Einsatz der integrierten Anwendungen JIRA und Confluence zur Unterstützung des Wissensmanagements in IT-Projekten
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Masterarbeit Einsatz der integrierten Anwendungen JIRA und Confluence zur Unterstützung des Wissensmanagements in IT-Projekten Am Beispiel der Projektabwicklung der Bundesrechenzentrum GmbH von Thomas Brandstetter, BA betreut von Prof. (FH) Mag. Doris Riedl Fachhochschul-Studiengang Angewandtes Wissensmanagement Eisenstadt 2014
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Ehrenwörtliche Erklärung Ich habe diese Masterarbeit selbstständig verfasst, alle meine Quellen und Hilfs- mittel angegeben, keine unerlaubten Hilfen eingesetzt und die Arbeit bisher in keiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt. Ort und Datum Unterschrift i
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Sprachliche Gleichbehandlung Soweit im Folgenden personenbezogene Bezeichnungen in nur männlicher be- ziehungsweise nur weiblicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise. ii
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Abstract The use of integrated information systems JIRA and Confluence to support knowledge management in IT projects: a case study. Temporary organizations such as projects represent a central issue for knowledge management in terms of quality and sustainability. Consequently, several scien- tists have tried to combine project management and knowledge management to avoid the constant lack of knowledge in projects. As a result, several knowledge management system models have been developed to evolve a standardized framework for integrated information systems to support project knowledge management. The purpose of this case study is to analyse a subset of information systems under the perception of an elected knowledge management system model, in order to determine the suitability and benefit for project knowledge management in IT projects. First, a review of current literature is undertaken to identify the applicable knowledge management system model. Then a document analysis is performed to elaborate the identified functionality from JIRA and Confluence. Next eight qualitative interviews are conducted with project members of the case study ob- ject. The interviews aim at assessing the relevance and existence of functionality identified in the literature research. Finally, the results are analysed with the method of qualitative content analysis developed by Mayring. The main outcome of this thesis is that JIRA and Confluence are generally able to support knowledge management in IT projects. However, empirical data ob- tained from this case study lead to the conclusion that JIRA and Confluence lack important functionality described in the analysed theory. The findings suggest that both usage and functionality of the investigated systems have to be adapted to fit into the elected knowledge management system model. Keywords: Project knowledge management, system models, JIRA, Confluence, IT projects iii
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Executive Summary Temporäre Organisationen wie Projekte stellen wegen ihres zeitlich limitierten Rahmens ein Problem für das Wissensmanagement hinsichtlich der Qualität und Nachhaltigkeit dar. Aufgrund dieser Problematik wurde mittels wissenschaftli- cher Studien versucht die Methoden des Projektmanagements mit dem Wis- sensmanagement zu verbinden, um den stetigen Wissensverlust in Projekten zu minimieren. Ergebnis dieser Studien war die Entwicklung verschiedener Modelle von Wissensmanagementsystemen, um sowohl einen technischen als auch orga- nisatorischen Rahmen für die Integration von Informationssystemen in die Or- ganisation vorgeben zu können. Zielsetzung und zentrale Fragestellung Ziel dieser Masterarbeit ist die Analyse ausgewählter Informationssysteme unter der Anwendung eines passenden Modells für Wissensmanagementsysteme, um herauszufinden, in welchem Umfang sich diese Informationssysteme zur Unter- stützung des Wissensmanagements in IT-Projekten eignen. Darüber hinaus soll festgestellt werden, welchen möglichen Nutzen die Anwendungen für die Orga- nisation bieten können. Ein Hauptaugenmerk wird dabei auf die Integration der Anwendungen gelegt, da diese eine Hürde für die Akzeptanz des Einsatzes dar- stellt. Die Forschungsfrage lautet demnach: „Inwieweit können integrierte Anwendungen die Anforderungen an ein IT- gestütztes Wissensmanagementsystem in IT-Projekten unter Berücksichtigung eines ausgewählten Modells für Wissensmanagementsysteme abdecken und welchen potentiellen Nutzen bringen diese Anwendungen für die Organisati- on?“ Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wendet der Autor den For- schungsansatz der Einzelfallstudie in einem Unternehmen an, in dem die ausge- wählten Anwendungen eingesetzt werden. Dazu werden zunächst die theoreti- schen Begrifflichkeiten geklärt, um die verschiedenen Modelle für Wissensma- nagementsysteme zu analysieren und das passendste Modell für die weitere Analyse zu eruieren. Unter Berücksichtigung des ausgewählten Modells wird eine Dokumentenanalyse aus den bestehenden Anwendungshandbüchern durchgeführt, um die theoretische Eignung festzustellen. Mit Hilfe von acht qua- litativen Interviews wird versucht die theoretischen Ergebnisse zu verifizieren respektive zu falsifizieren. iv
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Wesentliche Ergebnisse Die empirischen Ergebnisse haben gezeigt, dass sich die in der Bundesrechen- zentrum GmbH analysierten Anwendungen JIRA und Confluence grundsätzlich als Unterstützung für das Wissensmanagement in IT-Projekten eignen. Anders als in der Theorie dargestellt, wurden jedoch Schwachstellen in den Handlungs- feldern Kompetenzen und Orientierung identifiziert, die einen Einsatz in Unter- nehmen verhindern könnten. Aus den empirischen Ergebnissen resultiert, dass weitere Studien von Relevanz sind um vorhandene Limitierungen mit weiteren Daten zu belegen und in der Folge aufheben zu können. Schlagwörter: Projektwissensmanagement, System-Modelle, JIRA, Confluence, IT-Projekte v
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Danksagung Für die Betreuung während der Arbeit an dieser Masterarbeit möchte ich an ers- ter Stelle Frau Prof. (FH) Mag. Doris Riedl danken, die mich mit ihrem kompe- tenten Fach- und Methodenwissen tatkräftig unterstützt hat. Darüber hinaus gilt mein Dank auch Herrn Dr. Franz-Karl Skala für seine ge- danklichen Impulse während der Konzeptphase und der kritischen Betrachtung der methodischen Vorgehensweise. vi
