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24. Mai 2019 | 169. Jahrgang | Nr. 20   ____________________________________             Einzelverkaufspreis: 4,80 Euro

                                            Leuchttürme des digitalen Wandels

     Gemeinsam gestalten
Eine Sonderbeilage des STAATSANZEIGER Wochenzeitung für          Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg
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2 Leuchttürme                                                                                         Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

Grußworte

                                                                               Gut, sie sehen ein wenig anders aus. Wie Rathäuser zum Beispiel. Wie Bi-
                                                                               bliotheken. Oder wie Schulen. Doch sie leuchten mindestens genauso hell
                                                                               wie ihre Gegenstücke an Nord- und Ostsee.
                                                                               Und es sind viele geworden. 333, um genau zu sein. Kein Wunder, dass
                                                                               man ziemlich schnell auf www.staatsanzeiger.de landet, wenn man im In-
                                                                               ternet das Wort Leuchttürme eingibt. Oder auf der Website einer unserer
                                                                               fünf Partner. Oder auf einer Projekt-Homepage.
                                                                               Man könnte also sagen: Mission erfüllt, Ziel erreicht. Doch das stand für
                                                                               den Staatsanzeiger nie zur Debatte. Angesichts des unerwartet großen Er-
                                                                               folgs der „Leuchttürme der Bürgerbeteiligung“ – unter dieser Überschrift
Breda Nußbaum,                                                                 wurde der Wettbewerb seit dem Jahr 2012 drei Mal ausgelobt – war klar,
Chefredakteurin,                                                               dass die Geschichte weitergeht. Mit einem neuen Thema, einem, dem die
Staatsanzeiger                                                                 Zukunft gehört: der Digitalisierung.
                                                                               Waren wir unserer Zeit voraus? Auf die Idee könnte man kommen, lag
                                                                               doch die Beteiligung diesmal niedriger als bei den Leuchttürmen I, II und
Mit den Leuchttürmen ist es ein wenig so wie mit den Windrädern. Eigent-       III. Schaut man sich hingegen die Qualität der Projekte an, ist alles wie ge-
lich würde man sie ja eher im Norden vermuten, an der Waterkant, wo die        habt: schwäbischer Erfindergeist gepaart mit badischem Esprit.
See braust und die Winde pfeifen. Doch getreu dem Motto, dass wir Ba-          Davon dürfen auch die Menschen an der Waterkant und in anderen Teilen
den-Württemberger alles können – oder doch fast –, machen sich hier            der Republik erfahren. Dafür machen wir Wind. Denn die schönsten
nicht nur Windräder breit. Sondern auch Leuchttürme.                           Leuchttürme – das ist doch klar – stehen in Baden-Württemberg.

                                                                               sind gesellschaftlicher Zusammenhalt und bürgerschaftliches Engage-
                                                                               ment gefragt.
                                                                               Die Digitalisierung ist längst schon in vollem Gange und hat sämtliche Le-
                                                                               bensbereiche durchdrungen. Neue Technologien und Kommunikations-
                                                                               wege entwickeln sich rasant und dynamisch weiter. Diesen Wandel gilt es
                                                                               nun zu nutzen und mitzugestalten – und zwar gemeinsam, im offenen
                                                                               Dialog von Politik und Zivilgesellschaft.
                                                                               Der Leuchtturmwettbewerb ist ein wichtiges Forum für engagierte und
                                                                               kreative Bürgerinnen und Bürger. Es war mir eine große Freude, auch die-
                                                                               ses Mal erneut die Schirmherrschaft des Wettbewerbs zu übernehmen. 21
Gisela Erler, Schirmherrin                                                     spannende und innovative Projekte wurden eingereicht, die mich in ihrer
Staatsrätin für Zivilgesellschaft                                              Vielfalt und ihrem Ideenreichtum beeindruckt haben und unserem bür-
und Bürgerbeteiligung                                                          gerbeteiligten Baden-Württemberg alle Ehre machen. Die zahlreichen In-
                                                                               novationen zeigen auch, dass durchaus Interesse besteht, sich auf den dy-
                                                                               namischen Prozess des digitalen Wandels einzulassen und die Demokra-
Auch beim vierten Leuchtturmwettbewerb des Staatsanzeigers gibt es             tie unseres Landes aktiv mitzugestalten.
eine rege Beteiligung. Die eingereichten Projekte des Wettbewerbs zeigen,      Mein herzlicher Dank gilt dem Staatsanzeiger mit Herrn Dr. Teutsch, Frau
dass es kreative Ideen und zukunftsweisende Vorstellungen im Bereich           Nußbaum und Herrn Schwarz sowie dem Innenministerium und dem Ge-
der Digitalisierung gibt. Das ist wichtig! Denn unsere Gesellschaft befindet   meinde-, Städte- und Landkreistag. Ganz besonders danken möchte ich
sich im stetigen Wandel. In diesem Prozess der ständigen Veränderung           der Bürgerjury.

                                                                               Dies kann nur zusammen mit den Kommunen sowie den Bürgerinnen
                                                                               und Bürgern vor Ort gelingen.
                                                                               Die Digitalisierung muss für die Menschen da sein und ihnen einen spür-
                                                                               baren Nutzen bieten. Bürgerbeteiligung ist in diesem Prozess ein unver-
                                                                               zichtbares Instrument. Nur so wird die Digitalisierung zum Erfolg. Des-
                                                                               halb bin ich gerne Schirmherr des Wettbewerbs „Leuchttürme des digita-
                                                                               len Wandels“. Ausgezeichnet werden hier innovative Projekte, welche die
                                                                               Digitalisierung in den Kommunen vorantreiben – und das ganz Besondere
                                                                               ist: Über die Preisträger entscheiden die Bürgerinnen und Bürger.
                                                                               Wir glauben an den Ideenreichtum und die Innovationskraft vor Ort und
Thomas Strobl, Schirmherr                                                      unterstützen unsere Kommunen tatkräftig auf ihrem Weg. In der „Digital-
Minister für Inneres, Digitalisierung                                          akademie@bw“ werden Verwaltungsbeschäftigte zu Schrittmachern der
und Migration                                                                  Digitalisierung ausgebildet. Und mit unseren Wettbewerben „Digitale Zu-
                                                                               kunftskommune@BW“ und „Future Communities“ fördern wir innovati-
                                                                               ve Projekte in den Kommunen – damit die Ideen Realität werden können.
Die Digitalisierung ist ein tiefgreifender Prozess, der alle Lebensbereiche    Einige der Projekte finden sich auch hier unter den „Leuchttürmen des di-
erfasst. Diese Veränderung gilt es nicht nur anzunehmen, sondern aktiv         gitalen Wandels“. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
mitzugestalten. Unter meiner Führung haben alle Ressorts der Landesre-         Ich danke allen Beteiligten, die mutig den digitalen Wandel mitgestalten,
gierung die Digitalisierungsstrategie digital@bw erarbeitet. Unser Ziel ist    und dem Staatsanzeiger, dass er mit diesem Wettbewerb unsere Bemü-
klar: Wir wollen unser Land zum digitalen Vorreiter in Europa machen.          hungen unterstützt. Alles Gute für die Zukunft und weiter so!
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Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20                                                        Leuchttürme 3

                                                                             bewerb Leuchttürme des digitalen Wandels 2018/2019. Um Ängste vor der
                                                                             Digitalisierung zu nehmen, sind Projekte, die gezielte Vorbereitungen tref-
                                                                             fen, um die Schäden bei Cyberangriffen zu minimieren, oder auch Erklär-
                                                                             cafés und Workshops zur Digitalisierung für die Bürger sehr wichtig.
                                                                             Schön war zu sehen, dass bereits in einigen modernen Verwaltungen diese
                                                                             Themen angegangen, Pilotprojekte gestartet und erfolgreich umgesetzt
                                                                             wurden. Auch bereits realisierte innovative Projekte hatten die Chance,
                                                                             sich nochmals zu präsentieren. Diese Projekte können jetzt in der Fläche
                                                                             ausgerollt und dupliziert werden. So kann der Mehrwert der Digitalisie-
                                                                             rung in den Städten auch für die Bürger schneller sichtbar werden.
Gudrun Heute-Bluhm,                                                          Es freut mich besonders, dass der Staatsanzeiger wieder Vertretern des
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied                                         Städtetags, Gemeindetags, Landkreistags, des Innenministeriums und
des Städtetags Baden-Württemberg                                             Staatsministeriums ein Stimmrecht bei diesem Projekt gegeben hat. Ob-
                                                                             wohl nur 21 Projekte eingereicht wurden, fiel die Entscheidung nicht
                                                                             leicht.
Die Digitalisierung als Zukunftsthema betrifft alle unterschiedlichen Be-    Der Städtetag ist überzeugt, dass die Digitalisierung im Land auf dem rich-
reiche. Sie eröffnet große Chancen für mehr Lebensqualität. Von der deut-    tigen Weg ist. Dem Staatsanzeiger und allen Teilnehmern des Wettbe-
lichen Vereinfachung durch digital abgewickelte Verwaltungsprozesse          werbs gilt für die wertvolle Arbeit im Rahmen der Digitalisierung ein be-
profitieren Kommunen und Bürger gleichermaßen. Im Namen des Städte-          sonderer Dank. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg
tags Baden-Württemberg übermittle ich Ihnen herzliche Grüße zum Wett-        bei der Digitalisierung und Ihren Projekten.

