Lebensweltgestaltung - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
magnet Kirchenblatt für die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden beider Appenzell AZB 9100 Herisau März 2021 Nr.3 108.Jahrgang el . G a ll e r C orona-Bib St bergabe Feier zur Ü Lebensweltgestaltung ite 12 m ehr auf Se
Biblische Betrachtung Werte die uns einen Wenn man in anderen Ländern nach dem Ruf der die wir in Raten abzahlen müssen, sie laden uns ein, zu Schweizer fragt, hört man manchmal: «Sie legen viel verschwenden und uns dabei noch zu verschulden. Die Wert auf gute Arbeit, leben sparsam, und sind tüch- Mehrheit verbringt ihr Leben mit Arbeit, um das Geld tig im Beruf.» Das sind wohl stereotypische Eigen- zu verdienen, das nötig ist, um das zu bezahlen, was schaften, aber man kann sie auch als Kompliment das System von uns verlangt. Wir wachsen in einer sol- annehmen. Wenn diese Eigenschaften auf uns zutref- chen Umgebung auf. Es ist dort normal, für Geld zu fen, woher haben wir sie? Es gibt natürlich viele Er- arbeiten, um es dann zu verprassen. Aber das ist nicht klärungen. das System Gottes.» 1905 versuchte der Religionssoziologe Max Weber zu Der Artikel gab dann weitere praktische Ratschläge, formulieren, was protestantische Menschen zu seiner wie man diszipliniert mit dem Geld umgehen kann, Zeit ausmachten. In seinen Augen legten sie viel Wert wie man Geld und Ressourcen als Geschenk Gottes se- auf harte Arbeit, Sparsamkeit, und Tüchtigkeit im Be- hen kann, und dass man dementsprechend den Zehn- ruf. Er sah damals diese Eigenschaften besonders bei ten für die diakonischen Arbeiten der eigenen Kirche den Reformierten in aller Welt am Werk. Heute kön- einsetzt. Während Gott als allmächtig dargestellt wird, nen wir sagen, dass diese Eigenschaften natürlich auch wird immer wieder die individuelle Verantwortung für auf viele Menschen zutreffen, die keinen protestanti- die eigene Arbeit und die eigene Situation betont. Der schen Hintergrund haben. Wie wir handeln, hängt Religionssoziologe Daniel Míguez beobachtete in sei- aber sehr stark mit dem zusammen, was wir glauben nen Feldstudien in den protestantischen Pfingstkir- (oder einst glaubten). So hat es mich überrascht, in ei- chen Argentiniens aus akademischer Distanz dasselbe: ner argentinischen evangelischen Zeitung Folgendes «Sparsamkeit, harte Arbeit und eine rationale Haus- zu lesen: haltsführung gelten hier auch als Wege zum Wohl- stand; ihr Fehlen natürlich als Gründe für Armut.» «Oft suchen wir die Schuld bei der Inflation, in der Re- Dass im «System» (z.B. in der Regierung) etwas gierung, beim Unternehmer. Aber das tiefere Problem nicht stimmt, ist eine universelle Annahme in Argenti- liegt darin, dass wir Gottes Prinzipien nicht respektie- nien sowie in anderen Ländern. Wenn das «System» ren und über seine geistigen Gesetze nicht Bescheid unfair erscheint, ist es dann nicht eine Zumutung, wissen. Seit unserer Geburt werden wir dazu ‹erzo- Menschen die in relativer Armut leben mit dem Hin- gen›, dem System zu ‹dienen›. Leute gewöhnen sich weis auf «Gottes Prinzipien» und «geistige Gesetze» einfach dran, sie machen einfach mit. Dasselbe pas- auf ihre Eigenverantwortung einzustimmen? Vielleicht. sierte den Israeliten. Sie wurden unter dem Joch des Vielleicht liegt auch eine Gefahr darin, in der Opfer- ägyptischen Systems geboren, eines Systems, welches rolle zu verharren, wie die Israeliten in der Wüste zu sie unterdrückte, und