G BRIEF - Evangelische Kirchengemeinde Berkheim

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G BRIEF - Evangelische Kirchengemeinde Berkheim
G  GEMEINDE
                        BRIEF    der Evangelischen Kirchengemeinde Berkheim

                  ... so frei!
Foto: 123rf-iko

                                               Ostern 2021
G BRIEF - Evangelische Kirchengemeinde Berkheim
PP ERSÖNLICH GESAGT

                              Liebe Leserinnen und Leser ,
                              dieses Mal haben wir uns an das          Treffen mit Verwandten und Freun-
                              Thema Freiheit gewagt. Es scheint        den, Restaurantbesuche, sportliche
                              wohl ein schwieriges Thema zu sein.      Betätigung, Reisen und überhaupt
                              Freiheit ist das Handeln nicht unter     jegliche Freizeitbeschäftigungen. Se-
                              Zwang oder Einschränkung durch           niorenheime wurden unter Quaran-
                              andere, sondern aus freiem Willen        täne gestellt. Der Schulunterricht fin-
                              handeln. Doch Freiheit ist nicht         det meist nur noch per Internet statt.
                              unbegrenzt. So ist nach Ansicht des      Viele Menschen auf der ganzen Erde
                              Philosophen Georg Friedrich Wil-         sind schwer erkrankt oder gar gestor-
                              helm Hegel (1770 – 1831) Freiheit        ben. Ein Mittel gegen den Virus gab
                              eine Phase ohne Zwang, aber mit          es zunächst nicht. Um die Ansteck-
                              Einsicht in die Notwendigkeit. Letz-     ungsgefahr zu minimieren blieb zu-
               Foto: privat

                              teres ist im Zeichen der Pandemie        nächst nur die Einschränkung der
                              wohl unumgänglich.                       Freiheiten übrig. In den Zeiten des
 Lothar Sehl                                                           Lockdown läuft das öffentliche und
                              Verzicht auf Freiheit nötig              private Leben auf Sparflamme. Doch
                              Unser Grundgesetz garantiert uns         nachdem in kurzer Zeit Impfstoffe
                              allen eine freiheitlich-demokratische    entwickelt wurden, besteht die Aus-
                              Grundordnung. Wesentliche Grund-         sicht auf die Eindämmung der Pan-
                              freiheiten sind das Recht auf Leben      demie. Leider geht die Impfkam-
                              und körperliche Unversehrtheit, die      pagne etwas schleppend voran und
                              allgemeine Handlungsfreiheit, die        so ist mit einem baldigen Ende der
                              Religionsfreiheit, die Pressefreiheit,   Beschränkung unserer Freiheiten
                              die Versammlungsfreiheit, die Mei-       nicht zu rechnen. Im Zeichen der Pan-
                              nungsfreiheit, die allgemeine Frei-      demie ist von uns allen sehr viel
                              zügigkeit. In den vergangenen Jah-       Einsicht in die Notwendigkeit des
                              ren konnten wir von all den Frei-        Verzichts auf viele Freiheiten erfor-
                              heiten regen Gebrauch machen.            derlich. Die meisten sehen dies ein
                              Doch dann kam Anfang 2020 ein            und halten sich an die vorgeschriebe-
                              winziges Etwas – ein Virus namens        nen Maßnahmen. Doch es gibt auch
                              Convid 19 – und hat die ganze Welt       Leute, die damit nicht einverstanden
                              verändert. Zur Eindämmung der            sind. Da werden die AHA-Regeln be-
                              Pandemie müssen wir nun seit fast        wusst missachtet und Verschwö-
                              einem Jahr auf vieles verzichten. In     rungstheorien in die Welt gesetzt.
                              Zeiten des Lockdown vermissen wir        Unsere Freiheiten sind nicht nur
                              unsere gewohnten Aktivitäten, wie        durch das Virus bedroht. Es drohen

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II NHALT

auch andere Gefahren. Weltweit lei-
den Gläubige unter Einschränkung
der Glaubensfreiheit. Ein zunehmen-
der Fanatismus und Terrorismus
machen sich selbst in unserem Land
breit. Terroristische Gewalttäter ver-
suchen Angst und Schrecken zu ver-
breiten, wie die Anschläge auf den
Weihnachtsmarkt in Berlin und auf
die Synagoge von Halle zeigen.

Ostern bringt Freiheit
Zu dem Thema Freiheit haben wir
auch einige Berkheimer und Berk-
heimerinnen verschiedenen Alters
befragt. Ich denke, dass dies sehr                                          Aus dem Inhalt                Seite
aufschlussreich ist.
Im letzten Gemeindebrief hatten wir
                                                                            Martin der Befreite              4
die Rubrik Alt-Berkheim aufgenom-
men. Dies scheint gut anzukommen.                                           Fanpost an eine Apostelin       6
So ist auch diesmal ein Beitrag darü-
                                                                            Spirituals und Gospels          8
ber enthalten.
                                                                            Sich das Leben nehmen           10
Mit dem Erscheinen des Gemeinde-
                                                                            Corona und kein Ende…           12
briefes geht die Passionszeit lang-
sam ihrem Ende entgegen - Ostern                                            Das Corona-Streitgespräch       18
steht vor der Tür. Durch den Tod und
                                                                            Abschied von Lara Wagner        20
die Auferstehung von Jesus Christus
wird uns Freiheit geschenkt.                                                Unsere Konfirmandinnen          24
So hoffen wir, dass unsere Leben                                            und Konfirmanden
                                         Foto: angieconscious_pixelio.de.

bald wieder in geordneten Bahnen
verlaufen mögen. In diesem Sinne
                                                                            Geschichten aus                 25
ein frohes und gesegnetes Osterfest.                                        „Alt-Berkheim“
Für das Redaktionsteam                                                      Wussten Sie schon, dass…        26

Lothar Sehl                                                                 Rätselspaß für Kiddies          29
                                                                            Ostern feiern – aber anders     30
                                                                            Termine                         31
                                                                                                            –3–
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FFREIHEIT

 Martin der Befreite
            „50,000,000 Elvis Fans Can’t Be Wrong“      No-brainer für Luther war, nicht zu
            – oder zu Deutsch 50.000.000 Elvis          widerrufen.
            Fans können sich nicht irren. So lautet
            der Titel einer Schallplatte von Elvis      „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Diese
            Presley aus dem Jahr 1959.                  Frage kennen Sie bestimmt von der
                                                        Wurst- oder Käsetheke beim Einkauf,
            Einen ähnlichen Gedankengang ver-           doch für viele Christen im Mittelalter
            folgte wohl auch Kaiser Karl V, als er im   und auch für Luther war dies in
            Mai 1521 die Reichsacht über Martin         Glaubensdingen eine unsagbar quä-
            Luther verhängte. „Es ist sicher, dass      lende Frage. „Darf‘s nicht ein bisschen
            ein einzelner Bruder in seiner Meinung      mehr sein? – an Buße? – an guten
            irrt, wenn diese gegen die der ganzen       Taten? – an Gehorsam?“ Wenn man
            Christenheit, wie sie seit mehr als tau-    aber erst einmal anfängt sich diese
            send Jahren und heute gelehrt wird,         Fragen zu stellen, merkt man unwei-
            steht, denn sonst hätte ja die ganze        gerlich: „Oh, es wird doch sowieso nie
            Christenheit heute und immer geirrt.”       genügen!“, „Ich muss mich noch mehr
            Und was tat Luther? Er stand da und         anstrengen!“ und plötzlich läuft man in
            konnte nicht anders als zu sagen:           einem Hamsterrad und wird zum
            „Wenn ich nicht mit Zeugnissen der          Getriebenen. Luther fühlte sich lange
            Schrift oder mit offenbaren Vernunft-       Zeit als Getriebener.
            gründen besiegt werde, so bleibe ich
            von den Schriftstellen besiegt, die ich     Aber was passiert, wenn man plötzlich
            angeführt habe, und mein Gewissen           entdeckt, dass in der Bibel Stellen zu
            bleibt gefangen in Gottes Wort […]”         finden sind, in denen Gott dem Men-
            Mir kommt Luther hier ein bisschen          schen wunderbare Zusagen macht?
            vor, wie der Bauer aus der Bibel, der in    „Von allen Früchten dürft ihr essen”,
            dem von ihm bestellten Acker einen          „Ich will sie führen in ein Land darin
            Schatz findet, daraufhin sein Hab und       Milch und Honig fließt“. Zusagen, ohne
            Gut verkauft und mit dem erlösten           zuvorige Bewertung wie intensiv
            Geld Acker und damit auch Schatz            geglaubt oder wie heftig gebüßt wur-
            erwirbt (Mt 13, 44-45). Anscheinend         de, oder wie viele guten Taten man
            hatte auch Luther etwas entdeckt, was       schon vollbracht hat. Einfach so aus
            er als so wunderbar und kostbar erach-      Liebe, als ein Zeichen, wie Gott zum
            tete, dass es für ihn keine andere          Menschen steht. Für Luther waren
            Option gab, als zu seinen getätigten        Gottes Zusagen nicht nur bloße Worte,
            Aussagen zu stehen. Neudeutsch wür-         sondern er sah in ihnen eine schöpferi-
            de man vielleicht sagen, dass es ein        sche Kraft, durch die, wenn man ihnen

