EXTREM RECHTE AKTIVITÄTEN 2020 IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN - INFO- UND BILDUNGSSTELLE GEGEN RECHTSEXTREMISMUS IM NS-DOK DER STADT KÖLN
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INFO- UND BILDUNGSSTELLE GEGEN RECHTSEX TREMISMUS IM NS-DOK DER STADT KÖLN EXTREM RECHTE AKTIVITÄTEN 2020 IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN
INHALT 03 1. Editorial 04 2 . Rechte Akteur*innen und Aktivitäten im Regierungsbezirk Köln 04 Lukreta 05 »Identitäre Bewegung« 05 Widerstand steigt auf/ Citadelle e.V. 06 Frank Kraemer 07 Kölner Burschenschaft Germania 07 Reichsbürger*innen 08 Weitere Akteur*innen 09 NPD 09 Die Rechte 10 Aufbruch Leverkusen 12 Alternative für Deutschland 13 Junge Alternative 14 3 . »Querdenker*innen« und Pandemie leugner*innen in Köln 14 Chronik 21 Zusammenfassend – kurzer Abriss der aktiven Akteur*innen 22 Interview mit Dennis Pesch über sogenannte »Querdenker*innen«, »Corona-Rebellen« und Co. – ein Jahresrückblick 26 4. Drohungen, Schmierereien, Übergriffe 26 Rechte Schmierereien und Angriffe im Regierungsbezirk Köln 28 Drei Fragen an – Wie schätzen zivil-gesellschaft- liche Akteur*innen das Jahr 2020 ein? 32 5. Ausblick auf das Jahr 2021 33 6. Verweis auf weitere Recherchequellen 35 Impressum
EDITORIAL Das Jahr 2020 ist vorbei. Endlich. Viele haben seinem plötzlich staatlichen Maßnahmen entgegen. Alte Ende entgegengesehnt. Die Frage ist nur, wird das rechte Ideologien von der »Volksgesundheit«, natür neue Jahr 2021 wirklich besser? lichen Selektion und Euthanasie fanden ihren neuen Ausdruck in einer Ablehnung aller Maßnahmen, die Die Covid19-Pandemie hat das Leben der Menschen der Eindämmung der Pandemie dienen sollen. Anti- weltweit verändert, wenn auch auf durchaus ver- semitische Verschwörungsideologien wurden auf schiedene Weise. Durch die Corona-Schutzverord- das Virus projiziert. Und wie schon im Rahmen der nungen wurde das öffentliche und alltägliche Leben »Montagsmahnwachen für den Frieden« spazieren massiv eingeschränkt. Einige Grundrechte, wie das und marschieren wieder Esoteriker*innen mit Versammlungsgesetz, wurden kurzzeitig einge- Regenbogenfahnen und Monarchist*innen mit schränkt und kulturelle Angebote wurden runterge- Reichskriegsflaggen Seite an Seite gegen die Regie- fahren. So musste beispielsweise das NS-Dokumen- rung. Diesen Aktivitäten wird im folgenden Jahres- tationszentrum lange Zeit geschlossen bleiben. bericht nachgegangen und das Jahr 2020 dahin Die Einsamkeit und häusliche Enge im Lockdown, gehend rekapituliert. Homeoffice und Homeschooling verschärften zwi- schenmenschliche und soziale Probleme, viele Men- Dabei versuchen wir, die relevantesten rechten Akteur* schen hatten finanzielle Sorgen, die wirtschaftlichen innen im Regierungsbezirk Köln zu skizzieren, also Folgen von Covid19 verstärkten schon bestehende dem Gebiet zwischen Leverkusen und Bonn, Aachen sozial-ökonomische Ungleichheiten in der Gesell- und Gummersbach, in dem die Mobile Beratung schaft. Die Schulen blieben geschlossen, Familien gegen Rechtsextremismus tätig ist. Daran anschlie- und vor allem Alleinerziehende wurden vor große ßend findet eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen gestellt. Es wurde gesellschaft- Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen lich diskutiert, wer »systemrelevant« sei, und was statt. Dennis Pesch gibt in einem Interview einen diese Gesellschaft letztlich ausmache. Überblick über sogenannte »Querdenker*innen«, »Corona-Rebellen« und Co. Schließlich werden im Doch nicht alle beteiligten sich gleichermaßen an der nächsten Kapitel rechte Schmierereien und Über- Diskussion. Welche gesellschaftlichen Teile suchten griffe des letzten Jahres benannt. Weiter kommen nach einer öffentlichen Debatte? Wer besetzte die zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu Wort, die Leerstelle, die sich auf einmal auftat, als die Zivil sich durch die Arbeit »gegen Rechts« positionieren. gesellschaft größtenteils zu Hause blieb und sich an Auch sie geben einen kurzen Rückblick auf das ver- die Corona-Schutzverordnungen hielt? Wer bespielte gangene Jahr. Abschließend wird ein Ausblick auf den nun erstmals leeren öffentlichen Raum mit For- das Jahr 2021 gegeben und auf weitere aufschluss- derungen und Parolen? Es waren nicht die Stimmen reiche Rechercheergebnisse und Veröffentlichungen der Risikopatient*innen, es war auch nicht die verwiesen. Stimme einer solidarischen Gesellschaft, die die soziale Ungleichheit in Deutschland und global the- Wir danken Rose Heuruf für die Erstellung dieser matisierte und sich dagegen wandte, dass die Krise Veröffentlichung und wünschen Ihnen eine infor auf Kosten der Armen »gelöst« wird. Auch die Stim- mative Lektüre. men der Menschen, die Einsicht in die Corona- Schutzmaßnahmen zeigten, wurden eher leise ver- nommen. In die entstehenden Leerstellen traten u.a. Das Team der Info- und Bildungsstelle gegen Impfgegner*innen, Pandemieleugner*innen, Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum Verschwörungsgläubige und die extreme Rechte. der Stadt Köln Anhänger*innen des autoritären Staats stellten sich März 2021 3
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Rechtsextremismus wird auch heute noch von vielen deutsch ist. Das Thema wird ausschließlich in den als ein »Männerphänomen« wahrgenommen. Frauen Zusammenhang mit Geflüchteten und Zugewander- hingegen werden selten als rechte Aktivistinnen ten gesetzt und so rassistisch instrumentalisiert. gesehen. Vielmehr werden ihnen Attribute wie Weiter konstruiert »Lukreta« das Bild eines Täters, Friedfertigkeit oder Unpolitisch-Sein zugeordnet. der im öffentlichen Raum zufällig seine »Opfer« aus- Doch auch rechte Aktivistinnen vertreten menschen- wählt. Dadurch wird ein öffentlicher Angstraum kre- verachtende Positionen und übernehmen innerhalb iert und die Tatsache ausgeblendet, dass die Täter der rechten Szene – auch wenn sie dort immer noch von sexualisierter Gewalt häufig aus dem familiären sexistischer Positionierungen unterworfen sind – Umfeld oder dem Bekanntenkreis der Betroffenen relevante und bedeutende Verbindungsfunktionen. kommen. Eine Realität, die mit der Idee der eigent- Sie sind in ihrem Einfluss und ihrer politischen Tätig- lich harmonischen »Volksgemeinschaft« kollidiert. keit nicht zu unterschätzen. Dem rassistisch abgewerteten Täter wird nicht die Überschreitung der Grenzen der Betroffenen, Ein Beispiel dafür stellt die Gruppe »Lukreta« dar. sondern die Überschreitung der Grenze zwischen Sie gilt als Nachfolgekonzept der »120db«-Kampa- »Deutschen« und »Nicht-Deutschen« angelastet. gne, die von Frauen der sogenannten »Identitären Bewegung« (IB) ins Leben gerufen wurde. Der Die Bonner Studentin Reinhild Boßdorf, ehemaliges Name »120 Dezibel« bezieht sich auf die Lautstärke Mitglied der IB und bei der NRW-Kommunalwahl eines handelsüblichen Taschenalarms. Auch die von 2020 Kandidatin der AfD in Königswinter, ist eine »Lukreta« bespielten Inhalte sind identisch mit zentrale Akteurin von »Lukreta«. 