Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
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Vorwort Vorwort Wachstumsmärkten ab. Eine neue Bipolarität mit neuen Trennlinien quer durch den Indo-Pazifik würde diesen Interessen entgegenwirken. Statt- dessen müssen wir unsere Beziehungen in die Re- gion weiter diversifizieren – sowohl geographisch als auch thematisch. Deutschland muss sich noch stärker mit exis- COVID-19 hat vieles auf der Welt durcheinan- tenziellen Sicherheitsbelangen seiner bewährten dergebracht und bewährte Gewissheiten in Frage Partner auseinandersetzen, sich an der Formulie- gestellt. Gleichzeitig hat die Pandemie Trends rung von Antworten beteiligen und konkrete Bei- verstärkt, die sich bereits zuvor abzeichneten. träge leisten – durch Vermittlung von Erfahrung Dazu zählen die wachsende wirtschaftliche und und Expertise, durch eine verantwortungsvolle politische Bedeutung Asiens und die sich verhär- Rüstungsexportkontrolle, die auch die strategi- tende strategische Rivalität zwischen den USA sche Qualität der Beziehungen zu den Ländern und China. Bereits heute ist abzusehen: Mehr als der Region in Rechnung stellt, durch rüstungs- irgendwo sonst entscheidet sich die Ausgestaltung kontrollpolitische Initiativen, aber auch durch der internationalen Ordnung von morgen im die Beteiligung an Übungen sowie an kollektiven Indo-Pazifik. Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der regelba- sierten Ordnung in Umsetzung von Resolutionen Als global agierende Handelsnation und Ver- der Vereinten Nationen. fechter einer regelbasierten internationalen Ordnung darf Deutschland sich im Angesicht So dynamisch sich der Indo-Pazifik entwickelt, dieser dynamischen Entwicklung nicht mit einer so schwach ist dieser Raum institutionell und Zuschauerrolle begnügen. In vielen Bereichen normativ durchdrungen. Was uns seit Jahrzehn- der bilateralen Zusammenarbeit haben wir einen ten prägt – die Einbettung in die Europäische Uni- hervorragenden Ruf und besetzen wichtige The- on, in gesamteuropäische Institutionen wie die men wie Klima- und Umweltschutz, erneuerbare OSZE mit ihrem umfassenden Sicherheitsbegriff, Energien und Berufsbildung. Zu einer Reihe von den Europarat zur Förderung von Rechtsstaat- Ländern in der Region unterhält Deutschland lichkeit, Menschenrechte und Demokratie sowie Strategische Partnerschaften mit einer großen die NATO als Bündnis kollektiver Verteidigung –, Schnittmenge gemeinsamer Interessen. ist im Indo-Pazifik, wenn überhaupt, nur sehr partiell vorhanden. Gleichwohl gibt es vielfältige Wir müssen jedoch weitergehen. Der Wohl- Initiativen und – insbesondere in Gestalt des Ver- stand unserer Gesellschaft hängt von offenen bands Südostasiatischer Staaten (ASEAN) – viel- Seewegen, physischer und digitaler Konnek- versprechende strukturelle Ansätze. tivität und der Teilhabe an funktionierenden 2
Vorwort Wir haben ein hohes Interesse an der Förderung Die Leitlinien der Bundesregierung zum Indo- multilateraler Herangehensweisen in der Region Pazifik sind ein zukunftsorientierter, strategischer und vor allem an einer Stärkung ASEANs – im Sin- Wegweiser für die Ausrichtung der deutschen ne der Festigung einer multilateral eingebetteten, Außenpolitik zum Indo-Pazifik. Ich wünsche mir, regelbasierten Multipolarität in der Region. Hierzu dass sie eine Diskussion in Politik, Gesellschaft möchte ich auch im Rahmen der gemeinsam mit und Wissenschaft anregen und zu einem inten- meinem französischen Kollegen initiierten Allianz siven Austausch mit unseren Partnern in der für den Multilateralismus beitragen. Gleichzeitig Region führen. unterstützt die Bundesregierung die EU-Kom- mission bei der Aushandlung von Freihandelsver- trägen – sowohl mit Einzelstaaten der Region als auch perspektivisch mit ASEAN insgesamt. Je stärker wir unseren Ansatz zum Indo-Pazifik europäisch einbetten, desto erfolgreicher werden wir sein. Deutschland unterstützt den Ausbau des europäischen Engagements in der Region und strebt eine enge Abstimmung mit europäischen Heiko Maas Partnern an. Diese Leitlinien können und sollen Bundesminister des Auswärtigen zu einer künftigen EU-Strategie zum Indo-Pazifik beitragen. Im Rahmen unserer laufenden EU-Rat- spräsidentschaft werde ich mich hierfür einsetzen. 3
Inhalt Inhalt I Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Prinzipien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Initiativen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II Gestaltungsfelder.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Multilateralismus stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Dem Klimawandel entgegentreten und die U mwelt schützen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Frieden, Sicherheit und Stabilität stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eintreten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Regelbasierten, fairen und nachhaltigen Freihandel stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Räume und Märkte regelbasiert vernetzen und digital transformieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Menschen über Kultur, Bildung und Wissenschaft zusammenbringen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 III Aufstellung Deutschlands im Indo-Pazifik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Deutsche Auslandsvertretungen im Indo-Pazifik.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Wirtschaft.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Deutsche bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Kultur und Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Wissenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5
I Zusammenfassung I Zusammenfassung 6
I Zusammenfassung Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 7