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vertraut, erst Glaube entstehen kann.    deckung des Schatzes hingegen war
Für Luther stand das Wort Gottes, die    es für ihn ein No-brainer. Nur so konnte
Zusage, vor dem Glauben. Diese Er-       er sich den Schatz auf legale Weise
kenntnis lässt dann das Hamsterrad,      aneignen und fortan ein unbeschwer-
das ewig angetrieben wurde vom Ge-       tes Leben führen. Als Luther erkannte,
fühl des Nichtgenügens, zum Stehen       dass es die alles auslösende Liebe und
kommen. Was kann denn eigentlich         Zusage Gottes ist, durch die beim
Schöneres passieren, als unverhofft      Menschen erst Glaube und Vertrauen
ein beglückendes Versprechen oder        entstehen kann, Vertrauen das, je tie-
ein unverhofftes Geschenk zu bekom-      fer es wird, dann auch noch ganz auto-
men? Hätte man den Bauer aus dem         matisch zum Gehorsam führt, da fühlte
Gleichnis vom Schatz im Acker einen      Luther sich so befreit, dass er sogar
Tag vor seinem überraschenden Fund       eine Zeitlang seine Briefe freudig mit
aufgefordert, all sein Hab und Gut zu    „Martin der Befreite“ unterschrieb
verkaufen, um mit dem Erlös das          und vor 500 Jahren, zum Erstaunen
Stückchen Acker zu kaufen, hätte er      vieler, seine Thesen nicht widerrief,
sich wahrscheinlich an die Stirn ge-     sondern damit etwas in Bewegung
tippt und gefragt, was das für eine      brachte, was uns auch heute noch
blödsinnige Idee sei. Nach seiner Ent-   umtreibt.                   Heike Plapp

  Save the date - der Luther-Moment - 16.-18. April 2021

  Die Stadt Worms feiert 2021 einen
  großen Moment in ihrer Stadt: Den

                                                                                                    Foto: C.Sommer/www.wagemutig-luthermoment.de
  Reichstag zu Worms 1521. Luther blieb
  damals vor Kaiser und Kurie am 16./17.
  April seinen reformatorischen Gedan-
  ken treu. Genau 500 Jahre später begin-
  nen die Feierlichkeiten mit einem
  Festakt am Freitag, 16. April, um 16 Uhr,
  die im Internet übertragen wird – pas-
  send zum damaligen Einzug des
  Reformators in die Stadt. Am 17. April
  um 23 Uhr überträgt der SWR die
  Multimedia-Inszenierung „Der Luther-Moment“ live aus Worms. Zum                   Ausschnitt
                                                                                    aus dem
  Abschluss des Auftaktwochenendes erinnert dann am Sonntag, 18. April der          Lutherdenkmal
  ZDF-Fernsehgottesdienst um 9.30 Uhr aus der Wormser Magnuskirche an               Worms
  die damaligen Ereignisse.

                                                                                            –5–
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FFREIHEIT

 Fanpost an eine Apostelin
            Liebe Maria,
            jetzt fasse ich mir doch mal ein Herz      nach und nach verdrängt und jetzt fast
            und schreibe dir. Denn ich habe viele      zwei Jahrtausende lang von wichtigen
            Fragen an dich. Du warst die wichtigste    Ämtern ausgeschlossen. Paulus tat
            Jüngerin Jesu, so wie Simon Petrus für     dann auch noch das Seine dazu, weil in
            die Jünger. Leider bist du aber irgend-    seinem Brief an die Korinther steht:
            wie in der Kirchengeschichte ins Hin-      Die Frau schweige in der Gemeinde
            tertreffen geraten, während Petrus         (1. Korinther 14, 34). Dass das aber ein
            groß herauskam als „erster Papst“.         späterer Einschub war und nicht von
            Dabei hast du Jesus nach seiner Auf-       Paulus selbst stammt, ist heute ein-
            erstehung zuerst gesehen und warst         deutig erwiesen. Also bist du, liebe
            somit erste Osterzeugin. Wie hast du       Maria, unser Vorbild. Das Vorbild für
            Jesus da erlebt? Habt ihr noch mehr        Frauen in der Kirche, die verkündigen
            gesprochen als das, was in der Bibel       und lehren, mit den Männern, nicht
            steht (Johannes 20,11-17)? Jedenfalls      ohne sie. Denn es steht ja auch bei
            hat er dich beauftragt, den anderen        Paulus, dass in der Gemeinde die übli-
            davon zu erzählen. Und du hast es          chen Unterschiede nicht gelten sollen:
            getan. Du bist die „Apostolin der          Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier
            Apostel“. Später aber hat „man“ was        ist nicht Sklave noch freier Mensch,
            Geschicktes gefunden, dich ins Abseits     hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr
            zu stellen. „Man“ hat dir sexuelle Ver-    seid allesamt einer in Christus Jesus.
            fehlungen angedichtet, weil es im          (Galater 3,28). Unsere katholischen
            Lukasevangelium steht, Jesus hätte         Schwestern kämpfen heute noch dar-
            sieben böse Geister aus dir ausgetrie-     um, dass Frauen gleichberechtigt in
            ben. Was hattest du eigentlich? Wovon      der Kirche arbeiten. Stell dir vor, sie
            hat Jesus dich befreit? Sicher nicht von   haben Thesen an die Kirchentüren
            Hurerei. Du hast ein hohes Ansehen in      (auch in Berkheim!) gehängt, wie einst
            der frühen Kirche gehabt, bis eben         Martin Luther. Ihre erste These lautet:
            Papst Gregor deinen Ruf ruiniert hat.      In unserer Kirche haben alle Men-
            Aus Lust und Laune, so scheint es, hat     schen Zugang zu allen Ämtern. Ihre
            er dich mit zwei anderen biblischen        Aktion heißt übrigens Maria 2.0, aber
            Frauen verquickt: einer wohlhabenden       mir wurde gesagt, dass sie dabei eher
            Frau namens Maria und einer unbe-          an deine Namenschwester Maria, die
            kannten „Sünderin“, die Jesus gemäß        Mutter Jesu denken. Dabei hättest du
            dem Lukasevangelium die Füße salbte.       auch gut die Namensgeberin dieser
            Schade, denn so wurden die Frauen          Aktion sein können. Unsere evangeli-

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FF REIHEIT

                                                                                                      Abbldg.: Wikipedia Gemeinfrei
                                                                                    Maria Magdalena
sche Kirche scheint da schon weiter zu     umgehen, in dem sie zig Hosenanzüge      begegnet dem
sein, aber so richtig stimmt das auch      hat und jeden Tag einen anderen trägt    auferstandenen
nicht. Zwar werden in Württemberg          wie unsere Angie. Ich jedenfalls danke   Christus (Noli me
                                                                                    tangere).
seit 1968 Frauen ordiniert, aber in        dir, dass du an Jesu Seite geblieben     Fresko, um 1320,
hohen Leitungsämtern in der Kirche         bist in seinen schwierigsten Stunden.    Basilika in Assisi,
sind prozentual immer noch sehr viel       Du zogst mit nach Jerusalem, du hast     Unterkirche
mehr Männer tätig. Und wenn Frauen         die Kreuzigung aus der Ferne beobach-
es dann schaffen, werden sie verdäch-      tet und hast ihm dadurch Halt gege-
tigt, die Quotenfrau zu sein. Hast du      ben. Du warst beim Begräbnis dabei.
übrigens schon mal bemerkt, dass es        Du hast den Jüngern vom leeren Grab
bei Frauen, z.B. in der Politik, weniger   berichtet und du hast als Erste den
um ihre Arbeit und mehr um ihr             Auferstandenen gesehen und ihn ver-
Aussehen geht? Google mal (falls du        kündigt. Du machst Frauen Mut, sich
weißt, wie das geht): Politikerinnen       berufen zu fühlen, auch wenn das
Deutschland, dann wird dir gleich eine     immer wieder kleingemacht wird.
Seite gezeigt: Deutschlands heißeste
Politikerinnen. Das kann frau nur          Dein Fan Sabine Nollek