                                                                             ten. Die Partnerschaft zwischen dem Staatsanzeiger und dem Gemeinde-
                                                                             tag Baden-Württemberg hilft dabei, diese Botschaft ins Land zu tragen.
                                                                             Dieser Wettbewerb hat gezeigt: Das Ziel, das wir uns gemeinsam gesteckt
                                                                             haben, ist noch nicht erreicht. Noch ist die Zahl der Leuchttürme über-
                                                                             schaubar, aber sie strahlen hell genug, um unsere Städte und Gemeinden
                                                                             im ganzen Land zu erreichen. Sich vor der digitalen Transformation zu
                                                                             verschließen, ist schon lange keine Option mehr, denn die Zukunft unse-
                                                                             rer Verwaltungen ist digital.
                                                                             Grundlegende Veränderungen geschehen nicht über Nacht. Hierbei hilft
                                                                             der Gemeindetag mit seiner Initiative „Städte und Gemeinden 4.0 – Future
Roger Kehle,                                                                 Communities“. Oft braucht es aber auch Anstöße, wie ihn die 21 teilneh-
Präsident des                                                                menden Projekte bieten. Wenn es darum geht, die Verwaltung intern mo-
Gemeindetags Baden-Württemberg                                               derner aufzustellen oder den Kontakt zu der Bürgerschaft digital zu gestal-
                                                                             ten und Verwaltungshandeln transparenter darzustellen.
                                                                             Denn der digitale Wandel – das ist die Botschaft des Leuchtturmwettbe-
Es ist sicher kein Zufall, wenn unter den Siegern des vierten Staatsanzei-   werbs – ist machbar. Doch der Weg ist noch weit. Ein Weg, den wir nur ge-
ger-Leuchtturmwettbewerbs wieder viele Mitglieder des Gemeindetags           meinsam gehen können – die Politik, die Verwaltung und die Bürger. Ge-
sind. Das hat zum einen mit einer Besonderheit Baden-Württembergs –          meinsam mit Land und Staatsanzeiger hat der Zug der Digitalisierung
der überdurchschnittlichen Stärke des ländlichen Raums – zu tun. Zum         Fahrt aufgenommen und rollt weiter, bis jede Stadt und Gemeinde er-
anderen zeigt sich darin aber auch, dass es sich lohnt, zusammenzuarbei-     reicht ist.

                                                                             aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Jede und jeder will, soll, muss mit-
                                                                             genommen werden. Dafür ist der Wettbewerb „Leuchttürme des digitalen
                                                                             Wandels“ da. Deshalb hat der Landkreistag den Staatsanzeiger-Wettbe-
                                                                             werb auch dieses Mal unterstützt – wie schon in den vergangenen Jahren,
                                                                             als es noch um die „Leuchttürme der Bürgerbeteiligung“ ging.
                                                                             Und auch dieses Mal hat der Leuchtturmwettbewerb gehalten, was er ver-
                                                                             sprochen hat. Er hat aufgezeigt, wo im Land die Leuchttürme stehen – jene
                                                                             Projekte, die die Richtung weisen können. Besonders freut mich, dass un-
                                                                             ter den 21 eingereichten Projekten wieder ein Landkreis-Projekt ist. Was
                                                                             bei 35 Landkreisen, die im Südwesten mit 1101 Städten und Gemeinden
Alexis von Komorowski,                                                       partnerschaftlich konkurrieren, gar nicht selbstverständlich ist.
Hauptgeschäftsführer des                                                     Wir brauchen diese Projekte – und wir brauchen die Menschen, die dahin-
Landkreistags Baden-Württemberg                                              terstehen. Die sich Gedanken machen, wie die öffentliche Verwaltung im
                                                                             21. Jahrhundert aussehen kann. Die Blaupausen dafür schaffen, wie der
                                                                             digitale Wandel gemeistert werden kann.
Die Digitalisierung ist Herausforderung und Chance in einem – auch und       Und wir brauchen die Bürgerinnen und Bürger. Sie sind es, die eines Tages
gerade für die Landkreise. Dies betrifft zum einen den Breitbandausbau,      ihre Behördengänge möglichst weitgehend online abwickeln sollen. Sie
die Telemedizin oder das E-Government – um nur einige Bereiche zu nen-       sind es, die jene Anwendungen nutzen sollen, die kluge Köpfe entwickeln.
nen, in denen die Landkreise die digitalen Zeichen der Zeit erkannt haben    Auch dafür ist ein solcher Wettbewerb da – um beide Seiten zusammenzu-
und engagiert das digitale Morgen vorbereiten. Es betrifft zum anderen       bringen auf dem Weg in eine neue, digitale Zeit.
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4 Leuchttürme                                                                                                                       Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

Klare Worte, deutliche Gesten: Im Plenum wurde ebenso ausführlich wie leidenschaftlich debattiert. FOTO: LIEGAT

Sieger

Nach drei Abstimmungsrunden und
einer Stichwahl stehen die Sieger fest
Knappe Entscheidungen, engagierte Diskussionen und eine Stichwahl:                                   ger erfreulich. Denn es ging darum,         wer die Preisgelder im Gesamtwert
Auch beim vierten Leuchtturmwettbewerb ging es im Clay-Haus des Staats-                              jene zu bestimmen, die keinen der 15        von 20 000 Euro erhält:
                                                                                                     Preise gewinnen sollten. Das Ergebnis       � Die fünf ersten Plätze und damit je-
ministeriums spannend zu. Die 15 Juroren glänzten durch Fachwissen und                               fiel recht deutlich aus. Unklar blieb je-     weils 2500 Euro gehen nach Göppin-
gute Vorbereitung. Sie mussten über die Verteilung der Preisgelder in Höhe                           doch, wer nun in die Endrunde kom-            gen (Projekt 3, Seite 9), Waldkirch
von insgesamt 20 000 Euro auf 15 der 21 Projekte entscheiden.                                        men sollte und wer lediglich einen drit-      (Projekt 4, Seite 10), in den Hohenlo-
                                                                                                     ten Preis erhält, da fünf Projekte gleich     hekreis (Projekt 8, Seite 14), nach
                                                                               Von Felix Liegat      viele Stimmen bekommen hatten. Eine           Ulm (Projekt 17, Seite 23) und Lud-
                                                                                                     Stichwahl musste entscheiden.                 wigsburg (Projekt 5, Dritter der On-
STUTTGART. Im Gegensatz zu den vo-                bewertete sieben Projekte – die erste                 Sie ging zuungunsten von Pforzheim         line-Abstimmung, Seite 11)
rigen drei Leuchtturmwettbewerben                 Gruppe hatte es mit den kleinen, die               und Maselheim aus, die mit dritten          � Die fünf zweiten Preise in Höhe von
war die Auswahl quantitativ über-                 zweite mit den mittleren und großen                Plätzen Vorlieb nehmen mussten. Da-           jeweils 1000 Euro konnten sich Pro-
schaubar. Qualitativ war jedoch jede              die dritte mit den größten Kommunen                gegen gelang Projekten aus dem Ho-            jekte aus Ulm (Projekt 10, Seite 16),
Menge geboten. Jeweils fünf erste,                im Land zu tun.                                    henlohekreis, Ulm und Stuttgart der           Altensteig (Projekt 2, Seite 8), Stutt-
zweite und dritte Plätze musste die                  In jeder Gruppe wurde rege disku-               Sprung in die Endrunde.                       gart (Projekt 1, Seite 7), Waldkirch
Jury im Clay-Haus des Staatsministeri-            tiert. Und zwar nicht nur über Digitali-              Auffällig war in diesem Jahr, dass die     (Projekt 7, Seite 13) und Heidelberg
ums an die Projekte aus ganz Baden-               sierung. Großen Wert legten die Juro-              ersten Drei der Online-Abstimmung es          (Projekt 6, Sieger der Online-Abstim-
Württemberg vergeben. Es standen                  ren auch darauf, dass alle Bürger in den           bei den Juroren schwer hatten: Die Pro-       mung, Seite 12) sichern.
also einige harte Entscheidungen da-              Wandel eingebunden werden, auch                    jekte aus Markdorf und Heidelberg wä-       � Die Drittplatzierten und somit Ge-
rüber an, welche Projekte leer ausge-             jene, die weniger technikaffin sind.               ren ohne die Regel, dass die ersten Drei      winner von fünf Mal 500 Euro sind
hen und welche einen Preise erhalten –               Nach der Debatte folgte die Abstim-             der Online-Abstimmung mit einem               Projekte aus Mannheim (Projekt 9,
und wenn ja, welchen.                             mung: Jede Gruppe brachte ihre sieben              Preis bedacht werden müssen, leer aus-        Seite 15), Heidenheim an der Brenz
   Nachdem      Staatsanzeiger-Chefre-            Projekte in eine Rangfolge, notierte da-           gegangen. Und auch das Projekt aus            (Projekt 14, Seite 20), Pforzheim
dakteurin Breda Nußbaum die Anwe-                 für gute Gründe und präsentierte ihre              Ludwigsburg rutschte erst dank der            (Projekt 18, Seite 24), Maselheim
senden auf die anstehende Aufgabe                 Überlegungen den Mitgliedern der an-               Gunst der Online-Wähler auf einen der         (Projekt 20, Seite 26) und Markdorf
eingeschworen hatte, wurden die 15 Ju-            deren beiden Gruppen.                              fünf ersten Plätze.                           (Projekt 21, Zweiter der Online-Ab-
rymitglieder auf drei Gruppen à fünf                 Was folgte, war aus Sicht der Projek-              Die zweite Abstimmungsrunde                stimmung, Seite 27).
Personen verteilt. Jeweils eine Gruppe            te, die nun ausgewählt wurden, weni-               brachte schließlich die Entscheidung,                              Siehe auch Seite 5.
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Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20                                                                                    Leuchttürme 5
Wettbewerb

