Das Mittelstand
(WIK)  unterstützt4.0-Kompetenzzentrum       Hannover wird
                    mit wissenschaftlicher Begleitung,       vom
                                                       Vernetzung
Bundesministerium    für Wirtschaft
und Öffentlichkeitsarbeit.           und Energie  gefördert. Das
Zentrum ist Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale
Produktions- und Arbeitsprozesse“ im Rahmen des Förder-
Weitere Informationen
schwerpunkts               finden Sie–unter:
               „Mittelstand-Digital     Strategien zur digitalen
Transformation   der Unternehmensprozesse“.
www.mittelstand-digital.de

                                                                    Institut für
                                                                    Integrierte Produktion Hannover
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Digitalisierung erfolgreich umgesetzt

Berend Denkena
Editorial										3

Daniel Arnold, Lisa Lorenz, Eike Asche
Windkraft: mobile Endgeräte zur Inspektion						    4

Michael Rehe, Christian Wagener
Effizente Variantenfertigung in Losgröße 1						    10

Michael Rehe, Daniel Arnold, Siebo Stamm
IIoT Plattformen für produzierende KMU						        16

Dominik Melcher
Datenmangement für den Produktionsprozess						22

Christian Teige
Prozessüberwachung von Walzwerkzeugen						28

Anatholy Glukhovskoy, Daniel Klaas
Wasseranalysegerät wird Industrie 4.0-fähig						   34
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Erfolgreich umgesetzt Ausgabe 2 - Mittelstand-Digital Zentrum ...
Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover „Mit uns digital!“ macht mit-
telständische Unternehmen fit für die digitale Zukunft. Für die Unternehmen
bieten wir Informationsveranstaltungen, Schulungen und Firmengespräche. Da-
rüber hinaus begleiten wir Unternehmen auch bei der Umsetzung von Digitali-
sierungsvorhaben. In dieser zweiten Ausgabe „Digitalisierung – erfolgreich um-
gesetzt“ stellen wir Ihnen sechs unserer Umsetzungsprojekte vor, um Ihnen einen
Einblick über den vielfältigen Einsatz von Digitalisierungslösungen zu geben.

„Windkraft: mobile Endgeräte zur Inspektion“ beschreibt ein Projekt mit der
IFE Ingenieurgesellschaft für Energieprojekte mbH & Co. KG zur durchgängi-
gen Digitalisierung des Inspektionsprozesses bei Windkraftanlagen. Mit der        Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena,
KS HUAYU Bearbeitungs GmbH hat „Mit uns digital!“ eine automatische Bau-          Vorstandsvorsitzender „Mit
teilidentifikation in der Maschine und eine Kommunikation mit dem Leitsystem      uns digital!“
im Unternehmen umgesetzt. Diese Realisierung ermöglicht dem Automobilzu-
lieferer eine effiziente Variantenfertigung in Losgröße 1. Welchen Nutzen ha-
ben IIot-Plattformen für kleine und mittlere Unternehmen? Wie kann eine Platt-
formintegration gelingen? Diese Fragen werden im Projekt „IIoT-Plattformen für
produzierende KMU“ mit der Lauscher Präzisionstechnik GmbH beantwortet.

„Datenmanagement für den Produktionsprozess“ heißt das Projekt mit der Ex-
portverpackung Sehnde GmbH. Eine neue Softwarearchitektur steigert die Ef-
fizienz der Prozesse im Unternehmen. Ist die Prozessüberwachung von Walz-
prozessen möglich? Wie können dafür Plattformsysteme zum Zusammenführen
und Auswerten von Produktionsdaten genutzt werden? Dies sind Fragen, die im
Projekt „Prozessüberwachung von Walzwerkzeugen mit der ECOROLL AG be-
antwortet werden. Das Projekt mit der Gebrüder Heyl Analysentechnik GmbH
& Co.KG beschreibt die Digitalisierung eines Wasseranalysegerätes. Die Um-
setzung im Unternehmen ermöglicht eine präventive Wartung und bildet die
Basis für ein neues datengetriebenes Geschäftsmodell.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

                                                                                                                   3
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Windkraft: mobile Endgeräte zur Inspektion

                                      Schnell und zuverlässig soll sie sein – die Inspektion von Windkraftan-
Firmenprofil                          lagen. Diese Anforderung an die Inspektion gewinnt durch die steigende
Die Ingenieurgesellschaft für         Anzahl der Anlagen im Zuge der Energiewende zunehmend an Bedeutung.
Energieprojekte mbH & Co. KG          Die Digitalisierung bietet hierbei Werkzeuge an, um das Ziel zu erreichen,
Unternehmensgruppe arbeitet seit      Arbeitsprozesse weiter zu verbessern und schlanker zu gestalten. Die
mehr als 20 Jahren als Full-Ser-      Potenziale der Digitalisierung können jedoch nur ausgeschöpft werden,
vice-Dienstleister im Bereich rege-   wenn Geschäftsführung und Mitarbeitende diese Entwicklung unterstüt-
nerativer Energiegewinnung durch      zen sowie für das Thema sensibilisiert und qualifiziert sind.
Windenergieanlagen. Das Portfo-
lio des Unternehmens umfasst die      Mit dieser Zielstellung hat die Ingenieurgesellschaft für Energieprojekte mbH
Planung und Beratung, die techni-     & Co. KG (IFE) zusammen mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Han-
sche und kaufmännische Betriebs-      nover ein Projekt initiiert und umgesetzt. Anhand des Anwendungsfalls „Ein-
führung sowie die technische In-      satz von mobilen Endgeräten zur Inspektion von Windkraftanlagen“ fand zum
spektion von Windkraftanlagen.        einen eine Sensibilisierung und Qualifizierung der Belegschaft statt und zum
Insgesamt beschäftigt das Unter-      anderen wurden die Arbeitsprozesse in der Inspektion von Windkraftanlagen
nehmen etwa 20 Mitarbeiter.           effizienter gestaltet und digitalisiert. Die IFE in Emden ist Dienstleister für die
                                      Instandhaltung und den Betrieb von Windkraftanlagen. Sie planen Windparks
                                      und leisten die technische Inspektion von Anlagen. Die Mitarbeitenden der tech-
                                      nischen Betriebsführung begehen und inspizieren unter Einsatz von Wartungs-
                                      protokollen die Windkraftanlagen. Vor der Projektumsetzung mit dem Kom-

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petenzzentrum fertigten die Mitarbeitenden die Protokolle          stand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover begleitet hat, um
zu den Inspektionen handschriftlich an (Ausfüllen von Vor-         die Mitarbeitenden für die Digitalisierung zu sensibilisieren
drucken an der Anlage) und übertrugen ihre Einschätzun-            und die Digitalisierung der Inspektion von Windkraftanla-
gen anschließend im Büro in das digitale Protokoll. Die-           gen voranzutreiben.
se Übertragung ist zeitaufwendig und anfällig für Fehler.
                                                                   Die Fachkräfte der technischen Betriebsführung stellen den
Eine ganz wesentliche Rolle bei der Optimierung solcher            reibungslosen Betrieb durch Anlagenbegehungen sicher. Sie
Prozesse wie bei der IFE und der erfolgreichen Umsetzung           erstellen den Inspektionsbericht der Windkraftanlagen hand-
spielen die Mitarbeitenden. Sie müssen erkennen, welche            schriftlich auf einem Klemmbrett während der Begehung.
Möglichkeiten die Digitalisierung für eine Prozessoptimie-         Diese Inspektion ist bis jetzt wenig digitalisiert und erfordert
rung bietet. Im Umsetzungsprojekt mit der IFE hat das Kom-         einen hohen Einsatz von Papier. Bei der Durchführung der
petenzzentrum Hannover Workshops zum Thema Digitalisie-            Inspektion fahren zwei Mitarbeiter zur inspizierenden Wind-
rung durchgeführt und den Mitarbeitenden unter anderem             kraftanlage und dokumentieren deren Zustand. Abbildung
in der Generalfabrik des Zentrums Digitalisierungslösungen         1 zeigt einen Mitarbeiter aus der technischen Betriebsfüh-
demonstriert. Die Angestellten der IFE waren dadurch in der        rung bei der Vermessung von Rissen in der Außenfassade.
Lage, selbstständig in ihren eigenen Arbeitsbereichen Digita-
lisierungsmöglichkeiten zu identifizieren und Änderungspro-        Die Dokumentation findet auf einem vorher ausgedrucktem
zesse anzustoßen. Das Thema Digitalisierung wurde nach-            Formular statt. Aufgefundene Mängel werden handschrift-
haltig bei allen Mitarbeitenden eingeführt.                        lich notiert und kommentiert. Mit Hilfe einer Kamera wird
                                                                   der Schaden zusätzlich fotografiert.
Problemstellung
Im Zuge der Energiewende entstehen immer mehr Wind-                Anschließend wird das Protokoll im Büro digitalisiert. Dazu
kraftanlagen. Durch diesen erhöhten Bedarf für die Planung         werden die handschriftlichen Notizen in ein Word-Dokument
der Windkraftanlagen als auch bei der Betriebsführung ge-          überführt, die Bilder eingefügt und im Protokoll den Schäden
winnt die effiziente Bearbeitung der Wartung dieser Anla-          zugewiesen. Das fertige Dokument wird zur Dokumenten-
gen an Bedeutung. Wenn die Arbeitszeit von Fachkräften             ablage ausgedruckt und abgeheftet. Diese Medienbrüche
für langwierige verwaltungstechnische Aufgaben (z. B. die          waren eine Ursache für Fehler im Protokoll. Darüber hinaus
Erstellung eines Inspektionsprotokolls) gebunden wird, feh-        erschwert die individuelle Beschreibung von Mängeln die
len diese Kapazitäten bei wertschöpfenden Tätigkeiten. Im          Interpretation für die Auftraggeber: Identische Schadens-
Folgenden wird der Prozess beschrieben, den das Mittel-            fälle, die von unterschiedlichen Mitarbeitern individuell be-

