Gemeinnützige Stiftungen - Brisantes aus dem Steuerrecht

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Gemeinnützige Stiftungen - Brisantes aus dem Steuerrecht
Unternehmen, Private                                                                      → Olivier Margraf

        Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes
        aus dem Steuerrecht

Band 1 / 2022 | Artikel 2
        Zitiervorschlag: Olivier Margraf, Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht,
s. 8    in zsis) 1/2022, A2, N [...] (abrufbar unter: publ.zsis.ch/A2-2022)
24.02.2022                                                                      Unternehmen, Private

QUICK READ In der Lehre und Praxis besteht Uneinigkeit in Bezug
auf die Frage, inwieweit eine Holdingstiftung Einfluss auf ihre Beteiligung
nehmen kann. Verlangt doch Art. 56 lit. g letzter Satz DBG für die subjektive
Steuerbefreiung, dass das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem
gemeinnützigen Zweck untergeordnet sein muss und keine geschäfts-
leitenden Tätigkeiten ausgeübt werden dürfen. Das Bundesgericht hat in          Olivier MARGRAF
einem aktuellen Entscheid betreffend eine Holdingstiftung, die an einer         Abteilungsleiter Rechtsdienst | Steuer-
                                                                                verwaltung des Kantons Thurgau
operativen Gesellschaft beteiligt war, festgehalten, dass das Interesse an      olivier.margraf@tg.ch
der Unternehmenserhaltung dem steuerbefreiten Zweck untergeordnet
sein muss. Dies ist nicht der Fall, wenn fast das ganze Stiftungsvermögen
in der entsprechenden Beteiligung verkörpert ist und starke gegen-
seitige finanzielle und wirtschaftliche Verflechtungen bestehen. Ein so
begründetes «Klumpenrisiko» steht einer subjektiven Steuerbefreiung
entgegen. Das Bundesgericht hat allerdings offengelassen, ob es die
relativ starke Einflussnahme der Stiftung auf das Unternehmen als «ge-
schäftsleitende Tätigkeit» qualifiziert. Es ist damit zu rechnen, dass dieses
Urteil zu einer Überprüfung und gegebenenfalls einer Verschärfung der
Steuerbefreiungspraxis in den Kantonen führen wird.

Steueroptimierungen sind auch im Verhältnis Stifter/Stiftung denkbar.
Im zweiten Schwerpunkt des Beitrages wird auf die Einräumung von
Nutzniessungen an Liegenschaften gegenüber der Stiftung eingegan-
gen. Solche Konstrukte führen nicht per se zur Annahme einer steuer-
lich verpönten Steuerumgehung, auch wenn ihnen aus steuerlicher Sicht
relativ enge Grenzen gesetzt sind.

s. 9     Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                           Unternehmen, Private

QUICK READ                                                      9      1. Allgemeine Vorbemerkungen 01

                                                                       Juristische Personen, welche die jeweiligen Voraus-       1
HAUPTTEIL                                                      10      setzungen von Art.  56 lit. e, g und h des Bundesgeset-
                                                                       zes über die direkte Bundessteuer (DBG) erfüllen, ge-
1. Allgemeine Vorbemerkungen                                   10      langen grundsätzlich in den Genuss einer subjektiven
                                                                       Steuerbefreiung. Werden juristische Personen wegen
2. Gemeinnützige juristische Personen                          10      der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke subjektiv
                                                                       steuerbefreit, sind gemäss Art.  56 lit. g DBG der Er-
3. Einräumung von beschränkt                                           werb und die Verwaltung von «wesentlichen Kapital-
   dinglichen Rechten                                          14      beteiligungen an Unternehmen» nur unter restriktiven
                                                                       Voraussetzungen zulässig. Das Bundesgericht hatte
                                                                       neulich die Frage, unter welchen Umständen das Hal-
                                                                       ten einer massgebenden Beteiligung an einer opera-
                                                                       tiven Gesellschaft durch eine gemeinnützige Stiftung
                                                                       einer subjektiven Steuerbefreiung entgegensteht, zu
                                                                       beurteilen. 02 Zudem soll auch der Frage nachgegan-
                                                                       gen werden, ob subjektiv steuerbefreiten Stiftungen
                                                                       Nutzniessungen an Grundstücken des Stifters einge-
                                                                       räumt werden können. 03