Die Leuchttürme sind so vielfältig
wie der digitale Wandel selbst
Die Digitalisierung ist in vieler Hinsicht noch ein Buch mit sieben Siegeln:
Welche Potenziale bieten sich für die Gesellschaft? Wo liegen Gefahren in
der täglichen Nutzung digitaler Informationstechnologie? Wie lassen sich
die Möglichkeiten im Alltag sinnvoll einsetzen? Die Projekte des Staatsan-
zeiger-Leuchtturmwettbewerbs liefern Antworten.
                                                                          Von Felix Liegat

STUTTGART. Von sozialem Engage-                (Projekt 1, Seite 7) oder die „Ulm Sto-
ment und Bildung über die gelebte Di-          ries“ (Projekt 17, Seite 23).
gitalisierung und Aufklärungsarbeit               Gut kamen beim Wettbewerb auch
bis hin zur Erleichterung des alltägli-        jene Projekte weg, die sich zum Ziel ge-
chen Lebens: Der digitale Wandel hat           setzt haben, auf die Gefahren des digi-
viele Gesichter. Genauso unterschied-          talen Wandels hinzuweisen oder Auf-
lich sind auch die Projekte, die sich          klärungsarbeit zu leisten. Studierende
fortan als Leuchttürme des digitalen           der Hochschule für öffentliche Verwal-
Wandels bezeichnen dürfen.                     tung und Finanzen in Ludwigsburg
                                               wollten kommunale Verwaltungen auf
Soziales Engagement und Bildung                Cyberangriffe vorbereiten und mit ih-
finden Beachtung                               nen maßgeschneiderte Notfallpläne er-
                                               arbeiten – inzwischen haben sie eine
Da wäre zum Beispiel das Projekt aus           Partnergemeinde gefunden (Projekt 5,
Waldkirch (Projekt 4, Seite 10), bei dem       Seite 11). In Ulm wurden in einem ge-
die Digitalisierung „von unten“ voran-         nerationenübergreifenden Erklärcafé
getrieben werden soll, indem Firmen            (Projekt 10, Seite 16) gemeinsam mit
und Privatleute ausrangierte Elektro-          den Besuchern Antworten auf deren
geräte spenden können, damit diese             drängendste Fragen gefunden.
vom Verein „Computertruhe“ aufbe-
reitet und an Bedürftige weitergereicht        Projekte zeigen, wie der Wandel
werden. Oder die Schule in Altensteig,         für die Menschen nützlich sein kann
die es sich zum Ziel gesetzt hat, die
Technik in die Klassenzimmer zu ho-            Dass die Digitalisierung nicht nur Ge-
len und die Schüler früh mit Möglich-          fahren und Unsicherheiten mit sich
keiten des digitalen Lernens vertraut          bringt, sondern auch das tägliche Le-
zu machen (Projekt 2, Seite 8).                ben vereinfachen kann, zeigen die
   Neben sozialem Engagement und               preisgekrönten Projekte aus dem Ho-
Bildung lässt sich die Digitalisierung         henlohekreis (Projekt 8, Seite 14) und
aber auch hervorragend dazu nutzen,            Göppingen (Projekt 3, Seite 9). Die
Vergangenheit und Gegenwart auf ganz           Macher des Landkreisprojekts wollen
neue Weise am eigenen Leib zu erfah-           bis Ende 2019 mithilfe eines Geoinfor-
ren. Das beweisen etwa die „Digitale           mationssystems sämtliche Straßen-
Schnitzeljagd“ aus Waldkirch (Projekt          sperrungen im Landkreis digitalisiert
7, Seite 13), das Stadtlexikon Stuttgart       erfassen und die Informationen on-            Bevor im Plenum abgestimmt wurde, debattierte jede Gruppe über sieben Projekte und erstellte
                                               line bereitstellen.                           eine Rangfolge. FOTO: LIEGAT
                                                  In Göppingen wiederum macht die
                                               Stadtbibliothek den großen Strea-
  Die Online-Abstimmung                        mingdiensten Konkurrenz: Mehr als                                                  IMPRESSUM
  Wie bei den drei ersten Leuchtturmwett-      12 000 Kunden aus 35 Kommunen der
  bewerben gelang es auch dieses Mal einer     Landkreise Esslingen und Göppingen              Herausgeber und Verlag:                      Koordination: Michael Schwarz
  kleinen Gemeinde, in der Online-Ab-          werden dort über Baden-Württem-                 Staatsanzeiger für Baden-Württemberg         Projektleitung und Gestaltung:
  stimmung für Furore zu sorgen: Mit Mark-     bergs erste Download-Plattform mit              GmbH & Co. KG,                               Barbara Wirth
  dorf (Projekt 21) konnte die drittkleinste   Musik, Filmen, E-Books und Hörbü-               Breitscheidstraße 69, 70176 Stuttgart
  aller 21 Gemeinden, aus denen Projekte       chern versorgt. Nötig ist dafür nur der                                                      Anzeigen:
  kamen, die zweitmeisten Stimmen auf          Bibliotheksausweis.                             Geschäftsführer:                             Uwe Minkus,
  sich vereinigen.                                                                             Dr. Alexander Teutsch,                       Telefon: 07 11/ 6 66 01-229
     Besser als Markdorfs 173 Stimmen                                                          Telefon: 07 11/6 66 01-0,                    anzeigen@staatsanzeiger.de
                                                 MEHR ZUM THEMA                                info@staatsanzeiger.de
  waren nur noch jene 261 Stimmen, die
                                                 Weitere Informationen zum                     www.staatsanzeiger.de                        Druck:
  Projekt 6 aus Heidelberg von den Wählern
                                                 Staatsanzeiger-Wettbewerb „Leuchttürme                                                     Ungeheuer + Ulmer KG GmbH + Co,
  erhalten hatte. Drittplatziert war mit 160     des digitalen Wandels“ sowie zu den drei      Redaktion:                                   Körnerstraße 14 – 18,
  Stimmen Projekt 5 aus Ludwigsburg.             Vorgängerwettbewerben finden Sie hier:        Chefredakteurin: Breda Nußbaum               71643 Ludwigsburg
                                                 www.staatsanzeiger.de/leuchttuerme
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6 Leuchttürme                                                                          Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

Auslobung und Aufruf zur Teilnahme

Leuchttürme
des digitalen Wandels
        „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt.
        Der andere packt sie kräftig an und handelt.“
                                  (Autor unbekannt)

