Beschäftigungsfähigkeit- ein HR-Konzept zur Gestaltung des Wandels im Eisenbahnsektor - European Transport Workers' Federation
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Konferenzbericht Beschäftigungsfähigkeit – ein HR-Konzept zur Gestaltung des Wandels im Eisenbahnsektor 7. Oktober 2008, Potsdam / Deutschland Das Projekt wurde durch Die Konferenz wurde von die EU-Kommission der DB Mobility Logistics AG finanziert organisiert
Beschäftigungsfähigkeit – ein HR-Konzept zur Gestaltung des Wandels im Eisenbahnsektor Follow up zu den gemeinsamen Empfehlungen der EU-Sozialpartner zum Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnsektor 03 Vorwort 04 Einführung 06 Konferenz Begrüßung und Impulsreferat 06 Jürgen Niemann, Vorstand Personal, DB Station&Service AG 08 Kristin Schreiber, Kabinettschefin des Kommissars für Beschäftigung, Soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Vladímir Špidla Teil I: Das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnsektor als zentrales Thema für die Personalbe- reiche – ein Jahr nach der Unterzeichnung der gemeinsamen Empfehlungen (Sichtweisen der Sozialpartner) 10 Didier Le Reste, Vizepräsident der Sektion Eisenbahn der ETF 11 Libor Lochman, Stellvertretender Exekutivdirektor der CER 12 Podiumsdiskussion: Didier Le Reste, Jürgen Niemann, Kristin Schreiber, Libor Lochman Teil II: Praktische Erfahrungen – Wie wurde das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Bahnsektor bis lang umgesetzt? (Statements und Diskussion der Sozialpartner) 16 Jean-Paul Preumont, Experte für Soziale Angelegenheiten, Industrielle Beziehungen und HR, CER 17 Robert Dera, Repräsentant für Internationale Angelegenheiten der Verkehrsgewerkschaft GDBA – für die ETF Impressum 18 Podiumsdiskussion: Robert Dera, Jean-Paul Preumont Diese Konferenz war ein Projekt des europäischen Sozialdialogs für den Eisenbahnsektor, durchgeführt von der DB Mobility Logistics AG. Teil III: Praktische Erfahrungen – Was können wir voneinander lernen? (Präsentationen von Projekten und Konzepten im Eisenbahnsektor) Projektleitung und Redaktion: Silke Streichert, DB Mobility Logistics AG, Personal und Dienstleistungen, Programme und Projekte, Potsdamer Platz 2, D-10785 Berlin, Kontakt: Silke.Streichert@deutschebahn.com 20 Kees Blokland, Personalvorstand der Niederländischen Eisenbahn, NS Konferenzdokumentation: Kircher Burkhardt, Editorial & Corporate Communications GmbH 22 Gunilla Ejefors-Lublin, Personalvorstand des schwedischen Infrastrukturbetreibers Banverket Druck: City-Druck Offsetdruck GmbH, Heidelberg 23 Milan Ruttner, Personalvorstand der Tschechischen Eisenbahn, CD Fotos: Konferenz: Jet-Foto/ Ralf Krahnert; alle anderen: CER; außer: U/ 1.Reihe/ rechts, S.5/ 1.Reihe/ 24 Alex Gordon, Nationale Gewerkschaft der Eisenbahn-, Seeschiffahrts- und Transportarbeiter, UK links – DB AG/ EWS; U/ 2.Reihe/ links, U/ 2.Reihe/ Mitte, S.10-11/ oben – DB AG/ Heiner Müller-Els- 25 Urs Peter Ruf, Technologieberatungsstelle NRW, Projektleiter „Beschäftigungsfähigkeit und ner; U/ innen/ 2.Reihe – DB AG/ Philipp v. Recklinghausen; S.3/ oben/ rechts – Europäische Kommis- demografischer Wandel“ sion; U/ 1.Reihe/ 2.von links, S.2-3/ 3.Reihe/ rechts, S.2-3/ 4.Reihe/ rechts, S.5/ 2.Reihe/ rechts – DB AG/ Maximilian Lautenschläger; S.24-25/ oben – DB AG/ Claus Weber Die vollständigen Präsentationen der Redner finden Sie auf den Internetseiten der Partnerorganisationen. 27 Fazit und Ausblick CER: www.cer.be EIM: www.eimrail.org ETF: www.itfglobal.org/etf/ 28 Teilnehmer Dieser Bericht wurde auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier gedruckt. Berlin, August 2009 30 CVs der Redner 1
Vorwort Der europäische Eisenbahnsektor ist wie die gesamte Wirtschaft und Gesell- schaft einem Prozess des tiefgreifenden Wandels ausgesetzt, für den die de- mografische Entwicklung neben dem technologischen Fortschritt und der Glo- balisierung einer der Schlüsselfaktoren ist. Es ist eine große Herausforderung für die Mitgliedsstaaten, die EU-Institutionen, aber auch die Sozialpartner, die sozialpolitischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Menschen und Arbeitnehmer in diesem sich ändernden Umfeld Schritt halten können. Der soziale Dialog ist eine der tragenden Säulen des europäischen Sozialmo- dells. Die Ergebnisse des Sozialdialogs für den Eisenbahnsektor – so auch die gemeinsamen Empfehlungen zur Beschäftigungsfähigkeit – sind ein wichtiger Beitrag, die Veränderungen in der Arbeitswelt zu bewältigen und mit zu gestal- ten. Die Europäische Kommission begrüßt es sehr, dass sich die europäischen Sozialpartner des Eisenbahnsektors zu den wichtigen Themen Beschäftigungs- fähigkeit, demografischer Wandel, lebenslanges Lernen und Investitionen in das Humankapital auseinandersetzen. Wie in der erneuerten Sozialagenda ange- kündigt, wird die Europäische Kommission den Sozialen Dialog auf EU-Ebene mit allen Kräften unterstützen. Diese Broschüre fasst die Diskussionen der Sozialpartner-Konferenz zum Thema „Beschäftigungsfähigkeit - ein HR–Konzept zur Gestaltung des Wandels im Eisenbahnsektor“ zusammen, die im Oktober 2008 in Potsdam stattfand. Sie enthält interessante Ansätze für die weiteren Diskussionen zwischen den Sozi- alpartnern in den Mitgliedsstaaten, den Eisenbahnunternehmen und auf euro- päischer Ebene. Vladimír Špidla EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit 2 3
Einführung Am 7. Oktober 2008 fand in Potsdam die Konferenz zum Thema „Beschäftigungsfähigkeit – ein HR–Konzept zur Gestaltung des Wandels im Eisenbahnsektor“ statt. Diese Konzeption und Durchführung der Veranstaltung war ein Projekt des europä- ischen Sozialdialogs für den Eisenbahnsektor, welches von der Europäischen Kommission gefördert wurde. Projektmanager im Auftrag der EU-Sozialpartner war die DB Mobility Logistics AG. Gemeinsame Empfehlungen der EU-Sozialpartner des Eisenbahnsektors, CER, EIM und ETF zum Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnsektor Die Konferenz war eine Aktivität in Umsetzung gemeinsamer (Auszug) Empfehlungen zum „Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Ei- senbahnsektor“, welche die europäischen Sozialpartner Gemein- schaft der europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften 1. Die Eisenbahnunternehmen in Europa sollten das Konzept Beschäftigungsfähigkeit, wie (CER), die Europäischen Infrastrukturbetreiber (EIM) und die Ei- es im vorstehenden Memorandum entwickelt worden ist, als ein Leitkonzept für moderne senbahnsektion der Europäischen Transportarbeiterföderation Human-Ressourcen-Politik nutzen und damit die verschiedenen Instrumente zur Perso- (ETF) im Oktober 2007 verabschiedet hatten. nal- und Organisationsentwicklung zu einem integrierten Ansatz bündeln. Den gemeinsamen Empfehlungen der Sozialpartner waren zwei 2. Als strategisches Konzept basiert die Beschäftigungsfähigkeit auf Prävention und verfolgt Projekte der Arbeitsgruppe „Employability