Flexible Schienenfrästechnologie für den innerstädtischen Bereich - Linsinger
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FAHRWEG www.eurailpress.de/archiv/schienenfraesen Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für Rail Milling Department Linsinger / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2018. Flexible Schienenfrästechnologie für den innerstädtischen Bereich Die Anforderungen im innerstädtischen Nahverkehr verlangen nach einer flexibel einsetz- baren Instandhaltungslösung zur wirksamen Verlängerung der Schienenlebensdauer. PETER MOSER | RICHARD STOCK plastische Materialverformung der Schienen Toleranzen wiederherzustellen sowie sämtli- auf Profil- und Mikrostrukturebene, Verschleiß che Oberflächenfehler in einer Überfahrt zu der Schienen, Schlupfwellen bzw. Riffeln eliminieren (Abb. 1a). Da es sich hierbei um Die Senkung der Lebenszykluskosten (LCC) (Kombination aus plastischer Verformung und einen Rotationsschneidvorgang handelt, ent- des Fahrweges durch die Verlängerung der Verschleiß) sowie verschiedene Fehler, die sich stehen dabei nur Frässpäne (und kein Staub), Schienenlebensdauer ist ein Kernthema für unter dem Begriff Rollkontaktermüdung (RCF) welche zum späteren Recycling auf der Ma- viele Infrastrukturbesitzer. Eine optimierte zusammenfassen lassen. Zu solchen für den schine im Spänebunker zwischengelagert Schienenbearbeitungsstrategie kann maß- Nahverkehr typischen RCF-Defekten gehören werden. Als zweiter Schritt erfolgt im selben geblich zur Erreichung dieses Zieles bei- Head Checks (periodische Risse an der Fahr- Arbeitsgang die akustische Anpassung der tragen. Im innerstädtischen Nahverkehr ist kante), Spalling (Ausbrüche an der Fahrkante, Oberfläche mittels eines komplett eingehaus- aufgrund der geografischen, baulichen und hervorgerufen durch zusammengewachsene ten Umfangsschleifrades (Abb. 1b). Auch hier betrieblichen Rahmenbedingungen eine Head-Check-Risse) sowie Squats und squatar- werden sämtliche Prozessnebenprodukte auf flexible Lösung zur Bearbeitung der Schie- tige Defekte (auch genannt „Studs“ oder der Maschine zwischengelagert und zu einem nen erforderlich. Speziell für dieses Anwen- „Squat type defects“, V-förmige Risse an der späteren Zeitpunkt nach lokalen Vorgaben dungsszenario hat Linsinger ein flexibel Schienenoberfläche in Kombination mit Fahr- und Vorschriften entsorgt. In diesem Prozess- einsetzbares Fahrzeugkonzept entwickelt, spiegelverbreiterung und schalenförmigem schritt erfolgt nur mehr ein „Poliervorgang“ welches mithilfe der bewährten Linsinger Risswachstum unter der Oberfläche) [1–3]. Da- der Schienenoberfläche und er dient rein der Hochleistungsfrästechnologie beinahe rüber hinaus stellt die Lärmentwicklung durch Erzielung eines optimierten Oberflächenfi- unabhängig vom Ausgangszustand der den Eisenbahnverkehr eine weitere Heraus- nishs. Um sicherzustellen, dass sich keinerlei Schiene einen „Reset“ des Schienenzustan- forderung im urbanen Bereich dar. Singuläre Reste der Bearbeitung am Schienenkopf befin- des erzielen und somit entscheidend zur Gleisstörungen, wie Schleuderstellen, Schie- den, wird als letzter Prozessschritt der Schie- Verlängerung der Schienenlebensdauer nenstöße und fehlerhafte Schweißverbindun- nenkopf gebürstet (Abb 1c). beitragen kann. gen, können zu singulären Lärmquellen wer- Durch die flexibel anpassbare Bearbeitungstie- den und die oben angeführten Defekte, wie fe von 0,1 mm bis 5 mm auf der Fahrfläche und Schlupfwellen und Squats, können aufgrund 0,1 bis 7 mm an der Fahrkante eignet sich diese Herausforderungen im Nahverkehr ihres gehäuften und großräumigen Auftretens Hochleistungsfrästechnologie für alle gängi- Auch der innerstädtische Nahverkehr (Stra- (tw. in ganzen Bögen) zu breit gefächerten gen Instandhaltungsstrategien, wie präventi- ßenbahn, Stadtbahn und U-Bahn) kämpft mit Lärmbelästigungen für Anwohner