I Zusammenfassung Mit dem Aufstieg Asiens verschieben sich die poli- USA, Indien, Australien, Frankreich oder auch tischen und ökonomischen Gewichte zunehmend der Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN). in den indo-pazifischen Raum. Die Region wird Sämtliche Indo-Pazifik-Konzeptionen nehmen zum Schlüssel für die Ausgestaltung der internati- Bezug auf die regelbasierte internationale Ord- onalen Ordnung im 21. Jahrhundert. nung. Sie unterscheiden sich jedoch in Zielset- zung, Gewichtung unterschiedlicher Politikfelder, Der Indo-Pazifik hat keine klar definierte geo- Stellenwert multilateraler Ansätze und vor allem grafische Ausdehnung. Er wird von unterschied- in der Frage der Einbeziehung Chinas als Regi- lichen Akteuren unterschiedlich definiert. Die onalmacht und aufstrebender Weltmacht, die Bundesregierung versteht unter dem Indo-Pazifik Regeln der internationalen Ordnung stellenweise die Gesamtheit des vom Indischen Ozean und in Frage stellt. vom Pazifik geprägten Raums. Hier konkurrieren strategische Projektionen und verflechten sich Als global agierende Handelsnation und Verfech- globale Wertschöpfungsketten. ter einer regelbasierten internationalen Ordnung hat Deutschland – eingebettet in die Europäische Die Region hat eine im Weltmaßstab junge, gut Union – ein hohes Interesse, an den Wachstums- ausgebildete Bevölkerung und blickt insgesamt dynamiken Asiens zu partizipieren und an der auf ein jahrzehntelanges beachtliches Wirt- Gestaltung des Indo-Pazifiks sowie der Umset- schaftswachstum zurück. Mit China, Japan und zung globaler Normen in regionalen Strukturen den USA sind die drei größten Volkswirtschaf- mitzuwirken. Umso wichtiger ist die Selbstverge- ten der Welt Pazifikanrainer. In wenigen Jahren wisserung über Interessen und Prinzipien sowie könnte mit Indien eine weitere Macht des in- die zentralen Gestaltungsfelder deutscher Politik do-pazifischen Raumes zur Nummer 4 aufrücken. in der Region. Die vorliegenden Leitlinien sollen 20 von 33 Megastädten weltweit befinden sich in dies leisten. dieser Region. Mit wachsender Wirtschaftsleis- tung werden die Länder der Region zunehmend Die Leitlinien sollen Anknüpfungspunkte und selbstbewusste Partner in der internationalen Zu- Angebote für die Zusammenarbeit mit Partnern sammenarbeit einschließlich des Kampfes gegen in der Region aufzeigen und zu einer künftigen den Klimawandel und den weltweiten Verlust der EU-Gesamtstrategie beitragen. biologischen Vielfalt. Obwohl die Mehrzahl der Staaten des Indo- Pazifiks ein relativ hohes Maß an innerer Stabi- lität aufweist, ist das Gesamtgefüge der Region angesichts erheblicher Machtverschiebungen und wachsender Differenzen in Bewegung. Zurück- liegende Konflikte wirken sich bis heute auf die Stabilität aus. Der Raum ist institutionell und normativ wenig durchdrungen und von stark zunehmenden Rüstungsdynamiken geprägt. Immer mehr Regierungen, Organisationen und Institutionen weltweit machen den Indo-Pazifik zum konzeptionellen Referenzrahmen und damit zur Grundlage ihrer Politik, so etwa Japan, die 8
I ZusammenfassungInteressen Interessen In ihrer Politik zum Indo-Pazifik lässt sich die →→ Weder Unipolarität noch Bipolarität: Hege- Bundesregierung von folgenden Interessen leiten: moniale Vereinnahmung, aber auch die Ver- festigung bipolarer Strukturen würden einen →→ Frieden und Sicherheit: Im indo-pazifischen Ansatz vertiefter und diversifizierter Partner- Raum liegen mit China, Indien und Pakistan schaften in der Region gefährden. Kein Land drei Nuklearmächte, ferner Nordkorea mit soll – wie in Zeiten des Kalten Krieges – vor die einem Nuklearwaffenprogramm; hinzu kom- Wahl gestellt werden, sich zwischen zwei Seiten men die USA und Russland als Pazifikanrainer entscheiden zu müssen, bzw. in einseitige Ab- sowie Frankreich und Großbritannien mit hängigkeiten geraten. Die freie Wahl über die indo-pazifischen Territorien. Neben zuneh- Zugehörigkeit zu wirtschaftlichen und (sicher- menden geopolitischen Spannungen und offen heits-)politischen Strukturen ist für Länder des ausgetragenen Machtrivalitäten gibt es zahl- indo-pazifischen Raums zentral. reiche umstrittene Grenzverläufe, schwelende innere und grenzüberschreitende Konflikte →→ Offene Seewege: Mehr als 90 Prozent des welt- mit erheblichen Flüchtlingsbewegungen sowie weiten Außenhandels werden auf dem Seeweg Netzwerke des regionalen und des internati- abgewickelt, davon ein Großteil über den Indi- onalen Terrorismus, die sich negativ auf die schen und Pazifischen Ozean. Bis zu 25 Prozent globale Stabilität sowie auf unsere Interessen in des seewärtigen Welthandels gehen durch der Region auswirken können. die Straße von Malakka: Auf täglich mehr als 2.000 Schiffen werden durch dieses Nadelöhr →→ Diversifizierung und Vertiefung der Beziehun- Handelsgüter zwischen dem Indischen Ozean gen: Verlässliche Partnerschaften sind Grund- und dem Südchinesischen Meer transportiert. lage für wirksames und nachhaltiges Handeln Eine Beeinträchtigung dieser Seehandelswege im 21. Jahrhundert. Bereits heute unterhält und damit der Lieferketten von und nach Euro- Deutschland freundschaftliche Beziehungen zu pa hätte gravierende Folgen für Wohlstand und fast allen Staaten des Indo-Pazifiks, mit eini- Versorgung unserer Bevölkerung. gen Staaten auch strategische Partnerschaften. Die Bundesregierung wird ihre Beziehungen →→ Offene Märkte und Freihandel: Der Anteil der sowohl geografisch als auch thematisch weiter Länder Südasiens, Südostasiens, Ostasiens diversifizieren – zur Vermeidung einseitiger sowie Australiens und Neuseelands am deut- Abhängigkeiten und zur stärkeren Verflechtung schen Warenhandelsaustausch ist während der mit den Kraftzentren von morgen. Bestehende vergangenen Jahrzehnte konstant angestiegen Schwerpunkte der Zusammenarbeit insbeson- und beläuft sich mittlerweile auf über 20 Pro- dere in den Bereichen Handel, Investitionen zent bzw. auf knapp 420 Mrd. EUR (2019). Die und Entwicklung müssen strategisch ausge- Direktinvestitionen in der Region steigen seit baut werden. Gleichzeitig muss es künftig um Jahren überproportional im Verhältnis zu den eine Stärkung der politischen Dimension der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen. Beziehungen gehen – bis hin zu einer intensi- Von diesen Handels- und Investitionsbeziehun- veren sicherheitspolitischen Zusammenarbeit. gen hängen in Deutschland Millionen Arbeits- Dabei kommt dem Schulterschluss mit den plätze ab. Angesichts des großen Potentials hat Demokratien und Wertepartnern der Region Deutschland ein vitales Interesse an offenen besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig wird die Märkten in der Region. Die Bundesregie- Bundesregierung die Zusammenarbeit in den rung ist der Überzeugung, dass regelbasierter Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft Freihandel zu Wohlstandsgewinnen auf beiden intensivieren. Seiten führt. Sie unterstützt die Stärkung des 9
