Food ecoplus Niederösterreichs

 
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Food ecoplus Niederösterreichs
ERBER Group

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                           Symposium
 						                         05.09. 2019
                          Schloss Grafenegg
Food ecoplus Niederösterreichs
Food ecoplus Niederösterreichs
INHALT

Seite 08 DAVID HUGHES Imperial College London, UK
         Driving the protein economy: Unprecedented challenges and opportunities

Seite 12 PEER EDERER Center for Strategy & Leadership, DE/BE
         Fleischkonsum – Eine treibende Kraft im Klimawandel?

Seite 16 GERD SCHATZMAYR & FRANZ WAXENECKER ERBER AG/BIOMIN, AT
         Digitalisierung von Forschung & Entwicklung in der Landwirtschaft 4.0

Seite 20 C.T. ELLIOTT Queen´s University Belfast, UK
         The challenges in the integrity of the world´s food supply chain

Seite 24 MICHEL NIELEN Wageningen, NL
         Food smartphones and their role in the digitalisation of supply chains

Seite 28 EVA WANZENBÖCK ERBER AG/Romer Labs, AT
         Die Wichtigkeit der Bestimmung von Lebensmittelallergenen

Seite 32 RUDOLF KRSKA BOKU/IFA-Tulln, AT
         Integrierte Strategien zur Vermeidung von Mykotoxinen
         entlang der Lebens- und Futtermittelkette in der EU und China

                                                                                  food & feed 4.0   03
Food ecoplus Niederösterreichs
VORWORT

                             © Philipp Monihart

                                                  Niederösterreich ist weltweit bekannt für die hervorragende
                                                  Lebensqualität, die auch sehr viel mit unserer Genusskultur,
                                                  unseren Lebensmitteln zu tun hat.
                                                  Grundzutaten für hochwertige Lebensmittel sind Qualität,
                                                  Sicherheit und Rückverfolgbarkeit – in Niederösterreich sind
                                                  wir stolz darauf, dass wir hier zur Weltspitze gehören. Damit
                                                  das auch in Zukunft so bleibt, räumen wir der Forschung
                                                  und Entwicklung sowohl in der Lebensmittelproduktion
                            food & feed 4.0       als auch in der Agrarwirtschaft einen entsprechend großen
                                                  Stellenwert ein. So hat sich zum Beispiel der Technopol-
Symposium über die Digitalisierung                standort Tulln in den vergangenen Jahren zum weltweiten
                                                  Hotspot in der Mykotoxin-Forschung entwickelt.
      in der Wertschöpfungskette                  Basierend auf dem im Land vorhandenen Know-how
                                                  ermöglicht das heutige Symposium einen Blick auf die
                                                  Arbeit weltweit führender Forscherinnen und Forscher im
                                                  Bereich der Lebens- und Futtermittelsicherheit. Dabei geht
                                                  es einerseits um die Art und Weise, wie wir uns ernähren
                                                  (sollten), und andererseits um die Herausforderung, wie die
                                                  Menschheit künftig mit hochwertigen und sicheren Lebens-
                                                  mitteln versorgt werden kann.
                                                  Forschung, Entwicklung und der digitale Wandel – die
                                                  großen Innovationstreiber unserer Zeit – sind auch ein
                                                  Schlüsselfaktor im Bereich der Allergene und werden der
                                                  wachsenden Zahl an Lebensmittelallergikerinnen und
                                                  -allergikern künftig den Alltag erleichtern.
                                                  Ein weiterer Schwerpunkt des Symposiums ist der Myko-
                                                  toxin-Forschung gewidmet, einem der Spezialbereiche des
                                                  Technopols Tulln.
                                                  Lebens- und Futtermittelsicherheit für heute und morgen
                                                  ist ein hochkomplexes Themenfeld, das von zentraler Be-
                                                  deutung für die Zukunft der Menschheit ist.
                                                  Vor diesem Hintergrund wünsche ich Ihnen ein interessan-
                                                  tes und informatives Symposium!

                                                  Petra Bohuslav
                                                  Wirtschaftslandesrätin Niederösterreich

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Food ecoplus Niederösterreichs
© ERBER Group

                                                        Essen ist ein Grundbedürfnis
                                                        seit Menschengedenken.
                                                        Heute geht es allerdings immer mehr um die Qualität der Lebensmittel und nachhaltige Pro-
                                                        duktionsweisen. Die ERBER Group hat für alle Fragen eine Antwort.
                                                        Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf neun Milliarden angewachsen sein. Für die Ernährung all
                                                        dieser Menschen spielen Qualität, Gesundheit, Sicherheit, Produktion und effizienter Umgang mit
                                                        Ressourcen eine Rolle. Die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit, Gesundheit und Ernährungs-
                                                        sicherheit erfährt derzeit ein wachsendes Interesse weltweit. Themen wie Antibiotika-Resistenzen,
                                                        Pilzgifte sowie andere unerwünschte Bestandteile in der Nahrungskette werden uns auch in
                                                        Zukunft auf Trab halten.
                                                        Die ERBER Group konzentriert sich vor allem auf unerwünschte Rückstände wie das Gift aus
                                                        Schimmelpilzen (Mykotoxine) sowie Pestizide in Rohstoffen und Allergene in Lebensmitteln.
                                                        Als weitere zukunftsträchtige Bereiche in der ERBER Group sehen wir noch die Entwicklung von
                                                        hochaktiven Impfstoffen für die Veterinäre und natürlichen Pflanzenpestiziden.

                                                        Ing. Erich Erber, PhD
                                                        Eigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender ERBER AG

                                                                                                                                © Linse2_Roland_Voraberger

           Der Lebensmittel-Sektor
               ist einer der bedeu-
             tendsten Wirtschafts-
          zweige Niederösterreichs.
           Leitbetriebe wie die ERBER AG, Agrana, Kotányi oder auch Heidi Chocolat haben sich bei uns angesiedelt. Qualitätsprodukte aus Niederöster-
           reich schmecken der ganzen Welt. Als Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich ist ecoplus auch der richtige Ansprechpartner für die
           Lebensmittel- und Futtermittelproduktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
           Ein großes fachspezifisches Netzwerk im Bereich F&E findet sich an den von ecoplus gemanagten vier Technopolstandorten, an denen Wirt-
           schaft, Wissenschaft und Ausbildung eng kooperieren, um internationale Spitzenforschung zu betreiben. Vor allem die Technopolstandorte in
           Tulln und Wieselburg wirken auch als Innovationsmotor in den Themenfeldern Agrarwissenschaft, Lebensmitteltechnologie und Biotechnologie.
           Der ecoplus Lebensmittel Cluster NÖ wiederum vernetzt speziell kleine und mittelständische Unternehmen und bündelt die vorhandenen Kom-
           petenzen im Bereich der Lebensmittelproduktion, -technologien und -vermarktung.

                                                        Jochen Danninger                          Helmut Miernicki
                                                        ecoplus                                   ecoplus

                                                                                                                                                   food & feed 4.0   05
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                                  Bedeutung und Entwicklung
                                  Welche Chancen und Risken entstehen
                                  für Gesellschaft und Industrie –
                                  welche Parameter beeinflussen diese

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Food ecoplus Niederösterreichs
PROGRAMM

            5. September 2019
09.45 Uhr   Eröffnung durch Landesrätin Petra Bohuslav
            sowie Grußworte vom Gründer der ERBER Group Erich Erber und
            ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki

10.00 Uhr   DAVID HUGHES Imperial College London, UK
            Driving the protein economy: Unprecedented challenges and opportunities

10.50 Uhr   PEER EDERER Center for Strategy & Leadership, DE/BE
            Fleischkonsum – Eine treibende Kraft im Klimawandel?

