Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...

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Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
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Kirchenblatt für die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden beider Appenzell    AZB 9100 Herisau

                                                                          März 2021 Nr.3 108.Jahrgang

                                 el
        . G a ll e r C orona-Bib
     St
                      bergabe
     Feier zur Ü
                                                                Lebensweltgestaltung
                                         ite 12
                           m  ehr auf Se
      
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Biblische Betrachtung

                                  Werte die uns einen
                 Wenn man in anderen Ländern nach dem Ruf der                  die wir in Raten abzahlen müssen, sie laden uns ein, zu
                 Schweizer fragt, hört man manchmal: «Sie legen viel           verschwenden und uns dabei noch zu verschulden. Die
                 Wert auf gute Arbeit, leben sparsam, und sind tüch-           Mehrheit verbringt ihr Leben mit Arbeit, um das Geld
                 tig im Beruf.» Das sind wohl stereotypische Eigen-            zu verdienen, das nötig ist, um das zu bezahlen, was
                 schaften, aber man kann sie auch als Kompliment               das System von uns verlangt. Wir wachsen in einer sol-
                 annehmen. Wenn diese Eigenschaften auf uns zutref-            chen Umgebung auf. Es ist dort normal, für Geld zu
                 fen, woher haben wir sie? Es gibt natürlich viele Er-         arbeiten, um es dann zu verprassen. Aber das ist nicht
                 klärungen.                                                    das System Gottes.»

                1905 versuchte der Religionssoziologe Max Weber zu             Der Artikel gab dann weitere praktische Ratschläge,
                formulieren, was protestantische Menschen zu seiner            wie man diszipliniert mit dem Geld umgehen kann,
                Zeit ausmachten. In seinen Augen legten sie viel Wert          wie man Geld und Ressourcen als Geschenk Gottes se-
                auf harte Arbeit, Sparsamkeit, und Tüchtigkeit im Be-          hen kann, und dass man dementsprechend den Zehn-
                ruf. Er sah damals diese Eigenschaften besonders bei           ten für die diakonischen Arbeiten der eigenen Kirche
                den Reformierten in aller Welt am Werk. Heute kön-             einsetzt. Während Gott als allmächtig dargestellt wird,
                nen wir sagen, dass diese Eigenschaften natürlich auch         wird immer wieder die individuelle Verantwortung für
                auf viele Menschen zutreffen, die keinen protestanti-          die eigene Arbeit und die eigene Situation betont. Der
                schen Hintergrund haben. Wie wir handeln, hängt                Religionssoziologe Daniel Míguez beobachtete in sei-
                aber sehr stark mit dem zusammen, was wir glauben              nen Feldstudien in den protestantischen Pfingstkir-
                (oder einst glaubten). So hat es mich überrascht, in ei-       chen Argentiniens aus akademischer Distanz dasselbe:
                ner argentinischen evangelischen Zeitung Folgendes             «Sparsamkeit, harte Arbeit und eine rationale Haus-
                zu lesen:                                                      haltsführung gelten hier auch als Wege zum Wohl-
                                                                               stand; ihr Fehlen natürlich als Gründe für Armut.»
                «Oft suchen wir die Schuld bei der Inflation, in der Re-          Dass im «System» (z.B. in der Regierung) etwas
                gierung, beim Unternehmer. Aber das tiefere Problem            nicht stimmt, ist eine universelle Annahme in Argenti-
                liegt darin, dass wir Gottes Prinzipien nicht respektie-       nien sowie in anderen Ländern. Wenn das «System»
                ren und über seine geistigen Gesetze nicht Bescheid            unfair erscheint, ist es dann nicht eine Zumutung,
                wissen. Seit unserer Geburt werden wir dazu ‹erzo-             Menschen die in relativer Armut leben mit dem Hin-
                gen›, dem System zu ‹dienen›. Leute gewöhnen sich              weis auf «Gottes Prinzipien» und «geistige Gesetze»
                einfach dran, sie machen einfach mit. Dasselbe pas-            auf ihre Eigenverantwortung einzustimmen? Vielleicht.
                sierte den Israeliten. Sie wurden unter dem Joch des           Vielleicht liegt auch eine Gefahr darin, in der Opfer-
                ägyptischen Systems geboren, eines Systems, welches            rolle zu verharren, wie die Israeliten in der Wüste zu
                sie unterdrückte, und für sie war dies die normalste           Moses Zeit. Vielleicht sind die Werte, die uns in der
                Sache der Welt. Der eigentliche ‹Verrückte› war Mose,          Schweiz dienen, keine rein schweizerischen Werte;
                der sie von Sklaven und Bettlern zu wohlhabenden Be-           vielleicht dienen sie uns wie auch Menschen überall,
                sitzern ihres eigenen Landes in Kanaan machen wollte           weil Gott dahintersteckt.
                […] Die Werbungen laden uns ein, Dinge zu kaufen,                                         Mike Lotz, Pfarrer in Appenzell

Werte prägen uns und machen
Normen (Gesetze, Verhaltens-
regeln) für das Zusammenleben.
Erlebe ich meinen Glauben als
tragend im Wandel von Werten
und Normen oder bin ich
einfach Opfer?
Quelle: NEO-Culture GmbH

MAGNET Nr.3/2021                                                           2
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Editorial

          Impressum                 Liebe Leserin,
 Kirchenblatt für die Evan-
 gelisch-reformierten Kirch-        lieber Leser
 gemeinden beider Appenzell
 (erscheint monatlich)              Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Die Abstimmung zur
 Herausgegeben im Auftrag
 der Synode der Evangelisch-
                                    Konzernverantwortungsinitiative im vergangenen November
 reformierten Landeskirche          hat rote Köpfe verursacht. Seit der Ideologisierung der Welt
 beider Appenzell
                                    durch soziale und wirtschaftliche Anschauungen im Zuge der
 Redaktionskommission
 Judith Husi­stein, Stein (jh);     sogenannten Aufklärung ist das, was man Glaube nennt, eben-
 Isabelle Kür­steiner, Walzenhau-   falls zur Ideologie geworden. Zu einer Ideologie für Naive,         Heinz Mauch-Züger, Redaktor
 sen (iks); Jonathan Németh,
 St.Gallen (jn); Annette Spitzen-   Frauen, Rentner, Kinder, Bildungsbürger und andere konserva-
 berg, Reute-Oberegg (as);          tiv Zurückgebliebene. Man kann das so sehen. Schliesslich gibt
 Karin Steffen, Schachen bei
 Reute (ks); Lars Syring, Präs.,    es Beispiele genug, wo sogenannt «Gläubige» Ansichten verbrei-
 Bühler (sy)                        ten, die schon vorgestern veraltet waren und Taten begehen, die
 Redaktion                          keinen Dialog fördern, weil sie tödlich enden.
 Heinz Mauch-Züger (hmz)
 Steinbruggen                          Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Gottseidank! Der
 9063 Stein                         Monat März, der Fastenmonat, ist kirchlich der politischste
 Tel. 071 278 74 87
 magnet@ref-arai.ch                 Monat. Ich erinnere mich gut, wie ich mit 16 Jahren die ersten
 Magnet-Download                    Blätter aus dem Fastenkalender an meine Zimmerwand ge-
 www.ref-arai.ch
                                    klebt habe. Das waren Statements von Menschen aus südlichen
 Produktion
 Appenzeller Druckerei AG,          Ländern zu ihren Lebensverhältnissen. Zu den Auswirkungen
 9100 Herisau                       von gut gemeinter Entwicklungshilfe, befreiender Mission und
 Adressänderungen melden
 Sie bitte direkt der örtlichen
                                    wirtschaftlichem Aufschwung. Und diese Statements standen
 Kirchgemeinde                      im Zusammenhang mit Sätzen aus der Bibel. Diese uralten
 WEMF                               Sätze bekamen dadurch eine vibrierende Aktualität und in mir
 Beglaubigte Auflage 3300
 Magnet online
                                    wuchs das Bewusstsein, dass es Bereiche gibt, wo sich die
 www.magnet.jetzt                   Menschheit scheinbar kaum entwickelt, Amazon, Bitcoin,
                                    iPhone 12 und E-Identity oder Netflix hin oder her.
                                       Auch in diesem März läuft wieder eine «Brot für Alle /
                                    Fastenopfer» Kampagne. Unter dem Titel «Sehen und Handeln»
                                    geht es ums Klima, um starke Frauen, um eine zukunftsträch-
                                    tige Landwirtschaft, um Palmöl und um den weltweiten Wan-
                                    del, wo auch die Schwächsten eine Chance haben sollten.
                                    Natürlich ist das alles völlig unpolitisch. Und Weltgebetstag ist
                                    auch noch! Vanuatu – das liegt gleich hinten links – ungefähr.
                                    Völlig unpolitisch, einfach Menschen und ä bitzeli Kultur.
                                       Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Hoffentlich noch
                                    lange. Getragen von einem Glauben, der hinter Linken, Mitti-
                                    gen und Rechten die Menschen sieht, die das Ihre und das Gute
                                    wollen und dabei oft das Bessere verhindern. Nicht weil die
                                    Ideologie, sondern weil das Vertrauen fehlt, es könnte auch
                                    anders richtig sein. Glaube ist nie richtig, nur gewiss. Gute
                                    Fastentage wünscht Ihnen!

