Ermöglichen Medienberichte und Broschüren informierte Entscheidungen zur Gebärmutterhalskrebsprävention?
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Originalien und Übersichten Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1197–1210 A. Neumeyer-Gromen1 · N. Bodemer1 · S.M. Müller2 · G. Gigerenzer1 DOI 10.1007/s00103-011-1347-5 1 Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Harding Center for Risk Literacy, Berlin Online publiziert: 22. Oktober 2011 2 Institut für Experimentelle Psychologie, Universität Granada © Springer-Verlag 2011 Ermöglichen Medienberichte und Broschüren informierte Entscheidungen zur Gebärmutterhalskrebsprävention? Hintergrund ebnet hier die Antwort: Demnach sind können, müssen das Individuum und Pu Interventionen nicht durch die Dichoto blic-Health-Akteure über entsprechend Gesundheitsinformationen aus der Wis mie von Vor- oder Nachteilen, sondern ausgewogene Informationen verfügen. senschaft für den Laien können sowohl durch beides charakterisiert. So sind alle Neben den Inhalten haben auch die in indirekt über die allgemeinen Medien Maßnahmen mit Unsicherheiten behaf einer Berichterstattung gewählten Forma wie Zeitungen, Internet oder Broschü tet, die Entscheidungen unbequemer ma te erheblichen Einfluss auf den Informa ren als auch direkt kommuniziert wer chen. Dies liegt an den probabilistischen tionsgewinn. So ist die Darstellung natür den. Ihre Inhalte unterliegen gleicherma Schätzungen in der Epidemiologie. Sie licher statt relativer Häufigkeiten ein maß ßen der Interpretation und Diskussion beziehen sich auf Populationen und be gebliches Kriterium für Verständlichkeit durch Wissenschaftler, Journalisten und schreiben ein Ereignis als mehr oder we [7]. Eine Risikoverminderung um 25% Laien. Dabei fließen neben den eigentli niger wahrscheinlich, liefern aber keine kann sowohl einen Interventionseffekt chen Sachinformationen auch die Inte Gewissheit. Statistische Aussagen führen von vier auf drei Krankheitsbetroffene pro ressen und Werte dieser Gruppen ein, in das Dilemma, dass sie sich auf einem zehn Personen als auch einen von vier auf woraus sich ausgesprochen kontroverse Kontinuum befinden und nicht determi drei Betroffene pro 1.000.000 Personen Betrachtungen ergeben können. Frühere nieren können, wen das Ereignis im Ein bedeuten, wobei Letzteres ungleich un Untersuchungen zeigen erhebliche Defi zelfall trifft. Demgegenüber sind der Er bedeutender ist als der erste Effekt. Die zite bei der Ausgewogenheit der wissen eigniseintritt für den Betroffenen sowie Angabe absoluter Zahlen mit Bezug zur schaftlichen/medizinischen Berichterstat die Entscheidungen des Individuums Grundgesamtheit ist daher deutlich trans tung – zu nennen sind in diesem Zusam und der zuständigen Public-Health-Ak parenter als die relativer Effektmaße und menhang beispielsweise überzogene und teure dichotom (ja versus nein) [8]. Bei wird von internationalen Wissenschafts alleinige Darstellungen des Nutzens einer allen medizinischen Interventionen sind organisationen wie der Cochrane Col Maßnahme/Intervention, ohne das Scha Unsicherheiten abzuwägen. laboration inzwischen auch gefordert [11]. denspotenzial zu erwähnen, oder die An Folglich liegt der erste Schritt zu einer Am Beispiel der Zervixkarzinomprä gabe missverständlicher Maßzahlen [1, 2, ausgewogenen Berichterstattung in der vention untersuchen wir anhand der Hu 3, 4, 5]. Ausgewogenheit ist jedoch un Beantwortung der Frage nach den Vor- manen-Papillom-Virus (HPV)-Impfung erlässliche Voraussetzung für eine infor und Nachteilen einer Intervention/Maß und des Papanicolaou (Pap)-Screenings, mierte Entscheidung des Laien für oder nahme. Beispielsweise kann ein Brust welche entscheidungsrelevanten Inhal gegen die Teilnahme an einer Präven krebsscreening nicht nur dazu beitra te und wie sie hinsichtlich Vollständig tions- oder Behandlungsmaßnahme. Die gen, die Morbidität und Mortalität auf keit (Nutzen und Schaden), Transparenz Möglichkeit zur Partizipation durch In grund der rechtzeitigen Behandlung früh (natürliche Häufigkeiten) und Richtig formationen gebieten die ethischen Ver erkannter Krebserkrankungen zu senken, keit in den Medien und öffentlichen In pflichtungen eines demokratisch-pluralis sondern durchaus auch Nachteile haben formationsmaterialien abgebildet werden. tischen Gesellschaftssystems. Ob im kon [9, 10]: Denn falsch-positive Befunde, die Das Beispiel hat hohe Public-Health-Rele kreten Fall aber partizipatorische oder di für eine davon betroffene Person mit un vanz, da es potenziell alle Mädchen im Al rektive Entscheidungsprozesse bevorzugt nötigen Ängsten und invasiven Fehlbe ter zwischen zwölf und 17 und alle Frau werden, obliegt dem Einzelnen. handlungen einhergehen können, sind ein en ab 20 Jahren betrifft. Die Empfehlung Nun stellt sich die Frage nach der Defi erheblicher Preis dafür, dass auf der an zur HPV-Impfung im Jahr 2007 hat eine nition einer ausgewogenen Berichterstat deren Seite Frauen vor dem Brustkrebs große journalistische und öffentliche Re tung. Die Illusion der Gewissheit [6, 7, 8] tod gerettet werden. Um hier abwägen zu sonanz erzeugt, die durch die Verleihung Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011 | 1197
Originalien und Übersichten des Nobelpreises an den HPV-Forscher fektionen und Krebsvorstufen (Dyspla sien) der Schwere von mindestens CIN2+ Professor zur Hausen im Jahr 2008 noch sien) [13, 14, 15, 16], der Ansätze und (gemäß WHO-Definition, CIN: zervika mals verstärkt wurde. Von den zwei ver Empfehlungen zur Prävention von Zer le intraepitheliale Neoplasien) als Surro fügbaren HPV-Impfstoffen haben wir bei vixkarzinomen sowie der sogenann gatparameter (und nicht auf die Endstu spielhaft Gardasil® ausgewählt, da er frü ten Basisrate [17, 18, 19, 20]: Die Basis fe „Zervixkarzinom“). Sie beziehen sich her zugelassen wurde und einen größeren rate gibt die grundlegende Wahrschein auf alle Krebsvorstufen, die von kanze Marktanteil hat. lichkeit an, überhaupt an einem Zervix rogenen HPV-Typen (also nicht nur von In der vorliegenden Studie werden so karzinom zu erkranken. Um diesbezüg HPV 16/18) verursacht sein können, da wohl Medienberichte und Informations liche Zahlenangaben einordnen zu kön die Reduktion der Gesamtdysplasierate materialien zu einer Innovation (HPV- nen, sind Vergleichszahlen zu anderen