Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt

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Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
Leitlinien zum Indo-Pazifik

DEUTSCHLAND – ­EUROPA – ASIEN

DAS 21. JAHRHUNDERT ­
GEMEINSAM GESTALTEN
Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
Leitlinien zum Indo-Pazifik

DEUTSCHLAND – ­EUROPA – ASIEN

DAS 21. JAHRHUNDERT ­
GEMEINSAM GESTALTEN
Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
Vorwort

Vorwort

                                                    Wachstumsmärkten ab. Eine neue Bipolarität mit
                                                    neuen Trennlinien quer durch den Indo-Pazifik
                                                    würde diesen Interessen entgegenwirken. Statt-
                                                    dessen müssen wir unsere Beziehungen in die Re-
                                                    gion weiter diversifizieren – sowohl geographisch
                                                    als auch thematisch.

                                                    Deutschland muss sich noch stärker mit exis-
COVID-19 hat vieles auf der Welt durcheinan-        tenziellen Sicherheitsbelangen seiner bewährten
dergebracht und bewährte Gewissheiten in Frage      Partner auseinandersetzen, sich an der Formulie-
gestellt. Gleichzeitig hat die Pandemie Trends      rung von Antworten beteiligen und konkrete Bei-
verstärkt, die sich bereits zuvor abzeichneten.     träge leisten – durch Vermittlung von Erfahrung
Dazu zählen die wachsende wirtschaftliche und       und Expertise, durch eine verantwortungsvolle
politische Bedeutung Asiens und die sich verhär-    Rüstungsexportkontrolle, die auch die strategi-
tende strategische Rivalität zwischen den USA       sche Qualität der Beziehungen zu den Ländern
und China. Bereits heute ist abzusehen: Mehr als    der Region in Rechnung stellt, durch rüstungs-
irgendwo sonst entscheidet sich die Ausgestaltung   kontrollpolitische Initiativen, aber auch durch
der internationalen Ordnung von morgen im           die Beteiligung an Übungen sowie an kollektiven
Indo-Pazifik.                                       Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der regelba-
                                                    sierten Ordnung in Umsetzung von Resolutionen
Als global agierende Handelsnation und Ver-         der Vereinten Nationen.
fechter einer regelbasierten internationalen
Ordnung darf Deutschland sich im Angesicht          So dynamisch sich der Indo-Pazifik entwickelt,
dieser dynamischen Entwicklung nicht mit einer      so schwach ist dieser Raum institutionell und
Zuschauerrolle begnügen. In vielen Bereichen        normativ durchdrungen. Was uns seit Jahrzehn-
der bilateralen Zusammenarbeit haben wir einen      ten prägt – die Einbettung in die Europäische Uni-
hervorragenden Ruf und besetzen wichtige The-       on, in gesamteuropäische Institutionen wie die
men wie Klima- und Umweltschutz, erneuerbare        OSZE mit ihrem umfassenden Sicherheitsbegriff,
Energien und Berufsbildung. Zu einer Reihe von      den Europarat zur Förderung von Rechtsstaat-
Ländern in der Region unterhält Deutschland         lichkeit, Menschenrechte und Demokratie sowie
Strategische Partnerschaften mit einer großen       die NATO als Bündnis kollektiver Verteidigung –,
Schnittmenge gemeinsamer Interessen.                ist im Indo-Pazifik, wenn überhaupt, nur sehr
                                                    partiell vorhanden. Gleichwohl gibt es vielfältige
Wir müssen jedoch weitergehen. Der Wohl-            Initiativen und – insbesondere in Gestalt des Ver-
stand unserer Gesellschaft hängt von offenen        bands Südostasiatischer Staaten (ASEAN) – viel-
Seewegen, physischer und digitaler Konnek-          versprechende strukturelle Ansätze.
tivität und der Teilhabe an funktionierenden

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Leitlinien zum Indo-Pazifik - DAS 21. JAHRHUNDERT GEMEINSAM GESTALTEN DEUTSCHLAND - EUROPA - ASIEN - Auswärtiges Amt
Vorwort

Wir haben ein hohes Interesse an der Förderung        Die Leitlinien der Bundesregierung zum Indo-­
multilateraler Herangehensweisen in der Region        Pazifik sind ein zukunftsorientierter, strategischer
und vor allem an einer Stärkung ASEANs – im Sin-      Wegweiser für die Ausrichtung der deutschen
ne der Festigung einer multilateral eingebetteten,    Außenpolitik zum Indo-Pazifik. Ich wünsche mir,
regelbasierten Multipolarität in der Region. Hierzu   dass sie eine Diskussion in Politik, Gesellschaft
möchte ich auch im Rahmen der gemeinsam mit           und Wissenschaft anregen und zu einem inten-
meinem französischen Kollegen initiierten Allianz     siven Austausch mit unseren Partnern in der
für den Multilateralismus beitragen. Gleichzeitig     Region führen.
unterstützt die Bundesregierung die EU-Kom-
mission bei der Aushandlung von Freihandelsver-
trägen – sowohl mit Einzelstaaten der Region als
auch perspektivisch mit ASEAN insgesamt.

Je stärker wir unseren Ansatz zum Indo-Pazifik
europäisch einbetten, desto erfolgreicher werden
wir sein. Deutschland unterstützt den Ausbau des
europäischen Engagements in der Region und
strebt eine enge Abstimmung mit europäischen          Heiko Maas
Partnern an. Diese Leitlinien können und sollen       Bundesminister des Auswärtigen
zu einer künftigen EU-Strategie zum Indo-­Pazifik
beitragen. Im Rahmen unserer laufenden EU-Rat-
spräsidentschaft werde ich mich hierfür einsetzen.

                                                                                                         3
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Inhalt

Inhalt

I Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
   Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

   Prinzipien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

   Initiativen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

II Gestaltungsfelder.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
   Multilateralismus stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

   Dem Klimawandel ­entgegentreten und die U
                                           ­ mwelt schützen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

   Frieden, Sicherheit und ­Stabilität stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

   Für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eintreten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

   Regelbasierten, fairen und nachhaltigen ­Freihandel stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

   Räume und Märkte ­regelbasiert vernetzen und ­digital transformieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

   Menschen über Kultur, Bildung und Wissenschaft zusammenbringen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

III Aufstellung Deutschlands im Indo-Pazifik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
   Deutsche Auslandsvertretungen im Indo-Pazifik.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

