Faszination Spinnen Fachmaturitätsarbeit von Tobias Bolliger Fachmaturität Pädagogik Betreuungsperson: Raphael Riederer Fachmittelschule ...

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Faszination Spinnen Fachmaturitätsarbeit von Tobias Bolliger Fachmaturität Pädagogik Betreuungsperson: Raphael Riederer Fachmittelschule ...
Faszination Spinnen
Fachmaturitätsarbeit von Tobias Bolliger
Fachmaturität Pädagogik
Betreuungsperson: Raphael Riederer
Fachmittelschule Schaffhausen
25.11.2014
Faszination Spinnen Fachmaturitätsarbeit von Tobias Bolliger Fachmaturität Pädagogik Betreuungsperson: Raphael Riederer Fachmittelschule ...
Vorwort

Meine Fachmaturitätsarbeit ist in zwei wesentliche Teile gegliedert. Im ersten Teil befasse
ich mich mit verschiedenen Mythen, Legenden und Geschichten in denen Spinnen auftau-
chen. Ich spreche über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Spinnen und Insek-
ten, und behandle einige interessanten Punkte zum Thema „Spinnen“ im Allgemeinen. Die
Vielfalt und die verschiedenen Fähigkeiten von Spinnen sollen ebenfalls darin enthalten sein.
Der zweite Teil meiner Arbeit besteht aus einem Vergleich von vier einheimischen Spinnen,
in dem ich meine Beobachtungen und Erkenntnisse schriftlich, mit Fotos ergänzt darlegen
werde. Bei diesen einheimischen Spinnen handelt es sich um die Zebraspringspinne (Salticus
scenicus), die Wespenspinne (Argiope bruennichi), sowie die bekannte Gartenkreuzspinne
(Araneus diadematus) und die Grosse Winkelspinne (Tegenaria atrica).

Ich bedanke mich bei Raphael Riederer, der mich bei dieser Fachmaturitätsarbeit betreut
hat. Die interessanten Gespräche haben mir sehr geholfen und mir neue Ideen und
Ergänzungen gebracht.

Herzlichen Dank
Faszination Spinnen Fachmaturitätsarbeit von Tobias Bolliger Fachmaturität Pädagogik Betreuungsperson: Raphael Riederer Fachmittelschule ...
Inhalt
Vorwort .....................................................................................................................................................
Einleitung ................................................................................................................................................. 2
Motivation ............................................................................................................................................... 3
Allgemeines über Spinnen ....................................................................................................................... 4
   Mythologie .......................................................................................................................................... 4
   Spinnen und Insekten .......................................................................................................................... 5
   Spinnen häuten sich ............................................................................................................................ 6
   Spinnenaugen - Wie sehen Spinnen? .................................................................................................. 7
   Spinnenseide ....................................................................................................................................... 8
   Wenn Spinnen „spinnen“ .................................................................................................................... 9
   Spinnentanz- Tarantella ...................................................................................................................... 9
   Arachnophobie .................................................................................................................................. 10
   Was kann man gegen Arachnophobie unternehmen? ...................................................................... 11
Versuch - Spinnennetze konservieren ................................................................................................... 12
Einheimische Spinnen ........................................................................................................................... 17
   Kleine Spinne, grosse Sprünge (Salticus scenicus) ............................................................................ 17
   Die Wespenspinne (Argiope bruennichi) .......................................................................................... 20
   Die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) ................................................................................. 24
   Die Grosse Winkelspinne (Tegenaria atrica) ..................................................................................... 29
Schlusswort ........................................................................................................................................... 34
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................... 35
Quellenverzeichnis ................................................................................................................................ 36
   Literatur ............................................................................................................................................. 36
   Internet.............................................................................................................................................. 37
Schlusserklärung.................................................................................................................................... 38

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Einleitung

In vielen Regionen der Welt gehören Spinnen eigentlich schon zur Grundausstattung einer
jeden Wohnung. Die achtbeinigen Wesen sind schon da, bevor man einzieht, und sie sind
auch immer noch da, wenn man wieder auszieht. Es gibt sie in den verschiedensten Formen,
Farben und Grössen. Tag täglich sind wir, manchmal ohne es zu wissen, von hunderten Spin-
nen umgeben. Egal ob auf hohen Berggipfeln, felsigen Küsten, kargen Wüsten oder sumpfi-
gen Mooren, die achtbeinigen Überlebenskünstler sind nahezu überall anzutreffen. Sie krab-
beln, springen, schwimmen, klettern, ja einige von ihnen tauchen sogar durchs Wasser oder
fliegen mithilfe von Spinnenfäden durch die Luft. Spinnen sind einige der wenigen Tiere, die
Seide produzieren können. Während manche von ihnen kunstvolle Netze weben, benutzen
andere ihre Fähigkeit, um Kokons zu spinnen, in denen sie ihre Eier aufbewahren. Mit ext-
rem unterschiedlichen und raffinierten Jagdmethoden gelingt es ihnen seit Jahrmillionen,
auf diesem Planeten zu überleben. Wir sind von ihnen umgeben, und doch wissen wir er-
staunlich wenig über sie. Viele Menschen verspüren sogar panische Angst vor den meist
harmlosen Tieren. Diese Spinnenangst, auch Arachnophobie genannt, ist eine der meist ver-
breiteten Phobien überhaupt. Gibt man bei der Suchmaschine Google Arachnophobie ein,
stösst man auf ungefähr 126‘000 Ergebnisse. Die Spinne ist ein beliebtes Tier für Märchen-,
Horror-, und Fantasiefilme wie zum Beispiel „Harry Potter“ oder „Der Herr der Ringe“, in
denen oft riesige, bösartige Monsterspinnen auftauchen, die nicht gerade zur Verbesserung
des Spinnen-Images beitragen.

Klar ist jedoch, dass Spinnen auf viele Menschen eine gewisse Faszination ausüben. Sei es
aus Angst oder Bewunderung, sie können uns in ihren Bann ziehen. Es gibt Legenden und
Märchen in denen Menschen in Spinnen verwandelt werden, und in Comics und Filmen be-
kämpft „Spider-Man“ das Böse mithilfe von Superkräften, die er nach dem Biss einer gene-
tisch manipulierten Spinne erhalten hat.

In meiner Fachmaturitätsarbeit will ich mich mit den Unwahrheiten und Wahrheiten über
Spinnen beschäftigen. Ich will zeigen, wie sie leben und überleben. Diese Arbeit soll die
Spinnen als die faszinierenden Tiere abbilden, die sie sind.

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Motivation

Spinnen haben mich schon immer fasziniert. In unserem Garten und manchmal auch in un-
serem Haus gibt es viele von ihnen. Ich konnte beobachten, wie sehr sich einige dieser fan-
tastischen Tiere voneinander unterscheiden aber auch welche Gemeinsamkeiten sie zuei-
nander aufweisen. Da gab es die Gartenkreuzspinne, die ihre Beute schnell in ihrem wunder-
schönen, radförmigen Netzt einwickelte, oder die kleine, flinke Zebraspringspinne, welche
für ihre Grösse erstaunlich weit springen konnte und ganz auf ein Netz verzichtet. Aber auch
die Zitterspinne, die bei Gefahr wild in ihrem Netz hin und her schwingt, oder die etwas
grössere Hauswinkelspinne mit den langen Beinen, war oft anzutreffen. Ich beobachtete
diese unterschiedlichen Spinnen oft und war besonders von den verschiedenen Jagdmetho-
den fasziniert. Eine Zeitlang hatte ich sogar so etwas wie eine „Haustierspinne“. Es handelte
sich dabei um eine Hauswinkelspinne. Diese lebte in einem Hohlraum unter dem Türvorle-
ger. Nachdem ich sie dort unten entdeckt hatte, fütterte ich sie über zwei Jahre lang beinahe
jeden Tag mit Fliegen, die ich fing. So konnte ich beobachten, wie sie immer grösser wurde
und schliesslich sogar Nachwuchs bekam.