Titelbild: Eine Welt für ALLE?
Bild: Jonathan Németh

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Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

   Eine heilendeGemeinschaft bilden
                            Scotty Williams, Pfarrer der All Souls Protestant Church in St. Gallen, erzählt

             Ich treffe mich mit Scotty Williams per Zoom zum              wenn die Liebe im Zentrum steht, die umfassende
             Interview. Sein warmes Lachen und seine Aus-                  Liebe Gottes, die sich in Christus gezeigt hat.
             strahlung dringen auch durch den Bildschirm,
             seine grosse Erleichterung über den politischen               All Souls Protestant Church in St. Gallen
             Machtwechsel in seiner Heimat ist mit Händen zu               Verheiratet mit einer Aargauerin wirkte er bereits
             greifen.                                                      als Pfarrer in Zürich an der International Protestant
                                                                           Church, als ihn 2015 der Ruf St. Gallens erreichte,
             Werdegang                                                     hier eine neue, englischsprachige, pionierhafte Ge-
             Er wurde im Jahr 1983 geboren und stammt aus dem              meinschaft aufzubauen. Er zog sich in die Stille zu-
             US-Bundesstaat Louisiana mit der bekannten Stadt              rück, um Visionen zu entwickeln und zu beten. Und
             New Orleans. Er ist Mitglied der presbyterianischen           da er seine Visionen an Allerheiligen entfaltete (1.
             Kirche, einer fortschrittlichen Kirche in reformier-          November), wollte er die Gemeinschaft zunächst
             ter Tradition. Er studierte Theologie und doktorierte         «All Saints» nennen. Seine Frau intervenierte und da
             über Zwingli und die heilenden Aspekte seiner                 man den Tag auch «Allerseelen» nennen kann, ent-
             Theologie und seines Wirkens in Zürich. An seiner             stand der schöne und treffende Name «All Souls Pro-
             Fakultät lehrte man, mit dem eigenen Hintergrund,             testant Church». Nicht jede Person ist heilig, aber
             den man mitbrachte, bewusst umzugehen und ihn                 alle haben eine Seele, meint er schmunzelnd!
             immer wieder einzubringen. Der Seine ist die
             Schwarze Kreolische Kultur (als Kreolisch bezeich-
             net man die Nachfahren der ehemals französischen                  Die Kirche braucht emotionale
             Kolonien in der Karibik und der dortigen ehemali-
             gen Sklaven). Inspiriert hat ihn James H. Cone, der
                                                                               Intelligenz.
             Gründer der afrikanischen Befreiungstheologie in
             den USA. Und so waren seine Fragen: Wie können                Und so begann er in St. Gallen mit der Aufbauarbeit.
             wir stolz sein auf uns selbst? Wie können wir uns             Er vernetzte sich, lernte die unterschiedlichsten Mi-
             selbst lieben? Wie können wir unsere Wunden hei-              lieus kennen, vom Solidaritätsnetz bis hin zu den
             len, die der Rassismus uns zugefügt hat? Wie können           Kirchenmusikern, von Lutheranern bis hin zu Men-
             wir Stellung beziehen gegen Rassismus? Aber es                schen, die eigentlich mit Kirche nicht mehr viel am
             heisst auch: Wie kann der Rassist heilen?                     Hut hatten. Und mit der Zeit begann seine Gemein-
                                                                           schaft zu wachsen. Menschen, die seine Vision teil-
                                                                           ten, kamen. Immer noch hat er viele Hüte an, doch
      Die Ethik der Liebe führt uns                                        seine Pionierarbeit trägt Früchte. Menschen aus
                                                                           St. Gallen und aus aller Welt und in allen Hautfarben
      dazu, unser Leben zu verlieren.                                      treffen sich in seiner Kirche.
                                                                              Seine Vision ist in erster Linie, zu verkünden und
             Mich hat es im Gespräch sehr beeindruckt, als er              auch zu leben, dass Gott bedingungslose, allumfas-
             sagt: «Auch der Rassist ist nicht frei, solange er Ras-       sende Liebe ist. Christus war ein Heilender, und
             sist ist, auch er braucht Heilung. Ich möchte letzt-          auch die Kirche sollte ein Ort sein, in welcher etwas
             lich, dass er geheilt und bekehrt wird, nur so können         spürbar wird von der heilenden Kraft der Liebe Got-
             wir beide frei sein». Er erzählt ein Beispiel aus sei-        tes. Er erinnert sich an die «freedom cities», die
             ner Familie. Eine Tante war im Pflegeheim und                 «Freiheitsstädte», Orte, in welchen damals freigelas-
             brauchte seelischen Beistand in ihrer letzten Zeit.           sene Sklaven lebten. Diese blühten richtiggehend
             Der weisse alte Pfarrer hat ihr diesen gegeben. Und           auf, angeführt von ihren Pastoren, denn die Men-
             er hat zugegeben, früher eine rassistische Prägung            schen kümmerten sich umeinander. Sie taten dies so
             gehabt zu haben, meinte aber, Gott arbeite noch an            sehr, dass schliesslich auch weisse Menschen ange-
             ihm. Früher hätte sie gar nicht in seine Kirche ge-           zogen wurden und in diese Städte zogen. Eine sol-
             durft. Heute war er derjenige, der für sie da war. Da         che Strahlkraft wünscht er sich für die Kirchen der
             war eine Heilung gewachsen und die beiden konn-               Zukunft. Die Welt nach Corona braucht ganz viel
             ten sich begegnen als Menschen, als Gegenüber, als            Heilung, meint er mit grosser Überzeugung. Die Kir-
             Vereinte in Christus. Diese Heilung ist nur möglich,          che braucht emotionale Intelligenz.

MAGNET Nr.3/2021                                                       4
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

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                                                                                      zu den zentralen Aspekten seines eigenen
                                                                                      Lernens. Er spürte, dass Zorn zerstört.
                                                                                      Und das wird er eines Tages seinen klei-
                                                                                      nen Sohn Ian lehren, der jetzt 15 Monate
                                                                                      alt ist, selbst wenn er in der Schweiz die
                                                                                      Polizei grundsätzlich als sehr unterstüt-
                                                                                      zend erlebt. Er wird ihm sagen: «Liebe,
                                                                                      das ist die erste Entscheidung, die du
                                                                                      triffst. Und wenn du mit Rassismus kon-
                                                                                      frontiert wirst, dann frage dich selbst: wie
                                                                                      kann ich diesen Menschen lieben? Wenn
                                                                                      du in einer Situation bist, die asymmet-
                                                                                      risch ist, in der du keine Macht hast, z.B.
                                                                                      in einer Polizeikontrolle, dann sage nichts.
                                                                                      Lass sie ihren Job machen und dann geh
                                                                                      nach Hause und sprich dort darüber.
                                                                                     Wenn du ein gleichberechtigtes Gegen-
                                                                                      über hast, dann schau, ob du in einen Dia-
                                                                                      log treten kannst. Denn Liebe führt zu Ge-
                                                                                      rechtigkeit. Du möchtest Ganzheit und
Mehr Infor-    Kirche als heilende Gemeinschaft der Liebe                  Heilung nicht nur für dich selbst, sondern auch für
mationen zur   Und tatsächlich spüre ich etwas von der heilenden           dein Gegenüber. Dein Ziel ist es, dass ihr Geschwis-
Gemeinde im
               Kraft, die von ihm ausgeht. Es ist eine Kraft, die          ter oder gar Freunde werden könnt. Die Liebe, die
Web unter
allsouls.ch    durch seine Erfahrungen und den Umgang damit ge-            du für dich selbst hast, braucht dein Gegenüber
Quelle: hmz    wachsen ist. Er erlebte als Kind und Jugendlicher           auch. Er hat noch nicht gelernt, bedingungslos zu
               noch strikte Rassentrennungen. Er musste sehr früh          lieben. Richte deine Wut auf Situationen, nicht auf
               und zusammen mit seiner Gemeinschaft lernen, mit            Menschen.»
               Wut umzugehen. Er erinnert sich an eine schreckli-
               che Begebenheit, als der KuKluxKlan einen jungen
               Mann seiner Gemeinschaft grausam ermordete. Sie
               trafen sich in der Kirche, weinten, beteten und san-
                                                                                 Da war eine Heilung gewachsen
               gen Lieder. «Was soll das mit diesen Liedern?»,                   und die beiden konnten sich
               dachte er damals, «das sind doch nur Lieder, wie soll
               das jetzt helfen?», bis er auf deren doppelten Sinn               begegnen als Menschen.
               stiess. Er entsinnt sich an das Lied «wings like a
               dove», Flügel wie eine Taube. «Wenn ich Flügel
               hätte wie eine Taube, dann flöge ich fort und wäre          «Die Ethik der Liebe führt uns dazu, unser Leben zu
               in Sicherheit (in Frieden / Ruhe), aber da ich keine        verlieren. Du verlierst dein Leben durch Liebe»,
               habe, muss ich singen». Plötzlich wurde ihm der             meint er zum Schluss. Und da ist es wieder, dieses
               doppelte Sinn dieses Liedes klar, nämlich dass es           Gefühl, als würde der Raum durch den Bildschirm
               hier nicht nur um ein Jenseits ging, einen Platz bei        hindurch ein paar Grad wärmer.
               Gott, sondern dass es auch ihre reale Erfahrung wi-                                             Annette Spitzenberg
               derspiegelte. Sie würden flüchten an einen anderen,
               sicheren Ort auf dieser Erde, wenn sie könnten.
               Und andersherum erlebt er die Freiheit, einfach der
               zu sein, der er ist, in einer Schwarzen Kirche, und
               dies weltweit. Sie ist der sicherste Ort, den er sich
               vorstellen kann. Und hätte er ein Problem, so würde
               er dort gehört, umsorgt, aufgefangen.

