EINFACH NÄHER DRAN - Röchling Group
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UNSERE KENNZAHLEN € € U M S AT Z EBITDA E I G E N K A P I TA L M I TA R B E I T E R in Mio. Euro in Mio. Euro in Prozent zum 31. Dezember 2017 1.841 228 42,2 9.733 2016 1.657 212 44,0 8.800 2015 1.555 209 42,0 8.400 2014 1.364 164 41,9 7.880 2013 1.283 149 40,0 7.463
RÖCHLING-GRUPPE Editorial Der Vorstand der Röchling-Gruppe (v. l.): Steffen Rowold, Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Franz Lübbers und Erwin Doll. Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle leben in einer vernetzten Welt, mehr als jemals zuvor in der Ge- schichte der Menschheit. Ein kurzer Klick, und Sie sind informiert über Ereig- nisse, die sich fast zeitgleich am anderen Ende der Welt abspielen. Genauso bequem korrespondieren Sie mit Arbeitskollegen, die 5.000 Kilometer entfernt im Büro, im Werk oder unterwegs sind. Räumliche Distanz trennt uns nicht mehr. Aber sind wir deshalb auch tatsächlich näher dran? Verstehen wir die Nach- richten, die Botschaften oder den Arbeitskollegen besser? Die Aufhebung räumlicher Distanz ist nicht gleichbedeutend mit mehr Nähe. Auch in vernetzten Zeiten ist es ein anspruchsvolles Unterfangen, eine echte und tragfähige Verbindung herzustellen, die Menschen wirklich zu verstehen.
2 FÜR UNTERNEHMEN IST ECHTE NÄHE EIN WESENTLICHER ERFOLGSFAKTOR Unsere Imagebroschüre 2017/2018 trägt den Titel „Einfach näher dran“ und beleuchtet, wie Röchling eine Nähe herstellt, die uns von anderen unterscheidet. Fest steht: Für Unternehmen ist echte Nähe ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Eine enge Verbundenheit zu Kunden, Lieferanten, Partnern und zu Mitarbeitern bedeutet, deren Anforderungen und Themen, Heraus- forderungen und Wünsche, Anliegen und Bedürfnisse zu verstehen. Das ist Voraussetzung dafür, dass wir für unsere Kunden Mehrwert schaffen und motivierte, selbstbewusste sowie leistungsbereite Mitarbeiter in unseren Reihen haben. Wir sehen in dieser Nähe die große Chance, noch besser, noch innovativer, noch effektiver, noch schneller zu werden. All dies gepaart mit der Verlässlichkeit, die man an Röchling so schätzt. Vertrauen ist die Grundlage von Nähe: Nur wer vertraut, lässt einen anderen näher an sich heran. Ein solches Vertrauensverhältnis entsteht nicht von einem Tag auf den anderen. Es entwickelt sich beständig mit der Zeit. Für Röchling – als fast 200 Jahre altes Familienunternehmen – ist Beständigkeit ein wesentlicher Wert. Sie ist Basis dafür, dass unsere Mitarbeiter und un- sere Partner uns ihr Vertrauen schenken. Mit diesem wertvollen Geschenk gehen wir sehr sorgsam um, denn verlorenes Vertrauen lässt sich nur schwer zurückgewinnen.
RÖCHLING-GRUPPE Editorial 3 In Zeiten, in denen große Veränderungen mit hoher Geschwindigkeit zu bewältigen sind, ist Vertrauen eine besondere Qualität. Eine Menge Verän- derungsbereitschaft erfordern aktuell die Themen digitale Transformation in allen Bereichen, internationales Wachstum und globaler Wettbewerb. Wir entwickeln unsere Organisation kontinuierlich so weiter, dass wir in enger Partnerschaft mit unseren Kunden diese Veränderungen als Chance nutzen können. Wir gestalten die Zukunft aktiv und reagieren schnell auf veränderte Anforderungen. Unsere hochqualifizierten Mitarbeiter begegnen unseren Partnern mit Respekt und Wertschätzung und können mit ihnen inhaltlich auf Augenhöhe kommunizieren. So schaffen wir einen für alle Beteiligten gewinnbringenden Austausch. Zum Nah-dran-Sein gehört für Röchling überdies eine gezielte und verant- wortungsbewusste Internationalisierung. Wir wollen vor Ort präsent sein, um dadurch unsere Kunden optimal bedienen und die relevanten Themen besser verstehen zu können. Auch diesen Aspekt beleuchten wir in der diesjährigen Imagebroschüre, die außerdem die wichtigsten Unternehmens- kennzahlen enthält. Auch im Geschäftsjahr 2017 haben uns viele Partner ihr Vertrauen geschenkt. Die Röchling-Gruppe ist weiter international gewachsen. Wir haben unseren Umsatz und unsere Ertragskraft abermals gesteigert, neue Standorte gegründet, Unternehmen akquiriert, unsere Produktionskapazitäten ausgebaut sowie neue und weiterentwickelte Werk- stoffe, Produkte und Systeme an den Markt gebracht. Wir haben vieles dafür getan, um auch zukünftig näher dran zu sein. Bleiben Sie uns gewogen und genießen Sie eine interessante und anregende Lektüre. Prof. Dr. Erwin Doll Franz Lübbers Steffen Rowold Hanns-Peter Knaebel Stellvertretender Vorstandsvorsitzender Vorstandsvorsitzender
INHALT 06—09 I N T E R V I E W M I T P R O F. D R . H A N N S - P E T E R K N A E B E L 10—21 UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL 22—23 PROFIL DER RÖCHLING-GRUPPE 24—35 UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE 36—37 S TA N D O R T E D E R R Ö C H L I N G - G R U P P E 38—49 UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL 50—51 Z W E I J A H R H U N D E R T E I N N O VAT I V E W E R K S T O F F E 52—69 U N S E R E M I TA R B E I T E R 70—73 RÖCHLING STIFTUNG 74—75 FÜHRUNGSGREMIEN 76 IMPRESSUM
Inhalt UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL 10—15 16—21 DAS BESTE Q U A L I TÄT G A N Z AUF LAGER GENAU IM BLICK UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE 24—29 30—35 EINMAL UM SCHNELL, SCHNELLER, D I E W E LT D I G I TA L UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL 38—43 44—49 S O R G FA LT I S T GROSSE NÄHE OBERSTES GEBOT U N T E R PA R T N E R N
6 „UNSERE KUNDENNÄHE WÄCHST MIT DER VIELFALT IN UNSEREN TEAMS“ Interview Nutzen stiften, für den Kunden und alle Partner – das ist eines der wichtigsten Ziele der Röchling-Gruppe. Um dies zu erreichen, muss man mit als Unternehmen verstehen, vor welchen Herausforderungen der Kunde Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, in seiner Branche steht. Erst dann lassen sich Lösungen entwickeln, Vorstandsvorsitzender die intelligent, effektiv, einzigartig, prozessverbessernd und gleich- der Röchling-Gruppe zeitig wirtschaftlich sind. Das alles setzt eine enge Partnerschaft und Nähe voraus. Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Vorstandsvorsitzender der Röchling-Gruppe, erläutert im Interview, was Kundennähe für Röchling bedeutet. Wie hat sich Röchling als Kunststoffspezialist in den vergangenen Jahren kundennah aufgestellt? Da sind verschiedene Aspekte zu nennen. Wenn man Nähe hört, denkt man natürlich an räumliche Nachbarschaft, und wenn man dem Kunden überall nah sein möchte, dann ist man schnell beim Thema Interna tionalisierung. Das internationale Geschäft hat bei Röchling eine lange Tradition. Unsere Wurzeln liegen im Saarland, an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich, wo Röchling vor fast 200 Jahren gegründet wurde. Schon im 19. Jahrhundert gab es Filialen und Niederlassungen