I ZusammenfassungInteressen multilateralen Handelssystems mit der WTO →→ Zugang zu faktenbasierter Information: In Zeiten im Zentrum sowie inklusive und nachhaltig ge- wachsender Bedeutung sozialer Medien ist staltete Freihandelsabkommen im indo-pazifi- Kommunikation auch in der indo-pazifischen schen Raum und setzt sich für deren Abschluss Region ein effektives Instrument der Außenpo- durch die EU ein. litik. Autoritäre Akteure nutzen Kommunikation intensiv, um Zivilgesellschaften zu manipulieren →→ Digitalisierung und Konnektivität: Wirtschafts- und zu beeinflussen. Der erheblichen Verbrei- wachstum und Wohlstand hängen mehr denn tung von Desinformation in der Region tritt die je vom Vernetzen von Räumen, Märkten und Bundesregierung durch die Stärkung des Ange- Maschinen und dem Aufbau von Schlüsseltech- bots faktenbasierter Informationen entgegen. nologien ab. Zur Stärkung der Wettbewerbsfä- higkeit Deutschlands unterstützt die Bundesre- gierung einen Ausbau der Zusammenarbeit im Bereich Digitalisierung und Schlüsseltechnolo- gien. Die Länder des Indo-Pazifiks sind hierbei attraktive Partner. Technische, sicherheitspo- litische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken müssen in der Zusammenarbeit mit der Region berücksichtigt werden. Beim Ausbau von Konnektivität gilt es, einen fairen Wettbe- werb zuzulassen, eine Überschuldung der Emp- fängerstaaten zu vermeiden sowie Transparenz und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. →→ Schutz unseres Planeten: Das rasante Wirt- schaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte im indo-pazifischen Raum hat breiten Bevöl- kerungsschichten große Wohlstandsgewinne ermöglicht. Die steigenden Emissionen tragen jedoch – genauso wie das teilweise immer noch hohe Bevölkerungswachstum und die massive Urbanisierung – zur weiteren Belastung des Weltklimas und der Ökosysteme unseres Plane- ten bei. Diese Entwicklung belastet die natür- lichen Lebensgrundlagen der Menschen und führt in vielen Ländern des Indo-Pazifiks zu sozialen Verwerfungen und in der Konsequenz zu irregulärer Migration – auch nach Europa. Im Interesse künftiger Generationen muss es darum gehen, das Wachstum auch im indo- pazifischen Raum umweltfreundlich und sozi- alverträglich zu gestalten, die Naturressourcen nachhaltig zu bewirtschaften, die einzigartige Biodiversität zu bewahren und mit den Heraus- forderungen der Urbanisierung umzugehen. 10
I ZusammenfassungPrinzipien Prinzipien In ihrer Politik zum Indo-Pazifik sind für die Bun- universelle Geltung. Deutschland ist bereit, ei- desregierung folgende Prinzipien maßgeblich: nen Beitrag zur Durchsetzung von Regeln und Normen in der Region zu leisten. Auch in ande- →→ Europäisches Handeln: Durch ein einiges und ren Bereichen wie Umwelt, Arbeit und Handel, kohärentes Auftreten können die EU und ihre Umgang mit Pandemien, Menschenrechte oder Mitgliedstaaten ihre Interessen besser wahren Rüstungskontrolle lassen sich Fortschritte am und durchsetzen. Ausgehend von ihrer „Globa- ehesten durch regionale oder internationale len Strategie“ aus dem Jahr 2016 konzentriert Regelwerke und Strukturen erzielen. die EU ihr Handeln auf ein stärkeres sicher- heitspolitisches Engagement, eine ambitionier- →→ Entwicklungsziele der Vereinten Nationen: Die te Handels- und Entwicklungspolitik und die Bundesregierung bekennt sich zur Agenda 2030 Umsetzung der EU-Asien-Konnektivitätsstrate- mit den 17 Zielen für eine nachhaltige Ent- gie. Die vorliegenden Leitlinien sollen auch ei- wicklung (Sustainable Development Goals). Sie nen Beitrag zur Erarbeitung einer europäischen setzt sich insbesondere für ein menschenwür- Strategie zum Umgang mit dem Indo-Pazifik diges Leben, Bildung für alle, menschenwürdi- leisten. ge Arbeit, und für eine dauerhafte Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen ein. Geschlech- →→ Multilateralismus: Stärkere politische, wirt- tergerechtigkeit sowie Stärkung und Förderung schaftliche und sicherheitspolitische Vernet- von Frauen sind von zentraler Bedeutung, um zung in und mit der Region führt zu einer Armut zu reduzieren. Daneben wird die Poli- Minderung einseitiger Abhängigkeiten, be- tik der Bundesregierung im indo-pazifischen wahrt Handlungsfähigkeit und Souveränität. Raum geleitet von den Verpflichtungen aus Deutschland und die EU setzen auf die enge dem Übereinkommen von Paris zum Klima- Einbindung der Region in multilaterale Orga- schutz sowie dem Übereinkommen über die nisationen und Gruppen wie G20 und die För- biologische Vielfalt. derung regionaler multilateraler Strukturen im Rahmen eines Netzwerks von Partnerschaften, →→ Menschenrechte: Die Bundesregierung respek- soweit sie – wie im Fall ASEAN – auf Gleichbe- tiert die jeweils eigene Geschichte und Kultur rechtigung der teilnehmenden Staaten beru- der Länder des Indo-Pazifiks. Gleichzeitig setzt hen. Fortschritte im Klima- und Umweltschutz, sie sich für die Durchsetzung der universellen beim regelbasierten Handel, bei Abrüstung, und unteilbaren Menschenrechte ein. Wirt- Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung sowie schaftliche Entwicklung und Achtung von beim Schutz von Menschenrechten lassen sich Menschenrechten stehen nicht im Widerspruch am wirksamsten durch multilaterale Vereinba- zu einander. Es sind komplementäre Ziele, die rungen erzielen. eines gesamtheitlichen Ansatzes bedürfen. →→ Regelbasierte Ordnung: Auch im indo- →→ Inklusivität: Von Frieden, Sicherheit und pazifischen Raum darf nicht das Recht des Stabilität kann die indo-pazifische Region nur Stärkeren, sondern muss die Stärke des Rechts dann profitieren, wenn alle Staaten des Raumes den Ausschlag geben. Dies gilt auch für die gleichermaßen dazu beitragen. Die Bundesre- Schifffahrtswege durch den Indischen Ozean gierung unterstützt inklusive, regionale Ini- und den Pazifik. Das VN-Seerechtsüberein- tiativen der Zusammenarbeit. Sie hält – nicht kommen als umfassender maritimer Ord- zuletzt angesichts der starken Verflechtung nungs- und Kooperationsrahmen und die darin der Volkswirtschaften und der Komplexität festgeschriebenen Schifffahrtsfreiheiten haben globaler Herausforderungen wie Klimawandel, 11
I ZusammenfassungPrinzipien Friedenssicherung und fragile Staatlichkeit – Eindämmungs- und Entkoppelungsstrategien für nicht zielführend. Die ASEAN-zentrierte Sicherheitsarchitektur schafft einen wertvollen Rahmen für die Einbindung wichtiger Akteure. →→ Partnerschaft auf Augenhöhe: Die Politik der Bundesregierung zielt nicht nur darauf ab, Be- ziehungen zu den Akteuren der Region zu in- tensivieren. Vielmehr soll es künftig vermehrt gelingen, im Sinne der gemeinsamen Wahrneh- mung globaler Verantwortung mit Staaten des Indo-Pazifiks in Drittländern partnerschaftlich und auf Augenhöhe zu kooperieren. Dies bietet sich insbesondere im Fall überlappender Inte- ressen und in Gruppen wie G20 an und setzt eine Bereitschaft der Partnerländer voraus. 12