2020 wandte denen des Vorgänger*innenprojektes. So wird bei- sie sich vermehrt mit ihrem seit Mai bestehenden spielsweise in Beiträgen im Netz und den Sozialen YouTube Kanal »ReinWeiblich« an die Öffentlichkeit. Medien sexualisierte Gewalt aufgegriffen, allerdings Dort bespielte sie unter anderem Themen wie nur dann wenn der Täter nicht-Weiß und/ oder nicht- »Warum bin ich rechts?« und »Brauchen rechte Frauen eine Quote?«. Sie trat auch im Rahmen der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen am 29. August 2020 in Berlin in Erscheinung. Im Jahr 2020 war »Lukreta« recht aktiv. Die Aktivis- tinnen stellten beispielsweise unter dem Hashtag #alllivesmatter und #femallivesmatter Videos ins Netz und versuchten immer mal wieder Mitmach- Kampagnen zu inszenieren. So auch Anfang Novem- ber, als dazu aufgerufen wurde, »aussagekräftige« Schilder zu gestalten, diese zu fotografieren, hoch zuladen und an »Lukreta« zu senden. Als Beispiel wurden Sprüche wie »Schützt unsere Grenzen – Europa blutet!« vorgeschlagen. Nach momentanem Kenntnisstand nehmen an diesen Mitmach-Aktionen jedoch nur Aktivistinnen von »Lukreta« und der »Jungen Alternative« teil. 4
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Auch das »Gedenken« der Opfer von Femiziden wird rassistisch instrumentalisiert. Für entsprechende Aktionen, die alle durch Fotos im Anschluss medial verarbeitet werden, besuchten die »Lukreta«-Akti- vistinnen auch Städte außerhalb des Regierungs bezirks Köln. Zudem griffen sie Themen wie die Frauenquote und Abtreibung auf. Beides lehnen die Aktivistinnen von Lukreta vehement ab. Mitte Okto- ber fand auch eine Prozessbegleitung in Klagenfurt statt. Die Aktivistin Sarah berichtete hier per (Sel- fie-) Video über einen Prozess und besetzte auch hier sexualisierter Gewalt mit rassistischer Stereo typisierung. »Lukreta« vernetzte sich im Jahr 2020 mit zahlrei- dem Kölner Heumarkt statt. Mitglieder der selbst chen anderen Akteur*innen. So wurden Bezüge zu ernannten »Bewegung« aus Köln und Gummersbach dem »Collectif-Némesis« in Frankreich hergestellt beteiligten sich am Infostand in Borken, während und Kontakte nach Österreich geknüpft. Hier hielt sie dem Infostand am Heumarkt scheinbar keine Reinhild Boßdorf Anfang August 2020 einen Vortrag Beachtung schenkten. Hier waren vor allem über mit dem Titel »Moderner Feminismus und Lukreta«, regionale Aktivist*innen zugegen. dessen Inhalt sich klar gegen feministische Forde- rungen und Positionen richtete. In der »Kulturfes- Eine weitere IB-nahe Gruppierung im Regierungs tung patriotischer Freiraum« in der Steiermark hielt bezirk Köln ist »Widerstand steigt auf«. Sie war Ende August auch die »Lukreta«-Aktivistin Sarah lange Zeit mit Infoständen in Köln aktiv und agiert einen Workshop mit dem Inhalt »Auftritt in Social auch unter dem Label »Citadelle e.V.«. Im Jahr 2020 Media«. Hier wird deutlich, welche hohe Bedeutung verfolgte »Citadelle e.V.« vor allem ein Konzept unter die sozialen Netzwerke für »Lukreta« haben: all ihre dem Titel »Heimat erwandern«. Hier wird gemein- Aktionen verbreiten »Lukreta« via Social Media und sam die »Heimat erwandert«, mit im Gepäck sind sorgen so für Sichtbarkeit und Reichweite. Die bereits erwähnte »Identitäre Bewegung« war im Jahr 2020 in Köln im Vergleich zu den Vorjahren wenig präsent. Große mediale Inszenierungen fan- den nicht statt. Aktivist*innen traten, wenn überhaupt, durch »Basisarbeit« vor Ort in Erscheinung. Diese zeichnete sich durch das Anbringen von Graffiti, die zum Beispiel Gedenkplakate an die Opfer des rechts- terroristischen Anschlags in Hanau überdeckten, und durch Sticker-Aktionen aus. Immer wieder fanden sich Aufkleber der IB im Bereich Königsforst oder im Umfeld des Autonomen Zentrums in Köln. Eine Aus- nahme bildeten jedoch die Aktionen gegen den WDR anlässlich des »Umweltsau«-Videos Anfang des Jahres 2020. Darüber hinaus fanden vereinzelt Info- stände wie Anfang Juli in Borken und im August auf 5
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Ausgaben des Grundgesetzes oder schwarze sowie rote und gelbe Luftballons. Als Ausflugsziele dienten beispielsweise die Wupper oder das Kloster Heister- bach in Bonn. Weiter beteiligten sich Mitglieder von »Widerstand steigt auf« bzw. »Citadelle e.V.« an Pro- testen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Diese Unterstützung beschränkte sich nicht nur auf den lokalen Raum Köln und Umgebung. So fuhren Akti- vist*innen beispielsweise am 29. August 2020 zu den Protesten nach Berlin. Darüber hinaus rief »Citadelle e.V.« Sympathisant*innen dazu auf, sich während der NRW-Kommunalwahl als Wahlbeobachter*innen zu engagieren. Ansonsten waren die Aktivitäten der Mit seinen Videos, Podcast und Co. genießt Kraemer Gruppe(n) im Jahr 2020 auf wenige Events beschränkt. Anerkennung in der rechten Szene. Seine Reichweite So nahm Ulrike H., einer der Köpfe der Gruppe, am nutzt er, neben der Verbreitung von Propaganda, als 10. Oktober an der zweiten Konferenz der freien Werbefläche für seinen Versandhandel. Kraemers Medien, organisiert von der AfD-Fraktion im Deut- Steckenpferd ist die von Seiten der »Neuen Rechten« schen Bundestag, teil, um nach Eigenangaben die vielfältig propagierte Metapolitik, also der Versuch Möglichkeit der Vernetzung zu nutzen. über einen »Kulturkampf« gesellschaftliche Diskus sionen zu verschieben und zu bestimmen. So nahm Nach wie vor eine »Szenegröße« stellt der Neonazi er beispielsweise Anfang Oktober 2020 am 16. Frank Kraemer dar. Kraemer kommt aus dem Rhein- Leser*innentreffen von »Recht & Wahrheit« teil. Sieg-Kreis, war und ist in verschiedenen neonazisti- Dort stellte er sein neues Buch »Werde unsterblich. schen Projekten aktiv, betreibt