RÖCHLING-GRUPPE Interview 7 „Bei unserer unternehmerischen Tätigkeit haben wir stets im Blick, auf allen wichtigen Märkten dieser Welt vertreten zu sein“ – Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel beantwortet im Interview Fragen zur kunden- und partnernahen Ausrichtung der Röchling-Gruppe. in Frankreich, England, Schottland und Italien. Als Kunststoffspezialist hat Röchling in den vergangenen Jahren verstärkt die Chancen der Globalisierung genutzt und seine Internationalisierung systematisch vorangetrieben. Mittlerweile erzielen wir 60,6 Prozent unseres Umsatzes außerhalb Deutschlands, 29,6 Prozent außerhalb Europas. Neben der Internationalisierung – welche Aspekte gehören noch zu einer kundennahen Aufstellung? Röchling hat für alle relevanten Branchen Experten in den eigenen Reihen, die sich mit den Kunden fachlich auf Augenhöhe austauschen. Unsere Mitarbeiter wissen so ziemlich alles über den Werkstoff
8 Kunststoff und die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten. Sie sind am Puls der Zeit, zum Beispiel auch durch engen Austausch mit Uni versitäten und anderen Forschungseinrichtungen, und sie pflegen einen direkten und intensiven Kontakt mit den Auftraggebern. Dadurch entsteht Kundennähe. Unsere Mitarbeiter hören genau zu, sie haben ein Ohr für unsere Kunden und ein Gespür für deren Anliegen. Wichtig ist hier auch die Vielfalt unserer Teams. Unterschiedliche Nationalitäten, Kulturen und Mentalitäten sind eine Stärke von Röchling. Das fördert die Kreativität in der Lösungsfindung und schafft Nähe zu unseren inter- nationalen Kunden. Von welchen Überlegungen lässt sich Röchling bei der Internatio- nalisierung leiten, welches sind die wichtigsten Grundsätze? Bei unserer unternehmerischen Tätigkeit haben wir stets im Blick, auf allen wichtigen Märkten dieser Welt vertreten zu sein. Die Fachleute in unseren drei Unternehmensbereichen Industrial, Automotive und Medical verfolgen die Entwicklungen auf den weltweiten Märkten genau und wissen, wo neue Potenziale liegen. Bevor wir unsere globale Aufstellung verstärken, indem wir in einen neuen Standort, eine Werks- erweiterung oder eine Unternehmensakquisition investieren, prüfen wir sämtliche Rahmenbedingungen detailliert. Wir haben uns hier in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich engagiert, von Brasilien bis nach China. Und es geht nicht nur um die Produktion. Ganz wichtig ist auch, internationale Entwicklungskapazitäten aufzubauen. Aber ganz gleich, in welchem Land wir vertreten sind: Wir binden überall mit Know- how und Kenntnisreichtum bestehende Kunden an uns und gewinnen stetig neue hinzu. Wie wichtig sind Akquisitionen in diesem Zusammenhang? Wir wachsen organisch, aber auch durch Zukäufe von Unternehmen, die uns technologisch weiterbringen oder neue Marktsegmente erschließen. Hier gibt es allerdings bestimmte harte Faktoren, die stimmen müssen.
RÖCHLING-GRUPPE Interview 9 Europa 15 Länder 55 Standorte 7.031 Mitarbeiter Asien 6 Länder 18 Standorte Amerika 1.213 Mitarbeiter 4 Länder 15 Standorte 1.489 Mitarbeiter Röchling ist in der ganzen Welt zuhause. Der Übernahmekandidat muss zum Beispiel die Leistungs- und Produkt- palette der Röchling-Gruppe sinnvoll ergänzen, in unseren Fokus und unsere Strategie passen sowie wirtschaftlich gesund sein. Gebäude und Anlagen sollten dem Stand der Technik entsprechen, und der Standort muss auch stimmen. Hinzu kommen weiche Faktoren, und die sind genauso wichtig. Die Frage ist ja: Wie gelingt die kulturelle Integration? Wie nimmt man die Mitarbeiter mit? Wir haben hier sehr gute Erfahrun- gen mit inhabergeführten Unternehmen gemacht, die in Nischen tätig sind und über eine schlanke Struktur verfügen. Sie haben meistens eine sehr ähnliche Mentalität und Kultur wie wir. Wenn man eine solche Pas- sung, einen Fit hat, erleichtert das die Integration enorm. Für den Erfolg unserer Gruppe ist das ein bedeutender Faktor.
10 Schnell das richtige Material zur Hand: Dotmar ist die Nummer eins unter den Händlern und Zerspanern technischer Kunststoffe in Australien und Neuseeland. Die Halbzeuge von Röchling tragen maßgeblich zu diesem Erfolg bei.
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Porträt 11 DAS BESTE AUF LAGER UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL: Weit weg, nah dran – Röchling und sein Partner Dotmar in Australien
12 Haren Sydney Einmal um die halbe Welt – so weit ist Haren, ein Standort des Unter nehmensbereiches Industrial, vom australischen Sydney entfernt. Dort, in Down Under, ist der Röchling-Kunde Dotmar Engineering Plastics zuhause. Größer kann geografische Ferne kaum sein. Die Geschäfts beziehung dagegen zeichnet sich durch besondere Nähe aus. Dotmar feierte im Jahr 2017 sein 50-jähriges Bestehen. In den vergange- nen Jahrzehnten ist eine enge Verbindung zwischen den Unternehmen entstanden. Unter den Zerspanern und Händlern technischer Kunststoffe in Australien und Neuseeland hat sich Dotmar zur Nummer eins ent- wickelt, und die Halbzeuge von Röchling sind für einen Großteil dieses Erfolges verantwortlich. Das Unternehmen beschäftigt circa 110 Mitar- beiter an acht Standorten. „In enger Zusammenarbeit mit uns erarbeitet Röchling neue Lösungen für unsere Kunden. Wir bieten ihnen technische Unterstützung auf einem viel höheren Niveau als unsere Wettbewerber, mit einer Reihe innovativer Entwicklungen, und das ist der Schlüssel für den gemein
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Porträt 13 Die Qualität muss stimmen: Andrew Windsor (l.), Profit Center Manager von Dotmar in Melbourne, und Röchling National Sales Manager Darryl Johanning nehmen ein Kunststoffprodukt genauer in Augenschein und sind zufrieden. samen Erfolg“, sagt Kevin Stainer, Executive General Manager der Dotmar EPP Pty Ltd. Die Endkunden aus verschiedenen Industrien werden bei allen technischen Fragen rund um die Anwendung thermo- plastischer Kunststoffe beraten und erhalten ein passgenaues Produkt sowie den entsprechenden Service – alles aus einer Hand. Dabei setze man auf langjähriges eigenes Know-how und starke Partnerschaften mit weltweit führenden Herstellern technischer Kunststoffe, erläutert Stainer. „Zu ihnen gehört allen voran Röchling. Und Röchling bedeutet Qualität – was die Produkte und Systeme betrifft, aber auch was die Mitarbeiter angeht.“ Neue Märkte und Anwendungen Die über viele Jahre gemeinsam gewachsene Erfahrung und Partner- schaft sei die Grundlage für einen intensiven Austausch von Ideen, die dann in innovative Entwicklungen münden, urteilt Stainer. Beide Unternehmen verfolgen die Strategie, die Bedürfnisse der Endanwender in den spezifischen Industrien im Detail zu verstehen. Was benötigt ein Bergbauunternehmen, auf was kommt es im chemischen Apparate-
