Feinstaub und Gesundheit: Kleine Teilchen mit großer Wirkung - 08.09.2014 Dr. Alexandra Schneider Helmholtz Zentrum München - Deutsches ...

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Feinstaub und Gesundheit: Kleine Teilchen mit großer Wirkung - 08.09.2014 Dr. Alexandra Schneider Helmholtz Zentrum München - Deutsches ...
(Brook et al. 2004)

Feinstaub und Gesundheit:
Kleine Teilchen mit großer Wirkung
08.09.2014
Dr. Alexandra Schneider

Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und
Umwelt GmbH, Institut für Epidemiologie II, Neuherberg
Feinstaub und Gesundheit: Kleine Teilchen mit großer Wirkung - 08.09.2014 Dr. Alexandra Schneider Helmholtz Zentrum München - Deutsches ...
Luftschadstoffe – ein dauerhaftes Problem

                                                 Peking, Beginn des 21. Jhd.
    London, Mitte des 20. Jhd.
WHO (2012): Weltweit 3.7 Mio. vorzeitige Sterbefälle durch
              Außenluftschadstoffe (*)
Im Vergleich: - Rauchen: 6 Mio.
              - Alkoholmissbrauch: 3.3 Mio.
                                 *80% Ischämische Herzkrankheiten, Schlaganfall
                                  14% COPD
                                   6% Lungenkrebs
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Luftschadstoffe – Gase und Feinstaub

 Schwefeldioxid (SO2)
 Stickstoffoxide (NO, NO2)
 Kohlenmonoxid (CO)
 Ozon (O3)
 Feinstaub
  (Partikelmasse
  ∅ < 10 µm; PM10)

 PM10: Bisher wichtigster
        Schadstoff für die
        Gesundheit laut WHO
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Zusammensetzung der Umweltpartikel

 Rußpartikel
 Volatile organische
  Kohlenwasserstoffe
 Metalle
 Anorganische Salze:
  Ammoniumnitrat
  Ammoniumsulfat
 Bodenpartikel
 Biologische Materialien
 ……
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Umweltpartikel

                          Feinstaub:

Giftstoffe                PM10: ∅ < 10 µm (Masse)

Metalle                   Feine Partikel:

Sekundäre Sulfate
                          PM2.5: ∅ < 2.5 µm (Masse)
und Nitrate
                          Ultrafeine Partikel (Nanopartikel):
Organische Kohlenstoff-
komponenten               UFP: ∅ < 0.1 µm (Anzahl)
                                  (=100 nm)
Kern aus elementarem
Kohlenstoff               Dichte

                          Form (Oberfläche)

                          Chemische Zusammensetzung
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Ultrafeine Partikel sind klein…..

Ein ultrafeines Partikel verhält sich zu einem Fußball …..

                                ….. wie ein Fußball zur Erde.
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Welche Komponenten im Feinstaub sind
                       gefährlich?
           100

                  20%                        Verbrennungsprodukte aus:
            90
                  hoch                       - Kfz-Emissionen (v.a. Dieselfahrzeuge)
            80
                 toxisch                     - Industrie
            70
                                             - Hausbrand

            60
                                             - Aufgewirbelter Staub
PM10 (%)

            50                               - Reifenabrieb
            40    80%                        - Biologische Materialien
                 wenig                       - Staub aus Ferntransport
            30
                 toxisch
            20                               Diese Anteile sind weit weniger
                                             riskant, machen aber 70% - 80%
            10
                                             von PM10 aus.
             0
                           ohne Umweltzone                     mit Umweltzone
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Beispiel EU: Jährliche mittlere
                         PM2.5-Konzentrationen

                                              *
WHO Air
quality
guidelines,
März 2014

  *U.S. Environmental Protection Agency National Ambient Air Quality Standard

                                                                      Eeftens et al. 2012
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Partikeldeposition im Atemtrakt
                und Translokation

Partikel bzw. Partikelkomponenten können von der Lunge in den Blutkreislauf und von
dort in alle Organe gelangen.

                                                 Nach Kreyling et al. 2005
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Gesundheitseffekte von
        Luftschadstoffen
          Inhalation von Außenluftpartikeln

                               Systemische Effekte
Lokale Effekte
                               Akute-Phase-Proteine
Inflammation
                                     Zytokine

   Asthma                           Ischämie
  Bronchitis                       Arrhythmien
Pyramide der Gesundheitsauswirkungen
                                        von Luftschadstoffen
Zunehmede Schwere der Effekte

                                                      Mortalität

                                             Krankenhauseinweisungen

                                            Aufsuchen der Notaufnahme

                                         Vermehrte Medikamenteneinnahme

                                   Auftreten oder Verstärkung von respiratorischen
                                    Symptomen (z.B. schlechte Lungenfunktion)
                                         und/oder Herzkreislauferkrankungen