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................................................................... 1 1.1 Ausgangssituation und Motivation .................................................................................... 1 1.2 Vorgehensweise und Aufbau ................................................................................................ 3 2 Theoretische Grundlagen zum Untersuchungsgegenstand .................................. 4 2.1 Projektwissensmanagement ................................................................................................ 4 2.2 Gestaltungsbereich Informations-‐ und Kommunikationssysteme ...................... 7 2.3 Modelle für Wissensmanagementsysteme .................................................................. 10 2.4 Exkurs Anwendungsintegration ...................................................................................... 12 3 Integrierte Wissensmanagementsysteme im Kontext des Projektwissensmanagements ...................................................................................... 14 3.1 Architektur für integrierte Wissensmanagementsysteme ................................... 14 3.2 Architektur für das Projektwissensmanagement ..................................................... 16 3.3 Architekturelement Kultur ................................................................................................. 17 3.4 Architekturelement Prozess-‐Ebene ............................................................................... 19 3.5 Architekturelement System-‐Ebene ................................................................................ 25 3.6 Erfolgsfaktoren ........................................................................................................................ 37 3.7 Zusammenfassung ................................................................................................................. 39 4 Fallstudie: Bundesrechenzentrum GmbH Österreich .......................................... 41 4.1 Methode und Vorgehen ........................................................................................................ 41 4.2 Vorstellung des Unternehmens ........................................................................................ 45 4.3 Erkenntnisse ............................................................................................................................. 47 4.4 Nutzenpotenziale .................................................................................................................... 63 5 Zusammenfassung ............................................................................................................ 65 5.1 Ergebnisse ................................................................................................................................. 65 5.2 Ausblick und Verwertung der Masterarbeit ............................................................... 67 Literatur-‐ und Quellenverzeichnis ...................................................................................... i Anhang ......................................................................................................................................... v Anhang 1: Auswertungsmethoden quantitative Messgrößen (JiraQuery) .................. v Anhang 2: Interviewleitfaden ......................................................................................................... xi Anhang 3: Kategoriensystem ....................................................................................................... xiv Anhang 4: Lebenslauf ....................................................................................................................... xv vii
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1: Gliederung der einzelnen Kapitel ...................................................... 3 Abbildung 2-1: Wissensprozesse im Projektkontext ................................................... 5 Abbildung 3-1: Architektur für integrierte Wissensmanagementsysteme ............ 15 Abbildung 3-2: Architekturmodell für das Projektwissensmanagement .............. 16 Abbildung 3-3: Ablaufdiagramm der Prozess-Ebene ............................................... 19 Abbildung 3-4: Erstellung und Weitergabe von Informationsobjekten ................. 20 Abbildung 3-5: Content-Lebenszyklus ....................................................................... 21 Abbildung 3-6: Zusammenarbeit-Lebenszyklus ....................................................... 23 Abbildung 3-7: Orientierung-Lebenszyklus ............................................................... 25 Abbildung 3-8: JIRA Dashboard Darstellung ............................................................ 33 Abbildung 4-1: Organigramm der Bundesrechenzentrum GmbH Österreich ..... 46 Abbildung 4-2: Mögliche Nutzenpotenziale .............................................................. 63 Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1: Aufgaben des Projektwissensmanagements im Kontext des Wissensmanagements ................................................................................ 6 Tabelle 3-1: Wissensmanagement-Rollen ................................................................... 18 Tabelle 3-2: JIRA Erfolgsfaktoren Inhalte ................................................................... 37 Tabelle 3-3: JIRA Erfolgsfaktoren Zusammenarbeit ................................................. 38 Tabelle 3-4: JIRA Erfolgsfaktoren Orientierung ......................................................... 39 Tabelle 3-5: Funktionsmatrix JIRA und Confluence ................................................. 40 Tabelle 4-1: Identifizierte Wissensmanagement-Rollen ........................................... 48 Tabelle 4-2: Nutzungsverhalten in JIRA ..................................................................... 52 Tabelle 4-3: Nutzungsverhalten in Confluence.......................................................... 52 Tabelle 4-4: Prozentsatz verlinkte Issues .................................................................... 54 Tabelle 4-5: Issues mit ausgefülltem Beobachter Feld .............................................. 54 Tabelle 4-6: Bearbeitungshäufigkeit Issues im März 2014 ........................................ 55 Tabelle 4-7: Altersverteilung der Issues ...................................................................... 55 Tabelle 4-8: Erstellte Projekte in JIRA .......................................................................... 58 Tabelle 4-9: Überarbeitungshäufigkeit Issues ............................................................ 59 Tabelle 4-10: Reaktionszeit verschiedene Endgeräte ................................................ 61 Tabelle 4-11: JIRA-Issues mit Verschlagwortung ...................................................... 62 Tabelle 5-1: Analysierte Erfolgsfaktoren - Inhalte ..................................................... 65 Tabelle 5-2: Analysierte Erfolgsfaktoren - Zusammenarbeit ................................... 66 Tabelle 5-3: Analysierte Erfolgsfaktoren - Orientierung .......................................... 67 viii