14 und Behälterbau an, vor welchen Herausforderungen steht die Transportindustrie? Dotmar ist es in Australien und Neuseeland gelungen, kontinuierlich neue Märkte und Anwendungen anzugehen, in denen herkömmliche Materialien wie Holz, Stahl oder Aluminium durch technische Kunststoffe ersetzt werden. „Röchling hat uns dabei mit Know-how und innovativen Produkt- entwicklungen maßgeblich unterstützt“, berichtet Stainer. „Wir arbeiten Hand in Hand und sind deshalb auch besonders nah an den Kunden dran“, sagt Darryl Johanning und unterstreicht damit die enge Zusam menarbeit. Johanning ist seit 2012 als National Sales Manager für Röchling in Australien und Neuseeland tätig. Den Markt für Behälterbau hat Dotmar in Jahrzehnten in enger Kooperation mit Röchling auf gebaut. Auch im Bereich der Auskleidungstechnik, der im rohstoffreichen Australien eine große Rolle spielt, ist Dotmar die Nummer eins. Die Röchling-Marken, wie Polystone® für den Behälterbau und Matrox® für die Auskleidungstechnik, sind auf dem ganzen Kontinent daher bestens bekannt. Lagerhaltung als Herausforderung Die ersten Kontakte zwischen den beiden Unternehmen gab es bereits Anfang der 1970er-Jahre mit dem Werkstoff Lignostone®. Damals wie heute bestand für Dotmar eine Herausforderung in der langfristigen Planung: Alleine der Seetransport der Röchling-Produkte von Deutsch- land nach Australien dauert acht Wochen. „Dotmar musste genau wissen, was drei Monate später am Lager sein sollte“, erinnert sich Willy Bölscher, der damals noch als junger Mitarbeiter im Export und später als Geschäftsbereichsleiter Thermoplaste in enger Zusammen arbeit mit Dotmar den australischen Markt aufbaute und mittlerweile im Ruhestand ist. Auch heute ist die Lagerhaltung eine der größten Herausforderungen. Für den Distributeur gilt es, massiv in die Produktbestände vor Ort zu investieren. „Nur dann sind wir gegenüber dem lokalen Wettbewerb und den asiatischen Produktionsstätten konkurrenzfähig“, sagt Stainer. Dotmar hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein sehr gutes Image im Markt aufgebaut. Eines blieb aber immer gleich: das enge Ver
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Porträt 15 Ein guter Name in der Kunststoffwelt: Dotmar ist seit gut 50 Jahren auf dem australischen Kontinent aktiv. trauensverhältnis und die Nähe zwischen den beteiligten Personen. Auf Röchling-Seite war Willy Bölscher der Mann der ersten Stunde, auf Dotmar-Seite der junge australische Ingenieur Bruce Armstrong. Er kam 1986 das erste Mal nach Haren und reiste mit jeder Menge Eindrücken und neuen Ideen wieder zurück nach Australien. „Er hat in Deutschland gesehen, was man mit Polystone® in der Industrie alles machen kann, und war davon begeistert“, sagt Bölscher. Offene und transparente Partnerschaft Über Umwege wurde Armstrong 1994 einer der Eigentümer von Dotmar – und konnte nun seine Ideen umsetzen. Das Unternehmen entwickelte sich rasant. Heute gehört es zur australischen MM Plastics Group. Als Garant für den gemeinsamen Erfolg nennt Bölscher den Transport von Ideen und Anwendungen und vor allem den guten persönlichen Kontakt, nicht nur auf der Management-Ebene. Das sieht Darryl Johanning genau- so: „Wir pflegen eine offene und transparente Partnerschaft und haben auf diese Weise ein sehr erfolgreiches gemeinsames Geschäft in diesem Teil der Welt aufgebaut.“
16 Andre Hackmann ist Qualitätssicherungsbeauftragter für die Bearbeitung von Duroplasten in Haren. Das 3D-Koordinatenmessgerät, das er bedient, arbeitet mit einem taktilen Messfühler und ermöglicht es, Teile auf hundertstel Millimeter genau zu vermessen.
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Interview 17 QUALITÄT GANZ GENAU IM BLICK UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL: Wie Röchling intern für optimale Abläufe sorgt
18 UNTERWEGS IN SACHEN QUALITÄT An den internationalen Standorten der Röchling-Gruppe soll überall derselbe hohe Qualitätsstandard gelten, auf den sich die Kunden hundertprozentig verlassen können. Johannes Mohs, Leiter des Qualitäts managements im Unternehmensbereich Industrial der Röchling-Gruppe, ist in dieser Mission ständig unterwegs. „Er reist so viel wie Genscher“, sagen die Kollegen. Der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher galt als rastloser Reisender. Im Interview berichtet Mohs von den Anforderungen der Kunden, vor allem aber darüber, wie Röchling intern für optimale Abläufe sorgt. Wie lässt sich die Qualität eines Herstellers von technischen Kunst stoffen überhaupt messen? Auf was kommt es den Kunden an? Technische Werte stehen eindeutig im Vordergrund. Allerdings wird das Thema Verlässlichkeit, zum Beispiel bei der Termineinhaltung,
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Interview 19 Johannes Mohs leitet das Qualitätsmanagement im Unternehmensbereich Industrial. Er ist viel unterwegs und dafür verantwortlich, dass an den unterschiedlichen Standorten derselbe hohe Qualitätsstandard erfüllt wird. immer wichtiger. Hinzu kommen Kompetenz und Auftreten. Der Kunde muss spüren, dass er es mit einem Partner zu tun hat, der ihn bei der Bewältigung seiner Aufgaben aktiv unterstützen kann. Muss man als Unternehmen heutzutage zertifiziert sein? Ohne die ISO 9001, die im Bereich Qualität einschlägig ist, geht es nicht. Sie liefert die Grundlagen für eine systematische Arbeitsweise. Darüber hinaus kommt es aber darauf an, immer wieder die spezifischen Kunden- anforderungen zu ermitteln, um nah an den Bedürfnissen und Erwar- tungen der Kunden dran zu sein. Neben der Qualität spielen außerdem verstärkt die Themen Umwelt, Sicherheit, Compliance und Nachhaltigkeit eine Rolle. Zudem müssen wir unter Beweis stellen, dass wir sämtliche Prozesse beherrschen, also zum Beispiel Beschaffung, Herstellung, Verpackung und Kontrolle.