I ZusammenfassungInitiativen Initiativen Multilateralismus stärken →→ Die Bundesregierung wird ihre Zusammen- arbeit mit weiteren Regionalinstitutionen des →→ Die Bundesregierung wird ihr Engagement Indo-Pazifiks intensivieren. Hierzu wird sie: gegenüber ASEAN strategisch aufstellen und intensivieren. Hierzu wird sie: ∙∙ als Dialogpartner des Pacific Islands Forum (PIF) Gipfeltreffen hochrangig wahrnehmen ∙∙ ihre Zusammenarbeit mit ASEAN-Instituti- und weitere Projekte fördern, onen ausbauen und die Unterstützung des ASEAN-Sekretariats fortsetzen, ∙∙ die Umsetzung des Strategischen Plans 2021–2025 der Mekong River Commission ∙∙ eine Aufwertung ihrer Beziehungen zu ASE- (MRC) unterstützen, AN von einer Entwicklungspartnerschaft zu einer Dialogpartnerschaft anstreben, ∙∙ Asien-Europa-Treffen (ASEM) als Plattform zum Austausch zu aktuellen und strate- ∙∙ einen Beobachterstatus beim ASEAN- gischen Themen nutzen und zu einem Verteidigungsministertreffen Plus (ADMM+) konstruktiven Austausch beitragen, anstreben, ∙∙ die finanzielle Förderung der Asia-Europe ∙∙ das klimapolitische Profil ihrer Zusammen- Foundation (ASEF) fortsetzen, um zivilgesell- arbeit mit ASEAN über Vorhaben in den schaftliche Begegnung und Zusammenarbeit Bereichen Biodiversitätsschutz, Meeresmüll, zwischen Europa und Asien in den Bereichen urbane Klimaresilienz und nachhaltige Journalismus, Menschenrechte und Kunst städtische Mobilität stärken, auszubauen, ∙∙ die entwicklungspolitische Zusammenarbeit ∙∙ mit der Bay of Bengal Initiative for Multi- mit ASEAN zur Förderung der regionalen In- Sectoral Technical and Economic Cooperati- tegration, Berufsbildung sowie in den Berei- on (BIMSTEC) den Austausch intensivieren chen Umwelt und Klimaschutz ausbauen. und möglichst institutionalisieren, dabei an bestehende Projekte wie zur Maritimen →→ Die Bundesregierung wird, in enger Abstim- Governance mit Sri Lanka anknüpfen, mung mit ihren EU-Partnern, die Rolle der EU als Partner von ASEAN stärken. Hierzu wird sie: ∙∙ die Zusammenarbeit mit der Indian Ocean Rim Association (IORA) in den Bereichen ∙∙ für eine zeitnahe Aufwertung der EU-ASE- Wirtschaft, maritime Sicherheit sowie Kata AN-Beziehungen zu einer Strategischen strophen- und Risikomanagement ausbauen. Partnerschaft werben, ∙∙ sich für einen Ausbau des sicherheitspoliti- schen Engagements der EU in den sicher- heitspolitischen Foren ASEANs einsetzen und dieses E ngagement durch konkrete Projekte flankieren. 13
I ZusammenfassungInitiativen →→ Die Bundesregierung wird sich gemeinsam mit ∙∙ für eine substantielle Emissionsminderung Partnern des Indo-Pazifiks für die Wahrung werben und die Bemühungen der EU unter- der regelbasierten Ordnung einsetzen. Hierzu stützen, gemeinsam mit China, Indien und wird sie: anderen Staaten der Region Klimaschutz- verpflichtungen zu erreichen, die über die ∙∙ sich gemeinsam mit Indien und Japan dafür bisherigen Zusagen hinausgehen, engagieren, dass das Vorhaben zur Reform und Stärkung der Handlungsfähigkeit des ∙∙ ihre Unterstützung für die pazifischen Insel- VN-Sicherheitsrates zu einem erfolgreichen staaten und weitere besonders betroffene Abschluss geführt wird, Staaten der Region beim Umgang mit kli- mawandelbedingten Risiken, einschließlich ∙∙ sich gemeinsam mit Partnern im Indo-Pazifik Sicherheitsrisiken ausbauen, für eine starke Rolle des Internationalen Wäh- rungsfonds (IMF) und der Weltbank sowie ∙∙ die bilaterale und regionale Zusammenarbeit eine Stärkung und Reform der Welthandel- im Bereich Meeresvermüllung und bei ent- sorganisation (WTO) einsetzen, wicklungspolitischen Projekten im Bereich Meeresschutz ausbauen, ∙∙ sich gemeinsam mit Partnern im Indo-Pazifik für eine Stärkung der Weltgesundheitsor- ∙∙ im Sinne der „Leitlinien der Bundesregie- ganisation (WHO) sowie einen Lessons-Le- rung zur Förderung von entwaldungsfreien arned-Prozess und für eine Stärkung multila- Lieferketten von Agrarrohstoffen“ von 2020 teraler Strukturen zur Pandemiebewältigung konkrete Vorhaben auf- und ausbauen sowie und -prävention einsetzen, Dialogformate mit Produzenten- und Konsu- mentenländern im Indo-Pazifik unterstützen, ∙∙ im Indo-Pazifik verstärkt für die deutsch- französische Initiative Allianz für den Mul- ∙∙ Projekte zu emissionsarmer und nachhaltiger tilateralismus werben – auch durch Berück- Palmöl-Entwicklung mit Schwerpunktlän- sichtigung von Themen, die eine besondere dern ausbauen, Relevanz für die Region haben. ∙∙ die Integration ökosystembasierter Anpas- →→ Die Bundesregierung wird sich gemeinsam mit sungsmaßnahmen in nationale Anpassungs- Frankreich für die Erarbeitung einer europä- strategien fördern, ischen Strategie zum Umgang mit dem Indo- Pazifik einsetzen. ∙∙ den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt durch konkrete Projekte fördern und die Partnerländer bei der Ent- wicklung und Umsetzung nationaler Biodi- Dem Klimawandel entgegentreten versitätsstrategien unterstützen, und die Umwelt schützen ∙∙ die Zusammenarbeit zu Grünem Wasserstoff, →→ Die Bundesregierung wird ihre Zusammenar- insbesondere mit Australien ausbauen, beit im Indo-Pazifik in den Bereichen Klima- schutz, Anpassung an den Klimawandel, Schutz der Biodiversität, erneuerbare Energien und Energieeffizienz intensivieren. Hierzu wird sie: 14
