Fundstelle VG Berlin, Urteil vom 20.01.2020 openJur

 
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VG Berlin, Urteil vom 20.01.2020 - 5 K 454.17 A

Fundstelle                        openJur 2020, 37578          Rkr:  AmtlSlg: 

Tenor
 1
     Die Klage wird abgewiesen.
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     Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand
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     Die Kläger begehren internationalen Schutz und nationales Asyl.
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     Der 36-jährige, in Bagdad geborene und in der Provinz Sulaymaniyah aufgewachsene Kläger zu 1 ist irakischer
     Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er ist der leibliche Vater des 7-jährigen Klägers zu 3, dessen Mutter
     und erste Ehefrau des Klägers zu 1 Ende 2013 verstorben ist. Im März 2015 heiratete der Kläger zu 1 die 28-jährige
     Klägerin zu 2, eine Zeit ihres Lebens in Bagdad wohnende irakische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit.
     Nach der Ausreise aus dem Irak bekamen die beiden in der Schweiz ein Kind, den 2-jährigen Kläger zu 4. Am 26. Mai
     2017 stellten die Kläger in der Bundesrepublik Deutschland Asylanträge.
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     In den Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 26. Juli 2017
     erklärten die Kläger zu 1 und 2 im Wesentlichen, sie könnten nicht mehr in den Irak zurückkehren. Der Kläger zu 1
     werde in Bagdad von den dortigen, schiitisch geprägten Sicherheitsbehörden wegen seiner kurdischen Herkunft und
     seiner islamisch-sunnitischen Religion bedroht; dazu reichte er Kopien von den behaupteten Bedrohungsschreiben ein.
     Auch in die Region Kurdistan-Irak könne der Kläger zu 1 nicht zurückgehen: Dort werde er von der kurdischen
     Militärpolizei gesucht und bei Auffinden für drei Jahre in Haft genommen, weil er seinen vertraglich vereinbarten
     Militärdienst bei den Peschmerga vorzeitig beendet habe. Die Klägerin zu 2 machte unter Einreichung von Attesten
     ergänzend geltend, sie sei in psychologischer Behandlung und habe Magen-Darm-Probleme.
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     Das Bundesamt lehnte es mit Bescheid vom 1. August 2017 ab, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen
     (Ziffer 1 des Bescheidtenors), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären
     Schutzstaates nicht zu (Ziffer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des
     Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 4). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik innerhalb von 30 Tagen
     nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte ihnen die Abschiebung in den Irak oder
     einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf
     30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).
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     Mit der dagegen am 9. August 2017 erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren zunächst unter Wiederholung
     ihres bisherigen Vorbringens vollumfänglich weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 8. März 2018 hat der Kläger zu 1 dann
     erstmals mitgeteilt, bereits im Jahr 2015 zum Zoroastrismus konvertiert zu sein; er hat dazu einen auf November 2015
     datierenden Mitgliedsantrag und einen auf Juni 2017 datierenden Mitgliedsausweis der Kurdistan Organisation Culture
     of Zoroastrian Philosophy jeweils im Original eingereicht. Er hat erklärt, er habe die Konversion in der Anhörung beim
     Bundesamt verschwiegen, da er befürchtet habe, bei einer eventuellen Rückkehr in den Irak deswegen Opfer von
     religiös motivierter Verfolgung zu werden. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2019 hat der Kläger zu 3 unter Einreichung eines
     ärztlichen Attests vorgetragen, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden und medikamentös behandelt
     zu werden. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung haben die Kläger schließlich weitere Unterlagen eingereicht,
     insbesondere den kurdischen Soldatenausweis des Klägers zu 1 und eine Kopie des auf ihn ausgestellten Haftbefehls
     der Peschmerga vom 28. September 2014 sowie ärztliche Atteste betreffend die Kläger zu 2 bis 4.
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     Die Kläger beantragen,
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     die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. August 2017 zu
     verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und sie als Asylberechtigte anzuerkennen, hilfsweise, ihnen
     subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise, festzustellen, dass in der Person der Kläger Abschiebungsverbote
     nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
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     Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid schriftsätzlich,
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     die Klage abzuweisen.

     Das Gericht hat die Kläger zu 1 bis 3 in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört; wegen des Inhalts der
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     Das Gericht hat die Kläger zu 1 bis 3 in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört; wegen des Inhalts der
     Befragung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
     Streitstandes verweist das Gericht auf die Streitakten, die Asylakten der Kläger sowie die Erkenntnismittel zur Republik
     Irak; diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe
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     Über die Klage entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter, weil die Kammer ihm das Verfahren mit Beschluss vom
     15. November 2019 gemäß § 76 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) zur Entscheidung übertragen hat.
14
     Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und
     entscheiden, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. § 102 Abs. 2 der
     Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
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     Die als Verpflichtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben im
     maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) jeweils keinen Anspruch auf die
     Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (dazu unter I.), die Anerkennung der Asylberechtigung (II.), die Zuerkennung
     subsidiären Schutzes (III.) sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten (IV.). Die Abschiebungsandrohung (V.)
     und das Einreise- und Aufenthaltsverbot sind rechtmäßig ergangen (VI.). Der angegriffene Bescheid des Bundesamts ist
     rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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     I.Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §3 AsylG.
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     Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft
     zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)
     oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60
     Abs. 1 AufenthG abgesehen.
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     Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner
     Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
     außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in
     Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
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     Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. aufgrund ihrer Art oder
     Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte
     darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte
     und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher
     Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person
     davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Die Annahme einer Verfolgungshandlung
     setzt einen gezielten Eingriff in ein nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des
     Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als
     Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit
     Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie) geschütztes
     Rechtsgut voraus.
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     § 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe. Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es
     bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser
     tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten Merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben
     werden.
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     Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3b AsylG genannten
     Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von
     Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den
     Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen.