20 Qualitätssiegel: Ein integriertes Managementsystem ist Grundlage dafür, dass die Anforderungen zum Beispiel in den Bereichen Qualität, Umweltschutz und Arbeitssicherheit erfüllt werden. Werden Sie auch von Ihren Kunden auditiert? Das ist gang und gäbe. Viele Kunden kommen zu uns ins Haus und führen teils mehrtägige Audits nach eigenen Vorgaben durch. Sie wollen vor allem sehen, wie wir unsere Prozesse im Griff haben und uns als Lieferant qualifizieren. Denn für unsere Kunden ist es extrem wichtig, dass sie sich auf die termingerechte Lieferung einwandfreier Produkte verlassen können. Andernfalls gerät ihr eigener Produktionsprozess aus den Fugen, und das ist für einen Lieferanten ein absolutes K.-o.-Kriterium. Wie messen Sie Röchling-intern die Qualitätsstandards? Für uns gibt es fünf wesentliche Punkte: Wie viele Reklamationen und Ersatzleistungen haben wir, wie termintreu liefern wir, wie hoch ist die Kundenzufriedenheit, wie laufen unsere Kundenaudits und wie sieht es in Sachen Dokumentation und Rückverfolgbarkeit aus. Ganz besonders wichtig ist uns das Vertrauen, das die Kunden uns schenken, indem sie ihre Produkte von unterschiedlichen Röchling-Standorten beziehen. Das tun sie nur, wenn sie sich darauf verlassen können, dass wir von überall das gleiche Qualitätsprodukt liefern. Wie sorgen Sie hier für eine enge Kommunikation, auch über die weltweiten Standortgrenzen hinweg? Wir haben an nahezu jedem Standort einen Qualitätsmanagement beauftragten. Für das Thema müssen aber grundsätzlich alle Mitarbeiter
UNTERNEHMENSBEREICH INDUSTRIAL Interview 21 Helena Meyer, Auszubildende zur Verfahrens CNC-Fräser Heinz Tieben (l.) und Frank Dickmann, mechanikerin Kunststoff und Kautschuk, überprüft Leiter Qualitätsmanagement in Haren, mit einem Digitalmikroskop die Qualität nutzen den Messschieber, um die Kontur- eines Materialspans einer gepressten Platte. genauigkeit zu bestimmen. sensibilisiert sein – vom Top-Manager über den Projektleiter bis hin zum Mitarbeiter an der Produktionsanlage. Wir haben ein Qualitätsmanage- menthandbuch erstellt, das unsere sämtlichen Prozesse abbildet – jeder muss sich an diese Regeln halten. Mein Team ist in engem Austausch mit den Standorten, und wir besuchen diese teilweise mehrmals im Jahr. Darüber hinaus führen wir unangemeldete interne Audits durch. Neue Richtlinien und Verfahrensanweisungen kommunizieren wir regelmäßig und systematisch. Und für spezifische Projekte werden die Mitarbeiter zusätzlich geschult. Was müssen Mitarbeiter können, die im Qualitätsmanagement tätig sind? Fachwissen und ein gutes Verständnis der Prozesse sind die Grund lage. Auch eine Zulassung als Auditor ist hilfreich. Man muss Verträge, Normen, Gesetze und Richtlinien lesen, verstehen und umsetzen können. Teilweise ist das ja eine sehr trockene Materie. Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter kommunikativ sein, sicher auftreten, Englisch beherrschen und eine hohe Reisebereitschaft mitbringen. Geeignete junge Mitar- beiter führen wir bereits in der Ausbildung an Qualitätsthemen heran. Wir haben junge Kollegen, die ganz selbstständig arbeiten und schon richtige Profis sind. Das ist eine klasse Truppe.
22 RÖCHLING-GRUPPE 2017 1.841 228 9.733 Mio. € Mio. € Umsatz EBITDA Mitarbeiter € Drei unternehmerische Leitmotive haben das Unternehmen auf dem Weg ins internationale Spitzenfeld der Kunststoff unternehmen geprägt: Kompetenz, Qualität und Innovation.
RÖCHLING-GRUPPE Profil 23 737 991 114 Mio. € Umsatz Mio. € Umsatz Mio. € Umsatz Unternehmensbereich Unternehmensbereich Unternehmensbereich Industrial Automotive Medical 3.511 5.463 718 Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter 40 43 4 Standorte Standorte Standorte Der Unternehmensbereich Der Unternehmensbereich Der Unternehmensbereich Industrial bedient nahezu alle Automotive steht für Komponen- Medical bietet seinen Kunden Sektoren der Industrie mit anwen- ten und Systemlösungen auf den eine breite Palette von kunden dungsbezogen optimalen Werk- Gebieten Aerodynamik, Antrieb individuellen Produkten – aber stoffen. Dafür verfügt Röchling und Neue Mobilität. In der Ent- auch Standards – aus Kunststoff über das wohl umfangreichste wicklung nah am Kunden und glo- für die Bereiche Pharmazie, Produktportfolio thermo- und duro- bal präsent, liegt unser Fokus auf Diagnostik, Surgery und Life plastischer Kunststoffe weltweit. den aktuellen Herausforderungen Science. Die hochwertigen Hergestellt werden Halbzeuge wie der Automobilindustrie: Vermin- Produkte werden in innovativen Platten, Rund-, Hohl- und Flach- derung von Emissionen, Gewicht Verabreichungs- und Primärver- stäbe, Formgussteile sowie Profile und Treibstoffverbrauch. packungssystemen, chirurgischen und spanabhebend bearbeitete Instrumenten und Diagnose- und konfektionierte Präzisions Einwegartikeln verwendet. komponenten.
24 In Deutschland: Über Bereichsgrenzen hinweg werden im Technical Center Worms kundenorientierte Lösungen entwickelt.
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Bericht 25 EINMAL UM DIE WELT UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE: Wie Röchling seine weltweiten Auftraggeber in Richtung Zukunft begleitet
26 Röchling Automotive will dort sein, wo der Kunde ist – räumlich, thematisch, gedanklich. So begleitet das Unternehmen seine weltweiten Auftraggeber in Richtung Zukunft. Es unterstützt sie, indem es global denkt, lokal entwickelt und flexibel produziert. Sichtbar wird dies in den folgenden Kurzberichten aus dem Silicon Valley, aus einem Tal in Südtirol, vom Rheinufer und von der neuen chinesischen Seidenstraße. Röchling im Silicon Valley präsent Wer heutzutage etwas auf sich hält, ist im Silicon Valley vertreten, der wichtigsten Zukunftsmaschinerie und dem Eldorado für Start-ups. Das gilt auch für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. In der Heimat von Google und Apple begreifen viele Vordenker das Auto schon heute als Smartphone auf vier Rädern. Auch Röchling Automotive will an Themen wie dem selbstfahrenden Auto nah dran sein und hat deshalb im Jahr 2017 in San José ein Büro eröffnet. „Unsere Kunden begrüßen unsere lokale Präsenz und freuen sich auf unsere Ideen“, sagt Jermel Jones, Leiter des Kundenteams Westküste in San José.