                                                                       5                                                       MAGNET Nr.3/2021
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

                              Mission – wie bitte?
             Wie habe ich das Negerli geliebt, das mit dem Kopf            Mitarbeit der einheimischen Bevölkerung, kann sinn-
             nickte, wenn ich 20 Rappen ins Sonntagschulkässeli            voll sein. Doch ist es wirklich gottgewollt, Menschen
             warf. Und wie stolz war ich, damit armen Kindern in           in teils exotischen Weltgegenden, mit völlig anderen
             Afrika zu helfen. Ich musste erwachsen werden um zu           Kulturen und religiösen Überzeugungen, zu Christen
             merken, was uns damit vermittelt wurde. Wir waren             zu bekehren? Steckt im missionarischen Eifer nicht
             die guten Weissen, die spendeten und es in Ordnung            Intoleranz, indem die religiöse Überzeugung Anders-
             fanden, dass sich die armen Schwarzen dafür demü-             gläubiger missachtet und ihr die Daseinsberechtigung
             tig verneigen.                                                abgesprochen wird? Bekommt die Hilfe nicht etwas
                                                                           Herablassendes, wenn sie mit Bekehrung gekoppelt
             Noch etwas wurde mir klar: Die Bedürftigen hatten             ist? Hat Missionstätigkeit vielleicht unterschwellig
             unsere Spenden nur in Kombination mit der Bekeh-              mit Macht zu tun?
             rung zum Christentum erhalten. Meine Sonntagschul-
             zeit ist 50 Jahre her. Missioniert wird immer noch, oft       Bestraft und belohnt Gott?
             als «Beigabe» zur Hilfe für Menschen, denen es am             Doch Intoleranz findet man in allen Kreisen. Mit Er-
             Nötigsten fehlt.                                              schrecken stelle ich fest, dass manche Menschen, die
                                                                           sich als «richtige» Christen bezeichnen, auch heute
             Missionieren als Zugabe                                       noch Krankheiten oder Schicksalsschläge als Strafe für
             Kürzlich kam eine Bekannte von einem Einsatz in Af-           mangelnden Glauben betrachteten, während sie fried-
             rika zurück. Als junge, liebenswerte und gläubige             liches Sterben als verdiente Belohnung für echte Gläu-
             Krankenschwester stellte sie sich in den Dienst eines         bige ansehen. Angesprochen darauf, ob in ihren Augen
             christlichen Missionswerkes und blieb drei Jahr-              Menschen anderer Religionen keine Werte hätten, be-
             zehnte. Zusammen mit anderen Schweizern half sie              kam ich die Antwort: «Doch schon, aber Christen sind
             beim Aufbau eines Spitals, engagierte sich für die Bil-       anders.» Christen sind anders? Besser? Das Evange-
             dung der Bevölkerung und leistete in abgelegenen              lium als einzig wahrer Weg zur Seligkeit? Beten zu Gott
             Gebieten Aufklärungsarbeit in Gesundheitsfragen.              als Wunscherfüller und Allheilmittel? Geschah und
             Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit war zudem, der Bevöl-         geschieht nicht gerade unter dem christlichen Deck-
             kerung den christlichen Glauben zu vermitteln. Sie            mantel unglaubliches Leid?
             tat dies aus der tiefen Überzeugung, den Menschen                Ich glaube nicht, dass Gott für das Gefälle zwischen
             damit jenes Heil zu schenken, das sie erfüllt. Inzwi-         arm und reich, gesund und krank verantwortlich ist
             schen haben alle Schweizer die Destination verlassen.         und dass er unterscheidet zwischen Christen, Atheis-
             Über Internet und geplante Kurzeinsätze soll die afri-        ten und Andersgläubigen. Ein Gott, der Menschen auf-
             kanische Stationsleitung künftig unterstützt werden.          grund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder Hautfarbe
             Ob die bekehrten Christen dem fremden Glauben                 besser oder schlechter behandelt, ist für mich undenk-
             treu bleiben und ob Spenden aus unserem Land wei-             bar. Sind es nicht die Menschen, die nach eigenen mo-
Hoffnung
             terhin fliessen, obwohl keine Schweizer mehr vor Ort          ralischen oder anerzogenen Vorstellungen einteilen,
sichtbar –
ohne         sind, wird die Zukunft zeigen. Bei mir mischt sich            urteilen und verurteilen?
Belehrung.   Achtung vor solchem Einsatz mit unguten Gefühlen.
Quelle: jh   Tatkräftige und finanzielle Hilfe, unter Einbezug und         Glauben hat viele Namen
                                                                           Wenn wir Gott als Kraftquelle sehen könnten, die über
                                                                           allem steht, würden Bekehrungsversuche überflüssig
                                                                           und Mission könnte heissen: Füreinander da sein. Den
                                                                           Mitmenschen mit Achtung, Respekt und Wertschät-
                                                                           zung begegnen, auch wenn sie nicht unseren Vorstel-
                                                                           lungen entsprechend leben und handeln. Hilfe anbie-
                                                                           ten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, und Hilfe
                                                                           annehmen, ohne sich minderwertig zu fühlen. Und
                                                                           falls das alles manchmal nicht klappt, könnten wir ja
                                                                           wenigstens versuchen, tolerant zu sein.
                                                                              Würden wir mit dieser Lebenshaltung nicht das
                                                                           beste Zeugnis unseres Glaubens geben, egal ob unser
                                                                           Ansprechpartner Gott heisst, einen anderen Namen
                                                                           trägt oder gar keinen?
                                                                                                                  Judith Husistein

MAGNET Nr.3/2021                                                       6
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

                   Die Jesusbewegung
Es ist zunächst nur eine kleine Gruppe, die sich um
Jesus schart. Irgendwann werden es mehr und Jesus
wählt 12 Menschen aus, die enger mit ihm zusam-
menarbeiten. Er verteilt die Aufgaben auf mehrere
Schultern. Sie ziehen als Wanderprediger durch
Israel und machen intensive Erfahrungen. Schon zu
Lebzeiten wenden sich aber auch Interessierte von
Jesus ab. Seine Jünger bleiben. Wohin sollen sie auch
gehen? Er hat Worte des ewigen Lebens.

Als Jesus hingerichtet wird, bröselt die junge Bewe-
gung auseinander. Dass mit der Auferstehung bleibt
vielen fremd. Die Angst ist gross, selbst mit dem Leben
bezahlen zu müssen. Erst an Pfingsten fasst sie wieder
Tritt. Grosse Begeisterung macht sich breit. Die ersten
Christen gründen in Jerusalem eine Gemeinde. Sie ist
der Ausgangspunkt für alle weiteren Aktionen. Die
Männer und Frauen erzählen, was sie mit Jesus erlebt
haben. So entstehen weitere Gemeinden. Das gefällt
nicht allen. Die ersten Christen werden verfolgt und
getötet. Trotzdem wächst die Bewegung. Zunächst nur
innerhalb von Israel. Dann fällt einer, der die Christen
überhaupt nicht toll fand, vom Pferd. Er sieht ein helles
Licht und ist plötzlich selbst auf dem Weg. Er kümmert
sich – so die Aufgabenteilung nach einem Krisengipfel
in Jerusalem – um die Menschen ausserhalb von Israel.
   Doch die Gesamtsituation ändert sich nicht. Die
junge Bewegung wird verfolgt. Wann immer im römi-
schen Reich etwas komisches passierte: Das waren die
Christen! Kaiser Nero machte sie für den Stadtbrand in
Rom verantwortlich. Die Situation ändert sich erst im
4. Jahrhundert. Kaiser Konstantin überlegt, wie er sein          Netzwerke, die in die kirchliche Zukunft weisen. Chris-    Kirche
riesiges Reich auf Kurs hält. Da kommen die Christen             tenmenschen knüpfen ihre Netze über die ganze Welt         improvisiert.
gerade recht. 380 wird das Christentum Staatsreligion            mit Gleichgesinnten. Ihr Zuhause ist das Internet. So      Quelle: sy

und verbreitet sich mit den römischen Eroberungen.               nehme ich von Bühler aus teil. In London ist die Moot-
Dort wird es systematisch gefördert, zum Beispiel                Community zu Hause. Die Mitglieder leben dezentral
durch bessere Aufstiegschancen für Christen. Die alten           über die Stadt und das ganze Land verteilt. Sie treffen
Religionen werden verboten. Aus den Verfolgten wer-              sich regelmässig zum Online-Gebet. Ähnliches bietet
den Verfolger. Analog zur römischen Staatskultur etab-           auch Contemplative fire und die WCCM an. Konfes-
liert sich in der Kirche ein riesiger Machtapparat und           sionszugehörigkeiten spielen in diesen Netzen keine
eine grosse Bürokratie.                                          Rolle. Über Youtube-Kanäle finden Menschen das geist-
   1500 Jahre und zwei grosse Kirchenspaltungen im               liche Brot, das sie nährt. «Ein Christ ist kein Christ»,
11. und 16. Jahrhundert später gibt es auf der ganzen            hat Dorothee Sölle gesagt. Wir haben heute viele Mög-
Welt Menschen, die dem Mann aus Nazareth seinen                  lichkeiten, wo wir unser geistliches Zuhause finden
Gott glauben. Mit 2,3 Milliarden Menschen ist das                und Jesus auf die Spur kommen. Konkret leben und
Christentum die zahlenmässig grösste Weltreligion.               umsetzen tun wir es da, wo unser Bett steht.
Viel hat sich verändert seit den Anfängen in Galiläa.                                                        Lars Syring
Kirchenformen blühen auf und fallen wieder in sich
zusammen. Der Geist, der mit Jesus in die Welt gekom-
men ist, lässt sich nicht unterkriegen. Er ist kreativ und
findet neue Wege. In der Schweiz tragen die klassi-
schen Strukturen der Kirchgemeinden vorerst. Dane-
ben breiten sich neue Formen aus. Heute sind es die

                                                             7                                                       MAGNET Nr.3/2021
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

Shoppingwochenende in New York?
                                                                   Da löscht es mir ab!