Unsere Gesellschaft und mit ihr die          Württemberg zum vierten Staatsanzei-
Kommunen stehen vor großen Verän-            ger-Leuchtturmwettbewerb auf, der
derungen. Es gibt wohl kaum eine ge-         sich dieses Mal dem Thema „Digitaler
sellschaftliche Transformation, die so       Wandel“ widmet.
große unentdeckte Potenziale birgt,             Innovative Lösungen sind gefragt,
aber auch gleichzeitig für Verunsiche-       egal ob für interne Verwaltungsabläufe
rung bei den Menschen sorgt wie den          oder das Gestalten von Dienstleistun-
digitalen Wandel.                            gen. Viele Themen sind denkbar – vom
   Vom digitalen Wandel zu profitieren       Bauen und Wohnen sowie Umwelt und
und die Menschen dahin mitzuneh-             Energie über Kultur, Bildung und Ge-
men, ist das Ziel des Wettbewerbs            sundheit bis hin zu Verkehr und Mobi-
„Leuchttürme des digitalen Wandels“.         lität. Und darüber hinaus.
Gesucht werden gute Beispiele des di-           Der Teilnahmeantrag kann auf
gitalen Wandels, die einen Mehrwert          www.staatsanzeiger.de/leuchttuerme
für die Gesellschaft schaffen. Das kön-      online ausgefüllt und versendet oder
nen der bürgerorientierte Service der        als PDF heruntergeladen werden.
Verwaltung oder die höhere Erreich-          Schicken Sie diesen dann per E-Mail an
barkeit über Bürgerportale sein. Oder        leuchttuerme(at)staatsanzeiger.de
innovative Ideen für vernetzte, neue         oder per Fax an 0711-66601-58.
Mobilitätsformen wie Bürgerbusse,            Einsendeschluss ist der 31.07.2018.
Apps, Carsharing etc.                           Bewusst werden bei diesem Wettbe-
   Oder die Digitalisierung der Verwal-      werb nicht nur abgeschlossene und
tung und der Schulen und innovative          realisierte Projekte gesucht. Vielmehr
Start-ups von Jung und Alt. Und vieles       können geplante und projektierte Vor-
anderes mehr. So groß die Hoffnung           haben, auch in Kooperation mit Unter-
auf die Digitalisierung ist, so groß ist     nehmen (einschließlich Eigenbetrie-
auch die Unsicherheit in weiten Krei-        ben), eingereicht werden. Auch Unter-
sen der Bevölkerung. Deshalb braucht         nehmen, Bürger und Vereine können
diese große gesellschaftliche Verände-       sich bewerben. Wünschenswert ist
rung neben Technikverständnis und            eine gemeinsame Bewerbung mehre-
Ingenieurskunst auch Rücksichtnah-           rer Akteure, zum Beispiel von Bürgern
me und Verständnis in einem neuen            und Kommune.
Füreinander von Staat, Zivilgesell-             Die Teilnahme am Wettbewerb
schaft und Wirtschaft. Es geht im Wett-      kann auch erfolgen, wenn der Bewer-
bewerb also nicht nur darum, wie Bits        ber sich mit demselben Projekt für an-
und Bytes in die Rathäuser kommen,           dere Landesprogramme und -initiati-
sondern auch darum, wie die Verwal-          ven bewirbt.
tung die Bürgerinnen und Bürger und
ihre Gemeinderäte bei diesem digita-         Veröffentlichung
len, gesellschaftlichen Wandel ver-
                                             Die Redaktion wird für die Veröffentli-
ständnisvoll mitnimmt und damit zu
                                             chung im Staatsanzeiger die Projektbe-
einem guten gesellschaftlichen Zu-
                                             teiligten vor Ort besuchen und das Pro-
sammenhalt beiträgt.
                                             jekt dokumentieren.

Auslobung
                                             Preise
Der Staatsanzeiger ruft deshalb zu-          Die Erstplatzierten der fünf Kategorien
sammen mit Gisela Erler, Staatsrätin         erhalten je 2500 Euro, die Zweitplat-
für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteili-     zierten je 1000 Euro und die Drittplat-
gung, als Schirmherrin, mit Thomas           zierten je 500 Euro.
Strobl, Minister für Inneres, Digitalisie-
rung und Migration, als Schirmherr,
sowie dem Städtetag Baden-Württem-           Es ist das Ziel, den digitalen Wandel
berg, dem Gemeindetag Baden-Würt-            dauerhaft und nachhaltig in der Kom-
temberg und dem Landkreistag Baden-          munalpolitik zu begleiten.
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Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20                                                                                      Leuchttürme 7
                   Projekt 1: Stuttgart – 2. PREIS

                   Der Eckensee war oval –
                   und was man sonst aus
                   alten Karten lernt
Wer verstehen will, wie die Landeshauptstadt wurde, was sie ist, braucht                     Leckerbissen. So findet man am Stand-             das digitale Aushängeschild kosten las-
nur noch ein I-Pad und Zeit. Ein digitales Stadtlexikon macht es möglich. Es                 ort des traditionsreichen, im Zweiten             sen. Sechs Mitarbeiter des Stadtarchivs
                                                                                             Weltkrieg zerstörten Lotterschen Hau-             redigierten die Texte der Autoren und
zeigt Stuttgart in unterschiedlichen Epochen und lädt zu Spaziergängen                       ses am Marktplatz (später Haufler, heu-           pflegten sie ins System ein. Fünf Mitar-
durch die Geschichte ein. Der Input kommt vom Stadtarchiv, das Stadtmes-                     te Osiander) den handgeschriebenen                beiter des Stadtmessungsamts arbeite-
sungsamt bearbeitet die Karten.                                                              Original-Kaufvertrag mitsamt einer                ten die historischen Karten ein. Dazu
                                                                                             Transkription, die die geschnörkelte              kam die Stuttgarter Software-Firma
                                                                       Von Tilman Baur       Schrift entziffert.                               Spicetech, die die Nutzeroberfläche
                                                                                                                                               programmiert hat. Die Arbeit hat sich
STUTTGART. Der Transparenzregler            den fortwährend neu entstehenden                 Wo heute Bücher verkauft werden,                  gelohnt, das Lexikon dürfte eins der
ist der Hit. Katharina Ernst und Katha-     Texten hat das Stadtlexikon auch das             stand früher das Lottersche Haus                  modernsten weltweit sein. „Wir ken-
rina Beiergrößlein stehen auf dem           lexikalische Kerngeschäft im Angebot.                                                              nen nichts Vergleichbares“, so Beier-
Stuttgarter Schillerplatz und halten ein    Rund 100 Autoren haben die Artikel –             Die Arbeit am Lexikon, das Teil der Di-           größlein.
I-Pad in der Hand. Auf der Website des      bislang sind es 144 – exklusiv für das           gitalisierungsstrategie von Verwal-
digitalen Stadtlexikons haben die Mit-      Stadtlexikon verfasst. „Teils hat sie un-        tungsbürgermeister Fabian Mayer
arbeiterinnen des Stadtarchivs zwei         ser Team selbst geschrieben, teils ha-           (CDU) ist, sei intensiv gewesen, sagen              MEHR ZUM THEMA:
Karten aufgeschlagen: Eine zeigt die        ben wir Autoren angefragt“, sagt Ernst.          die Frauen. 18 Monate habe man ge-                  Das Stadtlexikon von Stuttgart:
Innenstadt um 1832/33, die andere                                                            braucht, 76 000 Euro hat sich die Stadt             www.stadtlexikon-stuttgart.de
1855. Heute ist hier unter anderem ein      Bildergalerien sollen Appetit
Eiscafé. Ernst schiebt den Regler lang-     aufs Archiv machen
sam nach rechts. Straßenzüge verän-                                                             Projekt 1 – Zahlen, Daten, Fakten
dern sich, Gebäude werden deutlicher        Die bis zu 10 000 Zeichen langen Texte
sichtbar, andere verschwinden.              haben stets den gleichen Aufbau. Alle               � Bewerber: Stadt Stuttgart                      kontinuierlicher Ausbau
   „1832 zum Beispiel ist das Feld hinter   Einträge sind mit Quellenangaben und                � Titel: Digitales Stadtlexikon Stuttgart      � Teilnehmer: keine Beschränkung, offen,
der Bolzstraße noch frei. 1855 steht        Publikationsdatum versehen und sind                 � Methode: Das Stuttgarter Stadtlexikon          kostenlos, frei zugänglich
schon die alte Bahnhofshalle da“, erläu-    für wissenschaftliche Zwecke zitierfä-                denkt das Konzept „Lexikon“ völlig neu       � Kosten: 76 000 Euro für das technische
tert die Historikerin. Andere Straßen –     hig. Ein besonderes Feature sind die                  und ermöglicht so einen dem digitalen          System
die Gymnasiumstraße etwa – sind his-        Bildergalerien. „Wir haben sie mit Bil-               Zeitalter gemäßen Zugang zur Stadtge-        � Ansprechpartner: Dr. Fabian Mayer,
torisch gewachsen, verlaufen schon seit     dern aus den Beständen gefüllt, um den                schichte                                       Telefon: 0711/216-60635; E-Mail:
Jahrhunderten fast genau wie heute.         Nutzern Appetit auf das Archiv zu ma-               � Zeitraum: seit April 2018 online,              poststelle.referat.AKR@stuttgart.de
Der Vergleich historischer Karten mit-      chen“, so Ernst. Darunter historische
einander mache Stuttgarts digitales
Stadtlexikon besonders, da sind sich die
beiden sicher. „Normalerweise bilden
Karten nur einen Zustand ab. So kann
man auch Entwicklungen nachvollzie-
hen“, sagt Beiergrößlein. Für Stuttgar-
ter und Besucher der Stadt ergeben sich
verblüffende Erkenntnisse. So stellt
man etwa fest, dass der Eckensee vor
der Oper einst oval war. Die Besonder-
heit des Lexikons besteht darin, dass es
Einträge im Stadtraum verortet.
   Durch das für mobile Endgeräte op-
timierte Programm entsteht so ein
„Stadtlexikon to go“, ein völlig neuer
Ansatz also. Nutzer geben einen Begriff
in die Suchmaske ein, daraufhin er-
scheinen Punkte im Stadtgebiet, die
mit ihm verknüpft sind – das können
Orte, Ereignisse oder Personen sein.
Wer zum Beispiel den Begriff „Haupt-
bahnhof“ eingibt, den macht das Sys-
tem unter anderem auf den Besuch der
Queen aufmerksam, die am 24. Mai
1965 mit einem Sonderzug auf Gleis 1        Die Projektverantwortlichen Katharina Ernst (links) und Katharina Beiergrößlein stehen auf dem Schillerplatz im Zentrum von Stuttgart. Sie nutzen
in der Landeshauptstadt eintraf. Mit        das neue Stadtlexikon. FOTO: BAUR
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8 Leuchttürme                                                                                                                  Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