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 1 Einleitung 1.1 Ausgangssituation und Motivation Der Wechsel vom Industriezeitalter in das Informationszeitalter stellt Unterneh- men vor neue Herausforderungen. Immer mehr an Bedeutung gewinnt die Res- source Wissen, die durch definierte Triebkräfte wie Globalisierung oder dem Wandel von handwerklicher Arbeit zu wissensintensiver Arbeit einen größer werdenden Anteil am Erfolg beziehungsweise Misserfolg der Unternehmen hat. Gerade in den sogenannten Industrieländern ist der Wandel von arbeitsintensi- ven zu wissensintensiven Prozessen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor vor allem für Dienstleistungsunternehmen geworden (North, 2011, S.14; Drucker, 1998, 9ff). Neben der Ressource Wissen werden auch Projekte als eigenständige und zeitlich begrenzte Organisationsformen bedeutender. Nach einer Studie von Hofman et al. (2007, S. 22ff) steigt alleine in Deutschland der Anteil der Projektarbeit bis zum Jahr 2020 um 15 Prozent. Gerade durch ihre steigende Bedeutung sollten die Ressource Wissen als auch die Organisations- form des Projektes nicht isoliert betrachtet werden, weil die Charakteristik der Projektarbeit einen idealen Nährboden für die Wissensarbeit darstellt (Lindner, 2010, S. 2f). Da es sich bei Projektabläufen um wissensintensive Prozesse handelt, die durch die typische temporäre Organisationsform (PMA, 2008, S. 7) ein Prob- lem für das Wissensmanagement darstellen, wurde diese Problematik in Studien aufgegriffen und ein Versuch unternommen die Disziplinen Wissensmanage- ment und Projektmanagement zu verbinden (Adenfelt & Lagerström, 2006; Ajmal, Helo, Kekäle, 2010; Bordt, 2001; Cervone, 2011; Disterer, 2002; Gasik, 2011; Frank & Schönert, 2001; Han-Kuk et al., 2007; Hanisch et al., 2009; Havelka & Kreindl, 2011; Jewels & Ford, 2006; Mitchell, 2006; Karlsen & Gottschalk, 2003; Lindner, 2010). Ein wesentliches Ziel des Projektwissensmanagements ist die Implementierung und Optimierung einer projektübergreifenden Wissensbasis zur Verbesserung der Wissensprozesse in Projekten (Lindner, 2010). Ein möglicher Faktor zur Ver- besserung der Wissensbasis in Projekten ist die Unterstützung des Wissenstrans- fers und der Wissensspeicherung durch IT-gestützte Systeme. Ausgehend von den aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten der letzten Jahre, bietet die Literatur zum Thema IT-Unterstützung im Projektwissensmanagement zwar einen Über- blick einzelner IT-Anwendungen und wie diese für den Einsatz im Projektwis- sensmanagement geeignet sind (Disterer, 2002, S. 517ff), jedoch nicht wie diese im Sinne eines integrierten und ganzheitlichen Ansatzes angewendet werden können (Riempp, 2004, S. 3ff). „Die Zusammenführung von Informationsobjekten, Prozessen, Funktionen, Leistungen und Organisation zu einem ganzheitlichen System“ (Riempp, 2004, S. 56), stellt jedoch einen wesentlichen Faktor dar, da diese in den -1-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 durchgeführten Interviews innerhalb der Studie von Lindner (2010, S.133f) und Schindler (2002, S. 109f) eine besondere Hürde für die Akzeptanz des eingesetz- ten IT-Systems im Projektwissensmanagement darstellt. In der Praxis verhält es sich oft so, dass Unternehmen schon bestehende Anwen- dungen für die Lösung verschiedener Problemstellungen integriert haben und diese auch für die Abwicklung von Projekten nutzen (Blessing, Riempp, Österle, 2001). Die Erweiterung der bestehenden Anwendungslandschaft um neue Werk- zeuge könnte die Nutzungsbarriere der Mitarbeiter möglicherweise erhöhen und die großflächige Verwendung im Unternehmen verhindern. Um die Erfolgschan- cen zur Einbindung von Wissensmanagement in IT-Projekten und den Nutzen für die Projektmitarbeiter zu verbessern, wäre es daher sinnvoll das Augenmerk nicht ausschließlich auf in der Literatur angebotene Anwendungen zu richten, sondern auch im Wissensmanagement unbekannte und auf dem ersten Blick nicht typische Werkzeuge zu analysieren und mit Hilfe dafür geeigneter Modelle einzubinden. Aufgrund der dargestellten Spannungsfelder ergibt sich die Not- wendigkeit, in der Praxis bereits eingesetzte Anwendungen unter dem Aspekt eines integrierten und ganzheitlichen Systems zu untersuchen und deren Eig- nung sowie Nutzen für die Unterstützung des Projektwissensmanagements zu definieren. Dazu wird vom Autor dieser Masterarbeit der Forschungsansatz der Einzelfallstudie angewendet, bei der es darum geht ein „aktuelles Phänomen inner- halb seines realen Kontexts zu analysieren, insbesondere, wenn die Grenzen zwischen Phänomen und Kontext nicht klar ersichtlich sind“ (Yin, 2013, S. 16). Als Untersuchungsgegenstand wurde die Bundesrechenzentrum GmbH ausge- wählt, da der Autor selbst in diesem Unternehmen tätig ist und somit den für die Einzelfallstudie notwendigen Zugang besitzt. Zur Unterstützung des Projektma- nagements setzt die Bundesrechenzentrum GmbH unter anderem die Anwen- dungen JIRA und Confluence ein. Da diese in der Literatur noch nicht im Zu- sammenhang mit Projektwissensmanagement analysiert wurden, bilden diese Anwendungen die Grundlage für die durchgeführte Einzelfallstudie. Der Ord- nungsrahmen für die Eignungs- und Nutzenanalyse der Anwendungen im Sinne eines integrierten und ganzheitlichen Systems wird mit Hilfe in der Literatur be- schriebener Architekturmodelle für Wissensmanagementsysteme (Schindler, 2000; Disterer, 2002; Riempp 2004; Galik, 2011) hergeleitet. Demzufolge lautet die zentrale Forschungsfrage: „Inwieweit können integrierte Anwendungen die Anforderungen an ein IT- gestütztes Wissensmanagementsystem in IT-Projekten unter Berücksichtigung eines ausgewählten Modells für Wissensmanagementsysteme abdecken und welchen potentiellen Nutzen bringen diese Anwendungen für die Organisati- on?