11.20 Uhr   GERD SCHATZMAYR & FRANZ WAXENECKER Erber AG/BIOMIN, AT
            Digitalisierung von Forschung & Entwicklung in der Landwirtschaft 4.0

11.50 Uhr   Mittagessen

13.00 Uhr   C.T. ELLIOTT Queen´s University Belfast, UK
            The challenges in the integrity of the world´s food supply chain

13.30 Uhr   MICHEL NIELEN Wageningen, NL
            Food smartphones and their role in the digitalisation of supply chains

14.00 Uhr   EVA WANZENBÖCK ERBER AG/Romer Labs, AT
            Die Wichtigkeit der Bestimmung von Lebensmittelallergenen

14.30 Uhr   Kaffeepause

15.00 Uhr   RUDOLF KRSKA BOKU/IFA-Tulln, AT
            Integrierte Strategien zur Vermeidung von Mykotoxinen
            entlang der Lebens- und Futtermittelkette in der EU und China

15.30 Uhr   Diskussion und Ausblick
            mit allen Vortragenden und Martin Wagner (FFoQSI)

16.30 Uhr   Stehempfang mit Abendessen

19.00 Uhr   Konzert – optional
            Königliches Orchester Amsterdam (im Wolkenturm)

22.00 Uhr   Ende des Konzerts

                                                                                      food & feed 4.0   07
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SYMPOSIUM

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Food ecoplus Niederösterreichs
SYMPOSIUM

                                  Mehr tierisches Eiweiß –
                        Mit weniger Ressourcenaufwand
            Foto: zVg

                                                                                            u g h es on
                                                                                       id H
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                        Die Konsumenten interessieren sich zunehmend
                        für pflanzliche Alternativen. Sie sind eine klare
                        Konkurrenz für die Tierzüchter und Fleischindustrie.
                        Insekten werden vermehrt eine Rolle spielen.

                        Name und Funktion
                        David Hughes, emeritierter Professor für Nahrungsmit-
                        tel-Marketing des Imperial College in London (Groß-
                        britannien)

                        Forschungsthema
                                                                                           IN DER WESTLICHEN WELT
                        Wie man die Menschen weltweit mit ausreichend und
                        qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln versorgen kann.            WOLLEN DIE MENSCHEN IMMER
                                                                                           BESSERE FLEISCHPRODUKTE,
                        David Hughes studierte an den Universitäten Reading und            IN DEN SCHWELLENLÄNDERN
                        Newcastle-upon-Tyne (Großbritannien) Agrarwissenschaften           IMMER MEHR.
                        und Lebensmittel-Marketing. Er arbeitete mit Firmen aus der        Das stellt eine Herausforderung
                        Fleisch- und Eierindustrie etwa in Australien, Neuseeland,         dar, wenn man zudem klima- und
                        Asien, Südamerika, der Karibik, den USA und Europa. Mit            umweltfreundlicher produzieren
                        einem US-amerikanischen Partner baute er ein Frisch-Lebens-        will als bisher, erklärt der britische
                        mittel-Geschäft auf, das Supermärkte in den Vereinigten
                                                                                           Ernährungsforscher David Hughes.
                        Staaten belieferte, um es auszubauen und schließlich seine
                                                                                           Die Wissenschaft müsse dafür alle
                        Anteile zu verkaufen. Für Nahrungsmittelfirmen entwickelt er
                                                                                           Methoden aus ihrem Werkzeugkas-
                        Marktstrategien und Regierungen unterstützt er in der For-
                        mulierung von Lebensmittelgesetzen. Hughes ist emeritierter
                                                                                           ten zücken. Die Erlaubnis, sie auch zu
                        Professor für Nahrungsmittel-Marketing des Imperial College        verwenden, müsse man sich aller-
                        in London und Gastprofessor an der Royal Agricultural Uni-         dings zuerst durch Öffentlichkeits-
                        versity in Gloucestershire (GB).                                   arbeit verdienen, meint er.

10
Sie sprechen über die „nie dagewesenen“ Heraus-
forderungen, in Zukunft den Menschen auf der
Welt Eiweißstoffe zur Verfügung zu stellen. Was
sind diese?
David Hughes: In den kommenden 30 Jahren wird die
Weltbevölkerung von 7,8 auf 10 Milliarden Menschen
wachsen. Wir müssen uns einerseits fragen, ob wir ge-
nug Nahrungsmittel und ausreichende Eiweißstoff-Men-         Wirtschaft und die Bauern, die es produzieren, und die
gen für sie herstellen können. Andererseits steigen die      Tiere sollten gesund gehalten werden. Dazu braucht es
Einkommen und immer mehr Menschen wollen des-                bedachte Entscheidungen. All dies global unter einen
halb höherwertige Lebensmittel mit mehr Eiweißgehalt         Hut zu bringen, ist herausfordernd.
konsumieren. Wir müssen also mehr Nahrungsmittel
mit mehr Eiweißgehalt herstellen, und dabei dürfen wir       Ist die Wissenschaft schon weit genug, Antwor-
unserer großen, fragilen Erde nicht schaden.                 ten zu geben, wie man das schaffen kann?
                                                             Hughes: Die Herausforderung für die Wissenschaft ist,
Ist das machbar?                                             alle ihre Werkzeuge, die sie entwickelt hat, zu ver-
Hughes: Aus meiner Sicht sollte die Menge kein               wenden. Das Ganze muss bedacht geschehen, denn
Problem sein. Ob wir aber auch mehr Nahrungsmittel           wir brauchen dazu die Erlaubnis der Konsumenten.
sanfter und mit weniger Ressourcenaufwand als bisher         Wir wollen nicht die Fehler der Vergangenheit wieder-
produzieren können, ist ganz klar eine Herausforde-          holen, wie bei der Einführung der Gentechnik. Damals
rung. Eine große!                                            wurden die Konsumenten nicht gefragt, und das hat
                                                             dazu beigetragen, dass sie nicht positiv wahrgenom-
Sind die Probleme global überall die gleichen?               men wurde. Es ist eine Herausforderung für uns, der
Hughes: Nein, wir leben diesbezüglich in einer zwei-         Gesellschaft zu erklären, was wir tun wollen, ohne be-
geteilten Welt. In den sogenannten entwickelten              vormundend zu sein. Wir müssen den Menschen zei-
Ländern stagniert der Konsum tierischer Produkte oder        gen, wie sie von den Neuerungen profitieren können.
geht sogar leicht zurück. In den sogenannten Schwel-         Wir müssen uns also das Recht erst erarbeiten, dass
lenländern steigen hingegen der Fleischkonsum und            wir die Methoden, die wir wissenschaftlich entwickelt
die Nachfrage scharf. Beides bringt spezielle Herausfor-     haben, einsetzen dürfen.
derungen mit sich.
                                                             Wie sieht es mit pflanzlichen Eiweißstoffen aus?
Welche?                                                      Hughes: Die Welt der Eiweißstoffe expandiert eindeu-
Hughes: In den Industriestaaten verlangen wir nach           tig, die Konsumenten interessieren sich mehr und mehr
immer besserer Qualität. Die weltweite Eiweißstoff-In-       für pflanzliche Alternativen. Sie sind eine klare Konkur-
dustrie muss jetzt erst einmal herausfinden, was die         renz für die Tierzüchter und Fleischindustrie. Aber auch
Menschen darunter verstehen. Dies könnte bei Hüh-            Insekten werden vermehrt eine Rolle spielen.
nerfleisch zum Beispiel jenes von langsamer heran-
wachsendem Geflügel sein, bei Schweinefleisch von            Werden wir in Zukunft Heuschrecken und Amei-
Tieren mit Auslauf, bei Rindfleisch eines von Tieren, die    sen essen?
mit Gras und nicht mit Silofutter ernährt wurden. Bei        Hughes: Nein, wir werden damit die Tiere füttern, die
Fisch denke ich bei Qualitätssteigerungen an Wildfang        wir verzehren, zum Beispiel Hühner, Schweine und Fisch.
statt Zucht, ohne dass man die Fischbestände schädigt.

Wie sieht es in den Schwellenländern mit dem
Mehrbedarf aus?
Hughes: Die Menschen dort wollen mehr Fleisch auf
dem Teller, aber es muss für sie auch ohne Einbußen
leistbar sein. Es sollte weiterhin gut schmecken und
bequem zuzubereiten sein, denn überall auf der Welt
haben die Menschen immer weniger Zeit zum Kochen.
Es sollte freilich auch gesund für die ganze Familie sein,
umweltverträglich hergestellt, zuträglich für die lokale

                                                                                                   food & feed 4.0   11
SYMPOSIUM

                                                   d e re    r
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                                             s u m

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                              im K

12          food & feed 4.0
food & feed 4.0   13
SYMPOSIUM

                                         Beim Fleischgenuss
                             „Kein zu viel des Guten.“
   © Lorenz Widmaier

                                                                                      dere        r
                                                                              e e r E
                                                                           P                 nd
                                                                              a l F ood a            N e t work
                                                                         Glob                     ss
                                                                                    g r i b usine
                                                                                  A

                             »           Meinen Berechnungen nach gibt es
                                         keinen Grund, der Menschheit heute oder
                                         2050 eine gute Menge an Fleisch-, Eier- und
                                         Milchkonsum zu verwehren.