                      Projekt 2: Altensteig – 2. PREIS

                      Vom Reiz des
                      Digitalen in einer
                      analogen Welt
Computer sind aus dem 21. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Den-                          Pflege der Tablets auf einen geringen            selbst produzierten Lernvideos – spie-
noch existiert eine Welt, in der sie noch ein Schattendasein spielen. In                    Eigenbetrag zu senken. Dabei gehen               lerisch Filme zu machen, Gedichte zu
                                                                                            die Tablets nach dem Projekt in den Be-          vertonen, verlieren die Angst vor Ma-
Schulen fehlen sie vielerorts, wenn man von den Computerräumen ab-                          sitz der Familie über. Die derzeit fünf          thematik, tüfteln an Problemlösungen,
sieht. In Altensteig wird dies in Kürze anders. Dort sollen 14- bis 15-Jährige              achten Klassen können sich noch in               lernen mit dem 3-D-Drucker der Schu-
erfahren, wie man das I-Pad sinnvoll in den Schulunterricht integriert.                     diesem Schuljahr mit Zustimmung von              le umzugehen, werden eingeführt ins
                                                                                            Eltern und Lehrer als erste I-Pad-Klas-          Programmieren „mit Programmen von
                                                                 Von Hannes Kuhnert         sen bewerben.                                    der zweiten Klasse bis in die Uni“. Mit
                                                                                                                                             dem Tablet wird eine eigene Lernplatt-
ALTENSTEIG. „Die Zeit der Vielleichts      jährigen Vorbereitung an Modellen im             Schüler sind dankbar, wenn sie die               form für den selbstständigen Nachmit-
ist vorbei. Nach Weihnachten legen wir     In- und Ausland. In dieser Zeit seien            Technik kreativ nutzen können                    tagsbetrieb zu Hause aufgebaut, der
los“. Rektor Klaus Ramsaier (50) von der   viele Risiken minimiert, viele Hürden                                                             Aufschrieb des Lehrers auf der Schulta-
Friedrich-Boysen-Realschule im würt-       didaktischer, rechtlicher, versiche-             In den neuen Klassen wird die Hand-              fel ist als Screenshot mit im Gepäck.
tembergischen Städtchen Altensteig         rungstechnischer Art beseitigt, unend-           schrift nicht vernachlässigt. „Das Heft          Schulbücher gibt es auch als E-Buch,
(Landkreis Calw) ist zuversichtlich,       lich viele Gespräch mit Eltern, Lehrern          wird nicht ersetzt“, versichert Klaus            der Schulranzen wird leichter. Auch die
dass der Start mithilfe eines örtlichen    und Behörden geführt worden. Auch                Ramsaier. Das I-Pad werde nur einen              Rolle des Lehrers werde sich ändern, er
Sponsors gelingt. Die Friedrich-Boy-       Fragen des Jugendschutzes und der                Teil des Unterrichts ausmachen. Er               werde zum Moderator, der zusammen
sen-Realschule möchte zunächst in ih-      Datensicherheit wurden geklärt. Die              sieht das Tablet als ein zusätzliches            mit den Kindern lernt.
ren achten bis zehnten Klassen Tablets     Stadt Altensteig schuf mit hohen Inves-          Werkzeug für kreatives und produkti-                In Sachen Digitalisierung sind deut-
einführen, sogenannte I-Pad-Klassen        titionen in die digitale Ausrüstung der          ves Lernen.                                      sche Schulen im Vergleich zu anderen
aufbauen, will die Digitalisierung mit     Schule die technischen Voraussetzun-                Die 14- bis 15-Jährigen seien in aller        Ländern weit zurück, ist Ramsaier
Blick auf Studium und Beruf ins Klas-      gen, erkennt Ramsaier dankbar an.                Regel dankbar, wenn sie mit der neuen            überzeugt. Dabei hätten Studien erge-
senzimmer holen. Mehr noch, die                                                             Technik nicht nur spielen, sondern               ben, dass das Lernen mit digitalen Me-
Schule will sich zum Vorzeigeprojekt       Tablets gehen nach dem Projekt                   sich mit ihr sinnvoll beschäftigen, sie          dien die Motivation der Schüler erhöht
und zu einer Hospitationsschule ent-       in den Besitz der Familie über                   kreativ nutzen können. Doch dazu be-             und der positive Aspekt des Lernens
wickeln, von der andere Schulen und                                                         dürfe es eines Anstoßes und eines An-            deutlich größer wird. Dies betreffe so-
Einrichtungen profitieren können. In       Die Nachhaltigkeit des Projekts ergebe           leitens. Dann sei der Reiz des digitalen         wohl die technische Ausrüstung der
zwei bis drei Jahren denkt man an ei-      sich aus einer Anschubfinanzierung               Werkzeugs so stark, dass sich die jun-           Schulen als auch die Fähigkeit der
nen IT-Campus für EDV-Projekte.            des Sponsors. Diese ermögliche, die El-          gen Leute weiter damit auseinander-              Schüler, die digitalen Medien kritisch
   „Wir wurschteln nicht einfach los“,     ternbeteiligung bei Anschaffung und              setzen wollen. Sie lernen – zum Teil mit         zu nutzen.
versichert Ramsaier und erinnert an
die sechsjährige Vorbereitung mit vie-
len Versuchen an der Schule, ganz zu
schweigen von seiner eigenen zehn-

  Projekt 2 – Fakten
  � Bewerber: Stadt Altensteig/
    Friedrich-Boysen-Realschule
  � Titel: Digitale Bildung für das
    21. Jahrhundert
  � Methode: Nachhaltiges Konzept für
    I-Pad-Klassen an der Realschule,
    Einführung des I-Pads als kreatives
    Werkzeug im Unterrich
  � Zeitraum: 1.1.2019 – 1.1.2021
  � Kosten: 80 000 Euro
  � Teilnehmerzahl: 80 – 400
  � Ansprechpartner: Klaus Ramsaier,
    Rektor, Friedrich-Boysen-Realschule
    Altensteig, Speidelstraße 19,
    72213 Altensteig,
    Telefon: 07453/946 1512, E-Mail:
    klaus.ramsaier@altensteig.de           Klaus Ramsaier, Rektor der Friedrich-Boysen-Realschule in Altensteig, setzt auf digitale Techniken im Unterricht. 14- bis 15-Jährige üben sich
                                           täglich auf dem I-Pad. FOTO: KUHNERT
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Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20                                                                                     Leuchttürme 9
                  Projekt 3: Göppingen – 1. PREIS