führen. ve, zyklische oder korrektive Instandhaltung. den wachsenden Anforderungen an den Fahr- Da mithilfe der Linsinger Frästechnologie ein weg, hervorgerufen durch dichtere Fahrplan Flexible Frästechnologie sehr definierter Schienenzustand erzeugt wird intervalle, kontinuierlich stärker werdende Die Firma Linsinger aus Österreich beschäftigt (Fehlerfreiheit, engste Querprofiltoleranzen Fahrzeuge und gleichzeitig kürzer werdende sich seit den 1960er Jahren mit der stationä- von +/- 0,2 mm, geringste Längswelligkeit von Zeitfenster zur Instandhaltung durch erwei- ren Frästechnologie und hat Mitte der 1990er +/- 0,01 mm und Oberflächenrauheit von Ra terte Betriebszeiten. Die daraus resultierenden Jahre die erste mobile Schienenfräse auf den < 7 µm), eignet sich dieses Verfahren auch aus- Belastungen im Rad / Schiene-Kontakt führen Markt gebracht. Die Basis dieser Hochleis- gezeichnet für den Einstieg in eine zustands zu einer Reihe von Fehlererscheinungen, wie tungsfrästechnologie ist das Umfangsfräsen. Mit diesem Verfahren ist es möglich, durch ein in Schienenlängsrichtung arbeitendes Fräsrad das Quer- und Längsprofil innerhalb engster Abb. 1a: Umfangsfräsrad zur Reprofilierung Abb. 1b: Umfangsschleifeinheit zur Einstel- der Schiene und kompletten Entfernung von lung eines lärmoptimierten Oberflächenfini- Abb 1c: Rotierender Drahttopf zur nachträg Schienenfehlern shes lichen Reinigung der Schienenoberfläche 38 EI | JULI 2018
FAHRWEG Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für Rail Milling Department Linsinger / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2018. orientierte Instandhaltungsstrategie (oft auch als „predictive maintenance“ bezeichnet), wel- che gegenüber den bisher implementierten Strategien noch einmal Vorteile bezüglich Kos- teneffizienz und Schienenlebensdauer bringen kann. Speziell für den Nahverkehr im urbanen Bereich spielen Lärmbelastungen durch den Schienenverkehr eine große Rolle. Aufgrund des optimierten, hochqualitativen Oberflä- chenfinishes erzielt eine gefräste Schiene eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber kon- ventionellen Instandhaltungstechnologien (Abb. 2). Darüber hinaus ist die Lärmentwick- lung des Fräsprozesses selber deutlich gerin- ger im Vergleich zu einer Schienenbehandlung mit herkömmlicher Schleiftechnologie. Ebenso stellt diese Frästechnologie eine thermisch schonende Behandlung der Schienenoberflä- che dar. Oberflächennahe Materialumwandlun- gen („weiße Schichten“), wie sie beim konven- tionellen Schleifen auftreten können, werden so komplett vermieden. Das ist von besonderer Wichtigkeit, da weiße Schichten auf der Lauf- fläche der Schiene als Ausgangspunkt für neue Schäden, wie Squats und squatartige Defekte, dienen können. Die sensible Umwelt in den Städten erfordert modernste Technologien zur Emissionsminimierung während der Bearbei- Abb. 2: Schienenrest mit der Linsinger Hochleistungsfrästechnologie und Erzeugung eines tung. Auch zu diesem Thema kann die funken- perfekten Oberflächenfinishes und staubfreie Frästechnologie (innovative Absauglösungen sammeln 99,7 % aller Prozess emissionen) einen entscheidenden Beitrag leis- Speziell für den Bedarf im innerstädtischen auf einem normalen Bahnübergang oder ten. Natürlich lassen sich alle gängigen Vignol- Bereich wurde ein flexibel einsetzbares Fahr- einer ähnlich zugänglichen Stelle im Gleis- und Rillenschienentypen sowie Schienengüten zeugkonzept entwickelt, der Rail-Road-Truck netz eingegleist (und ausgegleist) werden. nach der jeweiligen Norm (EN 13674, EN 14811) SF02W-FS (Abb. 3). Die Überstellfahrten zwi- Natürlich sind Überstellungsfahrten auch als problemlos bearbeiten. Aber auch für zukünf- schen den Einsatzorten können auf der Stra- Schienenfahrzeug mit bis zu 45 km/h mög- tige Schienenentwicklungen (z. B. bainitische ße mit einer maximalen Geschwindigkeit von lich. Der Fräs-Truck ist mit je einer Fräs- und Schienen) bietet die Linsinger Technologie bis zu 80 km/h durchgeführt werden. Am Schleifeinheit pro Schienenstrang ausgerüs- noch ausreichend Bearbeitungsreserve. Einsatzort angekommen, kann das Fahrzeug tet und kann mit einer Überfahrt bis zu 1 mm Abb. 3: Rail-Road-Truck SF02W-FS (betrieben durch Linmag Australia Pty. Ltd) mit Werkstatt- und Ersatzteilcontainer bei einer Überstellfahrt in Australien EI | JULI 2018 39