für sie war dies die normalste Moses Zeit. Vielleicht sind die Werte, die uns in der Sache der Welt. Der eigentliche ‹Verrückte› war Mose, Schweiz dienen, keine rein schweizerischen Werte; der sie von Sklaven und Bettlern zu wohlhabenden Be- vielleicht dienen sie uns wie auch Menschen überall, sitzern ihres eigenen Landes in Kanaan machen wollte weil Gott dahintersteckt. […] Die Werbungen laden uns ein, Dinge zu kaufen, Mike Lotz, Pfarrer in Appenzell Werte prägen uns und machen Normen (Gesetze, Verhaltens- regeln) für das Zusammenleben. Erlebe ich meinen Glauben als tragend im Wandel von Werten und Normen oder bin ich einfach Opfer? Quelle: NEO-Culture GmbH MAGNET Nr.3/2021 2
Editorial Impressum Liebe Leserin, Kirchenblatt für die Evan- gelisch-reformierten Kirch- lieber Leser gemeinden beider Appenzell (erscheint monatlich) Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Die Abstimmung zur Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch- Konzernverantwortungsinitiative im vergangenen November reformierten Landeskirche hat rote Köpfe verursacht. Seit der Ideologisierung der Welt beider Appenzell durch soziale und wirtschaftliche Anschauungen im Zuge der Redaktionskommission Judith Husistein, Stein (jh); sogenannten Aufklärung ist das, was man Glaube nennt, eben- Isabelle Kürsteiner, Walzenhau- falls zur Ideologie geworden. Zu einer Ideologie für Naive, Heinz Mauch-Züger, Redaktor sen (iks); Jonathan Németh, St.Gallen (jn); Annette Spitzen- Frauen, Rentner, Kinder, Bildungsbürger und andere konserva- berg, Reute-Oberegg (as); tiv Zurückgebliebene. Man kann das so sehen. Schliesslich gibt Karin Steffen, Schachen bei Reute (ks); Lars Syring, Präs., es Beispiele genug, wo sogenannt «Gläubige» Ansichten verbrei- Bühler (sy) ten, die schon vorgestern veraltet waren und Taten begehen, die Redaktion keinen Dialog fördern, weil sie tödlich enden. Heinz Mauch-Züger (hmz) Steinbruggen Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Gottseidank! Der 9063 Stein Monat März, der Fastenmonat, ist kirchlich der politischste Tel. 071 278 74 87 magnet@ref-arai.ch Monat. Ich erinnere mich gut, wie ich mit 16 Jahren die ersten Magnet-Download Blätter aus dem Fastenkalender an meine Zimmerwand ge- www.ref-arai.ch klebt habe. Das waren Statements von Menschen aus südlichen Produktion Appenzeller Druckerei AG, Ländern zu ihren Lebensverhältnissen. Zu den Auswirkungen 9100 Herisau von gut gemeinter Entwicklungshilfe, befreiender Mission und Adressänderungen melden Sie bitte direkt der örtlichen wirtschaftlichem Aufschwung. Und diese Statements standen Kirchgemeinde im Zusammenhang mit Sätzen aus der Bibel. Diese uralten WEMF Sätze bekamen dadurch eine vibrierende Aktualität und in mir Beglaubigte Auflage 3300 Magnet online wuchs das Bewusstsein, dass es Bereiche gibt, wo sich die www.magnet.jetzt Menschheit scheinbar kaum entwickelt, Amazon, Bitcoin, iPhone 12 und E-Identity oder Netflix hin oder her. Auch in diesem März läuft wieder eine «Brot für Alle / Fastenopfer» Kampagne. Unter dem Titel «Sehen und Handeln» geht es ums Klima, um starke Frauen, um eine zukunftsträch- tige Landwirtschaft, um Palmöl und um den weltweiten Wan- del, wo auch die Schwächsten eine Chance haben sollten. Natürlich ist das alles völlig unpolitisch. Und Weltgebetstag ist auch noch! Vanuatu – das liegt gleich hinten links – ungefähr. Völlig unpolitisch, einfach Menschen und ä bitzeli Kultur. Kirche und Politik – ein Spannungsfeld. Hoffentlich noch lange. Getragen von einem Glauben, der hinter Linken, Mitti- gen und Rechten die Menschen sieht, die das Ihre und das Gute wollen und dabei oft das Bessere verhindern. Nicht weil die Ideologie, sondern weil das Vertrauen fehlt, es könnte auch anders richtig sein. Glaube ist nie richtig, nur gewiss. Gute Fastentage wünscht Ihnen! Titelbild: Eine Welt für ALLE? Bild: Jonathan Németh 3 MAGNET Nr.3/2021