Als ich dann meinen ersten „Spider-Man“ Film gesehen hatte, war meine Begeisterung für
Spinnen noch grösser. Die Vorstellung davon, ein Mensch mit den Fähigkeiten einer Spinne
zu sein, war für mich ein Traum. Von einer genetisch manipulierten Spinne wurde ich aller-
dings nie gebissen, und so reichten meine Fähigkeiten nicht ganz zum „Spider-Man“. Aller-
dings richteten wir bei uns zu Hause in der Scheune eine kleine Turnhalle ein, in der ich wie
Spider-Man herumhüpfen konnte. Dort befindet sich auch eine Kletterwand, an der ich,
durch ein Seil gesichert, mit den anwesenden Spinnen „abhängen“ konnte.

In meiner Familie gibt es niemanden, der sich vor Spinnen fürchtet. Deshalb verstand ich
auch oft nicht, wieso einige Menschen eine derartige Angst vor den Tieren verspüren. In der
Primarschule brachte eine Lehrerin einmal eine Vogelspinne mit. Natürlich hatte ich Respekt
vor dem Tier, da sie einerseits viel grösser als die Spinnen war, welche in unserem Garten
lebten und andererseits, weil ich nicht viel über diese Spinnenart wusste. Angst verspürte ich
deswegen aber keine. Diese Vogelspinne entpuppte sich schliesslich als ein ganz harmloses,
ja für mich damals beinahe langweiliges Wesen. Sie sass in ihrem Terrarium und bewegte
sich nur selten. Auch wenn man sie herausholte und auf die Hand oder den Arm setzte,
krümmte sie kaum eines ihrer acht haarigen Beine. Natürlich gibt es aber auch unter den
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Vogelspinnen einige Arten, die es überhaupt nicht mögen, wenn man sie anfasst. Amerikani-
sche Arten zum Beispiel streifen bei Gefahr Brennhaare ab und „beschiessen“ den Angreifer
damit, was ziemlich juckt oder auch Ausschläge verursachen kann. Eine solche Vogelspinne
ist allerdings ein weniger beliebtes Haustier.

Mit dieser Arbeit will ich die Spinnen, insbesondere jene im Raum Schaffhausen, den Lesern
näher bringen. Ich möchte zeigen, wie vielfältig, geschickt und nützlich diese Tiere sind, wel-
che oft von angst- oder ekelerfüllten Menschen zertreten oder mit dem Staubsauger wegge-
saugt werden. Wir sind täglich von hunderten Spinnen umgeben. Deswegen lohnt es sich,
die Achtbeiner besser kennen zu lernen.

Allgemeines über Spinnen

Mythologie

Spinnen gibt es beinahe überall auf der Welt und schon sehr viel länger als den Menschen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Spinne in den verschiedensten Religionen und
Mythen auftaucht.

Ihren Namen verdanken die Spinnentiere, auch Arachnida genannt, jedoch einer ganz spezi-
ellen Legende aus der griechischen Mythologie. Dieser Legende zufolge, lebte einst eine Frau
namens Arachne, die die Kunst des Webens auf meisterliche Art beherrschte. Sie war von
sich selbst derart überzeugt, dass sie behauptete, sie könne selbst besser als die Göttin
Athene weben. Als Athene das hörte, forderte sie Arachne zu einem Wettstreit heraus. Wäh-
rend Athene einen Wandteppich wob, auf dem eine ihrer vielen Heldentaten zu sehen war,
fertigte Arachne einen Teppich, dessen Motiv die Götter verspottete. Tatsächlich konnte die
Göttin an der Webkunst der sterblichen Frau nichts aussetzen. Athene musste sich eingeste-
hen, dass Arachne mindestens ebenso gut weben konnte wie sie selbst. Diese Erkenntnis,
aber auch das respektlose Motiv von Arachnes Wandteppich, versetzte die Göttin in Rage.
Aus Furcht vor Athenes schrecklichem Zorn, versuchte sich die sterbliche Arachne zu erhän-
gen. Daraufhin verwandelte Athene den Strick um den Hals der Weberin in einen Spinnenfa-
den und Arachne selbst in eine Spinne, die dazu verdammt war, auf ewig an einem Faden zu
hängen und Netze zu weben.

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In vielen Kulturen wurden Spinnenfäden mit dem Schicksal in Verbindung gebracht. Die nor-
dische, römische, griechische und auch die slawische Mythologie besagt, dass jedes Wesen
einen Lebensfaden besitzt, der von Spinnerinnen angefertigt wird. Dieser wird schliesslich
langsam von den Frauen aufgewickelt, und zu passender Zeit abgeschnitten. Der Spinnenfa-
den symbolisiert hier die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft.

Nicht nur der Spinnenfaden, sondern auch das Netz hat bei einigen Völkern eine spezielle
Bedeutung. In der Antike verglich man beispielsweise intellektuelle Spitzfindigkeiten, die
keinem einen Nutzen bringen, mit Spinngeweben. Auch heute sagen wir noch „Hirngespins-
te“. Anders bei den Indianern. Sie sehen das Spinnennetz als Instrument, um Träume einzu-
fangen. Aus dieser Vorstellung sind natürlich auch die berühmten Traumfänger entstanden.

Abb. 1: Ein indianischer Traumfänger

Oft wurden Spinnen auch benutzt, um das Wetter zu bestimmen, da sie ihre Arbeit nur bei
trockenem Wetter verrichten. Es gibt etliche Überlieferungen die besagen, wie Heere ihren
Sieg nur mithilfe einer Wettervorhersage durch die Beobachtung von Spinnen errungen ha-
ben. Aus diesem Grund wurde der Vorläufer der Meteorologie, die Witterungskunde, nach
der Spinne Araneologie genannt.

Spinnen und Insekten

Spinnen sind keine Insekten. Insekten und Spinnen sind aber in einem gemeinsamen Tier-
stamm genannt Gliederfüsser (Arthropoda), der nebst den Klassen Insekten (Insecta) und
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Spinnentieren (Arachnida) noch weitere Klassen enthält. Dazu zählen Krebse (Crustacea),
Asseln (Isopoda) sowie die Tausendfüsser (Myriapoda) und Hundertfüsser (Chilopoda). Spin-
nen gehören zu der Klasse der Spinnentiere. Zu dieser Klasse gehören ausserdem die Ord-
nungen Weberknechte (Opiliones), Skorpione (Scorpiones), Pseudoskorpione (Pseudoscorpi-
onida) und Milben (Acari). Zwischen Spinnentieren und Insekten gibt es einige Unterschiede.
Während Insekten aus drei wesentlichen Körperteilen bestehen, sind es bei Spinnentieren
nur zwei. Der Vorderkörper genannt Prosoma und der Hinterkörper namens Opisthosoma.
Einen weiteren Unterschied weisen Spinnentiere bei der Anzahl ihrer Beine auf. Insekten
besitzen sechs Beine, Spinnentiere hingegen acht. Spinnen sind also keine Insekten.

Abb. 2: Körperbau einer Spinne

Die meisten Spinnen fressen Insekten. Mit „fressen“ meint man eigentlich „trinken“, denn
Spinnen lösen ihr Opfer nämlich zuerst mit einem Verdauungssaft auf. Ohne die gefrässigen
Achtbeiner hätten wir mit wesentlich mehr Insekten zu kämpfen unter denen sich auch viele
Schädlinge befinden. Auf nur einem Hektar vertilgen die dort lebenden Spinnen innerhalb
eines Jahres mehr als 40‘000 Kilogramm Insekten.