   Wirtschaft.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

   Deutsche bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

   Kultur und Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

   Wissenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

                                                                                                                                                                                                                       5
I Zusammenfassung

I
Zusammenfassung
6
I Zusammenfassung

Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

                                                                                                                                                               7
I Zusammenfassung

Mit dem Aufstieg Asiens verschieben sich die poli-   USA, Indien, Australien, Frankreich oder auch
tischen und ökonomischen Gewichte zunehmend          der Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN).
in den indo-pazifischen Raum. Die Region wird        Sämtliche Indo-Pazifik-Konzeptionen nehmen
zum Schlüssel für die Ausgestaltung der internati-   Bezug auf die regelbasierte internationale Ord-
onalen Ordnung im 21. Jahrhundert.                   nung. Sie unterscheiden sich jedoch in Zielset-
                                                     zung, Gewichtung unterschiedlicher Politikfelder,
Der Indo-Pazifik hat keine klar definierte geo-      Stellenwert multilateraler Ansätze und vor allem
grafische Ausdehnung. Er wird von unterschied-       in der Frage der Einbeziehung Chinas als Regi-
lichen Akteuren unterschiedlich definiert. Die       onalmacht und aufstrebender Weltmacht, die
Bundesregierung versteht unter dem Indo-Pazifik      Regeln der internationalen Ordnung stellenweise
die Gesamtheit des vom Indischen Ozean und           in Frage stellt.
vom Pazifik geprägten Raums. Hier konkurrieren
strategische Projektionen und verflechten sich       Als global agierende Handelsnation und Verfech-
globale Wertschöpfungsketten.                        ter einer regelbasierten internationalen Ordnung
                                                     hat Deutschland – eingebettet in die Europäische
Die Region hat eine im Weltmaßstab junge, gut        Union – ein hohes Interesse, an den Wachstums-
ausgebildete Bevölkerung und blickt insgesamt        dynamiken Asiens zu partizipieren und an der
auf ein jahrzehntelanges beachtliches Wirt-          Gestaltung des Indo-Pazifiks sowie der Umset-
schaftswachstum zurück. Mit China, Japan und         zung globaler Normen in regionalen Strukturen
den USA sind die drei größten Volkswirtschaf-        mitzuwirken. Umso wichtiger ist die Selbstverge-
ten der Welt Pazifikanrainer. In wenigen Jahren      wisserung über Interessen und Prinzipien sowie
könnte mit Indien eine weitere Macht des in-         die zentralen Gestaltungsfelder deutscher Politik
do-pazifischen Raumes zur Nummer 4 aufrücken.        in der Region. Die vorliegenden Leitlinien sollen
20 von 33 Megastädten weltweit befinden sich in      dies leisten.
dieser Region. Mit wachsender Wirtschaftsleis-
tung werden die Länder der Region zunehmend          Die Leitlinien sollen Anknüpfungspunkte und
selbstbewusste Partner in der internationalen Zu-    Angebote für die Zusammenarbeit mit Partnern
sammenarbeit einschließlich des Kampfes gegen        in der Region aufzeigen und zu einer künftigen
den Klimawandel und den weltweiten Verlust der       EU-Gesamtstrategie beitragen.
biologischen Vielfalt.

Obwohl die Mehrzahl der Staaten des Indo-­
Pazifiks ein relativ hohes Maß an innerer Stabi-
lität aufweist, ist das Gesamtgefüge der Region
angesichts erheblicher Machtverschiebungen und
wachsender Differenzen in Bewegung. Zurück-
liegende Konflikte wirken sich bis heute auf die
Stabilität aus. Der Raum ist institutionell und
normativ wenig durchdrungen und von stark
­zunehmenden Rüstungsdynamiken geprägt.

Immer mehr Regierungen, Organisationen und
Institutionen weltweit machen den Indo-­Pazifik
zum konzeptionellen Referenzrahmen und damit
zur Grundlage ihrer Politik, so etwa Japan, die

8
I ZusammenfassungInteressen

Interessen

In ihrer Politik zum Indo-Pazifik lässt sich die       →→ Weder Unipolarität noch Bipolarität: Hege-
Bundesregierung von folgenden Interessen leiten:          moniale Vereinnahmung, aber auch die Ver-
                                                          festigung bipolarer Strukturen würden einen
→→ Frieden und Sicherheit: Im indo-pazifischen            Ansatz vertiefter und diversifizierter Partner-
   Raum liegen mit China, Indien und Pakistan             schaften in der Region gefährden. Kein Land
   drei Nuklearmächte, ferner Nordkorea mit               soll – wie in Zeiten des Kalten Krieges – vor die
   einem Nuklearwaffenprogramm; hinzu kom-                Wahl gestellt werden, sich zwischen zwei Seiten
   men die USA und Russland als Pazifikanrainer           entscheiden zu müssen, bzw. in einseitige Ab-
   sowie Frankreich und Großbritannien mit                hängigkeiten geraten. Die freie Wahl über die
   indo-pazifischen Territorien. Neben zuneh-             Zugehörigkeit zu wirtschaftlichen und (sicher-
   menden geopolitischen Spannungen und offen             heits-)politischen Strukturen ist für Länder des
   ausgetragenen Machtrivalitäten gibt es zahl-           indo-­pazifischen Raums zentral.
   reiche umstrittene Grenzverläufe, schwelende
   innere und grenzüberschreitende Konflikte           →→ Offene Seewege: Mehr als 90 Prozent des welt-
   mit erheblichen Flüchtlingsbewegungen sowie            weiten Außenhandels werden auf dem Seeweg
   Netzwerke des regionalen und des internati-            abgewickelt, davon ein Großteil über den Indi-
   onalen Terrorismus, die sich negativ auf die           schen und Pazifischen Ozean. Bis zu 25 Prozent
   globale Stabilität sowie auf unsere Interessen in      des seewärtigen Welthandels gehen durch
   der Region auswirken können.                           die Straße von Malakka: Auf täglich mehr als
                                                          2.000 Schiffen werden durch dieses Nadelöhr
→→ Diversifizierung und Vertiefung der Beziehun-          Handels­güter zwischen dem Indischen Ozean
   gen: Verlässliche Partnerschaften sind Grund-          und dem Südchinesischen Meer transportiert.
   lage für wirksames und nachhaltiges Handeln            Eine Beeinträchtigung dieser Seehandelswege
   im 21. Jahrhundert. Bereits heute unterhält            und damit der Lieferketten von und nach Euro-
   Deutschland freundschaftliche Beziehungen zu           pa hätte gravierende Folgen für Wohlstand und
   fast allen Staaten des Indo-Pazifiks, mit eini-        Versorgung unserer Bevölkerung.
   gen Staaten auch strategische Partnerschaften.
   Die Bundesregierung wird ihre Beziehungen           →→ Offene Märkte und Freihandel: Der Anteil der
   sowohl geografisch als auch thematisch weiter          Länder Südasiens, Südostasiens, Ostasiens
   diversifizieren – zur Vermeidung einseitiger           sowie Australiens und Neuseelands am deut-
   Abhängigkeiten und zur stärkeren Verflechtung          schen Warenhandelsaustausch ist während der
   mit den Kraftzentren von morgen. Bestehende            vergangenen Jahrzehnte konstant angestiegen
   Schwerpunkte der Zusammenarbeit insbeson-              und beläuft sich mittlerweile auf über 20 Pro-
   dere in den Bereichen Handel, Investitionen            zent bzw. auf knapp 420 Mrd. EUR (2019). Die
   und Entwicklung müssen strategisch ausge-              Direktinvestitionen in der Region steigen seit
   baut werden. Gleichzeitig muss es künftig um           Jahren überproportional im Verhältnis zu den
   eine Stärkung der politischen Dimension der            gesamten deutschen Auslandsinvestitionen.
   Beziehungen gehen – bis hin zu einer intensi-          Von diesen Handels- und Investitionsbeziehun-
   veren sicherheitspolitischen Zusammenarbeit.           gen hängen in Deutschland Millionen Arbeits-
   Dabei kommt dem Schulterschluss mit den                plätze ab. Angesichts des großen Potentials hat
   Demokratien und Wertepartnern der Region               Deutschland ein vitales Interesse an offenen
   besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig wird die          Märkten in der Region. Die Bundesregie-
   Bundesregierung die Zusammenarbeit in den              rung ist der Überzeugung, dass regelbasierter
   Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft             Freihandel zu Wohlstandsgewinnen auf beiden
   intensivieren.                                         Seiten führt. Sie unterstützt die Stärkung des

                                                                                                          9
I ZusammenfassungInteressen

     multilateralen Handelssystems mit der WTO       →→ Zugang zu faktenbasierter Information: In Zeiten
     im Zentrum sowie inklusive und nachhaltig ge-      wachsender Bedeutung sozialer Medien ist
     staltete Freihandelsabkommen im indo-pazifi-       Kommunikation auch in der indo-pazifischen
     schen Raum und setzt sich für deren Abschluss      Region ein effektives Instrument der Außenpo-
     durch die EU ein.                                  litik. Autoritäre Akteure nutzen Kommunikation
                                                        intensiv, um Zivilgesellschaften zu manipulieren
→→ Digitalisierung und Konnektivität: Wirtschafts-      und zu beeinflussen. Der erheblichen Verbrei-
   wachstum und Wohlstand hängen mehr denn              tung von Desinformation in der Region tritt die
   je vom Vernetzen von Räumen, Märkten und             Bundesregierung durch die Stärkung des Ange-
   Maschinen und dem Aufbau von Schlüsseltech-          bots faktenbasierter Informationen entgegen.
   nologien ab. Zur Stärkung der Wettbewerbsfä-
   higkeit Deutschlands unterstützt die Bundesre-
   gierung einen Ausbau der Zusammenarbeit im
   Bereich Digitalisierung und Schlüsseltechnolo-
   gien. Die Länder des Indo-Pazifiks sind hierbei
   attraktive Partner. Technische, sicherheitspo-
   litische, wirtschaftliche und gesellschaftliche
   Risiken müssen in der Zusammenarbeit mit der
   Region berücksichtigt werden. Beim Ausbau
   von Konnektivität gilt es, einen fairen Wettbe-
   werb zuzulassen, eine Überschuldung der Emp-
   fängerstaaten zu vermeiden sowie Transparenz
   und Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