und Chancengleich- das Ziel, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem die Kapazität der Arbeitnehmer in Bezug heit“ des EU-Sozialdialogs in den Jahren 2000/011 und 2005/062 auf Qualifikationen und Kompetenzen sowie deren Gesundheit und Fitness erhalten und vorausgegangen. verbessert werden, damit sie generell ‚beschäftigungsfähig’ sind. Die Verantwortung ist eine gemeinsame Verantwortung des Unternehmens, der Arbeitnehmer, Betriebsräte und Ein Jahr nach Unterzeichnung dieses Dokuments bot die Kon- Gewerkschaften. ferenz eine Gelegenheit für Personaldirektoren und HR-Experten 3. Ziele, Prinzipien und Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Konzepts in die be- der Eisenbahnunternehmen sowie Gewerkschaftsvertreter, Re- Die übereinstimmend bekräftigte Erkenntnis, dass Beschäfti- triebliche Praxis sollten auf der Basis von Sozialem Dialog zwischen den Sozialpartnern präsentanten der EU-Kommission, Verbände und Wissenschaft, gungsfähigkeit eine gemeinsame Herausforderung für Unterneh- vereinbart werden, um den Nutzen des Ansatzes für beide Seiten, für das Unternehmen sich über den Stand der Umsetzung des Konzepts der Beschäf- mens- und Personalführung, Arbeitnehmer, Gewerkschaften und wie für die Beschäftigten, wirksam werden zu lassen. tigungsfähigkeit auszutauschen und anhand konkreter ‚Good Betriebsräte ist, war für die weiteren Arbeiten des EU-Sozialdia- practice-Beispiele’ die Bedeutung dieses personalpolitischen log-Komitees ein klares Signal, weiter an diesem Thema zu ar- 4. Der Europäische Sozialdialog Eisenbahnen wird den Prozess der Verbreitung und Um- Ansatzes für die europäischen Eisenbahnunternehmen und ihre beiten und den Prozess der Implementierung des Konzepts der setzung von Beschäftigungsfähigkeit als ein Leitkonzept moderner HR-Politik beför- Mitarbeiter zu diskutieren. Beschäftigungsfähigkeit in den verschiedenen nationalen Kon- dern, begleiten und von Zeit zu Zeit eine Zwischenbilanz durchführen. Dies kann durch texten eng zu begleiten und zu fördern. verschiedene Instrumente geschehen: Politikkonferenzen, Arbeits- und Erfahrungsaus- Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse – sowohl auf Ge- tausch-Tagungen, Monitoring, und über die Bereitstellung von instruktiven Materialien werkschafts- als auch auf Unternehmensseite. 117 Teilnehmer Es besteht zudem Einigkeit darüber, dass ein entsprechendes (Fallstudien zu „Good Practice“, Leitfäden, Mustervereinbarungen…). aus 23 Ländern kamen nach Potsdam und nahmen als Redner Folgeprojekt im Geiste der Sozialpartnerempfehlungen – mit oder mit Wortmeldungen zu Podiumsdiskussionen aktiv an der dem besonderen Fokus demografischer Wandel und Attrakti- 5. Im nächsten Jahr soll eine Konferenz mit Vertretern von Gewerkschaften/Betriebsräten Konferenz teil. Konferenz und Rahmenprogramm – so fand ein vität des Eisenbahnsektors – im Arbeitsprogramm 2009/10 der und Geschäftsleitungen zum Thema der praktischen Beschäftigungsfähigkeit auf betrieb- Galadinner am Vorabend und eine begleitende Ausstellung mit Arbeitsgruppe II Beschäftigungsfähigkeit und Chancengleichheit licher Ebene organisiert werden. Damit würde ein Erfahrungsaustausch, ein Benchmar- umfangreichem Informationsmaterial statt – boten diverse Mög- des EU-Sozialdialogs Eisenbahn durchgeführt werden soll. Die king mit guten Praktiken und eine unmittelbare Diskussion zwischen dem europäischen lichkeiten der Gewinnung von Fachinformationen, des Gedan- konkrete Ausgestaltung eines solchen gemeinsamen Projekts ist und betrieblichen Sozialdialog zu Aspekten der Beschäftigungsfähigkeit möglich. kenaustauschs und der europaweiten Netzwerkbildung. derzeit Gegenstand von Diskussionen im EU-Sozialdialog. 1 „Das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit – nutzbar für europäische Eisenbahnunternehmen?“ (Schlussbericht, November 2001) 4 2 „RailEmploy – Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnbetrieb – Eine Herausforderung für Unternehmen und Beschäftigte im Spannungsfeld zwischen Verkehrs- 5 sicherheit, sozialer Absicherung und Wirtschaftlichkeit“ (Bericht zum Abschluss-Workshop am 9./10. Oktober 2006 sowie Anhang mit Fallstudien, Mai 2007)
Konferenz Begrüßung und Impulsreferat Bei der DB versuche man, das Thema Beschäftigungsfähigkeit im demografischen Wandel in vier Feldern anzugehen: Jürgen Niemann 1. Gesundheit: Wer länger arbeiten muss, müsse auch etwas für Personalvorstand DB Station&Service AG seine Gesundheit tun. Gesundheit sei ein kostbares Gut. Die sogenannte Humanisierung der Arbeitswelt sei eine Verantwor- tung von Beschäftigtem und Unternehmen gleichermaßen. 2. Qualifikation: Es gäbe keine geradlinigen Berufsbiografien mehr wie früher, als man etwa 40 Jahre Lokführer war. Man müsse den Beschäftigten heutzutage ermöglichen, lebenslang zu lernen. Es sei aber auch eine Eigenverantwortung der Mit- arbeiter. Auszubildenden gebe man bei der DB am Ende ihrer Ausbildungszeit von Anfang an mit auf den Weg: Sie seien jetzt nicht fertig mit dem Lernprozess, sondern erst am Anfang. Jürgen Niemann hieß alle Kongressteilnehmer im Namen der DB beim Berufseintritt in Aussicht gestellt wurde. Auf der anderen willkommen. Er vertrat Margret Suckale, Personalvorstand DB Seite herrsche überall großer Nachwuchsmangel, vor allem bei 3. Nachwuchsgewinnung- und sicherung: Man müsse den Mobility Logistics AG. Ingenieuren. Wettbewerb der internationalen Arbeitsmärkte annehmen, auch die DB sei an ausländischen Arbeitnehmern interessiert. Niemann begrüßte ausdrücklich Kristin Schreiber, Kabinettsche- Die Konsequenz daraus sei: Man müsse die älteren Mitarbeiter Man sei optimistisch, Engpässe so ausgleichen zu können. Au- fin des Kommissars für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten als wichtigen Teil einer stetig lernenden Belegschaft schätzen ßerdem müsse man sich als Unternehmen stärker in die Weiter- und Chancengleichheit in der EU-Kommission, Vladimír Špidla, und den Know how-Transfer von alt zu jung fördern. entwicklung der nationalen Bildungssysteme einbringen. Didier Le Reste, den Vizepräsidenten der Eisenbahnsektion der Niemann nannte zwei Ziele des Kongresses: Zum Einen sollten ETF, Libor Lochman, den stellvertretenden Exeku- sich Eisenbahner, EU-Vertreter und Gewerk- 4. Lebenslange Arbeitszeitmodelle: Beschäftigungsfähigkeit tivdirektor der CER sowie Dr. Urs Peter Ruf. Es gibt kein schaftsvertreter intensiv darüber austauschen, heiße: Wie ermöglicht man einem über-60-Jährigen, einen Personalmanagement sei europaweit zunehmend übergreifendes wie der eine und wie der andere diese Probleme wichtigen Beitrag für das Unternehmen zu leisten? Und wie von demografischen Veränderungen betroffen, angeht. Es gäbe kein übergreifendes Patentre- könne man dabei gewährleisten, dass Beruf und Familie mit- führte Niemann aus. Die Bevölkerungen in allen Patentrezept, aber zept, aber viele gute Einzellösungen. Zum Ande- einander vereinbar ist? Dies würde zu mehr Zufriedenheit und EU-Nationen würden älter und müssten länger viele gute Lösungen. ren sollte der Kongress ein Signal an die Beleg- Glück führen. arbeiten, um die sozialen Sicherungsmodelle zu schaften der Eisenbahnunternehmen sein, dass erhalten. Für die Transportbranche ergäbe sich Themen wie zum Beispiel veränderte Erwerbsbio- Er erwähnte zudem das Stichwort „Neuer Beschäftigungspakt“: daraus der Konflikt, dass auf der einen Seite die Unternehmen graphien und Vereinbarkeit von Beruf und Familie positiv-kritisch Es gehe um mehr, als um Beschäftigungssicherheit. Herr Nie- ihre immer älter werdenden Belegschaften qualifiziert halten wol- wahrgenommen werden. Diese Themen seien keine Hürde, son- mann wünschte abschließend allen Referenten und Teilnehmern len und längere Arbeitszeiten erwarten, als dies den Mitarbeitern dern Probleme, die man lösen könne. einen spannenden Tag und intensive Diskussionen. 6 7