                    Im ökumenischen Kampagnenthema von «Brot für
                    Alle» und «Fastenopfer» geht es in diesem Jahr um
                    die Klimagerechtigkeit. Für Markus Ehrbar, Elektro-
                    techniker HF aus Oberegg, ist es schockierend, dass
                    10 Prozent der Weltbevölkerung 50 Prozent der Res-
                    sourcen unserer Erde verbrauchen. Er und seine Fa-
                    milie versuchen, ihren ökologischen Fussabdruck so
                    klein wie möglich zu halten.

                    Die Tour de Sol, die in den 80er-Jahren durch sein Hei-
                    matdorf Wattwil fuhr, war für den jungen Elektroniker-
                                                                                                                                                An der Klima-
                    Stift Markus Ehrbar ein Highlight. Die Sonne trieb als                                                                      demonstration
                    einzige Energiequelle die Solarmobile im Rennen an!                                                                         2019 in Bern
                    Das faszinierte den Jugendlichen. Als junger Berufs-                                                                        imponierte
                    mann nutzte er deshalb die sich bietende Chance und                                                                         Markus Ehrbar
                    zog nach Basel, wo er für die Firma Fridez Solar AG                                                                         die überein-
                                                                                                                                                stimmende
                    Solar-Elektromobile baute. Dabei ist es jedoch nicht ge-
                                                                                                                                                Forderung
                    blieben. In den 1990er-Jahren konnte er sich einen                                                                          nach einem
                    grossen Wunsch erfüllen und selber bei der Tour de Sol                                                                      Systemwechsel.
                    mit an den Start gehen.                                                                                                     Quelle: ks

                    Risikokapital im Windpark Honegg                               fördern und Anlagen zu bauen. Bis heute hat die IG fünf
                    Bis heute beschäftigen den 51-jährigen Ehrbar erneuer-         grössere Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Ge-
                    bare Energien, und das nebst seinem Beruf als Elektro-         bäuden realisiert. Nach ungefähr 20 Jahren sollten sie
                    techniker und seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kivo-        amortisiert sein. Nach weiteren 5 Jahren Betriebszeit
                    Mitglied und Synodaler der Kirchgemeinde Reute-                überlässt die IG die Anlage dem Liegenschaftsbesitzer
                    Oberegg. Seit fünf Jahren amtet der Oberegger als Prä-         oder bezahlt die Demontage und umweltgerechte Ent-
                    sident der IG Appenzeller Naturstrom. Die Interessen-          sorgung. Damit diese Rechnung aufgeht, ist es notwen-
                    gemeinschaft hat zum Ziel, erneuerbare Energien zu             dig, dass die Einspeise- respektive Rückspeisevergütung
                                                                                   nicht zu tief ist. Heute sei es leider so, dass die Rück-
                                                                                   speisevergütung bei vielen Stromabnehmern so tief aus-
                                                                                   fällt, dass auch eine nicht gewinnorientierte Genossen-
                                                                                   schaft eine Solaranlage nicht realisieren kann, bedauert
                                                                                   Ehrbar. Viel Kapital der Interessengemeinschaft mit
                                                                                   über 100 Genossenschaftern ist als Risikokapital im
                                                                                   Windpark Honegg /Oberfeld in Oberegg investiert. Die
                                                                                   Initiative «Pro Windenergie» fordert, dass in Appenzell
                                                                                   Innerrhoden bis 2025 mindestens zehn Millionen kWh
                                                                                   elektrische Energie aus Windenergie erzeugt und die
                                                                                   rechtlichen Voraussetzungen im kantonalen Richtplan
                                                                                   geschaffen werden sollen. Über den Gegenvorschlag
                                                                                   des Grossen Rates und die Initiative wird an der Lands-
Markus Ehrbar                                                                      gemeinde in diesem Jahr abgestimmt. Ehrbar wagt aber
ist stolzer Teil-                                                                  noch nicht zu hoffen.
nehmer an der
Tour de Sol                                                                        Reparieren, was nicht mehr funktioniert
Alpin vom 26.
                                                                                   Eigentlich wollten wir ja über die Klimagerechtigkeit
und 27. Janu-
ar 1991 in der                                                                     sprechen, welches das Kampagnenthema 2021 von
Lenzerheide.                                                                       Brot für alle und Fastenopfer ist. «Wir leben viel zu ver-
Quelle: ks                                                                         schwenderisch. Ressourcen sparen müssen wir in den

MAGNET Nr.3/2021                                                               8
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

                                                                                                                            Präsident der
                                                                                                                            IG Appenzeller
                                                                                                                            Naturstrom,
                                                                                                                            setzt sich für
                                                                                                                            die Förderung
                                                                                                                            von erneuer-
                                                                                                                            baren Energien
                                                                                                                            ein.
                                                                                                                            Quelle: ks

Industrienationen und nicht in den südlichen Entwick-          «Der freie Markt ist gut und recht. Aber wenn der
lungsländern», ist Ehrbar überzeugt. Man sieht es dem          Strom für Firmen zu billig zu haben ist, bleibt kein In-
smarten Elektrotechniker HF nicht an, aber er liebt es,        teresse, diesen effizient einzusetzen und Strom zu spa-
in Brockenstuben zu stöbern und an defekten Geräten            ren», weiss Ehrbar aus eigener Erfahrung. Ehrbar be-
zu tüfteln. Reparieren, was nicht mehr funktioniert            dauert, dass Projekte für Photovoltaikanlagen der IG
und ausleihen, was man nicht selber besitzt sind nur           Appenzeller Naturstrom auf Firmendächern oft am
zwei Grundsätze, nach denen Ehrbar und seine Familie           Strompreis scheitern. «Unsere ehrenamtliche Arbeit
lebt. Schnell ein Shoppingwochenende nach London               braucht Ausdauer und ist oft auch frustrierend, aber
oder New York, wie es in Vorcoronazeiten möglich war,          trotzdem mache ich solche Projekte sehr gerne», er-
kommen für ihn nicht in Frage. Vielmehr machen ihn             klärt Ehrbar sein Engagement. Bleibt zu hoffen, dass
solche Auswüchse wütend: «Da löscht es mir ab!». Be-           seine Freude noch lange anhält.
geistert erzählt Ehrbar dafür von seiner Teilnahme an                                                      Karin Steffen
der nationalen Klimademo 2019 in Bern, wo sich meh-
rere zehntausend Menschen für einen griffigen Klima-
schutz einsetzten: «Den Spirit unter den Gleichgesinn-
ten zu spüren, die übereinstimmende Forderung nach
einem Systemwechsel, welcher das Wachstum nicht
über alles setzt, die Solidarität unter den Menschen,
das war alles sehr eindrücklich».                                  Ermitteln Sie Ihren persönlichen ökologischen
                                                                   Fussabdruck und lassen Sie sich von individuel-
Politik ist gefordert                                              len Tipps inspirieren:
Es muss ein Umdenken stattfinden. Bei jedem Einzel-                www.wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprint-
nen, aber auch in der Politik, ist Ehrbar überzeugt. Und           rechner
schon sind wir zurück beim Stommarkt. Der Energie-
                                                                   Informationen zur IG Appenzeller Naturstrom:
fachmann stört sich sehr an der freien Stromanbieter-
                                                                   www.ig-appenzeller-naturstrom.ch
wahl für Grosskunden. Firmen haben die freie Wahl
von ausländischem Kohle- oder Atomstrom bis zu in-                 Informationen zum Windpark Honegg /
ländischem Strom aus erneuerbaren Energien. Welche                 Oberfeld, Oberegg: www.appenzellerwind.ch
Wahl getroffen wird, bestimmt dabei aber oft der Preis.