                                                                                             –7–
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FFREIHEIT

 Spirituals und Gospels
                 Der Wunsch nach Freiheit

                 H     aben Sie schon einmal ein Gospel-
                       konzert, einen Gospelgottesdienst
                  oder einen Gospelworkshop erlebt?
                                                             „gute Nachricht, frohe Botschaft“.
                                                             Gospels sind in der Mehrzahl kompo-
                                                             nierte Lieder, die sich auf das Neue
                  Dann können Sie nachfühlen, dass           Testament und besonders auf die
                  mich diese Musik packt, sie erfasst mei-   Leidensgeschichte Jesu beziehen. Sie
                  nen ganzen Körper, meine Seele und         sind eine Weiterentwicklung der
                  natürlich meine Stimme. „Oh happy          Spirituals und musikalisch geprägt von
                  day, when Jesus washed my sins away“,      Ragtime, Blues und Jazz.
                  ein Gospel, den ich im Musikunterricht,    „Oh Happy Day“ wurde 1969 von den
                  im Schulchor oder mit Erwachsenen-         Edwin Hawkins Singers veröffentlicht
                  chören immer wieder mit großem Erfolg      und weltbekannt. Einen weiteren
                  erarbeitet habe.                           Erfolg erzielte der Song im Film „Sister
                                                             Act 2“ mit Sängerin Lauryn Hill.
                  Was ist so faszinierend an den
                  Gospels und Spirituals?
                                                             Der Vorsänger (Pastor) beginnt zu sin-
                  Einmal die einfache Struktur der Lie-      gen, der Chor (Gemeinde) stimmt ein.
                  der, die kurzen Phrasen, die Wieder-       Diese Art zu singen nennt man call
                  holungen, die raue, heisere Klangfarbe     (Ruf) and response (Antwort) unter-
                  beim Singen, die ausgeprägte, afrika-      stützt durch Klatschen im off-beat, weil
                  nische Rhythmik und das lebendige          das Trommeln den Sklaven verboten
                  Gefühl von Freiheit, das Hoffnung          war, da es als Kommunikationshilfe bei
                  macht.                                     ihren Fluchtversuchen diente. Hände-
                                                             klatschen und Fußstampfen ersetzten
                  Der Begriff Gospel kommt aus dem           das Trommeln. Alle singen den Refrain.
                  Englischen „good spell“ und bedeutet       Dadurch entsteht ein vitaler Gesang
                                                             mit teilweise bekräftigenden Einwür-
     Oh Happy Day“ von 1969                                  fen durch die Gemeinde (den Chor) z.B.
                                                             „Oh yes Lord“, „Amen“, „Halleluja“. So
     Oh Happy day               O freudiger Tag              zu singen ist sowohl für Gospels als
     Oh happy day,              O glücklicher Tag            auch für Spirituals typisch.
     When Jesus washed          Als Jesus wegwusch
     Oh when he washed          O als er wegwusch            Die Wurzeln der Gospels sind die
     As Jesus washed            Als Jesus wegwusch           Spirituals, geistliche Lieder, welche die
     He washed my sins away     Als er meine Sünden          Sklaven bei ihren zunächst heimlichen
                                wegwusch.                    Treffen sangen. Die Lieder entstanden
                                                             in freier Improvisation (ähnlich wie

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einst unsere Volkslieder), wurden
zunächst mündlich überliefert und ver-
mutlich erstmals 1874 von Philipp P.
Bliss gesammelt und veröffentlicht.
Ohnehin können unsere Notationen
nie genau die Rhythmen und Töne wie-
dergeben, die von den Farbigen gesun-
gen werden.
                                           Foto: Wikipedia Gemeinfrei

Erste Schwarze aus Afrika, die unter
menschenunwürdigen Bedingungen
transportiert wurden, trafen 1619 im
heutigen Virginia ein. Auf Märkten wur-
den sie als Ware verkauft, um als
Sklaven ein erbärmliches Leben zu fri-                                                                             Auf Deck eines
sten. Die Spirituals berichten nicht nur                                Harriet verehrt. Sie meinte mit „Ägyp-     Sklavendampfers
von der Sehnsucht der Sklaven nach                                      ten“ immer die Südstaaten. Mehr als        im Kongogebiet
                                                                                                                   etwa um 1900
Freiheit und Glück jenseits des Todes.                                  300 Sklaven führte sie in die Freiheit.
„Jordan“ ist zum einen der Fluss, über                                  Schon als Neunjährige war sie von
den der Verstorbene hinübergelangt                                      ihrer Herrin verprügelt worden. Der
ins ewige Leben, zum andern die                                         Fünfzehnjährigen versetzte ein Auf-
Grenze zu einem Land der Freiheit z.B.                                  seher so harte Schläge auf den Kopf,
zu den Nordstaaten der USA, wo die                                      dass sie für immer unter Schwindel
Sklaverei abgeschafft war. Der Himmel                                   litt.
bedeutete Leben in Freiheit.                                            „Go down Moses“ spielte eine große
                                                                        Rolle in der Underground Railroad,
Widerstand gegen die Sklaverei                                          jener großen, von den Quäkern ge-
Im Spiritual „When Israel was in                                        gründeten Befreiungsorganisation, die
Egypt’s land“ wird eine Geschichte aus                                  schon im 18. Jahrhundert Philadelphia
dem Alten Testament benutzt, um z.B.                                    zu einem Zentrum der Sklavenbe-
die politische Forderung nach Befrei-                                   freiung gemacht hatte. Mehr als neun-
ung der Sklaven auszudrücken. Dort                                      zehnmal hat Harriet Tubman die ge-
wird geschildert, wie Moses sein Volk                                   fährliche Reise in die Nordstaaten und
aus der ägyptischen Gefangenschaft                                      zurück unternommen. Auf ihren Kopf
herausführte. Die Legende erzählt,                                      war eine Prämie von 12.000 Dollar
dass dieses Lied in Zusammenhang                                        gesetzt. Ihr eigener Mann verriet sie.
mit den aufopfernden Befreiungsakti-                                    Aber wie durch ein Wunder entkam sie
onen Harriet Tubmans (gest. 1913) ent-                                  immer wieder.
standen ist. Als „General Tubman“ und
„The Moses of her People“ wurde                                         Wiltrud Reusch-Weinmann

                                                                                                                         –9–
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         Sich das Leben nehmen
              Eine Betrachtung mit Fragezeichen

                                                                                  Foto: Sabine Fischer_pixelio.de

              S  chon immer birgt Ostern das große
                 Rätsel, das Mysterium unseres Glau-
              bens, dass Jesus durch seinen Tod für
                                                        uns dankbar verpflichtet fühlen, das wir
                                                        tunlichst bewahren müssen?

              uns sich gibt – um unserer Freiheit, um   Was ist mit Menschen, denen der Mut
              unseres Lebens willen.                    zu diesem Leben abhandenkommt,
                                                        den Lebensmüden? Sind Menschen,
              Heißt das dann in letzter Konsequenz,     die sich in einer schweren depressiven
              dass uns die Freiheit gegeben wird, uns   Krise suizidieren überhaupt frei, eine
              auch für oder gegen dieses Leben zu       solche Entscheidung zu treffen? Sind
              entscheiden? Wer gibt uns das Recht       sie nicht emotional und mental so ein-
              auf ein selbstbestimmtes Leben oder       geengt, dass schließlich die Auto-
              Sterben? Schließlich werden wir alle      aggression in der Suizidhandlung qua-
              geboren, ohne dass unsere Einwilligung    si eine Einbahnstraße, ein „way of no
              zum Leben vorher eingeholt wurde. Ist     return“ darstellt. Schon Hippokrates
              das Schicksal, dem wir uns zu beugen      wusste, dass „die Krisen zum Leben
              haben? Ist das ein Geschenk, dem wir      oder zum Tode führen“.

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Oder stellt die Option eines Suizides      Auseinandersetzung um die kritische
gerade die Chance dar, dass das Leben      Frage nach dem Recht auf selbstbe-
eben noch zu meistern ist, weil die Mög-   stimmtes Sterben, die Diskussion um
lichkeit, es sich zu nehmen, besteht,      Sterbehilfe, aktiv oder passiv, wider.
also ganz im Sinne Nietsches, der be-
schreibt: „Der Gedanke an den Selbst-      Würde ich dem Wunsch nach aktiver
mord ist ein starkes Trostmittel: mit      Sterbehilfe nachkommen können?
ihm kommt man gut über manche              Wenn ich doch für passive Sterbehilfe,
böse Nacht hinweg.“ Und wie einseitig      also dem Unterlassen oder Abbrechen
verstehen wir überhaupt den Begriff:       lebensverlängernder Maßnahmen auf
sich das Leben nehmen? Im Verb „neh-       Wunsch eines Patienten unter beson-
men“ stecken ja die gegensätzlichen        deren Bedingungen Verständnis habe.
Bedeutungen „annehmen“ und „weg-           Würde der Wunsch nach aktiver
nehmen“!                                   Sterbehilfe mich nicht selbst unter
                                           Zug-Zwang setzten, der Freiheit des
Wie groß ist unser Verständnis?            Betroffenen gerecht zu werden? Kann
Wenn Menschen sich das Leben neh-          es überhaupt eine Antwort geben auf
men, reagieren wir betroffen, erschüt-     eine solche Frage, die gleichermaßen
tert, fassungslos, traurig, wütend,        eine medizinische, juristische, ethi-
schuldbewusst, bewundernd, verständ-       sche, religiöse und philosophische
nisvoll oder verurteilend, ablehnend.      Herausforderung darstellt?
Wir zeigen Verständnis für Alters-         Dr. Judith Mauz
suizide oder Notsuizide bei schwerer
                                           Unter Einbeziehung des Buchs von Thomas
Krankheit, quälenden Schmerzen, Re-        Macho „Das Leben nehmen – Suizid in der
spekt für Märtyrertode oder z.B. indi-     Modere“, Suhrkamp Verlag Berlin 2017, 2.
gene Gruppensuizide, Ablehnung für         Auflage 2018
suizidalen Terrorismus. Und natürlich
ist kein Frei-Tod ohne Konsequenz:
selbstredend für den Betroffenen an         Was ist Ihre Meinung dazu?
sich und nicht weniger für die Betrof-      Wie denken Sie darüber?
fenen im Umfeld. Wie frei ist also ein
                                            Schreiben Sie uns an:
Tod, der das Leben des anderen be-
                                            Gemeindebuero.Berkheim@elkw.de
schneidet, also auf Kosten des ande-
                                            oder postalisch
ren geht? Natürlich lässt sich auch fra-
                                            Evang. Gemeindebüro
gen: wie frei ist ein Leben auf Kosten
                                            Wiesengrund 17
des anderen?
                                            73734 Esslingen
Nicht umsonst spiegelt das Buch               Wir sind auf Ihre Rückmeldung
„Gott“ von Ferdinand Schirach und           gespannt.
dessen Verfilmung die gesellschaftliche