01
     Der Verfasser äussert seine persönliche Meinung.
02
     Urteil des Bundesgerichts 2C_166 / 2020 vom                       2. Gemeinnützige juristische Personen
     10. Mai 2021 bzw. BGE 147 II 287, Übersetzung in
     Praxis 1 / 2022, 14 ff.; vgl. auch Hainaut Jean-Marie /           2.1 Allgemeine Voraussetzungen für
     Ebener Jean, Philanthropie et entreprises: le jeu                 die subjektive Steuerbefreiung
     trouble de la fiscalité, Expert Focus 2 / 2022, S. 50 ff.;            Die Steuerbefreiung gemäss Art.  56 lit. g DBG ist    2
     Greter Marco / Dietschi Marc, Analyse der bundes-                 an folgende allgemeine Voraussetzungen geknüpft:
     gerichtlichen Rechtsprechung zur Gewinnbe-                        • Rechtsform der juristischen Person;
     steuerung juristischer Personen aus dem ersten                    • Ausschliesslichkeit der Mittelverwendung für
     Halbjahr 2021, ASA 90 (2021 / 2022), 339 ff.; Koller                  einen steuerbefreiten Zweck;
     Thomas, BGE 147 II 287: Keine Steuerbefreiung                     • Unwiderruflichkeit der Zweckbindung;
     wegen Gemeinnützigkeit für die Holdingsstiftung                   • tatsächliche Verwirklichung der vorgegebenen
     im Bereich der Gemeinschaftsgastronomie,                              Zwecksetzung. 04
     AJP 1 / 2022, 47 ff.; siehe Ausführungen unter
     Ziffer 2.2.
03
     Siehe Ziffer 3.                                                   Bei juristischen Personen mit gemeinnütziger Zweck-       3
04
     Kreisschreiben Nr. 12 der Eidg. Steuerverwaltung                  setzung wird zudem verlangt, dass die Zweckverfol-
     (ESTV) vom 8. Juli 1994 betreffend Steuerbefreiung                gung im Allgemeininteresse liegt. Der Kreis der Desti-
     juristischer Personen, die öffentliche oder                       natäre muss also grundsätzlich offen sein. Zudem sind
     gemeinnützige Zwecke (Art. 56 Bst. g DBG) oder                    gemäss Art.  56 lit. g DBG «unternehmerische Zwecke»
     Kultuszwecke (Art. 56 Bst. h DBG) verfolgen;                      nicht gemeinnützig. Die Verfolgung von sog. Erwerbs-
     Abzugsfähigkeit von Zuwendungen (Art. 33 Abs. 1                   oder Selbsthilfezwecken oder unmittelbarer Eigenin-
     Bst. i und Art. 59 Bst. c DBG), Ziff. 2 (zit. KS ESTV,            teressen der juristischen Person oder ihrer Mitglieder
     Steuerbefreiung jur. Personen).                                   qualifiziert nicht als Uneigennützigkeit und schliesst

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    eine subjektive Steuerbefreiung aus. 05 Eine Erwerbs-               In der Folge verweigerte die kantonale Steuerverwal-     7
    tätigkeit ist zulässig, wenn sie «Mittel zum Zweck» bil-            tung Waadt eine subjektive Steuerbefreiung wegen
    det und im Verhältnis zum altruistischen Zweck unter-               gemeinnütziger Zwecksetzung. Das Kantonsgericht
    geordneter Natur ist. 06                                            des Kantons Waadt hiess die von der Stiftung dage-
                                                                        gen angehobene Beschwerde gut. Daraufhin gelangte
4   Der Erwerb und die Verwaltung von «wesentlichen                     die kantonale Steuerverwaltung Waadt an das Bun-
    Kapitalbeteiligungen an Unternehmen» sind aller-                    desgericht, welche die Voraussetzungen für eine sub-
    dings gemäss Art.  56 lit. g Satz 3 DBG unschädlich,                jektive Steuerbefreiung infolge des beherrschenden
    wenn zum einen das Interesse an der Unternehmens-                   Einflusses der Stiftung auf ihre AG als nicht gegeben
    erhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet                    betrachtete.
    ist und zum anderen keine geschäftsleitenden Tätig-
    keiten ausgeübt werden.                                             2.2.2 Bundesgerichtliche Erwägungen
                                                                            Das Bundesgericht hält unter Berücksichtigung        8