Thema Eine heilendeGemeinschaft bilden Scotty Williams, Pfarrer der All Souls Protestant Church in St. Gallen, erzählt Ich treffe mich mit Scotty Williams per Zoom zum wenn die Liebe im Zentrum steht, die umfassende Interview. Sein warmes Lachen und seine Aus- Liebe Gottes, die sich in Christus gezeigt hat. strahlung dringen auch durch den Bildschirm, seine grosse Erleichterung über den politischen All Souls Protestant Church in St. Gallen Machtwechsel in seiner Heimat ist mit Händen zu Verheiratet mit einer Aargauerin wirkte er bereits greifen. als Pfarrer in Zürich an der International Protestant Church, als ihn 2015 der Ruf St. Gallens erreichte, Werdegang hier eine neue, englischsprachige, pionierhafte Ge- Er wurde im Jahr 1983 geboren und stammt aus dem meinschaft aufzubauen. Er zog sich in die Stille zu- US-Bundesstaat Louisiana mit der bekannten Stadt rück, um Visionen zu entwickeln und zu beten. Und New Orleans. Er ist Mitglied der presbyterianischen da er seine Visionen an Allerheiligen entfaltete (1. Kirche, einer fortschrittlichen Kirche in reformier- November), wollte er die Gemeinschaft zunächst ter Tradition. Er studierte Theologie und doktorierte «All Saints» nennen. Seine Frau intervenierte und da über Zwingli und die heilenden Aspekte seiner man den Tag auch «Allerseelen» nennen kann, ent- Theologie und seines Wirkens in Zürich. An seiner stand der schöne und treffende Name «All Souls Pro- Fakultät lehrte man, mit dem eigenen Hintergrund, testant Church». Nicht jede Person ist heilig, aber den man mitbrachte, bewusst umzugehen und ihn alle haben eine Seele, meint er schmunzelnd! immer wieder einzubringen. Der Seine ist die Schwarze Kreolische Kultur (als Kreolisch bezeich- net man die Nachfahren der ehemals französischen Die Kirche braucht emotionale Kolonien in der Karibik und der dortigen ehemali- gen Sklaven). Inspiriert hat ihn James H. Cone, der Intelligenz. Gründer der afrikanischen Befreiungstheologie in den USA. Und so waren seine Fragen: Wie können Und so begann er in St. Gallen mit der Aufbauarbeit. wir stolz sein auf uns selbst? Wie können wir uns Er vernetzte sich, lernte die unterschiedlichsten Mi- selbst lieben? Wie können wir unsere Wunden hei- lieus kennen, vom Solidaritätsnetz bis hin zu den len, die der Rassismus uns zugefügt hat? Wie können Kirchenmusikern, von Lutheranern bis hin zu Men- wir Stellung beziehen gegen Rassismus? Aber es schen, die eigentlich mit Kirche nicht mehr viel am heisst auch: Wie kann der Rassist heilen? Hut hatten. Und mit der Zeit begann seine Gemein- schaft zu wachsen. Menschen, die seine Vision teil- ten, kamen. Immer noch hat er viele Hüte an, doch Die Ethik der Liebe führt uns seine Pionierarbeit trägt Früchte. Menschen aus St. Gallen und aus aller Welt und in allen Hautfarben dazu, unser Leben zu verlieren. treffen sich in seiner Kirche. Seine Vision ist in erster Linie, zu verkünden und Mich hat es im Gespräch sehr beeindruckt, als er auch zu leben, dass Gott bedingungslose, allumfas- sagt: «Auch der