                                                 Abbildung 1: Die Windkraftanlage wird von außen inspiziert und festgestellte Risse vermessen.
                                                                                                                                           5
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Abbildung 2: Ein Mit-
    arbeiter der IFE füllt
    das Inspektionsproto-
    koll aus.

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schrieben werden, bieten für den Auftraggeber eine grö-
ßere Interpretationsbreite hinsichtlich der Maßnahmen zur
Behebung der Mängel. Der erhöhte Aufwand, der durch die
Medienbrüche beim Erstellen des Inspektionsprotokolls ent-
steht, hat eine längere Bearbeitungszeit zur Folge. Mit der
Digitalisierung konnte diese Bearbeitungszeit reduziert und
der Service des IFE weiter verbessert werden, da die Auf-
traggeber/innen schneller von den festgestellten Mängeln
erfahren und darauf reagieren können. Abbildung 2 zeigt
einen Mitarbeiter bei der Erstellung des handschriftlichen
Inspektionsprotokolls. Dieser beispielhafte Arbeitsprozess            Abbildung 3: Ablauf des Umsetzungsprojektes mit den Zielen der Workshops

war der Startpunkt für die IFE, sich mit den Potenzialen der
Digitalisierung zu beschäftigen und dabei die gesamte Be-      die Teilnehmenden in der Generalfabrik bei der Durchfüh-
legschaft zu involvieren. In den verschiedenen Workshops       rung des Produktionsszenarios ohne den Einsatz digitaler
wurden nach Lösungen für mobile Endgeräte gesucht, mit         Technologien. In einem abschließenden Transfer haben die
denen das Protokoll digital erstellt werden kann.              Mitarbeitenden des IFE erste Ideen für Projekte der Digita-
                                                               lisierung entwickelt.
Ziele und Lösungsschritte
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover hat drei         Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover gestalte-
Workshops mit der IFE durchgeführt. Dabei wurden fol-          te den zweiten Workshop in Emden bei der IFE, um die Um-
gende Projektziele verfolgt:                                   setzung der Projektidee „Einsatz von mobilen Endgeräten
                                                               in der Wartung von Windkraftanlagen“ zu unterstützen. Zu
– Schaffung eines Bewusstseins und gemeinsamen Ver-            Beginn des Workshops in Emden stand eine Prozessanalyse
  ständnisses für Digitalisierung bei allen Mitarbeitenden.    des Ist-Standes mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
– Erstellung einer Roadmap zur Umsetzung der Inspektion        der Abteilung technische Betriebsführung an.
  von Windkraftanlagen mithilfe eines mobilen Endgerätes.
– Befähigung der Beschäftigten, weitere Digitalisierungs-      Aus dem Ist-Stand haben die Teilnehmer des Workshops den
  potenziale zu erkennen und Projekte anzustoßen               Soll-Zustand abgeleitet und die Anforderungen an das mo-
                                                               bile Endgerät zur Wartung von Windkraftanlagen konkre-
In einem interdisziplinären Projektteam hat das Mittelstand    tisiert. Für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts wurden
4.0-Kompetenzzentrum Hannover diese Ziele über eine Rei-       gemeinsam auf der Grundlage der vorliegenden Informa-
he bedarfsgerecht gestalteter Workshops umgesetzt. Abbil-      tionen detaillierte Arbeitspakete definiert. Diese wurden in
dung 3 zeigt den Aufbau der Workshops und die hieraus          eine Roadmap überführt und die Zuständigkeiten verteilt. Im
abgeleiteten Lernziele.                                        Abschlussworkshop haben die beteiligten Mitarbeiter die Er-
                                                               gebnisse und Abläufe des Projektes zur Digitalisierung allen
Der erste Workshop fand in Hannover auf dem Messege-           Mitarbeitenden und der Geschäftsführung der IFE vorgestellt,
lände in der Generalfabrik des Kompetenzzentrums statt.        um Vorgehensweisen in der Umsetzung solcher Projekte zu
Zuerst wurden gemeinsam die wichtigsten Begriffe der Di-       verallgemeinern und Erfahrungen zusammenzutragen. Die
gitalisierung und Industrie 4.0 erarbeitet und darauf auf-     Darstellung, durch die beteiligten Personen der IFE, erhöh-
bauend die Digitalisierungspotenziale in Produktionsszena-     te hierbei die Akzeptanz des neuen Systems im gesamtem
rien erlebbar gestaltet. Die Teilnehmenden produzierten im     Team. Um zukünftig neue Projektideen umzusetzen, wurden
ersten Szenario einen Kugelschreiber ohne digitale Assisten-   die Abläufe abstrahiert und in eine Checkliste überführt.
ten (Referenzszenario) und im zweiten Szenario mit digitalen   Diese Checkliste dient als Leitfaden zur Umsetzung von Di-
Technologien und Assistenten. Abbildung 4 (Seite 8) zeigt      gitalisierungsprojekten.