Spinnen häuten sich

Nicht nur Schlangen besitzen die Fähigkeit sich komplett zu häuten, sondern auch Spinnen
können es. Wie oft sich Spinnen im Laufe ihres Lebens häuten, das ist von Art zu Art unter-
schiedlich. Es kommt darauf an wie gross das Tier ist und wie alt es werden kann. Für die
Spinne ist die Häutung unausweichlich. Ihr Körper wird nämlich von einem festen Chitinpan-
zer umschlossen. Da Spinnen keine Knochen besitzen, benötigen sie ein sogenanntes Exos-
kellet, welches in dem Fall der bereits erwähnte Chitinpanzer darstellt. Dieser Panzer sorgt
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dafür, dass der Körper der Spinne gestützt wird und vor Angriffen geschützt ist. Das Problem
eines solchen Chitinpanzers besteht allerdings darin, dass er sich nicht besonders stark aus-
dehnen kann. Das heisst, die Spinnen müssen, um wachsen zu können, ihren alten Panzer
abstreifen. Darunter befindet sich bereits eine neue, grössere Haut. Die Häutung ist aber
auch ein gefährlicher Prozess für die Achtbeiner. Während des Häutens können sie sich nicht
gut verteidigen, da sie teilweise noch im alten Panzer feststecken. Kurz danach ist ihr neuer
Panzer noch sehr weich, was die Spinnen ebenfalls anfälliger gegenüber Angriffen macht.
Durch die Erneuerung des Panzers fühlt sich die Spinne endlich wieder wohl in ihrer Haut.
Das ist aber nicht der Einzige Vorteil. Manchmal kann es passieren, dass Spinnen im Kampf
oder auf der Flucht vor Fressfeinden ein Bein, oder auch mehrere, verlieren. Ist das der Fall,
können sie die verlorenen Gliedmassen nachwachsen lassen, indem sie sich häuten. Für die-
sen Prozess sind allerdings mehrere Häutungen notwendig.

Spinnenaugen - Wie sehen Spinnen?

Die meisten Spinnen besitzen acht Augen. Es gibt zwei verschiedene Augentypen. Die Mitte-
laugen und die Seitenaugen. Normalerweise hat eine Spinne ein Paar Mittelaugen und drei
Paar Seitenaugen, wobei es auch einige Spinnengruppen gibt, die keine Mittelaugen, also
insgesamt nur sechs Augen besitzen. Ein paar Höhlenspinnen haben sogar überhaupt keine
mehr, da sie immer in völliger Dunkelheit leben, und ihnen Augen nichts nutzen würden.
Aber auch für den Grossteil der anderen Spinnen spielt der optische Sinn nur eine unterge-
ordnete Rolle. Unter den Achtbeinern haben vor allem die Springspinnen den Durchblick.
Auffallend sind ihre grossen Mittelaugen. Springspinnen benötigen ihre Augen sowohl für
die Jagd, als auch für die Balz, doch dazu später mehr.

Abb. 3: Springspinne mit typisch grossen Mittelaugen
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Spinnen können zwar nicht sonderlich gut sehen, dafür ist ihr Tastsinn extrem stark ausge-
prägt. Sie besitzen keine Ohren oder eine Nase wie wir Menschen, dafür jede Menge Haare
auf den Beinen, mit denen sie Berührungen, Luftschwingungen und Erschütterungen wahr-
nehmen können. Selbst schmecken und riechen können Spinnen damit. Die meisten Haare
am Körper einer Spinne sind sogenannte Tasthaare. Diese sind mit Nervenzellen verbunden.
Werden die Tasthaare aus ihrer Ruhestellung ausgelenkt, senden die damit verbundenen
Nervenzellen sofort einen Impuls aus und liefern der Spinne Informationen. Die Haare der
Spinnen sind jedoch nicht nur dazu da, Sinneseindrücke einzufangen und einzuordnen, son-
dern auch klettern lässt sich damit. Besonders jagende Laufspinnen besitzen viele solcher
Kletterhaare, genannt Scopulahaare. Diese speziellen Haare befinden sich an den Beinenden.
Je ausgeprägter die Scopulahaare einer Spinne sind, desto besser kann sie sich an glatten
Oberflächen festhalten. Einige können so an senkrechten Wänden, Fensterscheiben oder
sogar überhängenden Glasplatten ohne weiteres herumspazieren.

Spinnenseide

Ein weiteres Wunderwerk der Spinne ist die Spinnenseide. Diese besteht aus Proteinfäden
und Wasser. Sie ist, bezogen auf ihr Gewicht, etwa vier Mal so belastbar wie ein Stahlseil und
kann um das Dreifache ihrer Länge gedehnt werden, ohne zu zerreissen. Das heisst, Spinnen-
seide ist wesentlich dehnbarer als Nylon. Des Weiteren ist die Spezialseide extrem leicht.
Könnte man einen Faden dieser Seide einmal rund um die Erde legen, würde er nicht mehr
als ein Stück Seife wiegen. Aufgrund der vielen guten Eigenschaften von Spinnenseide ver-
sucht man diese schon seit längerem für den Menschen nutzbar zu machen. Bereits im 19.
Jahrhundert kam man auf die Idee, Kleidung aus Spinnenseide herzustellen. Das war aller-
dings ein unglaublich aufwändiges Unterfangen. Für ein einzelnes Kleid mussten über meh-
rere Jahre hinweg die Fäden von unzähligen Spinnen gesammelt werden, was dazu führte,
dass solche Kleidungsstücke nahezu unbezahlbar wurden. Heute möchte man das vielseitig
einsetzbare Material künstlich herstellen, da es sich als schwierig und aufwändig erwiesen
hat, die Spinnen in grossen Farmen zu halten und zu melken. Schon jetzt verwendet man in
der Medizin Operationsfäden aus Spinnenseide. Der grosse Vorteil dieser Fäden ist nämlich,
dass sie vom menschlichen Körper toleriert und abgebaut werden können. Die Einsatzmög-
lichkeiten für Spinnenseide sind gross. In Zukunft soll man beschädigte Nervenstränge repa-
rieren, Hautzellen produzieren oder auch extrem leichte, aber stabile Schutzbekleidung für
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Soldaten herstellen. Sogar die NASA interessiert sich für das beeindruckende Material, um
beispielsweise die Konstruktion eines Weltraumlifts in die Tat umzusetzen.

Die Spinnen selbst nutzen ihre Fäden ebenfalls nicht nur, um Netze zu spinnen. Springspin-
nen verwenden die Seide, um sich bei ihren waghalsigen Sprüngen zu sichern und bauen
dafür keine Netze. Andere fertigen damit einen Kokon für ihre Jungen an. Es gibt sogar eini-
ge, die ihre Seidenfäden benutzen, um zu fliegen. Sie suchen sich einen höher gelegenen
Punkt, ziehen aus ihrem Hinterteil einen langen Spinnenfaden heraus und warten auf einen
Lufthauch, der sie davonträgt. Ein solches Kunststück nennt man „ballooning“ also „Ballon-
fahren“. Diese Technik ermöglicht es den Spinnen, gewaltige Strecken zurückzulegen. Wüs-
ten, Meere oder Gebirge werden so überwunden und neue Jagdgründe erobert. Eine gängi-
gere Bezeichnung für den Spinnenflug ist wohl der sogenannte Altweibersommer. In dieser
Zeit kann man oft lange Spinnenfäden beobachten, die durch die Luft schweben wie die sil-
bernen Haare von alten „Weibern“.