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     Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder
     einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (sog. quasistaatliche Akteure), oder nichtstaatlichen Akteuren,
     sofern staatliche oder quasistaatliche Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in
     der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine
     staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
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     Gemäß § 3e AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn interner Schutz besteht.

     Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten
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     Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten
     Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage
     tatsächlich, das heißt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk") drohen. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal "...
     aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ..." des Art. 2 Buchstabe d Qualifikationsrichtlinie enthaltene
     Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
     (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 Qualifikationsrichtlinie auf die tatsächliche Gefahr abstellt. Das entspricht dem
     Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer
     zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden
     Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen.
     Dabei ist eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten
     Umstände und ihrer Bedeutung anzuwenden. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem
     vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden
     kann.
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     Die begründete Furcht vor Verfolgung kann dabei auf tatsächlich erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung
     bereits vor der Ausreise im Herkunftsstaat (Vorverfolgung) oder auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem
     der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat (Nachfluchtgründe), insbesondere auch auf einem Verhalten des
     Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung
     ist (§ 28 Abs. 1a AsylG). Der der Prognose zugrunde zu legende Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bleibt
     auch dann unverändert, wenn der Ausländer bereits verfolgt wurde. Allerdings ist nach Art. 4 Abs. 4
     Qualifikationsrichtlinie die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde bzw. von Verfolgung unmittelbar bedroht
     war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass er tatsächlich Gefahr läuft, erneut verfolgt zu werden. Dies ist im Sinne einer
     tatsächlichen Vermutung zu verstehen, dass sich frühere Handlungen oder Bedrohungen bei einer Rückkehr in das
     Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass
     stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften.
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     Die jeweilige Beurteilung unterliegt der freien Würdigung des Tatrichters. Auch wenn hinsichtlich der zu treffenden
     Prognose, ob die Gefahr einer Verfolgung droht bzw. die Gefahr einer Verfolgungswiederholung nicht auszuschließen
     ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner
     gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle richterliche Überzeugung erlangt haben muss. Hierfür bedarf es
     einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Dabei ist die regelmäßig bestehende besondere Beweisnot des materiell
     beweisbelasteten Schutzsuchenden dadurch zu berücksichtigen, dass dessen eigenen Erklärungen gegebenenfalls
     größere Bedeutung beizumessen ist, als dies meist sonst bei Beteiligtenangaben der Fall ist, weil in der Regel
     unmittelbare Beweise im Herkunftsland nicht erhoben werden können. Das Gericht muss sich in diesem Fall jedoch
     schlüssig davon überzeugen, dass es den Angaben des Klägers glaubt. Bei erheblichen Widersprüchen oder
     Steigerungen im Sachvortrag kann dem Kläger nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt
     werden (vgl. zu diesen Maßstäben BVerwG, Urteile vom 19. April 2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 10 ff., vom 13. Februar
     2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 18, vom 20. Februar 2013 -10 C 23.12 - juris Rn. 32, vom 7. September 2010 -10 C 11.09
     - juris Rn. 14 f., vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 23, vom 12. November 1985 -9 C 27.85 - juris Rn. 17 und
     vom 16. April 1985 - 9 C 109.84 - juris Rn. 17, sowie näher zur qualifizierten Betrachtungsweise Beschluss vom 7.
     Februar 2008 - 10 C 33.07 - juris Rn. 37).
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     Gemessen an diesen Grundsätzen ist den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen.
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     1.Soweit der Kläger vorträgt, ihm drohe im Fall seiner Rückkehr in die Region Kurdistan-Irak eine harte Strafe, weil er
     bei den Peschmerga desertiert sei, hat seine Klage keinen Erfolg.
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     Es ergibt sich aus den gerichtlichen Erkenntnissen, dass das zuständige Peschmerga-Ministerium in der Region
     Kurdistan Irak angibt, dass Desertionen nicht zur Anklage gebracht werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an BAMF
     zur Verifizierung eines Haftbefehls bei Desertion, 26. November 2018). Dies deckt sich im Wesentlichen auch mit den
     weiter eingeführten Erkenntnismitteln (vgl. etwa: Bundesamt für Fremdenwesen, Peschmerga: Austritt/Desertion, 7.
     Dezember 2015; Schweizer Flüchtlingshilfe, Peschmerga in der KRG-Region, 7. Januar 2019 S. 11).
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     Eine Ausnahme hiervon kann das Gericht auch im Streitfall nicht erkennen. Der Kläger zu 1 hatte sich freiwillig zum
     Dienst verpflichtet. Er war bei den Peschmerga nicht in den kämpfenden Einheiten, sondern vor allem als Bodybuilding-
     Trainer tätig. Nach der Fahnenflucht hat er sich im Irak noch über ein Jahr - insoweit - unbehelligt aufgehalten. Auch hat
     er das zum Zwecke seiner Ausreise beantragte Visum problemlos erhalten. All dies spricht dagegen, dass dem Kläger
     zu 1 im Irak die Festnahme wegen Desertion drohte.

     Hieran ändert auch die eingereichte Kopie eines auf ihn ausgestellten Haftbefehls nichts. Grundsätzlich ist zu
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     Hieran ändert auch die eingereichte Kopie eines auf ihn ausgestellten Haftbefehls nichts. Grundsätzlich ist zu
     berücksichtigen, dass im Irak Dokumente jedweden Inhalts erstellt werden können, ohne dass deren Inhalt den
     Tatsachen entsprechen muss (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
     Republik Irak vom 12. Januar 2019 (Stand: Dezember 2018), S. 27). Das Gericht vermag auch hier nicht anzunehmen,
     dass das Dokument einen wahren Inhalt verbrieft. Der Haftbefehl datiert nämlich bereits vom 28. September 2014. Zu
     diesem Zeitpunkt war der Kläger jedoch noch gar nicht vom Dienst bei den Peschmerga abgetreten; ausweislich seiner
     mehrfachen und insoweit spezifischen Angaben hierzu tat er dies erst am 2. Oktober 2014.