                                                                                                                                  7
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Ergebnis                                                       Nutzen für den Mittelstand
In Folge der neuen Impulse und der Sensibilisierung für das    Das Projekt veranschaulicht für kleine und mittlere Unter-
Thema Digitalisierung sind bei den Mitarbeiterinnen und        nehmen, dass Digitalisierung als ganzheitlicher Transfor-
Mitarbeitern neue Projektideen entstanden. Hierbei wur-        mationsprozess zu begreifen ist, der sowohl eine technische
de den Mitarbeitenden deutlich, dass die Digitalisierung       als auch eine soziale und inhaltliche Dimension besitzt. Der
als ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu sehen ist,    Mittelstand kann im Besonderen die Digitalisierung als kon-
der sowohl arbeitsplatzbezogen als auch bereichsübergrei-      tinuierlichen Verbesserungsprozess anhand des Projektes er-
fend für das ganze Unternehmen gedacht werden muss.            kennen. Aus dem Projekt ist ein Leitfaden entstanden, der
Die Projektideen wurden gesammelt und sollen zukünftig         Mitarbeitern in anderen Unternehmen zur Verfügung steht.
schrittweise umgesetzt werden.                                 Dieser bietet eine Hilfestellung, um Digitalisierungsprojekte
                                                               zu initialisieren und erfolgreich umzusetzen.
Im Folgendem wird die fertig realisierte technische Umset-
zung dieses Projektes beschrieben: Das mobile Endgerät         Der IFE ist es sehr gut gelungen, die gesamte Belegschaft zu
wird zur Erstellung des Inspektionsprotokolls bei der An-      einem frühen Stadium miteinzubinden, sie für die Bedeutung
lagenbegehung verwendet. Dabei werden die erfassten            des Themas zu sensibilisieren, abteilungsübergreifend Projek-
Mängel in einer Datenbank hinterlegt und Fotos können          te zu initiierten und die Mitarbeitenden bei der Entwicklung
automatisiert mit angehängt werden. Daraus lässt sich für      eigener, arbeitsplatzbezogener Ideen zu unterstützen. Über
die Auftraggeber/innen ein individuelles Protokoll erstel-     eine Workshop-Reihe wurde ein Verständnis und Bewusstsein
len, in dem eine einheitliche, standardisierte Sprache für     für Digitalisierung geschaffen. Die Mitarbeitenden der IFE
die festgestellten Mängel verwendet wird. Mit Hilfe der        waren dadurch in der Lage, das Projekt zum Einsatz mobi-
Datenbank können die Daten weiterverarbeitet werden            ler Endgeräte bei der Inspektion von Windkraftanalagen
und in die verwendete Planungs- und Steuerungssoftware         weiterzuentwickeln. Damit die Mitarbeitenden eigenständig
zur Inspektionsorganisation einfließen. Ohne erhöhten ver-     bei der IFE die Digitalisierung in Zukunft weiter vorantreiben
waltungstechnischen Aufwand können die Mängel nach-            können, wurden im Abschlussworkshop verschiedene Vorge-
verfolgt und termingerechte Nachkontrollen durchgeführt        hensweisen für die Umsetzung eigener Projekte - von der
werden. Zusätzlich wurde mittels eines QR-Codes an der         Ideenfindung bis zur Umsetzung - erarbeitet.
Windkraftanlage eine fehlerfreie und schnelle Identifikation
der Anlage sichergestellt und dem Protokoll zugeordnet.
                                                               Abbildung 4: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IFE
                                                               beim Durchführen des Referenzszenarios.

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Industrie 4.0
Für die durchgängige Digitalisierung des Inspektionsprozesses stehen folgende
Aspekte der Digitalisierung im Fokus:
– Einsatz mobiler Endgeräte
– Auswertung der Daten zur Planung und Steuerung der Inspektionsorganisation
– Eindeutige Anlagenidentifikation mittels QR-Code

Autorin/Autoren

Daniel Arnold,                            Lisa Lorenz,                              Eike Asche,
M. Sc. ist Mitarbeiter im Mittelstand     M.A. betreut im Mittelstand 4.0-Kom-      M.A ist Geschäftsführer im Mittelstand
4.0-Kompetenzzentrum Hannover „Mit        petenzzentrum Hannover den Bereich        4.0-Kompetenzzentrum Hannover „Mit
uns digital!“. Als Koordinator Fabrik-    der Schulungen hinsichtlich pädagogi-     uns digital!“. Herr Asche studierte Bil-
betrieb ist er für die technischen Kom-   scher und didaktischer Fragestellungen.   dungswissenschaften an der Leibniz
ponenten in der Generalfabrik ver-        Sie studierte den Bachelor und Master     Universität Hannover und arbeitete
antwortlich. Daniel Arnold studierte      Pädagogik an der TU Chemnitz und          vor seiner Zeit am Kompetenzzentrum
Mechatronik im Grundstudium und           betreute bis Juni 2019 am Institut für    in verschiedenen Forschungsprojekten
Maschinenbau im Master an der Leib-       Berufspädagogik und Erwachsenen-          am Institut für Berufspädagogik und
niz Universität Hannover (LUH). Seit      bildung (IfBE) der LUH verschiedenen      Erwachsenenbildung (IfBE) mit. Zu-
2017 ist er Doktorand am Institut für     Forschungs- und Umsetzungsprojekten.      dem war er als Bildungsmanager und
Fertigungstechnik und Werkzeugma-                                                   Projektleiter bei unterschiedlichen Bil-
schinen (IFW) und forscht im Bereich                                                dungsanbietern tätig.
Digitalisierung.

                                                                                                                          9
Effizente Variantenfertigung in Losgröße 1
Firmenprofil
Die KS HUAYU Bearbeitungs GmbH       Für Zulieferer in der Automobilindustrie stellt die Variantenvielfalt eine
fertigt Motoren für die Automobil-   große Herausforderung dar. Beim Unternehmen KS HUAYU Bearbeitungs
industrie (siehe Abbildung 1). Am    GmbH ist diese Herausforderung bereits angekommen. Dort werden Mo-
Standort Langenhagen bei Han-        toren in kleinen Serien hergestellt. Das Unternehmen konnte dabei an den
nover mit rund 140 Mitarbeitern      immer weiter gefassten Portfolios der Automobilhersteller, aber auch ganz
werden Zylinderkurbelgehäuse und     konkret an der wachsenden Variantenvielfalt im eigenen Unternehmen
Zylinderköpfe in Klein- und Mit-     feststellen, dass alte Prozesse nicht mehr mit den neuen Anforderungen
telserie sowie unterschiedlichste    Schritt halten können. Diese gehen so weit, dass selbst im durch Serien
Prototypenbauteile gefertigt und     geprägten Automobilbereich die Losgröße 1 längst keine Vision mehr
montiert. Kunden sind alle gängi-    ist. Das breite Angebot an möglichen Antrieben und Motoren bietet dem
gen OEMs (Porsche, Audi, Volvo,      Kunden schließlich viel Auswahl, die sich bis zum Motorenhersteller her-
etc.). Im Unternehmen kommen da-     unterbricht. Es stellt sich hier die Frage, ob alte Prozesse und moderne
für verschiedene Fertigungstechno-   Bearbeitungszentren eigentlich noch zusammenpassen.
logien, wie 5-Achs Bearbeitungs-
zentren zum Einsatz.                 Für Zulieferer in der Automobilindustrie stellt die Variantenvielfalt eine gro-
                                     ße Herausforderung dar. Beim Unternehmen KS HUAYU Bearbeitungs GmbH
                                     ist diese Herausforderung bereits angekommen. Dort werden Motoren in klei-
                                     nen Serien hergestellt. Das Unternehmen konnte dabei an den immer weiter
                                     gefassten Portfolios der Automobilhersteller, aber auch ganz konkret an der
                                     wachsenden Variantenvielfalt im eigenen Unternehmen feststellen, dass alte
                                     Prozesse nicht mehr mit den neuen Anforderungen Schritt halten können. Die-
                                     se gehen so weit, dass selbst im durch Serien geprägten Automobilbereich die
                                     Losgröße 1 längst keine Vision mehr ist. Das breite Angebot an möglichen An-