“ -2-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 1.2 Vorgehensweise und Aufbau Einleitend wird in Kapitel 2 ein Überblick über die notwendigen Begrifflichkei- ten und den aktuellen Stand der Forschung zum Thema „Unterstützung des Wissensmanagements durch IT-Systeme“ gegeben. Zuerst wird versucht den Be- griff Projektwissensmanagement anhand der derzeit existierenden wissenschaft- lichen Literatur zu definieren. Dabei wird gezielt auf die Gestaltungsbereiche des Wissensmanagements in Projekten und die dabei notwendige Unterstützungs- leistung durch IT-Systeme eingegangen. Das darauffolgende Unterkapitel wid- met sich den aktuell verfügbaren Architekturmodellen zur Abbildung von IT- gestützten Systemen des Wissensmanagements und der Festlegung auf ein für diese Arbeit geeignetes Modell. Kapitel 3 beschäftigt sich im Detail mit dem ge- wählten Architekturmodell und der Einbettung der Funktionen von JIRA und Confluence. Ebenfalls erörtert werden die aufgrund des gewählten Architektur- modells sowie des Funktionsumfanges der Anwendungen definierten Messgrö- ßen zur Analyse der Eignung und möglicher Nutzenpotenziale. In Kapitel 4 wird zunächst die gewählte Forschungsmethode dargestellt und deren Auswahl be- gründet. Darüber hinaus werden notwendige Grenzen, wie die zeitliche Ein- schränkung der Quellen für die Dokumentenanalyse und die Auswahl der Inter- viewpartner beschrieben. Daraufhin folgt die Darstellung der Fallstudie sowie die Beantwortung der Forschungsfrage anhand der Ergebnisse. Das letzte Kapitel fasst die erarbeiteten Ergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf mögli- che weitere Forschungsthemen. Systematisch gliedert sich diese Arbeit in die Phasen „Einleitung“, „Theorie“, „Empirie“ und „Diskussion“ (siehe Abbildung 1-1). Abbildung 1-1: Gliederung der einzelnen Kapitel -3-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 2 Theoretische Grundlagen zum Untersuchungsgegen- stand 2.1 Projektwissensmanagement In der wissenschaftlichen Literatur wird der Begriff Projektwissensmanagement als „die gezielte Gestaltung, Unterstützung, Förderung und Motivation von Wissens- prozessen im Multiprojektkontext mit dem Ziel der Verbesserung der Problemlösungsfä- higkeit durch die Verbesserung der einem Projekt zur Verfügung stehenden Wissensbasis und der Fähigkeit der Integration von Wissen“ (Lindner, 2010, S. 85) beschrieben. Das größte Problem des Wissensmanagements in Projekten stellt dabei der Ver- lust von Wissen nach Projektabschluss dar. Dieser Umstand wird unter anderem durch folgende Einflussfaktoren ausgelöst (Gottschalk & Karlsen, 2004, S.3): • Temporäre Organisationsform und Einzigartigkeit der Projekte • Hohe Mitarbeiterfluktuation während des Projekts • Fehlende Wissensaufbereitung nach Beendigung des Projekts Dabei versucht das Projektwissensmanagement anhand definierter Ziele und Aufgaben, die eng mit den Wissensprozessen des Wissensmanagements ver- knüpft sind, die Auswirkungen der oben genannten Einflussfaktoren zu mini- mieren (Frank & Schönert, 2001, S. 25f; Gasik, 2011, S. 4ff; Lindner, 2010, S. 85ff; Schindler, 2002, S. 52ff). 2.1.1 Wissensprozesse Lindner (2010, S. 17f) leitet aus vorhandener Literatur zum Thema Wissensma- nagement die vier Wissensprozesse „Wissenstransfer“, „Wissensspeicherung/- bereitstellung“, „Wissensgenerierung“ und „Wissensanwendung“ zur Unter- stützung von Projekten ab, wobei er den Schwerpunkt des Projektwissensmana- gements in den Prozessen „Wissenstransfer“ und „Wissensspeicherung/- bereitstellung“ sieht, da „die Frage der Wissensanwendung und Wissenskreation eng verknüpft mit der Projektmanagementaufgabe an sich“ (Lindner, 2010, S. 93) ist. Als Ergebnis seiner qualitativen Studien sieht er IT-Systeme als zentralen Einfluss- faktor zur Unterstützung der definierten Wissensprozesse des Projektwissens- managements: „Durch das Fehlen von permanenten Strukturen erhalten Systeme, die Wissensbestände, Aufgaben und Themen der temporären Einheiten manifest und trans- parent machen, einen besonderen Stellenwert“ (Lindner, 2010, S. 264). Darüber hinaus ist es im Sinne des Projektwissensmanagements notwendig den Transfer von Wissen nicht ausschließlich innerhalb eines Projekts, sondern über Projektgrenzen hinweg zu betrachten (siehe auch Definition Projektwissensma- nagement in Kapitel 2.1). Dabei kann der Wissenstransfer sowohl auf informeller als auch formeller Basis zwischen einzelnen Individuen oder aber auch Gruppen erfolgen. IT-Systeme unterstützen diesen kontext-unabhängigen Zugriff durch -4-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 permanente und zentrale Wissensspeicher. Die auf Basis des Mediums festgeleg- te unpersönliche Kommunikationsform kann zusätzlich in synchrone und asyn- chrone Übertragungsarten unterschieden werden (Alavi & Leidner, 2001, S.119ff). Voraussetzung für einen effektiven Wissenstransfer über IT-gestützte Systeme ist die Speicherung und Bereitstellung expliziten Wissens in Form von Informa- tionsobjekten. Bezugnehmend auf das Projektwissensmanagement handelt es sich dabei um eine Teilmenge des organisatorischen Gedächtnisses, welches als die Fähigkeit beschrieben wird, „Wissen aus der Vergangenheit in Entscheidungen und Aktionen der Gegenwart einbringen zu können“ (Lindner, 2010, S. 91f). Abbil- dung 2-1 zeigt die Wissensprozesse im Kontext der Definition des Projektwis- sensmanagements unter Berücksichtigung der Unterstützung durch IT-Systeme. expliziertes Wissen unpersönlich (synchron, asynchron formal, informal) Wissensquelle Wissensspeicher intern Individuum Wissensspeicherung/ Anwendung im Projekt Gruppe W -bereitstellung iss r en fe str a ns an Wissensgenerierung sfe str Wissensanwendung r en iss W Informations- Informations- W objekte objekte iss r en sfe str Wissensquelle tran an s sfe en extern iss Informations- Informations- r W objekte objekte Anwendung außerhalb Individuum des Projekts Gruppe Wissensanwendung Wissensgenerierung expliziertes Wissen unpersönlich (synchron, asynchron formal, informal) Abbildung 2-1: Wissensprozesse im Projektkontext (in Anlehnung an Lindner, 2010, S. 91) 2.1.2 Aufgaben des Projektwissensmanagements Lindner (2010, S. 123) sieht als Kerngebiet des Projektwissensmanagements die Anwendung der bereits analysierten Wissensprozesse zwischen parallel abgewi- ckelten Projekten und Projekten, die in der Vergangenheit liegen. Die wesentli- chen Aufgaben, um die Wissensprozesse zu unterstützen, definiert Lindner fol- gendermaßen: • Bereitstellung und Pflege der Systeminfrastruktur • Definition von Abläufen, Vorgehensweisen und Verantwortlichkeiten im Pro- jektalltag • Redaktionelle Betreuung und Qualitätssicherung von Wissensinhalten • Motivation und Sicherstellung der Nutzung von Vorgehensweisen des PWMs • Definition und Kommunikation von Zielen und Vorteilen des PWMs -5-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 • Förderung der Ausbildung von informellen Netzwerken zwischen den Projektbe- teiligten • Sicherstellung einer Kultur, die Wissensaustausch fördert • Gestaltung von Projektabläufen und –standards unter Gesichtspunkten der Wis- sensintegration (2010, S. 93) 2.1.3 Gestaltungsbereiche Um die Auswirkungen der in Kapitel 2.1 genannten Einflussfaktoren mit Hilfe der im Projektwissensmanagement identifizierten Wissensprozesse (siehe Kapi- tel 2.1.1) minimieren zu können, ist es notwendig, das Projektwissensmanage- ment multidimensional unter Berücksichtigung der in der Literatur beschriebe- nen Gestaltungsbereiche des Wissensmanagements • Informations- und Kommunikationssysteme • Führung & Kultur • Organisation & Struktur in die Projektorganisation einzuführen (Adenfelt & Lagerström, 2006, S. 194ff; Davenport, 1998, S. 51ff; Karlsen & Gottschalk, 2004, S. 4; Lindner, 2010, S.94; Schindler, 2002, S. 39). In Kapitel 2.1.2 wurden dazu die Aufgaben des Projekt- wissensmanagements dargestellt, welche den Gestaltungsbereichen folgender- maßen zugeordnet werden können: Aufgabe Gestaltungsbereich Bereitstellung und Pflege der Systeminfrastruktur Informations- und Kom- munikationssysteme Definition von Abläufen, Vorgehensweisen und Ver- Führung & Kultur antwortlichkeiten im Projektalltag Redaktionelle Betreuung und Qualitätssicherung von Organisation & Struktur Wissensinhalten Motivation und Sicherstellung der Nutzung von Vorge- Führung & Kultur hensweisen des PWMs Definition und Kommunikation von Zielen und Vortei- Organisation & Struktur len des PWMs Förderung der Ausbildung von informellen Netzwerken Führung & Kultur zwischen den Projektbeteiligten Sicherstellung einer Kultur, die Wissensaustausch för- Führung und Kultur dert Gestaltung von Projektabläufen und –standards, unter Organisation & Struktur Gesichtspunkten der Wissensintegration Tabelle 2-1: Aufgaben des Projektwissensmanagements im Kontext des Wissensmanagements -6-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Die in Kapitel 2.3 vorgestellten Architekturmodelle folgen diesem ganzheitlichen Ansatz des Wissensmanagements. Aufgrund des Schwerpunkts dieser Masterar- beit - der Analyse von Eignung und Nutzen bestehender Anwendungen - wer- den die Gestaltungsbereiche Organisation und Struktur beziehungsweise Füh- rung und Kultur bei der Analyse des ausgewählten Modells jedoch nur im An- satz diskutiert (vgl. mit den fett markierten Aufgaben in Tabelle 2-1). Von beson- derer Wichtigkeit zeichnet sich als Teil dieser Masterarbeit der Gestaltungsbe- reich der Informations- und Kommunikationssysteme aus, da es zu diesem The- ma kontroverse Meinungen bezüglich der Unterstützungsleistung für das Wis- sensmanagement im Allgemeinen und dem Projektwissensmanagement im Spe- ziellen gibt. Aufgrund dieser Tatsache wird dieser Bereich in Kapitel 2.2 im De- tail betrachtet. 2.2 Gestaltungsbereich Informations- und Kommunikationssysteme Dieses Kapitel soll Klarheit über den Stellenwert von Informations- und Kom- munikationssystemen in Zusammenhang mit dem Projektwissensmanagement verschaffen. Als aktueller Stand der Forschung wird bewusst auf praxisorientier- te Studien Bezug genommen, da diese den Forschungsbereich dieser Masterar- beit am besten abdecken. Zur leichteren Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf der Begriff IT-Systeme verwendet. Zum Themenfeld "IT-Systeme im Projektwissensmanagement" wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Studien veröffentlicht, die einerseits aufzeigen, welchen Stellenwert IT-Systeme als Unterstützung für das Wissensmanagement in Projekten darstellen und andererseits, welche Determinanten die Einbettung von IT-Lösungen im Projektwissensmanagement fördern oder auch hindern. Das Spektrum der recherchierten Literatur reicht von Artikeln aus wissenschaftlichen Journalen bis hin zu Diplomarbeiten und Dissertationen. Frank & Schönert (2001) sehen unter anderem in der räumlichen Trennung wäh- rend der Durchführung von Projekten einen Bedarf für die Unterstützung des Projektwissensmanagements durch IT-Systeme. In ihrem Artikel entwickeln sie sowohl Fragen als auch einen durchgängigen Prozess für die Einbettung von Wissensinformationssystemen zur Unterstützung des Projektwissensmanage- ments. Als Anwendungstyp definieren sie Dokumentenmanagementsysteme, welche durch die Definition von Dokumententypen und die Integration einer leistungsstarken Suche als Wissensmanagementsysteme in Projekten eingesetzt werden könnten. Bordt (2001) beschreibt in ihrem Artikel die Notwendigkeit von Wissensma- nagement in Projekten, seine Rollen und einen Ansatz verschiedener Anreize, die für die Einführung von Wissensmanagement in Projekten gegeben sein müssen. -7-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Sie zeigt in ihrem Fallbeispiel klar auf, dass der falsche Einsatz von IT-Systemen als Stütze eine potentielle Gefährdung für den Einsatz eines ganzheitlichen Wis- sensmanagements darstellt und der Einsatz von IT-Systemen aufgrund dessen unumgänglich für die Ablage und Wiederverwendung von kodiertem Wissen ist. Auch Ajmal, Help und Kekäle (2010) kommen in ihrer Studie zum Ergebnis, dass IT-Systeme eine hohe Relevanz für den Einsatz von Wissensmanagement in Projekten darstellen: „It is apparent that appropriate KM systems in project-based business would be a signifi- cant factor in assisting KM initiatives to flourish. Such a system would facilitate the sharing of experience among employees through an integrated interface platform accessi- ble to all interested participants in a project“ (Ajmal, Help, Kekäle, 2010, S. 164). Sie bilden ein Modell mit sechs Faktoren ab, die eine wichtige Rolle beim Einsatz von Wissensmanagement in Projekten spielen und prüfen die Effizienz der Fak- toren mit Hilfe einer Onlineumfrage. Cervone (2011) analysiert Wissensmanagement für die Unterstützung von Pro- jekten im Bibliotheksumfeld. Der Autor gibt zunächst einen Überblick über die existierenden Barrieren zur Nutzung von Wissensmanagement und schreibt über die Nachteile des Einsatzes von flüchtigen IT-Systemen wie E-Mail. Er gibt eine