                                                           9                                                         MAGNET Nr.3/2021
Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
Thema

                                     Thursdays in Black
                                                             Eintreten gegen Gewalt

                 «Thursdays in Black» oder «Donnerstage in Schwarz»,            wie die Black Sash-Bewegung (schwarze
                 was ist das? So die Frage der Redaktionsmitglieder             Schärpe) in Südafrika, die gegen Apart-       Anstecker
                 Magnet, als Nicole Bruderer das Thema in einer Sit-            heid und die Anwendung von Gewalt             Eine geringe Anzahl Anstecker
                 zung aufwarf. Die Nachforschungen ergaben, dass                gegen schwarze Menschen protestier-           können Sie gegen eine Spende
                 gerade auch in Covid-19-Zeiten das Ziel der Kampa-             ten. Das alles kann auf der Internet-         vom ÖRK anfordern. E-Mail an
                 gne, das Eintreten der Kirchen gegen sexuelle und              seite des ÖRK detailliert nachgelesen         media@wcc-coe.org.
                 geschlechtsbezogene Gewalt wichtig ist.                        werden.

                 Unterwegs zu einer Welt ohne Vergewaltigung und Ge-            Aufgaben der Kampagne
                 walt! Aber wie? Was kann ich als Einzelperson unter-           «Donnerstage in Schwarz» ist eine weltweite Aktion,
                 nehmen? Nichts leichter als das! Der Ökumenische Rat           die sich gegen Gewalt und für ein Klima des Respekts
                 der Kirchen schreibt: «Tragen Sie donnerstags schwarze         einsetzt. Dabei soll die Farbe Schwarz Widerstand und
                 Kleidung und dazu einen Anstecker, um zu zeigen, dass          der Resilienz symbolisieren. Wer «Thursdays in Black»
                 Sie Teil der globalen Bewegung sind, die sich gegen            unterstützt, setzt ein Zeichen für Respekt, Sicherheit
                 Haltungen und Handlungen auflehnt, die Vergewalti-             und Gerechtigkeit für Frauen und Männer, Mädchen
                 gung und Gewalt dulden.»                                       und Jungen. Doch warum ist diese Kampagne gerade
                                                                                auch in Zeiten von Covid-19 so wichtig?
                 Alles begann mit Frauen gegen Gewalt
                 «Thursdays in Black» entstand aus der Dekade der Kir-          Die zweite Pandemie
                 chen in Solidarität mit den Frauen (1988–1998) des             Die vermehrte Zunahme von Gewalt in der Covid-19-
                 Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), in der Be-               Zeit wurde schon als «Zweite Pandemie» bezeichnet.
                 richte über Vergewaltigungen als Kriegswaffe, Ge-              Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des Ökumenischen Ra-
                 schlechtsbezogene Ungerechtigkeiten, Misshandlun-              tes der Kirchen, formulierte ihre Gedanken im Kontext
                 gen, Gewalt und viele Tragödien, die das Ergebnis sol-         der «16 Aktionstage gegen geschlechtsspezifische Ge-
                 cher Gewalt sind, viel Aufmerksamkeit fanden. Quel-            walt», einer internationalen Kampagne, die jedes Jahr
                 len der Inspiration der Kampagne waren die Mütter              zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember
                 von Verschwundenen in Buenos Aires, die immer don-             durchgeführt wird, wie folgt: «Das Entwicklungspro-
                 nerstags auf der Plaza de Majy gegen das Verschwinden          gramm der Vereinten Nationen schätzt, dass mehr als
                 ihrer Kinder während der Gewaltdiktatur demonstrier-           243 Millionen Frauen und Mädchen im Alter von 15
                 ten oder die schwarz gekleideten Frauen in Israel und          bis 49 Jahren in den letzten zwölf Monaten Opfer von
                 Palästina, die bis heute gegen Krieg und Gewalt protes-        sexueller oder körperlicher Gewalt durch einem Intim-
                 tieren. Aber auch die Frauen in Ruanda und Bosnien,            partner geworden sind. Die Zahl wird aber wahrschein-
                 die sich gegen die Verwendung von Vergewaltigung als           lich noch weiter ansteigen, weil Sorgen in Bezug auf
                 Kriegswaffen auflehnten dienten als Vorbilder ebenso           Sicherheit, Gesundheit und Geld zu grösseren Span-
                                                                                nungen und Belastungen führen und diese wiederum
                                                                                durch die beengten Lebensverhältnisse und anderen
                                                                                Einschränkungen während und nach der Covid-19-
                                                                                Pandemie auch noch weiter verstärkt werden. Und als
                                                                                ob das noch nicht genug ist, ist die Gefahr für Frauen
                                                                                und Mädchen in Ländern und Gemeinschaften, in de-
                                                                                nen Krieg oder Konflikt herrscht, noch grösser, dass
                                                                                ihnen der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie
                                                                                sauberem Wasser, Nahrung und Menschenwürde ver-
                                                                                weigert wird.» Weiter beschrieb sie die Gefahren für
                                                                                Kinder infolge von Schulschliessungen und damit On-
Ein Zeichen                                                                     line-Unterricht. Hier bestünde zum einen Konfliktpo-
setzen –
                                                                                tenzial im engen Zusammenleben zuhause und zum
unaufdringlich
und konse-                                                                      anderen sei die Schule für einige Jungen und Mädchen
quent.                                                                          erst ein sicherer, täglicher Zufluchtsort. Ausserdem
Quelle: iks                                                                     nehme Cyber-Mobbing zu.               Isabelle Kürsteiner

MAGNET Nr.3/2021                                                           10
Weitblick

                                    Herzlich willkommen!
                                                        Neue Pfarrerin in Grub-Eggersriet

Verwurzelt der Mensch,                                   Ab März 2021 darf ich vorläufig als
der darauf vertraut,                                     STV-Pfarrerin für Grub-Eggersriet tä-
dass es wohl auf ihn ankommt,                            tig sein, worauf ich mich riesig freue!
aber letztlich nicht von ihm abhängt.                    Geboren bin ich 1968 im sanktgalli-
(Psalm 1,1, nach Pierre Stutz)                           schen Werdenberg, habe in Zürich,
                                                         Bern und Halle / Saale (ehemalige DDR)
GOTT, schenke mir die Gelassenheit,                      Theologie studiert und wurde 1994 in
das anzunehmen, was ich nicht                            Frutigen BE ordiniert. Danach war ich
ändern kann.                                             in Aarberg BE, Teufen AR, St. Gallen-
GOTT, schenke mir den Mut,                               Tablat als gewählte Pfarrerin sowie als
das zu ändern, was ich ändern kann.                      STV in verschiedenen Gemeinden und
GOTT, schenke mir die Weisheit,                          Funktionen in den Kantonen TG, ZH,
das eine vom anderen zu unterscheiden.                   GR, AR und SG tätig.
(englisches Pilgergebet)                                     In dieser Zeit habe ich mich weiter-
                                                         und ausgebildet in ressourcen- und sinn-
Musik drückt das aus, was nicht gesagt                   orientierter Seelsorge, Palliative und            «Zu Gast auf Erden») sowie zur Wander-
werden kann – und worüber zu                             Spiritual Care, Journalismus- und Öffent-         führerin. Besonders am Herzen liegen
schweigen unmöglich ist.                                 lichkeitsarbeit, Tourismusmanagement              mir Begegnungen und Vernetzung von
(Victor Hugo)                                            (Kirche / Spiritualiät und Tourismus –            Kultur, Musik und Kirche; die öffentlich-
                                                                                                           gesellschaftliche Rolle der Kirche. Ein
                                                                                                           weiter Horizont und eine beherzte Zu-
                                                                                                           sammenarbeit, auch ökumenisch, inter-
                                                                                                           religiös und interdisziplinär.
                                                                                                               In meiner Freizeit bin ich gern in
                                                                                                           den Bergen, auf Ski-, Wander- und Velo-
                                                                                                           touren, an Seen und Flüssen, liebe gute
                                                                                                           Musik, Filme, Theater; selber habe ich
                                                                                                           mit «Röbi & die Reformanzen» gar ei-
      Die evangelisch-reformierte Landeskirche beider Appenzell sucht infolge Rücktritt des bisherigen     nen Abstecher in die Welt des Kabaretts
      Amtsinhabers per 1. September 2021 oder nach Vereinbarung                                            gemacht. Ich lese und schreibe gerne,
                                                                                                           schätze das Zusammensein mit Freun-
      eine Präsidentin/einen Präsidenten des Kirchenrats
                                                                                                           den und Familie, gutes Essen und einen
      (40-%-Pensum)
                                                                                                           guten Tropfen dazu. Was ich sehr anre-
      Aufgaben:                                                                                            gend und spannend finde: die Tatsache,
      • Sie präsidieren die oberste leitende, planende und vollziehende Behörde der evangelisch-           dass die Kirchgemeinde Grub-Eggers-
        reformierten Landeskirche beider Appenzell.
      • Sie vertreten mit Ihren Kolleginnen und Kollegen im Kirchenrat die Landeskirche nach innen und     riet wirklich eine Grenzgängerin ist:
        aussen.                                                                                            zwei Kantone, zwei politische Gemein-
      • Sie vertreten den Gesamtkirchenrat in Abordnungen und Delegationen schweizerischer Gremien.        den, drei verschiedene Dörfer, konfessi-
      • Sie arbeiten mit der Synode, dem Pfarrkonvent, der Geschäftsprüfungskommission und der
        Geschäftsstelle zusammen.                                                                          onell. Ich liebe Grenzgänge, und glaube,
      • Sie führen das Ressort Gemeinden.                                                                  dass Grenzerkundungen und Grenzer-
      • Sie setzen den sich im Gang befindlichen Prozess zur Totalrevision der Kirchenverfassung um.       fahrungen unseren Horizont und unser
      Anforderungen:                                                                                       Herz erweitern können – wenn wir nur
      • Sie bringen Management- und Führungserfahrung in sozialen Organisationen mit und sind vertraut     parat sind! In diesem Sinne: Danke,
        mit Transformationsprozessen.                                                                      dass ich eine Zeitlang bei und mit Ihnen
      • Sie besitzen strategisch-konzeptionelle Stärken und die Fähigkeit, vernetzt zu denken und zu
        handeln.                                                                                           unterwegs sein darf!
      • Sie verfügen über politisches Fingerspitzengefühl und sind in der Lage, aus divergierenden            Wenn Sie einen Besuch oder Kontakt
        Meinungen tragfähige Lösungen zu erarbeiten.                                                       wünschen oder sonst ein (seelsorgerli-
      • Sie sind Mitglied der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell und Glaubensfragen
        sind Ihnen ein Anliegen.                                                                           ches, kirchliches, theologisches) Anlie-
                                                                                                           gen haben, freue ich mich sehr, wenn
      Wir bieten:                                                                                          sie sich melden, damit wir etwas abma-
      • Unterstützung durch eine engagierte Geschäftsstelle.
      • Zeitgemässe Anstellungsbedingungen nach den Vorgaben der evangelisch-reformierten Landes-          chen können! Tel. 077 400 34 55 oder
        kirche beider Appenzell.                                                                           marilene.hess@bluewin.ch