Kristin Schreiber Kabinettschefin des Kommissars für Beschäftigung, Soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Vladímir Špidla Kristin Schreiber vertrat auf der Konferenz Vladimír Špidla, EU- Kommission den partnerschaftlichen Dialog unterstützen will und Schreiber verwies auf den andauernden Wandel in der Arbeits- terne Flexicurity (Beweglichkeit auf dem Arbeitsmarkt) werden Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und dabei ihre Hilfe anbietet. welt. Nach einer Befragung durch die EU-Kommission gehen dabei als gleichermaßen wichtig angesehen. Chancengleichheit und übermittelte dem Auditorium seine Der Grundgedanke des Sozialdialoges sei in der Lissabon-Stra- immer weniger Menschen einen geradlinigen Be- Der Beitrag der Sozialpartner sei in diesem Zu- Grüße. Sie erinnerte an die Unterzeichnung der Empfehlung zur tegie festgehalten: „Bis 2010 soll die Europäische Union zum rufsweg. Etwa 80 Prozent der Arbeitnehmer müssen Ziel ist eine nach- sammenhang sehr wertvoll. Beschäftigungsfähigkeit im Jahr 2007 und lobte den kontinuier- wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten sich darauf einstellen, im Laufe ihres Lebens den Im Eisenbahnsektor mit seiner höheren Zahl an lichen Erfahrungsaustausch, der den Geist des Sozialdialoges Wirtschaftsraum der Welt werden, einem Wirtschaftsraum, der Job mehrmals zu wechseln. Zudem steigen abhän- haltige Beschäfti- älteren Arbeitnehmern ist das für die Sozialpart- bestimmt. fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und gig Beschäftigte immer öfter für Weiterbildung, Er- gungsfähigkeit, die ner in den Unternehmen eine große Heraus- Sie betonte die Wichtigkeit des Sozialdialoges auf europäischer besseren Arbeitsplätzen und einen größeren sozialen Zusam- ziehungszeiten oder Pflegetätigkeit temporär aus im Interesse der forderung. Sie müssen bereit sein, die eigene Ebene. Durch den weitreichenden gesellschaftlichen Wandel menhalt zu erreichen.“ dem Berufsleben aus. Personalpolitik zu überprüfen. Die Betriebe seien auch die Herausforderungen an die Sozialpartner größer Um ihren Beitrag hierzu aufzuzeigen, hat die Kommission im Juli Beschäftigten, müssten lernen, ihre Mitarbeiter nicht mehr als als je zuvor. Am deutlichsten wird das: mit einer erneuerten Sozialagenda ihr großes Sozialpaket vorge- Sozialexperten haben hieraus einen neuen Ansatz aber auch der „ihre“ Mitarbeiter, sondern als Vertragspartner 1. beim technologischer Fortschritt; stellt, deren prioritäre Elemente sind: für Beschäftigung entwickelt, der auf dem Lebens- Unternehmen ist. zu begreifen, denen Möglichkeiten zur beruf- 2. beim demografischen Wandel und; Kinder und junge Menschen fördern; zyklus basiert. Vor diesem Hintergrund hat die Kom- lichen und persönlichen Entwicklung gegeben 3. bei der Globalisierung. in Menschen investieren (Life-long-learning); mission zusammen mit den Mitgliedsstaaten das werden sollen. Kristin Schreiber schloss ihren Konzepte und Entscheidungen zu konkreten Maßnahmen der ein längeres und gesünderes Leben unterstützen; Konzept der Flexicurity weiter entwickelt Dahinter steckt eine Vortrag mit dem Hinweis, dass die EU Investitionen in die Men- Beschäftigungsfähigkeit müssten jedoch in jedem einzelnen Diskriminierungen bekämpfen und Gleichstellung der bewusste Kombination von Flexibilität und Sicherheit gleicher- schen begrüßt und den europäischen sozialen Dialog mit allen Staat getroffen werden. Dazu sollten sich die Sozialpartner jedes Geschlechter stärken; maßen – ein modernes System der sozialen Sicherheit. Ziel ist Kräften unterstützt. Bahn- oder Infrastrukturunternehmens an einen Tisch setzen. Mobilität erhöhen; eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit, die im Interesse der Denn nur sie können aufgrund der individuellen Situation ihres die Zugangschancen auf globaler Ebene verbessern; Beschäftigten, aber auch der Unternehmen ist. Die so genann- Betriebes die Pläne umsetzen. Schreiber betonte, dass die EU- Armut und soziale Ausgrenzung bekämpfen. teinterne Flexicurity (ein Wechsel im Unternehmen) und die ex- 8 9
Teil I: Das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnsektor als zentrales Thema für die Personalbereiche – ein Jahr nach der Unterzeichnung der gemeinsamen Empfehlungen, Standpunkt der Sozialpartner Didier Le Reste Libor Lochman Vizepräsident der Sektion Eisenbahn der ETF Stellvertretender Exekutivdirektor, CER Didier Le Reste betonte den einzigartigen Charakter der Konfe- werden. Man könne nicht immer mehr Flexibilität fordern, was un- Der stellvertretende Exekutivdirektor der Gemeinschaft der eu- europäischen Eisenbahnsystems nutzen. Eine fundierte Aus- und renz, da am gleichen Tag in mehr als 90 Ländern Menschen für ter Umständen auch die Sicherheit gefährdet. Eisenbahnerberufe ropäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) stellte Weiterbildung sei daher sehr wichtig, vor allem vor dem Hinter- angemessene Arbeitsbedingungen demonstrieren würden. Die müssten – was die Beschäftigungsfähigkeit betrifft – ansprechende das Konferenzthema in den Gesamtzusammenhang des sich grund der immer anspruchsvolleren technologischen Lösungen. Arbeitnehmer fordern höhere Löhne und bessere Arbeitszeiten. Er Berufe sein.Er bilanzierte, dass die Sicht der Arbeitgeber in diesem verändernden und im harten Wettbewerb stehenden Eisenbahn- Die zunehmenden Herausforderungen durch moderne Technik stellte fest, dass der Finanzkapitalismus eine Sackgasse sei und Punkt zu bescheiden sei. Sie bestehe in einer Orientierung an den sektors. Da alle Verkehrsträger in Europa um ihre Wettbewerbs- und Prozesse müssen eine der Triebfedern für die Verbesserung mit einer Wirtschafts- und Sozialkrise einhergehe. Produktionsverfahren des Straßenverkehrs, was in fähigkeit kämpfen, müsse man konsequent die der Beschäftigungsfähigkeit sein. Aus Sicht der Gewerkschaften sei festzustellen, Eisenbahnerberufe organisatorischer Hinsicht unsinnig ist. Schließlich Stellung der Eisenbahn verbessern. Dabei