Wenn Spinnen „spinnen“

Wie bereits erwähnt, sind Spinnen praktische Tiere, die ihre Arbeit gewissenhaft erledigen,
ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Nur unter dem Einfluss von Drogen verlieren sie
den Faden und fangen regelrecht an zu „spinnen“. Ein Experiment der NASA aus dem Jahr
1995 zeigt die Auswirkung verschiedener Drogen auf den Netzbau von Spinnen. Ampheta-
mine führen dazu, dass die Spinne um einiges schneller arbeitet, dafür leidet die Qualität des
Netzes erheblich. Marihuana hingegen raubt den Spinnen auf halbem Weg zum fertigen Netz
die Konzentration, und sie hören einfach auf zu weben. Die stärkste Reaktion löste allerdings
Koffein aus. Das Netz dieser „Kaffeespinnen“ bestand lediglich aus ein paar wahllos umei-
nander geschlungenen Fäden.

Spinnentanz- Tarantella

Nicht nur Spinnen können sich seltsam aufführen, auch die Menschen „spinnen“ manchmal
total. So auch einige Bewohner der italienischen Landschaft Apulien. Dort spielte sich näm-
lich zwischen dem 13. Und dem 18 Jahrhundert etwas äussert Merkwürdiges ab. An heissen
Sommertagen fielen junge Männer und Frauen wie vom Blitz getroffen zu Boden und führ-
ten sich äusserst seltsam auf. Einige klagten über Übelkeit und Bauchschmerzen oder wan-
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den sich stöhnend auf dem Boden. Andere litten unter Schwindel, Durst und starker Atem-
not. Dieser Zustand konnte einige Tage andauern. Die Ursache dieser seltsamen Krankheit
sah man im Biss der Apulischen Tarantel, welche zu den Wolfsspinnen gehört und in Erdröh-
ren wohnt. Das breite Band an Symptomen, welche die Gebissenen aufwiesen, war in der
Tat sehr seltsam. Um die Betroffenen zu heilen, wurde allerdings eine noch viel seltsamere
Therapie angewandt. Musiker spielten den Kranken verschiedene Melodien vor, bis sich die-
se erhoben und anfingen, wie wild zu Tanzen. Man könnte sogar sagen, sie tanzten „wie von
der Tarantel gestochen“. Diese Musiktherapie erstreckte sich manchmal über mehrere Tage
und erschöpfte sowohl den Patient als auch die Musiker völlig. Die mysteriöse Krankheit
wurde „Tarantismus“, und die Musikstücke und Tänze zur Therapie „Tarantella“ genannt.
Aus den ursprünglichen Heiltänzen wurden im Laufe der Zeit regelrechte Volksfeste, an de-
nen nicht länger nur Kranke, sondern auch andere Leute tanzten.

Jahrhundertelang diskutierten Naturforscher, Ärzte und Laien über diese Krankheit und ihre
Ursache. Heute weiss man, dass der Biss der Apulischen Tarantel nicht der Grund für den
Tarantismus sein kann. Das Gift der Tarantel ist zu schwach und kann keine dieser Symptome
hervorbringen. Eine weitaus plausiblere Erklärung wäre ein Hitzschlag oder Sonnenstich. In
vielen Quellen wird nämlich berichtet, dass die angeblichen Bisse vor allem an heissen Tagen
geschehen.

Arachnophobie

Wenn man sich mit dem Thema „Spinnen“ beschäftigt, wird man früher oder später auf die-
se Phobie stossen. Es gibt viele Menschen denen Spinnen nicht ganz geheuer sind, jedoch ist
diese kleine Furcht nicht mit der Phobie zu vergleichen. Arachnophobie bezeichnet die
krankhafte Angst vor Spinnen. Beim Anblick einer Spinne leiden einige unter Schweissaus-
brüchen oder Herzrasen. Sie können oft nicht mit einer Spinne im gleichen Raum sein und
müssen die Flucht ergreifen. Komischerweise ist diese Angst vor allem in Europa weit ver-
breitet. Ausgerechnet hier in Europa, wo es beinahe keine Spinnen gibt, die dem Menschen
gefährlich werden können, fürchtet man sich besonders stark vor ihnen. In Ländern in denen
weitaus giftigere aber auch grössere Spinnen leben, ist Arachnophobie eher selten. In China
gilt die Spinne als Glücksbringer und in Kambodscha sind gegrillte oder frittierte Spinnen ein

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beliebter Snack für zwischendurch. Aber weshalb fürchten so viele Menschen die nützlichen
Tiere?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Vielen ist beispielsweise ihre Art der Fortbewegungswei-
se nicht geheuer. Spinnen machen manchmal plötzliche, ruckartige, schwer einzuschätzende
Bewegungen und sind erstaunlich schnell. Andere hingegen ekeln sich vor ihrem Aussehen.
Es gibt eine Hypothese, die besagt, dass unsere Abscheu vor Tieren in dem Masse wächst, in
welchem sie sich von uns unterscheiden. Die Spinne mit ihren acht Beinen und oft auch acht
Augen, hat da natürlich nicht die besten Karten. Wäre Spiderman nicht ein Mensch mit den
Fähigkeiten einer Spinne, sondern ein Mischwesen aus Mensch und Spinne mit acht Augen,
acht Gliedmassen und einem haarigen Körper geworden, so hätten ihn wahrscheinlich viele
Menschen als abstossend und unsympathisch empfunden.

Warum haben aber nur ein gewisser Teil der Menschen eine Spinnenphobie? Auch dazu
wurden schon viele Hypothesen aufgestellt. Die meiner Meinung nach plausibelste besagt,
dass Spinnenangst erlernt ist. Kleine Kinder haben im Grunde keine Angst vor Spinnen, sie
lernen diese viel mehr von ihrem Umfeld. Möglicherweise fürchtet sich die Mutter oder der
Vater vor Spinnen und reagiert panisch, wenn eines dieser Tiere auftaucht. Bemerkungen
wie „Hilfe eine Spinne!“ oder „iiih eine Spinne, pass bloss auf, die beisst!“ zeigen dem Kind,
dass Spinnen etwas Gefährliches, Widerliches und Schlechtes sind. Später lernen sie es auch
durch das Fernsehen. Sogar in Kinderserien wie „Die Biene Maja“ sorgt die böse Spinne
Thekla für Angst und Schrecken.

Zudem wird vermutet, dass die Angst vor Spinnen genetisch verankert sein könnte. Das kann
ich mir allerdings schwer vorstellen, da kleine Kinder keine Angst vor ihnen zeigen und Ara-
chnophobie nur in Europa stark verbreitet ist. Zudem gibt es, wie bereits erwähnt, in Europa
nahezu keine, für den Menschen gefährlichen Spinnen aber gerade auf diesem Kontinent ist
die Angst vor Spinnen am häufigsten. In Ländern in denen es viel gefährlichere und auch
grössere Spinnen gibt, ist Arachnophobie eher selten.

Was kann man gegen Arachnophobie unternehmen?

Wenn man unter Arachnophobie leidet, sollte man sich zunächst einmal über Spinnen infor-
mieren. Oft hilft es, wenn man seine „Feinde“ kennt. Ausserdem können Vorurteile beseitigt

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werden, die oftmals Auslöser für die Angst sein können. Viele Therapien werden auch mithil-
fe von harmlosen Vogelspinnen durchgeführt. Diese Tiere bewegen sich nicht sehr schnell.
Patienten können sie nach einiger Vorbereitung auf die Hand oder den Arm nehmen. Oft
laufen die Tiere nicht lange herum, sondern bleiben einfach sitzen, da sie die Körperwärme
mögen. Sitzt die Spinne einmal auf dem Arm, ist es für viele Arachnophobiker gar nicht mehr
so schlimm. Die pelzige, leichte Spinne sieht dann plötzlich nicht mehr so furchteinflössend
aus. Viele ehemalige Phobiker schaffen sich sogar selbst eine Vogelspinne als Haustier an.
Am besten verhindert man aber, dass es überhaupt zu Arachnophobie kommt. Kindern sollte
kein falsches Bild vermittelt werden. Zeigt man ihnen, dass Spinnen sehr nützliche, interes-
sante und eigentlich harmlose Tiere sind, denen man mit Respekt, aber sicher nicht mit
Angst begegnen soll, werden diese Kinder meiner Meinung nach auch keine Angst vor ihnen
haben. In einer Welt voller Spinnen empfiehlt es sich nicht, diese zu fürchten.