                  Auf Wiedersehen
                  Schließzeiten,
                  Mahngebühren ade
Der Name ist Programm: „24 mal sieben“ – 24 Stunden lang, an sieben                         gige Befürchtung. Solche Vorbehalte               digitalen Entleihungen. Ein großer
Tagen die Woche können die Kunden der Stadtbibliothek Göppingen                             führten zu ungünstigen Lizenzmodel-               Vorteil der Online-Bibliotheken: Es
                                                                                            len. Es werde der doppelte Preis ver-             entstehen keine Mahngebühren – die
elektronische Medien aller Couleur ausleihen. Was vor zehn Jahren als                       langt und nach 52 Ausleihen ver-                  Datei lässt sich nach Fristende einfach
Experiment begann, ist mittlerweile ein Dauerbrenner, der ständig wei-                      schwinde das E-Book aus dem Be-                   nicht mehr öffnen.
terentwickelt wird.                                                                         stand. „Das ist, als wenn jemand                     Stasch ergänzt, dass die Bibliothek
                                                                                            nachts in die Bibliothek einbricht und            keine kommerziellen Interessen ver-
                                                                  Von Sabine Rochlitz       Bücher stiehlt“, so Stasch.                       folgt, sie schaue lediglich danach,
                                                                                                                                              wirtschaftlich zu arbeiten. Außerdem
GÖPPINGEN. Wer mit dem stellvertre-        Hörbücher bis zu E-Learning-Kursen,              Bibliotheken genießen eine hohe                   verweist er auf die hohe Glaubwür-
tenden Leiter der Stadtbibliothek Göp-     etwa zum Erwerb von Fremdsprachen.               Glaubwürdigkeit                                   digkeit, die Bibliotheken nach wie vor
pingen, Benjamin Stasch, spricht,          Seit Jahresbeginn erhalten die Kunden                                                              genießen.
merkt seine Begeisterung für die On-       über Pressreader Zugang zu mehr als              Mittlerweile werde jeder vierte Roman
line-Bibliothek. „Wenn alles gut läuft,    7000 Zeitungen, Magazinen und Zeit-              online entliehen: Vor allem die Belle-
bekomm’ ich gar nichts mit, unser An-      schriften aus 100 Ländern in über 60             tristik und die Jugendliteratur haben                MEHR ZUM THEMA
gebot ist barrierefrei und unabhängig      Sprachen.                                        einen rasanten Anstieg hinter sich, auf              Die Online-Bibliothek Göppingen/Geislingen:
von Öffnungszeiten“, sagt der 33-Jäh-         Auch einen Musik-Streaming-Dienst             sie entfielen 2017 bereits 55 Prozent der            www.kurzelinks.de/online-bibliothek
rige, der sich schon in seiner Ab-         gibt es neuerdings. Über das Portal
schlussarbeit im Studium mit diesem        Freegal Music können Kunden online
Thema befasst hatte. Damals gab es         auf über 15 Millionen Titel, Playlists              Projekt 3 – Zahlen, Daten, Fakten
erst vier Pilotprojekte: Hamburg, Köln,    oder Videos zugreifen. „Das ist wie Spo-
München und Würzburg.                      tify für Bibliotheken“, sagt Stasch. Wer            � Bewerber: Stadtbibliothek Göppingen          � Zeitraum: 1.04.2008 – fortlaufend
                                           schlecht zu Fuß ist, dem helfen ehren-              � Titel: Medienwandel aktiv gestalten          � Kosten: 12 638 Euro (2017)
Der Büchereiausweis genügt,                amtliche Medienboten auch zu Hause.                 � Methode: Die Online-Bibliothek Göp-          � Teilnehmerzahl: 1407 Benutzer (2017)
das Angebot kostet nichts extra            Das neueste Projekt: „Wir sind an ei-                 pingen/Geislingen war 2008 Vorreiter         � Ansprechpartner:
                                           nem Filmstreaming-Dienst dran.“                       im Land und erster interkommunaler             Benjamin Stasch, stellvertretender
In Baden-Württemberg war Göppin-              Anbieter zu finden, sei die zentrale               Onleihe-Verbund in Deutschland. Mitt-          Leiter, Stadtbibliothek Göppingen,
gen 2008 gemeinsam mit Geislingen          Herausforderung aller Büchereien.                     lerweile versorgt sie mehr als 12 000          73033 Göppingen,
Vorreiter: Die beiden Städte gründeten     Anfangs hätten die Verlage wenig Inte-                Kunden aus 35 Kommunen der Land-               Telefon: 07161/650-9611,
die in Baden-Württemberg erste             resse gezeigt. „Wer ein E-Book online                 kreise Esslingen und Göppingen.                E-Mail: stasch@goeppingen.de
Download-Plattform für digitale Me-        ausleiht, kauft es nicht“, laute die gän-
dien, gleichzeitig Deutschlands erste
interkommunale „Onleihe“ – ein
Mischbegriff aus „online“ und „Auslei-
he“. Aus dem Zweierbund ist inzwi-
schen eine Kooperation von 35 Kom-
munen aus den Kreisen Göppingen
und Esslingen geworden.
   Auch wenn es um digitale Medien
geht – der persönliche Kontakt ist
Stasch wichtig: „Die Kunden können zu
uns kommen und wir helfen ihnen ger-
ne.“ Die Bürger nutzten das Angebot
rege. „Mein Enkel macht das sonst für
mich“, heißt es dann etwa, „er ist aber
gerade nicht da.“ Viele seien dankbar,
wenn sie Unterstützung beim Einrich-
ten ihres Rechners erhielten. Stasch
denkt dabei an die Dame, die im Garten
ihre Hörbücher auf dem I-Pad hört.
Doch auch, wer im Zug oder am Strand
Lust auf Lektüre bekommt, kann aus
mittlerweile rund 51 000 Medien wäh-
len. Der Büchereiausweis genügt, das
Angebot kostet nichts extra.
   Und die Bibliothek geht mit der Zeit:   Die Nutzer der Online-Bibliothek Göppingen/Geislingen können auf über 15 Millionen Titel, Playlists oder Videos zugreifen.Das Angebot, das Spotify
Das Angebot reicht von E-Books über        gleicht, kommt bei jungen Menschen gut an. FOTO: STADTBIBLIOTHEK GÖPPINGEN
Gemeinsam gestalten - staatsanzeiger.de
10 Leuchttürme                                                                                                                                    Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