I ZusammenfassungInitiativen ∙∙ Projekte gegen Wilderei und den illegalen fortsetzen und sich gemeinsam dafür einset- Wildtierhandel unterstützen und sich für ein zen, die sicherheitspolitische Dimension des Verbot bestimmter Formen des Handels von Klimawandels systematisch in der Arbeit der Wildtieren zum Verzehr einsetzen, Vereinten Nationen zu verankern, ∙∙ die enge Zusammenarbeit mit Indien im ∙∙ aufbauend auf den „Berlin Call for Action“ Bereich Klimaschutz, Klimaanpassung und von 2019 das Format der Berlin Climate and erneuerbare Energien intensivieren und der Security Conference fortführen und etablieren, gemeinsam von Indien und Frankreich initi- ierten „International Solar Alliance“ beitreten, ∙∙ im Rahmen der Amsterdam Declarations Partnership mit waldreichen Ländern ∙∙ im Rahmen der Powering Past Coal Alliance des Indo-Pazifiks für eine nachhaltigere gemeinsam mit weiteren Mitgliedstaaten und Palmöl- und Kautschukproduktion eng Partnern den Ausstieg aus der Kohleverstro- zusammenarbeiten. mung sowie die Beendigung der Finanzie- rung von Kohlekraftwerken durch asiatische Staaten vorantreiben, Frieden, Sicherheit und ∙∙ bestehende Energiepartnerschaften ausbauen Stabilität stärken und neue Partnerschaften, insbesondere im südostasiatischen Raum, eingehen. →→ Die Bundesregierung wird ihr sicherheitspoli- tisches Engagement im Indo-Pazifik ausweiten. →→ Die Bundesregierung wird ihr multilaterales Hierzu wird sie: Engagement im Bereich Klima- und Umwelt- schutz mit dem Indo-Pazifik ausbauen. Hierzu ∙∙ sich an Maßnahmen zu Schutz und Siche- wird sie: rung der regelbasierten Ordnung im Indo-Pa- zifik wie etwa der Sicherung der Prinzipien ∙∙ den Grünen Klimafonds kumulativ mit des VN-Seerechtsübereinkommens oder auch 2,25 Mrd. EUR und damit als einer der größ- der Überwachung der VN-Sanktionen gegen ten Geldgeber unterstützen, Nordkorea beteiligen, ∙∙ sich für ein ambitioniertes globales Rahmen- ∙∙ die sicherheits- und verteidigungspoliti- werk für den Erhalt der biologischen Vielfalt sche Kooperation in der Region mit ihren nach 2020 im Rahmen des Übereinkommens Partnern ausbauen. Dies kann die Teilnahme über die biologische Vielfalt (CBD) einsetzen an sicherheitspolitischen Foren, die Teilnah- und dessen Umsetzung gemeinsam mit Part- me an Übungen in der Region, gemeinsame nern des Indo-Pazifiks vorantreiben, auch in Evakuierungsplanungen, die Entsendung von enger Kooperation mit China im Rahmen der Verbindungsoffizieren sowie verschiedene nächsten Vertragsstaatenkonferenz der CBD Formen maritimer Präsenz umfassen, in Kunming (CoP 15), ∙∙ dem regionalen Kooperationsabkommen zur ∙∙ die enge Zusammenarbeit mit einer Vielzahl Bekämpfung von Piraterie und bewaffnetem an Ländern im Indo-Pazifik, insbesondere Raub gegen Schiffe in Asien ReCAAP beitre- mit den Pazifischen Inseln, in der multilate- ten, um aktiv an der Bekämpfung von Pirate- ralen Freundesgruppe Klima und Sicherheit rie im indo-pazifischen Raum mitzuwirken, 15
I ZusammenfassungInitiativen ∙∙ über konkrete Projekte zum internationalen Extremismus und für gesellschaftlichen Seerecht einen substantiellen und rechts- Zusammenhalt engagieren, verbindlichen Verhaltenskodex – Code of Conduct – zwischen China und den ASE- ∙∙ entwicklungspolitisch an den Ursachen von AN-Mitgliedstaaten für das Südchinesische gewalttätigen Konflikten arbeiten. Meer unterstützen, →→ Die Bundesregierung wird ihr r üstungskontroll- ∙∙ die sicherheitspolitischen Kooperationsfor- und exportkontrollpolitisches Engagement im mate von ASEAN unterstützen und auf diese und mit dem Indo-Pazifik erhöhen. Hierzu Weise auch die sicherheitspolitische Rolle der wird sie: EU stärken, ∙∙ im Dialog mit der Nuklearmacht China als ∙∙ sich innerhalb der NATO für den Ausbau der Vertragsstaat des Nichtverbreitungsvertrags Beziehungen zu den „Partners Across the auf Chinas Bereitschaft zu verifizierbarer Globe“ (u. a. Australien, Japan, Neuseeland Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung und Südkorea) einsetzen, hinwirken, ∙∙ die bilaterale Verteidigungszusammenarbeit ∙∙ die Missile Dialogue Initiative (MDI) sowie das im Einklang mit exportkontrollpolitischen Konferenzformat zum Umgang mit neuen Verpflichtungen sowie unter Berücksichti- Technologien („Capturing Technology. Re gung der strategischen Qualität ihrer Bezie- thinking Arms Control“) unter Einbeziehung hungen zu Ländern der Region pflegen, zentraler Akteure des Indo-Pazifiks ausbauen, ∙∙ die cybersicherheitspolitische Zusammenar- ∙∙ sich für eine weitere Universalisierung des beit und den Dialog mit Wertepartnern der Vertrags über den Waffenhandel (Arms Trade Region (u. a. Singapur, Australien, Japan, Süd- Treaty ATT) in der bislang noch unterreprä- korea) ausbauen, um den Schutz der eigenen sentierten indo-pazifischen Region einsetzen, Informations- und Kommunikationssysteme, die kollektive Verteidigungsfähigkeit und Re- ∙∙ die ASEAN-Staaten beim Kapazitätsaufbau in silienz gegenüber wachsenden Bedrohungen der Exportkontrolle und der Bekämpfung von im Cyber- und Informationsraum zu stärken, Proliferationsfinanzierung unterstützen. ∙∙ im Lichte der jeweiligen Bedarfslage weitere Länder des Indo-Pazifiks in die Ertüchti- gungsinitiative einbeziehen, Für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eintreten ∙∙ mehr Mittel für Stabilisierung und Mediation im Indo-Pazifik bereitstellen. →→ Die Bundesregierung wird sich für die Stärkung der menschenrechtlichen Situation in Ländern →→ Die Bundesregierung wird weiterhin Maßnahmen des Indo-Pazifiks und die Umsetzung interna- zur zivilen Krisenprävention, Konfliktbewältigung tionaler Menschenrechtsstandards einsetzen. und Friedensförderung umsetzen. Hierzu wird sie: Hierzu wird sie: ∙∙ sich in bilateralen Projekten und mit der Zivilgesellschaft gegen gewalttätigen 16
I ZusammenfassungInitiativen ∙∙ die Meinungs- und Pressefreiheit fördern, Regelbasierten, fairen und insbesondere über Expertise der Deutschen nachhaltigen Freihandel stärken Welle, Mediendialoge, Journalistenschulungen zu Medienkompetenz, Qualitätsjournalismus →→ Die Bundesregierung wird die Rahmenbedin- und Meinungsvielfalt im indo-pazifischen gungen zur Diversifizierung und Intensivierung Raum, der wirtschaftlichen Beziehungen im indo- pazifischen Raum verbessern. ∙∙ durch regelmäßige Dialogformate Religions- und Weltanschauungsfreiheit, religiöse Tole- →→ Die Bundesregierung wird die Handelspolitik ranz und Friedensverantwortung der Religio- der EU unterstützen und sich für eine Stärkung nen im Indo-Pazifik fördern, des multilateralen Handelssystems mit der Welthandelsorganisation (WTO) im Zentrum ∙∙ ihr Engagement im Bereich „Wirtschaft und gemeinsam mit den Ländern im Indo-Pazifik Menschenrechte“ kontinuierlich intensivie- einsetzen. ren und das Auslandsunterstützungsnetz- werk im Indo-Pazifik ausbauen, →→ Die Bundesregierung wird die Handelspolitik der EU im Indo-Pazifik aktiv dabei unter- ∙∙ durch konkrete Projekte eine lebendige stützen, bestehende Handels- und Investiti- Zivilgesellschaft im indo-pazifischen Raum onshemmnisse beidseitig abzubauen sowie unterstützen und fördern. verbindliche Regeln für Umwelt- und Sozial- standards, Klimaschutz sowie Wettbewerbspo- →→ Die Bundesregierung wird sich im Dialog mit litik, Staatsunternehmen, Subventionen und den