                                                                                           – 11 –
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               Corona und kein Ende…
               Wir haben nachgefragt: Wo hast du/wo haben Sie sich frei, wo eingeengt gefühlt?

               Bärbel Nödinger-Krömer
                                              W       enn ich das ver-
                                                      gangene Jahr
                                               Revue passieren las-
                                                                          selten sehen sollte und engeren
                                                                          Kontakt vermeiden musste. So wurde
                                                                          verstärkt das Telefon genutzt, Briefe
                                               se, so hat sich auf den    geschrieben, geskypt oder es gab
                                               ersten Blick nicht allzu   Treffen im Freien. Schön fand ich die
                                               viel verändert. Da ich     Kreativität, mit der wir immer wieder
                                               nicht mehr zur arbei-      neue Möglichkeiten fanden Kontakt
                                               tenden Bevölkerung         miteinander zu halten. Statt sich bei
                                               gehöre, kann ich mei-      der Chorprobe zu treffen, hatte ich
                                               stens meinen Tages-        immer wieder die Gelegenheit mit der
                                               ablauf frei gestalten.     einen oder anderen Sängerin über die
                                               Doch vieles konnte ich     Felder zu spazieren (und hin und wie-
                                               auf Grund der Kon-         der wurde dabei auch gesungen), mit
Foto: privat

                                               taktbeschränkungen         der Sportgruppe haben wir immer wie-
                                               nicht mehr in gleicher     der kurzerhand die nähere Umgebung
                                               Weise durchführen,         erkundet.
                               Konzerte, das Singen im Chor, Gemein-      Sogar Gottesdienste fanden unter
                               schaftssport u.v.m. fielen flach. Auch     Corona Bedingungen wieder statt.
                               die ehrenamtlichen Tätigkeiten entfie-     Danach konnte man sich mit Maske im
                               len. Da habe ich ganz besonders            Freien auf Abstand unterhalten und
                               gemerkt, wie viel mir der Kontakt zu       Anteil aneinander nehmen. Man hat
                               anderen bedeutet, wie viel Positives       sich arrangiert. Doch kann ich kaum
                               daraus für mich zurückkommt.               erwarten, dass sich unser Leben wie-
                               Schlimm war auch, dass ich meine           der mit allen Freiheiten und Pflichten
                               Familie und die Enkelkinder nur noch       normalisiert.

                   Liane Schröder, Konfirmandin

                  F  reiheit empfinde ich, wenn ich mich krea-
                     tiv austoben kann, also zum Beispiel was
                  malen kann, anstatt auf Klassenarbeiten zu
                                                                  da man die ganze Zeit vor dem Computer
                                                                  sitzt. Auch empfinde ich Einengung, weil man
                                                                  sich nicht mit mehreren Personen treffen
                  lernen. Jetzt habe ich dafür Zeit. Einengung    kann, und wenn mit einer Freundin, dann nur
                  empfinde ich gerade beim Homeschooling,         selten.

– 12 –
FF
                                                                                                       REIHEIT

               Bianca Ziehfreund

H    äufig habe ich mir in etzter Zeit die
     Frage gestellt, für was ich in dieser
Zeit dankbar sein kann. Natürlich bin
ich dankbar dafür, dass es bis jetzt in
meinem direkten Umfeld keine schwe-
ren Coronainfektionen gab. Aber viel
mehr ging es mir dabei um die Kleinig-
keiten im Alltag, für die ich dankbar bin.
So wie die meisten vermisse ich es im
Moment, unbeschwerte Zeit mit mei-
nen Freunden und meiner Familie zu
genießen. Sie in den Arm zu nehmen,
                                             Foto: privat

mit ihnen zu lachen und einfach Spaß
zu haben. Ich vermisse es in die
Sporthalle zu gehen, in der ich vor
Corona seit ich denken kann ein und                         Ausbildung, in der man Menschen
aus gegangen bin. Nun war ich seit                          braucht, die man anfassen kann, um
einem Jahr vielleicht siebenmal dort.                       zu lernen, über das Internet zu gestal-
                                                            ten ist sehr schwer. Und auch in der
Viele meiner Hobbys jetzt online
                                                            Zeit, in der der Präsenzunterricht er-
Im Oktober 2019 habe ich eine                               laubt war, wurden wir von ständigen
Ausbildung zur Physiotherapeutin be-                        Stäbchen in Nase und Mund sowie
gonnen, habe dafür meine Heimat                             FFP2 Masken von bis zu 10 Stunden
Berkheim verlassen und bin nach                             am Tag begleitet. Froh war ich da,
Günzburg gezogen. Um neue Leute                             wenn in den Lüftungspausen die Mas-
kennen zu lernen, ein schlechter Zeit-                      ke schnell für ein Paar Atemzüge in der
punkt. Da war es sehr praktisch, dass                       frischen Luft abgenommen werden
viele meiner Hobbys nun online statt-                       durfte.
fanden. Es gab einen online Jugend-                         Alle Dinge, für die ich dankbar bin,
mitarbeiterkreis, Onlinetraining beim                       habe ich aufgeschrieben und immer,
TSV und auch immer öfter Spiele-                            wenn ich mich wieder über neue
abende mit Freunden über die unter-                         Regeln und Maßnahmen aufrege, lese
schiedlichsten Onlineplattformen.                           ich mir diese Liste durch und die schö-
Natürlich hatte ich auch mit vielen                         nen Gedanken machen alles nur noch
Einschränkungen zu kämpfen. Eine                            halb so schlimm.

                                                                                                           – 13 –
FF  REIHEIT

                                                             werden: Wie lange wird das noch so
                                                             weiter gehen? Was ist, wenn es sich
                                                             gar nicht mehr ändert? Die Nach-
                                                             richten von Bekannten, die tatsäch-
                                                             lich eine Erkrankung durchgemacht
                                                             haben, mehrten sich. Wie würden wir
                                                             in der Familie mit einer Erkrankung
                                                             umgehen? Wie schwer wird sie?
                                                             Wie verkraften das die Kinder? Das
                                                             waren beklemmende Ge danken.
                                                             Man braucht viel Kraft, um eine posi-
                                                             tive Lebenseinstellung aufrechtzu-
                                                             erhalten.

                                                             Der Rechner läuft auf
     Foto: privat

                                                             Hochtouren

                                                             Seit Dezember sitze ich Tag für Tag,
                    Rüdiger Berg                             völlig isoliert von der Außenwelt, in
                                                             meinem Homeoffice und unterrichte
                                                             live, online. Der Schulalltag hat mich

                    A    ls die Coronazeit begann, habe
                         ich mich – trotz der schlimmen
                    Situation – erst einmal über die weg-
                                                             auch in Coronazeiten fest im Griff. Das
                                                             Leben spielt sich für mich derzeit vor
                                                             dem Bildschirm ab. 10 bis 14 Stunden
                    fallenden Termine und Verpflichtun-      am Tag. Der Rechner läuft immer. Und
                    gen gefreut. Oftmals habe ich mir eine   ich bin erstaunlich gut erreichbar.
                    Zäsur im Alltag gewünscht. Zeit be-      Aber nur geschäftlich. Privat möchte
                    kommen, um Luft zu holen. Da waren       ich eigentlich nicht noch zusätzlich vor
                    nun ein paar neue Freiheiten und bis     dem Rechner sitzen. Die Arbeit ist zu
                    heute freue ich mich darüber und         mir ins Haus gekommen. Der Abstand
                    kann sie erstaunlich gut nutzen. Da      fehlt. Dann ist es plötzlich 20 Uhr und
                    wir sonst auch wenig ausgegangen         man darf nicht einmal mehr einen
                    sind, hat mir diesbezüglich wenig ge-    Spaziergang machen. Das engt ein.
                    fehlt. Das Leben wurde wieder etwas      Schade ist es, dass man nicht mehr
                    häuslicher, übersichtlicher, handhab-    ungezwungen auf Personen zugehen
                    barer.                                   kann, Abstand halten muss. Äußere
                                                             Distanz schafft innere.
                    Gedanken an die Zukunft
                                                             Besonders vermisse ich den Klang des
                    Als dann aber der sehr restriktive       Posaunenchors, die fröhliche Gemein-
                    Lockdown kam, begannen die Ge-           schaft, die coolen Sprüche… Ich hoffe
                    danken an die Zukunft intensiver zu      sehr, dass wir uns nach der Pandemie

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FF
                                                                                           REIHEIT

wirklich wieder alle zusammenfinden.         anderen Ensembles mitzuspielen.
Für die Nach-Corona-Zeit habe ich mir        Lieber mehr Qualität als Quantität!
vorgenommen, weniger Verpflichtun-           Ach, ich vergesse ab und zu eine Mas-
gen einzugehen, den Posaunenchor             ke mitzunehmen. Eigentlich ein gutes
besser zu machen, aber weniger in            Zeichen, oder?!