gelte Die zunehmenden dass die Vorschläge und Konzepte von Arbeitge- müssen ansprechende müsse jeder Eisenbahner Entwicklungsperspek- es gleichzeitig, die Balance zu den Zielen der Be- Herausforderungen Eine Schwierigkeit sei, dass die EU so schnell ge- bern und Gewerkschaften zur Überwindung der tiven haben und Entscheider seiner eigenen Lauf- schäftigungsfähigkeit zu halten: Der Eisenbahn- wachsen ist. Es gibt in den 27 Mitgliedsstaaten Krise noch weit voneinander entfernt seien. Die Berufe sein. bahn sein können. sektor brauche eine Belegschaft, die motiviert und durch moderne Bahnen, deren Flotte und Struktur unterschied- Eisenbahner fordern unter anderem eine bessere Als negativen Trend nannte er die Tatsache, dass beschäftigungsfähig ist. Die Marktmöglichkeiten Technik und Prozesse licher nicht sein könne. Während ältere Mitglieds- Vereinbarung von Beruf und Familie sowie die Beibehaltung bzw. die Arbeitsbedingungen bei Tochter-Unternehmen von Konzernen der Firmen könnten nur verbessert werden, wenn müssen eine der länder nach den notwendigen Reformen sich nun Erlangung von Ansprüchen, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb oder häufig schlechter seien, als bei den Muttergesellschaften. Produk- die Sozialpartner eng zusammenarbeiten. Deswe- verstärkt der Beschäftigungsfähigkeit der Mit- außerhalb eines Unternehmens wechsle. tionen würden zu Akteuren verlagert, die zwar billiger seien, sich gen sollten die wichtigen Empfehlungen des EU- Triebfedern für die arbeiter widmen würden, hätten die neuen Mit- Er stellte fest, dass ETF und CER zunächst prüfen sollten, ob ihre aber weniger um soziale Fragen kümmern würden. Ein Beispiel aus Sozialdialog-Ausschusses berücksichtigt werden. Verbesserung der Be- glieder mit der Sanierung ihres Unternehmens Definitionen der Entwicklung des Eisenbahnwesens gleich sind. dem französischen Schienennetz zeige, wozu dies führen könne: schäftigungsfähigkeit und gleichzeitiger konstruktiver Personalpolitik im In seinen Augen müsse diese gemeinsame Suche einen Ausbau Ein Beinahe-Crash aufgrund von Outsourcing bei der Zugbildung. Lochman wies auf den Zusammenhang zwischen Sinne des Sozialdialoges zu kämpfen. Deswegen der Aktivitäten zum Ziel haben, der es ermöglicht, dass den ver- Der Trend führe zu dem Ergebnis, dass nur noch darauf geach- Beschäftigungsfähigkeit und Interoperabilität im sein. sei es nicht möglich, einen einheitlichen Weg für kehrlichen Anforderungen von möglichst vielen Menschen, vor tet wird, das Untergebenenverhältnis aufrecht zu halten, indem Schienenverkehr hin. Als Beispiel nannte er die die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der allem dem Wunsch der Gesellschaft nach einer Verlagerung des als Rahmen für dieses Verhältnis anstelle des Arbeitsrechts das Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Mitarbeiter in allen Mitgliedsstaaten zu finden. Güterverkehrs hin zu umweltschonenderen, ökologischeren und – stets arbeitgeberfreundlichere – Handelsrecht gewählt würde. Züge grenzüberschreitend führen. Die dafür notwendige Qualifi- Resümierend stellt Lochman fest, dass der Stellenwert des sichereren Verkehrsträgern, zu entsprechen und die Verkehrs- Die Dynamik hinter diesem Trend sei schädlich für alle Eisenbahn- zierung trägt zum Einen zur Verbesserung der Beschäftigungs- Schienenverkehrsmarktes sich wesentlich verbessert habe. Die nachfrage der Bürger zu befriedigen. Auf der Grundlage der ent- produktionssysteme. fähigkeit der Mitarbeiter bei. Zum Anderen können die Bahnen Nachfrage nach gut qualifiziertem und motiviertem Personal wickelten Ansätze wird es möglich sein, wünschenswerte und Le Reste erinnerte die EU-Kommission noch einmal nachdrücklich nur mit entsprechend qualifizierten Mitarbeitern die Chancen des steige. notwendige Änderungen und Innovationen zur Weiterentwicklung daran, mehr im sozialen Bereich für die Arbeitnehmer zu tun. Man der Berufe im Eisenbahnwesen zu untersuchen. Ein Triebfahrzeug- sei derzeit weit entfernt von einem arbeitsweltfreundlichen Be- führer beispielsweise habe heute auf kontinentalen Korridoren schäftigungskonzept. Er griff abschließend noch einmal das Bei- ganz andere Anforderungen zu erfüllen, als einer im nationalen spiel der gestiegenen Anforderungen an Triebfahrzeugführer vor Verkehr. Auf der anderen Seite müssten die sozialen Folgen die- dem Hintergrund der Bedeutung großer internationaler Korridore ser Entwicklungen für die Beschäftigten viel stärker berücksichtigt für das Eisenbahnwesen auf. 10 11
Podiumsdiskussion Didier Le Reste, Jürgen Niemann, Kristin Schreiber, Libor Lochman Die erste Frage der Moderatorin stellte die These von Didier Le ihrem Arbeitsleben in Kauf nehmen müssten. Der Schutz der Ge- Zudem monierte er, dass die EU-Kommission Kooperationen, sundheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Man müsse Reste, dass der Gegensatz zwischen Wettbewerb und Beschäfti- werkschaften könne jedoch nicht alle Veränderungen verhindern wie zum Beispiel die der DB mit der SNCF, ausdrücklich nicht sich um die speziellen Probleme der einzelnen Berufsgruppen gungsfähigkeit Gefahren berge, zur Diskussion. und ausschließen. fördere, weil das angeblich nicht fair gegenüber europäischen kümmern, zum Beispiel wie die Sitzplätze in Loks oder Service Wettbewerbern sei. Aus seiner Sicht würde Wettbewerb an- Points beschaffen sind oder um die Ernährung in der Betriebs- Jürgen Niemann widersprach Le Reste. Sicherlich müsse man Libor Lochman sagte, dass die Unternehmen auf Seiten des Per- stelle von Kooperation jedoch eine größere Unsicherheit und gastronomie. Beim Thema Familie und Beruf ginge es vorran- die Entwicklung der Liberalisierung im Eisenbahnsektor sorgfältig sonals keine Kompromisse zu Lasten der Betriebssicherheit einge- mehr Probleme für die Arbeitnehmer verursachen. gig darum, eine Rückkehrgarantie anzusprechen und umzu- betrachten. Dies geschehe aber nie auf Kosten der Sicherheit für hen dürften. Man müsse garantieren, dass Unternehmen Beschäf- setzen, wenn ein Mitarbeiter seine Kinder erziehen will. Die DB die Kunden und auf Kosten der physischen Sicherheit der Beschäf- tigte haben, welche die betrieblichen Anforderungen erfüllen, dass Jürgen Niemann sagte, dass Liberalisierung und Wettbewerb als Arbeitgeber habe sich mit dem Konzernbetriebsrat auf ein tigten. Niemann glaube vielmehr, dass mehr Wettbewerb auf der EU-weite Chancengleichheit besteht und dass die Sicherheit ge- keine Heilslehren seien, sondern Modelle, um die Schiene zu entsprechendes Modell geeinigt - zu den gleichen monetären Schiene gleichbedeutend sei mit mehr Eisenbahnverkehr in der ge- währleistet wird, egal in welchem Land der Zug fährt. stärken und die Verkehre reizvoller zu machen. Hierbei habe Bedingungen wie vorher. samten EU vor allem gegenüber der Straße. Man tue sich allerdings man große Fortschritte erzielt. Er lobte ein Joint Venture zwi- schwer bei ungleichen