→→ Schutz unseres Planeten: Das rasante Wirt-
   schaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte
   im indo-pazifischen Raum hat breiten Bevöl-
   kerungsschichten große Wohlstandsgewinne
   ermöglicht. Die steigenden Emissionen tragen
   jedoch – genauso wie das teilweise immer noch
   hohe Bevölkerungswachstum und die massive
   Urbanisierung – zur weiteren Belastung des
   Weltklimas und der Ökosysteme unseres Plane-
   ten bei. Diese Entwicklung belastet die natür-
   lichen Lebensgrundlagen der Menschen und
   führt in vielen Ländern des Indo-Pazifiks zu
   sozialen Verwerfungen und in der Konsequenz
   zu irregulärer Migration – auch nach Europa.
   Im Interesse künftiger Generationen muss es
   darum gehen, das Wachstum auch im indo-­
   pazifischen Raum umweltfreundlich und sozi-
   alverträglich zu gestalten, die Naturressourcen
   nachhaltig zu bewirtschaften, die einzigartige
   Biodiversität zu bewahren und mit den Heraus-
   forderungen der Urbanisierung umzugehen.

10
I ZusammenfassungPrinzipien

Prinzipien

In ihrer Politik zum Indo-Pazifik sind für die Bun-     universelle Geltung. Deutschland ist bereit, ei-
desregierung folgende Prinzipien maßgeblich:            nen Beitrag zur Durchsetzung von Regeln und
                                                        Normen in der Region zu leisten. Auch in ande-
→→ Europäisches Handeln: Durch ein einiges und          ren Bereichen wie Umwelt, Arbeit und Handel,
   kohärentes Auftreten können die EU und ihre          Umgang mit Pandemien, Menschenrechte oder
   Mitgliedstaaten ihre Interessen besser wahren        Rüstungskontrolle lassen sich Fortschritte am
   und durchsetzen. Ausgehend von ihrer „Globa-         ehesten durch regionale oder internationale
   len Strategie“ aus dem Jahr 2016 konzentriert        Regelwerke und Strukturen erzielen.
   die EU ihr Handeln auf ein stärkeres sicher-
   heitspolitisches Engagement, eine ambitionier-     →→ Entwicklungsziele der Vereinten Nationen: Die
   te Handels- und Entwicklungspolitik und die           Bundesregierung bekennt sich zur Agenda 2030
   Umsetzung der EU-Asien-Konnektivitätsstrate-          mit den 17 Zielen für eine nachhaltige Ent-
   gie. Die vorliegenden Leitlinien sollen auch ei-      wicklung (Sustainable Development Goals). Sie
   nen Beitrag zur Erarbeitung einer europäischen        setzt sich insbesondere für ein menschenwür-
   Strategie zum Umgang mit dem Indo-Pazifik             diges Leben, Bildung für alle, menschenwürdi-
   leisten.                                              ge Arbeit, und für eine dauerhafte Wahrung der
                                                         natürlichen Lebensgrundlagen ein. Geschlech-
→→ Multilateralismus: Stärkere politische, wirt-         tergerechtigkeit sowie Stärkung und Förderung
   schaftliche und sicherheitspolitische Vernet-         von Frauen sind von zentraler Bedeutung, um
   zung in und mit der Region führt zu einer             Armut zu reduzieren. Daneben wird die Poli-
   Minderung einseitiger Abhängigkeiten, be-             tik der Bundesregierung im indo-pazifischen
   wahrt Handlungsfähigkeit und Souveränität.            Raum geleitet von den Verpflichtungen aus
   Deutschland und die EU setzen auf die enge            dem Übereinkommen von Paris zum Klima-
   Einbindung der Region in multilaterale Orga-          schutz sowie dem Übereinkommen über die
   nisationen und Gruppen wie G20 und die För-           biologische Vielfalt.
   derung regionaler multilateraler Strukturen im
   Rahmen eines Netzwerks von Partnerschaften,        →→ Menschenrechte: Die Bundesregierung respek-
   soweit sie – wie im Fall ASEAN – auf Gleichbe-        tiert die jeweils eigene Geschichte und Kultur
   rechtigung der teilnehmenden Staaten beru-            der Länder des Indo-Pazifiks. Gleichzeitig setzt
   hen. Fortschritte im Klima- und Umweltschutz,         sie sich für die Durchsetzung der universellen
   beim regelbasierten Handel, bei Abrüstung,            und unteilbaren Menschenrechte ein. Wirt-
   Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung sowie          schaftliche Entwicklung und Achtung von
   beim Schutz von Menschenrechten lassen sich           Menschenrechten stehen nicht im Widerspruch
   am wirksamsten durch multilaterale Vereinba-          zu einander. Es sind komplementäre Ziele, die
   rungen erzielen.                                      eines gesamtheitlichen Ansatzes bedürfen.

→→ Regelbasierte Ordnung: Auch im indo-­              →→ Inklusivität: Von Frieden, Sicherheit und
   pazifischen Raum darf nicht das Recht des             Stabilität kann die indo-pazifische Region nur
   Stärkeren, sondern muss die Stärke des Rechts         dann profitieren, wenn alle Staaten des Raumes
   den Ausschlag geben. Dies gilt auch für die           gleichermaßen dazu beitragen. Die Bundesre-
   Schifffahrtswege durch den Indischen Ozean            gierung unterstützt inklusive, regionale Ini-
   und den Pazifik. Das VN-Seerechtsüberein-             tiativen der Zusammenarbeit. Sie hält – nicht
   kommen als umfassender maritimer Ord-                 zuletzt angesichts der starken Verflechtung
   nungs- und ­Kooperationsrahmen und die darin          der Volkswirtschaften und der Komplexität
   festgeschriebenen Schifffahrtsfreiheiten haben        globaler Herausforderungen wie Klimawandel,

                                                                                                       11
I ZusammenfassungPrinzipien

     Friedenssicherung und fragile Staatlichkeit –
     Eindämmungs- und Entkoppelungsstrategien
     für nicht zielführend. Die ASEAN-zentrierte
     Sicherheitsarchitektur schafft einen wertvollen
     Rahmen für die Einbindung wichtiger Akteure.

→→ Partnerschaft auf Augenhöhe: Die Politik der
   Bundesregierung zielt nicht nur darauf ab, Be-
   ziehungen zu den Akteuren der Region zu in-
   tensivieren. Vielmehr soll es künftig vermehrt
   gelingen, im Sinne der gemeinsamen Wahrneh-
   mung globaler Verantwortung mit Staaten des
   Indo-Pazifiks in Drittländern partnerschaftlich
   und auf Augenhöhe zu kooperieren. Dies bietet
   sich insbesondere im Fall überlappender Inte-
   ressen und in Gruppen wie G20 an und setzt
   eine Bereitschaft der Partnerländer voraus.