maßgeblich ist, um eine Vorstellung über Impfung) als auch zu einem etablierten bekannten Krankheitsentitäten (hier al den Effekt der Impfung auf die Krank Verfahren (Pap-Screening) untersucht. le Krebserkrankungen) erforderlich. Es heitslast zu erhalten. Zwar ist bei Einhal Ziel ist es zu prüfen, ob diese Materia folgen in der HPV-Facts-Box dann An tung des Studienprotokolls eine sehr ho lien informierte Entscheidungen für oder gaben zum Nutzen [21, 22, 23, 24], zu he Schutzwirkung der Impfung (bis na gegen die individuelle Teilnahme an die den Nebenwirkungen [23, 24, 25] und hezu 100%) vor HPV-16/18-spezifischen sen Präventionsmaßnahmen und für oder den Kosten [26, 27, 28] der HPV-Imp Dysplasien in der Idealpopulation zu ver gegen ihren flächendeckenden Einsatz auf fung. Diese basieren auf den zum Zeit zeichnen, für eine Näherung an Popula Public-Health-Ebene ermöglichen. punkt der Impfeinführung verfügba tionseffekte in der realen Versorgungs ren Daten aus dem Zulassungsverfah situation ist gemäß der Europäischen Arz Methode ren für Gardasil® und auf dem orien neimittelagentur (EMA) aber die Betrach tierenden extrapolierten Präventions tung aller, unabhängig vom HPV-Typ ver Vor der Medienanalyse wurden als Refe potenzial. Letzteres beruht auf optimis ursachter Dysplasien sowie die Berück renz sogenannte „Facts-Boxes“ mit we tischsten Annahmen (100%ige Wirk sichtigung möglicher Studienprotokoll sentlichen wissenschaftlichen Fakten zur samkeit der Impfung gegen persistie abweichungen entscheidend. Die Anga HPV-Impfung und zum Pap-Screening rende HPV-16/18-Infektionen, die die ben beziehen sich auf die zu Beginn des erarbeitet. Es handelt sich um vereinfach Ursache für 70% aller Zervixkarzinome Suchzeitraums verfügbaren Daten aus der te, kompakte Präsentationsformate, die sind; Teilnahmerate von 85%; lebenslan Zulassung und auf die daraus resultieren das Verständnis von Gesundheitsinfor ge Immunität [29]). de Impfempfehlung; sie sind nach dem mationen verbessern [12]. Die erste Zahl in der HPV-Box zum derzeitigen Veröffentlichungsstand wei Die Impfung als Primärprävention Nutzen der HPV-Impfung, das heißt die terhin aktuell [30, 31]. zur Verhinderung von Erkrankungen ist dort genannte Effektivität von 27% (Auf vom Screening als Sekundärprävention treten gefährlicher Vorstufen von Gebär Facts-Box zum Pap-Screening zur Früherkennung bereits vorhande mutterhalskrebs bei 20 von 1000 geimpf ner Erkrankungen zu unterscheiden. Der ten Frauen im Vergleich zu 28 von 1000 Die Angaben zum Nutzen des Pap-Scree potenzielle Nutzen und Schaden wird bei nicht geimpften Frauen [21]), simuliert nings (. Abb. 2) entstammen ökologi der Impfung direkt anhand von Morbidi die Jungfräulichkeit durch Negativtes schen Daten aus allgemeinen Bevölke täts- oder Mortalitätsveränderungen ab tung auf HPV 16 und 18 zu Studienbe rungsstatistiken, die seit Einführung des gebildet. Beim Pap-Test erfolgen zwei Be ginn, die der aktuellen Impfempfehlung Screenings 1971 gesammelt wurden [17, wertungsschritte: Erfasst werden die Test entspricht, lässt aber spätere Protokollver 32, 33]. Ergebnisse aus randomisiert-kon genauigkeit und die sich daraus ergeben letzungen, wie zum Beispiel das Auslas trollierten Studien liegen nicht vor. Den den Folgen sowie der Effekt der Früh sen einer Impfung, zu, was der Impfreali Angaben zur Ätiologie und zur Basisrate erkennung auf die Krankheitslast, was die tät entspricht. Die zweite Effektivitätszahl des Zervixkarzinoms liegen die gleichen Beurteilung von Screening-Programmen von 13,5% (Auftreten gefährlicher Vorstu Quellen wie in der Box zur HPV-Impfung komplexer macht. fen von Gebärmutterhalskrebs bei 42 von zugrunde. 1000 geimpften Frauen im Vergleich zu 49 Bei Screeninguntersuchungen ist Facts-Box zur HPV-Impfung von 1000 nicht geimpften Frauen [21, 22, nicht nur die Reduktion der Morbi 23]) reflektiert, dass eine HPV-Infektion ditäts- und Mortalitätsraten, sondern Um den Wirkmechanismus und die Ef zu Studienbeginn möglich sein kann, da auch ihre Testgenauigkeit von beson fektivität einer HPV-Impfung und in auch in der Impfpraxis nicht auf das Vor derer Bedeutung, da hier per definitio diesem Zusammenhang gemachte Aus liegen einer Infektion getestet wird. Dabei nem symptomlose Personen untersucht sagen zu Wahrscheinlichkeiten zu ver sind durch Umrechnung auf 1000 Teil werden, von denen die meisten auch stehen (. Abb. 1), bedarf es grundle nehmer Rundungsunterschiede zu den tatsächlich gesund sind, aber aufgrund gender Kenntnisse über die Ätiologie ursprünglichen Studienzahlen zu berück möglicher falsch-positiver Befunde Ge von Zervixkarzinomen, die HPV-Vi sichtigen. fahr laufen, fehlbehandelt zu werden [17, rusdynamik, die Pathologie und spon Die Zahlen beziehen sich auf gefährli 32, 33]. Im internationalen Durchschnitt tanen Rückbildungsraten von HPV-In che Krebsvorstufen (Dysplasien, Neopla ist für die Neoplasiestadien CIN1 bis 3+ 1198 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
Zusammenfassung · Abstract eine Screening-Sensitivität von 50% und Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1197–1210 DOI 10.1007/s00103-011-1347-5 für die Stadien CIN2/3 eine von 50 bis © Springer-Verlag 2011 70% bei einer Spezifität von 95% anzu A. Neumeyer-Gromen · N. Bodemer · S.M. Müller · G. Gigerenzer nehmen [33, 34]. Diesen Daten werden Ermöglichen Medienberichte und Broschüren informierte die Zahl der durchgeführten Pap-Un Entscheidungen zur Gebärmutterhalskrebsprävention? tersuchungen, der verdächtigen Befun de, die Zahl resultierender Operationen Zusammenfassung [17, 32, 33] und die Kosten für das Scree Die Zervixkarzinomprävention hat mit Ein- wirkung anführten, nannten nur 41% Zahlen ning gegenübergestellt [35, 36]. führung und Empfehlung der neuen Huma- zur Effektivität (90 von 220 Materialien) und nen-Papillom-Virus (HPV)-Impfung im Jahr 2% machten absolute Zahlenangaben zur Ri- 2007 große öffentliche Aufmerksamkeit er- sikoreduktion (fünf von 220 Materialien) für Medienanalyse zur langt. Kann sich die Öffentlichkeit auf Ba- den Krebssurrogatparameter „Dysplasie“, von Laien-Kommunikation sis der Auskünfte von Medien und Broschü- der aber keine richtig war. Einmal wurde das ren zur Zervixkarzinomprävention informiert Präventionspotenzial richtig wiedergege- Suchstrategie, Ein- und entscheiden, ob sie an dieser teilnehmen will ben; 48% (105 von 220 Materialien) erwähn- Ausschlusskriterien oder nicht? Um diese Frage zu beantworten, ten Vor- und Nachteile der Impfung. 