Empfehlung zur Nutzung von Kollaborationsplattformen wie Microsoft Sharepoint ab und beschreibt die Vorzüge solcher Systeme für die Speicherung und Vermittlung kodifizierten Wissens. Als unterstützender Faktor werden IT-Systeme auch in der Arbeit von Havelka und Kreindl (2011, S. 51ff) behandelt. Die Autoren beschreiben das für technische Hilfsmittel eingesetzte Kategoriensystem für das Wissensmanagement nach Leh- ner (2006) und geben als Empfehlung den Einsatz der Anwendungstypen Weblogs und Foren für das Projektwissensmanagement ab, während WIKI- Systeme für die Projektabschlussphase eingesetzt werden sollten. Diese empiri- sche Studie, welche den Umsetzungsgrad von Projektwissensmanagement in IT- Unternehmen und Abteilungen analysieren soll, zeigt eine hohe Notwendigkeit für den Einsatz von IT-Systemen zur Unterstützung des Projektwissensmanage- ments. Gasik (2011) sieht in seinem Modell des Projektwissensmanagements den Bedarf in der Nutzung von IT-Systemen für die Organisation und das Projektwissens- management. Er zählt in seinem Artikel eine Reihe von Anwendungstypen wie zum Beispiel Wissensspeicher, Projektmanagementsysteme, Groupware und Ex- pertenprofile auf. Ohne näher auf diese einzugehen, beschreibt er einen Prozess -8-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 zur Einführung von IT-Systemen für das Projektwissensmanagement in der Or- ganisation. Im Gegensatz zu Frank und Schönert (2001), Bordt (2001), Ajmal, Help und Kekä- le (2010), Cervone (2011), Havelka und Kreindl (2011) und Gasik (2011) kommen Hanisch et al. (2009) in einer Studie mit 28 Interviewpartnern zu dem Schluss, dass IT-Systeme zwar Unterstützungscharakter für das Projektwissensmanage- ment haben, die Qualität des Projektwissensmanagement durch die Wahl der einzelnen Anwenderwerkzeuge allerdings nicht direkt beeinflusst wird. Auch Karlsen und Gottschalk (2004) sehen in ihrer Studie mit 1072 Unternehmen keine Korrelation zwischen Projekterfolg und dem Einsatz von IT-Systemen zur Unter- stützung des Projektwissensmanagements. Newell (2004) untersucht in ihren Fallstudien die Verbesserungsmöglichkeiten von projektübergreifendem Wissensmanagement innerhalb des IT-Sektors und kommt zu dem Ergebnis, dass IT-Systeme zur Unterstützung des Projektwis- sensmanagements als „Best-Practice“ angesehen werden, in der Realität jedoch nicht funktionieren, da die Wissensträger sich in den Fallstudien ausschließlich über direkte soziale Beziehungen untereinander austauschen, um eine Prob- lemlösung herbeizuführen. Fazit In der Literatur werden IT-Systeme als eine Stütze des ganzheitlichen Wissens- managements betrachtet und für die Wichtigkeit eines funktionierenden Wis- sensmanagements in Projekten dargestellt. Darüber hinaus werden aus techni- scher Sicht Kategorien von Anwendungen gebildet, die das Wissensmanagement in Projekten positiv unterstützen können. Ebenso finden sich in fast allen Arbei- ten notwendige Treiber (organisatorische sowie technische), die für eine Einfüh- rung des Wissensmanagements in Projekten unabdingbar sind. Ein Treiber, der im Zusammenhang mit der Einbettung von IT-Systemen in das Wissensma- nagement häufig genannt wird, ist die Einführung integrierter Anwendungen, die dem Benutzer einen leichten Einstieg ermöglichen und so die Nutzung erhö- hen sollen. In der aktuellen Literatur werden derzeit bis auf wenige Ausnahmen jedoch nur einzelne Anwendungen beschrieben, die im Zuge des Wissensmana- gements verknüpfend genutzt werden können. Obwohl es zum Thema IT-Systeme im Projektwissensmanagement basierend auf dem derzeitigen Stand der Forschung zwar keine einheitliche Meinung über die tatsächliche Unterstützungsleistung gibt, sehen aktuelle Studien, dass die Unter- stützung mittels Informations- und Kommunikationstechnologie eine positive Wirkung auf die Effektivität des Projektwissensmanagement hat (Lindner, 2010, S. 263f), es jedoch noch Entwicklungsbedarf bei integrierten Anwendungen und -9-
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Kommunikationssystemen, die von den Projektteammitgliedern für alle Bereiche der Projektabwicklung und der Wissensvermittlung beziehungsweise des -abrufs genutzt werden können, gibt (Lindner, 2010, S. 309). 2.3 Modelle für Wissensmanagementsysteme In den letzten Jahren sind mehrere Modelle zur Unterstützung des Wissensma- nagements mit Hilfe von IT-Systemen entwickelt worden. Diese Modelle werden unter dem Begriff „Wissensmanagementsysteme“ zusammengefasst (Riempp, 2004, S. 3; Alavi & Leidner, 2001, S. 114). In diesem Kapitel werden die aktuells- ten und für diese Arbeit passenden Modelle vorgestellt und eine Auswahl für die darauffolgende Softwareanalyse getroffen. Kommerzielle Wissensmanagement- systeme wie Opentext Livelink, Hyperwave Vision oder IBM Collaboration Solu- tions sind wegen ihrer ausschließlichen Anwendbarkeit auf bestimmte Anwen- dungen nicht Teil dieser Masterarbeit. Mit der Definition der Projektwissensmedien versucht Schindler (2000, S. 176ff) ein Modell für die Implementierung eines IT-gestützten Systems zur Unterstüt- zung der Projektabwicklung abzubilden. Dazu sind zwei Gruppen von Anwen- dungsbausteinen mit expliziten Anforderungen und Funktionalitäten definiert worden, die im Einklang mit den Aufgaben (siehe Kapitel 2.1.2) des Projektwis- sensmanagements stehen: • IT-Systeme der 4. Generation (Webbasierende Anwendungen) o Projektdokumentation o Methoden und Formularablage o Planungs- und Kontrollwesen o Persönliches-/Gruppeninformationsmanagement o Glossar o Organisationsstrukturen o Meetingbereich o Projektbibliothek • Erweiterte Dienste, die aus der Notwendigkeit des Wissensmanagements entstanden sind o Verzeichnisdienste o Expertenverzeichnisse (Yellow-Pages) o Skill-Management Systeme Als kritische Erfolgsfaktoren werden wie in Kapitel 2.1.3 die Gestaltungsbereiche des Wissensmanagements genannt (Schindler, 2000, S. 111). Die Entwicklung des Modells der Projektwissensmedien basiert auf der Prüfung mehrerer Fallstudien. - 10 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 Disterer (2002) beschreibt in seinem Modell die Einbettung von Wissensma- nagement in das Projektmanagement und welche Arten von IT-Anwendungen in welcher Phase des Projekts für die Sicherung des Wissens zum Einsatz kommen könnten. Ein wichtiger Faktor für Disterer (2002) ist dabei die Einbindung des Wissensmanagements schon während der Definition und Planung des Projekts. Fragestellungen wie • Wer ist für das Wissensmanagement in Projekten verantwortlich? • In welchen