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Problemstellung
                                                                        In der Motorenfertigung werden verschiedene Varianten
                                                                        eines Motors hergestellt. Diese Varianten sind nur durch
                                                                        marginale Änderungen, wie beispielsweise eine zusätzliche
                                                                        oder weggelassene Bohrung, zu unterscheiden. Die Varian-
                                                                        ten sind für den Menschen schwierig zu erkennen und mit
                                                                        steigender Vielfalt steigt auch die Belastung der Beschäf-
                                                                        tigten vor Ort. Sie müssen jede einzelne Variante kennen
                                                                        und den zugehörigen NC-Code in der richtigen Version an
                                                                        der Maschine, beispielsweise einem Bearbeitungszentrum,
                                                                        aufrufen. Die Belastung wird weiter gesteigert, da nicht
                                                                        nur eine einzelne Maschine bedient wird, sondern gleich
                                                                        mehrere Anlagen durch dieselbe Person betreut werden.
                                                                        Durch die Belastung erhöht sich die Fehleranfälligkeit und
                                                                        damit das Risiko Ausschuss zu produzieren. Es besteht zu-
               Abbildung 1: Funkenflug bei der Zerspanung von Motoren   dem die Gefahr einer Beschädigung am Bauteil oder an
                                                                        der Maschine durch den Aufruf eines falschen NC-Codes.
                                                                        In Zukunft wird die Variantenvielfalt noch weiter anwachsen
                                                                        und damit die Herausforderungen in der spanenden Ferti-
                                                                        gung ebenfalls größer. Die Variantenvielfalt kann zukünf-
trieben und Motoren bietet dem Kunden schließlich viel                  tig nicht mehr durch die Beschäftigten verwaltet werden,
Auswahl, die sich bis zum Motorenhersteller herunterbricht.             da die Menge an verschiedenen Motoren zu groß wird.
Es stellt sich hier die Frage, ob alte Prozesse und moder-
ne Bearbeitungszentren eigentlich noch zusammenpassen.                  Lösungsweg
                                                                        Um die Belastung der Maschinenbediener und die da-
Durch die Variantenvielfalt erhöht sich die Belastung der               mit einhergehende Fehleranfälligkeit der händischen Pro-
Maschinenbediener vor Ort, die jeden Motor identifizie-                 grammaufrufe zu reduzieren, sollen die NC-Codes zukünftig
ren müssen, um diesen passend bearbeiten zu können. Der                 automatisch aufgerufen werden. Um dies zu ermöglichen
Mensch in diesem System muss die Informationen über Pro-                müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
duktionsprogramm und die zu fertigenden Motoren ver-
arbeiten und dabei sowohl Ausbringungsmengen, wie auch                  –   Zentrale Verwaltung der NC-Codes
die Qualität im Auge behalten. Das führt auf lange Sicht                –   Zweifelsfreie Identifikation des Bauteils
zu einer erhöhten Fehleranfälligkeit.                                   –   Kommunikation zwischen Maschine und NC-Codeverwaltung
                                                                        –   Rückmeldung des Bearbeitungsstatuts durch die Maschine
Die Digitalisierung hingegen ermöglicht die Fertigung in Los-
größe 1 und minimiert die Fehleranfälligkeit. Dazu ist es not-          Zentrale Verwaltung der NC-Codes
wendig, die bereits im Einsatz befindlichen, digitalen Werk-            Eine zentrale Verwaltung der NC-Codes wird bereits ein-
zeuge von einzelnen Insellösungen in einer vernetzten Gesamt-           gesetzt. Dazu identifiziert ein eigens entwickeltes Ferti-
lösung zu integrieren. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum             gungsleitsystem die Version eines NC-Codes und ordnet
Hannover hat daher mit Firma KS HUAYU Bearbeitungszentren               diese einem Produkt zu. Jeder Motorvariante kann damit
mit einem Fertigungsleitsystem vernetzt. Ein automatischer Pro-         ein spezifischer NC-Code zugewiesen werden. Die Produk-
grammaufruf soll die Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit entlasten.       te werden anschließend im Fertigungsleitsystem mit dem
                                                                        geplanten Produktionsprogramm in Übereinstimmung ge-

                                                                                                                                11
bracht. Dieses entspricht der Auftragslage und wird stän-            deutigen Seriennummer ausgestattet. Diese Seriennummer
dig aktualisiert. Über das Produktionsprogramm und die               ist in einem Datamatrix-Code gespeichert, welcher bereits
Verknüpfung von NC-Code und Produkt ist die Reihenfol-               bei Anlieferung der Rohlinge aufgeklebt wird (vgl. Abbil-
ge der zu nutzenden Codes bereits festgelegt.                        dung 2). Zum Scannen des DMC wurden an jeder Maschine
                                                                     zusätzliche Terminals angebracht, die einen Scanner be-
Die Maschinenbediener müssen anhand des Produktions-                 inhalten. Der DMC wird nach dem Rüsten des Bauteils auf
programms und der zugeordneten NC-Codes die korrek-                  der Maschine abgescannt und die Tür zum Rüstplatz ge-
te Variante bestimmen und diese manuell an der Maschi-               schlossen. Die Seriennummer muss anschließend vom Ter-
ne einstellen. Das nächste Bauteil befindet sich zu diesem           minal an das Fertigungsleitsystem übergeben. Die dazu
Zeitpunkt auf einem Rüstplatz am Bearbeitungszentrum.                notwendige Kommunikationsschnittstelle fehlt bisher. Sie
Kommt es zu kurzfristigen Umplanungen im Produktions-                wird zusammen mit der M2M-Kommunikation als Unter-
programm müssen sowohl NC-Code, als auch das phy-                    programm ausgeführt.
sisch vorhandene Bauteil wieder von der Maschine ent-
fernt werden. Dies birgt ein erhebliches Fehlerpotential,            Das identifizierte Bauteil befindet sich nach dem Scan in
da zwei potentielle Fehlerquellen gleichzeitig durch die             Wartestellung auf dem Rüstplatz der Maschine und das
Maschinenbediener beachtet werden müssen. Eine auto-                 Fertigungsleitsystem hat über das Terminal die Informa-
matische Zuordnung würde diese Fehlerquelle umgehen.                 tion erhalten, um welches Bauteil es sich handelt. Dieses
Hierzu muss das auf der Maschine eingespannte Bauteil                Bauteil wird als nächstes durch die Maschine bearbeitet.
automatisch identifiziert werden.                                    Nach erfolgreicher Identifikation des gerüsteten Bauteils
                                                                     muss der Maschine ein zur Variante passender NC-Code
Identifikation des Bauteils                                          zugewiesen werden. Dazu muss eine Schnittstelle zwischen
Zur Identifikation des Bauteils sind verschiedene Lösungen,          dem Fertigungsleitsystem und der Maschinensteuerung ge-
wie QR-Codes, Barcodes, Datamatrix-Codes (DMC), Funk-                schaffen werden. Da diese ein komplexes Regelwerk ent-
chips (RFID-Tags) oder optische Erkennung denkbar. In die-           hält, wurde der Prozess zuvor in einem Programmablauf-
sem Fall wurden die Bauteile bereits zuvor mit einer ein-            plan festgehalten. Der Maschinenhersteller konnte auf Basis

                           Abbildung 2: Datamatrix-Code zur Bauteilidentifikation M2M-Kommunikation zwischen Maschine und Fertigungsleitsystem

12
Abbildung 3: Kommunikationsstruktur zwischen den Teilsystemen

des Programmablaufplans eine Schnittstelle entwerfen, die         dem noch zu bearbeitenden Bauteil auf dem Rüstplatz
basierend auf dem Protokoll OPC-UA eine gesicherte Kom-           wechselt, wird der neue NC-Code durch die Maschine auf-
munikation zum Leitsystem herstellt. Das Leitsystem kann mit      gerufen. Die Rückmeldung an das Leitsystem wird durch
Hilfe der Schnittstelle und der Kenntnis über das gerüstete       den Industrie-PC mit Zugriff auf die maschineninternen
Bauteil den passenden NC-Code für die Maschine bereit-            Steuersignale vorgenommen. Im Gegenzug erhält der PC
stellen. Die Steuerung des Bearbeitungszentrums hält nach         vom Fertigungsleitsystem den nächsten, zum Bauteil pas-
der Bereitstellung durch das Leitsystem den NC-Code vor.          senden NC-Code. Die Struktur der Kommunikation ist zu-
Beim Wechsel des Bauteils vom Rüstplatz in den Bearbei-           sammenfassend in Abbildung 3 dargestellt. Die bisher au-
tungsraum wird der vorgeladene NC-Code aktiviert und das          tark agierenden Systeme wurden durch Hinzufügen von
Bauteil kann bearbeitet werden. Für die Schnittstelle wurde       Terminals und Industrie-PC zu einem Gesamtsystem ver-
durch den Maschinenhersteller ein Industrie-PC in das interne     knüpft. Das Fertigungsleitsystem als zentraler Knotenpunkt
Bussystem des Bearbeitungszentrums eingebracht. Dieser ist        der Fertigung verbindet Codeverwaltung, Maschinendaten
in der Lage zwischen der Maschinensteuerung und dem Leit-         und Bauteile miteinander.
system zu vermitteln. Das interne Bussystem wird durch die
Einbringung des Industrie-PC vom restlichen Netzwerk abge-        Nutzen für den Mittelstand
schirmt und erfüllt somit eine zusätzliche Sicherheitsfunktion.   Durch die Vernetzung der Ressourcen (NC-Codes, Ferti-
                                                                  gungsleitsystem, Terminal, Maschinensteuerung) konnte der
Rückmeldung des Bearbeitungsstatus                                Programmaufruf automatisiert werden. Die Programm-
Für die automatische Bereitstellung der NC-Codes ist es er-       auswahl ist weniger fehleranfällig, da die Varianten nicht
forderlich, den aktuellen Bearbeitungsstatus der Maschine         mehr durch die Beschäftigten vor Ort unterschieden wer-
an das Leitsystem zu melden. Auf diese Weise kann das             den müssen. Das Fertigungssteuerungskonzept erlaubt es
Leitsystem den Zeitpunkt für die Bereitstellung des NC-           damit erstmalig ohne Mehraufwände im laufenden Betrieb
Codes bestimmen. Sobald das vorangegangene Bauteil                in Losgröße 1 zu produzieren. Es ist somit möglich exakt im
seine Bearbeitung abgeschlossen hat und die Position mit          Kundentakt zu produzieren. Selbst dynamische Anpassun-