Einsatz- und Wettbewerbsbedingungen. Er Meinung aus dem Auditorium von einem Mitglied einer bel- schen DB und SNCF, das die europäische Seehäfen besser be- Kristin Schreiber fragte Jürgen Niemann daraufhin, wer den fordere daher europaweit vergleichbare Rahmenbedingungen für gischen Gewerkschaft: Er sei geschockt gewesen, wie positiv dient und somit Arbeitsplätze schaffe. Gerade die großen Un- Erziehungsurlaub denn in der Praxis auch nehmen würde? Sie die Verkehrsträger.Recht gab er Le Reste darin, dass man die tech- hier zuweilen über Wettbewerb gesprochen werde. In Belgien sei ternehmen seien durch ein Tal der Tränen gegangen und hatten konstatierte aber, dass es ein guter Ansatz sei. nologische und die Qualifizierungsentwicklung vernetzen müsse. die Hälfte der Arbeitsplätze im Bahnsektor inzwischen abgebaut – unter Wahrung Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften – Dann stellte sie klar, dass der Aspekt Security im EU-Konzept Unternehmen und Gewerkschaften müssen gemeinsam die besten worden, ohne Einverständnis der Gewerkschaften. Der Stress habe zahlreiche Arbeitsplätze abbauen müssen. Nun suche man wie- Flexicurity nicht gleichbedeutend sei mit Betriebssicherheit, Beschäftigungsverhältnisse für die Mitarbeiter schaffen. für die verbliebenen Mitarbeiter erheblich zugenommen, vor allem der nach Arbeitskräften, es gehe also aufwärts. Niemann gab sondern mit der Vertragssicherheit des Arbeitnehmers. hinsichtlich flexiblerer Arbeitszeiten und regionaler Flexibilität. Er zu, dass die Liberalisierung auch Arbeitsplätze kosten würde, An Didier Le Reste gerichtet sagte sie, dass sich die EU neutral Kristin Schreiber fügte an, dass jedes Unternehmen selbst dafür verstehe nicht, warum diese Umstrukturierungen fortgesetzt wür- dies sei jedoch notwendig, um das Eisenbahnnetz zukunftsfä- gegenüber allen Unternehmen verhalten würde. Wollten zwei verantwortlich sei, eine bessere Beschäftigungsfähigkeit umzuset- den. Stattdessen müsse man weiter zusammenarbeiten, um die hig zu machen. Auf Kosten der Betriebssicherheit ginge dies Unternehmen zusammengehen, prüfe man eine marktbeherr- zen. Die EU könne die Wirtschaft nur durch Anreize dazu ermuti- Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verbes- jedoch nie. schende Stellung, die wiederum schädlich für andere Unterneh- gen, freiwillig Verbesserungen für ihre Mitarbeiter zu erreichen. sern. Man könne die Menschen nur für die Eisenbahnen begeistern, men und deren Mitarbeiter wäre. An Le Reste gerichtet, sagte sie: Das EU-Konzept der „Flexicurity“ wenn man gute Bedingungen biete. Die DB wolle keine schlech- Hinsichtlich längerer Arbeitszeiten sagte sie, sowohl Frauen, sei nicht nur zu Gunsten der Arbeitgeber geeignet, sondern auch, Didier Le Reste sagte, die Unternehmen versuchten, die Bedin- ten Beschäftigungsverhältnisse. Niemann stellte die Frage in als auch Männer sollten nach einer Elternzeit schnell wieder um Arbeitnehmern bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. gungen der Triebfahrzeugführer vor allem hinsichtlich Arbeitszeiten den Raum, was ein angemessenes Beschäftigungsverhältnis arbeiten dürfen. Gerade in Deutschland sei dies jedoch nach Die Umsetzung resultiere daraus, wie gut oder schlecht die Sozi- und Bezahlung an die Bedingungen im Straßenverkehr anzupas- sei. Er kritisierte private Wettbewerber im deutschen Regional- längerer Pause schwierig. Die Modelle müssten flexibler sein, alpartner verhandeln würden. Flexicurity könne natürlich nicht vor sen. Das sei nicht das Allheilmittel. Niemand könne aufzeigen, wie verkehr, die über niedrigere Lohnkosten den Wettbewerb zu ge- die Kommission habe dies dem EU-Parlament vorgeschlagen. Jobverlust schützen. Auch die Gewerkschaften hätten schließlich man die neuen Anforderungen, die auch den Güterverkehr beträ- winnen versuchen. In Deutschland ende der Mutterschaftsurlaub bereits acht Wo- erkannt, dass viele Arbeitnehmer heutzutage Veränderungen in fen, bewältigen muss. Stattdessen betreibe man Sozialdumping. Er betonte wichtige Projekte der DB, vor allem im Bereich Ge- chen nach der Geburt. 12 13
Frage aus dem Auditorium eines britischen Gewerkschafters: mit ihren Töchtern betrieben. Sie würden ihre Töchter untereinan- Didier Le Reste sagte an Frau Schreiber gerichtet, dass seiner Man müsse gute Arbeitskräfte durch soziale und monetäre An- Nach 15 Jahren Privatisierung in Großbritannien stelle er sich die der ausspielen, um Löhne zu drücken. Er stellte die Frage in den Meinung nach der Wettbewerb ein politisch-ideologisches Kon- reize binden. In diesem Zusammenhang stellte er die Frage nach Frage, wie sicher es überhaupt noch sei, dass Tarifabschlüsse Raum, wie man solch eine Entwicklung verhindern könne. zept sei. Schaffe man öffentliche Monopole ab, werde es private der Rolle der Gewerkschaften. Hier würden viele noch zu sehr in auch eingehalten würden. Als Beispiel nannte er eine EWS-Toch- Monopole geben. Bis dahin würden jedoch eine Vielzahl von Ar- der Vergangenheit denken. Als Beispiel nannte er die Tatsache, ter, die nicht mit den Arbeitnehmern auf dem Firmengelände über Jürgen Niemann sagte, darauf könne man keine einfache Ant- beitsplätzen abgebaut sein. dass bei der DB eine Woche Bildungsurlaub im Jahr angeboten Löhne sprechen wollte und sogar mit der Polizei gedroht hatte wort geben. Im Vergleich zum LKW stünde der Bahnsektor jedoch Zudem vermische er nicht die Begriffe Betriebs- und Beschäfti- würde, dieser aber nur von wenigen Mitarbeitern genommen gut da, insbesondere was die soziale Absicherung und Kontrollen gungssicherheit. Er befürchte, dass bei fortschreitender Liberali- würde. Jürgen Niemann sagte als Vertreter der DB, die EWS übernom- der Sozialstandards betrifft. Er griff dann abermals sein Beispiel sierung die Sicherheit im Eisenbahnverkehr nicht mehr sicherge- Beschäftigungsfähigkeit funktioniere nur, wenn man die Beschäf- men hatte, er kenne die Situation vor Ort nicht. Tarifabkommen mit dem Lohn-Wettbewerb im deutschen Regionalverkehr auf. stellt werden könne, da die Arbeitnehmer nicht mehr ausreichend tigten auch dazu motiviert, hier seien besonders die Führungs- einzuhalten, sei aber generell Teil der DB-Philosophie. Die DB diskutiere mit ihren Sozialpartnern, wie ein Flächentarif- qualifiziert würden und schlechtere Arbeitsbedingen hätten. Er kräfte gefordert, vor allem die untere und mittlere Ebene. vertrag aussehen könne, der weitgehend die Beschäftigungs- habe von einem Eisenbahnunternehmen gehört, bei dem meh- Anmerkung aus dem Auditorium eines österreichischen Ge- bedingungen im Eisenbahnsektor regeln würde. Dies sei jedoch rere Triebfahrzeugführer 28 Stunden am Stück arbeiten mussten. Libor Lochman ergänzte, dass es keine Kompromisse bei der werkschafters dass Wissensweitergabe innerhalb eines Unter- sehr schwer, da unterschiedliche Interessen vorherrschen wür- Es gebe keine Aufsichtsbehörde für solche Punkte, monierte