20% der wurde von 2007 bis 2009 eine Medienanaly- Materialien zum Pap-Screening präsentier- se zur HPV-Impfung (Gardasil®) und zum Pa- ten Zahlen zur Testgüte (vier von 20 Materia- Es wurden alle deutschen Berichte aus panicolaou (Pap)-Screening in Deutschland lien) mit einer absoluten Zahlenangabe und Arztpraxen, aus der LexisNexis-Daten durchgeführt. Geprüft wurde hier, ob die 25% Zahlen zum Präventionspotenzial (fünf bank und aus dem Internet herange Mindestanforderungen an die Vollständigkeit von 20 Materialien), die alle korrekt waren. zogen, die allgemein- beziehungswei (Darlegung des Nutzens und Schadens der 25% wiesen auf die Möglichkeit falsch-positi- se laienverständliche Informationen zu Intervention), Transparenz (Angabe absolu- ver Befunde hin (fünf von 20 Materialien). Die ter Zahlen) und Richtigkeit (Bezug zum Out- Mindestanforderungen an medizinische In- Gardasil® oder zum Pap-Screening ent come, bestehende Unsicherheiten, Zahlen- formationen für die Laienkommunikation er- hielten, soweit sie nicht Kurzmeldungen größe) für medizinische Informationen in der füllten für die HPV-Impfung eines von 220 (
Originalien und Übersichten Die HPV-Impfung mit Gardasil® Was ist das Ziel der Impfung?[19] Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) Typ 16 und 18 vorzubeugen, um das Vorkommen von Gebärmutterhalskrebs zu senken. Zusätzlich Schutz gegen Genitalwarzen. Wie werden HPV-Viren übertragen?[19] Durch intime Sexualkontakte. Welche möglichen Folgen hat eine Infektion?[13-16] Infektionen durch potenziell 18 verschiedene HPV-Typen können über Jahrzehnte hinweg zu Gewebeveränderungen in Form von 1.) Krebsvorstufen am Muttermund führen, die dann 2.) Gebärmutterhalskrebs auslösen können. 70 von 100 Gebärmutterhalskrebsfällen sind durch HPV 16/18 verursacht. Wie häufig ist Gebärmutterhalskrebs in Deutschland?[20] von 100.000 Frauen pro Jahr alle Frauen pro Jahr Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs 3 1.500 allen Krebsarten 230 101.000 Erkrankungsfälle an Gebärmutterhalskrebs 15 6.200 allen Krebsarten 500 200.000 Können Infektionen und Krebsvorstufen ohne Behandlung Ja. Zur Orientierung dienen folgende Angaben: Spontane Abheilungen kommen abheilen?[13,15,16] bei Infektionen in über 90 von 100 Fällen und bei Krebsvorstufen in über 50 von 100 Fällen vor. Für wen wird die Impfung empfohlen?[19,31] Generell für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren möglichst vor den ersten intimen Sexualkontakten. Für ältere Frauen kann im Einzelfall eine Impfung mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin erwogen werden. Wie lange hält der Impfschutz an?[19,31] Mindestens 5 Jahre. Können andere HPV-Typen, gegen die nicht geimpft wurde, Möglicherweise ja. Es handelt sich um theoretische Überlegungen, die nach der Impfung verstärkt und/ oder abgeschwächt Replacement und Kreuzimmunität genannt werden, ohne dass dies bislang auftreten?[19] abschließend beantwortet werden kann. Welche anderen Vorbeugemöglichkeiten sind bekannt?[18,19] Krebsfrüherkennung mit Papanicolaou/Pap-Test ab dem 20. Lebensjahr, die auch nach einer Impfung weiterhin genutzt werden sollte. Der regelmäßige Kondomgebrauch kann 7 von 10 HPV-Infektionen verhindern. Welchen Nutzen zeigt Gardasil in den wissenschaftlichen Studien?* von 1.000 Frauen geimpft nicht geimpft 1.) Auftreten gefährlicher Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs (durch alle HPV-Viren) Teilnehmerinnen zu Studienbeginn nicht mit Impfstofftypen infiziert/Jungfrauen[21] 20 28 Abb. 1 8 Facts-Box zur HPV-Impfung 1200 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
Alle Teilnehmerinnen (zu Studienbeginn Infektion mit HPV möglich)[21-23] 42 49 2.) Auftreten von Gebärmutterhalskrebs[23] Unklar, nicht untersucht Welchen Nutzen kann die Impfung in Deutschland zusätzlich zum Pap- von 1.000 Frauen von 100.000 Frauen alle Frauen Test eventuell entfalten?[29] auf Lebenszeit pro Jahr pro Jahr Todesfälle mit Impfung 2 2 1.080 ohne Impfung 3 3 1.500 Erkrankungen mit Impfung 7 11 4.520 ohne Impfung 10 15 6.200 Hat die Impfung mit Gardasil® Nebenwirkungen?[23,25] Auf Basis des europäischen Zulassungsverfahrens: Sehr häufig – häufig Gelegentlich – selten Sehr selten 1.000– ≥10.000 von 100.000 10 – 1.000 von 100.000
Originalien und Übersichten Pap-Screening in Deutschland – Die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs Wie häufig ist Gebärmutterhalskrebs in Deutschland?[20] von 100.000 Frauen pro Jahr alle Frauen pro Jahr Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs 3 1.500 allen Krebsarten 230 101.000 Erkrankungsfälle an Gebärmutterhalskrebs 15 6.200 allen Krebsarten 500 200.000 Wofür ist das Screening mittels Pap-Test gedacht? Zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, um die Erkrankung in einem frühen Stadium als Krebsvorstufe besser behandeln zu können. Gehen alle Krebsvorstufen in Gebärmutterhalskrebs Nein. Mehr als 50 von 100 Vorstufen bilden sich ohne Therapie zurück. über?[13,15,16] Was ist der Pap (Papanicolaou)-Test?[17] Ein schmerzloser Abstrich von Zellen des Gebärmutterhalses, um sie auf Krebsvorstufen zu untersuchen. Er wird einmal jährlich empfohlen. Wer ist dafür vorgesehen?[17] Alle Frauen ab 20 Jahren. Wie genau unterscheidet der Pap-Test hochgradig krebsgefährdete von gesunden Frauen?[17] 1.000 Frauen krebsgefährdet gesund/nicht gefährdet 10 990 Test richtig positiv Test falsch negativ Test falsch positiv Test richtig negativ 7 3 50 940 Folgen positiver Tests: Testwiederholung, Untersuchung mit Vergrößerungsoptik/Kolposkopie/Gewebeprobe, Operation/Konisation Abb. 2 8 Facts-Box zum Pap-Screening 1202 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