Bereichen wird neues Wissen erwartet? • Wie werden Projekterfahrungen dokumentiert, gespeichert und erhalten? sollen dabei unbedingt berücksichtigt werden. Als Anwendungstypen bezieht er sich ebenso wie Schindler (2002) und Lindner (2010) auf die Werkzeuge Lessons Learned, Projektprofile, Expertendatenbanken sowie Yellow Pages. Wie Bordt (2001) sieht auch Schindler die Informations- und Kommunikationstechnologie als Stütze des ganzheitlichen Wissensmanagements in Projekten. Wie schon in Kapitel 2.2 beschrieben, erarbeitet Gasik (2011) in seinem Modell einen Prozess zur Einführung von Wissensmanagementsystemen zur Unterstüt- zung des Projektwissensmanagements in Organisationen, welcher in drei Phasen eingeteilt ist: • Informelle Phase • Implementierungsphase • Verwertungs- und Verbesserungsphase Die informelle Phase dient zur Initiierung des Projekts. In der Implementie- rungsphase ist es notwendig das richtige Werkzeug anhand der Projektkultur auszuwählen. Dabei ist ein wichtiger Aspekt der Anwendungsintegration den natürlichen Arbeitsprozess der Mitarbeiter beizubehalten. Die Verwertungs- und Verbesserungsphase kann als kybernetischer Regelkreis (Eschenbach & Siller, 2009, S. 27ff) betrachtet werden und dient der Verbesserung der Nutzbarkeit und Effektivität. Die verschiedenen Anwendungstypen werden zwar gelistet, welche Anwendungen jedoch das Projektwissensmanagement in den unterschiedlichen Aspekten unterstützen soll, wird nicht abgebildet. Das umfangreichste Modell definiert Riempp (2004) mit einer „Architektur für integriertes Wissensmanagement”, eine Vorlage für die Standardisierung IT- gestützter Wissensmanagementsysteme, die aufgrund des generischen Rahmens unter anderem im Projektwissensmanagement angewandt werden kann. Er ge- neriert dabei in seinen langjährigen Studien und Projekten eine ganzheitliche Ar- chitektur zur Einführung von Wissensmanagementsystemen in die Organisation. Während die bereits vorgestellten Modelle mehr oder weniger detailliert auf be- stimmte Anwendungstypen zur Einführung von Wissensmanagementsystemen - 11 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 in Projekten Bezug nehmen und nur teilweise den integrativen Aspekt zwischen den einzelnen IT-Systemen behandeln, verfolgt Riempp mit seinem Architek- turmodell einen ganzheitlichen und integrierten Ansatz. „Dabei meint ‚Integriert’ sowohl die Verbindung der verschiedenen Komponenten solcher Systeme untereinander als auch die Verknüpfung zwischen den Ebenen der Strategie, der Prozesse und der In- formationssysteme“ (Riemp, 2004, S. 3). Fazit Die in der Literatur definierten Modelle zur Implementierung von Wissensma- nagementsystemen erlauben es, die Einsatzmöglichkeiten von IT-Anwendungen im Kontext des Projektwissensmanagements zu evaluieren. Aufgrund der Pra- xisrelevanz und der speziellen Berücksichtigung von integrierten Wissensmana- gementsystemen, bezieht sich die zugrunde liegende Arbeit in weiterer Folge auf die Architektur von Riempp (2004), welche in Kapitel 3 näher vorgestellt wird. 2.4 Exkurs Anwendungsintegration In der Wirtschaftsinformatik wird laut Laudon, Laudon und Schoder (2010, S. 465ff) zwischen folgenden Arten der Anwendungsintegration unterschieden: • Datenintegration • Funktionsintegration • Objektintegration • Prozessintegration • Methodenintegration • Programmintegration Wichtig für die Begriffsklärung der integrierten Anwendungen im Zuge dieser Masterarbeit sind die Dimensionen der Daten- und Programmintegration. 2.4.1 Datenintegration Unter Datenintegration ist die Nutzung eines gemeinsamen Datenstammes über mehrere Funktionen beziehungsweise Anwendungen zu verstehen. Ziel ist es, Dateninkonsistenzen zu vermeiden und den logischen Datenaufbau über mehre- re Anwendungen hinaus wiederzuverwenden (Laudon & Laudon & Schoder, 2010, S. 465). 2.4.2 Programmintegration Eine Programmintegration entsteht, wenn einzelne Bausteine einer Software zu einem integrierten System zusammengefügt werden. Im Gegensatz zur Prozess- und Funktionsintegration (die den fachlichen Teil der Integration abbilden) geht es darum, dem Benutzer eine einheitliche Sicht (Präsentationsschicht) auf die verschiedenen Funktionen der einzelnen Softwarebausteine zu geben (Laudon & Laudon & Schoder, 2010, S. 467). Trotz der Kombination mehrerer Anwendun- - 12 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 gen, bleibt der Benutzer in seiner vertrauten Umgebung und erweitert durch die Verknüpfung von Daten und Funktionen seinen Handlungsspielraum. Ein Beispiel für integrierte Anwendungen ist die Software-Suite Microsoft Office. Der Benutzer hat in den Anwendungen Word, Excel und Powerpoint die Mög- lichkeit Daten untereinander einzubinden und Funktionen der jeweils anderen Anwendung zu nutzen (z.B. das Erstellen und Übernehmen von Exceltabellen in Word). Es ist also davon auszugehen, dass eine Programmintegration erfolgreich stattgefunden hat, wenn der Benutzer zwischen mehreren Anwendungen wech- selt, dieser Wechsel jedoch transparent für den Benutzer stattfindet. - 13 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 3 Integrierte Wissensmanagementsysteme im Kontext des Projektwissensmanagements Unter Berücksichtigung der in Kapitel 2 erarbeiteten Theorie wird der Versuch unternommen die Rahmenbedingungen zur Beantwortung der Forschungsfrage mit Hilfe des ausgewählten Architekturmodells von Riempp (2004) herzuleiten. Dafür wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen Ebenen und Bereiche des Architekturmodells gegeben (siehe Kapitel 3.1) und aufgrund des For- schungsthemas der Versuch unternommen, das von Riempp (2004) entwickelte Modell auf die Eigenschaften der temporären Organisationsform, wie sie für Pro- jekte eingesetzt wird, anzupassen (siehe Kapitel 3.2). In Kapitel 3.3 bis Kapitel 3.5 folgen die funktionale Einbettung der für die Fallstudie ausgewählten Anwen- dungen JIRA und Confluence und die Definition notwendiger Erfolgsfaktoren zur Untersuchung möglicher Unterstützungsleistungen für das Projektwissens- management. 