er. Betriebssicherheit geben dürfe. Sie müsse bei allen Infrastruk- nehmens eine wichtige gemeinsame Aufgabe sei, die auch zur den. Außerdem gebe es einen harten Wettbewerb der Gewerk- Der Markt dürfe im Zuge der Liberalisierung nicht sich selbst turen gewährleistet sein. Zudem müsse bei großen, globalen Un- Sicherheit beitrage. Es sei schwer geworden, sich zu helfen, schaften, was man am Lokführerstreik gesehen habe. überlassen werden. ternehmen garantiert sein, dass die Anforderungen an die Unter- Netzwerke zu bilden, offen für die Mitarbeiter zu sein, Fachwis- nehmen und die Chancengleichheit gewahrt sind. Lizenzen und sen zu erwerben, gerade in einer multikulturellen EU. Hier sei die Kristin Schreiber betonte erneut, dass Liberalisierungen auf EU- Anmerkung aus dem Auditorium eines deutschen Gewerk- Genehmigungen sollten überall anerkannt werden. Sprachausbildung besonders wichtig. Ebene nicht zu lasten jeglicher Sicherheit gehen dürfe. Zudem schaftsvertreters, dass Beschäftigungsfähigkeit nicht nur unter sei es nicht Aufgabe und Kompetenz des Gesetzgebers, wie die dem Aspekt des Wettbewerbs betrachtet werden dürfe. Es sei Kristin Schreiber sagte abschließend, dass sich die Frage nach Anmerkung aus dem Auditorium eines französischen Gewerk- Sozialpartner Löhne untereinander aushandeln. Und es sei auch vielmehr eine Strategie, um dem demografischen Wandel zu be- der Beschäftigungsfähigkeit für jeden Bahner stelle, sie sei nach schafters, dass Beschäftigungsfähigkeit auch eine Anerkennung zu hinterfragen, was ein Dumpinglohn ist? Es gäbe schließlich gegnen, gleichbedeutend mit dem Selbstbestimmungsrecht des vorne gerichtet. Der Employability-Ansatz würde zudem nicht nur der Qualifikation der Arbeitnehmer sei, insbesondere auch der unterschiedliche wirtschaftliche Situationen in den einzelnen EU- Arbeitnehmers im Wettbewerb um seinen Arbeitsplatz. die Fachkräfte betreffen, sondern auch die Arbeitnehmer, die auf- Triebfahrzeugführer und des Zugbegleitpersonals. Einige große Ländern. Die EU habe versucht, durch die Entsenderichtlinie So- Der Arbeitnehmer, der Beschäftigungsfähigkeit verstehe, bemühe grund geringerer Qualifikation und Fähigkeiten schwerer vermit- Unternehmen begingen Heuchelei, da sie selbst Sozialdumping zialdumping zu verhindern. sich um seinen Arbeitsplatz – aber er brauche auch Antworten. telbar sind. 14 15
Teil II: Praktische Erfahrungen – Demotivation und letztlich zu einer schwierigeren Arbeitsplatz- suche.Was geschehe mit solchen Mitarbeitern? Sie landeten in Wie ist das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit „Reparaturbetrieben“, Umschulungen, Job-Vermittlungen, in ge- ringer bezahlten Tätigkeiten oder schlichtweg im Aus. im Eisenbahnsektor umgesetzt worden? Beim Thema Zusatzqualifikationen (Sprachen, EDV, etc.) lobte Dera die DB für den Plan des Personalvorstands, alle Azubis über Einführungsstatements deren eigentliche Berufsausbildung hinaus mit IT-Wissen aus- zustatten. Solche außerfachlichen Kompetenzen seien eminent wichtig für den Übergang von der Einsatzfähigkeit zur Beschäf- tigungsfähigkeit. Als Beispiele für die Fähigkeiten, die ein Mitar- beiter heutzutage aufweisen muss, nannte Dera unter anderem Belastbarkeit, Lernfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Konflikt- fähigkeit und Veränderungsbereitschaft. Dies seien Schlüssel- qualifikationen, die zu einer Win-Win-Situation für den Mitarbeiter führten, sowohl für die berufliche Umorientierung im Unterneh- men, als auch außerhalb. Der demografische Wandel habe Aus- wirkungen auf viele Unternehmensbereiche. Dera nannte drei Ebenen. Ganz oben die Unternehmensphilosophie, darunter Per- sonalentwicklung, Führung und Gesundheitsförderung, schließ- lich Personaleinsatz, Schulung und Arbeitsplatzgestaltung. Jean-Paul Preumont Robert Dera Experte für Soziale Angelegenheiten, Repräsentant für Internationale Angelegenheiten Industrielle Beziehungen und HR, CER der Verkehrsgewerkschaft GDBA – für die ETF Anschließend zitierte Robert Dera eine Studie der Manage- mentberatung Kienbaum aus dem Jahr 2007, wonach weniger als 40 Prozent der Personalverantwortlichen in deutschen Un- Beschäftigungsfähigkeit ist eines der Das führe zur Beschäftigungsfähigkeit im Allgemeinen. Die Ver- Beschäftigungsfähigkeit ist eine gemeinsame ternehmen geeignete Maßnahmen für den Umgang mit älteren zentralen Leitprinzipien für die Personalpolitik antwortung für diese Beschäftigungsfähigkeit liege bei: Herausforderung. Menschen kennen. Nur rund 10 Prozent der Unternehmen bö- dem Unternehmen; ten spezielle Weiterbildungen an, nur rund 20 Prozent leisteten der Unternehmen. dem Mitarbeiter; Gesundheitsvorsorge für Ältere, nur rund 30 Prozent sorgten für den Betriebsräten; Robert Dera sagte, er wolle nahtlos an die Rede von Jean Paul altersgerechte Arbeitszeiten und -plätze. Jean Paul Preumont skizzierte kurz die Entstehung des Konzepts den Gewerkschaften. Preumont anknüpfen. Beschäftigungsfähigkeit sei eine gemein- Daher fordere die ETF: der Beschäftigungsfähigkeit. Das erste Projekt hätte 2001 bis same Herausforderung. a. An den Europäischen Sozialdialog gerichtet: 2002 mit einer sektorspezifischen Rahmendefinition des Kon- Das Konzept umfasse zwei Säulen: Er nannte drei Schwerpunkte: Die Nachhaltigkeit des Konzepts müsse regelmäßig evaluiert zepts begonnen. Das zweite Projekt hatte 2005 bis 2006 das Ziel, 1. Säule: Das Individuum für sich selbst – Beschäftigungsfähig- Beschäftigungsfähigkeit als Leitkonzept für die Personalpolitik werden (wie bei dieser Konferenz), als ständiger Punkt im Ar- den Fortschritt der Implementierung in ausgewählten Eisenbahn- keit befähige jeden Mitarbeiter, seine eigenen Karrieremöglich- der Eisenbahnunternehmen; beitsprogramm des Sozialdialogs aufgenommen werden und Unternehmen zu überprüfen. keiten zu ändern und zu gestalten. Die Umsetzung auf der betrieblichen Ebene; schließlich in eine Projektgruppe „Best Practice“ münden. Das Ergebnis dieser zweiten Studie war die gemeinsame Unter- Wie mache ich meine Mitarbeiter generell beschäftigungsfähig? b. An die Unternehmen gerichtet: zeichnung von CER, EIM und ETF der „Empfehlungen zum Kon- 2. Säule: Das Individuum im Unternehmen – der Mitarbeiter wird Anschließend sprach er von einem großen Missverständnis zwi- Führungskräfte müssten motiviert und zur Motivation befä- zept der Beschäftigungsfähigkeit im Eisenbahnsektor“, Oktober befähigt, turbulente Situationen besser zu überstehen und seinen schen den Begriffen Einsatzfähigkeit und Beschäftigungsfä- higt werden. Es müssten mehr betriebliche Projekte entwickelt 2007. Beschäftigungsfähigkeit basiere auf Prävention. Das Kon- Arbeitsplatz zu sichern und auszubauen. higkeit. Einsatzfähigkeit ermögliche dem Arbeitnehmer, mittels werden, die das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit innerbe- zept solle ein Umfeld schaffen, das Qualifikationen und Leistungsfähigkeit seinen Job zu erledigen. trieblich