                                                                                                                                    13
14
gen des Produktionsplans bleiben bis unmittelbar vor Start     Es zeigt sich hier, dass die Digitalisierung nicht nur Selbst-
der Bearbeitung möglich. Das Projektziel wurde durch die       zweck ist, sondern handfeste Mehrwerte bietet. Die hohe
Umstellung der Fertigungssteuerung auf eine digitale Ge-       Variantenvielfalt lässt sich nur mit einer vernetzten Ferti-
samtlösung realisiert. Die vorhandenen Ressourcen, wie die     gung bewältigen. Darüber hinaus wurde die Produktivität
Codeverwaltung oder das Leitsystem, konnten dabei wei-         verbessert. Zum einen durch weniger Fehlermöglichkeiten,
ter genutzt werden. Dazu wurden die bisherigen „Insellö-       aber auch durch weniger Aufwand bei den Beschäftigten.
sungen“ aufgelöst. Stattdessen arbeiten die Systeme über       „Um am Markt bestehen zu können, war es notwendig, die
definierte Schnittstellen zusammen. Das entlastet die Be-      Fehlerquote zu verringern,“ sagt Dr.-Ing. Dennis Nespor,
schäftigten und das gesamte Unternehmen rückt näher an         Leiter der Abteilung Projektmanagement im Unternehmen.
den Kundentakt. In vielen weiteren produzierenden Unter-       Nespor: „Das Kompetenzzentrum hat uns Verbesserungs-
nehmen sind Insellösungen im Einsatz. Diese aufzulösen ist     möglichkeiten durch eine Digitalisierung aufgezeigt und
im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung in der Pro-       mit seinem Know-how unterstützt.“
duktion die oberste Priorität.

                                           Industrie 4.0
                                           – Vertikale Integration zwischen MES und Maschine (M2M-Kommunikation)
                                           – Automatische Bauteilidentifikation
                                           – Implementierung in RAMI 4.0 möglich

Autoren

Michael Rehe,                                                  Christian Wagener,
Dr.-Ing. ist Geschäftsführer im Mittelstand 4.0-Kompetenz-     Dipl.-Ing. ist Mitarbeiter im Mittelstand 4.0-Kompetenzzen-
zentrum Hannover „Mit uns digital!“. Herr Dr. Rehe studierte   trum Hannover „Mit uns digital!“. Als Projektkoordinator
Maschinenbau an der Leibniz Universität Hannover und hat       Dialog ist er dafür verantwortlich, Unternehmen bei der di-
2015 am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugma-         gitalen Transformation zu unterstützen. Christian Wagener
schinen (IFW) promoviert. Vor seiner Zeit im Kompetenz-        studierte Maschinenbau an der Leibniz Universität Hannover.
zentrum war er in leitender Funktion bei einem mittelstän-     Seit 2016 ist er Doktorand am Institut für Fertigungstech-
dischen Automobilzulieferer tätig.                             nik und Werkzeugmaschinen (IFW) und forscht im Bereich
                                                               automatisierter Kennzahlerfassung.

                                                                                                                         15
IIoT Plattformen für produzierende KMU
Firmenprofil
Die Lauscher Präzisionstechnik           Welchen Nutzen haben kleine und mittlere Unternehmen bei einer Platt-
GmbH fertigt seit fast 40 Jahren         formintegration und wie kann diese erfolgreich gelingen? Das Mittel-
                                         stand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover hat für diese Frage Licht in den
hochwertige Zerspanbauteile aus
                                         Dschungel der Plattformen gebracht und anhand einer exemplarischen
Titan, Aluminium und hochfestem          Implementierung den Nutzen abgeleitet.
Stahl für die Luft- & Raumfahrt-
industrie sowie für den Maschinen-
bau. Mit dem über Jahrzehnte er-         Das „Internet of Things“ (IoT) als Teil der Digitalisierung wird in vielerlei Hinsicht
worbenen Fertigungswissen werden         diskutiert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie umschreibt IoT wie
anforderungsgerechte und kosten-         folgt: „Mit dem Internet der Dinge werden Objekte bis hin zu Alltagsgegenstän-
bewusste Lösungen für eine wirt-         den durch Programmierbarkeit, Speichervermögen, Sensoren und Kommunika-
schaftliche Fertigung komplexer          tionsfähigkeiten intelligent. So werden beispielsweise Toaster, Waschmaschinen
Bauteile realisiert. Präzisionsarbeit,   und Werkzeugmaschinen per Software gesteuert und können über das Inter-
Qualitätsdenken, modernste Ferti-        net mit der Außenwelt und untereinander vernetzt werden“ [1]. Der industrielle
gungsmethoden und Innovationsbe-         Ableger der IoT wird „Industrial Internet of Things“ (IIoT) genannt und gibt die
reitschaft haben das Unternehmen         Zugehörigkeit der Lösungen auf industrielle Anwendungen wieder. Im Zuge der
zu einem leistungsstarken Partner        Diskussion über IIoT und deren Anwendungen treten zunehmend Plattformen in
führender Unternehmen in der Luft-       den Fokus von Unternehmen. Vor allem im Bereich der B2C (Business-to-Custo-
und Raumfahrt sowie in der Maschi-       mer) Märkte sind Plattformen bereits weit verbreitet und wachsen rasant, u. a.
nenbauindustrie gemacht.                 ebay oder auch amazon [2].

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Die bisher größten Unternehmen in diesem Marktseg-             Während im Bereich der Handelsplattformen vor allem
ment sitzen vermehrt in den USA und China. In B2B (Busi-       der Kundenzugang im Fokus steht, stehen im Bereich der
ness-to-Business) Märkten entwickeln sich Plattformen bis-     industriellen Anwendungen bisher analytische Anwendun-
her verhalten, da eine branchenübergreifende Entwicklung       gen im Vordergrund. Die Priorisierung zielt dabei nicht auf
schwieriger umsetzbar ist. Dies führt auch zu einer Vielzahl   den Verkauf von Waren, sondern auf der Verbesserung
von eigenen Lösungen in der Industrie, z. B. bei Maschinen-    von Prozessen oder als Zusatzdienstleistung für die eige-
bauunternehmen. Im internationalen Vergleich liegt Europa      nen Produkte. Im Wesentlichen gibt es daher zwei unter-
jedoch weit zurück bei der Nutzung von Plattformen [2].        schiedliche Plattformsysteme. Handelsplattformen, die den
Dies kann u. a. darauf zurückgeführt werden, dass den          Verkauf von Waren organisieren und industrielle Plattfor-
Unternehmen bisher nicht klar ist, was sich hinter den Be-     men, die Daten verarbeiten und visualisieren. Plattformen
griffen IIoT und Plattform versteckt und insbesondere wel-     der Datenverarbeitung stellen vor allem die Konnektivität
chen Nutzen sie mit sich bringen.                              zu bestehenden Lösungen (z. B. Werkzeugmaschinen, Ro-
                                                               boter, Messmaschinen) in Unternehmen her oder erweitern
Bei vielen produzierenden kleinen und mittleren Unterneh-      diese durch intelligente Lösungen. Die Struktur hinter den
men bleibt eine digitale Transformation bisher noch aus        IIoT-Plattformen ist hierarchisch geprägt.
[3]. Dabei lässt sich durch diese Technologien die Gesamt-
produktivität in Unternehmen um bis zu 50 % steigern [4].
Diese Potenziale müssen den KMU deutlich gemacht wer-
den. Daher wird in diesem Beitrag zunächst grundsätzlich
auf Plattformen eingegangen und für welche industriellen
Herausforderungen diese Technologie eine Lösungsmög-
lichkeit bietet. Darauf aufbauend wird eine Implementie-
rungsstrategie vorgestellt, die Beispielhaft im Mittelstand
4.0-Kompetenzzentrum Hannover durchgeführt wurde.
Abschließend wird der Nutzen für KMU herausgestellt.