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     Die vom Kläger behauptete telefonische Warnung eines Freundes, den er noch vom Militärdienst gekannt habe,
     keinesfalls wieder nach Irak-Kurdistan zurückzukehren, sonst würde er für drei Jahre in Haft genommen, wertet das
     Gericht vor dem oben dargelegten Hintergrund als nicht glaubhaft.
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     2.Die behauptete Bedrohung vor allem des Klägers zu 1 durch schiitische Milizen in Bagdad vermag das Gericht
     ebenfalls nicht zu glauben.
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     Die Kläger haben bereits die Verfolgungsmotivation nicht klarmachen können. Sie haben bei den Eltern der Klägerin zu
     2, die - wie jedenfalls auch die Klägerin zu 2 - Sunniten sind, in deren Haus in dem sunnitisch geprägten Bagdader
     Stadtteil Adhamiya in dem gemischten, aber mehrheitlich von Sunniten bewohnten Bezirk Qahira gewohnt. Um den
     Stadtteil ist nunmehr sogar eine Mauer gebaut worden, um es von den umliegenden schiitischen Vierteln zu isolieren
     (vgl. dazu ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation:
     Anfragebeantwortung zum Irak: Aktuelle Lage in Bagdad: Überblick Gebietskontrolle; Sicherheitslage aktuell und
     Entwicklungen seit 2016; Lage von Sunniten [a-10082], 27. März 2017, verfügbar auf ecoi.net). Vor diesem Hintergrund
     ist nicht nachvollziehbar, warum schiitische Milizen den Kläger zu 1, den sie für einen kurdischen Sunniten hielten, von
     dort verdrängen wollten, insbesondere wo die dort lebende Großfamilie seiner Ehefrau jedoch unbehelligt blieb.
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     Soweit der Kläger zu 1 geltend macht, er werde in Bagdad schikaniert, weil er Kurde sei, verhilft dies der Klage
     ebenfalls nicht zum Erfolg. Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Kurden in Bagdad bestehen nach der
     Erkenntnislage des Gerichts nicht (vgl. EASO, Common Analysis, Iraq, S. 107). Seine Behauptung, ihm sei die
     Arbeitsstelle aufgrund seiner kurdischen Herkunft und seiner islamisch-sunnitischen Religion gekündigt worden, weil
     Bagdader Sicherheitsbehörden dem Arbeitgeber gedroht hätten, diesen und ihn allein deswegen zu töten, ist durch
     nichts belegt; Schriftstücke zur Kündigung oder den Bedrohungen existieren nicht, alles sei stets nur mündlich
     abgelaufen. Die Kläger konnten zudem nicht vermitteln, warum der Kläger zu 1 erst im Oktober 2015 bedroht worden
     sein soll, nachdem er bereits über ein Jahr in Bagdad gelebt hatte, davon seit einem halben Jahr im Haus seiner
     Schwiegereltern. Dies ist vor allem deshalb verwunderlich, weil ihm die Unbedenklichkeitsbescheinigung bereits nach
     der Eheschließung im März 2015 verweigert worden sein soll, die - nach Angaben der Kläger von Schiiten geprägten -
     Sicherheitsbehörden mithin spätestens zu diesem Zeitpunkt von seinem Aufenthalt in Bagdad wussten. Ebenfalls
     erklärungsbedürftig ist geblieben, woher die Verfolger die Mobilfunknummer des Klägers zu 1 gehabt haben sollen.
     Unverständlich ist auch, wie und warum der Kläger zu 1 Kopien der Bedrohungsschreiben gefertigt haben soll, die
     Originale jedoch vernichtet haben will. Seine Erklärung, er würde getötet, wenn jemand die Briefe gefunden hätte, ist für
     sich betrachtet bereits nicht nachvollziehbar, wird jedoch auch dadurch unsinnig, als dies für die Kopien doch im
     gleichen Maße gelten würde.
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     Unabhängig hiervon scheidet eine Anerkennung der Kläger als Flüchtlinge im Sinne des §3 AsylG auch wegen der
     Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes nach § 3e Abs. 1 AsylG aus, wonach dem Schutzsuchenden die
     Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor
     Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen
     kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Diese
     Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Region Kurdistan-Irak für die Kläger vor.
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     Ausweislich des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amts vom 12. Januar 2019 (Stand: Dezember 2018) ist
     insbesondere Erbil, die Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, ohne Probleme per Direktflug von Deutschland
     aus erreichbar. Für kurdisch-stämmige Iraker - wie die Kläger zu 1, 3 und 4 - sind keine Einreisehindernisse bekannt.
     Die Sicherheitslage in der Region ist weiterhin relativ stabil, auch wenn - wie im ganzen Land - weiter ein Risiko von
     Anschlägen des IS besteht (vgl. UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen, Mai
     2019, S. 26 f.). Von den Klägern kann vernünftigerweise auch erwartet werden, dass sie sich dort niederlassen. Der
     Kläger zu 1 ist ein gesunder Mann im erwerbsfähigen Alter, der im Irak bereits im Erwerbsleben stand. In der Region
     Kurdistan-Irak leben zudem nicht nur die nächsten Verwandten, sondern die Familie des Klägers zu eins, die ebenfalls
     unterstützend zur Seite stehen kann. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht keinen Zweifel, dass die Kläger ihre
     Grundbedürfnisse dort werden befriedigen können.
     3.Der Kläger zu 1 ist nach Überzeugung des Gerichts schließlich auch nicht aus dem Irak ausgereist, weil er dort aus
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     3.Der Kläger zu 1 ist nach Überzeugung des Gerichts schließlich auch nicht aus dem Irak ausgereist, weil er dort aus
     Gründen religiöser Überzeugung, nämlich eines Abfalls vom Islam und Konversion zum Zoroastrismus (§ 3 Abs. 1 Nr. 1
     AsylG i. V. m. § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG), verfolgt wurde.