Versuch - Spinnennetze konservieren

Während meinen Ausflügen zur Beobachtung von verschiedensten einheimischen Spinnen,
stachen mir immer wieder die kunstvollen Netze ins Auge. Nachdem der Morgennebel ver-
schwunden war und die Sonne etwas schien, leuchteten überall die mit Tautropfen besetz-
ten Spinnennetze auf. Besonders die „Hängematten-Netze“ der Baldachinspinnen, aber auch
die Radnetzte von Kreuzspinnen und Wespenspinnen waren ein regelrechter Blickfang. Of-
fenbar können Spinnen nicht nur Insekten fangen, sondern auch Blicke.

Abb. 4: Mehrere Netze der Baldachinspinne

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Abb. 5: Unteransicht des Netzes der Baldachinspinne

Ich war so fasziniert von diesem Anblick, dass ich mir überlegte, ob es nicht eine Möglichkeit
gäbe, diese Kunstwerke zu konservieren. Nach einigen Überlegungen, Recherchen und Ver-
suchen hatte ich tatsächlich eine geeignete Methode gefunden und werde diese hier nun
kurz vorstellen.

Um Spinnennetze einzufangen, benötigen wir folgende Materialien: Mehl, schwarzes Papier
oder schwarzen Karton, eine klebrige Flüssigkeit (ich habe Buttermilch verwendet), einen
Pinsel und Haarspray.

Als Nächstes suchen wir ein schönes Spinnennetz. Am besten eignen sich Radnetze, wie die
der Kreuzspinne, welche möglichst frei hängen. Diese lassen sich problemlos ablösen und
sehen auf dem schwarzen Papier-Hintergrund sehr interessant aus.

Beinahe unmöglich zu konservieren sind die Netze der Baldachinspinnen, weil sie tief im Di-
ckicht von Altgras verankert sind.

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Abb. 6: Netz der Baldachinspinne im hohen Gras

Das ausgesuchte Netz wird nun vorsichtig mit Mehl eingestäubt. Siehe Abbildung sieben.

Abb. 7: Ein geeignetes Netz wird mit Mehl eingestäubt

Nach dem Einstäuben, bepinseln wir das schwarze Papier oder den schwarzen Karton mit
Buttermilch. Mit dem noch feuchten Papier oder Karton, muss jetzt das vorbereitete Netz
eingefangen, beziehungsweise abgestreift werden. Mit etwas Übung und Geduld gelingt uns
das auch.

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Abb. 8: Beim Versuch das Netz mit dem Papier abzustreifen

Das Schwierigste beim Spinnennetz konservieren, ist das Abstreifen des Netzes mit dem
schwarzen Papier oder dem schwarzen Karton. Das mit Mehl überzogene Netz bleibt jetzt
am Buttermilch-Papier kleben. Nun lassen wir das Ganze ein wenig trocknen und besprühen
das Werk als letztes mit Haarspray. Dadurch wird unser Spinnen-Kunstwerk zusätzlich fixiert.

Abb. 9: Ausschnitt eines Spinnennetzes auf schwarzem Papier

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Abb. 10: Komplettes Spinnennetz mit Haarspray auf schwarzem Papier fixiert.

Ein interessanter Nebeneffekt des Netze fangens ist, dass wir die unglaubliche Vielfalt der
Spinnennetze kennen lernen. Wie zum Beispiel das Netz der Streckerspinne, das Netz der
Sektorenspinne, das Netz der Wespenspinne, das Netz der Baldachinspinne oder das Netz
der Kreuzspinne.

Abb. 11: Darstellung verschiedener Netze von einheimischen Spinnen

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Einheimische Spinnen

Kleine Spinne, grosse Sprünge (Salticus scenicus)

Wer sich vor Spinnen fürchtet, könnte versuchen, sich mit einer Zebraspringspinne (Slaticus
scenicus) anzufreunden. Diese kleinen Hüpfer machen nämlich keinen bedrohlichen, sondern
eher einen niedlichen Eindruck. Mit nur etwa einem halben Zentimeter Körpergrösse, acht
Beinen und acht Augen, haben sie ziemlich wenig mit einem Zebra gemein. Der Grund für
ihren deutschen Namen Zebraspringspinne ist das Muster aus schwarzen Querstreifen auf
ihrem, ansonsten weissen, Körper. Wie man unschwer an ihrem Namen erkennen kann, ge-
hört die Zebraspringspinne zur Familie der Springspinnen (Salticidae) und ist vor allem in
Mitteleuropa anzutreffen. Die kleine Spinne hat eine Vorliebe für warme, sonnige Plätze und
ist oft an, aber auch in Häusern anzutreffen. Pflanzenkübel, Zaunpfähle, Felsen, Hausmauern
und natürlich Fensterbänke sind beliebte Aufenthaltsorte der Zebraspringspinne.

Die flinken Hüpfer sind regelrechte Jäger und verfügen über einige ganz besonders prakti-
sche Fähigkeiten, um ihre Beute zu erlegen. Als Erstes währen da ihre Augen. Wie die meis-
ten Spinnen besitzt auch die Zebraspringspinne acht Augen. Im Vergleich zu den meisten
anderen Spinnen kann sie damit aber auch wirklich viel anfangen. Rein optisch können sie
zwischen Partnern, Beute oder Konkurrenten unterscheiden. Auffallend sind die übergrossen
Mittelaugen. Diese ermöglichen es der kleinen Spinne sowohl farbig, als auch dreidimensio-
nal zu sehen. Die zusätzlichen sechs Seitenaugen verleihen dem gestreiften Räuber ein Blick-
feld von 360 Grad. Allerdings kann sie mit den Seitenaugen nur verschwommen Bewegungen
in ihrer Nähe wahrnehmen. Die Seitenaugen sind also nicht so stark wie die grossen Mitte-
laugen, welche unter anderem beim Beutefang eine zentrale Rolle spielen. Mit ihnen kann
die Zebraspringspinne nämlich nicht nur Objekte scharf sehen, sondern auch die Distanz da-
zu genau abschätzen. Ihre Augen funktionieren wie Ferngläser. Anstatt wie wir Menschen
die Augen zu bewegen, können Zebraspringspinnen die Brennweite ihrer Augen verändern.
Je nachdem wie sehr sie die Brennweite verändern muss, um ein scharfes Bild zu erhalten,
weiss die Zebraspringspinne, wie weit etwas von ihr entfernt ist. Eine überaus bemerkens-
werte und lebenswichtige Fähigkeit, da Springspinnen ihre Beute anspringen um sie zu
überwältigen, weshalb sie genau wissen muss, in welcher Entfernung sich ihre Mahlzeit zu
ihr befindet. Die Sehkraft der kleinen Spinne lässt sich mit einem einfachen Experiment zei-

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gen. Dazu muss man sich der Springspinne lediglich langsam mit dem Zeigefinger nähern.
Egal von welcher Seite man das tut, die Zebraspringspinne nimmt die Bewegung im Abstand
von einigen Zentimetern wahr, dreht sich dem Finger zu und fixiert ihn mit ihren grossen
Mittelaugen.

Zu den Fähigkeiten welche die Zebraspringspinne zu einem guten Jäger machen, zählt natür-
lich auch das Klettern. Die kleinen Hüpfer sind ausgezeichnete Kletterer und finden selbst an
glatten Oberflächen wie Fensterscheiben und Hauswänden problemlos Halt. Selbst überhän-
gende Glasplatten stellen kein Hindernis dar. Grund für diesen guten Halt sind die auf Seite
sieben erwähnten Kletterhaare oder auch Scopulahaare genannt. Während einige Spinnen,
wie zum Beispiel die Hauswinkelspinnen nicht an der glatten Wand einer Badewanne hoch-
klettern könnten, erklimmen die viel kleineren Springspinnen diese Hürde spielend.