ausgestalten. Es dürfte weniger Jobabbau geben, um Arbeitsfähigkeit erhält und verbessert, Somit gäbe es das gemeinsame Interesse, einen angemessenen Beschäftigungsfähigkeit wiederum greife weiter. Sie ermögliche die Nachhaltigkeit zu sichern. Man müsse verstärkt besondere dabei die Qualifikationen und Kompetenzen der Mitarbeiter Ausgleich zwischen Unternehmen und Beschäftigten herzustel- es dem Mitarbeiter, auf Grundlage seiner Einsatzfähigkeit und Gruppen wie zum Beispiel Mitarbeiter mit Handicap, Mitarbeite- respektiert, len. Beschäftigungsfähigkeit sei eines der zentralen Leitprinzipien weiterer Handlungskompetenzen seine Arbeitskraft – auch an- rinnen und Ältere mitnehmen. sowie die Gesundheit und Fitness fördert. für Unternehmens-HR-Politik. derswo – anbieten zu können. c. An die Gewerkschaften gerichtet: Viele Mitarbeiter seien einsatzfähig, aber wie stünde es um die Sie müssten die Notwendigkeit eines Konzepts zur Beschäfti- Beschäftigungsfähigkeit, stellte er als Frage in den Raum. Er un- gungsfähigkeit einsehen, ihre Funktionäre und Betriebsvertreter terschied eine kleine Gruppe höher qualifizierter Mitarbeiter, die dementsprechend befähigen, den Dialog mit den Arbeitgebern durch Fachwissen und Zusatzkompetenzen auch bei Jobverlust einfordern, die Beschäftigten für das Konzept motivieren und einfacher in andere Unternehmen einsteigen könnten. Dagegen schließlich ebenfalls Prävention und Nachhaltigkeit sichern. sei die Masse geringer qualifiziert, ihr fehlten trotz Fachwissen die d. An alle gerichtet: nötigen Zusatzkompetenzen. Dies führe zu Angst vor Jobverlust, Auch externe Beratung sollte verstärkt genutzt werden. 16 17
Podiumsdiskussion Robert Dera, Jean-Paul Preumont Jean-Paul Preumont sagte, es wäre interessant, eine Liste spruchsvolle Jobs bieten. Dies sei gerade auch für die Rekru- Didier Le Reste erklärte, dass die Unternehmen Flexibilität einsatzfähig bleiben. Die Mitarbeiter, die in Elternzeit gehen mit Beispielen von „Good Practice“ auszuarbeiten, um den tierung und Bindung junger Mitarbeiter wichtig. Die Frage der als Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit ansähen. Aber wollen oder zur Pflege ihrer Angehörigen aussetzen, bekämen sozialen Dialog zu fördern. Dies würde auch Unternehmen und Lebensarbeitszeit sei eine andere, die nicht unbedingt in die- inzwischen versuche man, die Bedingungen der Triebfahr- eine Rückkehrgarantie. Der Wohlfühlfaktor sei eine der Vo- Gewerkschaften näher zusammenbringen sen Zusammenhang gehöre. zeugführer an die der Lkw-Fahrer anzupassen. Er bezeichnete raussetzungen für die Beschäftigungsfähigkeit und dass diese die gegenwärtige Situation als gefährlich, da sie vom Sozial- wachse, läge im Interesse des Konzerns. Robert Dera betonte die gesammelten Erfahrungen aus den Robert Dera ergänzte, dass eine Ausdehnung der Altersgren- dumping geprägt sei. Die Kooperation der Eisenbahn- und In- ersten beiden Studien und forderte eine neue Studiengruppe zen für den Renteneintritt unsozial sei. Man könne es aber auch frastrukturunternehmen untereinander verbessert sich nicht, zum demografischen Wandel. nicht verhindern und suche daher nach wie vor nach geeig- stattdessen werfe man sich gegenseitig Diskriminierung vor. neten Lösungen. Das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit sei Abschließend rief er zum Dialog miteinander auf. Aus dem Auditorium fragte ein französischer Gewerkschaf- ein solcher Lösungsansatz, eine versuchte Reaktion auf etwas, ter, ob denn die Beschäftigungsfähigkeit ein Mittel zur Bin- was man nicht ändern könne. Jürgen Niemann meldete sich noch einmal zu Wort und er- dung der Arbeitnehmer sein könne und ob sie etwa nur eine klärte, dass durch Liberalisierung und Wettbewerb mehr Ver- Maßnahme zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei. Ein belgischer Gewerkschafter fragte in die Runde, wo bei all kehr auf die Schiene zu bekommen sei. Viele Arbeitsplätze dem Wettbewerb die Zusammenarbeit zwischen den Bahnen würden z.B. durch Joint Ventures neu entstehen. Allgemein Jean-Paul Preumont antwortete darauf, dass eine hohe Be- bleibe. Die Bahnen konkurrieren stärker als je zuvor miteinan- seien im Eisenbahnsektor Beschäftigungszuwächse zu ver- schäftigungsfähigkeit Arbeitnehmer im Unternehmen halten der. Trotzdem seien 75 Prozent der Qualifikationsmaßnahmen zeichnen. Die Deutsche Bahn tue sehr viel, um die Mitarbeiter könne, dass sie dann auch gerne bleiben würden, wenn das reduziert worden, ohne das Einverständnis von Gewerk- im Unternehmen zu halten. Es werde für die Gesundheit am Konzept voll umgesetzt würde. Die Unternehmen müssten schaften und Arbeitnehmern. Der Stress bei den Mitarbeitern Arbeitsplatz gesorgt. Auch ältere Menschen können beispiels- dazu nicht nur attraktive Konditionen, sie müssten auch an- habe durch den Zwang der Flexibilität erheblich zugenommen. weise durch Rückenschulen und Ernährungsberatung voll 18 19
Teil III: Praktische Erfahrungen – Was können wir voneinander lernen? Präsentation von Projekten und Konzepten im Eisenbahnsektor Zu 4) Man dürfe den Mitarbeitern niemals den Boden unter den Füßen wegziehen. Man müsse Rückfallebenen aufbauen, um Kees Blokland die Risiken von Übergängen zu minimieren. Man müsse tiefer Personalvorstand der Niederländischen Eisenbahn, NS und breiter in alle Qualitäten investieren, Übergangsmanage- ment praktizieren. Und man müsse schließlich alle Sozialpartner verantwortlich machen, nicht bloß einzelne Mitarbeiter. Hier- Dialog entsteht nur über Vertrauen und die Blokland nannte fünf Aspekte sogenannter sozialer Innovation: bei sprach er einen Konflikt zwischen jungen Mitarbeitern und Bereitschaft, Probleme anzupacken und Konflikte zu 1. Stärken der Mitarbeiterbeteiligung; Gewerkschaften an. Junge Mitarbeiter sehen Gewerkschaften 2. Stärken der Verantwortung der Mitarbeiter; häufig als altmodisch an, sie würden die Interessen der älteren lösen. 