                                         Name und Funktion
                                         Peer Ederer, Unternehmer und Wirtschaftsforscher             DIE TREIBHAUSGAS-
                                                                                                      EMISSIONEN VON
                                         Forschungsthema
                                         Nahrungsmittel- und Agrarwirtschaft                          RINDERN SIND SCHLECHT
                                                                                                      KALKULIERT
                                         Peer Ederer studierte Betriebswirtschaftslehre an der        Der Wissenschafter und
                                         Sophia Universität in Tokyo (Japan) und an der Harvard       Unternehmer Peer Ederer vom
                                         Business School in Boston (USA).                             Global Food and Agribusiness
                                         Er promovierte an der Universität Witten/Herdecke in         Network stellt die Relevanz
                                         Deutschland über die finanziellen Beziehungen zwi-           von Fleischgenuss für Klima
                                         schen dem Staat und den Bürgern. Er ist wissenschaft-
                                                                                                      und Gesundheit „sehr deutlich
                                         licher und Programm-Direktor des „Global Food and
                                                                                                      in Frage“.
                                         Agribusiness Network“.
                                                                                                      Die Treibhausgasemissionen
                                         Von 2012 bis 2016 war er Projektleiter des EU-For-
                                         schungsprojekts „LLLight‘in‘Europe“ über Lebenslanges
                                                                                                      von Rindern seien zum Beispiel
                                         Lernen, Innovation, Wachstum und Humankapital-               schlecht kalkuliert und der
                                         Wege. Als Unternehmer betreibt er die Firma „Africa          hohe Gesundheitsstandard
                                         Enablers“, mit der er nachhaltige und kosteneffiziente       der westlichen Welt auf den
                                         Infrastrukturlösungen für Länder des ganzen afrikani-        hohen Anteil tierischer Eiweiß-
                                         schen Kontinents entwickelt.                                 stoffe zurückzuführen.

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Weniger Fleisch zu konsumieren wird von vielen
Wissenschaftern, Politikern und Institutionen zu-
mindest für die Industriestaaten empfohlen: Um
Tierleid zu mindern, weil es laut WHO gesünder                Wie sieht es im Vergleich zu Getreide, Hülsen-
wäre, und die Fleischproduktion laut Weltklima-               früchten und anderen pflanzlichen Nahrungs-
rat IPCC einen beträchtlichen Anteil an Treibhaus-            mitteln aus?
gasen verursacht. Wenn ich Ihre Publikationen                 Ederer: Es ist unbestritten, dass Gemüse in der Pro-
richtig verstanden habe, stellen Sie dies in Frage.           duktion weniger Treibhausgase erzeugt als Fleisch,
Peer Ederer: Richtig, ich stelle es sehr deutlich in Frage.   auch wenn man die Zahlen richtig adjustiert. Meines
                                                              Wissens hat aber noch niemand seriös berechnet, ob
Welche Aspekte kritisieren Sie?                               wir überhaupt genug Flächen in der Welt hätten, um
Ederer: Beginnen wir mit der Frage, wie sehr die              ausreichend Gemüse anzubauen, und ob man jedes
Fleischproduktion zum Treibhausgasausstoß beiträgt.           Stück Land, wo man Soja für Rinderfutter anbaut,
Vor allem die Rinder sind hier als Fleisch- und Milchlie-     dafür verwenden könnte. Noch schlimmer wäre es,
feranten im Visier, weil sie viel Methangas produzieren,      wenn man auf irgendwelchen Halbwüsten, wo derzeit
und dies ein potentes Treibhausgas ist.                       Rinder rumstehen und Fleisch und Milch produzieren,
Das ist freilich unbestritten, aber wo die Argumenta-         auf einmal Gemüse anbauen wollte. Man müsste sie
tion auseinanderzubrechen beginnt, ist erstens, dass          intensiv bewässern, düngen und würde damit wieder
die Menge an Methan pro Nahrungsmitteleinheit bei             Treibhausgase verursachen.
den Berechnungen extrem variiert.
Eine europäische Hochleistungskuh produziert pro Liter        In den Industrieländern haben wir einen sehr
Milch oder Kilogramm Fleisch viel weniger Methan              hohen Fleischkonsum, und die Schwellenländer
als eine afrikanische Kuh. Bei den Berechnungen für           holen stark auf – wo ist Ihrer Meinung nach das
Treibhausgaseinsparungen durch Verzicht auf Rinder            optimale Niveau?
werden aber immer globale Durchschnitte verwendet,            Ederer: Es gibt dazu eine Studie von mir, die man
das macht keinen Sinn.                                        auf meiner Webseite www.foodandagribusiness.org
Zweitens wird gerne übersehen, dass insbesondere              herunterladen kann. Meinen Berechnungen nach gibt
Weidekühe dazu beitragen, dass Methan im Boden                es keinen Grund, der Menschheit heute oder 2050
eingelagert wird. Weil sie die Weide mit ihren Hufen          eine gute Menge an Fleisch-, Eier- und Milchkonsum
bearbeiten, wird eine Bodenschicht mit Bakterien ge-          zu verwehren. Es gibt entgegen anderer Behauptun-
schaffen, die sich von Methan ernähren. Sie nehmen            gen keine Grenze des Guten. Umso mehr fleischliches
es aus der Luft auf und wandeln es in unschädliche            Protein, desto besser. Wir haben in der westlichen Welt
Eiweißstoffe um.                                              einen so hohen Lebensstandard auch daher, weil wir
Dieser Prozess wird faktisch in allen Veröffentlichungen      viele tierische Eiweißprodukte konsumieren. Das hat
und Statements ignoriert, ist aber bedeutsam. Es gibt         einen enormen Gesundheitsvorteil, und ich sehe keine
Schätzungen, dass die Bakterien den gesamten Me-              Handhabe, anderen Völkern zu sagen, ihr dürft diese
thanausstoß der Rinder kompensieren könnten.                  Gesundheit nicht genießen. Wir müssen die globalen
                                                              Ressourcen so aufteilen, dass jeder Zugang dazu hat.

Bleibt der Fakt, dass man für ein Kilogramm
tierisches Lebensmittel fünf bis sechs Kilogramm
pflanzliche Produkte einsetzen muss, und darum
mehr Land und Ressourcen braucht.
Ederer: Wenn man dies in Proteine, die relevante
Einheit, umrechnen würde, wären zum Beispiel Rinder
gar nicht so weit von Schweinen entfernt. Es gibt die
typischen Zahlen, dass man für 1 kg Rindfleisch 8 kg
Futter benötigt, beim Schwein 3 kg und beim Huhn
1,5 kg. Wenn man diese Zahlen nach dem Nährstoffge-
halt adjustieren würde, wären sie viel enger beieinander.

                                                                                                  food & feed 4.0   15
SYMPOSIUM

16          food & feed 4.0
e c k e r
                                                     Wa    xen
                                               a n z
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11.20
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                                                              food & feed 4.0   17
SYMPOSIUM

                                                                                                                         © www.foto-kraus.at
                                                                                                                      m ay                     r
                                                                                                             ch a t z
                                                                                                        S
                                                                                                   GerdER AG/BIOMIN
                                                                                                       ERB
Forschungs-/Arbeitsbereich BIOMIN
BIOMIN ist ein Unternehmen der ERBER Group und in
mehr als 100 Ländern weltweit vertreten. Am Standort

                                                                   © www.foto-kraus.at
Tulln befindet sich das BIOMIN Research Center mit 100
Mitarbeitern, weitere Entwicklungsmitarbeiter sind in
der Firmenzentrale in Getzersdorf tätig.