Eine Übersicht
Plattformen lassen sich in unterschiedlicher Weise auftei-
len. Die bisher bekannteste Art von Plattformen sind Han-
delsplattformen. Diese Handelsplattformen werden u. a.
auch oft als Onlineplattformen bezeichnet. Onlineplatt-
formen fördern generell Interaktionen zwischen zwei oder
                                                                             Abbildung 1: Hierarchie im IIoT in Anlehnung an Baums [7]
mehr Teilnehmern und stellen den gegenseitigen ökonomi-
schen Nutzen heraus [5]. Bekannt sind Handelsplattformen       Die Hierarchie lässt sich anhand der Funktionstrennung der
vor allem im B2C Markt, wie z. B. ebay und amazon. Sie         Unternehmen entlang einer Plattformarchitektur beschrei-
zeichnen sich vor allem durch ein großes Ökosystem (mit        ben. Wie in Abbildung 1 verdeutlicht wird, ist Grundlage
vielen heterogenen Teilnehmern) aus [2]. Handelsplattfor-      einer Plattform der Plattformsponsor. Hier finden sich vie-
men können in fünf Typen unterteilt werden [6]:                le Unternehmen aus dem Bereich des Cloud-Computing
                                                               (Microsoft Azure, Amazon Web Services (aws) oder SAP
–   Onlineshops                                                HANA). Die Plattformanbieter gestalten u. a. die Bedien-
–   Elektronische Marktplätze                                  oberfläche und die softwaretechnische Infrastruktur. Im Be-
–   Kapazitätenbörsen                                          reich der Applikations- und Lösungsanbieter finden sich viele
–   Auktionsplattformen                                        namhafte deutsche Unternehmen des Maschinenbaus, wie
–   Beschaffungsplattformen                                    in Abbildung 2 verdeutlicht. Hier werden Dienstleistungen

                                                                                                                                  17
Abbildung 2: Marktübersicht Plattformen für Werkzeugmaschinen, eigene Recherche, keine Haftung für Vollständigkeit Stand 10/2018

angeboten, die zur Erweiterung des Produkts erforderlich               Insbesondere im Bereich der IIoT bilden sich viele kleine
sind oder Lösungen für die Herausforderungen der End-                  Ökosysteme, in denen sich die unterschiedlichen Akteure
nutzer bieten. Die Erweiterungen und Lösungen werden in                in Netzwerken organisieren, zum Beispiel durch Partner-
Microservices, eine Art Applikation, auf den Plattformen               programme wie ADAMOS [8]. Diese Ökosysteme fördern
den Endnutzern zur Verfügung gestellt. Die Plattformen                 neben der Applikationsentwicklung auch den fachlichen Aus-
bieten Unternehmen die Möglichkeit, verschiedene Analy-                tausch zwischen den unterschiedlichen Akteuren und Fach-
sen zu nutzen, um beispielsweise Prozesse zu überwachen,               disziplinen. Nach eigener Recherche im Bereich IIoT-Platt-
Aktionen auszulösen oder Potenziale zu ermitteln. Durch                formen für Produktionsbetriebe konnte die Übersicht in
die Skalierungseffekte können diese Dienste kostengüns-                Abbildung 2 erstellt werden. Die Plattformen in diesem
tig angeboten werden.                                                  Bereich werden überwiegend von Werkzeugmaschinen-
                                                                       herstellern angeboten. Eine Standardlösung existiert nicht.

18
Welche Plattform zu wählen ist, lässt sich nicht pauschal
beantworten. Neben aktuellen Anforderungen sollten im-
mer auch künftige Einsatzfelder mit einkalkuliert werden.
Daher sollte der gesamte Prozess betrachtet werden. Eine
Entscheidung auf Basis von falschen Kriterien, wie zum Bei-
spiel schöne Dashboards oder gute Erfahrungen in ande-
ren Anwendungsfällen kann zu einer starken monetären
und zeitlichen Belastung werden. Ein mögliches Vorgehen
für die Auswahl und die Integration ist im nächsten Ab-
schnitt beschrieben.

Auswahl und Integration
Bevor eine Entscheidung hinsichtlich der Plattformwahl ge-                 Abbildung 3: Grafische Darstellung der Einführungssystematik
troffen werden kann, muss der gesamte Prozess entlang
der Einführungssystematik betrachtet werden. Grundlegend        Im Rahmen eines Projektes mit der Firma Lauscher Präzi-
steht am Anfang eines Plattformprojektes die Festlegung         sionstechnik GmbH hat das Mittelstand 4.0-Kompetenz-
eines Anwendungsfalls. Darauf aufbauend können die zu           zentrum eine Plattformimplementierung exemplarisch um-
erfassenden Datenpunkte festlegt werden, die zur Lösung         gesetzt. Die Lauscher Präzisionstechnik GmbH fertigt seit
der Herausforderung benötigt werden. Ein möglicher An-          fast 40 Jahren hochwertige Zerspanbauteile aus Titan,
wendungsfall kann die Abbildung eines Maschinenstatus           Aluminium und hochfestem Stahl für die Luft- & Raumfahrt-
sein. Die Kombination aus verschiedenen Maschinendaten          industrie sowie für den Maschinenbau.
lassen Rückschlüsse auf den Status zu. Die Integration der
Daten in eine Plattform kann dann entlang der Einführungs-      Das Unternehmen suchte eine Möglichkeit seinen Maschi-
systematik in Abbildung 3 erfolgen.                             nenpark standortübergreifend zu vernetzen und maschi-
                                                                nenspezifische Kennzahlen zu berechnen. Mit Hilfe des
Zunächst müssen die Maschinendaten innerhalb der Maschi-        Umsetzungsprojektes konnte die Vernetzung des Maschi-
nenschnittstellenliste lokalisiert werden. Zudem wird über-     nenparks anhand einer Industrieplattform validiert werden.
prüft, welche Datenübertragungsprotokolle (z. B. OPC U/A,       Für die exemplarische Plattformimplementierung nutzte das
MTConnect, UDI) für die betroffene Maschine zur Verfügung       Kompetenzzentrum zwei Drehmaschinen unterschiedlicher
stehen. Neben der Schnittstelle zur Maschine muss auch das      Standorte: eine in der Demonstrationsfabrik des Zentrums
Übertragungsprotokoll (z. B. MQTT, Rest) zur Plattform de-      auf dem Messegelände Hannover und eine im Versuchsfeld
finiert werden. Anschließend erfolgt die Wahl eines geeig-      des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen
neten Gateways/Middleware/Device (z. B. IPc, DMG MORI           der Leibniz Universität Hannover. Folgende Informationen
IoTconnector, Siemens MindConnect Nano) von Maschinen-          der Maschinen wurden in der ADAMOS Plattform visuali-
herstellern oder Drittanbietern. Die Gateways erfüllen dabei    siert (vgl. Abbildung 4):
sowohl die Konnektivität zur Plattform als auch die Datenvor-
verarbeitung und -verschlüsselung. Nach der Anmeldung des       – Maschinenstatus
Gateways an der Plattform können die übertragenden Daten        – produzierte Stückzahl
anschließend visualisiert oder analysiert werden.               – Vorschubgeschwindigkeit.

Ist dieser Prozess bekannt können daraus die Anforderungen      Die visualisierten Informationen sind dabei Grundlage für
an die Plattform und die Kriterien zur Plattformwahl abge-      maschinenspezifische Kennzahlen, wie z.B. die Gesamtan-
leitet werden.                                                  lageneffektivität (OEE).