FAHRWEG Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für Rail Milling Department Linsinger / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2018. Schienenmaterial in Schienenkopfmitte ab- tragen. An der Fahrkante sind gleichzeitig bis zu 5 mm Materialabtrag erzielbar, abhängig vom Verschleiß- und Schädigungszustand der Schienen. So wie jede andere Fräsma- schine kann auch dieser Maschinentyp für die Bearbeitung von normaler Strecke, Bahn- übergängen, aber auch Weichen herangezo- gen werden. Weichen können in je einer kon- tinuierlichen Überfahrt pro Schienenstrang (Hauptstrang, Zweigstrang) bearbeitet wer- den, ohne dass Gleisschaltmittel oder andere Komponenten der Weiche ausgebaut werden müssen. Abhängig von den Anforderungen kann der Truck auch mit Messtechnik ausge- rüstet werden, um das Längs- und Querprofil sowie die Rissfreiheit der Schiene mittels Wir- belstromtechnologie zu dokumentieren. Der Truck wird komplett mit Werkstatt und Ersatz- teilcontainer ausgeliefert und bildet somit eine autarke Einheit, die nahezu unabhängig von den lokalen Gegebenheiten beim jeweili- gen Kunden ist. Frästechnologie in Abb. 4: Squatartige Defekte in gehäuftem Auftreten auf der Fahrfläche der innerstädtischen Anwendung In Bonn werden seit mehreren Jahren diese flexibel einsetzbaren Fräs-Trucks zur Besei- tigung von Schienenfehlern eingesetzt. Das Augenmerk dabei liegt auf der Beseitigung dieser Schienenfehler, aber auch auf korrekti- ver Wiederherstellung eines Neuschienenzu- standes. In verschiedenen Gleisabschnitten der Stadtwerke Bonn kam es vermehrt zu massiertem Auftreten von squatartigen De- fekten (im Folgenden auch kurz als Squats bezeichnet, Abb. 4). Unter der typischen Eindellung und Verbreiterung der Fahrfläche breiteten sich die Risse in Richtung Fahrkan- te aus. In weiterer Folge kam es auch verein- zelt zu Materialausbrüchen (Abheben des „Squat-Deckels“) auf der Lauffläche. Neben starken Auswirkungen auf den Fahrkomfort der Fahrgäste kam es zu extremem Verschleiß Abb. 5a: Vormessung vor dem Schienenfräsen, Verschleißzustand der Schiene im Vergleich zum von Rad und Schiene sowie zur beschleunig- Referenzprofil klar erkennbar ten weiteren Ausbreitung von Squats. Eine genaue Analyse der betroffenen Streckenab- schnitte zeigte, dass diese Squat-Ketten spe- ziell in verschleißarmen, geraden Streckenab- schnitten auftraten. In der Literatur werden eine Reihe von Einflussfaktoren für die Aus- bildung von solch gehäuftem Auftreten von Squats genannt und oft ist es schwierig, die lokal wirkenden Faktoren im Nachhinein zu identifizieren [4 und 5]. Aufgrund der Tiefe und Häufigkeit der Schie- nenfehler wurde beschlossen, das Problem mithilfe des Rail-Road-Trucks SF02W-FS zu beheben, um einen vorzeitigen Ausbau der Schienen zu vermeiden. Abhängig von der Fehlertiefe wurde eine Mindestabtrag- tiefe von 1 mm definiert, da aufgrund der verschleißarmen Kontaktbedingungen ein natürliches „Ausfahren“ der Fehler nicht zu Abb. 5b: Hochpräzise Übereinstimmung zwischen Soll- und Zielprofil nach dem Schienenfräsen erwarten war. In einer bis stellenweise drei in nur einer Überfahrt Überfahrten wurde das Zielprofil hochprä- 40 EI | JULI 2018