    2.2 Aktuelle bundesgerichtliche Rechtsprechung 07                   seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass «unter-
                                                                        nehmerische Zwecke» dem gemeinnützigen Zweck
    2.2.1 Sachverhalt, der dem Urteil zu Grunde lag                     untergeordnet sein müssen, wobei eine subjektive
5       Eine im Kanton Waadt domizilierte und 1919 ge-                  Steuerbefreiung ohnehin ausgeschlossen sei, sofern
    gründete Stiftung verfolgt das Ziel, ohne konfessio-                die geschäftlichen Aktivitäten ein gewisses Mass
    nelle oder politische Vorbehalte, aber auf der Grund-               übersteigen, da damit das Prinzip der Wettbewerbs-
    lage einer breiten christlichen Geisteshaltung, für ein             neutralität verletzt werde. 08
    besseres Verständnis unter den Menschen zusam-
    menzuarbeiten. Als Nebenzweck betrieb sie anfäng-                   Gemäss der im Urteil des Bundesgerichts Juni 2020 09     9
    lich «Soldatenstuben», was sich im Lauf der Jahre zu                ergangenen Rechtsprechung sei es einer (gemeinnüt-
    einer wichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit in der sog.              zigen) Stiftung nicht verwehrt, einen Teil ihres nicht
    Gemeinschaftsgastronomie (Kantinen, Mensen etc.)                    benötigten Stiftungsvermögens drittmarktkonform,
    weiterentwickelte.                                                  im Sinne einer langfristigen Sicherung des Stiftungs-
                                                                        zweckes, anzulegen, solange zur Verfolgung des im
6   Die Stiftung stand im Genuss einer subjektiven Steu-                Allgemeininteresse liegenden Zweckes ausreichend
    erbefreiung, wobei per 1.1.1999 die Aktivitäten im                  Mittel vorhanden sind. 10 Der Darlehensvergabe an
    Gastronomiebereich davon ausgenommen wurden.                        Dritte, selbst an Mitglieder des Stiftungsrates, ste-
    Im Jahr 2015 übertrug die Stiftung sämtliche Aktivi-                he einer subjektiven Steuerbefreiung solange nichts
    täten in der Gemeinschaftsgastronomie mit Wirkung                   entgegen, als dass kein Konflikt zwischen den Eigen-
    per 1.1.2015 auf eine 100 %-Tochter- bzw. Enkelgesell-              interessen der Mitglieder des Stiftungsrats und der
    schaft. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde zwischen
    der Tochtergesellschaft und der Stiftung ein langfris-              05
                                                                             Urteil des Bundesgerichts 2C_835/2016
    tiger und verzinslicher Darlehensvertrag geschlossen.                    vom 21. März 2017 E. 2.3.1.
    Dieser belief sich auf rund CHF 25 Mio. (Saldo der Ver-             06
                                                                             KS ESTV, Steuerbefreiung jur. Personen,
    mögensübertragung) und entsprach einer an die Stif-                      Ziff. 3b.
    tung ausgeschütteten Sonderdividende im gleichen                    07
                                                                             BGE 147 II 287.
    Betrag. Die Stiftung gab ihrer Tochtergesellschaft                  08
                                                                             BGE 147 II 287 E. 6.1.
    einen Handlungsrahmen vor, der sich zu organisato-                  09
                                                                             Urteil des Bundesgerichts 2C_385/ 2020
    rischen, finanziellen und strategischen Gesichtspunk-                    vom 25. Juni 2020.
    ten äussert und entsprechende Vorgaben an die ope-                  10
                                                                             BGE 147 II 287 E. 6.3 mit Hinweis auf das Urteil
    rative Ebene umfasst.                                                    des Bundesgerichts 2C_385/2020 vo 25. Juni 2020
                                                                             E. 5.3.1.