Name und Funktion
Dr. Gerd Schatzmayr, Research Director,
BIOMIN Research Center

Gerd Schatzmayr studierte Lebensmittel- und Biotechno-
logie an der BOKU Wien, seine Doktorarbeit am IFA-Tulln
beschäftigte sich mit der Entwicklung eines Fermenta-
tionsprozesses für ein anaerobes Mykotoxin-entgiftendes
Bakterium. Seit 1999 ist er bei BIOMIN tätig, erst als

                                                                                                     e cke    r
F&E-Projektleiter und ab 2003 als R&D-Director bei der
                                                                                              ax e n
                                                                                         anz W OMIN
BIOMIN Innovative Animal Nutrition GmbH. Seit 2006
leitet er die weltweiten Forschungsaktivitäten von BIOMIN,
                                                                 Fr                           RAG/BI
                                                                                         ERBE
hält wissenschaftliche Vorträge auf internationalen Kon-
gressen und ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Artikel
und Patente.

Name und Funktion
Dr. Franz Waxenecker, MSc
                                                                   Big Data
Director Development und Innovation,                           für tierische Darmgesundheit
BIOMIN Holding GmbH
                                                               HOCHWERTIGES FUTTER IST AUSSCHLAGGEBEND
Franz Waxenecker hat an der BOKU Wien den Master
                                                               FÜR DIE GESUNDHEIT VON NUTZTIEREN.
in Agrarwissenschaften in der Tierproduktion erworben.
                                                               Der Futtermittelzusatz-Erzeuger BIOMIN forscht und
Sein Forschungsschwerpunkt lag in der Ernährung mono-
gastrischer Tiere. 1997 kam er als Spezialist für Schwei-      entwickelt Produkte zur natürlichen Verbesserung der
neernährung und Vormischformulierungen zu BIOMIN.              Darmgesundheit von Nutztieren. Eine der Gefahren
2000 wurde er Chief Nutritionist, 2003 zum Direktor            stellen Schimmelpilzgifte dar, die die Tiergesundheit
der Strategic Business Unit Natural Growth Promoters           beeinträchtigen können. Zur Abschätzung der Gefahr
ernannt. 2004 realisierte er das erste Zentrum für ange-       führt BIOMIN das weltweit umfangreichste Mykoto-
wandte Tierernährung (CAN) von BIOMIN. Seit 2007 ist er        xin-Monitoring-Programm mit ca. 20.000 Proben pro
Leiter des globalen Produktmanagements und derzeit für         Jahr durch. Aus diesen big-datasets wurde nun ein
Digitalisierungsprojekte verantwortlich.                       Prognosemodell entwickelt, das mit speziellen Algorith-
                                                               men Wetter-, Pflanzen- und Pilzdaten auswertet und
                                                               vor den Giftstoffen warnen soll.

18          food & feed 4.0
Warum ist die Darmgesundheit von Nutztieren so             toxinen kontaminiert sind. Es gibt Grenzwerte, aller-
    wichtig?                                                   dings nur für die einzelnen Toxine. Nachdem wir aber
    Franz Waxenecker: Störungen der Darmgesundheit             immer unterschiedliche Mykotoxine in ein und dem-
    sind die häufigste Krankheitsursache bei Nutztieren.       selben Futtermittel finden, gibt es negative Auswir-
    Diese können zu vielfältigen Gesundheitsbeeinträchti-      kungen schon in geringeren Konzentrationen (durch
    gungen führen und somit auch die Produktionsleistung       sogenannte additive oder synergistische Effekte).
    der Tiere verringern. Die Ursachen dafür sind vielfältig
    und reichen von Bakterien über Viren bis hin zu uner-      Wie sieht die Zukunft von Futtermitteln aus?
    wünschten Inhaltsstoffen wie z. B. Mykotoxinen. Immer-     Waxenecker: Nicht nur der Tierhalter, auch der
    hin versorgt der Darm das Tier nicht nur mit Nährstof-     Konsument interessiert sich heute dafür, wie Nutztiere
    fen, sondern ist auch wichtiger Sitz des Immunsystems.     gefüttert werden. Der begonnene Trend, Futtermittel

»
                                                               den Leistungsanforderungen des Tieres gerecht und
                                                               gleichzeitig nachhaltiger, regionaler und natürlicher zu
    Lebensmittel tierischer Herkunft                           produzieren, wird anhalten. Europa ist hier Vorreiter,
    sind ein wesentlicher Teil unserer                         hier sind Futtermittel seit mittlerweile fast 14 Jahren
    Ernährungspyramide.                                        antibiotikafrei. Andere Regionen wie Nordamerika und
                                                               Süd-Ost-Asien ziehen jetzt nach. Für die Hersteller von
    Welche Gefahren können von kontaminierten                  natürlichen Futtermittelzusätzen bietet dieses globale
    Futtermitteln ausgehen?                                    Verbot von antibiotischen Futterzusätzen eine
    Gerd Schatzmayr: Je nach geografischer Lage und            große Chance. Natürliche Produkte zur Steigerung
    klimatischen Bedingungen kommen unterschiedliche           der Darmgesundheit können die Lücke schließen, die

                                                                                                            »
    Schimmelpilze vor und damit werden auch verschie-          durch das Verbot antibiotischer Leistungsförderer ent-
    denste Toxine gebildet. Nachdem ein Futtermittel aus       standen ist.
    zahlreichen Komponenten (Weizen, Mais, Gerste,
    Hafer, Soja, Mineralstoffe etc.) besteht, können unter-
    schiedliche Mixturen von Mykotoxinen im Futtermittel
    vorkommen, wodurch sie sich in ihrer Wirkung verstär-
                                                               Forschung und Innovation werden
    ken. Aufgrund ihrer heterogenen Struktur können die        weiterhin sehr wichtig sein, um
    Giftstoffe zu vielen unterschiedlichen Symptomen und       tierische Lebensmittel möglichst ef-
    Erkrankungen im Tier führen. Da die bessere Qualität       fizient und ressourcenschonend zu
    von Getreide zur Erzeugung von Lebensmitteln heran-        produzieren.
    gezogen wird, bleibt für den Tierernährungsbereich
    zumeist nur die zweite Qualität.
                                                               Was sind natürliche Produkte?
    Was bringen die Mykotoxin-Monitoring-Daten konkret?        Schatzmayr: Zu diesen natürlichen Produkten zählen
    Waxenecker: Durch die Kenntnisse über das Myko-            Kombinationen von Pflanzenbestandteilen, Pflanzen-
    toxinvorkommen können schon vorab Maßnahmen                extrakten und ätherischen Ölen – sogenannte „Phyto-
    getroffen werden. Der Landwirt weiß zum Beispiel,          gene“ – und probiotische Produkte zur Steigerung der
    in welchen Regionen man bessere Getreidequalitäten         Darmgesundheit.
    findet, welche ackerbaulichen Maßnahmen zu setzen
    sind und wann Mykotoxin-inaktivierende Produkte im         Was bringt die nahe Zukunft in dem Sektor?
    Futter zu verwenden sind. Und nicht zuletzt werden         Waxenecker: Lebensmittel tierischer Herkunft sind ein
    diese Informationen in wissenschaftlichen Projekten        wesentlicher Teil unserer Ernährungspyramide.
    genutzt, zum Beispiel zur Entwicklung alternativer         Forschung und Innovation werden weiterhin sehr
    Anwendungsmethoden von Mykotoxin inaktivierenden           wichtig sein, um tierische Lebensmittel möglichst effi-
    Enzymen im Rahmen des EU-Projektes „MyToolBox“.            zient und ressourcenschonend zu produzieren, wobei
                                                               gleichzeitig großes Augenmerk auf Tiergesundheit und
    Was bedeutet das genau, dass kontaminiertes                Tierwohl gelegt werden muss.
    Getreide an andere Tierarten verfüttert wird?
    Geht es um Grenzwerte?
    Schatzmayr: Unser Monitoring-Programm zeigt, dass
    mehr als 90 % des Futters mit verschiedenen Myko­

                                                                                                                    19
SYMPOSIUM

                                                   l l i o tt
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                              13.00
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20          food & feed 4.0
food & feed 4.0   21
SYMPOSIUM

            Integre Lebensmittel
                     sollen ethisch einwandfrei sein

                                                                                 © Queen's University Belfast
                                           s E l l i ott             UK
                                      Chri             y
                                                    ivers
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                                   Qu
            Die Lebensmittel-Integrität umfasst viele
            zusätzliche Aspekte für eine optimale
            Nahrungsmittelversorgung.