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Bericht 27 In Italien: Rafael Farfán, Luca Marini, Francesca Brunori und Claudio Nava (v. l.) aus der Vorentwicklung und dem Produktmanagement in Leifers beraten sich zu einem SCR-Tank-Test. Röchling Automotive hat an der amerikanischen Westküste einen starken und stetig wachsenden Kundenstamm, für den man vor Ort einen echten Mehrwert schafft. Das ist das eine. Das andere ist der enge Kontakt zu neuen, aufstrebenden Kunden, Trends und Technologien, vor allem aus dem Bereich der neuen Mobilität. Röchling Automotive will so die nächste Generation von Mobilitätslösungen mitprägen, zum Beispiel durch die Entwicklung von Komponenten und Systemen für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Zum Produktbereich New Mobility gehören schon jetzt Batteriegehäuse aus Stratura® Hybrid, einem Material, das eine hohe Biegesteifigkeit, eine hohe Energieaufnahme und große Leichtigkeit aufweist. Zudem wird mit Hochdruck an unterschiedlichen Ladesystemen geforscht. Röchling Automotive sammelt durch den lokalen Austausch mit seinen Kunden und durch Beobachtung lokaler Trendmärkte weltweit jede Menge Wissen und Ideen. Beides fließt in den europäischen Entwick- lungszentren in Leifers in Südtirol und in Worms am Rhein zusammen. Die Fachleute dort erforschen und entwickeln für alle internationalen Standorte innovative Systeme und Produkte. Es entsteht eine Art Kreis-
28 In China: Jackon Huang (r.) bespricht technische Lösungen mit einem Produktionskollegen im Röchling-Werk in Kunshan. lauf, eine nicht versiegende Kommunikation, entsprechend dem Röchling Automotive-Motto „Driving Efficiency Home“. Röchling bringt die Effizienz zum Kunden – ganz gleich, wo dieser zuhause ist. „An beiden Standorten haben wir im Jahr 2017 jeweils ein Technical Center eröffnet, um den individuellen Anforderungen der Kunden und der Märkte optimal gerecht zu werden“, berichtet Vincent Mauroit, General Manager Innovation & Business Development. Diese Technical Centers fördern eine enge Zusammenarbeit über Bereichsgrenzen hin- weg. „Wir können noch effizienter und kundenorientierter entwickeln“, so Mauroit. Röchling folgt seinen Kunden Davon profitieren auch die Röchling-Kunden in Asien. China als auto- mobile Supermacht ist seit vielen Jahren ein wesentlicher Markt von Röchling Automotive. Das kurz vor der offiziellen Eröffnung stehende Werk in Chongqing ist Teil der Internationalisierungsstrategie: Überall dort, wo sich neue Märkte mit einem guten Umfeld bieten, ist Röchling Automotive präsent und folgt dabei seinen Kunden. Nur 20 Kilometer sind es vom neuen Werk in Chongqing zum größten Produktionsstandort von Changan Ford.
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Bericht 29 In den USA: Jermel Jones leitet das Kundenteam Westküste in San José und ist überzeugt: „Unsere Kunden freuen sich auf unsere Ideen.“ Chongqing mit seinen 31 Millionen Einwohnern ist das wirtschaftliche Zentrum im Südwesten Chinas und einer der größten Standorte der Automobilindustrie. Die Metropole gilt als ein wesentliches Kernstück der „One Belt, One Road“-Initiative der chinesischen Regierung. Dieses Projekt, das auch den Namen „Neue Seidenstraße“ trägt, sieht den Bau von Häfen, Eisenbahnlinien und Straßen vor, die die großen Wirtschafts- zentren Chinas mit Europa verbinden. „Dort haben wir enormes Poten zial, um weiter zu wachsen“, sagt Denis Viaro, General Manager Röchling Automotive Asia. In Chongqing ist Röchling nah am Kunden dran, aber auch an den neues- ten Trends. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt im Reich der Mitte immer mehr an Bedeutung – bei den Elektroautos fährt das Land international längst voran. Mit Hochdruck werden Aktivitäten in Sachen Industrie 4.0 angestoßen. „In China sehen wir besser als irgendwo sonst, dass die Zukunft der Automobilindustrie in innovativen Kunststofflösungen liegt, in die Elektronik-Know-how integriert ist“, sagt Jackon Huang, Werkleiter Chongqing. Röchling Automotive ist mit dabei.
30 So entsteht ein Wassertank – der erste Schritt: Röchling nutzt moderne digitale Tools wie beispielsweise interaktive PDFs, um Konstruktionsdaten inklusive aktueller Teileinformationen aus dem Produktlebenszyklus-System intern zu verschicken. Das erleichtert den Mitarbeitern den direkten Austausch von Ideen. Auch Kunden lassen sich miteinbeziehen.
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Feature 31 SCHNELL, SCHNELLER, DIGITAL UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE: Wie neue Technologien Arbeitsmethoden und Produktion verändern
32 IDEEN MITHILFE DIGITALER TOOLS TEILEN Das Rad dreht sich schneller. Die zunehmende Geschwindigkeit ist ein wesentliches Merkmal des digitalen Zeitalters. Zulieferer sind gefordert, rasant neue smarte Systeme, Produkte und Materialien sowie reibungs- los funktionierende automatisierte Prozesse und Schnittstellen zu den Automobilherstellern zu kreieren und im Einsatz zu haben. Röchling Automotive optimiert konsequent und kontinuierlich alle Elemente entlang der Wertschöpfungskette – von der Ideenentwicklung über die Entstehung und Herstellung eines Produktes bis hin zu dessen Lebens ende als Ersatzteil. Dabei digitalisiert sich das Unternehmen zusehends. Hauptakteure im digitalen Transformationsprozess sind die Mitarbeiter, die wertvollste Ressource, die ein Unternehmen hat. Die von Röchling initiierten digitalen Initiativen führen die Mitarbeiter von Berlin über Tel Aviv ins Silicon Valley. In diesen Ideenschmieden ler- nen sie das digitale Know-how und den Mut der Start-up-Unternehmen kennen und nehmen beides als Inspiration und Herausforderung mit nach Hause. „Röchling selbst ist natürlich kein Start-up-Unternehmen, aber wir untersuchen unsere Produkte und Prozesse ebenso gründlich
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Feature 33 Zweiter Schritt auf dem Weg zum Wassertank: Mit einfachsten Bauelementen werden in einem Minimum Viable Product (MVP) die grundlegenden Funktionen veranschaulicht. und hinterfragen sie genauso tiefgründig, wie das ein Start-up-Unterneh- men tut“, sagt Vincent Mauroit, General Manager Innovation & Business Development bei Röchling Automotive. Konstrukteure rücken nah zusammen An innovativen Ideen mangelt es Röchling Automotive ebenfalls nicht. Da aber auch die beste Idee nichts nützt, wenn sie niemand kennt, wenn sie nicht aufgegriffen oder wenn sie am Ende schlecht umgesetzt wird, gibt Röchling allen Mitarbeitern weltweit die Chance, ihre Ideen mithilfe moderner digitaler Tools mit Kollegen zu teilen. Gab es früher Konstruk- tionszeichnungen, werden heute interaktive PDFs verschickt. Mit einem einzigen Klick auf das Einzelteil einer Baugruppe werden sofort alle Teileinformationen angezeigt, die in einem zentralen Datenbanksystem hinterlegt sind. Und es geht auch umgekehrt: Durch den Klick in eine Materialstückliste wird das zugehörige Bauteil in der Konstruktions darstellung farblich markiert. Mithilfe der intuitiv bedienbaren Software rücken die Konstrukteure frühzeitig und nah zusammen: Sie können sich bereits über ein sogenanntes Minimum Viable Product (MVP)