                   Lea Walker, Viertklässlerin

  A    llein in der Natur – das ist für mich Corona-Frei-
       heit. Zu Hause bleiben und Homeschooling
  machen das ist für mich Zwang und Enge. Wenn ich
  mich draußen bewege und Spaß habe fühle ich
  mich frei. Allein zu sein und keine Freunde zu tref-
  fen, das ist doof.

                                                                                                  Foto: privat
Sarah Hintermeier

A     ls der erste Lockdown Deutsch-
      land erreichte, war ich mir noch
nicht dessen Ausmaß bewusst. An-
                                             Einschränkungen Teil unseres Alltags
                                             wurden, desto bewusster wurde mir, in
                                             welcher Lage wir uns eigentlich befin-
fangs war das Ganze noch spannend            den. Ein Virus ist vermutlich für die mei-
und ich würde behaupten, dass ich die        sten sehr schwer greifbar. Auch deswe-
Zeit zu Beginn sogar ein wenig genoss.       gen fiel es mir anfangs schwer, die Lage
Keine Termine, keine Verpflichtungen.        einschätzen zu können.
Einfach mal Zeit für mich und die Fami-
lie. Dieses Gefühl nichts tun zu müssen,     Spazierengehen – plötzlich die
                                             einzige Freiheit
ohne ein schlechtes Gewissen zu ha-
ben, ließ mich am Anfang die Situation       Irgendwann verstand ich, dass es sich
besser verkraften. Zu diesem Zeitpunkt       hierbei nicht um eine klassische
ging ich auch noch fest davon aus, dass      Grippewelle handelt, sondern dass wir
spätestens im Juni alles wieder in gere-     es mit etwas „Größerem“ zu tun ha-
gelten Bahnen liefe. Je länger der Lock-     ben. Im Frühjahr merkte ich dann recht
down allerdings anhielt und je mehr die      schnell, wie mir mein soziales Umfeld,

                                                                                               – 15 –
FF               REIHEIT

                                                                       der langersehnten „Normalität“ entge-
                                                                       gen. Mir wurde noch deutlicher bewus-
                                                                       st, wie wichtig mir mein Sport ist, wie
                                                                       sehr ich den persönlichen Austausch
                                                                       mit anderen wertschätze und wie
                                                                       schwer es mir fällt, liebe Menschen nur
                                                                       über einen Computerbildschirm sehen
                                                                       zu können. Ich hätte nie gedacht, dass
                                                                       mein Zuhause mich irgendwann mal
                                                                       einengt, aber dieser Zwang zu Hause
                                                                       sitzen zu müssen, von zu Hause zu stu-
                                                                       dieren und keinen Grund zu haben
                                                                       nach draußen zu gehen, macht mir bis
                                                                       heute zu schaffen.
Foto: privat

                                                                       Beängstigende Ausgangssperre
                                                                       Der Sommer ließ mich aufatmen und
               Sarah
               Hintermeier   meine Freunde und Freizeitaktivitäten     ich hatte das erste Mal seit langem wie-
                             fehlten. Das online Studium machte        der das Gefühl von Freiheit. Der zweite
                             mir extrem zu schaffen und auch die       Lockdown machte meiner Euphorie, die
                             fehlende Alltagsroutine trug nicht        sich im Sommer eingestellt hatte, einen
                             gerade zu meinem Wohlbefinden bei.        ordentlichen Strich durch die Rech-
                             Vom Staat Vorschriften zu bekommen,       nung. Die zusätzliche Ausgangssperre
                             die mein persönliches Leben beeinflus-    war dann der Höhepunkt. Vorge-
                             sen, kannte ich nicht. Alles was bisher   schrieben zu bekommen, zu welchen
                             normal war und worüber ich mir keine      Uhrzeiten man sich draußen aufhalten
                             Gedanken gemacht habe, bekam              darf, war für mich sehr beängstigend
                             plötzlich einen ganz neuen Stellen-       und die lang herbeigesehnte Norma-
                             wert. Je mehr Veranstaltungen abge-       lität rückte in weite Ferne. Ich denke,
                             sagt wurden, desto klarer wurde mir,      trotz allem meckere ich auf einem recht
                             wie normal es für mich war, auf die       hohen Niveau. Es gibt viele Menschen,
                             Feste und Feiern, die einen durchs Jahr   die es weitaus schlimmer erwischt hat,
                             begleiten, hinzufiebern und die Frei-     die an Corona erkrankt, vielleicht auch
                             heit zu haben, mit anderen Menschen       alleinstehend sind und dadurch noch
                             ausgelassen feiern und Spaß haben zu      eingeschränkter in ihrem Leben sind,
                             können. Spazierengehen, sich an der       als ich es bin, aber trotzdem hoffe ich,
                             frischen Luft aufhalten wurde plötzlich   dass wir diese Pandemie bald über-
                             zu meinem Tageshighlight und zu mei-      wunden haben und uns bald wieder in
                             ner einzigen Freiheit. Je näher der       die Arme nehmen und zusammen fei-
                             Sommer kam, desto mehr fieberte ich       ern und lachen können.

– 16 –
Hartmut Kilgus
                                                                                                    FF  REIHEIT

                            F   reiheit ist neben der Gesundheit unser höchstes Gut. Wir können unser Leben
                                nach eigenen Wünschen frei gestalten. Freiheit heißt allerdings nicht, dass wir
                                                von allem befreit sind und tun und lassen können, was wir wol-
                                                len, sondern dass wir die Freiheit haben, dies oder das zu tun. Sie
                                                endet aber immer dort, wo wir die Rechte anderer verletzen.
                                                Sie kann allerdings auch eingeschränkt werden, wenn es einem
                                                höheren Ziel, z.B. der Bekämpfung der Pandemie, dient. Einen-
                                                gung ist immer ein Problem, man fühlt sich seines Grundrechts
                                                beraut. Aber um größeren Schaden abzuwenden, ist es durchaus
                                                sinnvoll, zumal es ja absehbar ist, dass sie bald gelockert werden
                                                kann. Ich selbst kann diese Einengung auch sinnvoll nutzen und
                                                komme zu Dingen, die ich schon lange vorhatte.
Foto: privat

                                   Claudia Hohl

               I ch bin froh und dankbar, dass ich
                 mein Hobby auch während den
               Einschränkungen aufgrund der Co-
               rona Pandemie weitgehend un-
               eingeschränkt ausüben durfte. Die
               Zeit im Stall beim Pferd, die Ausritte
               ins Gelände empfinde ich als Frei-
               heit. Überhaupt verbringe ich einen
               großen Teil meiner Freizeit in der Na-
               tur, dies ist zum Glück immer mög-
               lich gewesen.
               Um mit Eltern und Freunden in Kon-
               takt zu bleiben habe ich das Telefon
               für mich entdeckt, es erinnert mich
               an frühere Zeiten, als ich stunden-
               lang telefoniert habe.
                                                         Foto: privat

               Momentan ist die Zeit einfach an-
               ders, aber es ist nicht alles schlecht.
FF  REIHEIT

  Das Corona-Streitgespräch
  Eine frei erfundene KGR-Sitzung
  In den letzten Monaten gab es kaum eine Kirchengemeinderatssitzung, in der nicht lange über neue
  Corona-Maßnahmen oder Lockerungen diskutiert wurde. Manchen in der Gemeinde gingen die dabei
  getroffenen Einschränkungen möglicherweise nicht weit genug, andere hätten sich vielleicht mehr
  Freiheiten und Eigenverantwortung gewünscht. Mit dem folgenden erfundenen Streitgespräch möch-
  te ich einen Einblick geben, was uns Kirchengemeinderätinnen und -räte in den Beratungen bewegt
  hat. Die überspitzt dargestellten Personen stehen nicht für bestimmte Mitglieder des Gremiums, son-
  dern waren, denke ich, in fast jedem von uns hörbar, mal stärker, mal schwächer.