            Name und Funktion
            Chris Elliott, Professor für Globale Ernährungssicherheit an der
            School of Biological Science der Queen‘s University in Belfast
            (Nordirland)
                                                                                                                BLOSS „SICHERE“ LEBENS-
            Forschungsthema                                                                                     MITTEL HERZUSTELLEN
            Die Ernährungssicherheit auf das nächste Level zu bringen,                                          IST DEM BRITISCHEN ER-
            damit alle Beteiligten entlang der Nahrungsmittelkette von                                          NÄHRUNGSSICHERHEITS-
            „integer hergestellten Lebensmitteln“ profitieren.
                                                                                                                EXPERTEN CHRIS ELLIOTT
            Elliott ist seit den 1980er Jahren ein Analyst von Lebensmitteln,                                   ZU WENIG.
            um Arzneimittelreste und andere Verunreinigungen darin aufzu-                                       Er will, dass sie zusätzlich ab-
            spüren sowie Fälschungen zu entlarven. Er entwickelte Metho-                                        solut authentisch sind, ethisch
            den, wie man frühzeitig Bedrohungen durch schädliche Stoffe                                         einwandfrei und nachhaltig
            in den Lebensmittelversorgungsketten identifiziert und effektive                                    produziert werden, und ihre
            Warnungen aussprechen kann. Nach dem Pferdefleischskandal                                           Herstellung den Menschen
            2013 in Europa, wo angebliche Rindfleischprodukte bis zu 100                                        und der Umwelt in keinster
            Prozent aus Pferdefleisch bestanden, leitete er eine unabhängige                                    Weise schaden. Dann wäre
            Begutachtung des britischen Versorgungssystems. Derzeit ko-                                         ihre Integrität gewährleistet.
            ordiniert er ein EU-Flagship-Horizon-2020-Projekt über Ernäh-
                                                                                                                Das Ganze könnte etwas mehr
            rungssicherheit mit chinesischen Partnern. Er ist Professor an der
                                                                                                                kosten, die positiven Folgen
            Queen‘s University in Belfast (Nordirland) und Gastprofessor an
                                                                                                                sollten es der Gesellschaft aber
            der China Agriculture University in Peking und der Chinesischen
            Akademie der Wissenschaften.
                                                                                                                wert sein, meint er.

22
Sie haben den Begriff „Lebensmittel-Integrität“
(Food Integrity) eingeführt. Was umfasst er?
Chris Elliott: „Lebensmittel-Integrität“ geht von der
UN-Definition der „Lebensmittel-Sicherheit“ aus und         Wer ist aller an Ihrer Arbeit beteiligt?
ergänzt das Ganze mit wichtigen Aspekten. Der Begriff       Elliott: Leute aus allen Sparten der Naturwissenschaf-
definiert die Art und Weise, wie wir in Zukunft nahr-       ten und quer durch die Sozialwissenschaften.
haftes Essen herstellen sollten: Auf nachhaltige Art
und Weise, indem wir unseren Planeten respektieren,         Wie sieht die Zusammenarbeit der Forschung mit
unsere Umwelt und alle Menschen, die bei der Herstel-       der Politik dabei aus?
lung beteiligt sind. All unsere Nahrungsmittel sollten      Elliott: Wir sehen uns an der Schnittstelle zwischen
ethisch einwandfrei produziert werden.                      Wissenschaft und Politik. Wir wollen letztere unterstüt-
                                                            zen, ihre Entscheidungen auf der Basis solider Wissen-
Was genau ist der Unterschied zur herkömm-                  schaft zu treffen.
lichen Lebensmittel-Sicherheit?
Elliott: Bei der UN-Definition zur Lebensmittel-Sicher-     Wie wichtig ist Transparenz in der Nahrungsmit-
heit wird keine Nachhaltigkeit erwähnt, kein Umwelt-        telkette?
einfluss der Nahrungsmittelproduktion, keine Ethik,         Elliott: Sie ist absolut entscheidend. Wir müssen
auch nicht das Wohl der Menschen, die in der Kette          wissen, woher die Inhaltsstoffe kommen, wie sie
der Nahrungsmittelbereitstellung arbeiten, keine Au-        produziert wurden, wo sie weiterverarbeitet wurden,
thentizität der Lebensmittel. Die Lebensmittel-Integrität   wir müssen die jeweiligen ethischen Standards kennen,
umfasst also viele zusätzliche Aspekte für eine opti-       die landwirtschaftlichen Methoden, die verwendet
male Nahrungsmittelversorgung.                              wurden, all dies muss überwacht werden im Sinne der
                                                            Integrität.
Was erforschen Sie in dem Zusammenhang?
Elliott: Es gab in der Vergangenheit einiges an Aktivi-     Können die Konsumenten durch ihre Kauf-
täten in einzelnen Bereichen, aber keine Aktionen,          gewohnheiten beeinflussen, wie integer ihre
diese Anstrengungen zu kombinieren und zusammen-            Produkte sind?
zuführen. Wir versuchen nun einen ganzheitlichen            Elliott: Ich werde oft gefragt, ob das mehr kostet, all
Ansatz zu entwickeln.                                       diese hohen Standards einzuverlangen. Wir wissen es
                                                            schlichtweg nicht. Wir glauben aber, dass am Schluss
Welche Methoden verwenden Sie dazu?                         die Leute ihre Kaufentscheidungen nicht nur nach den
Elliott: Die unterschiedlichsten! Wir versuchen gerade      Kosten treffen. Sie werden danach entscheiden, wie
unsere gesamten Forschungsprogramme hier an der             ethisch die Produkte hergestellt wurden, wie groß der
Queens University in Irland zu überdenken und für die       Einfluss auf den Planeten ist, und deshalb denken wir
gesamte Insel einen Weg zu finden, von der Nahrungs-        auch darüber nach, wie wir ein Kennzeichnungssystem
mittelsicherheit mehr in Richtung der umfangreicheren       gestalten können, das Integrität ausweist.
Nahrungsmittelintegrität zu kommen.
Es ist ein unglaubliches Ziel, die Produktivität zu stei-
gern und die Sache profitabler zu machen, während
gleichzeitig eine Kohlenstoff-neutrale Nahrungsmittel-
kette etabliert werden soll. Das kann ein Einziger kaum
erreichen, und für uns alle gemeinsam ist es eine große
Herausforderung, der wir nun gegenüberstehen.
Für viele Jahre haben wir multidisziplinär gearbeitet,
nun wird es richtig super-multidisziplinär.
Leute aus komplett unterschiedlichen wissenschaft-
lichen Disziplinen arbeiten jetzt zusammen, mit all
ihren unterschiedlichen Meinungen, was die passende
Lösung wäre. Wir versuchen nun die ganze Expertise
und das Wissen zu aktivieren und gemeinsam diese
großen Ziele zu erreichen.

                                                                                                 food & feed 4.0   23
SYMPOSIUM

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                                             food & feed 4.0   25
SYMPOSIUM

                 Lebensmitteltests
                              per Smartphone

                                                                                                     Foto: zVg
                                                                        l N ie   len
                                                                 ic h e                 (NL)
                                                          M                 genin
                                                                                  gen
                                                                       Wa

                »             Das Smartphone könnte Allergikern direkt
                              im Restaurant vermitteln, ob im Gericht für sie
                              schädliche Substanzen enthalten sind.

                               Name und Funktion
                               Michel Nielen, Professor an der
                               Wageningen Universität (NL)

                               Forschungsthema
                                                                                       DAS SMARTPHONE SOLL
                               Food-Smartphones                                        KÜNFTIG FÜR LEBENSMITTEL-
                                                                                       TESTS ENTLANG DER
                               Michael Nielen studierte an der Universität Leiden      NAHRUNGSMITTELKETTE
                               und der Freien Universität Amsterdam (Niederlande)      VON PRODUZENTEN BIS
                               Pharmazie und Analytische Chemie. Er arbeitete an       KONSUMENTEN HERHALTEN,
                               der Niederländischen Organisation für Angewandte        erklärt Michel Nielen von der
                               Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) und wech-
                                                                                       Wageningen Universität in den
                               selte zeitweise von der akademischen Forschung in
                                                                                       Niederlanden im Interview.
                               die chemische Industrie. Nielen komplettierte seine
                               Expertise an Projektmanagement-, Marketing- und
                               Wirtschaftskursen. Seit 2007 ist er Professor für
                               Analytische Chemie an der Wageningen Universität.
                               Seit Beginn des Jahres 2017 leitet er das EU Marie
                               Curie Innovative Training Network „Foodsmart-
                               phone“, bei dem die Forscher Smartphones als Ge-
                               räte zur Vorort-Analyse der Nahrungsmittel-Qualität
                               und -Sicherheit weiterentwickeln wollen.