12
I ZusammenfassungInitiativen

Initiativen

  Multilateralismus stärken                          →→ Die Bundesregierung wird ihre Zusammen-
                                                        arbeit mit weiteren Regionalinstitutionen des
→→ Die Bundesregierung wird ihr Engagement              Indo-Pazifiks intensivieren. Hierzu wird sie:
   gegenüber ASEAN strategisch aufstellen und
   intensivieren. Hierzu wird sie:                     ∙∙ als Dialogpartner des Pacific Islands Forum
                                                          (PIF) Gipfeltreffen hochrangig wahrnehmen
  ∙∙ ihre Zusammenarbeit mit ASEAN-Instituti-             und weitere Projekte fördern,
     onen ausbauen und die Unterstützung des
     ASEAN-Sekretariats fortsetzen,                    ∙∙ die Umsetzung des Strategischen Plans
                                                          2021–2025 der Mekong River Commission
  ∙∙ eine Aufwertung ihrer Beziehungen zu ASE-            (MRC) unterstützen,
     AN von einer Entwicklungspartnerschaft zu
     einer Dialogpartnerschaft anstreben,              ∙∙ Asien-Europa-Treffen (ASEM) als Plattform
                                                          zum Austausch zu aktuellen und strate-
  ∙∙ einen Beobachterstatus beim ASEAN-­                  gischen Themen nutzen und zu einem
     Verteidigungsministertreffen Plus (ADMM+)            ­konstruktiven Austausch beitragen,
     anstreben,
                                                       ∙∙ die finanzielle Förderung der Asia-Europe
  ∙∙ das klimapolitische Profil ihrer Zusammen-           Foundation (ASEF) fortsetzen, um zivilgesell-
      arbeit mit ASEAN über Vorhaben in den               schaftliche Begegnung und Zusammenarbeit
      Bereichen Biodiversitätsschutz, Meeresmüll,         zwischen Europa und Asien in den Bereichen
      urbane Klimaresilienz und nachhaltige               Journalismus, Menschenrechte und Kunst
     ­städtische Mobilität stärken,                       ­auszubauen,

  ∙∙ die entwicklungspolitische Zusammenarbeit         ∙∙ mit der Bay of Bengal Initiative for Multi-­
     mit ASEAN zur Förderung der regionalen In-           Sectoral Technical and Economic Cooperati-
     tegration, Berufsbildung sowie in den Berei-         on (BIMSTEC) den Austausch intensivieren
     chen Umwelt und Klimaschutz ausbauen.                und möglichst institutionalisieren, dabei
                                                          an ­bestehende Projekte wie zur Maritimen
→→ Die Bundesregierung wird, in enger Abstim-             ­Governance mit Sri Lanka anknüpfen,
   mung mit ihren EU-Partnern, die Rolle der EU
   als Partner von ASEAN stärken. Hierzu wird sie:     ∙∙ die Zusammenarbeit mit der Indian Ocean
                                                          Rim Association (IORA) in den Bereichen
  ∙∙ für eine zeitnahe Aufwertung der EU-ASE-             Wirtschaft, maritime Sicherheit sowie Kata­
     AN-Beziehungen zu einer Strategischen                strophen- und Risikomanagement ausbauen.
     Partnerschaft werben,

  ∙∙ sich für einen Ausbau des sicherheitspoliti-
     schen Engagements der EU in den sicher-
     heitspolitischen Foren ASEANs einsetzen
     und dieses E­ ngagement durch konkrete
     Projekte flankieren.

                                                                                                         13
I ZusammenfassungInitiativen

→→ Die Bundesregierung wird sich gemeinsam mit           ∙∙ für eine substantielle Emissionsminderung
   Partnern des Indo-Pazifiks für die Wahrung               ­werben und die Bemühungen der EU unter-
   der regelbasierten Ordnung einsetzen. Hierzu             stützen, gemeinsam mit China, Indien und
   wird sie:                                                anderen Staaten der Region Klimaschutz-
                                                            verpflichtungen zu erreichen, die über die
     ∙∙ sich gemeinsam mit Indien und Japan dafür           bisherigen Zusagen hinausgehen,
        engagieren, dass das Vorhaben zur Reform
        und Stärkung der Handlungsfähigkeit des          ∙∙ ihre Unterstützung für die pazifischen Insel-
        VN-­Sicherheitsrates zu einem erfolgreichen         staaten und weitere besonders betroffene
        ­Abschluss geführt wird,                            Staaten der Region beim Umgang mit kli-
                                                            mawandelbedingten Risiken, einschließlich
     ∙∙ sich gemeinsam mit Partnern im Indo-Pazifik         Sicherheitsrisiken ausbauen,
        für eine starke Rolle des Internationalen Wäh-
        rungsfonds (IMF) und der Weltbank sowie          ∙∙ die bilaterale und regionale Zusammenarbeit
        eine Stärkung und Reform der Welthandel-            im Bereich Meeresvermüllung und bei ent-
        sorganisation (WTO) einsetzen,                      wicklungspolitischen Projekten im Bereich
                                                            Meeresschutz ausbauen,
     ∙∙ sich gemeinsam mit Partnern im Indo-Pazifik
        für eine Stärkung der Weltgesundheitsor-         ∙∙ im Sinne der „Leitlinien der Bundesregie-
        ganisation (WHO) sowie einen Lessons-Le-            rung zur Förderung von entwaldungsfreien
        arned-Prozess und für eine Stärkung multila-        Lieferketten von Agrarrohstoffen“ von 2020
        teraler Strukturen zur Pandemiebewältigung          konkrete Vorhaben auf- und ausbauen sowie
        und -prävention einsetzen,                          Dialog­formate mit Produzenten- und Konsu-
                                                            mentenländern im Indo-Pazifik unterstützen,
     ∙∙ im Indo-Pazifik verstärkt für die deutsch-­
        französische Initiative Allianz für den Mul-     ∙∙ Projekte zu emissionsarmer und nachhaltiger
        tilateralismus werben – auch durch Berück-          Palmöl-Entwicklung mit Schwerpunktlän-
        sichtigung von Themen, die eine besondere           dern ausbauen,
        Relevanz für die Region haben.
                                                         ∙∙ die Integration ökosystembasierter Anpas-
→→ Die Bundesregierung wird sich gemeinsam mit              sungsmaßnahmen in nationale Anpassungs-
   Frankreich für die Erarbeitung einer europä-             strategien fördern,
   ischen Strategie zum Umgang mit dem Indo-­
   Pazifik einsetzen.                                    ∙∙ den Schutz und die nachhaltige Nutzung der
                                                            ­biologischen Vielfalt durch konkrete Projekte
                                                            fördern und die Partnerländer bei der Ent-
                                                            wicklung und Umsetzung nationaler Biodi-
     Dem Klimawandel entgegentreten                         versitätsstrategien unterstützen,
     und die Umwelt schützen
                                                         ∙∙ die Zusammenarbeit zu Grünem Wasserstoff,
→→ Die Bundesregierung wird ihre Zusammenar-                insbesondere mit Australien ausbauen,
   beit im Indo-Pazifik in den Bereichen Klima-
   schutz, Anpassung an den Klimawandel, Schutz
   der Biodiversität, erneuerbare Energien und
   Energieeffizienz intensivieren. Hierzu wird sie:

14
I ZusammenfassungInitiativen

  ∙∙ Projekte gegen Wilderei und den illegalen              fortsetzen und sich gemeinsam dafür einset-
     ­Wildtierhandel unterstützen und sich für ein          zen, die sicher­heitspolitische Dimension des
      Verbot bestimmter Formen des Handels von              Klimawandels systematisch in der Arbeit der
      Wildtieren zum Verzehr einsetzen,                     Vereinten Nationen zu verankern,