                                Symptome ohne Krankheitswert bei gesunden Personen

                                              Anteil der Bevölkerung
Organe, für die Gesundheitseffekte
            nachgewiesen wurden:

                                       Gehirn
                          Lunge

                                            Herz

▪ Metabolic disorders   Stoffwechsel
▪ Diabetes                                           Changes in repolarisation
▪ Liver Disorders

                 Gefäßsystem               Fortpflanzungsorgane

                                                   Nach Rückerl et al. 2011
Studien zu Langzeiteffekten von
      Luftschadstoffen (Kohortenstudien)
  Zusammenhang zwischen dem jährlichen Mittel in der
  Luftschadstoffbelastung und (ursachenspezifischer) Morbidität
  und Mortalität

Beispiele:

American Cancer Society (ACS) Study
     (Pope et al. 1995, 2002; Krewski et al. 2000, 2009)

Harvard Six Cities Study (HSC) and follow-up
     (Dockery et al. 1993; Laden et al. 2006)

Netherlands Cohort Study on Diet and Cancer (NCLS) and follow-up (NCLS-AIR)
     (Hoek et al. 2002; Beelen et al. 2008, Brunekreef et al. 2009)

European Study of Cohorts for Air Pollution Effects (ESCAPE)
     (Raaschou-Nielsen et al. 2013; Beelen et al. 2014; Cesaroni et al. 2014)
Relative Risiken (RR) für Sterblichkeit assoziiert
  mit einer Erhöhung von PM2.5 um 10 µg/m³
   HSC: Harvard-Six-Cities Study ACS: American-Cancer-Society Study
   Todesursachen: Alle              Kardiopulmonal Lungenkrebs      Andere
                       30%

                       25%
        % Anstieg RR

                       20%

                       15%

                       10%

                        5%

                        0%

                       -5 %

                       -10%
                              HSC ACS   HSC ACS     HSC ACS         HSC ACS

                                                                 Dockery et al. (1993),
                                                                  Pope et al. (2002)
Verringerung der Lebenserwartung
   aufgrund anthropogener PM2.5 (Monate)
    2000                                  2020 (basierend auf EU-Regularien)

                                  Deutschland: 10 Monate!
EU-Durchschnitt 2000 vs. 2020:
- Lebenserwartung: Reduktion von 9 auf 6 Monate
- Jährlich 386.000 vorzeitige Sterbefälle – reduziert auf 251.000
- Jährlich 110.000 Krankenhauseinweisungen – reduziert auf 63.000

                                     Clean Air for Europe (CAFE) 2005
Verbesserte Luftqualität und längere
             Lebenserwartung (U.S.-Städte)

Lebenserwartung 1978–1982 vs. PM2.5 1979–1983       Lebenserwartung 1997–2001 vs. PM2.5 1999–2000

 Verringerung vom PM2.5 um 10µg/m³ (1980-2000) führt zu verlängerter
  Lebenserwartung (1980-1990) von im Mittel 0.61 (±0.20) Jahren.(*)

 Verbesserung der Luftqualität für 15% des gesamten Anstiegs der Lebenserwartung
  verantwortlich.
                                   *Adjustiert für sozioökonomische und
                                    demographische Variablen +            Pope et al. (2009)
                                    Prävalenz von Rauchen
Quantifizierung der Kosten gesundheitlicher
 Wirkungen von Feinstaub – Beispiel USA
                                 Health benefit from air pollution    Estimation for 2020
                                 regulation between 1996 and 2006
                                                                     • Größter geschätzter Benefit
                           600
                                                                       ALLER “Federal Regulations”
Amount ($ billions/year)

                           500   $63 to $430 billion                   ist der Reduktion eines
                                                                       einzelnen Luftschadstoffes
                           400                                         zuzuschreiben: PM2.5
                           300
                                                                    • Benefit basiert auf
                           200                                        Verminderung von:
                                                                     138
                                                                      - Krankenhauseinweisungen
                           100                   $25 to $28 billion   - Notaufnahmen
                                                                                    15
                                                                      - Fehltage Arbeit / Schule
                             0
                                                                      - Vorzeitige Sterbefälle
                                   Annual         Annual costs Benefit 2020 Costs 2020
                                   benefits
White House Office of Management and Budget (OMB): Report to Congress on the Costs and Benefits of Federal
Regulations 2007: http://www.whitehouse.gov/omb/inforeg/2007_cb/2007_draft_cb_report.pdf.
Studien zu Kurzzeiteffekten von
              Luftschadstoffen
    Zusammenhang zwischen einer kurzfristigen
    Luftschadstoffbelastung (z.B. Tag zu Tag Variation) und
    (ursachenspezifischer) Morbidität und Mortalität sowie
    anderer Größen, z.B. Medikamenteneinnahme,
    Blutparameter, EKG-Parameter