Regierungen im Indo-Pazifik im bilateralen den Schutz geistigen Eigentums zu verankern. Rahmen, auf Ebene der Europäischen Union Hierzu wird sie: (Menschenrechtsdialoge) sowie in multilatera- len Foren, insbesondere dem VN-Menschen- ∙∙ einen besseren Marktzugang für deutsche rechtsrat, offen und kritisch austauschen. Dabei und europäische Produkte schaffen sowie fai- wird sie sich auch für aus politischen Gründen ren Wettbewerb und Nachhaltigkeit fördern, Verfolgte einsetzen. ∙∙ den im Kontext von COVID-19 erkennbaren →→ Die Bundesregierung wird die Verbreitung Tendenzen der „Deglobalisierung“ entgegen- von faktenorientierter Information im indo- treten und stattdessen die Diversifizierung pazifischen Raum fördern und die Resilienz von Lieferketten unterstützen, gegen Desinformation durch konkrete Pro- jekte stärken. Hierzu wird sie ein Regionales ∙∙ sich gemeinsam mit europäischen Partnern Deutschlandzentrum in Singapur errichten. für zügige Fortschritte der Verhandlungen von Freihandelsabkommen der EU mit den →→ Die Bundesregierung wird unter der Maßgabe jeweiligen Ländern im Indo-Pazifik einsetzen, der Reformwilligkeit des jeweiligen Staates und insbesondere mit Neuseeland, Australien und der Erfolgsaussichten der Maßnahmen wei- Indonesien und in weiteren Schritten für tere Projekte im Indo-Pazifik im Rahmen der die Wiederaufnahme von Verhandlungen zu Rechtsstaatsförderung unterstützen, insbeson- einem EU-Freihandelsabkommen mit ASEAN, dere im Bereich Zugang zu „Recht für alle“. 17
I ZusammenfassungInitiativen ∙∙ die Modernisierung bestehender Freihandel- Räume und Märkte regelbasiert sabkommen voranbringen, insbesondere mit vernetzen und digital transformieren Südkorea, →→ Die Bundesregierung wird die Konnektivität zum ∙∙ die Verhandlungen der EU für ein umfassen- und im Indo-Pazifik ausbauen. Hierzu wird sie: des und ambitioniertes Investitionsabkom- men mit China unterstützen, um bestehende ∙∙ sich gemeinsam mit EU-Partnern für eine Marktzugangsasymmetrien abzubauen und zügige und umfassende Implementierung der faire und diskriminierungsfreie Wettbe- EU-Asien-Konnektivitätsstrategie auf EU- werbsbedingungen zu schaffen. Ebene einsetzen, →→ Die Bundesregierung wird das Engagement ∙∙ diese Strategie durch bilaterales Engagement deutscher Unternehmen im indo-pazifischen flankieren und hierbei an bestehende Koope- Raum flankieren. Hierzu wird sie: rationen anknüpfen, wie den „Green Energy Corridors“ mit Indien, ∙∙ das Potential strategischer Auslandsprojekte künftig stärker und gezielter nutzen, ∙∙ die EU bei der Umsetzung der EU-Japan-Part- nerschaft für nachhaltige Konnektivität ∙∙ einen Beitrag zum Ausbau des Konferenz unterstützen, formats der Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft als Flaggschiff deut- ∙∙ sich im Schulterschluss mit Partnern in der scher Wirtschaftstätigkeit im Ausland leisten, EU für eine intensivierte EU-ASEAN-Zusam- menarbeit im Bereich Konnektivität und ∙∙ das Netz der Auslandshandelskammern (AHK) perspektivisch eine EU-ASEAN-Konnektivi- unterstützen, tätspartnerschaft einsetzen, ∙∙ Berufsbildungskooperationen im indo- ∙∙ sich für einen raschen Abschluss der Ver- pazifischen Raum ausweiten, handlungen zu einem umfassenden Luft- verkehrsabkommen zwischen der EU und ∙∙ sich im Rahmen des Bündnisses für nachhal- ASEAN (EU-ASEAN Comprehensive Air tige Textilien weiter für mehr Nachhaltigkeit Transport Agreement CATA) einsetzen, in der Textilindustrie, auch in Produktions- ländern des Indo-Pazifiks, einsetzen. ∙∙ für hohe Standards und Nachhaltigkeit bei Konnektivitätsprojekten eintreten, →→ Die Bundesregierung wird es Studierenden, Fachkräften sowie Spezialistinnen und Spe- ∙∙ zur Finanzierung von Konnektivitätsvorha- zialisten gezielt erleichtern, zum Studium, ben national und auf EU-Ebene beitragen. zur Ausbildung oder Arbeitsaufnahme nach Deutschland einzureisen bzw. (zeitlich befris- →→ Die Bundesregierung wird die digitale Transfor- tet) überzusiedeln, indem sie nach Möglichkeit mation vorantreiben und mitgestalten. Hierzu personelle und organisatorische Kapazitäten wird sie: bei der Prüfung von Visaanträgen und bei der Vergabe von Visa im Rahmen vorhandener ∙∙ die Zusammenarbeit mit Ländern des Indo- Ressourcen weiter ausbaut. Pazifiks im Bereich Industrie 4.0 ausbauen, 18
I ZusammenfassungInitiativen ∙∙ den bestehenden engen Austausch zur digi- ∙∙ Fördermaßnahmen für deutsche Wissen- talen Transformation mit Australien, Japan, schaftlerinnen und Wissenschaftler ausbauen, Südkorea intensivieren, Chancen der digitalen insbesondere für gemeinsame Forschungs- Transformation durch eine enge Kooperation vorhaben mit Wertepartnern im indo-pazi- mit Partnern wie Japan, Indien und Südkorea fischen Raum im Bereich der strategischen bei Forschung, Entwicklung und Standar- und innovativen Zukunftsfelder, disierung sowie durch Schulterschluss auf multilateraler Ebene besser nutzen, ∙∙ die Chinesisch-Deutsche Hochschule der Tongji-Universität, die Vietnamesisch- ∙∙ einen visionären Austausch jenseits von 5G Deutsche Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt mit indo-pazifischen Partnerländern suchen. sowie die Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH) in Neu Delhi und →→ Die Bundesregierung wird die Wettbewerbs Tokyo als Leuchtturmprojekte der deutschen fähigkeit Deutschlands bei Schlüsseltechnolo- Außenwissenschaftspolitik begleiten und gien stärken. Hierzu wird sie: unterstützen, ∙∙ Kooperationsmöglichkeiten mit Ländern ∙∙ sich im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und des Indo-Pazifiks zu Schlüsseltechnologien Bildungspolitik für die Freiheit von Kultur- suchen, insbesondere mit Singapur, Australien, schaffenden, Wissenschaftlerinnen und Wis- Südkorea und Japan, und sich dabei gemein- senschaftlern einsetzen und die Zusammen- sam für eine verantwortungsvolle Nutzung arbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, dieser Technologien einsetzen. die Unterstützung von Journalistinnen und Journalisten und Medienschaffenden und →→ Die Bundesregierung wird sich für die digitale das Engagement im Bereich der Kreativwirt- Souveränität Deutschlands und der EU, ins- schaft kontinuierlich begleiten, besondere mit Blick auf den indo-pazifischen Raum, einsetzen und diese strategisch fördern. ∙∙ das Engagement für den akademischen Aus- tausch und den Kulturerhalt im Indo-Pazifik gemeinsam mit Ländern der Region fortsetzen. Menschen über Kultur, Bildung und Wissenschaft zusammenbringen →→ Die Bundesregierung wird die Zusammenar- beit mit dem Indo-Pazifik im Bereich Kultur, Bildung und Wissenschaft ausbauen. Hierzu wird sie: ∙∙ sich mit den Innovationslandschaften im indo-pazifischen Raum enger vernetzen und hierbei sowohl an bestehende Strukturen wie dem Indo-German Science and Technology Center in Neu Delhi anknüpfen als auch diese als Vorbild für die Zusammenarbeit mit ande- ren Ländern der Region nutzen, 19