      Haben wir Ihr Interesse geweckt? Ihre Bewerbungsunterlagen senden Sie bitte bis 31. März 2021 an:
      Sibylle Blumer, Präsidentin der Synode der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell,   Ich freue mich auf gute Begegnungen
      Oberes Moos 2, 9107 Urnäsch, 071 364 24 11, sibylle.lario@bluewin.ch.                                und eine gute Zeit im Appenzeller Vor-
                                                                                                           derland!              Marilene Hess

                                                                                  11                                                           MAGNET Nr.3/2021
Weitblick

                   St. Galler Corona-Bibel                                                           Im Zeichen des
                                                                                                   Frauenstimmrechts
                                           Feier zur Übergabe
                                                                                                        Prioritäres Thema 2021
                                                         Nach den Feiern wird je ein Original-
                                                         band der St. Galler Corona-Bibel in ei-   Die Evangelischen Frauen Schweiz EFS
                                                         ner kleinen Prozession in die Kathedra-   setzen in diesem Jahr das Thema Betei-
                                                         le gebracht und dort dem Stiftsbiblio-    ligung von Frauen prominent auf ihre
                                                         thekar Cornel Dora zur Aufbewahrung       Agenda. Für die EFS ist die gleichbe-
                                                         übergeben. Zur Teilnahme ist eine         rechtigte Partizipation von Frauen in
                                                         Platzreservation erforderlich. Da die     der Kirche und in der Politik ein wich-
                                                         Mitschreibenden Vorrang haben, ist ei-    tiges Anliegen. Sie werden anlässlich
                                                         ne Reservation für die breite Öffent-     des Frauenstimmrechtsjubiläums ge-
                                                         lichkeit erst ab dem 1. März via          meinsam mit anderen Verbänden Ta-
                                                         www.kathsg.ch/reservation möglich.        gungen und Aktionen wie «Helvetia
                                                                                                   predigt» organisieren.
                                                         Mitfeiern von zuhause – Livestreams           Die Delegiertenversammlung der
                                                         Die Feier vom 14. März um 14.45 Uhr       EFS im Mai wird ganz im Zeichen des
                                                         in St. Laurenzen kann per Livestream      Jahresthemas «Beteiligung» stehen.
                                                         mitgefeiert werden: www.ref-sg-live.ch    Frauen aus kirchlichen Spitzenpositio-
                                                                                                   nen werden aus ihrem Alltag erzählen.
                                                         Auch die anschliessende Feier um          Dabei zeigen die EFS auf, warum es die
                                                         15.45 Uhr in der Kathedrale wird über-    Stimme der Frauen in der Kirche
                                                         tragen: www.bistumsg-live.ch              braucht und wie Frauen Gehör finden.
                                                                                                       Der 1. August fällt 2021 auf einen
                                                                                                   Sonntag. Gemeinsam mit konfessionel-
                                                                                                   len Frauenorganisationen motivieren
                                                                                                   die EFS Pfarrerinnen und Theologinnen
                                                                                                   dazu, sich an diesem Tag auf die Kan-
                                                                                                   zeln oder an die Abendmahlstische zu
                                                                                                   stellen. Mit der Aktion «Helvetia pre-
                                                                                                   digt» sollen Frauen in der Kirche sicht-
             In der Zeit des 1. Lockdowns schrieben                                                bar und hörbar werden.
             rund 1000 Menschen aus St. Gallen,                                                        Zusammen mit den anderen Frauen-
             der Schweiz, Österreich, Deutschland                                                  dachverbänden sind die EFS am Frauen-
             und aus vielen anderen Ländern jeweils                                                rütli der Schweizerischen Gemeinnüt-
             ein Kapitel der Bibel ab. Etliche schrie-                                             zigen Gesellschaft am Ersten August be-
             ben auch noch Kommentare dazu oder                                                    teiligt. Die Feier würdigt die Frauen
             fertigten Illustrationen an. Daraus ent-                                              und ihr Engagement. Im Oktober orga-
             stand die aus sieben Bänden bestehen-                                                 nisieren die Frauendachverbände ge-
             de St. Galler Corona-Bibel, die nun zum                                               meinsam eine Frauensession in Bern,
             Jahrestag des Lockdowns, der St. Galler                                               in der die aktuellen und drängenden
             Stiftsbibliothek als einzigartiges Zeit-                                              Gleichstellungsfragen diskutiert wer-
             zeugnis übergeben wird. Aufgrund der                                                  den. Mit beiden Veranstaltungen wird
             geltenden Schutzmassnahmen wird es                                                    sichtbar gemacht, wie wichtig es ist,
             drei dezentrale Feiern geben, zu denen                                                dass sich Frauen am politischen Prozess
             Initiator Uwe Habenicht und das Team                                                  beteiligen können.
             der katholischen CitySeelsorge herzlich
             einladen. Alle Seiten der St. Galler
             Corona-Bibel können bereits jetzt unter
             www.coronabibel.ch angeschaut wer-
             den.

             Übergabefeiern
             Sonntag, 14. März, 13.00 Uhr,
             Evang.-ref. Kirche Bruggen
             Sonntag, 14. März, 14.30 Uhr,
             Kirche St. Maria Neudorf
             Sonntag, 14. März, 14.45 Uhr,
             Evang.-ref. Kirche St. Laurenzen

MAGNET Nr.3/2021                                                          12
Weitblick

        «Gott und d’Welt» neu «fadegrad»
                                                     Der neue Podcast

«fadegrad» heisst der neue Podcast          Praktikantin bei der evang.-ref. Kirche    cherin vor rund einem Jahr von Char-
der katholischen und evangelisch-           des Kantons St. Gallen sowie der Tog-      lotte Küng und begleitete dabei die Um-
reformierten Kirchen der Kantone            genburger Journalistin Lara Abder-         stellung von der Radiosendung zu län-
St. Gallen und beider Appenzell.            halden.                                    geren Podcast-Talks. «Mit diesem
                                               «Wir fragen Menschen, warum sie         Wechsel passen wir uns dem aktuellen
                                            tun, was sie tun und wie sie geworden      Zeitgeist an: Immer weniger konsumie-
                                            sind, wer sie sind – und das ‹fadegrad›,   ren lineares Radio, sondern hören sich
                                            direkt und unverblümt», erklärt Ines       gezielt ihre Sendungen und Podcasts im
                                            Schaberger das Konzept des Podcasts.       Web oder per App an, wann und wo sie
                                            Eine «fadegrad»-Folge dauert rund          Lust dazu haben.»
                                            dreissig Minuten. «Das ist einer der
                                            grossen Vorteile von Podcasts. Ich kann    Hier ist der Podcast zu finden
                                            mit den Gästen ein Thema vertieft be-      Folge «0» ist bereits zu hören, ab dem
                                            sprechen».                                 12. Februar erscheint alle zwei Wochen
                                                                                       ein Podcast zu Themen rund um Leben,
                                            Dialog erwünscht                           Beziehungen, Sport, Gesellschaft, Glau-
                                            Als weiteres Plus des Podcast-Formats      be und Nachhaltigkeit.
                                            nennt die Religionspädagogin und Jour-        Auf der Webseite www.fadegrad-pod-
                                            nalistin die Interaktion: «Neu können      cast.ch sind sämtliche Folgen abrufbar.
                                            via Mail oder Instagram Themenideen        Zudem kann «fadegrad» überall dort
                                            oder Kommentare platziert werden, so       abonniert werden, wo es Podcasts gibt:
Er löst das bisherige Radio- / Podcast-     kann jeder und jede mitdiskutieren», so    zum Beispiel auf «Spotify» oder «Apple-
Projekt «Gott und d’Welt» ab. Der Reli-     Ines Schaberger. Diese Dialogformen        Podcast». Zusätzliche Hintergrundinfos
gionspädagogin und Journalistin Ines        entsprechen denn auch voll und ganz        und kurze Videos zu den Folgen gibt es
Schaberger obliegt die Leitung des Pod-     dem Verständnis von gelebter Kirche        auf Instagram: https://instagram.com/
casts. Unterstützt wird sie von der         der 27-Jährigen. Das «Radio-Pfarramt»      fadegrad_podcast.
Rheinthalerin Samantha de Keijzer,          übernahm die gebürtige Niederösterrei-