    s. 11    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
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     Verfolgung des im Allgemeininteresse liegenden Stif-                Rückzahlung des Darlehens bzw. der Verzicht auf die
     tungszwecks entstehen, wobei sich ein solcher nach                  Zinsen eine ihrer wichtigsten Liquiditätsquellen und
     dem aussen erkennbaren objektive Anschein beurtei-                  folglich das wesentliche Element für die Verfolgung
     len müsse. 11 Ein solcher Interessenskonflikt sei gege-             ihrer Ziele von öffentlichem Interesse. 17
     ben, wenn rund 57 % des Stiftungsvermögens in Form
     von Darlehen an zwei Stiftungsratsmitglieder gebun-                 Die Fähigkeit der Stiftung, den gemeinnützigen Zweck          12
     den sind. 12 Das Bundesgericht verdeutlicht auch, dass              längerfristig verfolgen zu können, hänge fast aus-
     bloss die potentielle Möglichkeit einer «geschäfts-                 schliesslich von der Entwicklung und dem Überleben
     leitenden Aktivität» nicht genüge, sondern dass eine                der Unternehmung ab. 18 Das Bundesgericht deutet
     solche auch tatsächlich ausgeübt werden müsse. 13                   an, dass bei einer anderen Vermögensstrukturierung
                                                                         bzw. bei breiterer Diversifikation der Investments der
10   Auch wenn im vorliegenden Fall eine sehr enge finan-                Stiftung allenfalls auch ein anderes Ergebnis – d.h.
     zielle, organisatorische, strategische und personelle               eine subjektive Steuerbefreiung – denkbar wäre. 19
     Verflechtung der Stiftung mit «ihrer» AG vorgelegen
     hat, liess das Bundesgericht letztlich offen, ob damit              2.3 Unterordnung der Unternehmenserhaltung
     ein schädlicher beherrschender Einfluss vorliegt. 14 Es             unter gemeinnützigen Zweck
     sah jedoch das Erfordernis, dass das Interesse an der                   Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)                13
     Unternehmenserhaltung dem eigentlichen gemein-                      postuliert, dass bei wesentlichen Beteiligungen die
     nützigen Zweck untergeordnet sein muss, als nicht                   Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck
     eingehalten. 15 Dies auch vor dem Hintergrund, dass                 untergeordnet sein muss. Das heisst, die gehaltene
     fast das ganze Stiftungsvermögen in der entspre-                    Gesellschaft hat regelmässige und wesentliche Ge-
     chenden Beteiligung verkörpert ist und sich ihre Er-                winnausschüttungen vorzunehmen, welche wiederum
     tragslage fast ausschliesslich aus Einkünften aus der               dem steuerbefreiten Zweck zufliessen müssen. 20
     Beteiligung ergibt (Zins- und Beteiligungserträge). 16
                                                                         11
                                                                              BGE 147 II 287 E. 6.3 mit Hinweis auf das Urteil des
11   Diese Situation führe unweigerlich zu einer gegensei-                    Bundesgerichts 2C_385/2020 vo 25. Juni 2020 E. 5.3.2.
     tigen finanziellen Abhängigkeit zwischen der Stiftung               12
                                                                              BGE 147 II 287 E. 6.3 mit Hinweis auf das Urteil des
     und dem Unternehmen. Die Erträge, die die Stiftung                       Bundesgerichts 2C_385/2020 vo 25. Juni 2020 E. 5.3.3.
     aus ihrem Vermögen zu erwarten habe, sowie die                      13
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.2. Die Beweislast liegt in Bezug
     Werthaltigkeit dieses Vermögens seien eng mit dem                        auf diese steuerbegründende Tatsache bei der
     erfolgreichen Betrieb der AG bzw. der Unternehmens-                      Veranlagungsbehörde.
     gruppe verbunden. Aus ihrer Doppelrolle als Aktio-                  14
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.3.
     närin und Hauptgläubigerin der AG ergebe sich ein                   15
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.3. Das Bundesgericht hält aller-
     Interessenskonflikt. Dieser laufe darauf hinaus, dass                    dings fest, dass im vorliegenden Fall bei der Stiftung
     entweder die strikte Einhaltung des Darlehensver-                        eine gewisse Tendenz («une certaine tendance»)
     trags verlangt werden müsse, oder dass vorüberge-                        bestehe, sich in die Belange ihrer AG einzumischen,
     hend oder dauerhaft auf die vollständige oder teil-                      was sich insbesondere in den Stiftungsratsprotokollen
     weise Darlehensrückzahlung bzw. auf die laufenden                        der gegenüber der AG kommunizierten Eigen-
     Zinsen verzichtet werden müsse. Die Einhaltung des                       tümerstrategie und auch aufgrund der Höhe des
     Darlehensvertrags erfolge auf die Gefahr hin, die                        gewährten Darlehens manifestiere.
     Schuldnerin in ernste finanzielle Schwierigkeiten zu                16
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.4.
     bringen und damit den Wert ihrer Aktien zu schädi-                  17
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.5.
     gen, die auch einen wesentlichen Teil ihres Vermö-                  18
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.6.
     gens ausmachen. Demgegenüber betrifft die teilweise                 19
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.6.
                                                                         20
                                                                              KS ESTV, Steuerbefreiung jur. Personen, Ziff. 3c.