     DIE JURISTIN: Liebes Gremium, das Land          Deshalb müssen wir als Kirchengemeinde
  Baden-Württemberg hat letzte Woche die             besonders auf die Schwachen, auf Risiko-
  Corona-Verordnung verschärft, dabei aber           gruppen und Kranke blicken. Wir müssen gera-
  erneut den Kirchen große Freiräume gelassen,       de alte Menschen vor Infektionen schützen, und
  die sonst wohl keine andere Gruppe in unserer      sie, so gut es geht, isolieren.
  Gesellschaft genießt. Unsere Landeskirche hat
  dies sehr dankbar zur Kenntnis genommen, und           DER SEELSORGER: Und du meinst, mit Iso-
  ihre Vorgaben für die Kirchengemeinden erneut      lation ist denen geholfen? Alte Menschen wis-
  etwas strenger ausgelegt, als das Land dies for-   sen, dass nur ganz wenige 100 Jahre alt werden.
  derte. Nun sollten wir für Berkheim genau das      Und manche haben vor Einsamkeit und Iso-
  Gleiche tun, und die Vorgaben Wort für Wort        lation größere Angst wie vor dem Tod. Nein, wir
  und mit einer Extraportion Sicherheit für unsere   müssen ihnen nahe bleiben, ihnen geistlichen
  Gemeinde umsetzen.                                 Zuspruch geben und lebendige Gemeinschaft
                                                     ermöglichen.
     DER THEOLOGE: Und was soll mit diesen
  drastischen Maßnahmen wieder erreicht wer-            DIE BAUINGENIEURIN: Aber dabei können
  den? Einzig, dass Infektionen vermieden wer-       wir doch nicht die Gesetze der Physik ignorie-
  den! Das klingt ganz so, als würde unser dreiei-   ren: Aerosole und mit ihnen das Virus breiten
  niger Gott „Lockdown“, „Gesundheit“ und            sich in ungelüfteten Räumen hervorragend aus.
  „Infektionsschutzkonzept“ heißen! Ich möchte       Nach einer Stunde spielt auch der Abstand kei-
  euch sehr bitten den Kern unseres Glaubens zu      ne Rolle mehr, weil sich der Erreger in der
  bedenken: Jesus schenkt uns durch seine            gesamten Raumluft verteilt hat. Wenn wir nicht
  Vergebung ewiges Leben. Statt Abstand zu hal-      auf Masken, regelmäßiges Lüften und enge
  ten, sind wir beauftragt das Evangelium zu ver-    Zeitbegrenzungen bestehen, handeln wir grob
  künden!                                            fahrlässig. Oder würdest du ein Gemeinde-
                                                     mitglied – egal wie alt – in deinem Auto ohne
      DIE DIAKONIEBEAUFTRAGTE: Blödsinn,             Sicherheitsgurt mitnehmen, und dann auf die
  Jesus hat Menschen immer in der Not geholfen.      Autobahn fahren?

– 18 –
FF   REIHEIT

    DER MEDIZINGERÄTEHERSTELLER: Nur                  den einzigen PC und ins Internet, das Betreu-
wenn das Virus tatsächlich in der Raumluft ist,       ungsproblem wächst uns über den Kopf und
das ist meistens aber gar nicht der Fall! Wenn        durch die ungewohnte Enge liegen die Nerven
wir uns die exakten Zahlen anschauen, hat sich        blank. Der Lockdown geht vor allem auf Kosten
bisher nur ein sehr kleiner Teil infiziert. Von den   von uns Familien, und unsere Kirchenge-
Infizierten wird nur ein kleiner Teil ernsthaft       meinde muss hier unbedingt Entlastung schaf-
krank. Von den Kranken wiederum landet nur ein        fen, indem unsere Angebote für Kinder und
kleiner Teil auf der Intensivstation und wird dort    Jugendliche fortgeführt werden!
– dem deutschen Gesundheitssystem sei Dank –
hervorragend mit Beatmungsgeräten und al-                DIE VERMITTLERIN: Ruhe bitte, wenn wir
lem drum und dran versorgt! Lassen wir doch           uns nur gegenseitig an den Kopf werfen, was
mal die Kirche im Dorf und richten nicht alles an     wir tun müssen, kommen wir nicht weiter. Wir
einer verschwindenden Minderheit aus!                 müssen nichts, wir sind frei. Wir sind frei, die
                                                      landeskirchlichen Vorgaben zu übertreffen,
   DER INTENSIVPFLEGER: Die Minderheit ver-           sollten sie dann aber auch unseren Gemeinde-
schwindet nicht, sondern wächst erschreckend          gliedern erklären können. Und wir sind frei, uns
schnell! Ich frage dich, wie lange schaffen wir       den Vorgaben zu widersetzen, wenn wir auch
noch die Intensiv-Versorgung? Ohnmächtig              hier die Konsequenzen tragen möchten und
müssen wir zuschauen, wie der Virus sich unse-        können. Unsere Freiheit sollte erst da enden,
ren Behandlungsversuchen widersetzt. Der              wo wir durch unsere Entscheidungen das Leben
Aufwand, einen hochinfektiösen Patienten zu           und das Wohl anderer gefährden. Und die
versorgen, ist immens. Wir arbeiten seit Wochen       anderen sind nicht nur unsere kleine Kirchen-
an der äußersten Belastungsgrenze, und es             gemeinde. Also nochmal von vorne: Können wir
werden immer mehr! Wir müssen in Berkheim             das Evangelium verkünden und die Vorgaben
alles dafür tun, dass die Infektionen nachlassen      einhalten? Wie könnte das aussehen? Was geht
und die Intensivstationen wieder leerer werden.       dabei verloren? Welche Chancen bieten sich?

     DIE KIRCHENMUSIKERIN: Die Veranstal-             Hier breche ich mal das Gespräch ab, auch
tungen, Gruppen und Kreise können wir mei-            wenn es jetzt erst richtig interessant wird.
netwegen alle absagen, aber bei der Kirchen-          Wenn Ihnen Entscheidungen des Kirchenge-
musik dürfen wir auf keinen Fall Abstriche            meinderats trotz unserer Erklärungsversuche
machen: Der Gesang und die Musik spenden              unverständlich geblieben sind, dann sprechen
im Gottesdienst in einer Weise Trost und              Sie uns bitte an. Jeder von uns ist sicher bereit
Hoffnung, wie es die beste Predigt nicht leisten      zu erzählen, warum wir welche Prioritäten
kann. Die Chöre gehen direkt ins Herz, und was        gesetzt haben. Und wir lassen uns gerne sagen,
ist in Zeiten der Pandemie wichtiger?                 welchen Standpunkt wir vielleicht zu wenig
                                                      bedacht haben. Nicht nur Menschen, auch eine
  DER FAMILIENVATER: Bitte nicht alle Grup-           Kirchengemeinde kann an Krisen wachsen, und
pen und Kreise absagen! Unsere Kinder sind zu         wir versuchen unseren Beitrag dazu zu leisten.
Hause eingesperrt, alle wollen gleichzeitig an                                         Ihr Rainer Wolf

                                                                                                 – 19 –
AA  KTUELL

  Abschied von Lara Wagner
                                                                             Lara Wagner
                                                                             und ihre
                                                                             Vikarskollegen
                                                                             und -kollegin bei
                                                                             ihrer Ordination
                                                                             kurz vor ihrem
                                                                             Beginn in
                                                                             Berkheim im
                                                                             September 2016

                                                                                                 Fotos: privat
             Liebe Lara,                               du hast wieder die Kinderbibeltage mit
                                                       dem Team vorbereitet und das öku-
             als du im September 2016 deinen           menische Team für die 2. churchnight
             Dienst in Berkheim aufgenommen            am Reformationsfest bereichert. Zwei
             hast, war der erste Eindruck: fröhlich,   Highlights verbinden sich mit der
             taff und unkompliziert. Deine Ein-        Michaelskirche. Gemeinsam haben wir
             führung war bei einem Gottesdienst im     überlegt, welche Sätze/Worte den
             Grünen, was das gleich bestätigt hat.     umgestalteten Taufstein bzw. auch die
             Ich dachte: wir werden gut zusammen-      Taufschale zieren sollen und uns dann
             arbeiten. Und: ungeschickt, dass sie      sehr an der gelungenen Umsetzung
             den gleichen Namen trägt wie der lang-    durch Ulrike Flaig gefreut. Und wir
             jährige Pfarrer Günter Wagner. Da wird    haben mit dem Ehepaar Pfeiffer und
             sie immer mal wieder erklären müssen,     Dr. Lutz über die Michaelskirche einen
             dass sie nicht seine Tochter ist.         Film gedreht, der immer noch auf der
             Du hast dann gleich den Kinder-           Homepage zu sehen ist. Dir lag die
             bibeltag am 31. Oktober mitgestaltet      Arbeit mit den Kindern und Familien
             und die erste ökumenische church-         am Herzen, der Gottesdienst für kleine
             night. Dein Mann Daniel hat dabei         Leute, der Kindergottesdienst, die
             fachkundig den Kirchturm der Oster-       Gemeindefreizeiten. Kein Wunder, denn
             feldkirche illuminiert. 2017 haben wir    deine eigene Familie hat ja in Berkheim
             das Reformationsjubiläum begangen,        immer mehr Kontur angenommen, zu