Beispiele:

National Morbidity, Mortality and Air Pollution Study (NMMAPS):
  90 largest cities in the US
  (Samet et al. 2000; Dominici et al. 2005)

Air Pollution and Health: a European Approach (APHEA-Study I+II):
   12 (I) and 29 (II) cities in Europe
   (Katsouyanni et al. 1997 and 2001)
APHEA II: Erhöhte Mortalität durch
                 Zunahme von 10µg/m3 PM10

             0,03

             0,02                                                            Osteuropa
                                                                             Eastern Europe
Anstieg RR

             0,01

             0,00

             -0,01       Südeuropa
                        Southern Europe

                                                  Nord-Westeuropa
                                                  North-Western Europe
             -0,02
                     at ba ma to mi ro ly pa tel . bas zu ge bi lo st he .. bu cr er tep pr ... fix ran
                                                                                              Meta-Analyse

                                                                        Katsouyanni et al. 2001
Aufenthalt im Verkehr und Herzinfarkt

•   Untersucht wurden nicht-tödliche                     Aufenthalt im Verkehr in den Stunden
    Herzinfarkte im Alter zwischen 25 und                vor dem Herzinfarkt (n=691)
    74 Jahren, basierend auf dem KORA
                                              12
    Herzinfarktregister in Augsburg
                                              10

•   Interview am Krankenbett aller Fälle      8

    zwischen 1999 und Mitte 2001              6

                                              4

                                              2

                                              0
                                                   -72             -48                  -24     0

                                                                 Stunden vor dem Herzinfarkt

•   Detaillierte Erfassung aller Aktvitäten
    während der 4 Tage vor dem
    Herzinfarkt

                                                                  Peters et al. 2004,
                                                                  Peters et al. 2005
Verkehrsexposition und
   Herzinfarkt eine Stunde später

                       Im              Autos          Öffentliche     Fahrräder
                                                      Verkehrs-
                     Verkehr                            mittel
 Odds Ratio              2.9                                                 3.9
                                         2.6              3.1
                       (2.7)*                                               (1.8)*
    95%
 Konfidenz-          2.2 – 3.8                                         2.1 – 7.2
                                      1.9 – 3.6       1.4 – 6.8
  intervall        (2.1 – 3.6)*                                       (0.9 – 3.6)*

*Adjustiert für Anstrengung, Aufenthalt im Freien und Aufstehen am Morgen
                                                         Peters et al. 2004,
                                                         Peters et al. 2005
Besonders empfindliche
                Lebensabschnitte
Gesundheitseffekte von Luftschadstoffen sind nicht immer gleich:

      Zeugung Schwangere /   Kinder   Chronisch   Ältere
              Föten                   Kranke
Einfluss individueller Charakteristika

 Genetische Faktoren                 Persönlichkeit
                                     Alter
     Ernährung
    Erkrankungen                     Körperliche Kondition / Fitness
                                     Geschlecht

                         Aus: „Basic Epidemiology“
                       von R. Beaglehole and R. Bonita
Urbanisierung

        Urbanisierung: „Gebaute Umwelt“

Luftqualität
Lärm                            Verhalten
Hitze/Kälte                     Lebensstil
Grünflächen                     Sozioökonomischer
Wasserflächen                   Kontext

           Gesundheit der Bevölkerung
              und jedes Einzelnen
Partikel treten über die Atemwege ein – doch
  ihre Effekte reichen weit darüber hinaus

                                   Blutgefäß

            Partikel

                Freisetzung von
                Mediatoren durch
                Makrophagen und
                Epithelzellen
        Verminderte
        Bewegung                      Partikel
                                      überwinden
                                      Epithelschranke
Zusammenfassung

• Es gibt eine große Anzahl von Gesundheitseffekten durch Feinstaub.
  Sie wurden in Langzeit- und Kurzzeitstudien beobachtet.

• Für die Gesundheit von Erwachsenen spielen die Effekte auf das
  Herz-Kreislaufsystem eine wichtige Rolle. Besonders Luftschadstoffe
  aus dem Straßenverkehr können sofortige Gesundheitseffekte
  zeigen.

• U. a. können chronische Erkrankungen (z.B. Diabetes) das Risiko
  noch erhöhen.

• Die Grenzwerte der EU sind nicht ausreichend, um vor negativen
  Auswirkungen auf die Gesundheit zu schützen.
  Und: Es gibt derzeit keinen Grenzwert für ultrafeine Partikel.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
             Fragen?

                   Dr. Alexandra Schneider
(Brook et al. 2004)

Feinstaub und Gesundheit:
Kleine Teilchen mit großer Wirkung
08.09.2014
Dr. Alexandra Schneider

Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und
Umwelt GmbH, Institut für Epidemiologie II, Neuherberg
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