(Herausschneiden eines Kegels am Gebärmutterhals; kann später zu Schwangerschaftskomplikationen führen), seelische Folgen/Angst Von 1000 Frauen, die mittels Pap-Test untersucht werden, laufen 10 Frauen Gefahr, Krebs zu entwickeln. Von diesen 10 Frauen werden 7 als gefährdet erkannt. Von den Gesunden werden 50 als gefährdet eingeschätzt, obwohl sie es nicht sind (Fehlalarm). Von den 57 Frauen, die positiv getestet wurden, sind nur 7 Frauen tatsächlich gefährdet (12 von 100). So führen nicht nur die 7 richtig erkannten Tests, sondern auch die 50 Fehlalarme gleichermaßen zu weiteren einschneidenden Maßnahmen, obwohl sie gesund sind. In welchem Ausmaß kann das Pap-Screening in Deutschland von 1.000 Frauen von 100.000 Frauen alle Frauen auf Lebenszeit pro Jahr pro Jahr Krebs verhindern? Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs mit Screening[20] 3 3 1.500 ohne Screening[32,33] 10 6 3.000 Erkrankungsfälle an Gebärmutterhalskrebs mit Screening[20] 10 15 6.200 ohne Screening[32,33] 30 40 16.600 Wie viele Untersuchungen/ Operationen werden dazu durchgeführt?[17] Pap-Tests 32.500 39.000 16,4 Mill. Verdächtige Befunde 400 1.200 504.000 Konisationen (Herausschneiden eines Kegels am Gebärmutterhals) 210 330 138.600 Wie hoch sind die jährlichen Kosten für das Screening insgesamt?[35,36] ca. 335-700 Mill. Euro Jährliches Präventionsbudget der Gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten und alle Erkrankungen[27,28] ca. 180 Mill. Euro Abb. 2 8 Fortsetzung de Homepage der in . Tab. 2 genann stellt werden soll, ob überhaupt, wie häu sierungen von Zahlen oder Fotos) und der ten Einrichtungen einschließlich ihrer fig und auf welche Weise bestimmte In Beitragsstil (werbend, warnend, ausgewo Linksammlungen durchsucht. Die Such halte in den allgemeinen Medien für eine gen) kodiert. Hiervon ist das „Akteurmo funktion der jeweiligen Homepage wur informierte Entscheidung von Laien kom dul“ zu unterscheiden, in dem Verfasser, de mit den Begriffen „HPV UND Imp muniziert werden. Zu diesem Zweck wur Akteure (Gesundheitsprofessionelle oder fung ODER Humane Papillomvirus Imp den die folgenden vier Kodiermodule de Laien als Wissensvermittler) und Ziel fung ODER Papanicolaou ODER Pap-Ab finiert: gruppen (betroffene Laien, Allgemeinbe strich“ genutzt. Das „allgemeine Kodiermodul“ er völkerung oder Professionelle) vermerkt fasste Angaben zum Veröffentlichungs wurden. Im dritten Modul „Risiko-Ursa Inhaltsanalyse, Kodierungsschema, datum, zur Beitragsart (Kurzbeitrag, aus chen“ wurde geprüft, ob Informationen Auswertung führlicher Bericht) und zur Art des Me zur Epidemiologie und Ätiologie des Ge diums (Broschüren, Zeitungsartikel, Web bärmutterhalskrebses, das heißt zu seiner Die Medienanalyse folgte einem inhalts seiten). Zudem wurden die Verwendung Häufigkeit und seinen Ursachen vorlagen, analytischen Ansatz [37], mit dem festge von Illustrationen (zum Beispiel Visuali und ob der diesbezügliche Präventionsan Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011 | 1203
Originalien und Übersichten Tab. 1 Suchstring für die Datenbankrecherche in LexisNexis HPV-Impfung Angaben zu Risikoreduk 1. HPV-Impfung tionen von einem Drittel bezogen auf alle (hpv! oder papillom! oder kondylom! oder condylom! oder dna-vir! oder hp-vir! oder genitalwarz! Dysplasien als empirischen Nachweis ak oder warzenvir! oder gebärmutterhalsk! oder gebärmutterhalst!) und (impf! oder vakzin! oder im- zeptiert, auch wenn unsere Zahlen nied munisierung oder protektiv oder protektion oder prävention oder vorbeugung oder gardasil oder riger liegen. sanofi pasteur oder cervarix oder zervarix oder glaxo smithkline oder silgard oder merck) Vor der endgültigen Kodierung wur 2. Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs mittels Pap-Abstrich de das Kodierschema in einem Pretest er ((gebärmutterhals! oder zervix! oder cervix! oder muttermund! oder kollum! oder genital!) und (kar- zinom oder carcinom oder maligne oder krebs oder tumor oder geschwulst oder geschwür)) und probt und modifiziert. Somit sollte eine (pap-test oder papanicolaou oder diagnostik oder pap-abstrich oder zellabstrich oder nomenklatur einheitliche und systematische Bewertung oder Krebsvorstufe oder vorstufe oder präkanzerose oder frühkarzinom oder dysplasie oder früher- des Materials gewährleistet sein. kennung oder screening oder sekundärprävention oder prävention) Die Inter-Rater-Reliabilität zeigte an einer zufälligen Stichprobe von 21% der Tab. 2 Bei der Internetsuche berück- satz erläutert wurde (bei der HPV-Imp Webseiten (13 von 61 Seiten) mit Kappa- sichtigte Gesundheitsinstitutionen fung also die Krebsprävention über den Werten von 0,6 bis 0,7 eine gute Überein Behördliche Einrichtungen/Medizinische Weg des Schutzes vor einer HPV-Infekti stimmung [41]. Es erfolgte eine deskripti Selbstverwaltung im deutschen Gesund- on). Das vierte Modul „Vor- und Nachtei ve Auswertung anhand der Module und heitswesen le der Maßnahmen“ erfasste die Darstel Medienarten. Die Ethik-Kommission des Bundesministerium für Gesundheit (BMG) lung von Wirksamkeit und Kosten der Max-Planck-Institutes für Bildungsfor Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung HPV-Impfung und des Screenings und schung Berlin erteilte vorab ein positives Robert Koch-Institut Paul-Ehrlich-Institut bei der HPV-Impfung zusätzlich den Hin Votum für die Studie. Gemeinsamer Bundesausschuss weis, dass sie das Pap-Screening nicht er Krankenkassen und deren Bundesverbände setzt. Beim Pap-Screening wurden zudem Ergebnisse Bundesärztekammer und alle Landesärzte- die Kommunikation von Testgütekrite kammern rien wie Sensitivität und Spezifität, posi Suchergebnisse Landesgesundheitsministerien und Landes- gesundheitsämter tiver und negativer prädiktiver Wert und Bundesbeauftragte der Bundesregierung für die Konsequenzen falsch-positiver und Insgesamt wurden 1781 Praxis-Broschü die Belange der Patientinnen und Patienten falsch-negativer Befunde kodiert. ren, Zeitungsartikel und Webseiten zur Pharmazeutische Impfhersteller Die Bewertungskriterien, nach denen HPV-Impfung und zum Pap-Screening Sanofi Pasteur geprüft wurde, ob die Mindestanforde gefunden. Von diesen wurden 240 Be Merck & Co rungen an Informationen für Laien er richte evaluiert. 