26          food & feed 4.0
Sie entwickeln „Food-Smartphones“. Was ist das?
Michel Nielen: Zurzeit gewährleisten zentrale und
regionale Nahrungsmittellabors die Qualität und
Sicherheit unserer Lebensmittel. Für viele Menschen in
der Nahrungsmittelkette wäre es aber wichtig und in-
teressant, selber Lebensmittelanalysen durchzuführen,
und zwar jederzeit und überall. Die Hersteller könnten
zum Beispiel ihre Produkte nach Resten von Antibiotika
und Pestiziden kontrollieren, und die Kunden könnten
prüfen, ob allergieauslösende Stoffe darin sind. Derzeit
ist man als Allergiker auf die Beschreibungen an den
Etiketten angewiesen – dort heißt es in der Regel: Das
                                                           man im Restaurant seine Speise serviert bekommt,
Produkt „kann“ diesen und jenen Stoff enthalten.
                                                           und nach Allergenen untersucht, will man nicht so
Man ist sich dessen also nie sicher. Viele Menschen
                                                           lange warten, da wird das Essen ja kalt. Mit dem Test-
sind deshalb in ihrer Auswahl an Nahrungsmitteln sehr
                                                           streifen sollte das innerhalb weniger Sekunden funktio-
beschränkt, und wären sehr daran interessiert, selbst
                                                           nieren. Dann macht man ein Foto davon und bekommt
nach Allergenen zu testen. Statt komplizierte Labor-
                                                           das Ergebnis ausgewiesen. Bei so einem Nahrungs-
ausrüstung zu verwenden, könnte man dies mit einem
                                                           mitteltest kann man auch etwas tun, was eine Frau bei
Gerät tun, mit dem viele Leute schon sehr vertraut
                                                           einem Schwangerschaftstest mit Sicherheit vermutlich
sind: dem Smartphone.
                                                           will: Alle Interessierten automatisch über die Mess-
                                                           ergebnisse informieren.
Dazu bräuchten die Telefone aber externe Senso-
ren, die man anschließt, oder?
                                                           Was kann man direkt mit einem Smartphone
Nielen: Die meisten nötigen Instrumente hat ein
                                                           prüfen?
Smartphone schon heute: Zum Beispiel eine Kame-
                                                           Nielen: Momentan ist das bei den Hauptbestandteilen
ra, einen Computer und eine Funkschnittstelle. Die
                                                           der Nahrungsmittel möglich, also man kann den Fett-,
heutigen Smartphones sind viel leistungsfähiger als die
                                                           Zucker- und Eiweißanteil messen. Das funktioniert
PCs vor zehn Jahren. Das meiste haben sie schon ein-
                                                           recht verlässlich über die Infrarotlichtspektren. Für al-
gebaut, in einigen Fällen wird man ein „Add-on“- oder
                                                           les, was nur in geringen Mengen in den Lebensmitteln
„Clip-on“-Gerät brauchen, um adäquate Messbedin-
                                                           enthalten ist, braucht man zurzeit externe Apparaturen
gungen zu erreichen. Wenn man zum Beispiel kon-
                                                           wie besagten Streifentest.
stantes Umgebungslicht benötigt, kann dies einfach
eine zusammenfaltbare Kartonbox sein. Will man nicht
                                                           Werden die Food-Smartphones größere Lebens-
optische, sondern elektrische oder elektrochemische
                                                           mittellabors ersetzen?
Messungen durchführen, müsste man eine Elektrode in
                                                           Nielen: Manche Routinetests in den regionalen und
die Ladebuchse oder den Audioausgang stecken oder
                                                           zentralen Labors werden dadurch obsolet. Sie werden
per drahtloser Verbindung anschließen.
                                                           durch hochqualitative Untersuchungen mit den Smart-
                                                           phones direkt vor Ort ersetzt. Die Experten können
Könnte man damit auch geringste Spuren etwa
                                                           sich dadurch auf die wirklich interessanten Situationen
von Erdnüssen nachweisen, wogegen manche
                                                           konzentrieren, und zum Beispiel bei verdächtigen Pro-
Leute allergisch sind?
                                                           ben genauer nachhaken.
Nielen: Ja, ich glaube, das wäre mit einem Streifen-Test
möglich, wie man es von Schwangerschafts-Nachweis-
kits aus der Drogerie kennt. Jede Frau kann so einen
Teststreifen verwenden und ablesen, das ist also eine
einfach durchführbare Methode. Wir haben zurzeit
Prototypen von Allergen-Teststreifen, die Resultate
innerhalb von Sekunden liefern. Es gibt zwar schon
kommerzielle Allergentests, aber die brauchen allesamt
mehr als zehn Minuten, bis sie Resultate liefern. Wenn

                                                                                                food & feed 4.0   27
SYMPOSIUM

     »
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28          food & feed 4.0
food & feed 4.0   29
SYMPOSIUM

                                              © www.foto-kraus.at

                                                                                Allergenfrei –
                                                                     mehr als Kennzeichnungspflicht

                                        enb                         öck
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                                     ERBE

   »        Schon geringe Mengen von Lebensmittel­allergenen
            können für Allergiker lebensbe­drohend sein.

            Name und Funktion
            Dr. Eva Maria Wanzenböck, EMBA,
            Geschäftsführerin Romer Labs Division Holding GmbH

            Forschungsthema / Arbeitsbereich
            Romer Labs, Teil der ERBER Group, mit Standorten in Europa, USA,
            Singapur, Malaysia, China, Brasilien, Mexiko, Kanada, Australien,
            Russland und Ukraine bietet diagnostische Lösungen für die Lebens-
            und Futtermittelindustrie in den Bereichen Mykotoxine, Lebens­
            mittelpathogene, Lebensmittelallergene, Gluten, gentechnisch
            veränderte Organismen (GVO), Tierarzneimittelrückstände und
            andere Lebensmittelkontaminanten.
                                                                                      FÜR PRODUZENTEN
            Eva Wanzenböck ist seit Jänner 2015 Leiterin der Romer Division,          VON ALLERGENFREIEN
            verantwortlich für das operative Geschäft und die strategische Aus-       NAHRUNGSMITTELN IST EIN
            richtung. Zuvor war sie von 2011 bis 2014 Geschäftsführerin der           FUNKTIONIERENDES
            Regionalen Business Unit Romer Diagnostic. Sie studierte Moleku-          ALLERGENMANAGEMENT
            larbiologie an der Universität Wien – in ihrer Dissertation beschäf-      UNERLÄSSLICH,
            tigte sie sich mit Pflanzengenetik. Das Thema ihrer Masterthesis an       weiß die Geschäftsführerin
            der Donau-Universität Krems war „Allergenmanagement – Heraus-
                                                                                      von Romer Labs, Eva Wanzen-
            forderung für die Lebensmittelindustrie und Chance für Anbieter
                                                                                      böck. Der gesamte Produkti-
            von diagnostischen Testsystemen“. Zu ihren Forschungshighlights
                                                                                      onsprozess ist zu überwachen,
            zählt sie ihre Dissertation, die publiziert wurde und aus der sich ein
            Patent ergab, sowie das Füllen der Romer Labs Pipeline mit innova-        wofür Detektionssysteme
            tiven Produkten.                                                          benötigt werden.