                         Projekt 4: Waldkirch – 1. PREIS

                         Damit der digitale
                         Wandel nicht vom
                         Geldbeutel abhängt
Der Verein „Computertruhe“ aus dem badischen Waldkirch setzt auf eine glieder ihr Wissen weiter. „Wir wollen,                                                     gischen Bildungs- und Beratungszen-
Digitalisierungsstrategie „von unten“: sozial verantwortlich, ressourcen- dass die Leute die Möglichkeiten, die                                                   trum Waldkirch, Förderzentrum Se-
                                                                          die Digitalisierung bietet, kompetent                                                   hen, zur Verfügung stellen und Lehr-
schonend und aufklärerisch. Firmen oder Privatleute spenden gebrauchte nutzen können“, sagt Fiedler.                                                              kräfte schulen.
Computer, die Vereinsmitglieder bereiten diese auf und geben sie an Be-                                                                                              Dann könnten sich Schüler auch in
dürftige weiter. Wissen rund um die digitale Welt wird ebenso vermittelt. Verein bleibt seiner                                                                    eigenen Projekten Programmierung
                                                                                                            Digitalisierungsstrategie treu                        und Verwaltung von Computern und
                                                                                  Von Beate Mehlin                                                                Netzwerken aneignen: Der Verein
                                                                                                            Die Mitglieder des Vereins Computer-                  bleibt seiner Digitalisierungsstrategie
WALDKIRCH. „Seit April 2015 haben                     steht nicht mehr nur Waldkirch mit sei-               truhe wollen ihre Begeisterung für digi-              „von unten“ treu.
wir über 500 Rechner und Zubehör ab-                  nen fast 23 000 Einwohnern im Fokus,                  tale Themen weitergeben. Dafür steht
gegeben“, sagt Julia Fiedler, Vor-                    die Computertruhe deckt auch Bedarfe                  auch das nächste Projekt: Gemeinsam
standsmitglied beim Verein „Compu-                    in der Region ab.                                     mit dem Verein zur Förderung Sehbe-                      MEHR ZUM THEMA
tertruhe“ in Waldkirch (Kreis Emmen-                                                                        hinderter Waldkirch möchte die                           Infos zum Verein Computertruhe
dingen). Der Verein setzt auf eine Digi-              Die Wartelisten für Endgeräte,                        „Computertruhe“ Einplatinencompu-                        und zu Waldkirch unter:
talisierungsstrategie „von unten“.                    zum Beispiel Laptops, sind lang                       ter für den Informatik- und Technikun-                   www.computertruhe.de
   Seine Arbeit ist praktisch orientiert,                                                                   terricht im staatlichen sonderpädago-                    www.stadt-waldkirch.de
gleichzeitig sozial verantwortlich, res-              Auch aus Gründen des Umweltschutzes
sourcenschonend und aufklärerisch.                    sollten Geräte so lange wie möglich ge-
Firmen oder Privatleute können ge-                    nutzt werden, meint Fiedler. Obwohl                      Projekt 4 – Zahlen, Daten, Fakten
brauchte Computer an den Verein                       die 20 Vereinsmitglieder Findigkeit und
                                                                                                               � Bewerber: Stadt Waldkirch                          über Bürger-Info-Veranstaltungen zu
„Computertruhe“ abgeben. Die Ver-                     digitales Know-how einbringen und der
einsmitglieder reinigen sie, löschen die
                                                                                                               � Titel: Computertruhe                               freier Software oder sicheren Alternativen
                                                      Verein ein gut gefülltes Lager hat, sind
Festplatten und spielen meist Open-                                                                            � Methode: Der Verein eröffnet Menschen              zum Messenger „Whatsapp“ oder in ei-
                                                      die Wartelisten etwa für Laptops lang.
Source-Software auf die Geräte auf.                   Die Vereinsausgaben finanziert die
                                                                                                                 die Teilhabe am digitalen und gesell-              nem Programmierworkshop für Kinder.
   Danach werden Rechner oder ande-                   Computertruhe naheliegenderweise                           schaftlichen Leben – vor allem auch Ge-          � Zeitraum: seit 19. April 15, unbegrenzt
re Hardware an Bedürftige abgegeben:                  ebenfalls digital, oft über eine Spenden-                  flüchteten. Die Ehrenamtlichen sammeln           � Teilnehmer: 20 Vereinsmitglieder, circa
Sozialleistungsempfänger, Flüchtlin-                  plattform. „Wir starten Aufrufe zur Fi-                    ausgemusterte, gespendete Rechner und              1000 unterstützte Personen
ge. „Wir wollen, dass alle Menschen am                nanzierung von Adaptern oder zur Fi-                       Hardware, setzen sie instand und geben           � Kosten: für Ersatzteile, Lagerraum, Aus-
digitalen und gesellschaftlichen Leben                nanzierung des Lagers, auch Spenden                        sie kostenlos an bedürftige Menschen               lieferung der Computer, Informations-
teilhaben können“, sagt Fiedler. „Alle                werben wir so ein“, erklärt Fiedler.                       oder gemeinnützige Organisationen ab.              veranstaltungen und den Kauf neuer
sollen vom digitalen Wandel profitie-                   Fahrtkosten für das Einsammeln                           Die Weiterverwendung funktionsfähiger              Hardware circa 3500 Euro
ren und persönliche Entwicklung, be-                  oder Ausliefern der Geräte tragen die                      Geräte und Komponenten schützt die               � Ansprechpartner: Mario Frick, Stadt
rufliches Vorankommen oder gesell-                    Vereinsmitglieder selbst. Mit Bürgerin-                    Umwelt. Die Ehrenamtlichen des Vereins             Waldkirch, Gartenstraße 5, 79183 Wald-
schaftliches und politisches Engage-                  foabenden zu Messenger-Diensten,                           geben ihre Kompetenzen und Begeiste-               kirch, Telefon 07681/ 404 238,
ment nicht vom Geldbeutel und Wis-                    Freier Software oder Programmierkur-                       rung für digitale Themen weiter, etwa              E-Mail: frick@stadt-waldkirch.de
sensbarrieren abhängen.“ Mittlerweile                 sen für Kinder geben die Vereinsmit-

Der Verein Computertruhe bringt alte PCs wieder in Schwung. Sie werden an Bedürftige abgegeben, es gibt aber auch die Möglichkeit, sie vor Ort zu nutzen – zum Beispiel in Denzlingen. FOTO: COMPUTERTRUHE E.V.
Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20                                                                               Leuchttürme 11
                    Projekt 5: Ludwigsburg – 1. PREIS

                    Allzeit gewappnet
                    für den Ernstfall eines
                    Cyberangriffs sein
Ein Allheilmittel gegen Hackerangriffe gibt es für Kommunen nicht. Doch                     Cyberangriff kann alle wesentlichen               Huber und Holzheuer suchen noch
gezielte Vorbereitung kann die Schäden eines Cyberangriffs minimieren.                      Prozesse einer ungeschützten Stadt sa-          eine Kooperationskommune. Zwar
                                                                                            botieren. Hacker könnten Wasserwer-             könnten die fünf Studierenden kein
Das soll ein Projekt der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen                 ke, Transport- und Logistikabläufe, Pro-        komplettes Notfallmanagementsys-
Ludwigsburg beweisen.                                                                       zesse in kommunalen Krankenhäusern,             tem für sie liefern, Zeit und personelle
                                                                                            im Rettungswesen, in Verkehrsleitzen-           Kapazitäten reichten dafür nicht.
                                                                       Von Tilman Baur
                                                                                            tralen oder bei der Müllabfuhr lahmle-            Dennoch würde die betreffende
                                                                                            gen, sagt Regina Holzheuer. Ein Super-          Kommune profitieren. „Wir bieten
LUDWIGSBURG. Montagmorgen im                 dest glauben Moritz Huber und Regina           Gau droht auch beim Diebstahl perso-            eine Art Consulting light“, so Huber.
Rathaus einer Stadt in Baden-Württem-        Holzheuer, die Lehrbeauftragte des be-         nenbezogener Daten: Er würde das Ver-           Mit dem Projekt stelle man ein Funda-
berg. Die Mitarbeiter der Verwaltung         rufsbegleitenden Masterstudiengangs            trauen der Bevölkerung in die Verwal-           ment zur Verfügung, auf dem Experten
beginnen ihren Arbeitstag, fahren ihre       Public Management der Hochschule               tung untergraben.                               weiter aufbauen können. Zudem stehe
Rechner hoch – und haben plötzlich           für öffentliche Verwaltung und Finan-                                                          man für Fachfragen rund um die The-
keinen Zugang zu ihren Benutzerkon-          zen Ludwigsburg (HVF) sind.                    Interessierte Kommunen würden                   men Cybersecurity und Notfallmana-
ten mehr! Hacker haben das IT-Netz-             Sie sind überzeugt davon, dass Stan-        eine Art Consulting erhalten                    gement im Gemeinderat bereit.
werk angegriffen. Sie haben einen Tro-       dard-Maßnahmen zur Prävention von                                                                Die Kommune hätte wenig Auf-
janer eingespeist, der sämtliche Daten       Cyberkriminalität allein nicht mehr            Ziel des dreisemestrigen Projekts ist es,       wand. Sie müsste nur drei bis fünf An-
verschlüsselt, und fordern nun Löse-         ausreichen. Als Lösung schlagen sie ein        die Studierenden als (angehende) Füh-           sprechpartner bereitstellen, die sich
geld von der Stadt für die Entschlüsse-      maßgeschneidertes kommunales Not-              rungskräfte handlungsfähig zu ma-               über einen Zeitraum von sechs Mona-
lung. Besonders brisant wird die Lage        fallmanagement vor, das dazu beiträgt,         chen. „Wir wollen vermitteln, wie               ten jeweils einmal interviewen lassen.
auch dadurch, dass die Verwaltung ge-        die Arbeitsfähigkeit einer Stadt wäh-          wichtig Daten für Entscheidungsträger           „Unsere Studierenden haben jahre-
rade erst die Digitalisierung aller Akten-   rend und nach einem Cyberangriff auf-          sind, und warum es nötig ist, die               lange Berufserfahrung in der Verwal-
bestände abgeschlossen hat – ein Pa-         recht zu erhalten. Fünf Studierende sol-       schnelle Funktionsfähigkeit der Ver-            tung und sind gestandene Persönlich-
pierverkehr ist also ausgeschlossen.         len die Grundlagen für das Notfallma-          waltung nach einem Cyberangriff wie-            keiten“, so Huber.
                                             nagement zusammen mit einer koope-             derherzustellen“, so Holzheuer. Kern-
Maßgeschneidertes kommunales                 rierenden Kommune aus Baden-Würt-              bestandteil des Projekts ist eine Busi-
Notfallmanagement ist künftig nötig          temberg erarbeiten. „Mit unserem Pro-          ness-Impact-Analyse, bei der die Stu-             MEHR ZUM THEMA
                                             jekt wollen wir ein Bewusstsein für die        dierenden mehrere Geschäftsprozesse               Nach Erscheinen dieses Artikels im
Da zwischenzeitlich auch Bürgeranlie-        Bedrohung schaffen und zudem mögli-            untersuchen. Auf diese Weise identifi-            Staatsanzeiger am 12.10.2018 haben die
gen nicht mehr bearbeitet werden kön-        che Gegenstrategien untersuchen“,              zieren sie, welche Abhängigkeiten es              Initiatoren die Gemeinde Salach (Landkreis
nen, gelangt der Vorfall wenig später an     sagt Moritz Huber. Denn die Folgen des         gibt und welche Geschäftsprozesse be-             Göppingen) als Partner gewonnen:
die Öffentlichkeit. Dieses Horrorszena-      Szenarios können gravierend sein. Ein          sonders kritisch sind.                            www.salach.de
rio könnte Kommunen künftig drohen,
die sich nicht ausreichend auf Cyberat-
tacken vorbereitet haben. Das zumin-