220 Beiträge berichteten „http://www.zervita.de“ (Zervita) füllt waren, umfassten: über die Impfung und 20 über das Scree Fachgesellschaften/Forschungsinstitute 1. zur Vollständigkeit: die Angabe von ning; elf dieser Berichte behandelten bei Deutsches Krebsforschungsinstitut Gynäkologische und Pädiatrische Fachgesell- Vor- und Nachteilen der Intervention, de Themen. Die 220 Materialien zur Imp schaften ihrer Wirksamkeit, von Nebenwir fung umfassten 18 Praxis-Broschüren, Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie kungen, Testgüte und falsch-positiven 141 Zeitungsartikel und 61 Webseiten, die Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin Befunden, 20 Materialien zum Pap-Screening vier Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und 2. zur Transparenz: die Angabe natür Praxis-Broschüren, sechs Zeitungsartikel Prävention licher Häufigkeiten und/oder die und zehn Webseiten. Deutsche Gesellschaft für Medizinische Infor- matik, Biometrie und Epidemiologie Übersetzung bedingter Wahrschein Die Nachforschungen in 35 Arztpraxen Krebsfachgesellschaften lichkeiten in Häufigkeitsbäume, erbrachten 20 Broschüren; 16 beschäftig Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen 3. zur Richtigkeit: die Darstellung des ten sich mit der HPV-Impfung, zwei mit medizinischen Fachgesellschaften Bezuges zu Zielgrößen, von Unsicher beiden Themen und zwei ausschließlich Beratungseinrichtungen/Patientenportale heiten und Zahlengrößen [7]. mit dem Pap-Screening. Pro Familia Von ursprünglich 1586 Pressemel Selbsthilfe Kontakt und Informations Stelle Soweit Zahlen berichtet wurden, erlaub dungen blieben aufgrund von Dopplun (SEKIS) Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur ten wir Abweichungen von den Daten in gen (n=144), zu kurzer oder thematisch Anregung und Unterstützung von Selbsthilfe- den Facts-Boxes: So haben wir zum Bei nicht-relevanter Beiträge (Veranstal gruppen (NAKOS) spiel beim Pap-Screening Sensitivitäts tungshinweise, Berichte über Nobelpreis „http://www.patienteninformation.de“ von angaben von deutlich unter 50% als rich verleihung, Management- und Invest Bundesärztekammer und Kassenärztlicher tig akzeptiert, obwohl wir eine sehr op mentberichte der Pharmabranche etc., Bundesvereinigung timistische Sensitivität von 70% für hö n=907), nicht in Deutschland erschie „http://www.akdae.de“ der Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft, Techniker hergradige Dysplasien zugrunde legen. nener Berichte (n=244) oder aufgrund Krankenkasse und BMG In Deutschland liegt die Sensitivität oft unspezifischer Ausschlussgründe (zum „http://www.gesundheitsinformation.de“ des bei unter 50%; zudem ist sie bei jünge Beispiel fehlende Texte in der Trefferlis Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im ren Frauen geringer als bei älteren [38, te, nur Überschriften, vor Suchzeitraum Gesundheitswesen 39, 40]. Entsprechend haben wir bei der veröffentlicht: n=146) 145 übrig, die aus 1204 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
gewertet wurden. 139 Zeitungsartikel in Tab. 3 Medienanalyse der Informationen zur HPV-Impfung formierten ausschließlich über die HPV- Modul Kategorie Alle Ma- Praxis-Bro- Zeitungs- Web- Impfung, zwei über beide Themen sowie terialien schüren artikel Seiten vier nur über das Pap-Screening. (N=220) (N=18) (N=141) (N=61) Von zunächst 175 potenziell interessan % (n) % (n) % (n) % (n) ten Webseiten wurden aufgrund der be Allgemei- Art des Beitragsa nes – Hauptartikel 48 (106) 67 (12) 47 (66) 46 (28) reits oben genannten Ausschlusskriterien (Dopplungen: n=16, zu kurz oder thema – Kurzartikel 51 (112) 33 (6) 33 (73) 54 (33) tisch nicht relevant: n=84, nicht deutsch: – Update/Sonstiges 11 (25) 28 (5) 9 (12) 13 (8) n=4, wissenschaftlicher Beitrag: n=3, un Ton des Beitrags/Beitragsstila spezifisch: n=4) 64 ausgewertet. Es han – Werben/überzeugen/überreden 39 (86) 44 (8) 28 (39) 6 (39) delte sich bei ihnen überwiegend um Ma – Ausgewogen/aufklären 66 (146) 78 (14) 72 (101) 51 (31) terialien zur HPV-Impfung. Sieben Inter – Warnen 4 (9) 0 (0) 5 (7) 3 (2) netinformationen thematisierten bei – Sonstiges/nicht zuzuordnen 3 (7) 0 (0) 4 (5) 3 (2) de Interventionen und drei nur das Pap- Visualisierung Screening. – Epidemiologie n.a. 6 (1) n.a. 10 (6) – Nutzen/Effektivität n.a. 0 (0) n.a. 7 (4) Medienanalyse – Biologie/Virus/Gewebeveränderung/ n.a. 39 (7) n.a. 10 (6) Anatomie Bei zwei Dritteln der Medienberichte zur – Fotosc n.a. 67 (12) n.a. 20 (12) HPV-Impfung (146 von 220 Materialien) Akteure Akteurea wurde der Beitragsstil von uns als ausge – Wissenschaftler 75 (164) 17 (3) 78 (110) 84 (51) wogen beziehungsweise aufklärend emp – Ärzte 57 (125) 28 (5) 55 (77) 70 (43) funden (. Tab. 3); 39% von ihnen (86 – Patientenvertreter 9 (20) 0 (0) 8 (11) 15 (9) von 220 Berichten) wurden als tendenziös – Eltern/Töchter 17 (37) 0 (0) 6 (9) 46 (28) im Sinne eines werbenden beziehungs – Sonstige/unspezifisch 54 (119) 89 (16) 51 (72) 51 (31) weise überredenden Charakters, aber nur Zielgruppea 4% als warnend eingestuft (9 von 220 Be – Laien allgemein 92 (202) 44 (8) 99 (139) 90 (55) richten). Hierbei waren Mehrfachbewer – Ärzte 26 (58) 6 (1) 12 (17) 66 (40) tungen möglich, sodass unterschiedliche – Wissenschaftler 23 (50) 0 (0) 12 (17) 54 (33) Passagen innerhalb eines längeren Tex – Eltern 78 (172) 94 (17) 71 (100) 90 (55) tes teilweise unterschiedliche Kodierun – Angehörige/Peers 62 (136) 50 (9) 56 (79) 79 (48) gen erhielten. – Betroffene/Mädchen 75 (165) 94 (17) 69 (97) 84 (51) Eine Visualisierung zum besseren Ver – Beratungsstellen 23 (50) 0 (0) 12 (17) 54 (33) ständnis der Epidemiologie des Gebär – Sonstige 45 (100) 6 (1) 46 (65) 56 (34) mutterhalskrebses und zum Nutzen der Risiko/ Impfziel der Krebsprävention über Infek- 70 (154) 33 (6) 66 (94) 89 (54) HPV-Impfung erfolgte selten. Die Mehr Ursachen tionsschutz heit der Berichte zur HPV-Impfung rich Epidemiologie/Häufigkeit 57 (125) 50 (9) 54 (76) 66 (40) tete sich an die Allgemeinbevölkerung → Korrekte Werte 46 (102) 33 (6) 43 (61) 57 (35) (92%, 202 von 220 Berichten) oder gezielt → Häufigkeitsvergleiche 16 (36) 6 (1) 12 (17) 30 (18) an Eltern, Töchter und Angehörige. So Krebsursachenb 45 (99) 72 (13) 38 (54) 52 (32) weit Akteure explizit in den Informatio Möglichkeit der Spontanheilung 23 (50) 50 (9) 13 (18) 38 (23) nen genannt wurden, traten insbesonde Vor- und Vor- und Nachteile erwähnt 48 (105) 17 (3) 50 (70) 52 (32) re Wissenschaftler und Ärzte in den Vor Nachteile Nutzen/Impfeffektivität dergrund (in 75% beziehungsweise 57% der Maß- Irgendwelche Zahlenangaben 41 (90) 17 (4) 38 (56) 48 (30) der Berichte; 164 beziehungsweise 125 von nahmena RRR 220 Berichten), teilweise auch Töchter → Dysplasie 13 (29) 11 (2) 11 (15) 20 (12) und Eltern (17%, 37 von 220 Berichten). → Korrekte Werte 6 (14) 0 (0) 6 (8) 10 (6) Während alle Materialien zur HPV- ARR Impfung auf das Ziel der Krebspräven → Dysplasie 2 (5) 0 (0) 1 (2) 5 (3) tion hinwiesen, erklärten nur 154 von → Korrekte Werte 0 (0) 0 (0) 0 (0) 0 (0) 220 Berichten (70%) explizit, dass die Angabe Präventionspotenzial 0 (1) 0 (0) 0 (0) 2 (1) ses Ziel indirekt über den Weg des Schut – Korrekte Werte 0 (1) 0 (0) 0 (0) 2 (1) zes vor einer HPV-Infektion durch eine Wirksamkeit auf Krebs unklar 6 (14) 0 (0) 4 (6) 13 (8) Impfung erreicht werden soll. Die Hälf te machte Angaben zur Morbidität und Nebenwirkungen 25 (56) 39 (7) 14 (20) 48 (29) Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011 | 1205