3.1 Architektur für integrierte Wissensmanagementsysteme Die Grundstruktur des von Riempp (2004) entwickelten Modells wurde nach den Grundlagen des Business Engineering aufgesetzt (Österle, 1995, S. 14), baut je- doch ebenso wie das Projektwissensmanagement auf den in Kapitel 2.1.3 defi- nierten Gestaltungsbereichen des Wissensmanagements auf (Riempp, 2004, S. 125ff). Dabei stellt die System-Ebene den Gestaltungsbereich der „Informations- und Kommunikationssysteme“ dar und die Prozess-Ebene die Gestaltungsberei- che „Organisation & Struktur“. Als Rahmen für den erfolgreichen Einsatz des Modells wird die Kultur der Organisation angesehen, die mit dem Gestaltungs- bereich „Führung & Kultur“, abgedeckt wird (siehe Abbildung 3-1). An oberster Stelle des Architekturmodells stehen die strategische Ausrichtung der Organisation und die Integration der dazu notwendigen Wissensmanage- ment-Ziele. Zur Feststellung des Erfüllungsgrads der definierten Wissensma- nagement-Ziele dient ein zentrales Messsystem, welches die notwendigen Indi- katoren definiert (Riempp, 2004, S. 125). Innerhalb der Prozess-Ebene werden sowohl die ausführenden Geschäfts- und Unterstützungsprozesse, als auch die zentralen Handlungsfelder „Inhalte, Zusammenarbeit, Kompetenz und Orientie- rung“, welche durch die in Kapitel 2.1.1 analysierten Wissensprozesse „Wissens- transfer“, „Wissensspeicherung/-bereitstellung“, „Wissensgenerierung“ und „Wissensanwendung“ unterstützt werden, eingebettet. Die eingesetzten Prozesse sind zusätzlich mit den außenwirksamen Lieferanten- und Kundenprozessen verbunden, um die gesamte Wertschöpfungskette der Organisation abbilden zu können. Als Schnittstelle zur System-Ebene dienen die Kunden-, Lieferanten- und Mitarbeiterportale, die dem Benutzer einen integrier- - 14 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 ten Arbeitsbereich zur Verfügung stellen sollen (Riempp, 2004, S. 126). Die Sys- tem-Ebene stellt den Kern aus Sicht der Informations- und Kommunikationssys- teme dar und wird idealerweise von einem zentralen integrierten Informations- system bedient, welches sowohl die verschiedenen Portalansichten als auch Handlungsfelder aus der Prozess-Ebene mit Funktionen unterstützt. Um diese Art von Vereinheitlichung zu ermöglichen, benötigt das integrierte In- formationssystem eine Reihe zusammenarbeitender Applikationen, welche wie- derum durch Integrationsprozesse (siehe Kapitel 2.4) auf zentrale Informations- speicher zugreifen können (Riempp, 2004, S. 127f). Abbildung 3-1: Architektur für integrierte Wissensmanagementsysteme (Riempp, 2004, S. 126) - 15 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 3.2 Architektur für das Projektwissensmanagement Abbildung 3-2: Architekturmodell für das Projektwissensmanagement (in Anlehnung an Riempp, 2004, S. 126) Wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben, konzentriert sich diese Masterarbeit auf den Ge- staltungsbereich Informations- und Kommunikationssysteme, weshalb die Ebene der Strategie sowie die Sicht auf Lieferanten- und Kundenportale nicht näher be- trachtet werden. Folglich liegt der Fokus dieser Masterarbeit auf der System- Ebene und streift die dafür notwendigen Unterstützungsprozesse der Ebene Pro- zesse sowie die grundlegenden Voraussetzungen der Dimension Kultur. „Pro- jektmanagement ist ein Geschäftsprozess der projektorientierten Organisation“ (PMA, 2008, S. 11), weshalb der Bereich Geschäftsprozesse aufgrund des Forschungs- themas durch den Projektmanagement-Prozess ersetzt wurde. Der Projektma- nagement-Prozess ist eng verknüpft mit den Wissensmanagement-Prozessen, da diese die Unterstützungsleistung für das Projektmanagement darstellen (siehe Kapitel 3.4). Das Projekt-Portal fasst „computergestützte Funktionen und Dienste für die integrierte Erledigung der verschiedenen Aufgaben in den jeweiligen Prozessen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche“ (Riempp, 2004, S. 126) zusammen. Darüber hinaus regelt es den rollenbasierten Zugriff über multimediale Schnittstellen wie mobile Endgeräte oder PCs. Den Kernbereich der Architektur und des unmittel- baren Forschungsgegenstands stellt das integrierte Informationssystem dar, wel- ches Funktionen der verschiedenen Bereiche vereint und die Handlungsfelder - 16 -
T. Brandstetter Studiengang Angewandtes Wissensmanagement 2014 der Prozess-Ebene mit den notwendigen Funktionalitäten versorgt. Im Gegensatz zu Riempp (2004) wird in dieser Masterarbeit eine Einschränkung auf die dafür ausgewählten Anwendungen vorgenommen (siehe Abbildung 3-2). Die einzel- nen Funktionen werden innerhalb der Kapitel 3.5.1 bis Kapitel 3.5.6 eingehender betrachtet. In den nächsten Unterkapiteln wird mit Hilfe vorhandener Softwaredokumenta- tionen eine mögliche Einbettung der Anwendungen JIRA und Confluence in die von Riempp (2004) entwickelte „Architektur für integrierte Wissensmanage- ment-Systeme“ erarbeitet. Die Firma Atlassian wurde 2002 gegründet und hat ihren Firmensitz in Australien. Im Gründungsjahr erschien das Projektverfol- gungstool JIRA, welches Projektteams die Zusammenarbeit mit Hilfe einer web- basierten Oberfläche erleichtern soll. Ein Jahr später wurde das WIKI-System Confluence vorgestellt, dass eine nahtlose Integration in JIRA zulässt und Pro- jektteams einen zentralen Ort für die Informationsablage in Projekten schafft (JIRA, 2014). Der Autor bezieht sich beim Funktionsumfang aufgrund der im Bundesrechenzentrum GmbH eingesetzten Anwendungen auf folgende Versi- onsstände: • JIRA Version 5.1.3 (Atlassian, 2012a) • Confluence Version 4.3.1 (Atlassian, 2012b) 3.3 Architekturelement Kultur Voraussetzung für den Einsatz von Wissensmanagementsystemen ist die Bereit- schaft der Mitarbeiter, aktiv an der Einführung von Wissensmanagementprozes- sen teilzunehmen, und die Bereitstellung dieser durch die Führungskräfte der Organisation (Riempp, 2004, S. 210f). Dies wird im Rahmen der Organisations- kultur abgebildet, die ebenso im Projektwissensmanagement einen hohen Stel- lenwert besitzt (Lindner, 2010, S. 264) und die Grundlage für die Gesamtarchitek- tur darstellt. 3.3.1 Wissensmanagement-Rollen Die Etablierung einer Wissensmanagement-Kultur wird neben der Implementie- rung wissensunterstützender Infrastrukturen (System-Ebene) in Form von Wis- sensmanagementsystemen unter anderem durch die Abbildung spezifischer Wissensmanagement-Rollen (Verantwortlichkeiten) in der Organisation geschaf- fen. Dabei wird zwischen primären Wissensmanagement-Aufgaben (Hauptauf- gaben - zum Beispiel zur Unterstützung der Geschäftsprozesse) - und sekundä- ren Wissensmanagement-Aufgaben (Teilaufgaben) wie die Implementierung ei- ner Wissensmanagement-Strategie unterschieden. Der Einsatz der Wissensma- nagement-Rollen in der Organisation kann sowohl aktiv (explizit) als Teil der Unternehmensvision oder durch die reine Aufgabenerledigung im Sinne des Wissensmanagements (implizit) vorkommen (Riempp, 2004, S. 210). Auch im - 17 -
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