einen rechtsextremen Rechte Metapolitik als Lebensphilosophie« vor. Wei- Versandhandel und ist Mitglied der rechtsextremen ter vermarktete er im Jahr 2020 sein Medienprojekt Band »Stahlgewitter«. Kraemer betreibt mehrere »Der Dritte Blickwinkel«. So fand Mitte August 2020 Medienprojekte, wobei er im Rahmen von »Multi- das erste Mitstreiter*innentreffen in Leipzig statt. kulti trifft Nationalismus« mit dem »Lifestyler« und Nach Eigenangaben folgten knapp dreißig Personen »Querdenken«-Moderator Nana Domena zusammen- dieser Einladung. arbeitet. Anfang Juli nahm sich NPD-Bundesvorsit- Auch Kraemer kommt an dem Thema Covid19 nicht zender Frank Franz den Videos der beiden an und vorbei. So veröffentlichte er am 8. Mai ein neues veröffentlichte eine von ihm kommentierte Variante. Video mit Nana Domena unter dem Motto »Corona- Spezial 2020«. Hier wird unter anderem eine ver- meintliche »Impfpflicht« erwähnt und Bill Gates als Profiteur der Pandemie ausgemacht. Weiter grüßte er Anfang Oktober 2020 den Verschwörungs- ideologen Attila Hildmann auf Facebook und zog Anfang September eine Parallele zwischen Hexen und Corona-Skeptiker*innen. Letztere werden als »unschuldig Verfolgte« stilisiert, die einem hohen Maß an Repression ausgesetzt seien. (Eine Einord- nung der Proteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen auf S. 14) Weiter verbreitete er die Erzählung einer Impfdiktatur. 6
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN dungen ging. Offenbar wollte man sich als »Opfer« inszenieren und von dem antisemitischen Verhalten der Burschenschaft abzulenken. Die »Burschenschaft Germania« äußerte sich bisher nicht öffentlich zu dem Angriff Ende August 2020. Auch die »Reichsbürger*innen«-Szene verhielt sind im Jahr 2020 nicht ruhig. Diese lässt sich für den Regierungsbezirk Köln nicht einheitlich beschreiben, Kommt in Wissenschaft und Politik das Thema Bur- sie ist heterogen und ideologisch diffus. So sehen schenschaft und Rechtsextremismus zur Sprache, Teile der Szene Gewalt als legitimes Mittel gegen wird immer der Dachverband »Deutsche Burschen- Repräsentant*innen des von ihnen nicht anerkann- schaft« (DB) erwähnt. Diesem gehört auch die Köl- ten Staates an. Auch im Rahmen der Proteste gegen ner »Burschenschaft Germania« an. Das Sommer- die Corona-Schutzverordnungen traten »Reichs und Wintersemester 2020 über fanden zwar keine bürger*innen« immer wieder in Erscheinung. So öffentlichen Veranstaltungen im Burschenschafts- kam es Anfang Mai 2020 in einem Troisdorfer Super- haus statt, die »Germania« machte dennoch von sich markt zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Reden. Ende August 2020 beteiligten sich Mitglieder Polizist*innen und (mindestens) zwei mutmaßlichen an einem antisemitisch motivierten Angriff in der »Reichsbürger*innen«. Anlass war die Verweigerung Villa der »Burschenschaft Normannia zu Heidelberg«, des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes. Die zwei ebenfalls im DB organisiert. Dabei wurde ein Mit- Polizist*innen wurden verletzt, Ermittlungen wegen glied der »Alten Leipziger Landsmannschaft Afrania«, Körperverletzung wurden eingeleitet. Von weiteren der jüdische Vorfahren erwähnt hatte, gedemütigt Beteiligten wurde die Auseinandersetzung gefilmt, und mit einem Gürtel geschlagen. Dieser brachte den um sie danach ins Internet zu stellen. Es scheint, als Angriff zur Anzeige, es wurde ein Ermittlungsverfah- wäre die Auseinandersetzung absichtlich provoziert ren gegen acht Burschenschaftler eingeleitet. Neben und geplant worden. Ende Juli 2020 wurde ein Res- Mitgliedern der Burschenschaft »Ghibellinia zu Prag taurant in Bergisch Gladbach kurz vor der geplanten in Saarbrücken« und der »Burschenschaft Norman- Wiedereröffnung aufgrund einer fehlenden behörd- nia zu Heidelberg« waren auch Mitglieder der lichen Genehmigung durch die Polizei und das Ord- »Kölner Burschenschaft Germania« beteiligt. Im nungsamt dicht gemacht. Das Restaurant hatte sich Rahmen weiterer Recherchen tauchte ein undatier- einer Vereinigung namens »NeuDeutschland« bzw. tes Foto auf, welches Markus Prien (Mitglied der »Königreich Deutschland« (KRD) angeschlossen und »Alten Herren« der »Normannia«) und Lars S. (Mit- wäre wohl ein Treffpunkt von »Reichsbürger*innen« glied der »Burschenschaft Germania«) in den Räum- geworden – auch wenn nach Eigenangaben auf lichkeiten der »Normannia« zeigt. Zu sehen ist Lars Facebook »der noch Kleinstaat […] NICHTS mit den S., der einen »Hitlergruß« zeigt und Markus Prien. Reichsbürgern oder rechten Szene, oder sonstigen Es wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Lars S. unethischen Dingen zu tun!!!!«habe. Diesem Distan- eingeleitet. Insgesamt besteht eine gute Beziehung zierungsversuch folgten Bezüge zur göttlichen Ord- zwischen den Burschenschaftlern der »Germania« nung, den Medien, die bewusst Lügen verbreiten und den »Normannia«. Nach dem Bekanntwerden würden und der »höheren Instanz«, die »alles finan- des antisemitischen Angriffs teilte die »Kölner Bur- zieren« würde. Trotz des Einsatzes des Ordnungs schenschaft Germania« vermehrt Artikel auf ihrer amtes bewarb die Besitzerin des Restaurants, die Facebookseite, in denen es um gefährliche Körper- unter anderem auch Anhängerin der »Q-Bewegung« verletzungen gegen Mitglieder von Studentenverbin- ist, für den Folgetag eine Veranstaltung mit Peter 7
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Fitzke, der sich selbst als »König von Deutschland« bezeichnet. Weiter verkündete sie, dass vor Ort keine »Zwangsmaßnahmen der BRD (Maskenpflicht etc.)