                                                                                                                                   19
Schon mit dieser ersten Implementierung ergaben sich in       KMU im Bereich der Fertigung lässt sich momentan anhand
der Praxis die folgenden Vorteile:                            der Visualisierungsmöglichkeiten auf der Plattform und des
– Erste Rückschlüsse für den Bediener, wie z. B. das Er-      dezentralen Zugriffs begründen.
   kennen von freien Maschinenkapazitäten und produk-
   tionsschwachen Phasen waren möglich.                       In Ansätzen existieren weitere Vorteile. Durch den Zugriff
– Maschinen können verglichen und für die Untersuchung        auf Rechenleistung und Data Analytics Methoden (Batch
   der Prozessstabilität herangezogen werden.                 Analytics & Streaming Analytics) auf den Plattformen lassen
– Die Plattformlösung ermöglicht den dezentralen Zugriff      sich tiefergehende Optimierungen erreichen. Applikationen
   auf die Informationen.                                     auf Plattformen geben den Unternehmen die Möglichkeit,
                                                              eigenständig und jederzeit abrufbar Analysen ihrer Fer-
Vor der Einführung solcher Plattformprojekte sollten Unter-   tigung durchzuführen. Würden Applikationen über Platt-
nehmen ihre Maschinen auf die Konnektivität überprü-          formsysteme die Fertigungsdaten kontinuierlich auswerten,
fen. Viele Plattformen besitzen bereits feste Konnektoren     so könnte beispielsweise eine Optimierung im Bereich des
zu Maschinen, die nicht individuell programmiert werden       Werkzeugverschleißes zu einer deutlichen Verringerung
müssen. Dies reduziert den zeitlichen Aufwand bei der         der Störungen im Betriebsablauf beitragen. Ebenso wäre
Implementierung erheblich. Je nach gewähltem Intervall        es möglich, die Darstellung freier Kapazitäten über eine
der Datenerfassung und der Datenpunkte summieren sich         Plattform zu realisieren, auf die auch Kunden zugreifen
große Datenmengen, die zur Plattform übertragen wer-          können. Somit würde eine Auftragsvergabe schneller er-
den müssen. Daher ist auf eine ausreichend dimensionierte     folgen und freie Kapazitäten schneller mit Aufträgen be-
Datenübertragungsrate der Internetverbindung zu achten.       legt werden, was die Leistungsfähigkeit des Unternehmens
                                                              steigert und zur Sicherung von Arbeitsplätzen beiträgt. Die
Nutzen für den Mittelstand                                    Vereinbarkeit von Daten unterschiedlicher Quellen und die
IIoT Plattformen stehen noch am Anfang ihrer Nutzung und      Datenhaltung bei der Visualisierung sind weitere Vorteile.
Entwicklung. Der Nutzen und die Anwendbarkeit auf He-         Dieser Nutzen kann jedoch erst vollumfänglich erbracht
rausforderungen im industriellen Bereich steigen mit der      werden, wenn die Hürden der proprietären Maschinenan-
Anzahl ihrer Anwender und der Zeit, da weitere Applika-       bindung überwunden sind und die Bereitstellung von Intel-
tionen entwickelt werden. Der Nutzen von Plattformen für      ligenz auf den Plattformen praxistauglich realisierbar ist.

                                                              Abbildung 4: Beispielhaftes Dashboard mit Maschinenstatus und Auftragsliste

20
Industrie 4.0
                                                    –   Erfassung von Maschinendaten
                                                    –   Kommunikation zwischen Maschine und Plattform
                                                    –   Dashboarding auf IIoT-Plattform
                                                    –   Ableitung einer Einführungssystematik

Autoren

Michael Rehe,                                    Daniel Arnold,                                      Siebo Stamm,
Dr.-Ing. ist Geschäftsführer im Mittel-          M. Sc. ist Mitarbeiter im Mittelstand               M. Sc. ist Mitarbeiter am Institut für Fer-
stand 4.0-Kompetenzzentrum Hanno-                4.0-Kompetenzzentrum Hannover „Mit                  tigungstechnik und Werkzeugmaschi-
ver „Mit uns digital!“. Herr Dr. Rehe            uns digital!“. Als Koordinator Fabrikbe-            nen der Leibniz Universität Hannover.
studierte Maschinenbau an der Leibniz            trieb ist er für die technischen Kompo-             Siebo Stamm studierte Maschinenbau
Universität Hannover und hat 2015 am             nenten in der Generalfabrik verantwort-             und Wirtschaftsingenieurwesen an der
Institut für Fertigungstechnik und Werk-         lich. Daniel Arnold studierte Mechatronik           Technischen Universität Braunschweig.
zeugmaschinen (IFW) promoviert. Vor              im Grundstudium und Maschinenbau im                 Seit 2016 ist er Doktorand am Institut
seiner Zeit im Kompetenzzentrum war er           Master an der Leibniz Universität Hanno-            für Fertigungstechnik und Werkzeug-
in leitender Funktion bei einem mittel-          ver (LUH). Seit 2017 ist er Doktorand am            maschinen (IFW) der Leibniz Universität
ständischen Automobilzulieferer tätig.           Institut für Fertigungstechnik und Werk-            Hannover und forscht im Bereich Ferti-
                                                 zeugmaschinen (IFW) und forscht im Be-              gungsplanung & -steuerung.
                                                 reich Digitalisierung.

Quellen
[1]     Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Digitale-Welt/internet-der-dinge.html, 2019,
        Zugriff: 08.04.2019.
[2]     Evans, P., Gaver, A.: The Rise of the Platform Enterprise – A Global Survey, The Center for Global Enterprise, 2016.
[3]     Roth A.: Industrie 4.0 – Hype oder Revolution? In: Einführung und Umsetzung von Industrie 4.0. Grundlagen, Vorge hensmodell und Use
        Cases aus der Praxis. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg, 2016, S. 1‑15.
[4]     Bauernhansl T et al: WGP-Standpunktpapier zu Industrie 4.0 – WGP, https://wgp.de/de/wgp-standpunktpapierfuehrt-durchs-schluessel
        loch-zu-industrie-4-0/, 2019, Zugriff: 08.04.2019.
[5]     Demray V.: Der Aufstieg der Onlineplattform – Was nun zu tun ist, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Köln, 2016.
[6]     Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim: Leitfaden zur Auswahl elektronischer Handelsplattformen für KMU.
        Mannheim, 2003.
[7]     Baums A., Schössler M., Scott, B.: Industrie 4.0: Wie digitale Plattformen unsere Wirtschaft verändert – und wie die Politik gestalten kann.
        Kompendium Digitale Standortpolitik, 2, Berlin, 2015.
[8]     Pandl, H.: Echtzeit-Blick in die Anlage per IIoT-Lösung, In: MECHATRONIK, 127, 1 – 2, 2019, S.6 – 8.

                                                                                                                                                 21
Datenmangement für den Produktionsprozess

Firmenprofil
Die Exportverpackung Sehnde           Mithilfe von Digitalisierung und Automatisierung können Arbeitsprozes-
GmbH wurde 1858 als reine Kisten-     sen effizienter gestaltet werden. Dieses Potenzial sieht auch die Export-
fabrik gegründet und bietet heute,    verpackung Sehnde GmbH, die ihr Prozesse neu strukturieren möchte,
zusammen mit ihrer Schwesterfir-      um damit effizienter zu arbeiten und auch in Zukunft konkurrenzfähig
ma „Holzverpackung Hannover“,         zu bleiben. Der Grundstein für diese Verbesserungen bildet die interne
Lösungen bei allen Schritten des      Datenstruktur und Datenweitergabe. Aus diesen Grund möchte die Ex-
Im- und Exports. Das in fünfter Ge-   portverpackung Sehnde GmbH ihre Datenstrukturen grundlegend ana-
neration geführte Familienunter-      lysieren und auf zukünftige Entwicklungen ausrichten.
nehmen überzeugt durch detaillier-
tes Know-how in allen Fragen zu       Der Ansatz für die Analyse der Datenstrukturen liegt in der Betrachtung der
Logistik und Transport, einer eige-   internen Softwarearchitektur. Für die Digitalisierung und Automatisierung der
nen, 40.000m² großen Lagerflä-        Fertigung ist es notwendig, dass Aufgaben oder prozessbezogene Parameter
che und einen optimalen Standort      in digitaler Form weitergeleitet und ausgewertet werden können. Weiterhin
und Verkehrsanbindung.                müssen Aufträge klar und eindeutige den Produktionsanweisungen zugeord-
                                      net werden können. Hierfür ist es wichtig, dass alle notwendigen Parameter
                                      in digitaler Form vorhanden sind und das es in der Softwarearchitektur eine
                                      klare Zuordnung gibt, welches Programm welche Befehle lesen, weitergeben
                                      oder verändern darf.