  ∙∙ die enge Zusammenarbeit mit Indien im                ∙∙ aufbauend auf den „Berlin Call for Action“
     Bereich Klimaschutz, Klimaanpassung und                 von 2019 das Format der Berlin Climate and
     erneuerbare Energien intensivieren und der              ­Security Conference fortführen und etablieren,
     ­gemeinsam von Indien und Frankreich initi-
     ierten „International Solar Alliance“ beitreten,     ∙∙ im Rahmen der Amsterdam Declarations
                                                             Partnership mit waldreichen Ländern
  ∙∙ im Rahmen der Powering Past Coal Alliance               des Indo-­Pazifiks für eine nachhaltigere
     gemeinsam mit weiteren Mitgliedstaaten und              ­Palmöl- und Kautschukproduktion eng
     Partnern den Ausstieg aus der Kohleverstro-              ­zusammenarbeiten.
     mung sowie die Beendigung der Finanzie-
     rung von Kohlekraftwerken durch asiatische
     Staaten vorantreiben,
                                                          Frieden, Sicherheit und ­
  ∙∙ bestehende Energiepartnerschaften ausbauen           Stabilität ­stärken
     und neue Partnerschaften, insbesondere im
     südostasiatischen Raum, eingehen.                  →→ Die Bundesregierung wird ihr sicherheitspoli-
                                                           tisches Engagement im Indo-Pazifik ausweiten.
→→ Die Bundesregierung wird ihr multilaterales             Hierzu wird sie:
   Engagement im Bereich Klima- und Umwelt-
   schutz mit dem Indo-Pazifik ausbauen. Hierzu           ∙∙ sich an Maßnahmen zu Schutz und Siche-
   wird sie:                                                 rung der regelbasierten Ordnung im Indo-Pa-
                                                             zifik wie etwa der Sicherung der Prinzipien
  ∙∙ den Grünen Klimafonds kumulativ mit                     des VN-Seerechtsübereinkommens oder auch
     2,25 Mrd. EUR und damit als einer der größ-             der Überwachung der VN-Sanktionen gegen
     ten Geldgeber unterstützen,                             Nordkorea beteiligen,

  ∙∙ sich für ein ambitioniertes globales Rahmen-         ∙∙ die sicherheits- und verteidigungspoliti-
     werk für den Erhalt der biologischen Vielfalt           sche ­Kooperation in der Region mit ihren
     nach 2020 im Rahmen des Übereinkommens                  ­Partnern ausbauen. Dies kann die Teilnahme
     über die biologische Vielfalt (CBD) einsetzen            an sicher­heitspolitischen Foren, die Teilnah-
     und dessen Umsetzung gemeinsam mit Part-                me an Übungen in der Region, gemeinsame
     nern des Indo-Pazifiks vorantreiben, auch in            Evakuierungsplanungen, die Entsendung von
     enger Kooperation mit China im Rahmen der               Verbindungsoffizieren sowie verschiedene
     nächsten Vertragsstaatenkonferenz der CBD               Formen maritimer Präsenz umfassen,
     in Kunming (CoP 15),
                                                          ∙∙ dem regionalen Kooperationsabkommen zur
  ∙∙ die enge Zusammenarbeit mit einer Vielzahl              Bekämpfung von Piraterie und bewaffnetem
     an Ländern im Indo-Pazifik, insbesondere                Raub gegen Schiffe in Asien ReCAAP beitre-
     mit den Pazifischen Inseln, in der multilate-           ten, um aktiv an der Bekämpfung von Pirate-
     ralen Freundesgruppe Klima und Sicherheit               rie im indo-pazifischen Raum mitzuwirken,

                                                                                                          15
I ZusammenfassungInitiativen

     ∙∙ über konkrete Projekte zum internationalen            Extremismus und für gesellschaftlichen
        Seerecht einen substantiellen und rechts-             ­Zusammenhalt engagieren,
        verbindlichen Verhaltenskodex – Code of
        Conduct – zwischen China und den ASE-               ∙∙ entwicklungspolitisch an den Ursachen von
        AN-Mitgliedstaaten für das Südchinesische              gewalttätigen Konflikten arbeiten.
        Meer unterstützen,
                                                          →→ Die Bundesregierung wird ihr r­ üstungskontroll-
     ∙∙ die sicherheitspolitischen Kooperationsfor-          und exportkontrollpolitisches Engagement im
        mate von ASEAN unterstützen und auf diese            und mit dem Indo-Pazifik erhöhen. Hierzu
        Weise auch die sicherheitspolitische Rolle der       wird sie:
        EU stärken,
                                                            ∙∙ im Dialog mit der Nuklearmacht China als
     ∙∙ sich innerhalb der NATO für den Ausbau der              Vertragsstaat des Nichtverbreitungsvertrags
        Beziehungen zu den „Partners Across the                 auf Chinas Bereitschaft zu verifizierbarer
        Globe“ (u. a. Australien, Japan, Neuseeland             Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung
        und Südkorea) einsetzen,                               ­hinwirken,

     ∙∙ die bilaterale Verteidigungszusammenarbeit          ∙∙ die Missile Dialogue Initiative (MDI) sowie das
        im Einklang mit exportkontrollpolitischen              Konferenzformat zum Umgang mit neuen
        Verpflichtungen sowie unter Berücksichti-              Technologien („Capturing Technology. Re­
        gung der strategischen Qualität ihrer Bezie-           thinking Arms Control“) unter Einbeziehung
        hungen zu Ländern der Region pflegen,                  zentraler Akteure des Indo-Pazifiks ausbauen,

     ∙∙ die cybersicherheitspolitische Zusammenar-          ∙∙ sich für eine weitere Universalisierung des
        beit und den Dialog mit Wertepartnern der              Vertrags über den Waffenhandel (Arms Trade
        Region (u. a. Singapur, Australien, Japan, Süd-        Treaty ATT) in der bislang noch unterreprä-
        korea) ausbauen, um den Schutz der eigenen             sentierten indo-pazifischen Region einsetzen,
        Informations- und Kommunikationssysteme,
        die kollektive Verteidigungsfähigkeit und Re-       ∙∙ die ASEAN-Staaten beim Kapazitätsaufbau in
        silienz gegenüber wachsenden Bedrohungen               der Exportkontrolle und der Bekämpfung von
        im ­Cyber- und Informationsraum zu stärken,            Proliferationsfinanzierung unterstützen.

     ∙∙ im Lichte der jeweiligen Bedarfslage weitere
        Länder des Indo-Pazifiks in die Ertüchti-
        gungsinitiative einbeziehen,                        Für Menschenrechte und
                                                            ­Rechtsstaatlichkeit eintreten
     ∙∙ mehr Mittel für Stabilisierung und Mediation
        im Indo-Pazifik bereitstellen.                    →→ Die Bundesregierung wird sich für die Stärkung
                                                             der menschenrechtlichen Situation in Ländern
→→ Die Bundesregierung wird weiterhin Maßnahmen              des Indo-Pazifiks und die Umsetzung interna-
   zur zivilen Krisenprävention, Konfliktbewältigung         tionaler Menschenrechtsstandards einsetzen.
   und Friedensförderung umsetzen. Hierzu wird sie:          Hierzu wird sie:

     ∙∙ sich in bilateralen Projekten und mit der
        ­Zivilgesellschaft gegen gewalttätigen