II Gestaltungsfelder II Gestaltungsfelder 20
II Gestaltungsfelder Multilateralismus stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Dem Klimawandel entgegentreten und die Umwelt schützen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Frieden, Sicherheit und Stabilität stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eintreten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Regelbasierten, fairen und nachhaltigen Freihandel stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Räume und Märkte regelbasiert vernetzen und digital transformieren.. . . . . . . . . . 52 Menschen über Kultur, Bildung und Wissenschaft zusammenbringen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 21
II Gestaltungsfelder Multilateralismus stärken Multilateralismus stärken 22
II Gestaltungsfelder Multilateralismus stärken Multilateralismus stärken Gerade in Zeiten zunehmender Machtrivalitäten Das Ausmaß der COVID-19-Pandemie hat deut- und Spannungen kommt dem Multilateralismus lich gemacht, wie wichtig es ist, dass sich G20 eine besondere friedens- und stabilitätspolitische und die Vereinten Nationen auch mitten in einer Rolle zu. Multilateralismus bedeutet, dass Staaten globalen Gesundheitskrise handlungsfähig zeigen. ihre eigenen Interessen in Abstimmung und mit Die Bundesregierung hält eine Stärkung der WHO Rücksicht auf andere Länder verfolgen. Dies setzt als wichtigsten multilateralen Akteur im Gesund- eine starke und breit verankerte regelbasierte heitsbereich für erforderlich und findet hierfür Ordnung und eine effiziente und wirksame Zu- bei G20 und im Indo-Pazifik wichtige Mitstreiter. sammenarbeit in und mit internationalen Orga- Ein wichtiger Schritt ist ein von der WHO durch- nisationen voraus. geführter Lessons-Learned-Prozess, der zu einer weiteren Verbesserung des gemeinsamen Um- Globale Herausforderungen wie Klimawandel, gangs mit Pandemien führen soll. Armutsbekämpfung, Migration oder Pandemien können nur durch die internationale Gemein- Die Bundesregierung setzt sich im Lichte der schaft gemeinsam bewältigt werden. Der Kampf Erfahrungen mit der COVID-19-Krise dafür ein, gegen die Verbreitung des Virus SARS-Cov2 zeigt, dass multilaterale Strukturen zur Pandemie- dass multilaterale Zusammenarbeit zur Lösung prävention und Pandemiebewältigung gestärkt der drängenden Probleme der Gegenwart wichti- werden. Sie begrüßt es, dass sich viele Länder des ger ist denn je. Indo-Pazifiks für die Notwendigkeit eines mul- tilateralen Ansatzes zu Stärkung und Schutz der Der Gedanke des Multilateralismus leitet auch die Weltgesundheit aussprechen. Beziehungen Deutschlands zum Indo-Pazifik. Die Bundesregierung setzt in der Zusammenarbeit mit Als globale finanzpolitische Akteure leisten der dieser Region auf enge Einbindung in multilatera- Internationale Währungsfonds (IWF) und die le Organisationen und Gruppen wie G20 sowie die Weltbank einen wichtigen Beitrag zur Stabilität Förderung regionaler Strukturen. Sie strebt eine des internationalen Währungssystems sowie zur Stärkung der Europäischen Union als strategischer Förderung der wirtschaftspolitischen Zusammen- Partner im indo-pazifischen Raum an. arbeit und Entwicklung. Die Bundesregierung unterstützt beide Finanzinstitutionen, beson- Zentraler Akteur für multilaterales Handeln ders auch in ihrer kraftvollen Reaktion auf die auf globaler Ebene ist und bleibt das System der COVID-19-Krise. Gemeinsam mit Partnern aus Vereinten Nationen einschließlich seiner Son- dem Indo-Pazifik setzt sich die Bundesregierung derorganisationen und Gerichtsbarkeit. Bei der für die Stärkung und Reform der Welthandelsor- Reform der Vereinten Nationen kommt Akteuren ganisation (WTO) als zentrale Säule der multilate- aus dem indo-pazifischen Raum eine gewich- ralen, regelbasierten Handelsordnung ein, um den tige Rolle zu: Mit China ist bislang ein Staat der regelbasierten internationalen Handel wiederzu- Region im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beleben, Lieferketten zu sichern und zur Erholung als ständiges Mitglied vertreten. Gemeinsam mit nach der Krise beizutragen. Deutschland setzen sich mit Indien und Japan zwei indo-pazifische Staaten dafür ein, dass das Ein weiteres Element zur Stärkung der internatio- Vorhaben zur Reform und Stärkung der Hand- nalen, multilateralen Zusammenarbeit ist die Allianz lungsfähigkeit des Sicherheitsrates der Verein- für den Multilateralismus, die Deutschland und ten Nationen zu einem erfolgreichen Abschluss Frankreich 2019 ins Leben gerufen haben. Über die- geführt wird. Der Vorschlag zielt auf eine Erweite- ses neue, flexible und themenorientierte Netzwerk rung des VN-Sicherheitsrates ab, um seine Reprä- engagieren sich Staaten in verschiedenen Politikbe- sentativität und damit seine fortgesetzte Autorität reichen und treten für den Erhalt sowie die Weiter- und Legitimität zu sichern. entwicklung der regelbasierten Ordnung ein. Eine 23
II Gestaltungsfelder Multilateralismus stärken Vielzahl von Ländern des Indo-Pazifiks unterstützt Der Verband Südostasiatischer Staaten (Associ- das Engagement der Allianz für den Multilateralis- ation of Southeast Asian Nations ASEAN) ist die mus. Sie steht allen Staaten offen, die einen Beitrag wirkungsvollste Regionalorganisation im In- zur Stärkung der regelbasierten Ordnung und deren do-Pazifik. Die Zusammenarbeit der zehn ASE- künftiger Ausgestaltung leisten wollen. AN-Mitgliedstaaten hat in Fragen von Wirtschaft, Handel und Konnektivität erheblichen Einfluss. Im Zentrum der regelbasierten Ordnung stehen Wegen seiner zentralen Lage spielt ASEAN für insbesondere die Charta der Vereinten Nationen, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand im indo- die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte pazifischen Raum eine wichtige Rolle. und weitere Menschenrechtskonventionen sowie Verträge zu Abrüstung, Rüstungskontrolle und Die Bundesregierung hat ein großes Interesse an Nichtverbreitung. Im Indo-Pazifik mit seiner der