     s. 12    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                                Unternehmen, Private

14   Es ist Opel zuzustimmen, wenn sie feststellt, dass es               die Unternehmensführung setzt eine klare organisa-
     im «ureigenen Interesse» der Stiftung liege, dass sich              torische und personelle Trennung von Stiftungsrat
     ihre Beteiligung bzw. das darin verkörperte Unterneh-               und Verwaltungsrat der Tochtergesellschaft voraus,
     men positiv entwickelt. Nur dann kann gewährleistet                 wobei eine Verbindungsperson, die in beiden Gremien
     werden, dass die im Unternehmen erwirtschafteten                    Einsitz nimmt, als nicht schädlich betrachtet wird.
     Mittel auch der Stiftung zugänglich werden. 21 Opel
     fordert daher, dass die Steuerbehörden nicht durch                  Offenbar liess sich der Gesetzgeber dabei von Miss-                17
     Ausschüttungsauflagen in Form von betraglich fixier-                brauchsüberlegungen leiten. 24 Damit sollte der Ver-
     ten oder bestimmbaren Gewinnausschüttungen in                       such angestellt werden, die Bestrebungen der Stif-
     das Geschäftsgebaren der gehaltenen Unternehmung                    tungsorgane auf die Entfaltung des gemeinnützigen
     eingreifen, sondern eine vernünftige Geschäftspolitik               Zweckes und nicht nur auf die Unternehmenserhal-
     sicherstellen sollten. 22 Trotz der nachvollziehbaren               tung zu konzentrieren. 25
     Kritik werden aber die vollziehenden Steuer- oder
     Aufsichtsbehörden nicht umhinkommen, das Erfor-                     Das Bundesgericht hat bedauerlicherweise die Frage                 18
     dernis der Unterordnung des Interesses an der Unter-                offengelassen, ob die Einflussnahme der Stiftungshol-
     nehmenserhaltung im Steuerbefreiungs- oder im Auf-                  ding auf die geschäftlichen und operativen Belange
     sichtsprozess auch entsprechend zu fordern und zu                   «ihrer» AG einer geschäftsleitenden Tätigkeit ent-
     prüfen. Nach Auffassung des Verfassers sollte aber                  spricht. 26 Wie Opel aber zu Recht ausführt, besteht
     auf eine betragliche Fixierung der Gewinnausschüt-                  zwischen dem Gesetzeswortlaut und der «Präzisie-
     tungen verzichtet werden.                                           rung» im einschlägigen Kreisschreiben ein kleiner,
                                                                         aber feiner Unterschied: Während die gesetzliche
15   Ist die gemeinnützige Stiftung aber in ihrer Existenz
     ausschliesslich vom gedeihlichen Fortbestand «ihrer»                21
                                                                              Opel Andrea, Steuerbefreiung von Holdingstiftungen,
     Unternehmung abhängig, so dürfte aufgrund der ak-                        FSTR 2021, S. 341 ff., S. 351 (zit. Opel, Steuerbefreiung).
     tuellsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung das                    22
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 351 f.; so auch Richner
     Interesse an der Unternehmenserhaltung dem ge-                           Felix / Frei Walter / Kaufmann Stefan / Meuter Hans
     meinnützigen Zweck nicht mehr untergeordnet sein. 23                     (Hrsg.), Handkommentar zum Bundesgesetz über
     Hält die Stiftung daher eine einzige Beteiligung an                      die direkte Bundessteuer (DBG), 3. Aufl., Zürich 2016,
     der Tochtergesellschaft, welche ihrerseits die Stiftung                  Art. 56 N 4.
     mit ihren Gewinnausschüttungen alimentiert, besteht                 23
                                                                              BGE 147 II 287; siehe auch Ziffer 3.
     ein grosses Risiko dafür, dass der Holdingstiftung kei-             24
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 348 m.w.H.
     ne subjektive Steuerbefreiung gewährt werden kann.                  25
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 349.
                                                                         26
                                                                              BGE 147 II 287 E. 8.3; Opel, Steuerbefreiung, S. 349;
     2.4 Keine Ausübung von geschäftsleitenden                                Opel zieht den Schluss, dass das Bundesgericht
     Tätigkeiten                                                              den Umstand, dass im beurteilten Fall eine solche
16        Gemäss Art.  56 lit. g DBG steht die Wahrnehmung                    Einflussnahme durch die Eigentümerstrategie
     von geschäftsleitenden Tätigkeiten der Stiftung ge-                      («cadre actionnaral») erfolgt sei, nicht bereits zum
     genüber der von ihr gehaltenen Unternehmung einer                        Anlass genommen habe, der Stiftung die
     subjektiven Steuerbefreiung entgegen. Gemäss Auf-                        Steuerbefreiung zu versagen. Das Bundesgericht
     fassung der ESTV erweisen sich sodann reine Kapi-                        hat jedoch diese Frage offengelassen, da
     talanlagen – auch Mehrheitsbeteiligungen – als nicht                     die subjektive Steuerbefreiung bereits aufgrund
     schädlich für die Steuerbefreiung, sofern damit keine                    der fehlenden Unterordnung des Interesses an
     Einflussnahme auf die Unternehmensführung möglich                        der Unternehmenserhaltung zum gemeinnützigen
     ist. Das Erfordernis der fehlenden Einflussnahme auf                     Zweck zu verweigern war.