16
I ZusammenfassungInitiativen

  ∙∙ die Meinungs- und Pressefreiheit fördern,          Regelbasierten, fairen und
     insbesondere über Expertise der Deutschen          nachhaltigen ­Freihandel stärken
     Welle, Mediendialoge, Journalistenschulungen
     zu Medienkompetenz, Qualitätsjournalismus        →→ Die Bundesregierung wird die Rahmenbedin-
     und Meinungsvielfalt im indo-pazifischen            gungen zur Diversifizierung und Intensivierung
     Raum,                                               der wirtschaftlichen Beziehungen im indo-­
                                                         pazifischen Raum verbessern.
  ∙∙ durch regelmäßige Dialogformate Religions-
     und Weltanschauungsfreiheit, religiöse Tole-     →→ Die Bundesregierung wird die Handelspolitik
     ranz und Friedensverantwortung der Religio-         der EU unterstützen und sich für eine Stärkung
     nen im Indo-Pazifik fördern,                        des multilateralen Handelssystems mit der
                                                         Welthandelsorganisation (WTO) im Zentrum
  ∙∙ ihr Engagement im Bereich „Wirtschaft und           gemeinsam mit den Ländern im Indo-Pazifik
     Menschenrechte“ kontinuierlich intensivie-          einsetzen.
     ren und das Auslandsunterstützungsnetz-
     werk im Indo-Pazifik ausbauen,                   →→ Die Bundesregierung wird die Handelspolitik
                                                         der EU im Indo-Pazifik aktiv dabei unter-
  ∙∙ durch konkrete Projekte eine lebendige              stützen, bestehende Handels- und Investiti-
     Zivilgesellschaft im indo-pazifischen Raum          onshemmnisse beidseitig abzubauen sowie
     unterstützen und fördern.                           verbindliche Regeln für Umwelt- und Sozial-
                                                         standards, Klimaschutz sowie Wettbewerbspo-
→→ Die Bundesregierung wird sich im Dialog mit           litik, Staatsunternehmen, Subventionen und
   den Regierungen im Indo-Pazifik im bilateralen        den Schutz geistigen Eigentums zu verankern.
   Rahmen, auf Ebene der Europäischen Union              Hierzu wird sie:
   (Menschenrechtsdialoge) sowie in multilatera-
   len Foren, insbesondere dem VN-Menschen-             ∙∙ einen besseren Marktzugang für deutsche
   rechtsrat, offen und kritisch austauschen. Dabei        und europäische Produkte schaffen sowie fai-
   wird sie sich auch für aus politischen Gründen          ren Wettbewerb und Nachhaltigkeit fördern,
   Verfolgte einsetzen.
                                                        ∙∙ den im Kontext von COVID-19 erkennbaren
→→ Die Bundesregierung wird die Verbreitung                Tendenzen der „Deglobalisierung“ entgegen-
   von faktenorientierter Information im indo-­            treten und stattdessen die Diversifizierung
   pazifischen Raum fördern und die Resilienz              von Lieferketten unterstützen,
   gegen Desinformation durch konkrete Pro-
   jekte stärken. Hierzu wird sie ein Regionales        ∙∙ sich gemeinsam mit europäischen Partnern
   Deutschlandzentrum in Singapur errichten.               für zügige Fortschritte der Verhandlungen
                                                           von Freihandelsabkommen der EU mit den
→→ Die Bundesregierung wird unter der Maßgabe              jeweiligen Ländern im Indo-Pazifik einsetzen,
   der Reformwilligkeit des jeweiligen Staates und         insbesondere mit Neuseeland, Australien und
   der Erfolgsaussichten der Maßnahmen wei-                Indonesien und in weiteren Schritten für
   tere Projekte im Indo-Pazifik im Rahmen der             die Wiederaufnahme von Verhandlungen zu
   Rechtsstaatsförderung unterstützen, insbeson-           einem EU-Freihandelsabkommen mit ASEAN,
   dere im Bereich Zugang zu „Recht für alle“.

                                                                                                     17
I ZusammenfassungInitiativen

     ∙∙ die Modernisierung bestehender Freihandel-         Räume und Märkte regelbasiert ­
        sabkommen voranbringen, insbesondere mit           vernetzen und digital transformieren
        Südkorea,
                                                         →→ Die Bundesregierung wird die Konnektivität zum
     ∙∙ die Verhandlungen der EU für ein umfassen-          und im Indo-Pazifik ausbauen. Hierzu wird sie:
        des und ambitioniertes Investitionsabkom-
        men mit China unterstützen, um bestehende          ∙∙ sich gemeinsam mit EU-Partnern für eine
        Marktzugangsasymmetrien abzubauen und                 zügige und umfassende Implementierung der
        faire und diskriminierungsfreie Wettbe-               EU-Asien-Konnektivitätsstrategie auf EU-­
        werbsbedingungen zu schaffen.                         Ebene einsetzen,

→→ Die Bundesregierung wird das Engagement                 ∙∙ diese Strategie durch bilaterales Engagement
   deutscher Unternehmen im indo-pazifischen                  flankieren und hierbei an bestehende Koope-
   Raum flankieren. Hierzu wird sie:                          rationen anknüpfen, wie den „Green Energy
                                                              Corridors“ mit Indien,
     ∙∙ das Potential strategischer Auslandsprojekte
        künftig stärker und gezielter nutzen,              ∙∙ die EU bei der Umsetzung der EU-Japan-Part-
                                                              nerschaft für nachhaltige Konnektivität
     ∙∙ einen Beitrag zum Ausbau des Konferenz­               unterstützen,
        formats der Asien-Pazifik-Konferenz der
        Deutschen Wirtschaft als Flaggschiff deut-         ∙∙ sich im Schulterschluss mit Partnern in der
        scher Wirtschaftstätigkeit im Ausland leisten,        EU für eine intensivierte EU-ASEAN-Zusam-
                                                              menarbeit im Bereich Konnektivität und
     ∙∙ das Netz der Auslandshandelskammern (AHK)             perspektivisch eine EU-ASEAN-Konnektivi-
        unterstützen,                                         tätspartnerschaft einsetzen,

     ∙∙ Berufsbildungskooperationen im indo-­              ∙∙ sich für einen raschen Abschluss der Ver-
        pazifischen Raum ausweiten,                           handlungen zu einem umfassenden Luft-
                                                              verkehrsabkommen zwischen der EU und
     ∙∙ sich im Rahmen des Bündnisses für nachhal-            ASEAN (EU-ASEAN Comprehensive Air
        tige Textilien weiter für mehr Nachhaltigkeit         Transport Agreement CATA) einsetzen,
        in der Textilindustrie, auch in Produktions-
        ländern des Indo-Pazifiks, einsetzen.              ∙∙ für hohe Standards und Nachhaltigkeit bei
                                                              Konnektivitätsprojekten eintreten,
→→ Die Bundesregierung wird es Studierenden,
   Fachkräften sowie Spezialistinnen und Spe-              ∙∙ zur Finanzierung von Konnektivitätsvorha-
   zialisten gezielt erleichtern, zum Studium,                ben national und auf EU-Ebene beitragen.
   zur Ausbildung oder Arbeitsaufnahme nach
   Deutschland einzureisen bzw. (zeitlich befris-        →→ Die Bundesregierung wird die digitale Transfor-
   tet) überzusiedeln, indem sie nach Möglichkeit           mation vorantreiben und mitgestalten. Hierzu
   personelle und organisatorische Kapazitäten              wird sie:
   bei der Prüfung von Visaanträgen und bei der
   Vergabe von Visa im Rahmen vorhandener                  ∙∙ die Zusammenarbeit mit Ländern des Indo-­
   Ressourcen weiter ausbaut.                                 Pazifiks im Bereich Industrie 4.0 ausbauen,

18
I ZusammenfassungInitiativen

  ∙∙ den bestehenden engen Austausch zur digi-        ∙∙ Fördermaßnahmen für deutsche Wissen-
     talen Transformation mit Australien, Japan,         schaftlerinnen und Wissenschaftler ausbauen,
     Süd­korea intensivieren, Chancen der digitalen      insbesondere für gemeinsame Forschungs-
     Transformation durch eine enge Kooperation          vorhaben mit Wertepartnern im indo-pazi-
     mit Partnern wie Japan, Indien und Südkorea         fischen Raum im Bereich der strategischen
     bei Forschung, Entwicklung und Standar-             und innovativen Zukunftsfelder,
     disierung sowie durch Schulterschluss auf
     multilateraler Ebene besser nutzen,              ∙∙ die Chinesisch-Deutsche Hochschule der
                                                         Tongji-Universität, die Vietnamesisch-­
  ∙∙ einen visionären Austausch jenseits von 5G          Deutsche ­Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt
     mit indo-pazifischen Partnerländern suchen.         sowie die Deutschen Wissenschafts- und
                                                         Innovationshäuser (DWIH) in Neu Delhi und
→→ Die Bundesregierung wird die Wettbewerbs­             Tokyo als Leuchtturmprojekte der deutschen
   fähigkeit Deutschlands bei Schlüsseltechnolo-         Außenwissenschaftspolitik begleiten und
   gien stärken. Hierzu wird sie:                        unterstützen,

  ∙∙ Kooperationsmöglichkeiten mit Ländern            ∙∙ sich im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und
     des Indo-Pazifiks zu Schlüsseltechnologien          Bildungspolitik für die Freiheit von Kultur-
     suchen, insbesondere mit Singapur, Australien,      schaffenden, Wissenschaftlerinnen und Wis-
     Südkorea und Japan, und sich dabei gemein-          senschaftlern einsetzen und die Zusammen-
     sam für eine verantwortungsvolle Nutzung            arbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren,
     dieser Technologien einsetzen.                      die Unterstützung von Journalistinnen und
                                                         Journalisten und Medienschaffenden und
→→ Die Bundesregierung wird sich für die digitale        das Engagement im Bereich der Kreativwirt-
   Souveränität Deutschlands und der EU, ins-            schaft kontinuierlich begleiten,
   besondere mit Blick auf den indo-pazifischen
   Raum, einsetzen und diese strategisch fördern.     ∙∙ das Engagement für den akademischen Aus-
                                                         tausch und den Kulturerhalt im Indo-Pazifik
                                                         gemeinsam mit Ländern der Region fortsetzen.