Rassist ist nicht frei, solange er Ras- sende Liebe ist. Christus war ein Heilender, und sist ist, auch er braucht Heilung. Ich möchte letzt- auch die Kirche sollte ein Ort sein, in welcher etwas lich, dass er geheilt und bekehrt wird, nur so können spürbar wird von der heilenden Kraft der Liebe Got- wir beide frei sein». Er erzählt ein Beispiel aus sei- tes. Er erinnert sich an die «freedom cities», die ner Familie. Eine Tante war im Pflegeheim und «Freiheitsstädte», Orte, in welchen damals freigelas- brauchte seelischen Beistand in ihrer letzten Zeit. sene Sklaven lebten. Diese blühten richtiggehend Der weisse alte Pfarrer hat ihr diesen gegeben. Und auf, angeführt von ihren Pastoren, denn die Men- er hat zugegeben, früher eine rassistische Prägung schen kümmerten sich umeinander. Sie taten dies so gehabt zu haben, meinte aber, Gott arbeite noch an sehr, dass schliesslich auch weisse Menschen ange- ihm. Früher hätte sie gar nicht in seine Kirche ge- zogen wurden und in diese Städte zogen. Eine sol- durft. Heute war er derjenige, der für sie da war. Da che Strahlkraft wünscht er sich für die Kirchen der war eine Heilung gewachsen und die beiden konn- Zukunft. Die Welt nach Corona braucht ganz viel ten sich begegnen als Menschen, als Gegenüber, als Heilung, meint er mit grosser Überzeugung. Die Kir- Vereinte in Christus. Diese Heilung ist nur möglich, che braucht emotionale Intelligenz. MAGNET Nr.3/2021 4
Thema Wut und Zorn zu wandeln gehörte daher zu den zentralen Aspekten seines eigenen Lernens. Er spürte, dass Zorn zerstört. Und das wird er eines Tages seinen klei- nen Sohn Ian lehren, der jetzt 15 Monate alt ist, selbst wenn er in der Schweiz die Polizei grundsätzlich als sehr unterstüt- zend erlebt. Er wird ihm sagen: «Liebe, das ist die erste Entscheidung, die du triffst. Und wenn du mit Rassismus kon- frontiert wirst, dann frage dich selbst: wie kann ich diesen Menschen lieben? Wenn du in einer Situation bist, die asymmet- risch ist, in der du keine Macht hast, z.B. in einer Polizeikontrolle, dann sage nichts. Lass sie ihren Job machen und dann geh nach Hause und sprich dort darüber. Wenn du ein gleichberechtigtes Gegen- über hast, dann schau, ob du in einen Dia- log treten kannst. Denn Liebe führt zu Ge- rechtigkeit. Du möchtest Ganzheit und Mehr Infor- Kirche als heilende Gemeinschaft der Liebe Heilung nicht nur für dich selbst, sondern auch für mationen zur Und tatsächlich spüre ich etwas von der heilenden dein Gegenüber. Dein Ziel ist es, dass ihr Geschwis- Gemeinde im Kraft, die von ihm ausgeht. Es ist eine Kraft, die ter oder gar Freunde werden könnt. Die Liebe, die Web unter allsouls.ch durch seine Erfahrungen und den Umgang damit ge- du für dich selbst hast, braucht dein Gegenüber Quelle: hmz wachsen ist. Er erlebte als Kind und Jugendlicher auch. Er hat noch nicht gelernt, bedingungslos zu noch strikte Rassentrennungen. Er musste sehr früh lieben. Richte deine Wut auf Situationen, nicht auf und zusammen mit seiner Gemeinschaft lernen, mit Menschen.» Wut umzugehen. Er erinnert sich an eine schreckli- che Begebenheit, als der KuKluxKlan einen jungen Mann seiner Gemeinschaft grausam ermordete. Sie trafen sich in der Kirche, weinten, beteten und san- Da war eine Heilung gewachsen gen Lieder. «Was soll das mit diesen Liedern?», und die beiden konnten sich dachte er damals, «das sind doch nur Lieder, wie soll das jetzt helfen?», bis er auf deren doppelten Sinn begegnen als