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     Eine Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), der durch § 3a Abs. 1
     AsylG in nationales Recht umgesetzt worden ist, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
     (EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 - juris) sowie der Rechtsprechung des
     Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 - juris) auch in einer schwerwiegenden
     Verletzung des in Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechtes auf
     Religionsfreiheit liegen, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Ein hinreichend schwerer Eingriff in die
     Religionsfreiheit setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach Rückkehr in sein Herkunftsland
     tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr der Verfolgung aussetzt. Vielmehr kann bereits der unter dem
     Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen.
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     Die Beurteilung, ob eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen
     einer Verfolgungshandlung im Sinne der genannten Vorschrift zu erfüllen, hängt aber - abgesehen von objektiven
     Umständen - auch von subjektiven Gesichtspunkten ab. Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der
     dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben. Als
     relevanten subjektiven Gesichtspunkt für die Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit ist der Umstand
     anzusehen, ob für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der
     Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Maßgeblich ist dabei, wie der einzelne
     Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem
     Glaubensverständnis unverzichtbar ist. Dabei ist nicht zu fordern, dass der Betroffene innerlich zerbrechen oder
     jedenfalls schweren seelischen Schaden nehmen würde, wenn er darauf verzichten müsste, seinen Glauben zu
     praktizieren. Entscheidend ist vielmehr, dass die konkrete Glaubenspraxis seine religiöse Identität wesentlich prägt und
     für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013, a. a. O. Rn. 29; Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B
     40.15 - juris Rn. 11). Eine enge Verbundenheit des Ausländers zu seinem Glauben genügt alleine nicht. Erforderlich ist
     vielmehr, dass er diesen in einer Weise lebt und voraussichtlich leben wird, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der
     Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des
     Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen
     Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar
     2013, a. a. O. Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juni 2013 - 11 S 757.13 - juris Rn. 49).
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     Dies zugrunde gelegt hat das Gericht durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der erstmals im gerichtlichen
     Verfahren aufgestellten Behauptung des Klägers zu 1, er sei bereits 2015 zum Zarathustra-Glauben konvertiert.

     Dies liegt zum einen daran, dass der Kläger zu 1 diesen Umstand während des gesamten Verwaltungsverfahrens bei
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     Dies liegt zum einen daran, dass der Kläger zu 1 diesen Umstand während des gesamten Verwaltungsverfahrens bei
     dem Bundesamt und auch in der Klagebegründung nicht ansatzweise vorgetragen hat. Soweit er erst im späteren
     Verlauf des gerichtlichen Verfahrens die Konversion behauptet und erklärt hat, er habe diese in der Anhörung beim
     Bundesamt verschwiegen, da er befürchtet habe, bei einer eventuellen Rückkehr in den Irak deswegen Opfer von
     religiös motivierter Verfolgung zu werden, ist diese Furcht schon nicht nachvollziehbar, erklärt jedenfalls auch nicht,
     warum er dies auch dem Gericht zunächst nicht offenbart hat. Vielmehr lässt sein Verschweigen vermuten, dass eine
     absolute innere Zuwendung zum Zoroastrismus beim Kläger zu 1 nicht vorliegt. Hierein fügt sich, dass seine Ehefrau,
     die Klägerin zu 2, die arabische Sunnitin ist, die angebliche Konversion ihres Ehemanns im gesamten Verfahren mit
     keinem Wort erwähnt hat. Dies ist ebenso unverständlich wie der Umstand, dass der Kläger zu 1, der im Haus seiner
     Schwiegereltern, die ebenfalls arabische Sunniten sind, gelebt hat, über entsprechende Konfliktlinien nichts berichtet
     hat. Vielmehr hat er ausdrücklich geltend gemacht, in Bagdad allein wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit und
     seiner sunnitischen Religion bedroht worden zu sein. Dies steht im Widerspruch dazu, dass er in der mündlichen
     Verhandlung berichtet hat, seine Eltern hätten versehentlich bereits 2014 durch ein Foto auf seinem Handy von der
     Konversion erfahren. Gegen den Wahrheitsgehalt der Konversionsbehauptung spricht auch, dass der der Kläger zu 1
     den Aufnahmeantrag bei der Kurdistan Organisation Culture of Zoroastrian Philosophy im November 2015 gestellt
     haben will, zu diesem Zeitpunkt lebte er bereits seit über einem Jahr in Bagdad; widersprüchlich ist auch die weitere
     Erklärung des Klägers zu 1 hierzu, er habe den Antrag erst gestellt, als er bereits in Deutschland gewesen sei.
     Unerklärlich ist auch, warum er erst im Juni 2017, nachdem er bereits lange ausgereist war, von der oben genannten
     Organisation aufgenommen worden sein soll. Seine Erklärung, man erhalte die Mitgliedschaft nicht gleich, ist nicht nur
     wegen seiner weiteren Behauptung unverständlich, er habe sich bereits 2011 dem Zoroastrismus zugewandt, sondern
     steht auch im Widerspruch dazu, dass er 2014 in der traditionellen Tracht der Zoroastrier zusammen mit einem hohen
     Geistlichen der oben genannten Organisation fotografiert worden sei.
43
     Zum anderen sind Schilderungen zu seinem Glaubenswandel, den Gründen für den Wechsel sowie den Prinzipien und
     Zielen des Zoroastrismus kaum erfolgt. Mehr als das in allgemein zugänglichen Quellen ohne weiteres recherchierbare
     Mantra der Religionsgemeinschaft hat der Kläger zu 1 nicht präsentiert. Tiefergehende Kenntnisse als die Aussage, der
     Zarathustra-Glaube sei an und für sich die ursprüngliche Religion der Kurden, hat der Kläger zu 1 nicht offenbart. Über
     eine Aufnahmezeremonie, die in der Region Kurdistan-Irak bspw. in Sulaymania durchgeführt werden oder den Besuch
     in den dortigen Gebetshäusern (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zum Irak: Informationen zu ZoroastrierInnen,
     21.12.2017), hat der Kläger nichts berichtet. Angaben zu seiner Glaubensausübung seit der Einreise in Deutschland hat
     er ebenfalls nicht gemacht; ein Gebetshaus hat er hier ebenfalls nicht aufgesucht.