– 20 –
AA    KTUELL

dritt seid ihr gekommen, zu fünft verlas-
st ihr uns im Frühsommer. Daneben war
das für PfarrerInnen Übliche zu tun:
Gottesdienste zu halten, an KGR-
Sitzungen und Besprechungen teilzu-
nehmen, Schulunterricht zu geben,
Besuche zu machen, Taufen, Hoch-
zeiten und Beerdigungen zu gestalten.
So wird manches Gemeindemitglied
wichtige Momente des eigenen Lebens
mit dir verbinden.
Wir würden uns freuen, wenn ihr posi-
tiv und dankbar auf diese Zeit in           Bei der Einweihung des neu gestalteten Taufsteins in der
Berkheim zurückschaut, so wie wir uns       Michaelskirche
an euch erinnern. Es war leider schon
relativ am Anfang klar, dass die Stelle
für dich nur befristet zur Verfügung
steht, weil sie gemäß des Pfarrplans,
der die Stellenverteilung der Pfar-
rerInnen im Kirchenbezirk regelt, auf-
gehoben wird. Die Gemeindemitglie-
derzahlen werden geringer, so ist das
ein logischer, wenn auch schmerzlicher
Einschnitt. Für uns steht nun eine ver-
mehrte Zusammenarbeit mit dem
Zollberg und seinem neuen Pfarre-
ehepaar Hanni und Jakob Fuchs an.           Kinderbibeltage 2016
Ich sage herzlich Danke – auch für den
Kirchengemeinderat. Gottes reicher
Segen begleite euch nach Böblingen.
Wie schön, dass ihr dort viel Vertrautes
                                            Gemeindefreizeit 2017
wiedertreffen werdet, weil du dort auf-
gewachsen bist. Pfrn. Sabine Nollek

  Info

  Der Abschiedsgottesdienst
  für Lara Wagner und ihre
  Familie konnte bis zum
  Redaktionsschluss noch
  nicht terminiert werden.
  Aktuelle Infos auf der
  Homepage.                                                                                     – 21 –
AA    KTUELL

                                                                                schen, berührende Worte – ganz nah,
                                                                                obwohl wir uns noch gar nicht wirklich
                                                                                kannten. Welch wohltuende Erinne-
                                                                                rung in diesen Tagen.

                                                                                Ich erinnere mich an Kinderaugen, die
                                                                                mich durch Jona, Frederik die Maus
                                                                                oder Sankt Martin anstrahlten, witzige
                                                                                Küchenschlachten mit hervorragen-
                                                                                dem Essen, bewegende Gespräche am
                                                                                Gartenzaun, Schülerinnen und Schü-
                                                                                ler, die voller Stolz ihre Segensworte in
                                                                                der Hand hielten, atemberaubende
                                                                Fotos: privat
                                                                                Feste und Veranstaltungen, eine Wein-
                                                                                probe mit Martin Luther, Essen im
                                                                                Gänsebesen mit dem KGR, tobende
 Eine fröhliche                                                                 Kinder in und um die Osterfeldkirche,
 Familie: Daniel
                                                                                neu entzündete Taufkerzen, lustige
 und Lara mit
 Lene, Juna und
                    Liebe Gemeinde,                                             Gemeindefreizeiten mit einer tollen
 Tori (von links)   wenn Sie diesen Gemeindebrief in den                        Gemeinschaft, Wanderungen über
                    Händen halten, weiß ich vielleicht                          Stock und Stein, intensive Sitzungen,
                    schon etwas mehr. Noch ist alles ganz                       berührende Feste des Lebens, gefühlte
                    frisch und vieles klärt sich in den näch-                   endlose Diskussionen, ein hell er-
                    sten Tagen und Wochen… Ich wurde                            strahlter Kirchturm, emotionale Jubi-
                    auf eine neue Pfarrstelle gewählt und                       läen oder Verabschiedungen, Garten-
                    werde daher Berkheim verlassen. Ich                         aktionen mit immer mehr Grünschnitt,
                    werde nach Böblingen gehen und dort                         zähe Umbauten oder Renovierungs-
                    in der Martin-Luther-Gemeinde auf                           arbeiten, einen neugestalteten Tauf-
                    einer 50%-Stelle anfangen. Wann es                          stein, Stimmen zählen bis in den spä-
                    dort genau losgeht, steht noch nicht                        ten Abend, gemeinsames Singen und
                    fest, auch nicht wann wir umziehen                          Musizieren und so vieles, vieles mehr.
                    werden, aber klar ist, dass wir Berk-                       Und klar erinnere ich mich an Gottes-
                    heim und vor allem Ihnen auf Wieder-                        dienste in ganz vielfältigen Formen für
                    sehen sagen müssen.                                         Groß und Klein, Jung und Alt, in der
                                                                                Osterfeldkirche, in der Michaelskirche,
                    Ich erinnere mich noch so gut an mei-                       drinnen oder draußen, auf dem Stein-
                    nen Einführungsgottesdienst auf dem                         riegelplatz, pompös oder ganz schlicht,
                    Steinriegel im September 2016: bestes                       zu zweit oder mit hunderten, die mit-
                    Wetter, tolle Atmosphäre mit Posau-                         feierten, Momente, die mich erfüllen
                    nenchor und ganz vielen netten Men-                         und unbeschreibliches bewirken –

– 22 –
AA   KTUELL

Gottes Geist, der uns alle verbindet.
Aber vor allem erinnere ich mich an
Menschen, die voller Engagement,
Offenheit, mit Herz und Freude das
Gemeindeleben gestalten. Menschen,
die füreinander da sind, aneinander
denken und füreinander beten, Men-
schen, die aufeinander Acht geben und
zueinanderfinden, Menschen, die Got-
tes Geschichte lebendig erzählen. Dafür
bin ich Ihnen sehr dankbar.
                                           Gottesdienst mit kleinen Leuten und Gemeindefreizeit 2019

Berkheim hat mich und meine Familie
geprägt. Und vieles lässt sich gar nicht
im Einzelnen aufzählen. Erfüllt und
dankbar sind wir über so viele Momen-
te, die uns bewegt und erfreut haben.
Zu dritt sind wir in den Wiesengrund
eingezogen, zwei weitere Kinder ha-
ben das Pfarrhaus und natürlich unser
Leben mit Liebe und Leben gefüllt,
Lene, Juna und Tori haben hier Laufen
gelernt, die Kirchturmglocken läuten
für sie zum täglichen Essen, in der
Osterfeldkirche kennen sie sich aus
und sie lieben es, ihre Kirche mit „Oma
Claudi“ zum Glänzen zu bringen. Der
Osterfeldkindergarten lässt ihre Her-
zen höherschlagen und sie kommen
ausgelassen und beseelt am Nach-
mittag wieder zu Hause an. Und genau
das ist es – ihr Zuhause.

Nun heißt es langsam Abschied neh-
men und neu beginnen. Gestärkt mit
bleibenden Erinnerungen im Gepäck
und einem Gott, der uns trägt.                                                   Bei einem
                                                                                 Gottesdienst zu
                                                                                 Jona
In diesem Sinne, bleiben Sie behütet,
Ihre                                                                             Lara Wagner
                                                                                 mit Lene (oben)
                                                                                 und mit Juna
                                                                                 (unten)      – 23 –
EE   RINNERUNGEN

Geschichten aus „Alt-Berkheim“
Ein echter Kriminalfall – ein Jagdpächter entlarvt zwei Wilderer

M      ein Vater Karl Schweizer sen. war
       auch Jagdpächter. Er fand im Juni
1947 den ermordeten Denkendorfer
                                           Vater und seinen Freund enttäuschend
                                           und absurd.
                                           Die polizeilichen Ermittlungen aber
Förster Heinrich Rottner im Berkheimer     ergaben, dass zwei Wilderer auf
Wald. Daran erinnert heute noch ein        Schlingenfang gesehen worden waren.
Gedenkstein im Denkendorfer Wald           Sie fingen damit Rehe und Hasen.
oberhalb der Talmühle.                     Vermutlich hatte Förster Rottner die
Rottner war verschwunden gewesen           beiden, Vater und Sohn, ertappt. Es
und trotz umfänglicher Suche nicht         muss zu einer Rauferei gekommen
aufgetaucht. Mein Vater und sein           sein, wobei die beiden Männer mit der
Freund Erwin Bluthardt waren im            Rucksackschnur den Förster erdrossel-
Berkheimer Wald unterwegs. Ihre            ten. Sie kamen vor Gericht. Der Vater     Der vermooste
Begleiter waren Stöcke, denn 1947          beging während des Prozesses Selbst-      Gedenkstein
durften auf Anweisung der amerikani-       mord, sein Sohn erhielt eine gerechte     oberhalb der
schen Besatzungsmacht die Jäger            Gefängnisstrafe.                          Talmühle. Die
                                                                                     Inschrift ist nur
noch keine Waffen besitzen. Sie streif-    Karl Schweizer jun. (Jahrgang 1931)       noch schwer zu
ten kreuz und quer durch den Wald.                                                   entziffern.
Mein Vater lief an einem ausgetrockne-
ten Bach entlang. Bachtiefe etwa 1m.
Im Bach lagen Äste, Steine und Laub
durcheinander. Plötzlich sah er mehre-
re Steine übereinanderliegen. Das kam
ihm merkwürdig vor und er verschob
sie mit dem Fuß. Entsetzt sah er einen
Fuß mit Stiefel. Ihm und seinem Freund
war klar: das konnte nur Heinrich
Rottner sein! Mein Vater lief zur Tal-
mühle hinunter und verständigte die
Polizei. Er führte die Polizisten zum
                                                                                                         Foto: Chr.Maier