Menschen. stiess. Er entsinnt sich an das Lied «wings like a dove», Flügel wie eine Taube. «Wenn ich Flügel hätte wie eine Taube, dann flöge ich fort und wäre «Die Ethik der Liebe führt uns dazu, unser Leben zu in Sicherheit (in Frieden / Ruhe), aber da ich keine verlieren. Du verlierst dein Leben durch Liebe», habe, muss ich singen». Plötzlich wurde ihm der meint er zum Schluss. Und da ist es wieder, dieses doppelte Sinn dieses Liedes klar, nämlich dass es Gefühl, als würde der Raum durch den Bildschirm hier nicht nur um ein Jenseits ging, einen Platz bei hindurch ein paar Grad wärmer. Gott, sondern dass es auch ihre reale Erfahrung wi- Annette Spitzenberg derspiegelte. Sie würden flüchten an einen anderen, sicheren Ort auf dieser Erde, wenn sie könnten. Und andersherum erlebt er die Freiheit, einfach der zu sein, der er ist, in einer Schwarzen Kirche, und dies weltweit. Sie ist der sicherste Ort, den er sich vorstellen kann. Und hätte er ein Problem, so würde er dort gehört, umsorgt, aufgefangen. 5 MAGNET Nr.3/2021
Thema Mission – wie bitte? Wie habe ich das Negerli geliebt, das mit dem Kopf Mitarbeit der einheimischen Bevölkerung, kann sinn- nickte, wenn ich 20 Rappen ins Sonntagschulkässeli voll sein. Doch ist es wirklich gottgewollt, Menschen warf. Und wie stolz war ich, damit armen Kindern in in teils exotischen Weltgegenden, mit völlig anderen Afrika zu helfen. Ich musste erwachsen werden um zu Kulturen und religiösen Überzeugungen, zu Christen merken, was uns damit vermittelt wurde. Wir waren zu bekehren? Steckt im missionarischen Eifer nicht die guten Weissen, die spendeten und es in Ordnung Intoleranz, indem die religiöse Überzeugung Anders- fanden, dass sich die armen Schwarzen dafür demü- gläubiger missachtet und ihr die Daseinsberechtigung tig verneigen. abgesprochen wird? Bekommt die Hilfe nicht etwas Herablassendes, wenn sie mit Bekehrung gekoppelt Noch etwas wurde mir klar: Die Bedürftigen hatten ist? Hat Missionstätigkeit vielleicht unterschwellig unsere Spenden nur in Kombination mit der Bekeh- mit Macht zu tun? rung zum Christentum erhalten. Meine Sonntagschul- zeit ist 50 Jahre her. Missioniert wird immer noch, oft Bestraft und belohnt Gott? als «Beigabe» zur Hilfe für Menschen, denen es am Doch Intoleranz findet man in allen Kreisen. Mit Er- Nötigsten fehlt. schrecken stelle ich fest, dass manche Menschen, die sich als «richtige» Christen bezeichnen, auch heute Missionieren als Zugabe noch Krankheiten oder Schicksalsschläge als Strafe für Kürzlich kam eine Bekannte von einem Einsatz in Af- mangelnden Glauben betrachteten, während sie fried- rika zurück. Als junge, liebenswerte und gläubige liches Sterben als verdiente Belohnung für echte Gläu- Krankenschwester stellte sie sich in den Dienst eines bige ansehen. Angesprochen darauf, ob in ihren Augen christlichen Missionswerkes und blieb drei Jahr- Menschen anderer Religionen keine Werte hätten, be- zehnte. Zusammen mit anderen Schweizern half sie kam ich die Antwort: «Doch schon, aber Christen sind beim Aufbau eines Spitals, engagierte sich für die Bil- anders.» Christen sind anders? Besser? Das Evange- dung der Bevölkerung und leistete in abgelegenen lium als einzig wahrer Weg zur Seligkeit? Beten zu Gott Gebieten Aufklärungsarbeit in Gesundheitsfragen. als Wunscherfüller und Allheilmittel? Geschah und Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit war zudem, der Bevöl- geschieht nicht gerade unter dem christlichen