     s. 13    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                               Unternehmen, Private

     Ausgestaltung die Ausübung von «geschäftsleitenden                  subjektive Steuerbefreiung zu gewähren, da nach der
     Tätigkeiten» als schädlich für die subjektive Steuerbe-             bundesgerichtlichen Rechtsprechung in solchen Kon-
     freiung bezeichnet, schliesst das ESTV-Kreisschreiben               stellationen das Interesse an der Unternehmenserhal-
     die subjektive Steuerbefreiung bei Einflussnahme der                tung überwiegen dürfte.
     Stiftung auf die Unternehmensführung aus. 27 Die ge-
     forderte Unterlassung jeglicher Einflussnahme auf
     das gehaltene Unternehmen gehe über den Gesetzes-                   3. Einräumung von beschränkt dinglichen Rechten
     wortlaut hinaus. 28 Dieser Auffassung ist zuzustimmen.
     Es muss einer gemeinnützigen Stiftung gestattet sein,               Die Steuerbehörden werden immer wieder mit der Fra-             21
     auf die von ihr gehaltene Unternehmen insofern Ein-                 gestellung konfrontiert, ob einer im Sinn von Art. 23
     fluss, z.B. durch eine verbindliche Eigentümerstrate-               Abs. 1 lit. f oder g des Bundesgesetzes über die Har-
     gie, zu nehmen, als dass eine nachhaltige Entwicklung               monisierung der direkten Steuern der Kantone und
     desselben gewährleistet ist, ohne aber in Form einer                Gemeinden (StHG) subjektiv steuerbefreiten Stiftung
     geschäftsleitenden Funktion ihrer Organe in die ope-                die Nutzniessung an einem im Eigentum des Stifters
     rative Ebene einzugreifen.                                          stehenden Grundstück eingeräumt werden kann. Es
                                                                         wird nachfolgend daher der Versuch unternommen,
     2.5 Konsequenzen
19       Aus den neueren Urteilen des Bundesgerichts ist                 27
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 349.
     ersichtlich, dass eine subjektive Steuerbefreiung bei               28
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 349; Auch andere Lehr-
     einem «Klumpenrisiko» ausgeschlossen erscheint. Ein                      meinungen vertreten diese Auffassung,
     solches Klumpenrisiko liegt vor, wenn sich die Stiftung                  indem beispielsweise ins Feld geführt wird, dass
     in einem Interessenskonflikt befindet, der bspw. darin                   die Holdingstiftung die ihr zustehenden aktien-
     besteht, dass ein Grossteil ihres Vermögens in Darle-                    rechtlichen Rechte wahrnehmen könne, auch
     hen an Stiftungsratsmitglieder gebunden ist. 29 Eben-                    wenn damit eine gewisse Einflussnahme verbunden
     so, wenn sie ultimativ auf die gedeihliche Entwicklung                   sei, die aber als Vermögensverwaltung zu quali-
     ihrer Beteiligung angewiesen ist 30 , was das Interesse                  fizieren sei (Frei Walter, Die Unternehmensstiftung
     an der (für die Stiftung existenziellen) Unternehmens-                   im Steuerrecht, ZStP 2008, S. 191 ff., S. 204; der
     erhaltung gegenüber der Verfolgung des gemeinnüt-                        im Übrigen darauf hinweist, dass das Ausüben der
     zigen Zweckes stark in den Vordergrund schiebt.                          aktienrechtlichen Stimmrechte an der Generalver-
                                                                              sammlung noch keine geschäftsleitende Tätigkeit
20   Die bundesgerichtliche Rechtsprechung dürfte auch                        darstelle; Landolf Urs, Die Unternehmensstiftung im
     zu einer Neubewertung der Frage, ob Förderstiftun-                       schweizerischen Steuerrecht, St. Gallen / Bern 1987,
     gen subjektive Steuerbefreiung zu gewähren ist, füh-                     S. 69; Reich Markus, Gemeinnützigkeit als Steuer-
     ren. Förderstiftungen investieren in Unternehmungen                      befreiungsgrund, ASA 58 (1989 / 90), S. 465ff., S. 491).
     und unterstützen diese neben dem finanziellen En-                   29
                                                                              Urteil des Bundesgerichts 2C_385 /2020 vom
     gagement auch in strategischer und operativer Hin-                       25. Juni 2020.
     sicht. 31 Die dabei allenfalls erzielten Gewinne fliessen           30
                                                                              BGE 147 II 287.
     in Form von Beteiligungserträgen an die Stiftung zu-                31
                                                                              Rechtsteiner Cristoph / Peyer Carola / Beck-Ulmer
     rück, welche diese wiederum für den gemeinnützigen                       Kerstin, Steuerbefreiung von Förderstiftungen,
     Zweck verwenden kann. 32 Hält die Förderstiftung                         EF 2016, S. 246 ff., S. 246; Sprecher Thomas, Zur
     ausschliesslich eine Beteiligung, auf welche sich ihre                   Steuerlichen Behandlung von neuen Förder- und
     Fördertätigkeiten fokussieren, und sind gegenseitige                     Finanzierungsmodellen, Stiftungsreport 2013,
     finanzielle Verflechtungen (Darlehen, Beteiligungs-                      S. 19 ff., S. 19.
     erträge etc.) vorhanden, dürfte es schwer fallen, eine              32
                                                                              Opel, Steuerbefreiung, S. 355.

     s. 14    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                                Unternehmen, Private