34 Aus den freigegebenen Daten kann schnell ein erster Demonstrator gebaut werden. An ihm tauschen sich Walter Kral, Christoph Ganthaler und Vincent Mauroit (v. l.) über neue Ideen aus, um den Lösungsansatz weiter zu konkretisieren. austauschen, also über ein minimal funktionsfähiges Produkt, und ge- meinsam weiterführende Lösungen entwickeln. Dank der digitalen Tools haben die Mitarbeiter zu jeder Zeit und an jedem Ort einen sicheren Zugriff auf alle wesentlichen Daten. Wie wichtig es bei solchen Kreativitätsprozessen ist, Missverständnisse und Fehlinterpretationen auszuschließen, kann sich auch der Laie vorstel- len. Hilfe bietet hier der digitale Stempel, der die Freigabe der Konstruk- tionselemente steuert. Der Prozess ist reibungsfrei und macht auch noch Spaß. Unabhängig von der genutzten CAD-Software sorgen Konvertie- rungsserver an allen Entwicklungsstandorten von Röchling Automotive für Einheitlichkeit und Geschwindigkeit. Das Unternehmen treibt so die Digitalisierung im Engineering aktiv voran. Verstärkter Einsatz von Sensoren und Software Neue Technologien verändern nicht nur die Arbeitsmethoden eines Auto- mobilzulieferers, sondern auch die Fahrzeuge als solche. Im Zusammen- hang mit dem selbstfahrenden Auto sind Sensoren und Software wich tige Stichworte – sie sind absolut unverzichtbar. Als Systemlieferant setzt
UNTERNEHMENSBEREICH AUTOMOTIVE Feature 35 Dritter Schritt: Schon wenige Wochen später kann Röchling den Kunden einen ersten Prototypen vorstellen. auch Röchling Automotive verstärkt auf deren Einsatz. Fahrzeugsensoren erkennen zum Beispiel, ob die Qualität einer Flüssigkeit gut und ein Tank noch ausreichend gefüllt ist. Ventile an den Behältern reagieren dann auf hohe Temperaturen und öffnen gegebenenfalls einen anderen Weg für Fluide. Software-Updates „over the air“ sorgen dafür, dass die Systeme immer auf dem neuesten Stand sind. Auf dem Weg zur Smart Factory Eine Herausforderung ist die Digitalisierung der Produktion, die als Industrie 4.0 bezeichnet wird. Sie soll vor allem dazu beitragen, dass Röchling Automotive schnell auf einen sich verändernden Bedarf reagieren kann – also noch näher am Kunden dran ist. Alle Maschinen in den Röchling Automotive-Werken weltweit haben IP-Adressen, um miteinander zu kommunizieren, und sämtliche Planungen erfolgen bereits automatisch. Röchling Automotive betreibt sogar schon Pilot werke, die nach Durchleuchtung durch externe Experten als Maβstab bestimmt wurden. Bis Mitte 2019 werden alle Anlagen intelligent, vernetzt und digitalisiert sein. Dann ist die Smart Factory bei Röchling Automotive Wirklichkeit.
36 Kanada Orangeville, ON Belgien Gijzegem Frankreich Décines USA Maxéville Akron, OH Paris Cleveland, OH Dallas, NC Duncan, SC Gastonia, NC Mexiko Brasilien Kimberly, WI Silao Itupeva Mount Pleasant, PA Ontario, CA Rochester, NY San José, CA Troy, MI WELTWEITE PRÄSENZ: 88 STANDORTE IN 25 LÄNDERN
RÖCHLING-GRUPPE Standorte 37 Lettland Liepāja Schweden Göteborg Finnland Virserum Rusko Dänemark Russland Allingåbro Sankt Petersburg Groß- britannien Birmingham Gloucester High Peak Hitchin Slowakei Nové Mesto nad Váhom Rumänien Südkorea Ts c h e c h i e n Piteşti Asan Spanien Kraslice Araia Japan Ostrava Bocairent Hiroshima Planá nad Lužnicí Teruel China Osaka Changchun Yokohama Österreich Deutschland Chengdu Oepping Mannheim, Chongqing Firmensitz Kunshan Arnstadt Italien Indien Thailand Shenyang Bad Grönenbach- Abbiategrasso Mumbai Chon Buri Suzhou Thal Gozzano Vadodara Brensbach Leifers Gernsbach Trento Singapur Haren Venegono Inferiore Singapur Ingolstadt Volpiano Köln Lahnstein Laupheim Lützen Mainburg München Nentershausen Neuhaus am Rennweg Peine Roding Ruppertsweiler Rüsselsheim Stuttgart Troisdorf Wackersdorf Weidenberg Wolfsburg Worms
38 Klein, aber sehr anspruchsvoll: Marco Vey (r.) und Joachim Lehmann begutachten eine Ampulle, die Röchling für Aseptic Technologies herstellen wird. In diese sogenannten Vials werden vor allem onkologische Medikamente abgefüllt.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Report 39 SORGFALT IST OBERSTES GEBOT UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL: Röchling produziert Ampullen in Reinraumklasse ISO 5 und im Zweikomponenten-Spritzgussverfahren
40 AKRIBISCHE VORBEREITUNG AUF DIE NEUE AUFGABE Der Unternehmensname ist Programm: Aseptic Technologies liefert für die Pharmaindustrie Anlagen, die eine aseptische Medikamenten- abfüllung sicherstellen. Die zur Abfüllung benötigten Kunststoff- ampullen, sogenannte Vials, werden künftig von Röchling Medical produziert und geliefert. Aseptic Technologies wurde im Jahr 2002 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Belgien. Das Unternehmen hat nun erstmals einen Auftrag an Röchling Medical vergeben. Doch auch wenn der Kontakt noch frisch ist – eine Phase des intensiven gegenseitigen Kennen- und Verstehen- lernens in den vergangenen Monaten hat bereits zu einer engen und ver- trauensvollen Zusammenarbeit geführt. „Mitarbeiter des Kunden waren mehrfach bei uns in Brensbach, haben sich unsere Produktion, unsere Prozesse, unsere Systeme angeschaut und die Mitarbeiter kennenge- lernt, die künftig maßgeblich in dieses Projekt involviert sein werden“, berichtet Marco Vey, stellvertretender Projektleiter von Röchling Medical Europe. Was der Kunde zu sehen bekam, hat ihn überzeugt. In Brensbach werden für Aseptic Technologies künftig Vials produziert, die aus vier Teilen bestehen: einem Wirkstoffbehälter, einem Stopper, der diesen Behälter verschließt, sowie zwei Kunststoffringen, die den Behälter oben und unten einfassen, sogenannte Top- und Bottom-Ringe.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Report 41 Auf den Anlagen von Aseptic Technologies werden die Stopper mit einer speziellen Nadel durchstochen. Ein Laser verschließt die Punktionsstelle anschließend sofort wieder. In Brensbach werden die Vials unmittelbar nach dem Spritzgießen unter Reinraumbedingungen verschlossen und nach der Montage an Aseptic Technologies geliefert. Von dort gelangen die Ampullen zu den Pharma herstellern, die sie zunächst mithilfe von Gammastrahlung sterilisieren und dann befüllen. Hier hat Aseptic Technologies ein besonderes An- lagenkonzept entwickelt. Mit einer speziellen Nadel wird der Stopper durchstochen, um das flüssige Arzneimittel anschließend in die Ampulle injizieren zu können. Die Punktionsstelle im Stopper wird mit einem Laser sofort wieder versiegelt. Der Inhalt der Ampullen wird in Kliniken oder Arztpraxen mit einer Spritze, die man durch den Stopper sticht, entnommen und dem Patienten injiziert. Neues Verfahren, neue Reinraumklasse Die Produktion von Ampullen unter Reinraumbedingungen ist für Röchling Medical Europe grundsätzlich nichts Neues. Beim Herstell- prozess für Aseptic Technologies betreten die Kunststoffspezialisten allerdings Neuland. Die Vials werden nicht spritzgeblasen, sondern im Zweikomponenten-Montage-Spritzgussverfahren und in einem Reinraum der Klasse ISO 5 hergestellt. „Der Herstellprozess und diese Reinraum kategorie sind für uns neu. Wir bereiten uns derzeit akribisch vor und werden die neuen Herausforderungen professionell meistern“, sagt Projektleiter Vey.