  Menschen über Kultur, Bildung und
  ­Wissenschaft zusammenbringen

→→ Die Bundesregierung wird die Zusammenar-
   beit mit dem Indo-Pazifik im Bereich Kultur,
   Bildung und Wissenschaft ausbauen. Hierzu
   wird sie:

  ∙∙ sich mit den Innovationslandschaften im
     indo-pazifischen Raum enger vernetzen und
     hierbei sowohl an bestehende Strukturen wie
     dem Indo-German Science and Technology
     Center in Neu Delhi anknüpfen als auch diese
     als Vorbild für die Zusammenarbeit mit ande-
     ren Ländern der Region nutzen,

                                                                                                   19
II Gestaltungsfelder

II
Gestaltungsfelder
20
II Gestaltungsfelder

Multilateralismus stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Dem Klimawandel entgegentreten
und die Umwelt schützen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Frieden, Sicherheit
und Stabilität stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Für Menschenrechte und
Rechtsstaatlichkeit eintreten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Regelbasierten, fairen und
nachhaltigen ­Freihandel stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Räume und Märkte regelbasiert
vernetzen und digital transformieren.. . . . . . . . . . 52

Menschen über Kultur, Bildung und
Wissenschaft zusammenbringen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

                                                                                                                      21
II Gestaltungsfelder   Multilateralismus stärken

Multilateralismus
stärken
22
II Gestaltungsfelder                                                               Multilateralismus stärken

Multilateralismus stärken

Gerade in Zeiten zunehmender Machtrivalitäten         Das Ausmaß der COVID-19-Pandemie hat deut-
und Spannungen kommt dem Multilateralismus            lich gemacht, wie wichtig es ist, dass sich G20
eine besondere friedens- und stabilitätspolitische    und die Vereinten Nationen auch mitten in einer
Rolle zu. Multilateralismus bedeutet, dass Staaten    globalen Gesundheitskrise handlungsfähig zeigen.
ihre eigenen Interessen in Abstimmung und mit         Die Bundesregierung hält eine Stärkung der WHO
Rücksicht auf andere Länder verfolgen. Dies setzt     als wichtigsten multilateralen Akteur im Gesund-
eine starke und breit verankerte regelbasierte        heitsbereich für erforderlich und findet hierfür
Ordnung und eine effiziente und wirksame Zu-          bei G20 und im Indo-Pazifik wichtige Mitstreiter.
sammenarbeit in und mit internationalen Orga-         Ein wichtiger Schritt ist ein von der WHO durch-
nisationen voraus.                                    geführter Lessons-Learned-Prozess, der zu einer
                                                      weiteren Verbesserung des gemeinsamen Um-
Globale Herausforderungen wie Klimawandel,            gangs mit Pandemien führen soll.
Armutsbekämpfung, Migration oder Pandemien
können nur durch die internationale Gemein-           Die Bundesregierung setzt sich im Lichte der
schaft gemeinsam bewältigt werden. Der Kampf          Erfahrungen mit der COVID-19-Krise dafür ein,
gegen die Verbreitung des Virus SARS-Cov2 zeigt,      dass multilaterale Strukturen zur Pandemie-
dass multilaterale Zusammenarbeit zur Lösung          prävention und Pandemiebewältigung gestärkt
der drängenden Probleme der Gegenwart wichti-         werden. Sie begrüßt es, dass sich viele Länder des
ger ist denn je.                                      Indo-­Pazifiks für die Notwendigkeit eines mul-
                                                      tilateralen Ansatzes zu Stärkung und Schutz der
Der Gedanke des Multilateralismus leitet auch die     Weltgesundheit aussprechen.
Beziehungen Deutschlands zum Indo-Pazifik. Die
Bundesregierung setzt in der Zusammenarbeit mit        Als globale finanzpolitische Akteure leisten der
dieser Region auf enge Einbindung in multilatera-      Internationale Währungsfonds (IWF) und die
le Organisationen und Gruppen wie G20 sowie die        Weltbank einen wichtigen Beitrag zur Stabilität
Förderung regionaler Strukturen. Sie strebt eine       des internationalen Währungssystems sowie zur
Stärkung der Europäischen Union als strategischer      Förderung der wirtschaftspolitischen Zusammen-
Partner im indo-pazifischen Raum an.                   arbeit und Entwicklung. Die Bundesregierung
                                                       unterstützt beide Finanzinstitutionen, beson-
Zentraler Akteur für multilaterales Handeln            ders auch in ihrer kraftvollen Reaktion auf die
auf globaler Ebene ist und bleibt das System der      ­COVID-19-Krise. Gemeinsam mit Partnern aus
Vereinten Nationen einschließlich seiner Son-          dem Indo-Pazifik setzt sich die Bundesregierung
derorganisationen und Gerichtsbarkeit. Bei der         für die Stärkung und Reform der Welthandelsor-
Reform der Vereinten Nationen kommt Akteuren           ganisation (WTO) als zentrale Säule der multilate-
aus dem indo-pazifischen Raum eine gewich-             ralen, regelbasierten Handelsordnung ein, um den
tige Rolle zu: Mit China ist bislang ein Staat der     regelbasierten internationalen Handel wiederzu-
Region im ­Sicherheitsrat der Vereinten Nationen       beleben, Lieferketten zu sichern und zur Erholung
als ständiges Mitglied vertreten. Gemeinsam mit        nach der Krise beizutragen.
Deutschland setzen sich mit Indien und Japan
zwei indo-­pazifische Staaten dafür ein, dass das     Ein weiteres Element zur Stärkung der internatio-
Vorhaben zur Reform und Stärkung der Hand-            nalen, multilateralen Zusammenarbeit ist die Allianz
lungsfähigkeit des Sicherheitsrates der Verein-       für den Multilateralismus, die Deutschland und
ten Nationen zu einem erfolgreichen Abschluss         Frankreich 2019 ins Leben gerufen haben. Über die-
geführt wird. Der Vorschlag zielt auf eine Erweite-   ses neue, flexible und themenorientierte Netzwerk
rung des VN-­Sicherheitsrates ab, um seine Reprä-     engagieren sich Staaten in verschiedenen Politikbe-
sentativität und damit seine fortgesetzte Autorität   reichen und treten für den Erhalt sowie die Weiter-
und Legitimität zu sichern.                           entwicklung der regelbasierten Ordnung ein. Eine

                                                                                                          23
II Gestaltungsfelder                                                                Multilateralismus stärken

Vielzahl von Ländern des Indo-Pazifiks unterstützt      Der Verband Südostasiatischer Staaten (Associ-
das Engagement der Allianz für den Multilateralis-      ation of Southeast Asian Nations ASEAN) ist die
mus. Sie steht allen Staaten offen, die einen Beitrag   wirkungsvollste Regionalorganisation im In-
zur Stärkung der regelbasierten Ordnung und deren       do-Pazifik. Die Zusammenarbeit der zehn ASE-
künftiger Ausgestaltung leisten wollen.                 AN-Mitgliedstaaten hat in Fragen von Wirtschaft,
                                                        Handel und Konnektivität erheblichen Einfluss.
Im Zentrum der regelbasierten Ordnung stehen            Wegen seiner zentralen Lage spielt ASEAN für
insbesondere die Charta der Vereinten Nationen,         Sicherheit, Stabilität und Wohlstand im indo-­
die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte             pazifischen Raum eine wichtige Rolle.
und weitere Menschenrechtskonventionen sowie
Verträge zu Abrüstung, Rüstungskontrolle und            Die Bundesregierung hat ein großes Interesse an
Nichtverbreitung. Im Indo-Pazifik mit seiner            der Stärkung der Handlungsfähigkeit von ASEAN
Prägung durch zwei große Ozeane und maritimen           („ASEAN Centrality“) – auch als Kern einer über
Konfliktlagen spielt die Integrität und Anwen-          Südostasien hinausgehenden Vertrauensbildung
dung des geltenden Seerechtsübereinkommens              und multilateral strukturierten Zusammenarbeit
der Vereinten Nationen eine besondere Rolle.            u. a. mit China, Japan, Südkorea, den USA, Russ-
                                                        land, Indien und Australien.