« gelten würden. Die geplante Veranstaltung fand nicht statt und das »zweite Gemeinwohl-Restaurant« des »Reichsbürgerkönigreichs« blieb geschlossen. Im September 2020 griff eine »Reichsbürgerin« in Köln zwei Polizist*innen an, die im Auftrag einer Gerichtsvollzieherin Strom und Gas des Hauses abstellen sollten. Ihr 20-jähriger Sohn, der eine Gas- pistole mit sich führte, bedrohte die Polizist*innen mit einem Teleskopschlagstock. Für die Dauer der Maßnahme wurden Sohn und Mutter in Gewahrsam genommen. Ebenfalls Anfang September 2020 kam zwischen 30 und 50 Jahren zusammen. Dies bedeutet es in Gummersbach zu einer Razzia mit »Reichs jedoch nicht, dass nicht auch Frauen dazu gehören. bürgerbezügen«. Mehrere Häuser wurden wegen Zwar war der »Begleitschutz Köln« im Jahr 2020 des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Betäu- weniger aktiv als noch zwei Jahre zuvor, dennoch bungs- und Waffengesetz durchsucht. In Gummers- machte sie Anfang Juli 2020 von sich reden. Oder bach-Windhagen wurden Waffen gefunden – genau besser gesagt, der mit dem Begleitschutz in Verbin- in dem gleichen Haus, das bereits im März 2020 auf- dung stehende Imbiss »Fressbud am Eigelstein«. Er grund von Ermittlungen im »Reichsbürgermillieu« diente bereits häufiger als Sammelstelle für Teilneh- durchsucht wurde. mer*innen von Neonazidemonstrationen in Köln. Am 1. Juli 2020 tönte aus dem Imbiss die erste Strophe Darüber hinaus gibt es weitere mehr oder weniger des Deutschlandliedes, die von dem mutmaßlichen aktive rechte Zusammenhänge, die in dieser Auf Betreiber des Imbisses laut mitgesungen wurde. Als zählung nicht auftauchen. So existieren zahlreiche sich eine vorbeigehende Person beschwerte, rechte Telegram- und Facebook-Gruppen von und reagierte er mit »Sieg Heil«-Rufen und dem Zeigen mit rechten Akteur*innen aus dem Regierungsbezirk des »Hitler-Grußes«. Darüber hinaus waren im Jahr Köln. Die Gruppe »Volkslehrer Freundeskreis Köln« 2020 Personen aus dem Umfeld des »Begleitschutz stellt hier nur ein Beispiel dar. Sie unterstützt Nikolai Köln« bei diversen Veranstaltungen wie einer Mahn- Nerling, der über seinen YouTube-Kanal als »Volks- wache in Düsseldorf oder einer Biker*innendemons- lehrer« Fake News, Holocaustrelativierungen und tration in Essen vertreten. rechtsextreme Propaganda verbreitet. Als Köln- spezifisch kann auch die Telegram-Gruppe »Patrioten Seit März 2019 ist der neonazistische »III. Weg« in Köln« angeführt werden. mit einem »Stützpunkt Rheinland« in Leverkusen vertreten. Öffentlich in Erscheinung trat die Kleinst- Erwähnung finden müssen jedoch Gruppierungen partei jedoch vermehrt in Siegen (Regierungsbezirk aus dem Neonazismus und den sogenannten Misch- Arnsberg), wo sie am 6. Juli 2020 ein Parteibüro szene wie »Internationale Kölsche Mitte« bezie- eröffnete. hungsweise »Begleitschutz Köln«. Ihre Mitglieder- stärke beläuft sich auf einen niedrigen zweistelligen Die ebenfalls kleine neonazistische Gruppe »Köln Personenkreis und weist Kontakte in die Kölner für deutschen Sozialismus« war im Jahr 2020 noch Hooligan-, Rocker- und Türsteherszene auf. Über- weniger präsent als im Jahr davor. Einzelne Gruppen- wiegend setzt sich die Gruppe aus Männern im Alter mitglieder tauchten hin und wieder bei Protesten 8
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN gegen die Corona-Schutzverordnungen in Köln auf, Neonazistische und extrem rechte so z.B. der Neonazi Jan Fartas und Thomas Breuer, Parteien Bruder des verstorbenen Neonazis Paul Breuer. Gleiches lässt sich für das im Aachener Raum agie- Die »Nationaldemokratische Partei Deutschland« rende »Syndikat 52« leider nicht behaupten. Das (NPD) verschwindet im Regierungsbezirk Köln »Syndikat« kann als Nachfolgeorganisation der 2012 geradezu in der Bedeutungslosigkeit. Bei der NRW- vom NRW-Innenministerium verbotenen »Kamerad- Kommunalwahl 2020 erreichte sie ein Ergebnis von schaft Aachener Land« betrachtet werden. Die unter 0,1 Prozent; alleinig im Kreis Heinsberg fielen Mitglieder des »Syndikat 52« führten am Pfingst die Ergebnisse höher aus. Auch im Netz war die wochenende eine »Kulturwanderung« rund um Partei so gut wie gar nicht mehr präsent. Lediglich die »NS Ordensburg Vogelsang« durch. Außerdem ihre Internetdemonstration am 26. April 2020 fand waren Mitglieder des »Syndikats« auch an gewalt Beachtung. Unter dem Motto »#SystemExit« schloss tätigen Übergriffen beteiligt. sich die NPD mit der Partei »Die Rechte« zusammen. Durch Covid19 erhofften sich die Parteien eine Im Jahr 2020 wurde das »Autonome Zentrum« (AZ) höhere Reichweite, da sie davon ausgingen, dass die in Aachen vermehrt angegriffen. Am 23. August 2020 Menschen mehr Zeit zu Hause und somit im Internet jährte sich das Verbot der »Kameradschaft Aachener verbringen würden. Die Demonstration erwies sich Land« zum 8. Mal. An diesem Tag wurden unter jedoch als Flop, der Hashtag wurde von Gegner*in- anderem das Kürzel »KAL« in das Holz des verbarri- nen frühzeitig besetzt und die vereinzelten rechten kadierten Fensters des AZ geritzt. Am 19. August Post gingen somit unter. war es dort bereits zu einer Sachbeschädigung Ähnlich wie der Kölner NPD erging es auch den gekommen. Parallel zu einer Gedenkveranstaltung »Republikanern«, die aktuell über keine nennens- an die Toten in Hanau wurden die Scheiben der Ein- werten Strukturen im Regierungsbezirk Köln ver gangstüre mit einem harten Gegenstand attackiert. fügen. Auch kleine Sachbeschädigungen am »Autonomen Zentrum«, wie ein zerstörter Briefkasten oder eine Anders sieht es bei der Partei »Die Rechte« (DR) aus. zerstörte Klingel, stellen keine Ausnahme mehr da. Der DR-Kreisverband Rhein-Erft stellt eine der Ebenso sind gemalte Hakenkreuze oder das Auftau- aktivsten Organisationen im neonazistischen Milieu chen von rechten Stickern eher zur Regel geworden. im Regierungsbezirk Köln dar. Im Rahmen der Kom- Zudem gab es zahlreiche Bedrohungen und Angriffs- munalwahl 2020 und der Kandidatur des Kreisvorsit- versuchen von Neonazis in der Aachener Innenstadt zenden Markus Walter zur Wahl des Bürgermeisters sowie in Burtscheid, im Frankenberger Viertel der Stadt Kerpen kam es zu Kundgebungen und dem oder am Aachener Hauptbahnhof. Verteilen von Flugblättern. Walter konnte einen Stimmenanteil von 3,03% insgesamt 796 absolute Stimmen für sich verzeichnen. Seine Wahlstrategie lag vor allem darin, sich als jüngster Bürgermeister- Kandidat in Szene zu setzen. Unter anderem setzte er dabei auf das Thema Digitalisierung und betonte sei- nen »gesunden Patriotismus«. Ein Hauptaugenmerk der Partei lag im Jahr 2020 darauf, sich an den Pro- testen gegen die Corona-Schutzverordnungen zu beteiligen. Anfang Mai 2020 kündigte der Bundes- vorstand von DR an, erst einmal keine eigenen Ver- anstaltungen zum Themenkomplex Corona durchzu- führen. Stattdessen sollte sich an den zahlreich statt- 9