     Beten mit den Perlen des Glaubens
                                                    Einführungsanlass

Beten ist vielleicht die natürlichste Sa-   kann mich von den Perlen am Handge-        Wir tauschen aus, wie es uns geht und
che der Welt. Wir sind mit jedem            lenk begleiten lassen, so verknüpft sich   was uns in dieser Zeit Kraft gibt. Dann
Atemzug in Zwiesprache mit unserem          das Beten fast von allein immer mehr       stellen wir die Perlen des Glaubens vor,
Schöpfer. Wie jede Beziehung tiefer         mit meinem Alltag. Am Einführungs-         eine schöne Leitlinie, um das eigene
und beglückender wird, je mehr wir          samstag am 6. März, in folgenden Mon-      Beten zu vertiefen, ein Schmuck, der
uns aufeinander einlassen, so ist es        tagsmeditationen und im Wochenende         uns immer wieder zum Beten glustig
auch in der Gottesbeziehung.                vom 4./5. September in der Kartause        macht. Und Beten ist schliesslich das,
                                            Ittingen machen wir uns mit den Perlen     was unser inneres Leben entstaut, be-
Ich kann es üben, zu hören, zu loben,       des Glaubens bekannt und sind mit die-     wässert, durchlässig und frei macht.
für andere zu beten, mein Leben vor         ser Gebetsunterstützung unterwegs. Al-     Und was bräuchten wir mehr in sol-
Christus zu bringen. Je mehr ich bete,      le Modulteile können ohne Vorkennt-        chen Zeiten?
desto leichter wird mir mein Leben. Der     nisse und unabhängig voneinander be-
                   Heilige Geist darf       sucht werden.                              Leitung: Pfrn. Esther Furrer,
                   mich unterstützen,                                                  Pfr. Bernard Huber, Silvia Halter.
                   beflügeln, mir neue      Einführung: Samstag, 6. März, per Zoom     Last Minute-Anfragen bitte bis am Don-
                   Einsichten schenken.     von 9.15 bis 10.45 Uhr                     nerstag, 4. März 2021, per Mail an
                      Mit den Perlen                                                   esther.furrer@ref-herisau.ch
                   des Glaubens kann        Kosten: Für die Teilnahme keine, für
                   ich mein Sein in Gott    Perlenband und Buch knapp CHF 30.–         Weitere Infos finden Sie auf unserer
                   sinnlich und farben-     Voraussetzung: Computer mit Internet-      Homepage oder erhalten Sie im Sekre-
                   froh gestalten. Ich      anschluss, Kamera und Mikrophon.           tariat.

                                                              13                                                          MAGNET Nr.3/2021
Weitblick

                                                Verhüllungsverbot
                                                                       Nein danke!

             Die «Burka» wird viel häufiger in Me-        Forschung widerspricht damit dem gän-
             dien und Politik diskutiert, als dass        gigen Bild, welches in der Öffentlichkeit        IRAS COTIS ist:
             sie auf der Strasse tatsächlich anzu-        und den Medien von «Burka-Trägerin-              Die Interreligiöse Arbeitsgemein-
             treffen ist. Gemäss einer neuen Stu-         nen» gezeichnet wird. Abgesehen davon            schaft in der Schweiz IRAS COTIS
             die der Uni Luzern* gibt es in der           gab es bislang keine Gefährdung oder             ist ein Verein mit rund 80 institu-
             Schweiz maximal 20 bis 30 Frauen,            Anschläge, in welche Frauen mit Ge-              tionellen Mitgliedern, darunter
             die den Gesichtsschleier Nikab tra-          sichtsschleier involviert gewesen wären.         Gemeinschaften der in der
             gen. Zu diesem Thema einen Verfas-                                                            Schweiz ansässigen Religionen
             sungszusatz einzuführen, ist weder           Unnötige Kleidervorschriften                     sowie kantonale und regionale in-
             sinnvoll noch verhältnismässig. Klei-        Das Gesicht zu zeigen, ist in gewissen           terreligiöse Foren und Arbeits-
             dervorschriften widersprechen den            Fällen unerlässlich. Dass der Staat für          kreise. Mit Projekten gibt das na-
             Grundsätzen einer weltoffenen, mo-           die Erbringung von Dienstleistungen              tionale Netzwerk Impulse zum
             dernen Schweiz.                              die Offenlegung der Identität verlangen          multireligiösen Leben und Zu-
                                                          darf, ist im indirekten Gegenvorschlag           sammenleben in der Schweiz und
             Bei den meisten «Burka-Trägerinnen»,         geregelt. Kleidervorschriften sind ein           fördert Austausch, Dialog und Zu-
             die in den Sommermonaten in der              Eingriff in die individuellen Freiheits-         sammenarbeit zwischen Men-
             Schweiz unterwegs sind, handelt es           rechte und das Selbstbestimmungs-                schen mit unterschiedlichem reli-
             sich um Touristinnen aus Saudi-Arabien       recht. Es gibt keinen plausiblen Grund,          giösem und kulturellem Hinter-
             und der Golfregion. Sie sind in den Tou-     in der Schweiz Frauen vorzuschreiben,            grund. So will der Verein Vorur-
             ristenregionen ein Wirtschaftsfaktor         was sie anziehen dürfen und was nicht.           teile und Ängste abbauen und
             und bilden keinerlei Gefährdung der                                                           zum sozialen Zusammenhalt in
             Öffentlichkeit. Die zwei Duzend in der       Eine offene Gesellschaft fördern                 der Schweiz beitragen.
             Schweiz wohnhaften «Burka»-tragen-           IRAS COTIS steht für die Vielfalt des            www.iras-cotis.ch
             den Frauen sind eine winzige Minder-         religiösen Ausdrucks, auch dort, wo er
             heit innerhalb der muslimischen Min-         für die Mehrheit der Gesellschaft viel-
             derheit. Wie die oben genannte Luzer-        leicht befremdlich und irritierend wirkt,    dient wie schon das Minarettverbot der
             ner Studie herausgefunden hat, tragen        solange dadurch niemand zu Schaden           Bewirtschaftung islam- und muslim-
             sie diese Kleidung freiwillig und aus        kommt und die Freiheit anderer nicht         feindlicher Gefühle und kann zur Radi-
             einer persönlichen religiösen Motiva-        eingeschränkt wird. IRAS COTIS legt          kalisierung beitragen. IRAS COTIS
             tion heraus.                                 Wert auf die Gleichstellung der Ge-          setzt sich ein für den Zusammenhalt in
                                                          schlechter und unterstützt Massnah-          einer offenen und pluralen Gesellschaft
             Keine Bedrohung                              men zur Gleichstellung und Förderung         mit all ihren Facetten und lehnt des-
             Diese wenigen Frauen bilden keine ho-        von Frauen – in den Religionsgemein-         halb ein Verhüllungsverbot entschie-
             mogene Gruppe, gehören nicht notwen-         schaften und in der ganzen Gesellschaft.     den ab.
             digerweise einer Organisation an und         Das «Burkaverbot» bearbeitet ein Prob-       *Andreas Tunger-Zanetti, Verhüllung.
             sind untereinander kaum vernetzt. Die        lem, das es als solches gar nicht gibt,       Die Burka-Debatte in der Schweiz, 2021

                                                Seminar soziales Engagement
                                                                  Informationsanlass

             «Veränderung, etwas Neues wagen? Ich         die Herausforderungen im eigenen ge-         Infos und Anmeldung auf:
             will etwas tun, mit anderen Menschen         sellschaftlichen Umfeld. Auch an der         www.caritas-stgallen.ch/sse oder am In-
             zusammen, aber wie?» Seit 30 Jahren          eigenen Selbstkompetenz wird gefeilt,        formationsanlass am Dienstag, 22. März,
             bildet das Seminar Soziales Engagement       denn wer helfen will, tut gut, sich selbst   9.00 bis 11.00 Uhr im Andreas-Saal ne-
             jährlich Engagierte in ihrer Sozial-, Fach   zu kennen.                                   ben der kath. Kirche in Gossau.
             und Handlungskompetenz weiter. An               Das Seminar findet ab dem 19. April
             21 Halbtagen werden Einblicke in mög-        jeweils montagvormittags im Andreas-
             liche Themenfelder wie Migration, Al-        Saal in Gossau statt. Die Sommerferien
             ter, Krankheit, Armut etc. vermittelt        sind kursfreie Zeit. Der Kurs wird von
             und das Bewusstsein für soziale Anlie-       beiden Landeskirchen subventioniert.
             gen gestärkt. Das Seminar ermöglicht
             den Besuch von sozialen Einrichtungen        Der verbleibende Kursbeitrag für die
             der Region und vertieft das Wissen über      Teilnehmenden beträgt Fr. 900.–