Originalien und Übersichten Tab. 3 Medienanalyse der Informationen zur HPV-Impfung (Fortsetzung) von 220 Beiträgen) diese diskutierte; da Modul Kategorie Alle Ma- Praxis-Bro- Zeitungs- Web- bei fanden sich in lediglich 15% (32 von terialien schüren artikel Seiten 220 Beiträgen) korrekte Zahlen zur Häu (N=220) (N=18) (N=141) (N=61) figkeit ihres Auftretens. In 40% der Bei % (n) % (n) % (n) % (n) träge (89 von 220 Beiträgen) wurde eine – Zahlenangaben 15 (32) 22 (4) 7 (10) 30 (18) explizite Impfempfehlung ausgespro Explizite Impfempfehlung 40 (89) 44 (8) 29 (41) 66 (40) chen. Ein Hinweis auf den Pap-Test, den Hinweis auf Pap-Test 47 (104) 89 (16) 36 (51) 61 (37) die Impfung nicht ersetzen kann, fand Kosten 37 (81) 11 (2) 44 (62) 28 (17) sich in knapp der Hälfte der Materialien – Pro Injektion 5 (12) 0 (0) 4 (6) 10 (6) (47%, 104 von 220 Beiträgen). Die Impf – Pro Impfung 32 (70) 6 (1) 39 (55) 23 (14) kosten wurden in 37% der Informationen – Pro Jahrgang 5 (10) 0 (0) 5 (7) 5 (3) (in 81 von 220 Beiträgen) erwähnt, aber in – Kostenvergleich 6 (13) 0 (0) 6 (8) 8 (5) nur 6% (13 von 220 Beiträgen) im Zusam ARR absolute Risikoreduktion, n.a. nicht anwendbar (LexisNexis stellt in der Regel nur Texte zur Verfügung), RRR menhang mit einem Vergleich zu allge relative Risikoreduktion. aMehrfachnennungen möglich. bKrebsursachen: Entstehung über die Infektion zur Dys- mein bekannten Kostengrößen. plasie bis hin zum Krebs innerhalb langer Zeiträume. cFotos beinhalten gesunde, junge, glückliche Frauen, Mütter und Töchter sowie einen Vater oder ein Liebespaar und einmal einen Arzt mit Spritze. Bewertet man die Beiträge nach der Art des Mediums, zeigt sich, dass nur Tab. 4 Medienanalyse der Informatio- 33% der Praxis-Broschüren korrekte epi nen zum Pap-Screening belief sich auf 48% (105 von 220 Berich demiologische Zahlen berichten, wäh Modul/Kategorie Materialien zum ten). Zahlenangaben zur Effektivität der rend dies bei 43% der Zeitungsartikel Thema Pap- Impfung fanden sich in nur 41% (90 von und 57% der Webseiten der Fall war. In Screening (N=20) 220 Berichten) der Materialien, 13% (29 keiner Praxis-Broschüre fanden sich kor % (n) von 220 Berichten) bezogen sich hierbei rekte Angaben zur relativen und abso Testgenauigkeita auf die relative Risikoreduktion bezüg luten Risikoreduktion. Auch wurde eine Sensitivität 15 (3) lich des maßgeblichen Surrogatparame Diskussion der Vor- und Nachteile der → Korrekte Zahlen 15 (3) ters aller zervikalen Dysplasien, und le HPV-Impfung vergleichsweise selten vor Spezifität 5 (1) diglich 6% (14 von 220 Berichten) um genommen (17% versus 50% versus 52%). → Korrekte Zahlen 5 (1) fassten die vorab festgelegten Inhalte der Der werbende Charakter stand bei den PPV 0 (0) Facts-Box. Das transparente Maß der ab Praxis-Broschüren stärker als bei den an → Korrekte Zahlen 0 (0) soluten Risikoreduktion für das Auftreten deren Medien im Vordergrund (44% ver NPV 0 (0) von Dysplasien wurde in nur fünf Beiträ sus 28% versus 6%). → Korrekte Zahlen 0 (0) gen verwendet, jedoch war hier keine Mit Blick auf das Pap-Screening mach Hinweis auf Falsch-Positive 25 (5) Zahlenangabe korrekt. Das Präventions ten acht von 20 Materialen (40%) qualita Darstellungsformat potenzial wurde einmal richtig präsen tive und/oder quantitative Angaben zur → Prozent 20 (4) tiert. 6% der Materialen (14 von 220 Bei Testgüte; vier nannten konkrete Zahlen → Absolute Zahlen 5 (1) trägen) gaben an, dass die Wirksamkeit (20%), von diesen enthielt ein Beitrag ab → Häufigkeitsbaum 0 (0) der Impfung auf das Zervixkarzinom als solute Zahlenangaben (. Tab. 4). Kei Nutzen direkt gemessene Zielgröße bislang nicht ner nutzte die leicht verständliche Dar Präventionspotenzial 25 (5) untersucht ist. Im Zusammenhang mit stellung der Testgüte in einem Häufig → Korrekte Werte 25 (5) der Wirksamkeit wurden die Zahlen 70 keitsbaum. Fünf Materialien gaben Hin bis 80% in 43 (20%) und höhere Zahlen weise auf die Möglichkeit falsch-positiver → Absolute Zahlen 25 (5) von über 80 bis 100% in 34 der 220 Bei Befunde (25%). Alle Beiträge gingen von PPV/NPV Positiv-/negativ-prädiktiver Wert. aMehrfachnennungen möglich. träge (15%) genannt – und zwar bezogen einer Wirksamkeit des Screenings zur auf ein Durcheinander von (a) dem Zer Krebsprävention aus. Sechzehn mach vixkarzinomanteil, der HPV 16/18 zuzu ten qualitative oder quantitative Aussa Mortalität des Gebärmutterhalskrebses schreiben ist, (b) Infektionen, Krebsvor gen über seine Effektivität (80%). Fünf (57%, 125 von 220 Berichten). Die hier ge stufen, Krebserkrankungen, Sterblichkeit präsentierten Zahlen zum Präventions nannten Zahlen entsprachen in 46% der oder (c) völlig ohne Bezug zu einem be potenzial (25%). Insgesamt lässt sich fest Berichte (102 von 220 Berichten) den von stimmten Outcome. Unter den Beiträgen stellen, dass die genannten Zahlen – so uns ermittelten Werten. Auf Häufigkeits mit den Angaben von 70 bis 80% stellten weit sie überhaupt berichtet wurden – vergleiche zur Einordnung des Grundrisi nur sechs (3%) klar, dass es sich um einen korrekt waren. Die Hälfte der Beiträ kos, an einem Zervixkarzinom zu erkran ätiologischen und nicht um einen Wirk ge hatte einen werbenden Stil (zehn von ken, wurde meist verzichtet (in 84% der samkeitsnachweis handelt. 20 Beiträgen), 65% erschienen ausgewo Berichte, 184 von 220 Berichten). Die Evaluation der Angaben zu Impf gen (13 von 20 Beiträgen) und einer war Der Anteil der Berichte, die Vor- und nebenwirkungen ergab, dass nur ein nend; ein Beitrag war diesen Kategorien Nachteile der HPV-Impfung erwähnten, Viertel der identifizierten Berichte (56 nicht zuzuordnen. 1206 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