Zu guter Letzt darf natürlich auch die Fähigkeit zu springen in der Liste ihrer Talente nicht
fehlen. Während andere Spinnen Netze bauen, in denen sich ihre Beute verfängt, lauern die
kleinen Jäger ihren Opfern auf, springen diese dann blitzschnell an, umklammern sie mit ih-
ren Beinen und töten sie mit einem Giftbiss, der für Menschen allerdings vollkommen unge-
fährlich wäre. Ihre Beute besteht aus Insekten, wie zum Beispiel Fliegen, Mücken oder Amei-
sen, aber auch andere Spinnen können ab und zu auf der Speisekarte stehen. Obwohl die
gestreiften Spinnen nicht gerade die grössten sind, können sie Sprünge machen, die etwa
das 20-fache ihrer Körpergrösse betragen. Bei solchen Kunststücken ist es natürlich gut, dass
sie mithilfe ihrer Augen die Distanz zu ihrem Ziel genau abschätzen können. Sollten sich die
kleinen, flinken Hüpfer dann doch einmal „verrechnen“, sind sie durch eine Sicherheitsleine
geschützt. Wie ein Bergsteiger sichern sie sich vor einem Sprung mit einem Faden aus Spin-
nenseide und verhindern so, dass sie versehentlich abstürzen. Das lässt sich übrigens ganz
einfach beobachten. Hat man eine Springspinne entdeckt, kann man sie mit dem Finger vor
sich hertreiben, bis sie beispielsweise von einer Tischkante herunter springt. Anstatt aber auf
dem Boden aufzuprallen, lässt sich die Springspinne lieber an ihrem Sicherungsfaden bau-
meln.

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Abb. 12: Zeichnung einer Zebraspringspinne im Sprung

Ihre Spinnenseide verwendet die Zebraspringspinne nebst der Herstellung von Sicherungsfä-
den auch noch für einen Kokon, in welchen sie ihre Eier legt. Die Paarung der Zebraspring-
spinnen erfolgt etwa von Mai bis August. Interessant sind zu dieser Zeit die Begegnungen
zwischen zwei Männchen, aber auch die Paarungstänze welche die Männchen für die Weib-
chen aufführen. Die männlichen Zebraspringspinnen sind leicht an ihren sehr grossen Cheli-
ceren (Giftklauen) zu erkennen, mit denen sie sich bei einer Begegnung regelrechte Ring-
kämpfe liefern, die jedoch meist ohne Verletzungen ausgehen. Treffen die Männchen hinge-
gen auf die weiblichen Zebraspringspinnen, führen sie einen Paarungstanz auf, bei dem sie
ihre Taster auf und ab bewegen. War dieser Tanz ein Erfolg, paaren sich die Spinnen, und das
Weibchen legt die Eier in den bereits erwähnten Kokon aus Spinnenseide. Die Jungen schlüp-
fen dann zwischen Juni und August.

Die kleine Spinne hat sogar schon Auszeichnungen gewonnen. 2005 wurde sie nämlich von
der Arachnologischen Gesellschaft zur „Spinne des Jahres“ gewählt.

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Die Wespenspinne (Argiope bruennichi)

Die Wespenspinne war einst vor allem im Mittelmeerraum verbreitet, lebt aber schon seit
einiger Zeit auch bei uns in der Schweiz und in Deutschland und dringt immer weiter nach
Norden vor. Diese Ausbreitung ihres Lebensraums ist eine Folge der langsamen klimatischen
Veränderung. Man findet die Wespenspinne sowohl an trockenen, als auch an feuchten
Standorten. Hauptsache, es gibt viel Sonnenlicht, und es ist angenehm warm. Die Beine der
Wespenspinne sind braun-schwarz geringelt. Der Vorderleib wird von silbrig-weissen Haaren
bedeckt. Ihren Namen verdankt die Wespenspinne dem gelb-schwarz-weissen Streifenmus-
ter auf ihrem Hinterleib, das demjenigen einer Wespe gleicht. Manchmal nennt man sie aber
auch Zebraspinne oder Tigerspinne. Diese Namen treffen vor allem auf die auffälligen und
unverwechselbaren Weibchen zu, da das Muster bei den eher hellbraunen Männchen viel
undeutlicher oder beinahe nicht zu sehen ist. Während die Männchen nur etwa vier bis
sechs Millimeter gross werden, können die Weibchen eine Körpergrösse von 20 bis 25 Milli-
meter erreichen.

Abb. 13 und 14 : Zwei Wespenspinnen in ihrem Netz

Die Wespenspinne gehört zur Familie der Radnetzspinnen (Araneidae). Wie auch die ande-
ren Spinnen dieser Familie, erstellt die Wespenspinne ein radförmiges Netz, mit dem sie ihre
Beute fängt. Die Netze befinden sich in Bodennähe und es landen somit auch immer wieder
Heuschrecken darin, welche die Hauptnahrung der Wespenspinnen darstellen. Sind diese
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nicht zahlreich vorhanden, wird man meistens auch keine Wespenspinnen antreffen. Das
radförmige Netz unterscheidet sich ein wenig von dem der Kreuzspinne, die eine enge Ver-
wandte der Wespenspinne ist. Die farbenprächtige Spinne verziert ihr Netz nämlich meist
mit einem typischen, dichten weissen Gespinst. Darüber und darunter befindet sich ein zick-
zackförmiges Muster. Das Ganze wird Stabiliment genannt.

Abb. 15 und 16: Vorder- und Rückansicht des Stabiliments

Meistens verläuft dieses Zickzack-Muster von oben nach unten. Es wurden aber auch schon
kreisförmige Anordnungen des Stabiliments beobachtet, sowie Netze ohne das
charakteristische Muster.

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Abb. 17: Kreisförmige Anordnung des Stabiliments

Wespenspinnen können ihr Netz jederzeit erneuern. Häufig kann man früh Morgens
miterleben, wie sie ihr Netz neu machen, wobei das alte aufgefressen wird. In den frühen
Morgenstunden konnte ich ausserdem beobachten, wie sich die Wespenspinnen zuerst
säubern. Sie putzen jedes ihrer acht Beine, damit diese voll einsatzfähig sind und jede noch
so kleine Schwingung wahrnehmen können. Oft streichen sie mit ihren Beinen auch über
ihren Hinterleib, auf dessen feinen Härchen sich Tautropfen befinden, welche die
Wespenspinnen trinken um nicht auszutrocknen. Flüssigkeit erhalten sie nämlich sonst nur
durch das Erbeuten und Aussaugen von Insekten.

Aber zurück zum Netz und dem Stabiliment: Die Funktion des Stabiliments ist bis heute noch
nicht wirklich geklärt. Zunächst schrieb man dem zickzackförmigen Gespinnst eine
stabilisierende Wirkung für das Netz zu und nannte es daher Stabiliment. Heute vermutet
man dahinter eher eine raffinierte Tarnmethode. Die Wespenspinne, die normalerweise auf
ihrer weissen Gespinstscheibe sitzt, versetzt bei Gefahr nämlich das ganze Netz in
Schwingung. Die weisse Gespinstfläche mit dem Zickzack-Muster lässt die gestreifte
Wespenspinne verschwimmen und macht es Angreifern, wie zum Beispiel Vögeln, schwer,
diese zu lokalisieren.

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Wie fast alle Spinnen, sind auch die Wespenspinnen giftig. Allerdings gibt es weltweit nur
wenige Spinnenarten, deren Biss für den Menschen gefährlich werden kann. So auch bei den
Wespenspinnen. Ihr Gift ist für den Menschen ungefährlich und normalerweise schaffen sie
es nicht einmal, die menschliche Haut mit ihren Giftklauen zu durchdringen. Sollte ein
solcher Fall trotzdem einmal eintreffen, fühlt sich ihr Biss ähnlich wie ein Bienenstich an.
Wespenspinnen beissen aber nur zu, um sich selbst zu verteidigen.