Stärkung der Handlungsfähigkeit von ASEAN Prägung durch zwei große Ozeane und maritimen („ASEAN Centrality“) – auch als Kern einer über Konfliktlagen spielt die Integrität und Anwen- Südostasien hinausgehenden Vertrauensbildung dung des geltenden Seerechtsübereinkommens und multilateral strukturierten Zusammenarbeit der Vereinten Nationen eine besondere Rolle. u. a. mit China, Japan, Südkorea, den USA, Russ- land, Indien und Australien. Der Indische Ozean und der Pazifik eröffnen Deutschland unterstützt die Zusammenarbeit der wichtige Transitstrecken für internationale EU mit ASEAN, die als regionale Organisationen Waren- und Rohstofftransporte. Etwa zwei natürliche Partner sind. Seit dem Beginn der Drittel des weltweiten Seehandels passiert auf EU-ASEAN-Partnerschaft im Jahr 1977 hat die Schiffen den Indo-Pazifik. Als Handelsnation Beziehung eine so hohe Dichte erreicht, dass sich hat Deutschland ein genuines Interesse an EU und ASEAN im Grundsatz auf eine Aufwer- Sicherheit und Stabilität im indo-pazifischen tung zu einer Strategischen Partnerschaft ver- Raum. Das Seerechtsübereinkommen der ständigt haben. Dies bedeutet: Angleichung der Vereinten Nationen SRÜ von 1982 stellt den Partnerschaft mit ASEAN an die Partnerschaften, umfassenden, weltweit geltenden Rechtsrah- die die EU z. B. mit China und Indien unterhält, men für eine regelbasierte maritime Ordnung regelmäßigere hochrangige Treffen, umfassende dar. Dies betrifft Seegebietsabgrenzungen und politische Zusammenarbeit. Die Bundesregierung -nutzungen, maritime Zusammenarbeit sowie setzt sich dafür ein, dass diese Aufwertung zügig Streitbeilegungsverfahren (einschließlich des umgesetzt wird. Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg). Deutschland ist – als bislang einziger EU- Mitgliedstaat – seit 2016 sogenannter Entwick- Im Lichte einer zunehmenden außenpolitischen lungspartner von ASEAN. Im Rahmen dieser Priorisierung kommt regionalen Organisationen Partnerschaft trägt die Bundesregierung zu einer und Strukturen eine wachsende Bedeutung zu. Stärkung des ASEAN-Sekretariats bei; daneben Zahlreiche Staaten befürchten eine neue Blockbil- gibt es konkrete Zusammenarbeit in den Berei- dung, und damit einhergehend den Zwang, sich für chen Umwelt und Klimawandel sowie regionale eine Seite entscheiden zu müssen. Sie haben des- Wirtschaftsintegration, regelbasierter Freihan- halb ein Interesse, ihre Beziehungen zu diversifizie- del, Konnektivität und maritime Sicherheit. Mit ren, beziehungsweise durch regionale Strukturen einer finanziellen Unterstützung von mehr als einer hegemonialen Vereinnahmung vorzubauen 97 Mio. EUR seit 2005 ist Deutschland der größte und ihre Entscheidungsautonomie zu wahren. 24
II Gestaltungsfelder Multilateralismus stärken bilaterale Geber für ASEAN innerhalb der EU der Region mit und ist auch selbst zu einer akti- und der fünftgrößte Geber weltweit. veren Mitwirkung bereit. Hierauf aufbauend und basierend auf gegensei- Die EU hat sich bereits um eine Beobachterrolle tigem Vertrauen und Wertschätzung strebt die bei den Aktivitäten des ASEAN Defence Minister’s Bundesregierung eine weitere Intensivierung ihrer Meeting Plus ADMM+ beworben, dem Konferenz- Zusammenarbeit mit ASEAN – inklusive eines format der ASEAN-Verteidigungsminister mit regelmäßigen hochrangigen Austauschs zu regio- acht ihrer Dialogpartner. Die Bundesregierung nalen und globalen Entwicklungen – im Rahmen unterstützt dieses Anliegen, indem sie im Rahmen einer sogenannten Dialogpartnerschaft an. der EU konkrete sicherheitspolitische Beiträge in der Region leistet. Sie zieht perspektivisch in Betracht, sich um einen Beobachterstatus im AD- Mit dem 2020 vollzogenen Beitritt zum Ver- MM+-Format zu bewerben, um die EU bei euro- trag über Freundschaft und Zusammenarbeit päischen Initiativen zu unterstützen. in Südostasien von 1976 (Treaty of Amity and Cooperation in Southeast Asia) hat sich Einem stärkeren Engagement im sicherheitspo- Deutschland zum Verhaltenskodex von ASE- litischen Bereich dient auch die Mitgliedschaft AN mit den Grundprinzipien friedliche Kon- der EU im ASEAN Regional Forum ARF. Das ARF fliktlösung und Dialog bekannt und damit den mit insgesamt 27 Teilnehmern, darunter auch Grundstein für eine Vertiefung der Zusammen- Nordkorea, ist die größte und umfassendste Si- arbeit mit Südostasien im sicherheitspolitischen cherheitskonferenz im Indo-Pazifik. Die Bundes- Bereich gelegt. Dieser Schritt dient der Bundes- regierung unterstützt die EU im ARF-Rahmen mit regierung als Grundlage für ein vertieftes sicher- sicherheitspolitischen Beiträgen und Expertise. heitspolitisches Engagement in der Region. Neben ASEAN und seinen sicherheitspolitischen Dialogmechanismen gibt es noch weitere regio- Im Jahr 2019 hat ASEAN eine eigene Antwort auf nale Institutionen im Indo-Pazifik, die ebenfalls die geostrategischen Herausforderungen im In- wichtige Partner der Bundesregierung und der EU do-Pazifik formuliert. Mit dem ASEAN Outlook on bei der Stärkung der multilateralen Zusammen- the Indo-Pacific bringt ASEAN im Lichte wach- arbeit sind. Diese institutionellen Partner haben sender Polarisierung in der Region sein Interesse unterschiedliche Schwerpunkte, aber gemeinsam an einer Diversifizierung seiner Partnerschaften verfolgen sie das Ziel, den indo-pazifischen Raum zum Ausdruck und liefert einen wichtigen Bau- besser zu integrieren und stärker zu vernetzen. stein, um seine eigene Handlungsfähigkeit auch in Zukunft zu bewahren. Als regionale finanzpolitische Akteure sind dies insbesondere die Asiatische Entwicklungsbank Das Herzstück der von ASEAN ausgehenden (ADB) sowie die 2015 gegründete Asian Infra- überregionalen Sicherheitsarchitektur ist der structure Investment Bank (AIIB), bei denen die East Asia Summit EAS. Er bringt als einziger Bundesregierung Anteilseigner ist. Als Partner Gipfel im indo-pazifischen Raum die Staats- der ADB fördert Deutschland bereits seit vielen und Regierungschefs Chinas, Japans, Südkoreas, Jahrzehnten Multilateralismus durch wirtschaft- Indiens, Russlands, der USA, Australiens und liche Entwicklung unter Einhaltung sozial- und Neuseelands zusammen. Die Bundesregierung umweltpolitischer Standards. Deutschland arbeitet an einer aktiveren Rolle der EU in die- trägt über die ADB als zweitgrößter bilateraler sem und anderen sicherheitspolitischen Foren Geber nach Japan zur Deckung des enormen 25
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