     einige Überlegungen zur zivil- und steuerrechtlichen                einem Grundstück kann das Nutzungsrecht allerdings
     Zulässigkeit eines solchen Einsatzszenarios darzule-                auf einen bestimmten Teil des Gebäudes oder auf ei-
     gen.                                                                nen bestimmten Teil des Grundstücks eingeschränkt
                                                                         werden. 34 Der volle Genuss umfasst gemäss Art. 755
     3.1 Fiktiver Sachverhalt                                            Abs. 1 ZGB den Besitz, den Gebrauch und die Nutzung
22       Frau Anna-Sophia Bach ist Liebhaberin und Mäze-                 der Sache, wobei das in Art. 755 Abs. 3 ZGB verankerte
     nin der klassischen Musik. Einen Teil ihres beträcht-               und zwingend zu beachtende Gebot der schonenden
     lichen geerbten Vermögens hat sie auf eine subjektiv                Ausübung der Dienstbarkeit zu beachten ist. 35 Die
     steuerbefreite Stiftung übertragen. Diese widmet sich               Nutzniessung umfasst bei einem Grundstück die da-
     der Nachwuchsförderung von Musikerinnen und Mu-                     mit verbundene Nutzung bzw. die Vereinnahmung der
     sikern und der Wiederaufführung vergessen gegan-                    daraus erzielbaren Mieterträge. 36
     gener oder unbeachteter Werke der klassischen Mu-
     sik. Insbesondere soll die Stiftung dafür besorgt sein,             Der Errichtungsvertrag (Verpflichtungsgeschäft) ist               25
     eine Plattform zu bieten, auf der in- und ausländische              öffentlich zu beurkunden. Danach kann die Nutz-
     Nachwuchsmusiker ihre Künste einem interessierten                   niessung im Grundbuch eingetragen werden (Verfü-
     Publikum darbieten können. Ebenso können Stipen-                    gungsgeschäft). 37
     dien an talentierte Musiker ausgerichtet werden. Frau
     Bach ist vorsitzendes Mitglied des Stiftungsrates.                  Die Nutzniessung kann in zeitlicher Hinsicht nicht un-            26
                                                                         befristet ausgestaltet werden. Sie endet mit dem Tod
23   Sie stellt der Stiftung seit der Gründung eine in ihrem             des Berechtigten bzw. bei juristischen Personen mit
     Wohnsitzkanton gelegene geräumige Jugendstilvilla                   deren Auflösung. 38 Ihre maximale Höchstdauer ist zu-
     unentgeltlich zur Verfügung, in der sich Übungsräum-                dem auf 100 Jahre begrenzt. 39
     lichkeiten und ein mittelgrosser Aufführungsraum
     befinden. Frau Bach ist es aber zunehmend ein Dorn                  3.2.2 Stiftungsrechtliche Rahmenbedingungen
     im Auge, dass sie für das entsprechende Grundstück                      Beim Stiftungsvermögen gemäss Art. 80 ZGB han-                27
     hohe Vermögens- und Einkommenssteuern auf dem                       delt es sich um ein rechtlich verselbständigtes Zweck-
     ihr zugerechneten Eigenmietwert zahlen muss. Ihre                   oder Sondervermögen. 40 Es umfasst sämtliche Mittel,
     Steuerberaterin rät ihr daher, der Stiftung eine Nutz-
     niessung im Sinn von Art. 745 ff. des Schweizerischen               33
                                                                              Ernst Wolfgang / Zogg Samuel,
     Zivilgesetzbuches (ZGB) am fraglichen Grundstück                         Sachenrecht in a nutshell, Zürich 2020, S. 118
     einzuräumen.                                                             (zit. Ernst / Zogg, Sachenrecht).
                                                                         34
                                                                              Art. 745 Abs. 3 ZGB.
     3.2 Nutzniessung                                                    35
                                                                              Müller Roland M., in: Geiser Thomas / Wolf Stephan
                                                                              (Hrsg.), Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II,
     3.2.1 Sachenrechtliche Eckpunkte                                         6. Aufl., Basel 2019, Art. 755 N 2 (zit. Autor in:
24       Die Nutzniessung im Sinn von Art. 745 ZGB ist als                    Geiser / Wolf, Komm. ZGB II).
     beschränkt dingliches Recht ausgestaltet und zwar                   36
                                                                              Müller Roland M., in: Geiser/Wolf, Komm. ZGB II,
     als persönliche, d.h. auf die berechtigte Person be-                     Art. 755 N 7.
     zogene, Dienstbarkeit. 33 Sie verleiht der berechtigten             37
                                                                              Art. 746 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 657 ZGB;
     Person eine quasieigentümerähnliche Stellung in Be-                      Ernst / Zogg, Sachenrecht, S. 120.
     zug auf das belastete Grundstück, indem nur das sog.                38
                                                                              Art. 749 Abs. 1 ZGB.
     «nackte» Eigentum beim Grundeigentümer verbleibt.                   39
                                                                              Art. 749 Abs. 2 ZGB.
     Der «volle Genuss» fällt hingegen gemäss Art. 745                   40
                                                                              Grüninger Harold, in: Geiser Thomas / Fountoulakis
     Abs. 2 ZGB ohne davon abweichende Vereinbarung                           Christiana (Hrsg.), Basler Kommentar zum Zivil-
     der berechtigten Person zu. Bei der Nutzniessung an                      gesetzbuch I, 6. Aufl., Basel 2018, Art. 80 N 1 (Autor in:
                                                                              Geiser / Fountoulakis, Komm. ZGB I).

     s. 15    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                             Unternehmen, Private