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN fen-SS. Das Totengedenken wurde dieses Jahr von dem Düsseldorfer Manfred Breidbach durchgeführt. Vor Ort waren neben Mitgliedern von DR auch wie- der Aktivist*innen aus Köln, so z.B. Cindy Kettelhut und Samy Musarie. Ebenfalls aktiv war der »Aufbruch Leverkusen«, auch wenn sein Wirkungskreis begrenzt blieb. Der »Aufbruch« kann als eine Art Nachfolgeorganisation von »pro NRW« für die Stadt Leverkusen angesehen werden – nicht zuletzt, weil bis zu den Neuwahlen findenden Protesten angeschlossen und dort eigene Ende Oktober 2020 Markus Beisicht den Vorsitz der Akzente gesetzt werden. Jedoch solle darauf geachtet Partei innehatte, der diesen Posten zuvor auch bei werden, dass diese Veranstaltungen keine Demonst- »ProNRW« besetzte hatte. Ende Oktober 2020 wurde rationen des »Nationalen Widerstandes« seien. Winfried Kranz zum neuen Vorsitzenden der Partei Nicht alle, die sich an den Protesten beteiligten, gewählt, auch er hat wie Beisicht eine Vorgeschichte seien für nationalistische Positionen offen. Am 16. bei einer anderen Partei: Kranz ist ehemaliger Lever- Mai folgte »Die Rechte Rhein-Erft« dem Aufruf und kusener AfD-Landtagskandidat. Vereinzelt distan- nahm an entsprechenden Protesten in Köln und zierte sich der »Aufbruch« von der »Alternative für Dortmund teil. Auch der Protest am Deutschland« , wie Mitte November 2020, als er die 6. Dezember 2020 in Düsseldorf wurde unterstützt. Vermutung äußerte, die Leverkusener AfD könnte Solche Aktionen beschränkten sich jedoch nicht nur eine »Mogelpackung« sein. Hierdurch wurde der auf NRW. Mitglieder von DR, wie beispielsweise Versuch unternommen, sich als einzige »volksnahe« Markus Walter, nahmen auch an der »Querdenken«- wählbare Partei in Leverkusen zu inszenieren. Die Demonstration am 7. November 2020 in Leipzig oder Kommunalwahl 2020 stellte für den »Aufbruch an Demonstrationen in Berlin teil. Mitte Dezember Leverkusen« ein zentrales Ereignis dar. Die Partei 2020 wurden in Kerpen durch Mitglieder der Partei erreichte mit 1,4% Prozent der Stimmen einen Sitz Flugblätter verteilt mit der Aufforderung, sich den im Rat und ist mit der Untergruppierung »Aufbruch Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen anzuschließen. Ansonsten schien »Die Rechte« im Jahr 2020 damit beschäftigt, ihre Finanzierung zu sichern. So wurde auf ihrer Internetseite mehrmals um Spenden gebeten, einerseits im Rahmen des Wahlkampfes von Walter und andererseits um den »politischen Kampf« unter Inkaufnahme von Repres- sion weiterzuführen. Darüber hinaus rief »Die Rechte Rhein-Erft« erneut zum jährlich stattfinden- den »Totengedenken« in Remagen auf. Trotz fehlen- der öffentlicher Mobilisierung im Vorfeld fanden sich am 14. November 2020 bis zu 60 Teilnehmer*innen aus der extrem rechten Szene in Remagen ein. Zum 12. Mal in Folge versuchten sie einen Opfermythos zu konstruieren und glorifizierten Wehrmachts soldaten, Mitglieder der Hitlerjugend und der Waf- 10
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Leverkusen/Migrantenliste« im Integrationsrat stration fand am 5. September 2020 unter dem Motto vertreten. Seit Beisicht im Oktober 2019 intern »Kurswechsel in der Leverkusener Kommunalpolitik! zum Oberbürgermeisterkandidaten für Leverkusen Für ein besseres Leverkusen, Altparteien auf die bestimmt wurde, konnten beinahe jedes Wochen- Ersatzbank!« statt. Die Resonanz fiel verhalten aus. ende Aktionen und Aktivitäten des »Aufbruch Lever- Es fanden sich nur ca. 15 Teilnehmer*innen ein, kusen« beobachtet werden. unter ihnen Kevin S. (Kopf von »Pegida NRW«) aus So kam es vermehrt zu Verteilaktionen von Zeit- Duisburg. Das Thema Covid19 ging auch am »Auf- schriften des »Aufbruchs«, die auch ihren Weg in bruch Leverkusen« nicht vorbei. So rief die Partei zahlreiche Briefkästen fanden. Die zahlreichen Info- beispielsweise am 6. November 2020 dazu auf, sich stände in der Stadt wurden unter anderem von Mar- den Protesten von »Querdenken« in Leipzig anzu- kus Beisicht, Susanne Kutzner (Ratsfrau und Schatz- schließen, um den »übertriebenen Corona Zwangs- meisterin des »Aufbruch Leverkusen«), Pietro Cer- maßnahmen« entgegenzutreten. Auch als »Quer rone (seit 2020 gewähltes Mitglied des Leverkusener denker*innen« am 20. November 2020 in Leverkusen Integrationsrates und Beisitzer des »Aufbruchs«) demonstrierten, mobilisierte der »Aufbruch« zu dem und André Poggenburg (ehemaliger Landesvorsit- Protest. Allgemein verwendete der »Aufbruch Lever- zender der AfD in Sachsen-Anhalt) betreut. Poggen- kusen« in Bezug zu Covid19 gängige rechte Rhetorik. burg steht symbolisch dafür, dass der »Aufbruch Die Rede war von einem »neuen Ermächtigungs Leverkusen« über die Stadtgrenze hinaus mit rechten gesetz« und es wurde die Befürchtung geäußert, Akteur*innen vernetzt ist. dass der »freiheitliche Rechtsstaat« zu einem »zentral gewaltigen Linksstaat« »mutiere«. Wenn nichts Neben Infoständen fanden auch vereinzelte Stamm- geschehe, werde man in einer Diktatur aufwachen. tische und Bürger*innengespräche statt. Während Die politische Positionierung des »Aufbruchs« zeigt des Wahlkampfes machte der »Aufbruch« durch sich auch in ihrem am 9. November 2020 verfassten seine rassistische und antimuslimische Hetze auf Post: »Ein Tag der auch heute Mut und Hoffnung sich aufmerksam. Diese zeigte sich auch bei Demons- machen kann! (DeutschlandfahnenEmoji)«. Hier trationen wie am 23. Mai 2020, die unter dem Motto wird ein positiver Bezug auf den Jahrestag des Mauer »Grundgesetz statt Scharia« durchgeführt wurde. falls genommen und der »Aufbruch« inszeniert sich Dort traten Doris von Sayn-Wittgenstein (Landtags- erneut als »volksnahe« Partei, die die Stimme des abgeordnete in Schleswig-Holstein/ hat u.a. für »Volkes« vertritt. Gleichzeitig wird der Jahrestag einen rechtsextremen Verein von Holocaustleugne des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung im r*innen Werbung gemacht), Edwin Wagensveld NS-Staat, der sich zum 82. Mal jährte, ignoriert. Mit (Sprecher von »Pegida Netherlands«) und Stephanie dem Pogrom setzte 1938 eine neue Welle der Ver von Laak (»NRW stellt sich quer«) als Redner*innen folgung gegen jüdische Menschen ein, welche mit auf. Um die Proteste rund um die Corona-Schutz- der Ermordung der deutschen und europäischen maßnahmen miteinzubeziehen wurde das Motto »Ja Juden und Jüdinnen endete. zum Grundgesetz« ebenfalls für die Mobilisierung verwendet. Rund 60 Teilnehmer*innen fanden sich Wie auch bei anderen Spektren der extremen Rech- schließlich zu dem als »politisch inkorrekt« angekün- ten wird nicht die Faktizität des Nationalsozialismus digten Spaziergang ein. Anlass war der Bau einer in Frage gestellt, sondern die gesellschaftliche, poli- Moschee in Manfort. Ein Großteil der Teilnehmer*in- tische und pädagogische Auseinandersetzung damit. nen reiste von auswärts an und auch die noch recht Dies betrifft insbesondere die Aspekte, in denen ein jungen Aktivist*innen der neurechten Gruppierung Erinnern privatisiert und damit entpolitisiert wird. »Defensive West MG« aus Mönchengladbach unter- Während sich beim »Aufbruch Leverkusen« so gut stützten die Demonstration. Eine weitere Demon wie keine Beiträge auf die Opfer der NS-Verfolgung 11