  Der Indische Ozean und der Pazifik eröffnen           Deutschland unterstützt die Zusammenarbeit der
  wichtige Transitstrecken für internationale           EU mit ASEAN, die als regionale Organisationen
  Waren- und Rohstofftransporte. Etwa zwei              natürliche Partner sind. Seit dem Beginn der
  Drittel des weltweiten Seehandels passiert auf        EU-ASEAN-Partnerschaft im Jahr 1977 hat die
  Schiffen den Indo-Pazifik. Als Handelsnation          Beziehung eine so hohe Dichte erreicht, dass sich
  hat Deutschland ein genuines Interesse an             EU und ASEAN im Grundsatz auf eine Aufwer-
  Sicherheit und Stabilität im indo-pazifischen         tung zu einer Strategischen Partnerschaft ver-
  Raum. Das Seerechtsübereinkommen der                  ständigt haben. Dies bedeutet: Angleichung der
  Vereinten Nationen SRÜ von 1982 stellt den            Partnerschaft mit ASEAN an die Partnerschaften,
  umfassenden, weltweit geltenden Rechtsrah-            die die EU z. B. mit China und Indien unterhält,
  men für eine regelbasierte maritime Ordnung           regelmäßigere hochrangige Treffen, umfassende
  dar. Dies betrifft Seegebietsabgrenzungen und         politische Zusammenarbeit. Die Bundesregierung
  -nutzungen, maritime Zusammenarbeit sowie             setzt sich dafür ein, dass diese Aufwertung zügig
  Streitbeilegungsverfahren (einschließlich des         umgesetzt wird.
  Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg).
                                                        Deutschland ist – als bislang einziger EU-­
                                                        Mitgliedstaat – seit 2016 sogenannter Entwick-
Im Lichte einer zunehmenden außenpolitischen            lungspartner von ASEAN. Im Rahmen dieser
Priorisierung kommt regionalen Organisationen           Partnerschaft trägt die Bundesregierung zu einer
und Strukturen eine wachsende Bedeutung zu.             Stärkung des ASEAN-Sekretariats bei; daneben
Zahlreiche Staaten befürchten eine neue Blockbil-       gibt es konkrete Zusammenarbeit in den Berei-
dung, und damit einhergehend den Zwang, sich für        chen Umwelt und Klimawandel sowie regionale
eine Seite entscheiden zu müssen. Sie haben des-        Wirtschaftsintegration, regelbasierter Freihan-
halb ein Interesse, ihre Beziehungen zu diversifizie-   del, Konnektivität und maritime Sicherheit. Mit
ren, beziehungsweise durch regionale Strukturen         einer finanziellen Unterstützung von mehr als
einer hegemonialen Vereinnahmung vorzubauen             97 Mio. EUR seit 2005 ist Deutschland der größte
und ihre Entscheidungsautonomie zu wahren.

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II Gestaltungsfelder                                                               Multilateralismus stärken

bilaterale Geber für ASEAN innerhalb der EU            der Region mit und ist auch selbst zu einer akti-
und der fünftgrößte Geber weltweit.                    veren Mitwirkung bereit.

Hierauf aufbauend und basierend auf gegensei-          Die EU hat sich bereits um eine Beobachterrolle
tigem Vertrauen und Wertschätzung strebt die           bei den Aktivitäten des ASEAN Defence Minister’s
Bundesregierung eine weitere Intensivierung ihrer      Meeting Plus ADMM+ beworben, dem Konferenz-
Zusammenarbeit mit ASEAN – inklusive eines             format der ASEAN-Verteidigungsminister mit
regelmäßigen hochrangigen Austauschs zu regio-         acht ihrer Dialogpartner. Die Bundesregierung
nalen und globalen Entwicklungen – im Rahmen           unterstützt dieses Anliegen, indem sie im Rahmen
einer sogenannten Dialogpartnerschaft an.              der EU konkrete sicherheitspolitische Beiträge
                                                       in der Region leistet. Sie zieht perspektivisch in
                                                       Betracht, sich um einen Beobachterstatus im AD-
  Mit dem 2020 vollzogenen Beitritt zum Ver-           MM+-Format zu bewerben, um die EU bei euro-
  trag über Freundschaft und Zusammenarbeit            päischen Initiativen zu unterstützen.
  in Südostasien von 1976 (Treaty of Amity
  and ­Cooperation in Southeast Asia) hat sich         Einem stärkeren Engagement im sicherheitspo-
  Deutschland zum Verhaltenskodex von ASE-             litischen Bereich dient auch die Mitgliedschaft
  AN mit den Grundprinzipien friedliche Kon-           der EU im ASEAN Regional Forum ARF. Das ARF
  fliktlösung und Dialog bekannt und damit den         mit insgesamt 27 Teilnehmern, darunter auch
  Grundstein für eine Vertiefung der Zusammen-         Nordkorea, ist die größte und umfassendste Si-
  arbeit mit Südostasien im sicherheitspolitischen     cherheitskonferenz im Indo-Pazifik. Die Bundes-
  Bereich gelegt. Dieser Schritt dient der Bundes-     regierung unterstützt die EU im ARF-Rahmen mit
  regierung als Grundlage für ein vertieftes sicher-   sicherheitspolitischen Beiträgen und Expertise.
  heitspolitisches Engagement in der Region.
                                                       Neben ASEAN und seinen sicherheitspolitischen
                                                       Dialogmechanismen gibt es noch weitere regio-
Im Jahr 2019 hat ASEAN eine eigene Antwort auf         nale Institutionen im Indo-Pazifik, die ebenfalls
die geostrategischen Herausforderungen im In-          wichtige Partner der Bundesregierung und der EU
do-Pazifik formuliert. Mit dem ASEAN Outlook on        bei der Stärkung der multilateralen Zusammen-
the Indo-Pacific bringt ASEAN im Lichte wach-          arbeit sind. Diese institutionellen Partner haben
sender Polarisierung in der Region sein Interesse      unterschiedliche Schwerpunkte, aber gemeinsam
an einer Diversifizierung seiner Partnerschaften       verfolgen sie das Ziel, den indo-pazifischen Raum
zum Ausdruck und liefert einen wichtigen Bau-          besser zu integrieren und stärker zu vernetzen.
stein, um seine eigene Handlungsfähigkeit auch
in Zukunft zu bewahren.                                Als regionale finanzpolitische Akteure sind dies
                                                       insbesondere die Asiatische Entwicklungsbank
Das Herzstück der von ASEAN ausgehenden                (ADB) sowie die 2015 gegründete Asian Infra-
überregionalen Sicherheitsarchitektur ist der          structure Investment Bank (AIIB), bei denen die
East Asia Summit EAS. Er bringt als einziger           Bundesregierung Anteilseigner ist. Als Partner
Gipfel im indo-pazifischen Raum die Staats-            der ADB fördert Deutschland bereits seit vielen
und Regierungschefs Chinas, Japans, Südkoreas,         Jahrzehnten Multilateralismus durch wirtschaft-
Indiens, Russlands, der USA, Australiens und           liche Entwicklung unter Einhaltung sozial- und
Neuseelands zusammen. Die Bundesregierung              umweltpolitischer Standards. Deutschland
arbeitet an einer aktiveren Rolle der EU in die-       trägt über die ADB als zweitgrößter bilateraler
sem und anderen sicherheitspolitischen Foren           Geber nach Japan zur Deckung des enormen

                                                                                                          25
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