Die Mindestanforderungen an eine besonders repräsentative Stichprobe. In wenn sie berichtet werden – korrekt sind. ausgewogene Information für Laien er Bezug auf die Auswahl an Webseiten war Insgesamt wurden weit weniger Berich füllte einer von 220 Beiträgen zur HPV- die Internetrecherche zwar limitiert, bil te zum Pap-Screening als zur HPV-Imp Impfung beziehungsweise einer von det aber einschlägige Public-Health-Ins fung gefunden – vermutlich deshalb, weil 20 Beiträgen zum Pap-Screening. titutionen in Deutschland ab. Im Gegen es bereits seit Jahrzehnten implementiert satz dazu entstammen die Praxisbroschü ist und folglich keinen Neuigkeitswert Diskussion ren nur zwei Berliner Bezirken; dafür bil aufweist. Da die HPV-Impfung das Pap- den sie aber soziodemografisch divergent Screening nicht ersetzen kann, wäre es In der vorliegenden Medienanalyse zur alle Kinder- und Frauenarztpraxen dieser sinnvoll, dies in den Berichten zu erwäh Zervixkarzinomprävention in Deutsch Bezirke ab, sodass es sich bei ihnen ins nen, um die Teilnahmerate am Screening land wurden 220 Materialien zur HPV- gesamt um eine aussagefähige Stichprobe – infolge eines unzutreffenden Sicher Impfung mit Gardasil® und 20 zum Pap- handelt. Potenzielle Selektionsverzerrun heitsgefühls nach einer Impfung – nicht Screening untersucht. gen halten sich somit in Grenzen. Obwohl zu verringern. Trotz des diesbezüglich be Obwohl alle Beiträge zur HPV-Imp die Kodierungen aufgrund der Hetero stehenden wissenschaftlichen Konsenses fung ihre präventive Wirkung anführ genität des Datenmaterials variieren, hal weist nicht einmal die Hälfte der Mate ten, enthielten nur 41% konkrete Zah ten sich aufgrund der Durchführung des rialien zur HPV-Impfung darauf hin. Die lenangaben über ihre Effektivität (90 von Pretests potenzielle Klassifikationsfehler Mindestanforderung an die Vollständig 220 Beiträgen). In 7% der Beiträge (15 von – wie die Kappa-Werte zeigen – ebenfalls keit (Darlegung von Vor- und Nachtei 220 Beiträgen) waren die Angaben kor in Grenzen, zumal nicht nur dichotome, len), die Transparenz (Angabe von abso rekt; 48% (105 von 220 Beiträgen) erwähn sondern auch narrative Kodierungen ein luten Zahlen) und die Richtigkeit der In ten die Vor- und Nachteile der Impfung. flossen. Dem möglichen Einwand einer zu formationen erfüllten zur HPV-Impfung Nur 2% der Beiträge (5 von 220 Beiträ rigide gefassten Impfeffektivität ist zu ent einer von 220 und zum Pap-Screening gen) verwendete absolute Zahlenangaben gegnen, dass sich das Ergebnis einer diffu einer von 20 Berichten. zur Beschreibung der Risikoreduktion für sen Berichterstattung selbst bei einer op Ungeachtet umfangreicher For das Auftreten einer Dysplasie; jedoch war timistischen Effektivitätsannahme von bis schungsergebnisse zur Risikokommuni keine richtig. Lediglich in einem Beitrag zu 70% Krebsreduktion [42] nicht verän kation, wissenschaftliche Erkenntnisse fanden sich korrekte Angaben zum Prä dert, da auch diese Aussage selten richtig allgemein verständlich darzulegen [1, 2, 3, ventionspotenzial. Zahlenangaben zum antizipiert wird. Das Problem liegt weni 5, 7, 43, 44], zeigt diese Medienanalyse ein Nutzen der Impfung waren insbesonde ger in Zahlengrenzen als im prinzipiellen mal mehr, dass Transparenz nach wie vor re in Praxisbroschüren selten vorhanden. Missverständnis wissenschaftlicher Er die Ausnahme ist: Ein Großteil der Me Dies ist umso bedenklicher, als mit ihnen kenntnisse. dienberichte zur HPV-Impfung und zum weniger die Allgemeinheit, sondern ge In nur vier von 20 Berichten zum Pap- Pap-Screening ist einseitig und überhöht zielt Betroffene zur konkreten Entschei Screening (20%) fanden sich Zahlen den Nutzen, sodass eine ausgewogene dungsfindung angesprochen werden sol angaben zur Testgüte, einer von diesen Darstellung der Vor- und Nachteile der len. Dabei fällt auf, dass bei ihnen – ver enthielt absolute Zahlenangaben. Fünf Be beiden Maßnahmen oftmals nicht vor glichen mit anderen Medien – eher der richte wiesen auf die Möglichkeit falsch- handen ist. Die Angabe absoluter Zahlen werbende als der ausbalancierte Charak positiver Befunde hin (25%). Fünf mach ist so unterrepräsentiert wie die Intrans ter im Vordergrund stand. Besonders sel ten Angaben zum extrapolierten Präven parenz relativer Maße überwiegt – sofern ten wurden in den Praxisbroschüren die tionspotenzial. Ähnliche Ergebnisse fin überhaupt Zahlen genannt werden. Ein Vor- und Nachteile der Impfung disku den sich für deutsche Aufklärungsbro seitige Wahrnehmungen finden sich aller tiert. Diese Defizite sind umso gravieren schüren zum Mammographie-Screening: dings nicht nur in den Medien, sondern der als sie den größten Seitenumfang auf Demnach enthalten bis zu 19% Angaben auch in der Allgemeinbevölkerung – bei wiesen. Auf das Pap-Screening wurde in zur Testgüte, 11% Angaben zu den Konse spielsweise zum Mammographie- und ihnen jedoch häufig hingewiesen – ver quenzen falsch-positiver Befunde und 7% PSA-Screening [45]. mutlich um beide Interventionen leichter Nutzenangaben, das heißt Angaben zur Interessant ist der Befund, dass die zu vermarkten. Diese Aussagen zur Qua absoluten und relativen Risikoreduktion Mehrheit der Berichte zur HPV-Imp lität der unterschiedlichen Medienarten [43]. Diese Informationsdefizite sind al fung und zum Pap-Screening zunächst (Praxisbroschüren versus Zeitungsartikel lerdings nicht nur ein deutsches, sondern aufklärend und ausgewogen klingt (66% versus Webseiten) sind aber vorsichtig zu auch ein internationales Phänomen [7]. und 65%). Bei näherem Hinsehen fehlen bewerten, da in der Studie eine vergleichs Obwohl das Pap-Screening seit Jahr ihnen aber essenzielle Daten, um dem weise kleine Auswahl an Praxisbroschü zehnten etabliert ist, werden erstaunlich Laien eine informierte Abwägung zu er ren untersucht wurde. wenige Zahlen zur Testgüte und Wirk möglichen. Dieser Befund könnte Aus Demgegenüber sind die untersuchten samkeit berichtet, auch wenn die Litera druck einer zunehmenden öffentlichen Zeitungsartikel, die aus der umfassenden tur dazu weit eindeutiger Auskunft gibt Diskussion zur Risikokommunikation LexisNexis-Datenbank aller deutschen als bei der Impfung. Die Eindeutigkeit sein, in der zwar eine Sensibilisierung für Pressemeldungen ermittelt wurden, eine zeigt sich auch daran, dass die Zahlen – die Notwendigkeit ausbalancierter Infor Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011 | 1207