MAGNET Nr.3/2021                                                             14
Weitblick

                                                                 Vanuatu
                                                                    Kultur und Kirche

                 Das Christentum traf in Vanuatu auf ei-   Naturgeistern, Tabus und Regeln, wel-
                 ne Kultur, die keine Trennung von Dies-   che die Beziehung zur Schöpfung regel-
                 seits und Jenseits kannte. Die Geister    ten. Viele Erzählungen berichten davon,
                 und Götter können beeinflusst werden    zum Beispiel diese von der Insel Tanna:
                 und reagieren auf die Taten der Men-      Vor langer Zeit traf Ko-oman beim Jagen
                 schen mit Bestrafung, z.B. Krankheit,     eine schöne grüne Taube und konnte
                 oder mit Belohnung, z.B. den Früchten    sie nicht schiessen. Da setzte sich die
                 des Feldes und einem guten Leben. Vie-    Taube auf seinen Pfeil und sagte:
                 les wurde aus der Kultur in die neue      «Schiess mich nicht. Folge mir und ich
                 Religion übernommen, so etwa die Aus-    zeige dir etwas.» Als er ihr zu einer
                 einandersetzung von guten und bösen      Quelle folgte, da verschwand die Taube
                 Mächten, die Wichtigkeit von Heilung,    und ein wunderschönes Mädchen er-
                 und des erhofften Wohlergehens als Be-    schien und sagte: «Ich bin die Taube.
                 lohnung für das Einhalten der Gebote     Nimm mich in dein Haus.» Ko-oman
                 Gottes.                                   nahm sie in sein Haus in dem er mit        arten und Zuckerrohr. Die Vogelfrau be-
                    Nach wie vor leben die meisten Be-     seiner Mutter lebte. Nachts flog die       kam einen Sohn und sie lebten zufrie-
                 wohner Vanuatus von ihren eigenen         Taube fort und am Morgen lagen Wur-        den zusammen. Als eines Tages die Vo-
                 Gärten und in enger Verbindung zur       zeln und Früchte vor dem Haus, die        gelfrau und Ko-oman weg waren und
                 Schöpfung. Vor Ankunft der christli-     Yam, die seitdem Hauptnahrung der          das Baby schrie, schimpfte es die Gross-
                 chen Mission gab es eine Vielzahl von     Menschen ist, verschiedene Bananen-        mutter aus. Als die Vogelfrau zurückkam,
                                                                                                      wurde sie darüber sehr zornig. Sie
                                                                                                      nahm das Baby und verliess das Haus.
                                                                                                      Als Ko-oman heimkehrte und sah, dass
                                                                                                      seine Frau und sein Kind weg waren,
                                                                                                      rannte er ihnen bis zur Küste hinterher
                                                                                                      und stiess sich dort aus Trauer einen
                                                                                                      Pfeil ins Herz, worauf er in einen Felsen
                                                                                                      verwandelt wurde, den man bis heute
                                                                                                      dort sehen kann. (Aus Nabanga. An
                                                                                                      illustrated Anthology of the oral tradi-
                                                                                                      tions of Vanuatu, S. 245).
                                                                                                          Diese Geschichte zeigt, wie wichtig
                                                                                                      die Familie und die richtige Beziehung
                                                                                                      zur (beseelten) Natur ist. Natürlich ist
                                                                                                      heute vieles im Umbruch. Früher wur-
                                                                                                      den die Ehen zwischen den Familien
Traditionelles                                                                                        geschlossen, während die zukünftigen
Handwerk.                                                                                             Partner noch Kinder waren. Der Braut-
Bilder: WGT                                                                                           preis (der Familie des Mannes an die
                                                                                                      der Frau) wurde in Schweinen, Matten
                                                                                                      oder Yams entrichtet. Heute wählen die
                                                                                                      jungen Leute selber ihre Partner, und
                                                                                                      der nach wie vor zu entrichtende Braut-
                                                                                                      preis wird (zum Teil) in Geld bezahlt.
                                                                                                          Durch die andauernden Kontakte
                                                                                                      mit der modernen Welt veränderte sich
                                                                                                      vieles und die Religion war ein Weg, da-
                                                                                                      rauf Antworten zu finden. Die Begeg-
                                                                                                      nung mit nie zuvor gesehenen westli-
                                                                                                      chen Gütern des amerikanischen
                                                                                                      Militärs während des Zweiten Weltkrie-
                                                                                                      ges liess sogenannte Cargo Kulte entste-
                                                                                                      hen (Cargo = Fracht), die bisweilen bis
                                                                                                      heute bestehen oder in neuer Form auf-
                                                                                                      flammen. Sie waren ein Versuch, diese
Länderflagge
Vanuatu.                                                                                              Dinge, die wie vom Himmel gefallen

                                                                             15                                                           MAGNET Nr.3/2021
Weitblick

                                                          Frauen gestärkt, die in manchen Gegen-
                                                          den die Last der schweren Arbeiten zu
                                                          tragen hatten und unter Gewalt litten.
                                                          So berichtete eine Pfarrfrau: «Mein
                                                          Mann war früher Lehrer. Er war
                                                          jähzornig und schlug die Kinder oft.
                                                          Dann hat uns das wenige Gehalt nicht
                                                          mehr gereicht und er bewarb sich für
                                                          die Pfarrerausbildung unserer anglika-
                                                          nischen Kirche. In unserer Kultur ge-
                                                          horchen die Frauen den Männern.
                                                          Doch ich war dumm. Denn Gott hatte
                                                          einen Plan und ich erkannte ihn nicht.     kommen die Eltern zurück. Der Mann Sandbild mit
                                                          Heute danke ich Gott jeden Tag. Denn       ruht sich dann aus. Aber für die Frau traditionellem
                                                          Gottes Liebe hat meinen Mann               geht es weiter. Essen kochen für die Muster.
                                                          verändert. So bin ich als Pfarrfrau der   ganze Familie, Wäsche waschen. Die
                                                          ‹Mother’s Union› beigetreten, das ist      Schulkinder kommen erst zwischen
                                                          eine Vereinigung der Frauen in der Kir-    5.00 und 6.00 Uhr abends. Wir haben
                                                          che. Ich habe einen Schwur getan,          keine Schule am Ort, so müssen sie drei
                                                          Frauen in allen Lebenslagen zu             Stunden zum nächsten Dorf laufen und
                                                          unterstützen, Kindern zu helfen und       drei Stunden zurück.
                                                          meinen Mann zu unterstützen. Deshalb         Mein Sohn braucht vielleicht keine
                                                          akzeptiere ich, was immer ich in der       andere Arbeit, er wird das Land erben,
                                                          Kirche gefragt werde. Ob es nun heisst,    denn bei uns gehört das Land den
                                                          die Kirche zu putzen oder eine Andacht     Männern. So muss ich meinen Töchtern
                                                          vorzubereiten, ob ich unverheirateten      sagen, sie müssen für die Männer in der
                                                          Müttern beistehen soll oder die Sonn-     Familie kochen, wenn mein Blut fliesst.
                                                          tagsschule für die Kinder halten – ich    Ich darf auch nicht auf die Felder gehen.
                                                          tue es gerne, ich habe es Gott verspro-    Sollte ich es doch tun, und stell dir vor,
                                                          chen. Die Frauen in meinem Dorf sind       mein Mann würde Bauchweh bekom-
                                                          den ganzen Tag am Arbeiten. Alle kom-      men, dann wäre ich schuld!
Weltgebetstag- schienen, mit Hilfe der Religion zu ver-   men zur Morgen- und Abendandacht in           Ich hoffe nur meine beiden Töchter
Bild 2021.     stehen. Da das ganze Leben auf dem         die anglikanische Kirche. Danach ge-       sind stark und haben Mut, die Schule
               Prinzip der Gegenseitigkeit beruht,        hen Mann und Frau zusammen auf ihre        zu beenden und eine Ausbildung anzu-
               werden den Geistern oder Gott Gaben        Felder, die Kleinen kommen in den Kin-     fangen. Meine Älteste soll Kranken-
               oder Verzichtleistungen gebracht, da-      dergarten. Um 4.00 Uhr nachmittags         schwester werden. Wir können das
               mit sie mit Gegengaben antworten wer-
               den. Dieses religiöse Denken konnte
               sich auch in den neuen Pfingstkirchen
               fortsetzen, welche darauf bestehen,
               dass Gottes Geist erfahrbar sein muss
               (z.B. in Zungenreden oder Wundern)
               und durch entsprechende Handlungen
               wie häufiger Gottesdienstbesuch, Ga-
               ben an die Kirche und Fasten eine posi-
               tive Belohnung durch Gott erfolgen
               wird.
                  Die Vielzahl an Kirchen, die
               Einflüsse der Globalisierung, der Weg-
               zug vieler jüngerer Leute in die Stadt
               und Konflikte um Landbesitz haben den
               Respekt für die traditionelle Kultur
               geschwächt, wie von vielen Älteren be-
               klagt wird. Diese Einflüsse haben je-                                                                                        Port Villa,
               doch auch das traditionelle Patriarchat                                                                                       Hauptstadt
               in Frage gestellt und die Stellung der                                                                                        Vanuatus.

MAGNET Nr.3/2021                                                            16
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