     Unabhängig davon ist das Gericht auch nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu 1 mit beachtlicher
44
     Unabhängig davon ist das Gericht auch nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu 1 mit beachtlicher
     Wahrscheinlichkeit Gefahr liefe, einer Verfolgungshandlung von flüchtlingsschutzrechtlich relevanter Intensität
     ausgesetzt zu sein, wenn er nach einer Rückkehr in die Region Kurdistan-Irak seine religiöse Überzeugung so ausüben
     würde, wie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland. Ein individuelles Verfolgungsschicksal hat er nicht glaubhaft
     gemacht. Eine Vorverfolgung hat er nicht behauptet. Dass er nach einer Rückkehr in identitätsprägender Weise das
     Bedürfnis verspüren würde, seine Zuwendung zum zoroastrischen Glauben nach außen hin kund zu tun, ist ebenso
     wenig vorgetragen oder ersichtlich. Eine zukünftige Verfolgungsgefahr durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure in
     der Region Kurdistan-Irak ist, jedenfalls wenn der Kläger wie bisher im Wesentlichen allein und ohne Außenwirkung den
     Glauben praktiziert, nach der Erkenntnislage des Gerichts nicht anzunehmen. Die Verfassung des Irak bestimmt in Art. 2
     den Islam zur Staatsreligion und zu einer Hauptquelle der Gesetzgebung, garantiert aber auch Religionsfreiheit für
     religiöse Minderheiten (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik
     Irak (Stand: Dezember 2018), 12.01.2019, S. 11). Das kurdische Regionalparlament hat im Mai 2015 ein Gesetz
     speziell zum Schutze religiöser Minderheiten erlassen, welches zahlreiche Minderheitenrechte verbürgt und ein weit
     gefasstes Diskriminierungsverbot vorsieht. Dieses Gesetz erkennt unter anderem die zoroastrische Religion offiziell an
     (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zum Irak: Informationen zu ZoroastrierInnen, 21.12.2017; UK Home Office,
     Country Information and Guidance, Iraq: Religious Minorities, Version 1.0, August 2016, S. 13 ("The Rights of National
     and Religious Minorities Protection Law in Kurdistan - Iraq"). Es wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2015 etwa
     100.000 Zoroastrier in der RKI lebten und eine zunehmende Anzahl von muslimischen Kurden zum Zarathustra-
     Glauben konvertiert, auch weil diese in der Region Kurdistan-Irak mehr Anerkennung erfahren als in anderen Regionen
     des Irak (vgl. EASO Country of Origin Information Report, Iraq, Targeting of Individuals, März 2019, S. 148). Nach
     Auskunft des Auswärtigen Amtes liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass staatliche Stellen in der Region Kurdistan-
     Irak die Religionsausübung der Zoroastrier behindern. Die Religionsgemeinschaft der Zoroastrier ist im Ministerium für
     Religionsangelegenheiten der Autonomen Region Kurdistan-Irak vertreten. Den Aussagen einer Vertreterin der
     Religionsgemeinschaft der Zoroastrier zufolge, können die Anhänger ihrer Religionsgemeinschaft ihre Religion in der
     RKI frei ausüben. Unter anderem gebe es ein zoroastrisches Kulturzentrum (Zoroastrian Cultural and Heritage Center)
     sowie einen kleinen Tempel, in dem zoroastrische Rituale abgehalten würden. Luqman Karim, der Anführer der
     Zoroastrier im Irak, lebe in Sulaimaniya. Es gebe auch NGOs wie das Zentrum für Zoroastrisches Erbe und Kultur
     (Zoroastrian Cultural and Heritage Center), die die Interessen der Gemeinschaft vertreten würden (vgl. ACCORD,
     Anfragebeantwortung zum Irak: Informationen zu ZoroastrierInnen, 21.12.2017). Soweit es Berichte über Hasspredigten
     radikalislamischer Imame gegen Zoroastrier sowie Andersgläubige allgemein gibt, müssen diese mit Konsequenzen,
     wie Entzug der Predigerlizenz durch das Ministerium für Religionsangelegenheiten der Region Kurdistan-Irak oder
     Strafanzeigen rechnen. Zudem üben die kurdischen Polizei- und Sicherheitskräfte (Peschmerga) innerhalb der Region
     Kurdistan-Irak grundsätzlich effektiv Schutz aus und können wirksam für Recht und Ordnung sorgen, sodass
     insbesondere Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt sind (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über
     die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12.01.2019 (Stand: Dezember 2018), S. 12; UK
     Home Office, Country Information and Guidance, Iraq: Religious Minorities, Version 1.0, August 2016, S. 6, 29 f.). Die
     nach der Erkenntnislage zu beobachtenden faktischen Diskriminierungen von religiösen Minderheiten, etwa am
     Arbeitsmarkt oder im Personenstandsrecht (vgl. hierzu EASO Country of Origin Information Report, Iraq, Targeting of
     Individuals, März 2019, S. 148; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
     Republik Irak vom 12.01.2019 (Stand: Dezember 2018), S. 17), begründen ebenfalls nicht die Annahme einer (Gruppen-
     )Verfolgung der Zoroastrier, da sie nicht die Qualität und Intensität einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgung
     erreichen.