22
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover hat für       Der Produktumfang an Exportverpackungen umfasst Voll-
die Exportverpackung Sehnde GmbH die Softwarearchi-         holzkisten, Plattenkisten und Verschläge. Weiterhin fertigt
tektur analysiert. Auf Basis von gemeinsam erarbeiten An-   die Exportverpackung Sehnde GmbH Holzpaletten und in-
forderungen und Zielen konnten Verbesserungsmaßnah-         dividuell an Exportgüter angepasste Verpackungskisten.
men für die interne Datenstruktur abgeleitet werden. Ein    Die Größen der Kisten können von 0,5 m x 0,5 m x 0,5 m
Kernelement ist die Neustrukturierung der Erzeugung von     bis hin zu 5 m x 3 m x 3 m betragen. Zwischen den Grö-
Auftrags-, Bearbeitungs- und Artikelnummern. Diese sollen   ßenabmaßen gibt es keine diskreten Größenschritte, so-
in Zukunft über ein ERP-System zentral verwaltet und an     dass jede beliebige Kistengröße gefertigt werden kann. Ein
alle Softwareschnittstellen weitergegeben werden. Über      Auszug aus der Produktvielfalt ist auf Bild 2 abgebildet.
die zentrale Verwaltung der Daten soll die Produktverfol-   Die Herstellung der Kistenkomponenten geschieht über-
gung innerhalb der Produktion verbessert und eine Daten-    wiegend per Hand. Die Mitarbeiter werden durch halb-
redundanz verhindert werden. Weiterhin sollen Produkte      automatisierte Sägen unterstütz, die jedoch eine manuel-
mit Standartbenennung entstehen, die wiederverwendba-       le Bestückung und Entnahme benötigen. Das Positionieren
re Produktbezeichnungen besitzen. Somit wird die Vorkal-    und Zusammenfügen der Kistenelemente geschieht kom-
kulation für Standardprodukte erleichtert.                  plett manuell.

Das Unternehmen und Produkt                                 Problemstellung
Die Exportverpackung Sehnde GmbH entwickelt und fertigt     Die manuelle Fertigung bei der Exportverpackung Sehnde
individuelle Exportverpackungen aus Holz, die typischer-    GmbH ermöglicht eine hohe Flexibilität und eine schnelle
weise bei einer Losgröße bis zu 1 in Abhängigkeit vom       Reaktionszeit bei dringlichen Aufträgen. Weiterhin können
Kundenwunsch nach Maß angefertigt werden. Neben der         Kisten in fast beliebigen Dimensionen und mit beliebigen
Produktion unterstütz das Unternehmen den Kunden beim       Sonderwünschen gefertigt werden. Der Nachteil hiervon
Transport seiner Güter per Luft-, Wasser, oder Landweg.     sind hohe Fertigungskosten, da die Arbeitslöhne in Deutsch-
Die Herstellung der Holzkisten geschieht aktuell größten-   land vergleichsweise hoch sind. Weiterhin resultiert aus
teils manuell, wie es auf dem Bild 1 dargestellt ist.       den beliebigen Kistendimensionen eine extrem hohe Va-

Abbildung 1: Mitarbeiter bei der Kistenmontage

                                                                                                                    23
Abbildung 2: Fertig-
     gestellte Holzkisten
     und -paletten

24
riantenvielfalt an Produkten. Nahezu jeder Auftrag stellt       wann und wo neue Produkt-, Artikel-, oder Fertigungsnum-
einen Neuauftrag dar, für den Produktions- und Fertigungs-      mern erstellen. Anhand der Untersuchung konnte aufge-
parameter erstellt und ausgelegt werden müssen. Für die         zeigt werden, dass in verschiedenen Bereichen nicht klar
Fertigung bedeutet dies, dass bei jeder Kistenherstellung       war, welche Programm welche Rechte bei der Erstellung
eine neue Produktnummer angelegt wird. Daraus resultiert        oder Bearbeitung von produktionsrelevanten Informatio-
eine große Datenmenge an Produktnummern, die jeweils            nen besitzen. Weiterhin wurde festgestellt, dass für jeden
einzigartig sind und nicht für weitere Aufträge genutzt         neuen Kundenauftrag neue Fertigungsnummern und Pro-
werden. Das bedeutet es entsteht eine ständig wachsen-          duktnummern für die Kistenherstellung erzeugt wurden.
de Menge an Produktionsdaten, die keinen Bezug zuein-           Das führt dazu, dass eine große Ansammlung an Ferti-
ander oder auch zu der Art und Weise wie das Produkt            gungs- und Produktnummern entstehen, die nicht direkt
aufgebaut ist, haben. Bei der Exportverpackung Sehnde           produktionsrelevanten Größen, wie z. B. Produktabmes-
GmbH führt diese dazu, dass nur mit großem Aufwand              sungen, zugeordnet werden können.
möglich ist die Fertigungsdaten auszuwerten. Hierzu ge-
hört bspw. die Information wann wie oft ein bestimmter          Das Lösungskonzept für diese Problemstellung sieht eine
Kistentyp angefragt und gefertigt wird. Für zukünftige In-      klar strukturierte Softwarearchitektur vor. Am Kopf soll
vestition im Bereich der Fertigung sind diese Informationen     ein ERP-System genutzt werden, dass als Schnittstelle
jedoch extrem wichtig. Damit ist es möglich konkrete Aus-       zu allen anderen Softwaresystemen dient und von wo
sagen darüber zu treffen, wie stark sich die Investition für    aus alle Informationen abgegriffen werden können. Das
das Unternehmen rentiert und amortisiert.                       ERP-System ist als einziges System in der gesamten Soft-
                                                                warearchitektur in der Lage neue Nummern für Aufträ-
Neben der Informationsauswertung wird bei der Exportver-        ge, Produkte, etc. zu generieren und zu verwalten. Somit
packung Sehnde GmbH auch die Architektur, die für das           ist klar geregelt, wo alle Informationen verwaltet wer-
Anlegen und Auswerten der Fertigungsdaten verantwortlich        de können. Das ERP-System dient weiterhin als zentrale
ist untersucht. Hier ist im Vorfeld des Projekts aufgefallen,   Datenbank, von wo aus alle Informationen abgegriffen
dass aufgrund von unterschiedlichen Softwaresystemen, die       werden können. Die bestehende Softwarearchitektur wird
miteinander kommunizieren, keine klare Struktur vorhanden       von der Veränderung dahingehend angepasst, dass bei
ist, welche Informationen wo entstehen und welches Pro-         Bedarf neue Nummern nur über das ERP-System bezo-
gramm welche Zugriffsrechte besitzt. Für eine zukünftige        gen werden können, nicht jedoch selbstständig erstellt.
Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen müssen
diese Zugehörigkeiten klar festgelegt sein.                     Das zweite Lösungskonzept befasst sich mit der Produkt-
                                                                vielfalt des Unternehmens. Aktuell sind keine Größenein-
Lösungsweg                                                      stufungen der Produkte vorhanden. Daraus entsteht eine
Um die angesprochenen Probleme zu lösen, wurden in Zu-          sehr große Variantenvielfalt, die durch mögliche Sonder-
sammenarbeit mit der Exportverpackung Sehnde GmbH               bearbeitungsschritte noch weiter erhöht wird. In Hinblick
drei Konzepte entwickelt. Die Konzepte setzen jeweils an        auf eine mögliche Automatisierung stellt diese Varianten-
verschiedenen Stellen an und bieten in ihrer Gesamtheit         vielfalt eine große Herausforderung dar. Je höher die
einen Ansatz die Softwarearchitektur und Informations-          Variantenvielfalt ist, desto komplizierter, aufwendiger und
auswertung für zukünftige Projekt auszurichten und den          intelligenter müssen die automatisierten Prozesse sein. Ein
Produktionsablauf zu verbessern.                                weiteres Problem, das mit der hohen Anzahl an Varianten
                                                                einhergeht, ist, dass es schwierig ist einheitliche und wie-
Das erste Konzept behandelt den Aufbau der Software-            derverwendbare Produktnummern zu verwenden. Somit
architektur. Hierfür wurde die aktuelle Softwarearchitek-       muss für jeden Auftrag eine neue Nummer erzeugt wer-
tur aufgenommen und analysiert. Ein Schwerpunkt bei der         den, in der zusätzliche Informationen wie Kistenabma-
Betrachtung lag darauf zu ermitteln, welche Programme           ße, Holzart, etc. hinterlegt werden müssen. Könnten hier

                                                                                                                         25
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