3. Vertrauen über Regeln; Mitarbeiter schützen (Generationenkonflikt). Gewerkschaften 4. Sicherheitsnetz statt einer Hängematte; wiederum brauchen dringend junge Mitglieder. Kees Blokland begann sein Referat mit dem Hinweis auf die lange 5. Verbinden von Theorie und Praxis; Zu 5) Man müsse neue Wege der Zusammenarbeit finden: Raus Geschichte von Streiks in den Niederlanden, in denen Mitarbeiter und ging im Anschluss auf die einzelnen Punkte ein. aus politischen und schwarz-weiß-geprägten Diskussionen, rein zu allen Zeiten ihren Widerstand gegen Veränderungen zum Aus- in die praktische Umsetzung. druck gebracht haben. Dann erläuterte er, wie man bei NS auf Zu 1) Die direkte Mitarbeiterbeteiligung sei im Bahnsektor noch unzufriedene Triebfahrzeugführer und daraus resultierende, stei- relativ neu. Aber die Mitwirkung am Unternehmen müsse attrak- Den Fortschritt bei NS machte Blokland fest an mehreren Bei- gende Zahlen bei Krankheit und Arbeitsunfähigkeit reagiert habe tiver werden für die Mitarbeiter. Der interne Dialog müsse auf spielen, unter anderem dem Projekt „Soziale Innovation“, stra- und danach gestrebt habe, ein attraktiverer Arbeitgeber zu wer- Wachstum fokussiert sein und nicht auf Gebietsansprüche Ein- tegische Personalplanung, der Förderung von Sport (z.B. fahren den. Hierzu seien „soziale Innovation“ und der Sozialdialog als zelner. Mitarbeiter müssten als wichtige Interessensgruppen an- Mitarbeiter mit dem Fahrrad zur Arbeit) und gesunder Ernährung, die entscheidenden Herausforderungen erkannt worden Heute gesehen werden. Demzufolge müsse verstärkt in Bildung, eine der Arbeit an einer Unternehmenskultur, der speziellen Förderung sei NS unter den Top-Ten-Arbeitgebern in den Niederlanden. Die Strategie zur Mitarbeiterbeteiligung und Kompetenzmanagement von weiblichen Mitarbeitern und der Einführung von 15 Beratern Mitarbeiter-Zufriedenheit sei stark gestiegen. investiert werden. in einem „Carrer advice center“, die sich um die berufliche Wei- Zu 2) Es werde zukünftig zunehmend erforderlich sein, dass terbildung sowie Umorientierung der Mitarbeiter kümmern. Das Vollständige Liberalisierung allein sehe er als genau so wenig Mitarbeiter Verantwortung übernehmen können und müssen. Er Credo all dieser Maßnahmen: Keine Vorschriften, sondern Unter- geeignet an als Rahmen für Veränderungsmanagement im HR- strebe nach mehr Autonomie für die Mitarbeiter, mehr Vielfalt, stützung und Hilfestellung. Bereich wie eine vollständige Regulierung im anderen Extrem. ‚Job-crafting’ (also einer Gestaltung der Arbeit nach den eigenen Auf eine Frage aus dem Auditorium bezüglich der Erfolgsrate der Nur ein Dialog helfe weiter, man müsse sich irgendwo in der Interessen und Fähigkeiten) sowie einer Ergebnis- und Prozess- Beratungen zur Umorientierung antwortete Kees Blokland, sie Mitte zwischen diesen beiden Polen treffen. Hier hätten speziell kontrolle. läge bei 70 Prozent. Man übernehme Verantwortung dafür, dass Deutschland, die Niederlande und Frankreich ihre Erfahrungen Zu 3) Die Zeiten und Arbeitsbedingungen änderten sich nun mal, die Leute einen Job finden. gemacht. und so hätten auch die Gewerkschaften begriffen, dass Neue- Auf die Frage, ob man den Mitarbeitern auch in sicherheitsrele- rungen und Investition in Vertrauen notwendig sind. Dies sei je- vanten Bereichen mehr Eigenverantwortung zugestehe, antwor- doch auch eine Mentalitätsfrage. Dialog entstehe nur über Ver- tete Blokland mit Zustimmung. In der Instandhaltung habe man trauen und die Bereitschaft, Probleme auch anzupacken und Sicherheitsbeauftragte eingestellt, die Zahl der Beinahe-Unfälle Konflikte zu lösen. sei daraufhin zurückgegangen. 20 21
Gunilla Ejefors-Lublin Milan Ruttner Personalvorstand des schwedischen Infrastrukturbetreibers Banverket Personalvorstand der Tschechischen Eisenbahn, CD Qualifizierte Arbeitnehmer kommen nicht von 2. Gute Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen für die Mitar- Wir wollen in die Schulen gehen und frühzeitig für Daraufhin stellt Ruttner sein Konzept vor: enge Kooperationen irgendwo, sie müssen gefördert und gebunden beiter und Binden von Personal an die Unternehmen; einen Beruf bei der Eisenbahn werben. zwischen Schulen jeder Bildungsstufe und der Tschechischen 3. Nutzen neuer Kommunikationswege mit innovativen Ele- Eisenbahnen. Man wolle in die Schulen gehen und frühzeitig für werden. menten, um die Jobvermittlung innerhalb der Branche zu ver- einen Beruf bei der Eisenbahn werben. bessern, z.B. durch die Website www.jarnvagsjobb.se; Milan Ruttner ist seit einem halben Jahr Personaldirektor der Eingangs erklärte Gunilla Ejefors-Lublin, ihr Beitrag werde sich 4. Unterstützen von öffentlichen Bildungsangeboten in Schulen Tschechischen Eisenbahnen. Er zeichnet ein düsteres Bild von Dabei spiele auch die Ansprache an die Eltern eine bedeutende mit der aktuellen Situation des Arbeitsmarktes für den Eisen- sowie in der Aus- und Weiterbildung mit Bezug zum Eisen- der aktuellen Arbeitskräftesituation. Die Belegschaft sei extrem Rolle. Man müsse gezielt auf die Kinder und Jugendlichen zuge- bahnsektor beschäftigen und in welcher Weise sich Banverket bahnsektor. überaltert. Das Durchschnittsalter beträgt 49 Jahre. Die Hälfte der hen. Wichtig sei in dem Zusammenhang auch der Aspekt, dass den Herausforderungen stellt, Fachkräfte zu finden. Noch sei es allerdings zu früh, den Effekt der Aktivitäten zu be- Triebfahrzeugführer sei zwischen 55 und 63 Jahre alt. Es gäbe die Interessenten nach der Ausbildung übernommen würden. werten. Wichtig sei, ein Zeichen zu setzen und die Initiative zu er- faktisch keinen Nachwuchs. Er hätte feststellen müssen, dass Das bedeutet Arbeitsplatzsicherheit. Ruttner betonte, dass es Die Öffnung des Eisenbahnmarktes habe auf Schwedens 25 greifen. Qualifizierte Arbeitnehmer kommen nicht von irgendwo, zwei Generationen von Mitarbeitern komplett fehlen. In den un- sehr wichtig für die heutige Zeit sei, Perspektiven zu haben und Bahnunternehmen und 17 Unternehmen der Bahnindustrie er- sie müssten gefördert und gebunden werden. Für die Unter- terschiedlichen administrativen Geschäftsbereichen säßen keine diese hätte man durch eine Karriere bei der Bahn. hebliche Auswirkungen. Das Problem besteht nicht nur darin, nehmen ergeben sich viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Eisenbahner mehr, sondern Banker. Damit verschwinde leider überhaupt qualifiziertes Personal zu finden, sondern dass sich Zugleich verbessern sich die Chancen des schwedischen Eisen- auch eine gewachsene Kultur. Es gab bislang kein Konzept oder In seiner Zusammenfassung betonte er nochmals die Notwendig- viele Sektoren gleichzeitig um diese Menschen bemühen. Dies bahnsektors in einem europäischen Wettbewerbsumfeld. eine Strategie, neue Fachkräfte heranzuziehen. Vor der Wende keit, die Zahl der Triebfahrzeugführer und der Zugteams zu erhö- führe zu einem Wettbewerb um gute Mitarbeiter innerhalb des Ei- gab es eine gezielte staatliche Ausbildung im Verkehrswesen; hen und Nachwuchs zu rekrutieren. Dazu müsste das Interesse senbahnmarktes. Fest steht, dass jährlich 1.500 neue Mitarbeiter jetzt obliegt das den Verkehrsunternehmen selbst und die tun an der Tschechischen Eisenbahn geweckt werden. Als Hilfsmittel gebraucht würden. 100.000 Ingenieure werden bis 2015 in den sich schwer. Man verwalte lediglich die Gehälter und reduziert soll eine exzellente Marketing- und PR-Strategie dienen. Ruhestand gehen. Dem gegenüber steht das mangelnde Inte- lieber weiterhin das Personal, als an die Zukunft zu denken. resse vieler junger Menschen, in diese Branche einzusteigen. Um dem zu begegnen,hat Banverket vier Ansatzpunkte ermittelt: 1. Zusammenführen der verschiedenen Akteure des Bahnsektors (Bahnunternehmen und -industrie, Instandhalter, Systemliefe- ranten) und Fördern von Kooperation statt Wettbewerb in Be- zug auf potenzielle Mitarbeiter; 22 23
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