  Projekt 5 – Fakten
  � Bewerber: Moritz Huber, Regina Holz-
    heuer, Lehrbeauftragte an der Hoch-
    schule für öffentliche Verwaltung
    und Finanzen Ludwigsburg
  � Titel: #Zukunftskommune – Notfall-
    management bei Cyberangriffen
  � Methode: Business-Impact-Analyse
    und Projektmanagement
  � Zeitraum: Januar 2019 bis Juni 2020
  � Teilnehmerzahl: circa zehn Personen
  � Kosten: circa 1500 Euro
  � Ansprechpartner: Moritz Huber,
    E-Mail: moritz.huber@lehrb.
    hs- ludwigsburg.de; Regina Holz-
    heuer, E-Mail: regina.holzheu-
    er@lehrb.hs-ludwigsburg.de               Im Fall eines drohenden Zugriffs auf eigene Daten von außen hätte wohl jeder Mitarbeiter einer Gemeinde gern eine solche Warnmeldung. Ein
                                             Projekt der Hochschule Ludwigsburg dient dem Notfallmanagement speziell für Kommunen. FOTO: BAUR
12 Leuchttürme                                                                                                              Staatsanzeiger · Freitag, 24. Mai 2019 · Nr. 20

                  Projekt 6: Heidelberg – 2. PREIS

                  Heidelberg ist schon
                  weit auf dem Weg ins
                  digitale Zeitalter
Die Bürger über Chancen und Risiken digitaler Entwicklungen aufklären,                     Stadt zu erhöhen, indem zusätzliche            tigen Vernetzung ist. Ein Beispiel ist
das ist Ziel einer Veranstaltungsreihe der Stadt Heidelberg. Dabei werden                  Bürgerservice-Angebote zur Verfü-              die neue elektronische Patientenakte
                                                                                           gung gestellt werden. Die Transparenz          des Uni-Klinikums. Ärzte und Patien-
auch die vielen neuen Dienstleistungen vorgestellt und erfahrbar, die die                  wird erhöht, Verwaltungsvorgänge               ten haben Zugriff auf denselben Da-
Zukunftskommune bereits jetzt anbietet.                                                    werden vereinfacht.                            tensatz. Oliver Heinze versichert:
                                                                                              Vorgestellt wurde der neue smarte           „Wir verwenden eine starke Ver-
                                                                      Von Harald Raab
                                                                                           Winterdienst, der Vor-Ort Service der          schlüsselung. Wir setzen eine Autori-
                                                                                           Bürgerdienste oder die Online-Unter-           sierung ein, die gewährleistet, dass
HEIDELBERG. In der Stadtbücherei            che mündige Bürgerinnen und Bürger,            stützung im Rahmen des Bürgerportals           man sich nicht mit falscher Identität
Heidelberg geht es diesmal nicht um         die der Welt der Daten nicht mehr hilf-        und die in der Stadt tätigen Digitallot-       Zugang verschaffen kann.“
gedruckte Wissensvermittlung. Die           und ahnungslos ausgeliefert sind. Eine         sen. Stadtdirektorin Nicole Huber, Ko-            Fachfrau Huber resümiert: „Mit der
Veranstaltungsreihe „Digitalität@Hei-       Teilnehmerin kam zu der Erkenntnis:            ordinatorin der digitalen Aktivitäten der      Veranstaltungsreihe Digitalität@Hei-
delberg“ hat junge, aber auch ältere        „Ich werde jetzt viel vorsichtiger mit         Stadt Heidelberg, sagt: „Die wichtigsten       delberg wurde ein Format geschaffen,
Menschen angelockt. Dabei wird über         meinen Daten umgehen und meine                 Fragen der Bürger bewegen sich vorran-         welches den absolut notwendigen Dia-
Chancen und Risiken des digitalen Zeit-     Kinder entsprechend beraten.“                  gig um den Datenschutz. Unsere Aufga-          log mit der Bürgerschaft optimal er-
alters nicht nur theoretisiert. Es gibt        Heidelberg ist aufgrund seines En-          be ist es, in den Projekten, die wir vor-      möglicht.“
auch viel zu sehen und man kann aktiv       gagements, den Bürgern digitale Si-            stellen, aufzuzeigen, dass es nie um per-
mitmachen. Vom 3-D-Druck über das           cherheit zu geben, als eine von fünf           sonenbezogene Daten geht. Wir wollen
Innenleben von Sensoren und Basis-          Städten im Südwesten in den Rang ei-           Bürgerinnen und Bürgern die Angst                 MEHR ZUM THEMA
Programme für den einfachen Compu-          ner Zukunftskommune erhoben wor-               nehmen, dass hier Dinge passieren, die            Weitere Informationen zur
ter bis hin zu einer Krypto-Party mit       den. Das ist kein Titel ohne Mittel. Es        man nicht mehr kontrollieren kann.“               Veranstaltungsreihe finden Sie unter:
Verschlüsselungsstrategien, um die ei-      gibt von der Landesregierung entspre-             Es ginge darum, zu zeigen, wie                 www.kurzelinks.de/
gene Privatsphäre zu schützen, ist alles    chende Fördergelder.                           transparent das System in der vielfäl-            Heidelberg-digital
in der Reihe geboten.
   Eingeladen hat die Stadt Heidelberg,     Zu neuen Angeboten zählen smarter
die den Ehrgeiz hat, unter den deut-        Winterdienst und Digitallotsen                   Projekt 6 – Zahlen, Daten, Fakten
schen Kommunen in Sachen digitale
Entwicklung eine Vorreiterrolle zu          Beim zweiten Forum „Digitale Stadt“              � Bewerber: Stadt Heidelberg                 � Zeitraum: fortlaufend
übernehmen. Was ist Digitalisierung?        im Kreativwirtschaftszentrum in der              � Titel: Veranstaltungsreihe                 � Teilnehmerzahl: bis jetzt 450
Sind wir im Netz alle gläsern? Wie kön-     Alten Feuerwache wurden innovative                 Digitalität@Heidelberg                     � Kosten: bis jetzt 7500 Euro
nen wir uns schützen? Welche Service-       Technologien vorgestellt. Diese sind             � Methode: Bürgerforen mit Vorträgen         � Ansprechpartner: Stadtdirektorin Nicole
Chancen bietet die digitale Kommuni-        geeignet, die Lebensqualität der Bür-              und Workshops                                Huber, Telefon: 06221/5 81 00 00
kation den Bürgerinnen und Bürgern,         gerinnen und Bürger in der Neckar-
wenn sie mit der Stadtverwaltung in
Beziehung treten?

Heidelberg hat als eine von fünf Städten
den Rang Zukunftskommune

Bei Fragen wie diesen nimmt die Stadt
Heidelberg ihre Bürgerinnen und Bür-
ger mit – auf dem Weg in die Welt der Al-
gorithmen und der neuen Dienstleis-
tungen der Verwaltung. Im Boot sind als
Experten mit viel praktischer Erfahrung
der Chaos-Computer-Club, der Verein
NoName, der Freifunk Rhein-Neckar
sowie der Makerspace des DAI.
   „Wir wissen, dass viele Ängste in der
Bevölkerung vorhanden sind, wenn es
um das Thema Digitalisierung geht“,
bringt es Steffen Haschler vom Chaos-
Computer-Club auf den Punkt: „Man
befürchtet, dass Arbeitsplätze wegfallen
oder dass Algorithmen uns durchleuch-
ten. Wir würden gern hier Berührungs-       Besucher und Besucherinnen tauschen sich beim zweiten Forum „Digitale Stadt“ im Juli an Thementischen mit Vertretern der Stadtverwaltung
ängste abbauen.“ Die digitale Zeit brau-    Heidelberg, der Wirtschaft und der Bürgerschaft aus. FOTO: STADT HEIDELBERG
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