FAHRWEG Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für Rail Milling Department Linsinger / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2018. Abb. 6: Vergleich des Längsprofils vor und nach dem Fräsen. Ausgangszustand: Schlupfwellen mit einer Amplitude von bis zu 0,35 mm und 12,67 % der Messwerte außerhalb des Toleranzbandes von +/- 0,03 mm. Nach dem Fräsen: nurmehr 0,09 % der Messwerte knapp außerhalb des Toleranzbandes zise wiederhergestellt (Abb. 5a und b) und Sperrpausen für die Bearbeitung optimal günstige und effiziente Weise, diesen „Reset“ sämtliche Squat-Defekte sowie anderer und effizient genutzt werden konnten. des Schienenzustandes durchzuführen und RCF-Fehler, wie Head Checks oder Schlupf- vermeidet somit einen vorzeitigen Ausbau wellen, zu 100 % entfernt. Es wurde bewusst Wiederherstellung von Schienen. Damit leistet diese innovative der Materialabtrag etwas tiefer gewählt, des Neuschienenzustandes Technologie einen wesentlichen Beitrag zur um sicherzustellen, dass auch eine eventu- Um eine nachhaltige Verbesserung der Schä- Senkung der Fahrweglebenszykluskosten ell geschädigte Mikrostruktur direkt unter digungssituation zu erhalten, ist es von zen- durch Optimierung der Schienenlebensdau- den Rissen / Defekten entfernt und so zur traler Bedeutung, die Störstellen und Fehler er. zukünftigen Squat-Prävention beigetragen auf der Schienenoberfläche komplett entfer- QUELLEN wird. Durch den Einsatz der Hochleistungs- nen zu können. Dabei ist es besonders wich- [1] Grassie, S. L.: Traction, curving and surface damage of rails, Part 2: Rail damage, in: Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Part F: frästechnologie konnte eine signifikante tig, nicht nur an der Oberfläche zu „kratzen“, Journal of Rail and Rapid Transit. Vol 226, Issue 3, 2012, S. 235-242 Verbesserung des Fahrkomforts erzielt wer- sondern das geschädigte Schienenmaterial [2] Grassie, S. L.: Rail corrugation: Characteristics, causes, and treatments, in: den, was auch durch entsprechende Rück- inklusive der geschädigten / verformten Mi Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Part F: Journal of Rail and Rapid Transit. Vol 223, Issue 6, 2009, S. 581-596 meldungen der Kunden festgehalten und krostruktur zu entfernen und auch gleichzei- [3] Grassie, S. L.: Studs and Squats: the evolving story, in: Wear Volumes honoriert wurde Abb. 6 zeigt eine Messung tig durch die Bearbeitung keine neuen Stör- 366-367, November 2016, S. 194-199 des Längsprofils vor und nach dem Fräsen. stellen und potenziellen Ausgangspunkte für [4] Rasmussen, C.; Nielsen, B.; Prettner, L.; Scheriau, S.; Jörg, A.; Schöch, W.; Stock, R.: Tracking down the origins of squats, in: Railway Gazette Sind vor dem Fräsen noch massive Schlupf- neue Schäden einzubringen. Nur eine völlig International, January 2016, S. 39-43 wellen messbar, sind nach der Bearbeitung fehlerfreie Schienenoberfläche mit präzise [5] Jörg, A.; Stock, R.; Scheriau, S.; Brantner, H. P.; Knoll, B.; Mach, M.; Daves, sämtliche Schlupfwellen entfernt und nur eingestelltem Profil ermöglicht eine Maximie- W.: The squat condition of rail materials – a novel approach, in: Proceedings of the 10th International Conference on Contact Mechanics CM 2015, 0,09 % aller Messungen außerhalb des To- rung der Schienenlebensdauer. Die Hochleis- Colorado Springs, 2015 leranzbereiches. Üblicherweise erlaubt hier tungsfrästechnologie ermöglicht auf kosten- die Spezifikation, dass bis zu 5 % der Mess- werte nach dem Schienenbearbeiten außer- halb des Toleranzbandes liegen dürfen. Im Rahmen dieser Kampagne konnte durch lan- ge Funkenzeiten (Nettobearbeitungszeiten) Dipl.-Ing. (FH) Peter Moser Dipl.-Ing. Dr. mont. Richard Stock die Flexibilität des Trucks voll ausgenutzt International Sales Manager Milling Technology Manager für die werden, da je nach Gegebenheit sowohl am Rail Milling Department Linsinger österreichischen Firmen Linsinger und Gleis als auch auf der Straße zum Einsatzort p.moser@linsinger.com Linmag GmbH in Vancouver / Kanada gefahren wurde und somit die vorhandenen r.stock@linmag.com EI | JULI 2018 41
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