30
Zwei bis vier Prozent der Bevölkerung leiden an
einer Lebensmittelallergie. Nimmt die Zahl der
Allergiker zu?
Eva Wanzenböck: Viele Experten gehen davon aus,
dass die Anzahl der Allergiker zunimmt.
                                                          Welche Schwierigkeiten kommen da auf Land-
Was sind die Gründe dafür?                                wirtschaft und Lebensmittelproduktion zu?
Wanzenböck: Die Spekulationen reichen von unseren         Wanzenböck: Allergenfreie Lebensmittel herzustellen
Essgewohnheiten bis hin zu falscher Ernährung wäh-        ist eine Herausforderung für die Industrie. Rohware
rend der Schwangerschaft. Wissenschaftlich fundierte      muss allergenfrei sein, Produktionslinien müssen pe-
Beweise gibt es nicht.                                    nibel sauber sein und die Produktion erfordert eigens
                                                          geschultes Personal. Ein implementiertes Allergenma-
Welche sind die häufigsten Allergien?                     nagement ist Voraussetzung. Lebensmittelproduzenten
Wanzenböck: Nussallergien bei Erwachsenen.                erarbeiten ein Konzept, von der Warenanlieferung bis
                                                          zur Auslieferung des Produkts, in dem Produktionspro-
Was beinhaltet die EU-Verbraucherinformations-            zesse beschrieben sind. Die Mitarbeiter haben sich an
verordnung zur Lebensmittel-Kennzeichnung?                die Vorschriften zu halten.
Wird sie in ausreichender Form umgesetzt?
Wanzenböck: Ja. Der europäische Gesetzgeber hat           Wie kann bzw. wird Romer Labs auf künftige
für zahlreiche Zutaten in verpackten Lebensmitteln mit    Entwicklungen reagieren?
einer Kennzeichnungsschrift reagiert: Allergene wie       Wanzenböck: Romer Labs bietet der Industrie dia-
Krebstiere, Eier, Fische, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch,    gnostische Lösungen, um Lebensmittelallergene zu
Schalenfrüchte, Sellerie, Senf, Sesamsamen, Schwe-        detektieren. Mittels Streifentests oder ELISAs (Enzyme-
feldioxid und Sulfite, Lupinen, Weichtiere und auch       linked Immunosorbent Assays) können in wenigen
Gluten müssen im Zutatenverzeichnis genannt werden.       Minuten Lebensmittelallergene im Produkt oder auf
                                                          Oberflächen, z. B. Produktionslinien, nachgewiesen
Wie können Lebensmittelhersteller über sämt-              werden.
liche Prozesse hinweg – vom Anbau in der Land-
wirtschaft bis zum verpackten Produkt – eine              Welche Forschungsschwerpunkte gibt es derzeit
allergenfreie Produktion sicherstellen?                   in Tulln?
Wanzenböck: Lebensmittelhersteller sind bemüht, die       Wanzenböck: Die Forschungsabteilung in Tulln be-
gesamte Supply Chain unter Kontrolle zu haben. Viele      schäftigt sich mit diagnostischen Lösungen für die
Betriebe testen „in house“, bevor Produkte im Regal       Detektion von Mykotoxinen und Bakterien.
landen oder beauftragen Labors, Untersuchungen
durchzuführen. Allergenfrei müssen nur jene Produkte      Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie
sein, die als „allergenfrei“ im Regal landen. Wenn        noch im Zusammenhang mit „Landwirtschaft 4.0“?
z. B. ein Nudelproduzent Spaghetti als „free from egg“    Wanzenböck: Automatisierung, Digitalisierung und
vermarktet, muss sichergestellt sein, dass keine Spuren   Blockchain sind wichtige Themen, die in den nächsten
von Eiproteinen im Produkt vorliegen. Rohwaren            Jahren nicht nur die Landwirtschaft, sondern die ge-
und Produktionslinien müssen in diesem Fall frei von      samte Lebensmittelindustrie beschäftigen werden.
Ei-Rückständen sein.

Wie wichtig ist Transparenz? Ist eine mehr oder
weniger weltweite Lebensmittelsicherheit in der
Industrie (jemals) möglich?
Wanzenböck: Das Qualitätsmanagement ist in den
meisten Betrieben für die Dokumentation verant-
wortlich. Ich gehe davon aus, dass Betriebe sich ihrer
Verantwortung bewusst sind und Produktionsprozesse
unter Kontrolle haben. Totale, weltweite Lebensmittel-
sicherheit ist unmöglich, da Fehler nie ausgeschlossen
werden können.

                                                                                               food & feed 4.0   31
SYMPOSIUM

32          food & feed 4.0
K rska
                                udo l f
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                                                     food & feed 4.0   33
SYMPOSIUM

                 Ein Hightech-Werkzeug
                                 gegen Mykotoxine

                                                                                   Krs        ka
                      © FFoQSI

                                                                         u d o l f               ul  ln
                                                                      R                     IFA-T

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                                                                                        U /
                                                                                    BOK
                                 Alle Mykotoxine schwächen
                                 das Immunsystem. Einige sind stark
                                 krebserregend (Aflatoxine).

                                  Name und Funktion
                                  Univ.-Prof. Dr. Rudolf Krska, Leiter Institut für Bioanalytik
                                  und Agro-Metabolomics, stv. Leiter IFA-Tulln, Universität
                                  für Bodenkultur Wien u. Professor an der Queens
                                  University Belfast.

                                  Forschungsthema / Arbeitsbereich
                                  Koordination des EU-Projekts MyToolBox (www.mytoolbox.           MYKOTOXINE KÖNNEN
                                  eu) und Blue-Area-Manager von FFoQSI (www.ffoqsi.at),            SOWOHL DIE LANDWIRT-
                                  u. a. Entwicklung von spektroskopischen Tests und Screen-
                                                                                                   SCHAFT ALS AUCH DIE
                                  ing-Verfahren. Erforschung von Interaktion und Kommu-
                                  nikation zwischen Mikroorganismen, wie Schimmelpilzen,           GESUNDHEIT DER TIERE
                                  und Nutzpflanzen auf molekularer Ebene.                          SCHÄDIGEN.
                                                                                                   Durch die Klimaerwärmung ist
                                  Krska studierte Technische Chemie, Habilitation 1999,            mit einem Anstieg von krebs-
                                  Professur für Analytische Chemie 2008.                           erregenden Aflatoxinen auch in
                                  Er war Mitbegründer und Miteigentümer der Firmen                 europäischem Mais zu rechnen,
                                  Biopure Referenzmaterialien (2001) und Quantas Ana-
                                                                                                   wie der Mykotoxinforscher
                                  lytics (2006) als Spin-offs der BOKU. Professuren und
                                                                                                   Rudolf Krska feststellt. Im Rah-
                                  Forschungsleitungen führten ihn nach Kanada, Nordir-
                                                                                                   men des EU-Projekts „MyTool-
                                  land und China. 2006 erhielt er den Dr. Wolfgang Houska
                                                                                                   Box“, das Krska seit 2016 am
                                  Award für die Arbeiten zum Nachweis und zur Reduktion
                                  von Mykotoxinen in Lebens- und Futtermitteln.                    IFA-Tulln koordiniert, beschäf-
                                  2006 entdeckte Krska erstmalig sogenannte maskierte              tigt man sich mit integrierten
                                  Toxine in Getreide; 2019 führte er die erste Methode zur         Maßnahmen zur Mykotoxin-
                                  raschen Bestimmung von mehr als 1.400 Kontaminanten              reduktion entlang der gesamten
                                  mittels Massenspektrometrie ein.                                 Lebens- und Futtermittelkette.