     Eine Verfolgungsgefahr ergibt sich auch nicht bei der Annahme, dass der Kläger nach einer Rückkehr in den Irak als
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     Eine Verfolgungsgefahr ergibt sich auch nicht bei der Annahme, dass der Kläger nach einer Rückkehr in den Irak als
     Zoroastrier wahrgenommen werden sollte. Atheisten bzw. Apostaten sind in der Region Kurdistan-Irak nicht generell
     einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgung durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure ausgesetzt. Nur im Einzelfall
     kann die Gefahr bestehen, aufgrund von öffentlichen atheistischen Äußerungen angegriffen oder von der eigenen
     Familie verstoßen zu werden. Hierfür liegen indes keine Anhaltspunkte vor. Der Kläger zu 1 hat nicht vorgetragen, das
     Bedürfnis zu haben, islamkritische Äußerungen öffentlichkeitswirksam kund zu tun. Dem Vorbringen des Klägers lässt
     sich insgesamt allenfalls entnehmen, dass er keinen Wert auf Austausch über religiöse Themen legt. Einer etwaigen
     Gefahr durch seine nach wie vor in der Region Kurdistan-Irak lebenden Familienangehörigen, die er unsubstantiiert
     behauptet hat, kann er sich durch einen Umzug innerhalb der Region Kurdistan-Irak entziehen. Dies stellt eine
     innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 3e Abs. 1 AsylG dar. Es ist weder substantiiert dargetan noch
     ersichtlich, weshalb seine Familienangehörigen den Kläger an anderen Orten aufspüren sollten, zumal er bereits seit
     mehr als vier Jahren nicht mehr im Irak ist. Der Kläger, der Kurde ist, kann nach den Erkenntnissen des Gerichts in
     andere Teile dieser Region sicher und legal reisen und wird dort aufgenommen (vgl. UK Home Office, Country Policy
     and Information Note Iraq: Internal relocation, civil documentation and returns, Version 7.0, September 2018, S. 9; The
     Danish Immigration Service, Northern Iraq, Security situation and the situation for internally displace persons (IDPs) in
     the disputed areas, incl. possibility to enter and access the Kurdistan Region of Iraq (KRI), November 2018, S. 35 ff.;
     EASO, Country of origin information report Iraq: Internal mobility, Februar 2019, S. 34 ff.).
46
     Weil das Gericht dem Kläger zu 1 weder die Konversion noch die daran anknüpfende Verfolgung im Irak zu glauben
     vermag, sieht es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr in seine Heimat deswegen
     Verfolgung drohen könnte.
47
     II.Da bereits der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unbegründet ist, liegen die engeren
     Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), der (nur) politisch Verfolgten
     das Asylrecht gewährt, erst recht nicht vor.Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die
     Ausführungen des Bundesamtes in dem angefochtenen Bescheid verwiesen.
48
     III.Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach §4 Abs. 1 AsylG.
49
     Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die
     Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden
     gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche
     oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der
     Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen
     bewaffneten Konflikts. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Die für den
     Flüchtlingsschutz geltenden unionsrechtlichen Vorgaben einschließlich des Prognosemaßstabes sind auf den
     subsidiären Schutz ebenfalls anzuwenden, d. h. es gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl.
     BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 18 und 22; OVG Münster, Urteil vom 26. August 2014 -13 A
     2998/11.A - juris Rn. 34).
50
     Gemessen an diesen Grundsätzen ist den Klägern subsidiärer Schutz nicht zuzuerkennen. Das Gericht ist nicht davon
     überzeugt, dass stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter
     Schaden droht.
51
     1.Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG liegen nicht vor.
     Dass den Klägern die Verhängung oder die Vollstreckung der Todesstrafe droht, machen sie selbst nicht geltend und ist
     auch nicht ersichtlich.
52
     2.Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass den Klägern Folter oder Bestrafung oder eine unmenschliche oder
     erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG droht. Die Kläger haben insoweit einzig auf die
     zurückliegende Bedrohung durch verschiedene Akteure Bezug genommen. Dieses Vorbringen ist flüchtlingsrechtlich
     unmaßgeblich; auf die Ausführungen unter I. wird verwiesen.
53
     Auch die allgemeine humanitäre Situation im Irak begründet nicht die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden
     Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Denn es fehlt schon an dem erforderlichen (vgl. dazu das Urteil
     der Kammer vom 4. März 2019 - 5 K 509.17 A - juris Rn. 69ff. m.w.N.) staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur, von dem
     insoweit eine zielgerichtete unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ausgehen würde.

     Die im Irak vorherrschende insgesamt schwierige humanitäre Lage wird durch die langanhaltenden kriegerischen
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     Die im Irak vorherrschende insgesamt schwierige humanitäre Lage wird durch die langanhaltenden kriegerischen
     Auseinandersetzungen, die Sicherheitslage, die fragliche Staatlichkeit, die innerstaatlichen Territorialkonflikte, die
     fortbestehenden konfessionellen bzw. ethnischen Auseinandersetzungen, die weiterhin unbefriedigende wirtschaftliche
     Entwicklung und die herrschenden Umweltbedingungen beeinflusst und bestimmt. Es ist nicht festzustellen, dass einem
     der in Betracht kommenden staatlichen oder nichtstaatlichen Akteure (§ 3c AsylG) im maßgeblichen Zeitpunkt der
     Entscheidung ein wesentlicher direkter oder indirekter Beitrag anzulasten wäre. Jedenfalls liegt es völlig fern, dass die
     die humanitäre Situation bestimmenden Umstände von einem solchen Akteur gezielt herbeigeführt worden wären bzw.
     aufrechterhalten würden.
55
     3.Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass den Klägern eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder
     der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten
     Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG droht.
56
     Bei der Prüfung einer solchen Bedrohung ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose (bei einem nicht landesweiten
     Konflikt) der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des
     Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - juris
     Rn. 13, vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 16 und vom 14. Juli 2009 -10 C 9.08 - juris Rn. 17). Ein
     Abweichen vom Herkunftsort kann nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten
     Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden
     sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Gleiches gilt, soweit die Bindung zur Herkunftsregion aufgrund von
     mittelbaren Folgen des bewaffneten Konflikts nachgelassen hat, z.B. durch die Beeinträchtigung der sozialen und
     wirtschaftlichen Infrastruktur oder eine nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage. Die Herkunftsregion ist
     selbst dann relevant, wenn es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist,
     nicht dorthin zurückkehren zu wollen. Allerdings ist nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der
     Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in
     einem anderen Landesteil oder im Ausland mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben.
     Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und
     Zurechnungsmerkmal (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, a. a. O., Rn. 14).
57
     Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt
     im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts setzt eine Situation voraus, die durch
     einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die
     fragliche Person den von dem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ausgehenden Gefahren individuell ausgesetzt wäre.
     Zu solchen Umständen in der Person des Betroffenen gehört in erster Linie die berufsbedingte Nähe, z.B. als Arzt oder
     Journalist, zu einer Gefahrenquelle. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der
     Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte, etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen
     Zugehörigkeit ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht
     kommt. Wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr
     ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad
     gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer
     ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Erforderlich sind hierzu Feststellungen über das Niveau
     willkürlicher Gewalt in dem betreffenden Gebiet. Dazu muss eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung
     einerseits der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und andererseits der Akte
     willkürlicher Gewalt, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt
     werden, erfolgen. Zudem ist eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der
     Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich, die auch die medizinische
     Versorgung mit einbeziehen muss. Soweit ein Ausländer keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände verwirklicht,
     ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich. Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 bzw. 0,125
     Prozent, binnen eines Jahres verletzt oder getötet zu werden, ist dabei - entsprechend den vorstehend dargestellten
     Grundsätzen zur Gruppenverfolgung - weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden
     Schadens entfernt (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteile vom 17. November 2011, a. a. O., Rn. 18, 20, 23 und vom
     27. April 2010 - 10 C 5.09 - Rn. 33 f.).

     Nach diesen Maßstäben ist hier als Bezugspunkt der Gefahrenprognose auf die Region Kurdistan-Irak und die Provinz
58
     Nach diesen Maßstäben ist hier als Bezugspunkt der Gefahrenprognose auf die Region Kurdistan-Irak und die Provinz
     Bagdad abzustellen. Dort besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass die Kläger einer ernsthaften individuellen
     Bedrohung im Sinne der Vorschrift ausgesetzt sind. In der Region Kurdistan-Irak besteht kein innerstaatlicher
     bewaffneter Konflikt. Jedenfalls ist die Sicherheitslage dort nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der gerichtlichen
     Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) hinreichend stabil (vgl. Upper Tribunal, Immigration and Asylum Chamber, AAH,
     Iraqi Kurds - internal relocation, Iraq CG UKUT 00212, IAC, 28. Februar 2018, S. 10; vgl. EASO, Iraq security situation,
     März 2019, S. 148). Die kurdischen Behörden sollen bereits in der Vergangenheit die Sicherheitslage in der Region fest
     im Griff gehabt haben (vgl. Lifos, The Security Situation in Iraq July 2016-November 2017, 18. Dezember 2017, S. 34).
     Im Übrigen ist auch die Anzahl der dokumentierten Opfermindestzahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Region zu
     gering, um von einer hinreichenden Verfolgungsdichte ausgehen zu können (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 17.
     November 2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 22 ff.). So hat UNAMI mitgeteilt, dass es mit Blick auf die verbesserte
     Sicherheitslage im Irak derzeit davon absieht, entsprechende monatliche Erhebungen zu veröffentlichen (vgl. UN
     Casualty Figures for Iraq for the Month of December 2018). Zudem ist seit Sommer 2018 die Zahl der
     sicherheitsrelevanten Vorfälle im Irak zurückgegangen. Im Dezember 2018 wurde ein Rekordtief an Sicherheitsvorfällen
     registriert. Anfang 2019 ist diese Zahl wieder leicht angestiegen, wobei die Monate Januar und Februar in etwa die
     gleichen Zahlen an Angriffen und Opfern aufweisen. Für März 2019 wurde die niedrigste, von Joel Wing registrierte Zahl
     von Sicherheitsvorfällen verzeichnet (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der
     Staatendokumentation, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20. November 2019, letzte
     Kurzinformation eingefügt am 9. April 2019, S. 8 unter Auswertungen von Daten Joel Wings). Im Übrigen kann der
     Einzelrichter im Streitfall auch keine weiteren gefahrenerhöhenden Umstände erkennen, die diesen Grad willkürlicher
     Gewalt ausreichend aufwiegen könnten (vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 - C-465.07, Elgafaji - juris Rn.
     35, 39, und vom 30. Januar 2014 - C 285/12, Diakité - juris Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 -10 C
     13.10 - juris Rn. 18 ff. und vom 27. April 2010 -10 C 4.09 - juris Rn. 33 ff.).
59
     Ob in Bagdad ein innerstaatlicher Konflikt noch vorliegt (vgl. zu den Voraussetzungen BVerwG, Urteil vom 27. April
     2010, a. a. O., Rn. 22 ff.), kann offenbleiben. Die die allein in den Blick zu nehmenden oben genannten Provinzen
     betreffenden Anschläge, Kampfhandlungen und sonstigen sicherheitsrelevanten Vorfälle erreichen nicht ein solches
     Ausmaß willkürlicher Gewalt, dass für die Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr bestünde, ziviles Opfer
     eines dort obwaltenden Konflikts zu werden.
60
     Die erforderliche Verdichtung der willkürlichen Gewalt ist bereits in quantitativer Hinsicht nicht anzunehmen. Der
     anzunehmenden Mindesteinwohnerzahl der Provinz Bagdad von 6 400 000 stehen 1 214 getötete oder verletzte
     Zivilpersonen im hier maßgeblichen Jahr 2018 gegenüber. Das Risiko, dort Opfer binnen eines Jahres willkürlicher
     Gewalt zu werden, betrug im Jahr 2018 mithin 0,019 vom Hundert (vgl. EASO, Country Guidance: Iraq, Guidance note
     nad common analysis, June 2019, S. 105 f.). Dieser Wert ist so weit von der Schwelle der beachtlichen
     Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sie selbst unter Berücksichtigung einer Dunkelziffer nicht bestätigter Vorfälle nicht
     erreicht wird.