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN beziehen, finden in den Postings vornehmlich Daten tere wurden stets durch zahlreiche Gegenaktionen oder Ereignisse Erwähnung, die sich mit den »Opfern begleitet. In einem Fall kam es zu körperlichen Aus- des deutschen Volkes« in Verbindung bringen lassen einandersetzungen mit Protestierenden. Die Kölner oder die dazu angetan sind, eine »positive Identifi- AfD verkündete am 13. September 2020 auf ihrem – zierung mit der deutschen Nation« im Sinne der ansonsten nicht besonders intensiv bespielten – extremen Rechten herzustellen. Telegram-Kanal, dass erste Hinweise auf Wahlhelfer der Antifa vorlägen und deutete damit an, dass sich der geringe Stimmenanteil für die AfD auf Wahlbetrug zurückführen ließe. Im Regierungsbezirk Köln lag die AfD mit ihren Ergebnissen der Kommunalwahl in fast allen Städten und Kreisen unter ihren Erwartungen und dies, obwohl sie die einzige nennenswerte rechte Partei im Raum Köln darstellt und somit die gesamten Stimmen des extrem rechten Lagers auf sich vereinigen kann. In Köln erhielt die AfD insge- samt 4,4% der Stimmen, was im Gegensatz zur Kommunalwahl 2014 einen Stimmenzuwachs von 0,8% darstellte. Die vier Sitze im Kölner Rat wurden von dem Oberbürgermeisterkandidat und stellver tretenden Fraktionsvorsitzenden Christer Cremer, Sven Tritschler (MdL), Stephan Boyens (Fraktions vorsitzender) und Matthias Büschges (Fraktions geschäftsführer) besetzt1. Die »Alternative für Deutschland« (AfD) ist und bleibt Auf Landesebene versuchte die AfD vermehrt die die relevanteste Größe im Bereich der Rechtsaußen- Thematik Linksextremismus auf die Agenda zu set- Parteien. Anfang 2020 stufte der Verfassungsschutz zen. So wurden Anträge wie »Auf dem linken Auge »den Flügel« der AfD als »Verdachtsfall« und später blind: Der Verfassungsschutz darf reziproke Bezüge als offen rechtsextrem ein. Andere Lager der AfD, zwischen Grüner Jugend, den Jusos und dem Phäno- beispielsweise rund um den Bundesvorsitzenden menbereich des Linksextremismus nicht weiter igno- Jörg Meuthen, versuchen sich seither an einer inhalt- rieren!« im Landtag NRW eingereicht. Am 4. Novem- lichen ber 2020 kam es zur Wiederaufnahme eines Prozes- wie personellen Distanzierung vom mittlerweile auf- ses wegen Fahrerflucht, schwerer Körperverletzung gelösten »Flügel«. Das Jahr 2020 war für die AfD und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor geprägt von parteiinternen Unstimmigkeiten und dem Kölner Amtsgericht. Im April 2019 wurde ein Lagerkämpfen. Diese wurden in den Kreisverbänden Gegendemonstrant nach einer AfD-Veranstaltung im der AfD in Köln und im Kölner Umland nicht immer Kalker Bürger*innenhaus mit einem Auto umgefah- deutlich sichtbar. So hält sich der Kreisverband Köln ren. Er erlitt Verletzungen an beiden Knien. Anfang mit einer eindeutigen Positionierung zurück. Die November 2020 musste sich schließlich Felix Ale Kölner AfD trat im Jahr 2020 vor allem im Rahmen xander Cassel vor dem Kölner Gericht verantworten. der nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen in Erscheinung. Sie machte durch Plakate, vereinzelte 1 Eine detailliertere Wahlanalyse über die extrem rechten und rechts populistischen Parteien im Regierungsbezirk Köln in der Kommunalwahl 2020 Diskussionsveranstaltungen und zahlreiche Wahl- finden Sie unter https://www.mbr-koeln.de/wp-content/uploads/2020/ 10/ und Informationsstände auf sich aufmerksam. Letz- Wahlanalyse2020RBK%C3%B6ln.pdf 12
2. RECHTE AKTEUR*INNEN UND AKTIVITÄTEN IM REGIERUNGSBEZIRK KÖLN Der 24-jährige Jurastudent war erst kurz zuvor als mehreren Autos und zwei Kleinbussen am 15. August Schatzmeister in den neuen Vorstand der »Jungen 2020 das »Wahlkampfkommando«. Alternativen NRW« gewählt worden. Weiter besetzt Es wurden Stationen in Bergheim, Pulheim sowie in Cassel den Posten des stellvertretenden Sprechers Chorweiler eingelegt. In Porz kam es zu einer sexisti- der AfD Bonn und der »Jungen Alternative Köln«. schen Beleidigung und zu körperlichen Übergriffen Zudem ist er in der pflichtschlagenden Bonner auf Gegendemonstrant*innen – mehrere AfD-Mit- Burschenschaft »Frankonia« aktiv, die unter dem glieder bekamen eine Anzeige wegen Körperverlet- Wahlspruch »Freiheit – Ehre – Vaterland« agiert. zung. Letztlich wurde die »Wahltour« nach wenigen Anfang April erlangte das »Nachrichten«-Portal kurzen Stopps im Kölner Stadtgebiet beendet. Auch »Fritzfeed« (später »Flinkfeed«) große mediale Auf- die geplante Weiterfahrt nach Bonn wurde nicht mehr merksamkeit. Das Portal richtet sich mit seiner pro- angetreten. Auffällig ist, dass die JA NRW hier die fessionellen und hippen Aufmachung vor allem an Hauptorganisation übernommen hat und nicht etwa junge Leute. Nach einer Recherche von »bento« und die JA Köln. Auch wurde die »Wahlkampftour« von- »netzpolitik.org« ist es eng mit der »Identitären seiten der JA NRW medial deutlich aktiver begleitet, Bewegung« und der AfD verbunden. als es auf der Facebook-Seite der JA Köln der Fall war. Erwähnenswert ist auch das am 21. Juli 2020 von der Um die Jugendorganisation der AfD in Köln, der JA NRW und der JA Arnsberg veröffentlichte Video »Jungen Alternative« (JA), ist es im Jahr 2020 ins unter dem Titel »Good Bye Lenin!«, das in seiner Auf gesamt sehr ruhig geworden. Ihre Internetpräsenz machung an die Propagandavideos der sogenannten blieb deutlich hinter der ihres Landesverbandes »Identitären Bewegung« erinnert. Es zeigt eine in zurück. Auch im Rahmen des Wahlkampfes rund um Gelsenkirchen durchgeführte Transparent-Aktion, die die Kommunalwahl 2020 trat sie wenig in Erschei- sich gegen die von der »Marxistisch-Leninistischen nung. Zwar bewarb die JA Köln für Mitte August ein Partei Deutschland« vor ihrem Parteibüro aufgestell- »Wahlkampfkommando«, doch dieses erwies sich als ten Lenin-Statur richtete. Gegen Ende des Videos Flop. Geplant waren Flyeraktionen und Infostände um wird der Bildschirm schwarz. Dann erscheinen dem Wahlkampf der AfD im Raum Köln/Bonn aktiv Flammen, welche das Logo der JA freigeben. zuzuarbeiten. Unterstützung bekam sie dabei von der Anschließend wird der Schriftzug »Schließ dich uns JA Rheinland-Pfalz. Um die 20 Personen, unter ihnen an!