42 Zweikomponenten-Montage-Spritzguss bedeutet, dass zwei Teile aus unterschiedlichen Werkstoffen in nur einem Werkzeug hergestellt werden, in diesem Fall der Wirkstoffbehälter aus einem transparenten Cycloolefin-Copolymer (COC) und der Stopper aus thermoplastischem Elastomer (TPE). Zwei Roboter entnehmen die fertigen Teile aus den Werkzeugkavitäten und fügen sie anschließend zusammen. Dieser Prozess findet komplett unter Reinraum-ISO-5-Bedingungen statt – eine Kontamination der Ampullen wird so verhindert. Kratzer, Flecken und erhöhte Spannungen müssen im transparenten Copolymer unbedingt ausgeschlossen werden. Daher sind die äußerst kratzempfindlichen COC-Teile quasi mit Samthandschuhen durch den gesamten Produk- tionsprozess zu führen und nur im Randbereich durch die Roboter zu fassen. „Um Oberflächenirritationen zu vermeiden, müssen auch unsere Werkzeugkavitäten eine besonders hohe Oberflächengüte aufweisen“, erläutert Projektleiter Vey. Jede einzelne Ampulle werde außerdem um 360 Grad gedreht und dabei mit einem Kamerasystem einer Auflicht- und Durchlichtkontrolle unterzogen, berichtet der 39-Jährige. Hochfest und bruchsicher Ampullen aus technischen Kunststoffen haben gegenüber Glasampullen einen entscheidenden Vorteil: Der hochfeste und bruchsichere Werkstoff verhindert, dass eine Ampulle kaputtgeht, wenn sie bei der Anwendung versehentlich herunterfällt. Gleichzeitig hat der Kunststoff sehr gute Barriereeigenschaften, ähnlich wie Glas. Das bedeutet, dass Flüssigkeiten oder Gase nicht durch ihn hindurchwandern können. Darüber hinaus können Pharma- und Gesundheitsindustrie die Ampullen aufgrund ihrer besonderen Konstruktion und ihrer Materialeigenschaften in flüssigem Stickstoff lagern, ohne dadurch die Integrität des Behälterverschlusses zu gefährden. Hergestellt werden die Ampullen für Aseptic Technologies in drei Größen. Die „normalen“ Vials fassen einen oder zwei Milliliter, eine besondere Variante ist für weniger als einen Milliliter geeignet. Sie hat einen v-förmigen Boden, der es ermöglicht, auch die kleinste Restmenge mit der Spritze zu entnehmen. Da die Arzneien, die vor allem in der onkologischen Behandlung eingesetzt werden, sehr teuer sind, ist diese Restentleerung ein wichtiger Gesichtspunkt.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Report 43 Die in Brensbach hergestellten Ampullen bestehen aus vier Teilen: einem Wirkstoffbehälter, einem Stopper und zwei Ringen. Im gesamten Bearbeitungsprozess wird der äußerst kratzempfindliche Kunststoffbehälter quasi mit Samthandschuhen durch den Reinraum geführt. Während des Produktionsprozesses darf sich niemand im Reinraum aufhalten, sämtliche Schritte sind komplett automatisiert. Müssen Werkzeuge getauscht oder andere Tätigkeiten an den Anlagen aus geführt werden, gelten für den Zutritt zum Reinraum und das Verlassen allerstrengste Hygienevorschriften. „Wir produzieren erstmals in einem Reinraum der Klasse IS0 5. Wir haben unsere Mitarbeiter entsprechend geschult, fordern eine hohe Disziplin ein, sorgen dafür, dass alle unsere Prozesse die sehr hohen Anforderungen erfüllen und kontrollieren das Ganze mit entsprechenden Monitoringsystemen“, sagt Joachim Lehmann, Business Unit Director Medical Europe. Auch der Verpackungsprozess inklusive des sterilen Einschweißens der Ampullen ist exakt geregelt. Bei Röchling Medical arbeitet ein großes Team an der Einrichtung perfek- ter Prozesse. Beteiligt sind Mitarbeiter unter anderem aus den Bereichen Einkauf, Qualität, Werkzeugbau, Produktion und Technische Dienste zur Werkplanung. Mit dem Kunden findet regelmäßig alle 14 Tage eine Telefonkonferenz zur Abstimmung des Projektstands statt, hinzu kommen Treffen am Standort in Brensbach oder auch in Belgien. Für Aseptic Technologies ist ein reibungsloser Anlauf des Projektes wichtig, um die Pharmaunternehmen gewohnt zuverlässig beliefern zu können. Gemeinsam mit Röchling Medical ist man auf dem besten Weg.
44 Dimitri Dering, Anwendungstechniker in der Produktion in Brensbach, an einer Spritzgussmaschine, mit der die Oralspritze für das System Sympfiny hergestellt wird. Röchling hat einen Werkzeugprototyp entwickelt, der immer weiter optimiert wird.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Bericht 45 GROSSE NÄHE UNTER PARTNERN UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL: Röchling und HS Design entwickeln bahnbrechendes Medikamentenabgabesystem
46 KOMPLEXES SYSTEM MIT ZWÖLF KOMPONENTEN Kunststoffprodukte für die Medizin- und Pharmabranche entwickeln und herstellen – das ist die Kernkompetenz der Röchling-Unternehmen im Bereich Medical. Das Spektrum reicht von Präzisionskunststoffteilen bis zu hochwertigen Verpackungen. Damit der Kunde genau das bekommt, was er sucht, ist eine enge Kommunikation zwischen den Bereichen gefragt – über Standortgrenzen hinweg. Genau so verhielt es sich im Fall von „Sympfiny“. Röchling Medical in Rochester, NY/USA, erhielt Mitte 2016 eine Anfrage des amerikanischen Unternehmens HS Design mit Sitz in Gladstone, NJ/USA. Bei ihm handelt es sich um ein nutzenorientiertes Produktentwicklungsunternehmen, das innovative Designlösungen für den medizinischen und pharmazeuti- schen Bereich anbietet. HS Design war auf der Suche nach einem Partner, um gemeinsam mit diesem an der Ausschreibung eines weltweit führen- den Pharmaunternehmens teilzunehmen. Röchling Medical am Standort Rochester stellte umgehend den Kontakt zu seinen europäischen Schwesterfirmen her, die über das gesuchte Know-how verfügen.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Bericht 47 Das klappt doch: Für Kinder, die keine bittere Medizin schlucken, sind multipartikulare Medikamente entwickelt worden. Diese neutralisieren den Geschmack des Wirkstoffs. Das Medikamentenabgabesystem Sympfiny ermöglicht eine sichere und zuverlässige Verabreichung der Arznei. Die Idee des Pharmaherstellers: Kinder, die keine bittere Arznei schlu- cken, sollen diese künftig in Form von multipartikularen Medikamenten erhalten. Dabei handelt es sich um winzige Kügelchen, etwa in der Größe von Salzkristallen. Diese Mikrokügelchen sind mehrschichtig, wobei die äußerste Schicht den Geschmack des eigentlichen Wirkstoffs neutrali- siert, ohne dessen Wirkung zu beeinträchtigen. Entwicklungspartner gesucht Die Herausforderung: Wie lassen sich die multipartikularen Medikamente verpacken und zuhause einfach, zuverlässig und in exakter Dosierung über den Mund an Kinder verabreichen? HS Design hatte eine Reihe von Ideen und Designs, benötigte aber einen Entwicklungspartner, mit dem die Ideen weiterentwickelt und in ein funktionelles industrielles Design überführt werden konnten. Dieser Partner musste in der Lage sein, Prototypen- und Pilotteile zu erstellen und im Erfolgsfall das System auch in Großserie zu produzieren und zu vermarkten.