Fundort, wo sein Freund währenddes-
sen gewacht hatte. Einer der Polizisten
sagte, dass die Möglichkeit bestünde,
dass derjenige, der den Ermordeten               „Hier wurde am 14.6. 1947 unser Jagdfreund
findet, auch der Mörder sein könnte.       Heinrich Rottner, Revierförster, durch Wilderer ermordet.“
Diese Unterstellung war für meinen                       Jäger Vereinigung Esslingen

                                                                                               – 24 –
AA              KTUELL

  Wussten Sie schon, dass…
  …seit November die allermeisten Gottesdienste gestreamt werden?

  Das Team mit Rainer Wolf,
  Stefan Schröder, Ralph Tietgens
  und Uli Spitzenberger macht es
  möglich, den Gottesdienst in der                                        Foto: _Tony Hegewald_pixelio.de

  Osterfeldkirche von zuhause aus zeitgleich oder zeitversetzt mitzuver-
  folgen. Der Link dazu findet sich auf der Homepage der Kirchengemeinde.
  Herzlichen Dank an das Team, dass wir jetzt diese technischen Möglich-
  keiten nutzen können, besonders in Lockdown-Zeiten.

                                                                                      …die barrierefreie Toilette jetzt in Betrieb
                                                                                      ist? Im Januar wurden letzte Arbeiten ausge-
                                                                                      führt, jetzt ist die neueingebaute barrierefreie
                                                                                      Toilette und die umgebaute Damentoilette
                                                                                      uneingeschränkt nutzbar. Dies verdanken wir
    Foto: Hans-Ulrich Krömer

                                                                                      den sechs Handwerksbetrieben, z.T. aus
                                                                                      Berkheim, die die Arbeiten versiert nach
                                                                                      Zeitplan ausgeführt haben, dem beteiligten
                                                                                      Architekturbüro Jaschek und dem Bauaus-
                                                                                      schuss der Kirchengemeinde.

                                …am 16. Januar beim Mitarbeiterempfang 80 Personen zusammen waren?
                               Nicht viel, wenn sich sonst ca. 140 Personen in der Osterfeldkirche einfinden. Aber
                               dieses Mal saßen sie nicht vor Ort, sondern daheim vor 53 Rechnern. Es war eine
                               große Freude, im Lockdown einander wenigstens über den Bildschirm zu sehen.
                               Das Programm kam teilweise aus dem Probenkeller von Gospel Zu Zweit. Die bei-
                               den Künstler schafften es, die Teilnehmenden auch über den Bildschirm mitzuneh-
                               men, es wurde mitgeschnipst und mitgesungen. Eine begeisterte Rückmeldung:
                               Ich möchte mich beim ganzen Vorbereitungsteam für einen wunderbaren gelunge-
                               nen virtuellen Abend bedanken! Wie toll, dass es doch solche Medien gibt und
                               Menschen, die Spaß daran haben, sie so genial einzusetzen, und andere mitzu-
                               reißen! Musikalisch, virtuell, geistlich, ...ein tolles Highlight. Danke!
                               Foto: BlickReflex.de_pixelio.de - bearbeitet v. C.M.

– 25 –
A  AKTUELL

              Screenshot: C. Maier

…der Kirchengemeinderat seit März letzten Jahres vorwiegend seine Sitzungen online abhält?
Nur am Anfang gab es kurz einige Schwierigkeiten z.B. mit der Qualität der Verbindung.
Jetzt sind alle sehr geübt. Auf unserer Homepage findet sich ein kurzes Video einer Sitzung,
aber Achtung: Spaß muss sein!

                                             …der 3. ökumenische Kirchentag von 13.-16. Mai
                                             in Frankfurt trotz Corona stattfindet?
…die Kirchengemeinde von der
Egon-und-Susann-Eisele-Stiftung
Stapelbänke für unsere Kinder-
events gesponsert bekommen hat?

Wir danken Egon Eisele, der leider
im Januar 2021 verstorben ist, und           Allerdings digital und dezentral, so dass eine
seiner Frau Susann sowie der                 Teilnahme von zuhause aus möglich ist, besonders
Stiftung, dass dies möglich war und          am Samstag, 15. Mai. Nähere Informationen zum
freuen uns, wenn wir mit den                 Programm finden sich ab April auf der Homepage
Kindern des Kinderchors oder der             des Kirchentags www.oekt.de
Kinderbibeltage oder der
Kindergärten die Bänke bald
bei Veranstaltun-
gen benutzen
können.

                                                                                       – 26 –
AA                                      KTUELL

                        Wussten Sie schon, dass….
                        …unser Kirchenchor 2021 100 Jahre alt wird?
Foto: Manfred Rimmele

                                                                          Konzert in der Osterfeldkirche Nov. 2019, „... denn sie sollen getröstet werden“.

                        Am 1. Februar 1921 wurde er gegründet und hat die ganze Zeit die Kirchengemeinde musikalisch
                        bereichert mit unzähligen Auftritten bei Gottesdiensten und Festen und mit großen Konzerten in der
                        Osterfeldhalle oder -kirche.
                        Vielen Sängerinnen und Sängern war und ist er eine musikalische wie auch geistliche Heimat in fro-
                        her Gemeinschaft. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind leider die allermeisten Proben und
                        Auftritte nicht möglich gewesen. Und auch jetzt ist die Planung des Jubiläumsgottesdienstes am
                        20. Juni schwierig. In welcher Weise der Chor – wie angedacht – aus seinem reichen Repertoire vor-
                        tragen kann, wird sich zeigen müssen. Auf jeden Fall wird die Chorfamilie an diesem Tag zusammen-
                        kommen zum Gottesdienst und die 18. Chorleiterin in dieser Zeit, Hannelore Aisslinger, in den Ruhe-
                        stand verabschieden.

                                                                                                                            …im Jahr 2021 1700 Jahre jüdisches Leben in
                                                                                                                            Deutschland gefeiert wird?
                                     verei
                        Frei von Skla
                                                                                                                             Aus dem Dezember des Jahres 321 datiert ein Edikt von

                              und Tod
                                                                                                                             Kaiser Konstantin, das jüdischen Bürgern der römischen
                                                                                                                             Stadt Colonia Agrippina (Köln) das Recht verleiht, Ämter
                                                                                                      Ostern
                                                                          ziehungsweise
                                                         Pessach be                                                           zu bekleiden – ältester urkundlicher Beleg für jüdisches
                                                                                                                                             der
                                                                                                                               Befreiung aus
                                                                                                                an Pessach die               des
                                                                                                   Juden feiern
                                                                                    Jüdinnen und
                                                                                   Sklaverei in
                                                                                  Leidens Jesu
                                                                                                Ägypten. Christ
                                                                                               Christi und feiern
                                                                                                                              Leben in Deutschland. Anlass, das Jahr 2021 zu einem
                                                                                                                innen und Christ
                                                                                                                  an Ostern seine
                                                                                                              Auch heute.
                                                                                                                                 en gedenken
                                                                                                                                  Auferstehung
                                                                                                                          Halleluja!
                                                                                                                                               vom

                                                                                                t und erlöst.
                                                                                Tod. Gott befrei

                                                                                                                               Festjahr zu machen. Parallel zum Festjahr gibt es eine
                                                                                                         er als du denkst
                                                                                        christlich – näh
                                                          #beziehungswe
                                                                       ise: jüdisch und                                        Plakatkampagne, die mit monatlich wechselnden Pla-
                                                                                        Eine bundesweite
                                                                                        katholische und
                                                                                                        evangelische Kirche
                                                                                                                            in
                                                                                                                                katen Bezüge zwischen der jüdischen und der christli-
                                                                                                                             tzt durch die
                                                                                                         Kampagne, umgese Nordrhein-Westfalen

                                                  ungsweise:

                                                                                                                                chen Religion und Glaubenspraxis herstellt. Diese
                                   #bezieh
                                                 – näher als du denkst
                          jüdisch und christlich     eise-christlich.de
                         www.juedisch-beziehungsw

                                                                                                                       sind in unseren Schaukästen an der Osterfeldkirche und der
                                                                                                                Michaelskirche zu finden. Nähere Infos unter www1700jahre.de.

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