« gefolgt von »Es geht um deine Heimat!« ein Marie-Thérèse Kaiser, Nils Hartwig und Reinhard geblendet. Das Video wurde von der Kölner AfD mit Krasson (AfD Spitzenkandidat in Porz), bildeten mit dem Post »Nie wieder Kommunismus!« kommen- tiert. Ende des Jahres 2020 kündigte die JA Köln an, dass es im neuen Jahr »Spaß, Bildung und Politik mit verschiedensten Aktionen« im Kölner Bezirks- verband geben werde. Ob sich diese Ankündigung bewahrheitet, bleibt abzuwarten. Im Gegensatz dazu gibt Carlo Clemens (Landessprecher der JA NRW und Mitglied im Rat der Stadt Bergisch Gladbach) einen detaillierteren Ausblick auf das Jahr 2021 und kün- digt für die anstehenden Wahlen in Baden-Württem- berg, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen- Anhalt und die Bundestagswahl 2021 Unterstützung der JA für die Wahlkämpfe an. Darüber hinaus kün- digt er Stammtische und regelmäßige Podcasts an. 13
3. QUERDENKER*INNEN UND PANDEMIELEUGNER*INNEN IN KÖLN spazieren und verteilten dieses an Passant*innen. In veröffentlichten Videos wurde sich vermehrt auf Artikel 20 [Widerstandsrecht] des Grundgesetzes bezogen, auch wenn dieser falsch ausgelegt wurde. »dsdg.org« trat seit dem als Organisatorin von Pro- testen gegen die Corona-Schutzverordnungen auf. In den folgenden Wochen kam es regelmäßig sonntags zu weiteren Verteilaktionen und Spaziergängen. Hier bewegte sich der Zulauf zwischen 20 und 30 Teilneh- mer*innen. In diesem Rahmen trat Johanne Liese- gang in die Öffentlichkeit. Liesegang besuchte das ganze Jahr über Proteste, die sich gegen die Corona- Schutzmaßnahmen richten. Sie bezeichnet sich selbst als Herz-Coach und Auraleserin und betreibt Im Jahr 2020 wirbelte die Covid19-Pandemie mit den zahlreiche Telegram-Gruppen sowie einen eigenen einhergehenden Corona-Schutzverordnungen das YoutTube-Kanal. Sie interviewte beispielsweise Jörg alltägliche Leben durcheinander. Sowohl wirtschaft- Berchem, auch »Jay« genannt, wobei Themen wie liche als auch soziale Problemlagen wurden sichtbar die WHO, die Pharmaindustrie und der »Tiefenstaat« und werden auch weiterhin sichtbar bleiben. Dies besprochen wurden. Am 19. April trafen Impfgeg- führte zu einer großen Unsicherheit in Politik und ner*innen, Anhänger*innen von Verschwörungs Bevölkerung. Ein kleiner, aber bisher sehr lautstarker erzählungen und rechte Akteru*innen erneut Teil der Bevölkerung trug im Jahr 2020 seine Ableh- zusammen, um »das Grundgesetz gegen die Corona- nung gegen jegliche Corona-Schutzmaßnahmen auf Auflagen zu verteidigen«. Mit dabei waren u.a. Teil- die Straßen. In den Protesten verbanden sich ganz nehmer*innen der »Umweltsau«-Demonstration vor unterschiedliche Milieus. In Köln waren schon im Mai dem WDR im Dezember 2019 und Januar 2020. 2020 bei den ersten größeren Protestveranstaltungen Parolen wie »Wir sind das Volk« und »Merkel muss weg« neben »Corona ist eine Lüge« vernehmbar. Im Folgenden wird der Verlauf der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Köln ausschnitts- weise und beispielhaft skizziert. Weitere Informatio- nen dazu hat die Mobile Beratung auf ihrer Internet- seite www.mbr-koeln.de und im monatlichen News- letter der ibs veröffentlicht. Sichtbar wurde der Protest erstmals mit Aktionen wie »Spazieren mit dem Grundgesetz« am 05. April 2020. Hier gingen Menschen um Jörg Berchem und »Deutschland sucht das Grundgesetz« (dsdg.org) mit dem Grundgesetz 14
3. QUERDENKER*INNEN UND PANDEMIELEUGNER*INNEN IN KÖLN Am 09. Mai 2020 fand eine unangemeldete Demonst- ration von bis zu 500 Teilnehmer*innen durch die Kölner Innenstadt statt. Weder wurde der Mindestabstand eingehalten, noch trugen die Demonstrant*innen einen Mund-Nasen-Schutz. Pas- sant*innen wurden dazu aufgerufen, die Geschäfte ohne Maske zu betreten und Transparente mit Auf- schriften wie »Erhebt euch«, »Panik-Politik stoppen« und »Wir wollen unser Leben zurück« wurden mit geführt. Die Teilnehmer*innen ließen sich sowohl dem bürgerlich-konservativen Spektrum zuordnen, als auch dem linken oder rechten Milieu. In dieser Zeit etablierte sich eine von da an regelmäßig statt- findende Menschenkette gegenüber des Musical- 16. Mai 2020 eine Kundgebung »Gegen Verschwö- Doms am Rhein. Diese wurde unter anderem von rungsideologien und Antisemitismus – Gegen den Dea Heibel unter dem Label »Querdenken 221« Abbau von Grundrechten«. Auf der anderen Seite des beworben, die eine führende Rolle in der Organisa- Roncalliplatzes versammelten sich Teilnehmer*innen tion und Vernetzung der Gruppe einnimmt, z.B. via zu einer unangemeldeten Meditation, die sich gegen Telegram. Ziel der Menschenkette sei es laut den die Corona-Schutzmaßnahmen richtete. Mit dabei Organisator*innen, für die Grundrechte unter Corona waren neben Esoteriker*innen und Impfgegner*in- einzustehen. Die »flüsternde Mahnwache für die art- nen auch Mitglieder von »Widerstand steigt auf« und gerechte Menschenhaltung!«, die ebenfalls montags »Die Rechte«, wie Andreas Schick und Manuela abgehalten wurde, etablierte sich etwa zeitgleich. Schoop. Unter den Teilnehmenden fand sich auch Nach mehreren Protesten gegen die Corona-Schutz- Lisa Heitzmann, alias »Lisa Licentia«, eine rechte maßnahmen organisierte »Köln gegen Rechts« am Bloggerin, welche vor Kurzem bekannt gab, aus der Szene ausgestiegen zu sein. Eine Woche später, am 23. Mai, fand die Versammlung »Köln für Freiheit und Gerechtigkeit – Grundrechte schützen« auf der Deutzer Werft statt. Neben einer Meditation und einer Kundgebung wurde eine Menschenkette über die Deutzer Brücke durchgeführt. Mehr als 300 Per- sonen nahmen an der Veranstaltung teil, unter ihnen neben Esoteriker*innen und Kritiker*innen der Corona-Schutzmaßnahmen auch der Sprecher der Kölner AfD, Christer Cremer und der Rechtsaußen- Blogger Oliver Flesch, der in Begleitung der rechts- extremen »Bruderschaft Deutschland« unterwegs war. Ebenso waren der Blogger Kevin G. und Samy Musarie (»Begleitschutz Köln«-Umfeld) und Cindy Kettelhut (u.a. »Köln für Deutschen Sozialismus«) vor Ort. Ein Familienvater im Sträflingskostüm erregte besondere Aufmerksamkeit. Er trug ein Schild mit der Aufschrift »Maske macht frei«, neben ihm stand sein 14-jähriger Sohn mit Gasmaske. Ende 15