48 Die Lösung: Das System Sympfiny besteht aus einer Dose inklusive Deckel, in der sich das Medikament befindet. An die Dose lässt sich eine Oralspritze passgenau ankoppeln, wodurch zwei Ventile automatisch geöffnet und beim Abkoppeln wieder verschlossen werden. Mit dieser Spritze wird das Medikament aus der Dose entnommen und präzise dosiert in den Mund übergeben. Durch diese einfache Handhabung lassen sich die multipartikularen Medikamente genauso leicht, exakt und sicher verabreichen wie flüssige Medikamente. Optimale Funktionalitäten Was einfach klingt, ist in der Entwicklung und der Umsetzung ein hartes Stück Arbeit. Die technischen Herausforderungen begannen mit der neuartigen Substanz, mit der es bis dato wenig Erfahrung gab. Intensiv musste auch an der optimalen Funktionalität der Spritze zur Verabrei- chung des Medikaments und vor allem an der Verbindung zwischen Spritze und Dose gefeilt werden. Wie komplex das Projekt ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass mehr als 80 Unternehmen an der Ausschreibung teilnahmen, am Ende aber nur zwei Firmen mit ihren Vorschlägen für die weitere Entwicklung ausgewählt wurden. „Das Projekt ist eine gemeinsame Teamarbeit der drei Standorte von Röchling Medical. Gefragt sind enger Austausch und große Nähe aller Beteiligten“, sagt Valérie Duval, Vertriebsleiterin bei Röchling Medical. Vor Projektbeginn galt es, Regeln zu definieren, Aufgaben zu verteilen und Verantwortlichkeiten festzulegen – Röchling-intern genauso wie in der Zusammenarbeit mit dem Entwicklungspartner HS Design. Valérie Duval spricht von einer Win-win-Situation, bei der Röchling sein Wissen und seine Expertise in Sachen Herstellung und Prozess- Know-how einbringe. Produziert wird an den Röchling-Standorten in Deutschland: Die Dose wird in Neuhaus am Rennweg hergestellt, Oralspritze und Verschluss werden in Brensbach im Spritzgussverfahren gefertigt und komplett montiert.
UNTERNEHMENSBEREICH MEDICAL Bericht 49 Valérie Duval ist Vertriebsleiterin bei Röchling Medical. „In der Pharmaindustrie muss man Geduld mitbringen und Vertrauen aufbauen“, sagt die 52-Jährige. Röchling gelang es, innerhalb von nur acht Monaten ein System, das aus insgesamt zwölf Komponenten besteht, zu entwickeln und Vorserienteile zu fertigen. „Dabei kam uns auch zugute, dass wir unsere Werkzeuge selbst herstellen können“, erläutert Duval, der das Thema Kunststoff von Kindheit an vertraut ist: Ihr Großvater, ein Apfelbauer in der Normandie, investierte in den 1960er-Jahren in ein Unternehmen, das Kunststoffteller für Kinder produzierte – damals eine extrem innovative Angelegenheit. Seit 29 Jahren ist Duval in der Kunststoffbranche tätig und hat sich auf Primärverpackungen und Medikamenten-Verabreichungssysteme für die pharmazeutische Industrie spezialisiert. Als Nächstes starten die klinischen Versuche mit Sympfiny. Eines weiß die 52-Jährige aus Erfah- rung genau: „In der Pharmaindustrie ist es ein langes Rennen. Da muss man Geduld mitbringen und Vertrauen aufbauen.“
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KOHLE – STAHL – KUNSTSTOFF ZWEI JAHRHUNDERTE INNOVATIVE WERKSTOFFE Von Völklingen in die Welt: Aus der im Jahr 1822 von Friedrich Ludwig Röchling gegründeten Kohlehandlung in Völklingen hat sich in knapp zwei Jahrhunderten eine weltweit tätige Kunststoffgruppe entwickelt. Das Motto der Röchlings: mit innovativen Werkstoffen neue Märkte und Regionen erobern. Innovationsträger Stahl Der Kohlehandel wird dabei Grundlage für die Beschäftigung mit dem aufsteigenden Innovationsträger der industriellen Revolution, dem Stahl. Die vier Neffen des Firmengründers, bekannt als die Gebrüder Röchling, starten 1849 zunächst mit der Koksproduktion und der industriellen Eisen verarbeitung. Der Eintritt in die Stahlära datiert auf den Erwerb der Völk linger Eisenwerke 1881. Gut ein Jahrhundert später werden die Völklinger Eisenwerke erstes industrielles Weltkulturerbe der UNESCO.
Bereits 1920, knapp 100 Jahre nach Firmengründung, erkennt Röchling das Potenzial eines neuen Werkstoffs: Als Pionier steigt man in die Kunst stoffverarbeitung ein. Ziel ist es, die Abhängigkeit vom Stahl zu reduzieren. 1955 erwirbt Röchling die Rheinmetall Berlin AG, Ausrüster der neu ge gründeten Bundeswehr, diversifiziert in weitere neue Geschäftsfelder und verabschiedet sich 1978 schließlich vollkommen von der Montanindustrie. Beim Kunststoff setzt Röchling vor allem auf internes Wachstum und auf gezielte Akquisitionen in neuen Branchen, wie etwa den Automobilkunst stoffen. Die Präsenz auf internationalen Märkten, vor allem in Asien und den USA, wird vorangetrieben. Konzentration auf Werkstoffkompetenz Zum neuen Jahrtausend konzentriert sich Röchling wieder auf seine Werk stoffkompetenz. Die Gruppe trennt sich von sämtlichen Beteiligungen ohne Kunststoffbezug. Bei ihrer verstärkten Internationalisierung und Diversifi zierung in neue Branchen rückt sie ihr einzigartiges Werkstoff- und Verar beitungs-Know-how, das sie sich im Lauf der Jahrhunderte erarbeitet hat, in den Mittelpunkt. Kunststoffprodukte von Röchling sind im 21. Jahrhundert Innovationsträger in allen Industrien – so wie es zwei Jahrhunderte zuvor Anwendungen aus Röchling-Stahl waren. Die Röchling-Gruppe ist heute der weltweit führende Verarbeiter technischer Hochleistungskunststoffe für Industrie, Automobil und Medizin.
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