     mit deren Einsatz und Hilfe der Stiftungszweck ver-                 gewisse Dynamisierung in Bezug auf ihre Vermögens-
     folgt wird. 41 Insbesondere können «vermögenswerte                  struktur und –entwicklung zuzugestehen, was die an
     Rechte jeglicher Art», d.h. dingliche oder obligatori-              sich nur vorübergehende Berechtigung aufgrund der
     sche Rechte, gewidmet werden. 42 Die entsprechenden                 Nutzniessung als unproblematisch erscheinen lässt.
     Vermögenswerte müssen die Voraussetzungen der                       Ein höchstrichterliches Verdikt dazu besteht (noch)
     Zweckeignung und –tauglichkeit erfüllen, wobei dies-                nicht, weshalb die Beantwortung dieser grundsätzli-
     bezüglich kein allzu strenger Massstab anzusetzen                   chen Fragestellung dem Ermessenspielraum der Ent-
     ist. 43 Es gilt der sog. Trennungsgrundsatz, wonach                 scheidbehörden zu überlassen ist.
     sich der Stifter endgültig vom gewidmeten Vermögen
     zu entledigen hat. 44                                               Da Frau Bach mit der Transaktion eine Steuererspar-          32
                                                                         nisse erzielt, ist ihre steuerliche Situation auch unter
     3.2.3 Steuerrechtliche Rahmenbedingungen                            dem Aspekt einer allfälligen Steuerumgehung zu be-
28       Als allgemeine Voraussetzungen für die subjektive               urteilen. Dabei sind sämtliche Entscheidfaktoren ein-
     Steuerbefreiung gilt u.a. auch die Unwiderruflichkeit               zubeziehen. So sind mögliche Handlungsvarianten
     der Verhaftung, der dem steuerbefreiten Zweck ge-                   (Gebrauchsleihe, Miete, schenkungsweise Übertra-
     widmeten Vermögenswerte mit dem steuerbefreiten                     gung), aber auch die persönlichen Motive der Stifterin
     Zweck. 45                                                           in Betracht zu ziehen. Je länger die Dauer der Nutz-
                                                                         niessung vereinbart wird, desto eher ist davon auszu-
     3.3 Steuerliche Beurteilung                                         gehen, dass mit der Nutzniessung auch ein substan-
29       Im vorliegenden Fall führt die Einräumung der
     Nutzniessung dazu, dass Frau Anna-Sophia Bach kei-                  41
                                                                              Grüninger Harold, in: Geiser / Fountoulakis,
     nen Eigenmiet- und Vermögenssteuerwert des belas-                        Komm. ZGB I, Art. 80 N 6.
     teten Grundstücks versteuern muss. 46 Da die berech-                42
                                                                              Grüninger Harold, in: Geiser / Fountoulakis,
     tigte Stiftung subjektive Steuerbefreiung geniesst                       Komm. ZGB I, Art. 80 N 6; Opel Andrea, Steuer-
     und der fragliche Vermögenswert (unmittelbar) dem                        liche Behandlung von Familienstiftungen,
     steuerbefreiten Zweck dient, fällt eine Besteuerung                      Stiftern und Begünstigten – in nationalen und
     des Grundstücks auf Ebene der Stiftung ebenfalls                         internationalen Verhältnissen, Basel 2009, S. 82
     ausser Betracht.                                                         (zit. Opel, Familienstiftungen, Stiftern und
                                                                              Begünstigten).
30   Die Nutzniessung an einem für den Stiftungszweck                    43
                                                                              Opel, Familienstiftungen, Stiftern und Begünstigten,
     geeigneten Grundstück dürfte den (stiftungsrecht-                        S.82.
     lichen) Anforderungen an Zweckeignung und –taug-                    44
                                                                              Grüninger Harold, in: Geiser/Fountoulakis,
     lichkeit nachkommen. Daher spricht aus stiftungs-                        Komm. ZGB I, Art. 80 N 6.
     rechtlicher Sicht nichts gegen die Einräumung einer                 45
                                                                              KS ESTV, Steuerbefreiung jur. Personen,
     Nutzniessung an einem Grundstück gegenüber einer                         Ziff. 2c.
     bereits bestehenden Stiftung. 47                                    46
                                                                              Eine allfällige Grundstückgewinnsteuerpflicht im
                                                                              Sinn von Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG entfällt, da die
31   Aufgrund der zeitlichen Befristung einer Nutznies-                       Nutzniessung nicht als «dauernde» Beeinträchtigung
     sung ist der davon betroffene Vermögenswert nur                          des davon belasteten Grundstücks gilt; siehe
     zeitlich begrenzt der unwiderruflichen Zweckverhaf-                      Zweifel Martin / Hunziker Silvia / Margraf Oilivier /
     tung unterworfen, was mit dem Erfordernis der Unwi-                      Oesterhelt Stefan, Schweizerisches Grundstück-
     derruflichkeit der Zweckbindung kollidiert. Daher ist                    gewinnsteuerrecht, Zürich 2021, § 6 N 109.
     fraglich, ob die Nutzniessungseinräumung steuerlich                 47
                                                                              Die Stiftungserrichtung durch Nutzniessung dürfte
     zulässig erscheint. Andererseits ist der Stiftung eine                   demgegenüber aber wohl nicht zulässig sein.

     s. 16    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
24.02.2022                                                                            Unternehmen, Private

     zieller Förderbeitrag an die Stiftung einhergeht und
     keine Risiken oder übermässigen Pflichten überbun-                  48
                                                                              So z.B. der Umstand, dass die Stiftung auf der
     den werden. Sprechen allerdings objektive Gründe                         Suche nach einem eigenen Gebäude noch
     gegen eine längere Nutzniessungsdauer, so steht dies                     nicht fündig geworden ist und die Nutzniessung
     der steuerlichen Zulässigkeit nicht entgegen. 48                         die Zwischenzeit überbrückt.

33   Liegen objektive und nachvollziehbare Gründe für
     die Nutzniessungseinräumung vor, so dürfte der Tat-
     bestand der Steuerumgehung, der u.a. auf der Unge-
     wöhnlichkeit der Ausgestaltung der Rechtsgeschäfte
     aufsetzt, nur schwerlich erfüllt sein, auch wenn damit
     eine Steuerersparnis bei der Stifterin verbunden ist.
     Bei der Frage, ob die Nutzniessungseinräumung an
     eine subjektiv steuerbefreite Stiftung von der Veran-
     lagungsbehörde anerkannt wird sind somit die kon-
     kreten Verhältnisse des Einzelfalls massgebend. Als
     entscheidrelevante Eckwerte sind somit die Länge der
     Nutzniessungsdauer sowie der Umstand, dass keine
     übermässigen Risiken und Kosten auf die Stiftung
     überwälzt werden, anzuführen.

34   Die subjektive Steuerbefreiung der Stiftung ist durch
     die Nutzniessungseinräumung nicht tangiert.

     s. 17    Gemeinnützige Stiftungen – Brisantes aus dem Steuerrecht
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