Bereits zwischen Juli und August erreichen die Männchen die Geschlechtsreife und somit
etwas   früher   als   die   Weibchen,    welche    erst   zwischen   August    und   Oktober
fortpflanzungsfähig sind. Zur Paarung nähern sich die Männchen der Netzmitte und zupfen
dabei immer wieder mit den Beinen am Netz. So erkennt das Weibchen, dass es sich um
einen paarungsbereiten Partner handelt und wird äusserst passiv. Sie hebt nur den Körper
etwas an, sodass das Männchen in diesen Zwischenraum von Netz und Weibchen kriechen
kann, um es zu befruchten. Dabei lebt das Männchen sehr gefährlich, denn die Liebe seiner
Partnerin geht meistens durch den Magen. Der Akt dauert nur wenige Sekunden, und
meistens erwacht das Weibchen aus seiner vorübergehenden Passivität und spinnt das
Männchen ein. Nur wenigen gelingt die Flucht, allerdings verlieren sie dabei nicht selten
einige Beine.

Anfangs September beginnt das Weibchen mit der Eiablage. Dazu kreiert sie zunächst einen
ballonartigen Eikokon. Bevor sie diesen aber ganz verschliesst, presst sie zwischen 300 und
400 Eier hinein und umhüllt diese mit Seide. Der Kokon schütz vor Feinden, isoliert gegen
Kälte und reguliert die Feuchtigkeit im Innern. Zum Bau des Kokons legt die Wespenspinne
als Erstes ein Maschengewebe inmitten der Gräser an. Darin entsteht nach und nach eine
Gespinstplatte, an die sie einen Sockel, ebenfalls aus Seide, anbaut. In diesen Sockel, welcher
eine kleine Vertiefung besitzt, drückt sie dann die Eier. Die ganze Eimasse wird sofort mit
einer ersten Schicht von weissen Fäden überzogen. Auf diese Schicht folgt eine dicke,
wattenartige Seidenschicht von dunkelbrauner Farbe, und zum Schluss noch einmal eine
dritte Lage dieser braunen bis grünlichen Seide. Bestens geschützt und in der langsam braun
werdenden Umgebung gut getarnt, hängt der Eikokon zwischen den hohen Gräsern. Bis zu
drei Stück dieser Kokons kann eine Wespenspinne anlegen.

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Abb. 18 und 19: Kokon der Wespenspinne

Nachdem die Eier im Kokon verstaut sind, stirbt die weibliche Wespenspinne relativ bald. Die
Jungspinnen schlüpfen noch vor dem Winter, bleiben jedoch bis im Frühjar im schützenden
Kokon. Nachdem sie sich aus dem Kokon befreit haben, entwickeln sie sich ziemlich schnell
zu erwachsenen Wespenspinnen, da sie nur ein Jahr leben. Um uns die etwas exotische und
schöne Wespenspinne ein wenig näher zu bringen, wurde sie 2001 von der
Arachnologischen Gesellschaft ebenfalls zur „Spinne des Jahres“ gewählt.

Die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus)

Die wohl bekannteste unserer Spinnen ist die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus).
Natürlich wurde auch sie schon zur „Spinne des Jahres“ gewählt und zwar 2010. Wie die
Wespenspinne gehört sie zur Familie der Radnetzspinnen. Das heisst, dass auch sie ein
kunstvolles Radnetz webt um ihre Beute einzufangen.

Die Gartenkreuzspinne ist leicht zu erkennen. Wie es ihr Name vermuten lässt, trägt sie
nämlich ein weisses, kreuzförmiges Muster aus mehreren Flecken auf dem Hinterleib.

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Abb. 20 und 21: Kreuzmuster zweier verschiedener Gartenkreuzspinnen

Wie ich beobachten konnte, ist die Färbung der Gartenkreuzspinnen sehr unterschiedlich
und kann je nach Alter sogar variieren. Bei einigen ist die Kreuzzeichnung nur undeutlich zu
erkennen. Die Färbungen gehen von gelblich über rötlich bis zu grau oder fast schon weiss.

Abb. 22 und 23: Unterschiedliche Färbung zweier Gartnekreuzspinnen

Auch bei den Gartenkreuzspinnen sind die Männchen mit lediglich 10 Milimetern um einiges
kleiner als die Weibchen, die bis zu 18 Milimeter gross werden können und somit zu den
grössten einheimischen Spinnen gehören. Die weiblichen Gartenkreuzspinnen besitzen einen
weitaus grösseren Hinterleib und sind deshalb einfacher zu entdecken. Das charakteristische
Kreuzmuster besitzen allerdings auch die Männchen.

Die Gartenkreuzspinne findet man in ganz Mitteleuropa, und wie es ihr Name schon sagt, ist
sie unter anderem in unseren Gärten anzutreffen. Aber auch in Wiesen, an Waldrändern,

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Sträuchern und Büschen findet man sie. Die Gartenkreuzspinne hält sich tagsüber
normalerweise im Netzzentrum auf. Bei schlechtem Wetter verkriecht sie sich meistens in
einem Unterschlupf am Rand des Netzes, wie etwa die Unterseite eines Blattes oder etwas
Ähnliches. Das Radnetz der Kreuzspinne besteht aus verschiedenen Elementen, denn die
Gartenkreuzspinne ist mit ihren vielen Spinndrüsen in der Lage verschiedene Fäden zu
produzieren.

Abb. 24: Schematische Darstellung des Radnetzes einer Kreuzspinne

Es besitzt einen Rahmenfaden, Spannseile, Speichen, die Fangspirale und die Nabe. Die
Spannseile bilden das Grundgerüst. An ihnen wird der Rahmenfaden angebracht von
welchem aus Speichen ins Netzzentrum gezogen werden. In der Mitte des Netzes, dort wo
alle Fäden zusammenlaufen, befindet sich die Nabe. Die Speichen werden mit Fangfäden
verbunden, so dass eine spiralförmige Fangfläche entsteht, welche auch Fangspirale genannt
wird. Die Fangspirale ist mit Klebtröpfchen bedeckt. Gerät ein Insekt in diesen Bereich, bleibt
es sofort kleben. Wie ich bei einigen Spinnennetz-Experimenten bemerkt habe, kann man
die klebrigen Fäden sogar sichtbar machen. Sprüht man das Netz einer Kreuzspinne mit

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Wasser ein, kann man erkennen, welche Fäden kleben und welche nicht. Die Wassertropfen
bleiben nämlich vor allem an der Fangspirale hängen.

Abb. 25: Ausschnitt von einem Netz der Kreuzspinne mit Wassertropfen auf der Fangspirale

Ihr Netz erneuert die fleissige Spinne übrigens nach einigen Tagen. In der Natur wird nichts
weggeworfen, das man noch verwenden kann. Deshalb recycelt die Gartenkreuzspinne ihr
altes Netz indem sie es auffrisst und baut danach ein neues.

Verfängt sich ein Insekt in der Fangspirale, eilt die Gartenkreuzspinne sofort herbei, beisst
mit ihren Giftklauen zu und wickelt die Beute schnell ein. Druch ihren Biss wird das Innere
ihrer Beute zersetzt, und ihr Opfer verwandelt sich, während es ausgesogen wird, nach und
nach in einen schwarzen Klumpen.

Abb. 26: Gartenkreuzspinne mit zersetzter Beute

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Für den Menschen ist ihr Biss aber völlig ungefährlich. Einerseits kann sie die Haut höchstens
an den dünnsten Stellen durchdringen und andererseits ist ihr Gift für uns vollkommen
harmlos.