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     Etwas anderes ergibt sich nicht, wenn ausgehend von diesen Zahlen in qualitativer Hinsicht berücksichtigt wird, dass
     die Kläger der Minderheitsgruppe der Sunniten zugehören. Darin mag zwar ein gefahrerhöhender Umstand liegen.
     Doch wird - wie das Gericht vorstehend zur Frage der Gruppenverfolgung dargestellt hat - die Schwelle beachtlicher
     Wahrscheinlichkeit auch dann nicht erreicht, wenn man davon ausgeht, dass insgesamt oder nahezu ausschließlich
     Sunniten Opfer der im Jahr 2018 in Bagdad verübten willkürlichen Gewalt wurden und damit allein die Zugehörigkeit zu
     dieser Gruppe überhaupt Gefahren begründen konnte. Über die bloße sunnitische Religionszugehörigkeit hinaus liegen
     gefahrerhöhende individuelle Umstände - wie etwa ein besonders gefahrenträchtiger Beruf - bei den Klägern nicht vor.
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     Insgesamt ist bei einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung sowohl der quantitativen als auch der
     qualitativen Fakten der Bedrohungslage sowie der individuellen gefahrerhöhenden Faktoren in der Person der Kläger
     nicht von einer ausreichenden Verdichtung der Gefahr auszugehen.
63
     IV.Die Kläger haben weder Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG (dazu 1.)
     noch nach Absatz 7 Satz 1 der Vorschrift (dazu 2.).

     1.Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die
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     1.Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die
     Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist nach der Rechtsprechung des EGMR insbesondere
     dann mit Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene im Fall
     seiner Abschiebung der ernsthaften Gefahr ("real risk") der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen oder
     erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt wäre (vgl. hierzu EGMR, Urteil vom 23. März 2016, F.G. gegen
     Schweden, Nr. 43611/11, Rn. 110 m. w. N. und vom 28. Juni 2011, Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nr.
     8319/07 u. a., Rn. 212). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen,
     wobei zunächst zu prüfen ist, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (vgl. BVerwG,
     Urteil vom 31. Januar 2013, a. a. O., Rn. 26). Die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden
     Behandlung kann sich in erster Linie aus individuellen Umständen in der Person des Ausländers ergeben. Sie kann aber
     ausnahmsweise auch aus der allgemeinen Sicherheits- oder humanitären Lage im Herkunftsland folgen, wobei dies nur
     in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend"
     sind (vgl. EGMR, Urteile vom 29. Januar 2013, S.H.H. gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 60367/10, Rn. 75, und vom
     28. Juni 2011, a. a. O., Rn. 218, 241, 278: "in very exceptional cases" bzw. "in the most extreme cases"; BVerwG, Urteil
     vom 31. Januar 2013, a. a. O., Rn. 22 ff.). Dabei ist - neben der stets zu prüfenden Versorgung mit Lebensmitteln und
     Wohnraum - die medizinische Versorgungslage nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen
     von Bedeutung, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen
     Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu
     medizinischer (Grund-) Versorgung bestünde (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, a. a. O., Rn. 29). Ein fehlender
     Zugang zur medizinischen Versorgung, die akut nicht benötigt wird, kann das Vorliegen einer extremen
     Ausnahmesituation bzw. einer Extremgefahr nicht begründen (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober
     2012 - 10 B 20.12 - juris Rn. 14).
65
     Nach diesem strengen Maßstab ist ein Ausnahmefall zu verneinen. Zur zuletzt verbesserten Sicherheitslage verweist
     das Gericht auf seine vorstehenden Ausführungen zum subsidiären Schutz. Auch die humanitäre Lage ist nicht derart
     schlecht, dass von einer Abschiebung - auch unter Berücksichtigung der weiterhin angespannten Situation im Irak im
     Allgemeinen und in Bagdad im Besonderen - zwingend abzusehen wäre (siehe EGMR, Urteil vom 23. August 2016 -
     59166/12 - Rn. 108 ff.; vgl. auch die allgemeine Bewertung für Bagdad bei Home Office UK, Iraq, humanitarian situation
     in Baghdad, the south (including Babil) and the Kurdistan Region of Iraq, Juni 2015, S. 7 ff.).
66
     Der Irak gilt auf Grundlage des Indizes der menschlichen Entwicklung ("Human Development Index") der Weltbank als
     Land mittlerer menschlicher Entwicklung. Die durchschnittliche Lebenserwartung beläuft sich auf 70 Jahre, die heute
     erwartete Dauer des Schulbesuchs auf eine Dauer von 11 Jahren. Das Bruttonationaleinkommen betrug 2017 17 789
     Euro (United Nations Development Programme [UNDP], Human Development Indices and Indicators: 2018 Statistical
     Update, S. 1). Gleichwohl benötigen im Irak derzeit insgesamt ca. 6,7 Millionen Menschen humanitäre Hilfe,
     einschließlich Binnenvertriebener, Rückkehrer, Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern (vgl. UNOCHA,
     Humanitarian Needs Overview, November 2018, S. 2).
67
     Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Die über
     Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. So gibt es etwa
     erhebliche Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der
     Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser. Auch die Versorgung mit Mineralöl bleibt unzureichend und belastet
     die Haushalte wegen der hohen Kraftstoffpreise unverhältnismäßig (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und
     abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 12. Februar 2018, S. 22 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl,
     Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 24. August 2017, Stand 18. Mai 2018, S. 161 ff.).

     Auch mit Blick auf Bagdad ist die allgemeine Versorgungslage problematisch. So ist selbst in Bagdad die öffentliche
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