Originalien und Übersichten Tab. 5 Mindeststandards für medizinische Informationen in der Laienkommunikation 1. Wissenschaftliche Diskussionsebenen – Grundsätzlich sind Plausibilitätsbetrachtungen, Expertenmeinungen, Theorien und Hypothesen von empirischen Überprüfungen zu differenzieren, da Letztere höhere Evidenzlevel bekleiden – Darüber hinaus sind empirische Nachweise zur Ätiologie einer Erkrankung von den empirischen Nachweisen zur Wirksamkeit der Interventionen abzu- grenzen, da empirische Erkenntnisse zu den Ursachen einer Erkrankung nicht gleichbedeutend mit Wirksamkeitsnachweisen zu ihrer Bekämpfung sind 2. Differenzierung verschiedener Formen von medizinischen Maßnahmen – Screenings oder diagnostische Tests unterscheiden sich von primärpräventiven oder therapeutischen Interventionen, da hier verschiedene Bewertungs- kriterien von Relevanz sind. Der potenzielle Nutzen und Schaden wird bei primärpräventiven Interventionen unmittelbar durch Morbiditäts-/Mortali- tätsveränderungen abgebildet, während beim Screening zwei Bewertungsschritte erfolgen, die die Testgenauigkeit mit ihren Folgen und auch die Wirkung der Früherkennung auf die Krankheitslast erfassen 3. Darstellung von Nutzen und Schaden – Für informierte Entscheidungen ist die Darstellung des potenziellen Nutzens und Schadens einer Intervention, von Unsicherheiten und etwaigen Er- kenntnislücken essenziell; Angaben zum Nutzen sollten zudem die Beschreibung von Population und Zeitraum, auf die sich die Erkenntnis bezieht, so- wie den expliziten Bezug zum Outcome als indirekt (Surrogat) oder direkt gemessene Zielgröße enthalten, da Surrogatparameter (zum Beispiel Krebs- vorstufen) aufgrund ihrer Stellvertreterfunktion für das Krankheitsgeschehen größere Unsicherheiten als direkt gemessene Zielgrößen (zum Beispiel die Krebsendstufe) implizieren – Prinzipiell sind absolute Zahlen mit der Angabe von Basisraten gegenüber relativen Zahlen vorzuziehen und mit Vergleichszahlen bekannter Krank- heitsentitäten und Ausgabenbudgets zu versehen, um die Zahlen einordnen zu können. Zur Darstellung der Testgenauigkeit ist die Verwendung von Zahlenbäumen mit natürlichen Häufigkeiten erforderlich – Angaben zum extrapolierten Präventionspotenzial und zu den Kosten sind erforderlich, um verständlich zu machen, wie begrenzte öffentliche Ressour- cen investiert werden 4. Wertung von Informationen – Grundsätzlich wäre es sinnvoll, den Unterschied zwischen Informationen und deren Wertung zu antizipieren, da der Wertung oftmals auf Kosten essen- zieller Informationen überproportionale Gewichtung zukommt. Obwohl starke Bewertungen spannender und infolgedessen besser verkäuflich erschei- nen, tragen ausgewogene Informationen zur Vertrauensbildung und Nachhaltigkeit bei mationen stattgefunden hat, diese aber 18-Replacement durch andere Virustypen Die besagte Zahl von 70% wird in den faktisch nach wie vor nicht hinreichend stattfinden, es können Kreuzimmunitä Informationsmaterialien bezogen auf die mit entsprechenden Zahlen unterlegt ten auftreten, und die Impfwirkung kann Reduktion der Erkrankungs- als auch werden. Der Anteil rein werbender Be bei vorab nicht mit HPV 16/18 infizierten Sterblichkeitsrate genannt. Die ätiolo richterstattung ist in den Materialien zur Frauen anders ausfallen als bei vorab in gischen Erkenntnisse besagen aber le HPV-Impfung mit 39% und in den Mate fizierten. Darüber hinaus sind Fragen zur diglich – wie oben bereits ausgeführt –, rialien zum Pap-Screening mit 50% im Dauer der Immunität und zur Möglich dass 70% der Gebärmutterhalskrebse mit mer noch hoch. keit einer Boosterung durch Nachimpfen HPV 16/18 assoziiert sind. Auch werden Ein Verständnisproblem bei der Be offen. Diese Fragen lassen sich ex ante, viele Prozentzahlen oftmals ohne Bezug richterstattung zur Effektivität der HPV- das heißt ohne empirische Untersuchung zur Population, Basisrate, zu Zielgrößen Impfung betrifft die ätiologische Er zur Wirksamkeit der Impfung, nicht be (Infektion, Dysplasie, Krebs) und zum kenntnis, dass 70% der Gebärmutterhals antworten. So ist zwischen den ätiologi Untersuchungszeitraum angeführt. Sol krebse mit HPV 16/18 und 20% mit an schen Erkenntnissen zu den Risikofak che Aussagen haben keinen Informations deren onkogenen HPV-Typen assoziiert toren für die Ausprägung einer Krebs gehalt und suggerieren eine vermeintliche sind [46]. Da also HPV 16/18 die häufigs erkrankung (70% aller Zervixkarzinome Sicherheit, insbesondere dann, wenn von ten Verursacher des Gebärmutterhals sind mit HPV 16/18 assoziiert), daraus ab einem über 90%- oder 100%igen Schutz krebses sind, wurde zuerst ein Impfstoff geleiteten Hypothesen zur Entwicklung vor einer Krebserkrankung die Rede ist, gegen diese Virustypen entwickelt. Das von Innovationen (70% der Karzinome wobei sich Letzterer aber tatsächlich nur ist ausgesprochen plausibel. Das heißt könnten durch die Impfung verhindert auf die Infektion mit HPV 16/18 oder auf jedoch nicht, dass durch die Impfung werden) und der Wirksamkeit der Prä HPV-16/18-assoziierte Dysplasien bei 70% der Zervixkarzinome „verschwin ventionsmaßnahme (13,5 bis 27% aller HPV-16/18-naiven Frauen beziehen kann. den“, was aber nicht selten in den Berich Krebsvorstufen wurden bei den Studien Verfügbare empirische Daten zur Wirk ten behauptet wird. Auch ist ein nahezu teilnehmerinnen in einem Nachbeobach samkeit der Impfung betreffen also nur 100%iger Schutz vor einer HPV-16/18-In tungszeitraum von drei Jahren durch die die Immunität gegen HPV 16/18 und den fektion nicht mit einem 100%igen Schutz Impfung verhindert [21]) zu differenzie Krebssurrogatmarker „Dysplasie“. Die vor einer Zervixkarzinom-Erkran ren. Ergebnisse aus Studien haben zu heute vorliegenden Daten ermöglichen kung gleichzusetzen. Um die tatsächli dem Auswirkung auf die konkrete Aus aber noch keine Aussagen über die un chen Auswirkungen der Impfung auf das gestaltung der Impfempfehlung. So wird mittelbare Auswirkung der Impfung auf Krankheitsgeschehen zu prüfen, müs die Impfung für Nicht-Infizierte vor dem die eigentliche Zielkrankheit, das heißt sen klinische Studien durchgeführt wer ersten Geschlechtsverkehr empfohlen, da auf den eigentlichen Endpunkt „Zervix den: Beispielsweise könnte ein HPV-16/ sie sich dann am wirksamsten zeigte. karzinom“, da die Gewinnung diesbezüg 1208 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11 · 2011
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