34          food & feed 4.0
Warum sind Mykotoxine so gefährlich?
Rudolf Krska: Alle Mykotoxine schwächen das Immun-
system. Einige sind stark krebserregend (Aflatoxine).
Weniger toxische Mykotoxine, die auch in Österreich
vorkommen, führen zu Ernteverlusten und zur Futter-       und eventuell Zugang zu einer Wetterstation – alles
verweigerung der Tiere, verringertem Wachstum bis         leicht zu organisieren.
hin zu östrogener Wirkung oder Leber- bzw. Nieren-
schädigung. Der wirtschaftliche Schaden in der Land-      Ein Schwerpunkt in der Zusammenarbeit liegt
wirtschaft beträgt mehrere Milliarden Euro jährlich       auf China. Wie kam es dazu?
weltweit.                                                 Krska: Die Europäische Kommission forciert die
                                                          Kooperation mit China in einigen Ausschreibungen,
Welche Technologien oder Mittel können Betriebe           wie auch in jener, in der ich mit meinem Projekt erfolg-
davor schützen?                                           reich war. Wir haben auch ein Decision Support System
Krska: Minimale Bodenbearbeitung, Fungizide und           für Getreidelager in China entwickelt.
der Einsatz von schimmelpilzresistenten Sorten, aber
auch Biokontrollorganismen, die dem Toxin-produ-          Wie ausgeprägt ist das Verständnis für die Ge-
zierden Pilz am Feld Konkurrenz machen. Zudem sind        fahren durch Mykotoxine auf den weltweiten
Vorwarnsysteme in Entwicklung. Wir haben in My-           Märkten?
ToolBox u. a. eine E-Plattform inklusive Vorwarnsystem    Krska: Während Pestizide alle kennen und fürchten,
für das Auftreten von Mykotoxinen in europäischen         sind Mykotoxine trotz weit größerer Toxizität in der
Nutzpflanzen etabliert: Es greift auf GPS- und Wetter-    Öffentlichkeit kaum bis nicht bekannt. Die weltweiten
daten sowie Modelle, in denen Genotyp der Pflanze         Märkte sind höchst alarmiert, da die EU strenge Grenz-
und Lebenszyklus von Schimmelpilzen berücksichtigt        werte und auch keine Scheu davor hat, ein Container-
werden, zurück. Auf der Plattform befinden sich auch      schiff etwa mit kontaminierten Erdnüssen aus China
wichtige Informationen für Enduser, wie Landwirte und     von Rotterdam nach der Kontrolle wieder nach Hause
die Lebens- und Futtermittelindustrie, die dort neben     zu schicken.
aktuellen Richtlinien auch wertvolle Tipps zur Vermei-
dung von Mykotoxinen „from field to fork“ erhalten.       Was sind die Herausforderungen im „Food &
                                                          Feed“-Bereich in naher Zukunft?
Wer liefert die Daten für MyToolBox?                      Krska: Die Digitalisierung wird weiter forciert werden
Krska: Die Daten liefern die Partner, wobei die Weiter-   und damit auch Rückführbarkeit und Transparenz. Es
gabe von Daten aus China schwierig bis unmöglich ist.     wird einen enormen Einfluss durch Klimawandelthe-
Wir haben unter anderem die Firma Barilla aus Parma       men geben – von geänderten Kontaminanten-Profilen
an Bord, die uns wichtige Daten zur Lagerung von          bis hin zur Frage der nachhaltigen Bio-Produktion.
Getreide und Produktion von Pastaprodukten liefert.       Innovationen und Informationen entlang der gesamten
Wir erhalten auch Daten von Farmern aus Serbien           Wertschöpfungskette sind gefordert.

                                                                                                       »
und England sowie von unseren italienischen Partnern
aus der Industrie und Forschung. Die Daten sollen von
Landwirten aber auch von der Lebensmittelindustrie
genutzt werden. Es handelt sich dabei sowohl um
statische als auch dynamische Daten – etwa Real-Time-
Daten von Sensoren eines Getreidesilos, die Tempera-
                                                          Die hochtoxischen Stoff-
tur und Kohlendioxid messen, um Schimmelpilzwachs-        wechselprodukte von Schimmel-
tum früh anzuzeigen.                                      pilzen treten im internationalen
                                                          Warenverkehr auf.
Und wer nutzt sie?
Krska: Die Plattform kommt für Kunden erst Ende
2019 auf den Markt.

Wie können Unternehmen MyToolBox aktiv nutzen?
Krska: Die Unternehmen benötigen nur ein Smart-
phone für unsere MyToolBox E-Plattform, GPS-Zugang

                                                                                               food & feed 4.0   35
»
                 ro u p
ERB         ER G
Die ERBER Group (mit Holdinggesellschaft ERBER AG) ist       Unsere leistungsstarke innerbetriebliche Forschung und
eine weltweit führende Firmengruppe im Bereich der           Entwicklung bieten die Grundlage für kundenorientierte
Lebens- und Futtermittelsicherheit, mit Schwerpunkten        und innovative Lösungen. Die Firmen der ERBER Group
auf natürlichen Futteradditiven, Futter- und Lebensmittel-   sind rund um den Globus auf vielen Gebieten, dank der
analytik sowie biotechnologischem Pflanzenschutz mit         Partnerschaften mit mehr als 250 angesehenen Laborato-
Sitz in Getzersdorf/Niederösterreich. Sie erwirtschaftete

                                                                                                          »
                                                             rien, akademischen Einrichtungen und Forschungsinstitu-
im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von über 330              ten, Vorreiter der Wissenschaft.
Millionen Euro. Die internationale Ausrichtung und die
firmeneigene Forschung und Entwicklung sind wichtige
Erfolgsfaktoren für das jährliche Wachstum der ERBER
Group.                                                        ‚Leaving foodprints‘ heißt für
                                                             uns: Einen spürbaren Beitrag
Die ERBER Group umfasst die Divisionen BIOMIN, ROMER         in der Futter(feed)- und Lebens­
LABS, SANPHAR und EFB (ERBER Future Business). Die
                                                             mittel(food)-Industrie zu leisten.
Unternehmensgruppe versteht sich als Expertenorganisa-
tion und ist Weltmarktführer im ursprünglichen Kernge-
schäft des Mykotoxin-Risikomanagements. Vertriebspart-       Der Forschungs-Campus in Tulln bildet das Zentrum unse-
ner eingeschlossen, ist die ERBER Group mit rund 1.400       rer wissenschaftlichen Aktivitäten. Unsere Wissenschaftler
Mitarbeitern in über 140 Ländern der Erde vertreten – in     entwickeln hier neue biochemische Verfahren, die der
rund 38 davon mit eigenen Niederlassungen. Die größten       ERBER Group als Werkzeuge und Basis für Innovationen
Niederlassungen außerhalb Österreichs befinden sich in       in der Lebens- und Futtermittelsicherheit dienen.
Brasilien, den USA, Singapur und China.                      Erfolgsprinzipien der ERBER Group, die den nachhaltig
                                                             ausgerichteten Wachstumskurs ermöglichen und im
                                                             Mittelpunkt unseres Handelns stehen, lauten Innovation,
                                                             Internationalisierung und Integration: Innovation im
                                                             Interesse der Kunden, Internationalisierung für den globa-
                                                             len Nutzen sowie Integration für Höchstleistungen aller
                                                             Divisionen.

                                                             Schätzungen zufolge wird die Weltbevölkerung im Jahr
                                                             2050 auf neun Milliarden angewachsen sein. Für die
                                                             Ernährung all dieser Menschen müssen viele Aspekte in
                                                             ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden: Umweltschutz
                                                             und effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen,
                                                             Wirtschaftlichkeit, Qualität, Gesundheit und Sicher-
                                                             heit. Diese Faktoren können nur durch den Einsatz hoch
                                                             entwickelter Mittel und Methoden in Einklang gebracht
                                                             werden. Wir in der ERBER Group konzentrieren uns voll
                                                             und ganz darauf, Lebens- und Futtermittelprodukte auf
                                                             eine gesunde und nachhaltige Weise, effizienter, hoch-
                                                             wertiger und sicherer zu machen.

36          food & feed 4.0
ERBER Group
Das Unternehmen wurde 1983 als „Erber KG“ und
später „BIOMIN GmbH“ von Erich und Margarete Erber
in Pottenbrunn/Niederösterreich gegründet und firmiert
seit 18.06.1996 als ERBER AG, die bis heute zu 100 %
in Familienbesitz ist. Die Eigentümer haben das Unter-

                                                                                         »
nehmen auf langfristigen Erfolg ausgerichtet und ihr
Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Österreich ist trotz
zunehmender Internationalisierung unverändert stark.

So haben wir 2015 die Konzernzentrale in Getzersdorf/      Für die ERBER Group zu arbeiten,
Niederösterreich errichtet und im Juli 2018 den neuen
                                                           bedeutet Spuren zu hinterlassen,
ROMER LABS Standort in Tulln fertiggestellt, welcher
Forschung & Entwicklung, Produktion, Qualitätskontrolle,
                                                           die die Welt besser machen.
analytisches Servicelabor und technischen Support unter    Unsere Kultur:
einem Dach vereint. Der weitere Ausbau des österreichi-
                                                           Pioneers – Partners – Performers
schen Standorts der ERBER Group erfolgte im September
2018 mit dem Spatenstich für die neue Produktionsan-
lage des Tochterunternehmens BIOMIN in Haag am Haus-
ruck/Oberösterreich. Am neuen Standort werden künftig
natürliches, antibiotikafreies Mineralfutter und Vormi-
schungen produziert, um damit die Versorgung innerhalb
Europas auch in Zukunft zu sichern und weitere interna-
tionale Geschäftserweiterungen möglich zu machen.

                                                                                    food & feed 4.0   37
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