Die Kreuzspinne, aber auch die anderen Spinnenarten, haben Feinde. Nicht immer machen
Spinnen Jagd auf Insekten, sondern manchmal gibt es eben auch Insekten, die Jagd auf
Spinnen machen. Ein solches Insekt, das sich auf Spinnen als Beute spezialisiert hat, sind die
Wegwespen (Pompilidae). Die Spinnen werden von den Wespen durch einen Stich gelähmt.
Anschliessend schleppen die Wespen ihre Beute zu einem möglichst hoch gelegenen Punkt,
da sie mit der zusätzlichen Last nicht ohne Probleme fliegen können. Sind sie mit ihrer
Spinne an so einem Punkt angekommen, springen sie ab und fliegen so weit wie möglich, bis
sie schliesslich ihre kleine Höhle, welche sie im Sand oder lockeren Untergrund angelget
haben, erreichen.

Abb. 27: Wegwespe mit gelähmter Spinne       Abb. 28: Höhle einer Wegwespe

Die Spinne wird in die Höhle gezogen, und die Wespe legt ein Ei auf ihr Opfer. Danach
verschliesst sie die Höhle wieder. Die Spinne dient nun dem Nachwuchs der Wespe als
Nahrung.

Aber zurück zur Kreuzspinne. Die Paarungszeit der Gartenkreuzspinnen beginnt im August.
Die Männchen nähern sich dem Netz des Weibchens und spinnen einen speziellen
Wewerbungsfaden, der mit dem Netz ihrer Angebeteten verbunden ist. Da Kreuzspinnen

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nicht sonderlich gut sehen können, müssen sich die Männchen etwas einfallen lassen, um als
Partner und nicht als Beute erkannt zu werden. Dazu zupfen sie in einem speziellen
Rhythmus an ihrem Werbungsfaden. Das Weibchen erkennt die Absichten des Männchens
und kommt ihm entgegen, falls es ebenfalls zur Paarung bereit ist. Diese dauert dann jedoch
nur wenige Sekunden. Auch bei den Gartenkreuzspinnen kann es passieren, dass das
Männchen während der Paarung verspeist wird, allerdings kommt das viel weniger häufig als
bei den Wespenspinnen vor. Normalerweise trennen sich die Kreuzspinnen nach der
Paarung friedlich. Im Herbst werden die Eier in gelblichen Kokons verstaut, damit sie den
Winter überstehen. Das Weibchen stirbt schon bald nach der Eiablage. Den ganzen Winter
über bleiben die Jungen in ihren Eiern umgeben vom schützenden Kokon, und schlüpfen
schliesslich zwischen April und Mai. Anfangs ballen sich alle Jungspinnen zu einem Haufen
zusammen. Bei Gefahr stieben sie in alle Richtungen davon, was es Fressfeinden schwierig
macht, die kleinen Spinnen zu erwischen. Bis zum nächsten Winter häuten sie sich,
mehrmals um zu wachsen. Die Fähigkeit Netze zu bauen, tragen sie schon in sich und
müssen diese nicht erst noch lernen. Anfangs sind ihre Netze aber noch viel kleiner. Im
Winter sind die jungen Spinnen aber noch nicht geschlechtsreif, weshalb sie noch einmal
überwintern müssen. Diesmal jedoch ohne den schützenden Kokon, welcher sie im
vorherigen Winter umgab. Da Spinnen wechselwarme Tiere sind, passen sie ihre
Körpertemperatur der Umgebungstemperatur an. Um nicht zu erfrieren, suchen sich die
Kreuzspinnen Schlupfwinkel. Sie verkriechen sich unter Baumrinden, unter dem Laub oder
im Boden und fallen in eine Winterstarre. Sie reduzieren ihren Stoffwechsel um möglichst
wenig Energie zu verschwenden und nicht auszutrocknen. Zudem enthält ihr Blut eine Art
Frostschutzmittel in Form von Glyzerin, womit die Kreuzspinnen sogar starke
Minustemperaturen überleben. Im nächsten Frühjahr erwachen sie aus ihrer Starre und sind
schliesslich im August geschlechtsreif, womit der Zyklus wieder von Neuem beginnt.
Gartenkreuzspinnen werden also etwa eineinhalb Jahre alt.

Die Grosse Winkelspinne (Tegenaria atrica)

Der berühmt-berüchtigten grossen Winkelspinne ist wahrscheinlich schon jeder einmal im
Haus begegnet. Aus diesem Grund wird sie auch einfach Hausspinne oder Hauswinkelspinne
genannt. Ihre Grösse erhält sie vorallem durch ihre langen Beine. Die Männchen erreichen
eine Körperlänge von etwa 14 Milimetern und die Weibchen sogar 18-20 Milimeter. Die
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grosse Winkelspinne ist der fleisch gewordene Albtraum eines jeden Spinnenangsthasen. Mit
ihren langen, haarigen Beinen die eine Spannweite von 60 bis 70 Milimeter haben können,
ihrer beachtlichen Schnelligkeit, der dunkelbraunen bis beinahe schwarzen Körperfärbung
und ihrer Vorliebe für geschützte Orte, wie zum Beispiel Häuser, flösst sie vielen Menschen
grosse Angst ein. Nicht selten fallen die unschuldigen Spinnen deshalb einem Staubsauger
zum Opfer. Dabei sind sie völlig harmlos und gleichzeitig nützliche Insektenfresser. Auch die
Arachnologische Gesellschaft sah das so und wählte die Grosse Winkelspinne 2008 zur
„Spinne des Jahres“, um ihr schlechtes Image ein wenig aufzupolieren und Vorurteile zu
beseitigen. Menschen passen so gar nicht in ihr Beute-Schema, und die grosse Winkelspinne
spart ihr kostbares Gift lieber für ihre wirkliche Beute auf, anstatt es an einem Menschen zu
verschwenden, bei dem es sowiso keine Wirkung zeigen würde. Sie ernährt sich von allen
möglichen Insekten die ihr ins Netz geraten, aber auch Asseln stehen auf ihrem Speiseplan.
Wie gesagt hält sie sich gerne in Häusern auf, versucht jedoch den Menschen möglichst aus
dem Weg zu gehen. Ihre Netze spannt sie deshalb in dunkeln Ecken, hinter oder unter
Möbeln, in Kellern, Scheunen und an anderen Orten, an denen sie weitgehend ungestört
leben kann. Sie ist aber auch ausserhalb der Behausungen von Menschen zu finden.
Zwischen Felsspalten, in Höhlen oder an schattigen Mauern kann man sie ebenfalls
antreffen. Überall dort, wo sie einen geschützten, trockenen und schattigen Platz findet,
fühlt sie sich wohl. Die grosse Winkelspinne ist keine Radnetzspinne, sondern gehört zu den
Trichternetzspinnen (Agelenidae). Das Trichternetz der grossen Winkelspinne besteht aus
einer trichterförmigen Wohnhöhle, an die eine mehrlagige Netzfläche zum Beutefang
anschliesst. Die Spinne hält sich die meiste Zeit in ihrem Trichter auf, der ihr als Unterschlupf
dient. Verirrt sich ein Insekt oder eine Assel in ihr Nezt, schnellt sie blitzschnell aus ihrer
Wohnhöhle und beisst zu. Je nach Grösse der Beute ist sie etwas vorsichtiger oder beisst
mehrmals zu. Manchmal wartet sie auch ein wenig bis die Wirkung ihres Gifts einsetzt, bevor
sie ihr Opfer entgültig packt und schnell in ihren Trichter schleppt, um es zu verspeisen.
Dieses Verhalten konnte ich schon sehr oft bei meiner Grossen Winkelspinne beobachten,
die im Hohlraum unter dem Türvorleger lebte und auf Seite zwei erwähnt wird.

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