3. QUERDENKER*INNEN UND PANDEMIELEUGNER*INNEN IN KÖLN 2020 wurde der Mann wegen Volksverhetzung im regelmäßig von dem »Lifestyler« und Moderator Sinne der Verharmlosung des Holocausts und Gleich- Nana Domena unterstützt. Domena arbeitet im setzung des Holocausts mit der Corona-Krise vom Rahmen des Medienprojekts »Multikulti trifft Natio- Kölner Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 200 Euro nalismus« mit Frank Kraemer (s. o.) zusammen und verurteilt. trat immer wieder als Hauptmoderator für »Quer- denken 711« in Stuttgart auf. Die von Marc B. organi- Im Juli wurden von »Querdenken 221« um Dea Heibel sierte »flüsternde Mahnwache« diente unter anderem Proteste »für Grundrechte und für das Grundgesetz« der Vernetzung zwischen ihm, Jörg Berchem und in Bornheim organisiert mit dem Ziel, sich weiter zu Domena. Die Aktionen beschränkten sich jedoch vernetzen und Menschen zum Mitmachen zu bewe- nicht nur auf Meditationen, Kundgebungen, Mahn- gen. Dafür wurden Angebote zum »Brunchen, Quat- wachen und Demonstrationen, sondern verlagerten schen, Querdenken« wie am 19. Juli beworben. Am sich auch auf das Verteilen von Flyern sowie der Zei- Samstag, den 11. Juli 2020 rief »Köln für Freiheit« tung »Demokratischer Widerstand«. Die Zeitungen zum Protest am Neumarkt auf. Diesem Ruf folgten fanden sich unter anderem in Wartezimmern, Stadt- um die 100 Teilnehmer*innen, unter anderem Ottmar bibliotheken und Straßenbahnen wieder. Lattorf, Marc Benndorf (Pseudonym Marco Benotti/ »flüsternde Mahnwache für artgerechte Menschen- Im August fanden mehrere Demonstrationen in Ber- haltung und Verhältnismäßigkeit« am Aachener Wei- lin statt, die auch von Personen aus Köln unterstützt her) und Bianca Pfaffenholz (jetzt »Köln ist aktiv«). wurden. So fuhren neben Mitgliedern von »dsdg.org« Um 15 Uhr begann eine Kundgebung am Neumarkt, auch Aktivist*innen um Bianca Pfaffenholz und die später in eine Demonstration zum Aachener Wei- »Köln ist aktiv« zur Demonstration am 1. August her mündete. Dort fand eine Abschlusskundgebung nach Berlin. Während der Kundgebung am 8. August mit noch rund 30 Teilnehmer*innen statt. Solche am Kölner Neumarkt wurde vermehrt Bezug auf die Protestformate zogen sich durch den das gesamte Demonstration in Berlin genommen. Am 29. August Jahr 2020 und wurden später unter dem Label »Köln erreichte der Protest gegen die Corona-Schutzmaß- ist aktiv« durchgeführt. Die sonntäglichen Kund nahmen mit der Besetzung der Treppen vor dem gebungen von »dsdg.org« am Heumarkt zogen sich Berliner Reichstag einen Höhepunkt. Um die 400 ebenfalls durch das gesamte Jahr 2020. Diese wurden Teilnehmer*innen folgten dem Aufruf von Tamara 16
3. QUERDENKER*INNEN UND PANDEMIELEUGNER*INNEN IN KÖLN Kirschbaum (Heilpraktikerin, Reichsbürgerin und Werft am 12. September 2020. Neben den üblichen ehemals bei den »Gelbwesten Aachen« aktiv gewesen) Verdächtigen war auch Gordon Pankalla (»Anwälte und stürmten auf die Treppen. Mit darunter waren die für Aufklärung«) vor Ort. Zwei Wochen später gab es »Corona Rebellen Düsseldorf«. Bei der Demonstra- eine gemeinsame Veranstaltung von »Querdenken tion, die um die 40.000 Menschen umfasste, waren 221« und »Querdenken 711«, ebenfalls an der Deut- aus dem Regierungsbezirk unter anderem zugegen: zer Werft. Michael Ballweg (Initiator von »Querden- Sascha V. (»Mater Spitter«), Ulrike H. (»Widerstand ken 711«) war ebenso wie Nana Domena anwesend steigt auf«), Yennyfer Inden (u.a. rechte Medien und sprach zu den ca. 1.000 Teilnehmer*innen. aktivistin), Heinrich M. (»Schilder Heinz«), Dominik Auch Cindy Kettelhut und Heinrich M. waren bei der Roeseler (Mitbegründer »Hooligans gegen Salafis- Veranstaltung, die unter dem Motto »Friedliche Ver- ten« und »Mönchengladbach steht auf«), Manfred H. sammlung für Grund- und Freiheitsrechte« stand. (Reichsbürger aus Duisburg), Cindy Kettelhut (»Köln Drei Stunden später fand die samstägliche »Friedens für deutschen Sozialismus« und »Begleitschutz parade« von »Köln ist aktiv« in Zusammenarbeit mit Köln«-Umfeld), Sebastian Rudolph (ein IB-naher »dsdg.org« statt. Vom Neumarkt aus ging ein Spa- Aktivist aus Köln), Reinhild Boßdorf (»Lukreta«), Dea ziergang zum Aachener Weiher in dessen Rahmen Heibel (damals noch »Querdenken 221«), Johanne die Slogans »Coronamaßnahmen & Familie & Kind« Liesegang, Dieter Bartsch (früher »Patriotic Opposi- sowie »Mer Kösche stonn zesamme, frei un tolerant« tion Europe«, jetzt »Klartext 20/21 aus der Städte mit Inhalten gefüllt werden sollten. Im Vorfeld der region Aachen), Andre Laaf (rechter Rapper »Primus« beiden Veranstaltungen am 26. September 2020 aus Düren) und Bianca Pfaffenholz (»Köln ist aktiv«). teilte das Café »Villa Mathilde« in den sozialen Medien mit, dass die Teilnehmer*innen der »Quer- Am 6. September verzeichnete die Veranstaltung von denken«-Veranstaltung in dem Deutzer Café nicht »dsdg.org« auf dem Heumarkt 100 Teilnehmer*innen, willkommen seien. Bebildert wurde der Post mit unter ihnen die als Kandidatin zur Oberbürger einem »Kein Kölsch für Nazis«-Bierdeckel. Daraufhin meister*innenwahl angetretene Sabine Neumayer. wurde das Café von Pandemieleugner*innen Insgesamt 200 Teilnehmer*innen verfolgten das von bedroht, beispielsweise in der rechten Facebook- »Köln ist aktiv« beworbene »Friedensfest gegen Gruppe »Demo Berlin«. Diese leitete einen Shitstorm Rassismus und Diskriminierung« an der Deutzer ein und verkündeten: »Flashmob und aufmischen, im Skat oder wie auch immer«. Einzelne Personen äußerten, dass das Café angezündet werden sollte (»ANZÜNDEN DIE BUCHTE!!!«). Weiter heißt es »Ist das ne Kneipe oder Merkels Führerhauptquatier […] ?«.Auch in Kölner Telegram-Chatgruppen wie bei »Köln für Freiheit« oder »Patrioten Köln« fand dies Resonanz. Am 20. Oktober legte die »Corona-Info-Bus-Tour« zusammen mit Bodo Schiffmann, Samuel Eckert und Ralf Ludwig (»Klage-Pate«) einen Stopp am Kölner Neumarkt ein. Das Ziel der Veranstaltung war eine »Aufklärung zum Thema Corona-Fakten«. Die ca. 400 Teilnehmenden ignorierten größtenteils die Mindestabstände und das vonseiten der Polizei eingeforderte Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. 17
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