Deck- kerung den christlichen Glauben zu vermitteln. Sie mantel unglaubliches Leid? tat dies aus der tiefen Überzeugung, den Menschen Ich glaube nicht, dass Gott für das Gefälle zwischen damit jenes Heil zu schenken, das sie erfüllt. Inzwi- arm und reich, gesund und krank verantwortlich ist schen haben alle Schweizer die Destination verlassen. und dass er unterscheidet zwischen Christen, Atheis- Über Internet und geplante Kurzeinsätze soll die afri- ten und Andersgläubigen. Ein Gott, der Menschen auf- kanische Stationsleitung künftig unterstützt werden. grund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder Hautfarbe Ob die bekehrten Christen dem fremden Glauben besser oder schlechter behandelt, ist für mich undenk- treu bleiben und ob Spenden aus unserem Land wei- bar. Sind es nicht die Menschen, die nach eigenen mo- Hoffnung terhin fliessen, obwohl keine Schweizer mehr vor Ort ralischen oder anerzogenen Vorstellungen einteilen, sichtbar – ohne sind, wird die Zukunft zeigen. Bei mir mischt sich urteilen und verurteilen? Belehrung. Achtung vor solchem Einsatz mit unguten Gefühlen. Quelle: jh Tatkräftige und finanzielle Hilfe, unter Einbezug und Glauben hat viele Namen Wenn wir Gott als Kraftquelle sehen könnten, die über allem steht, würden Bekehrungsversuche überflüssig und Mission könnte heissen: Füreinander da sein. Den Mitmenschen mit Achtung, Respekt und Wertschät- zung begegnen, auch wenn sie nicht unseren Vorstel- lungen entsprechend leben und handeln. Hilfe anbie- ten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, und Hilfe annehmen, ohne sich minderwertig zu fühlen. Und falls das alles manchmal nicht klappt, könnten wir ja wenigstens versuchen, tolerant zu sein. Würden wir mit dieser Lebenshaltung nicht das beste Zeugnis unseres Glaubens geben, egal ob unser Ansprechpartner Gott heisst, einen anderen Namen trägt oder gar keinen? Judith Husistein MAGNET Nr.3/2021 6
Thema Die Jesusbewegung Es ist zunächst nur eine kleine Gruppe, die sich um Jesus schart. Irgendwann werden es mehr und Jesus wählt 12 Menschen aus, die enger mit ihm zusam- menarbeiten. Er verteilt die Aufgaben auf mehrere Schultern. Sie ziehen als Wanderprediger durch Israel und machen intensive Erfahrungen. Schon zu Lebzeiten wenden sich aber auch Interessierte von Jesus ab. Seine Jünger bleiben. Wohin sollen sie auch gehen? Er hat Worte des ewigen Lebens. Als Jesus hingerichtet wird, bröselt die junge Bewe- gung auseinander. Dass mit der Auferstehung bleibt vielen fremd. Die Angst ist gross, selbst mit dem Leben bezahlen zu müssen. Erst an Pfingsten fasst sie wieder Tritt. Grosse Begeisterung macht sich breit. Die ersten Christen gründen in Jerusalem eine Gemeinde. Sie ist der Ausgangspunkt für alle weiteren Aktionen. Die Männer und Frauen erzählen, was sie mit Jesus erlebt haben. So entstehen weitere Gemeinden. Das gefällt nicht allen. Die ersten Christen werden verfolgt und getötet. Trotzdem wächst die Bewegung. Zunächst nur innerhalb von Israel. Dann fällt einer, der die Christen überhaupt nicht toll fand, vom Pferd. Er sieht ein helles Licht und ist plötzlich selbst auf dem Weg. Er kümmert sich – so die Aufgabenteilung nach einem Krisengipfel in Jerusalem – um die Menschen ausserhalb von Israel. Doch die Gesamtsituation ändert sich nicht. Die junge Bewegung wird verfolgt. Wann immer im römi- schen Reich etwas komisches passierte: Das waren die Christen! Kaiser Nero machte sie für den Stadtbrand in Rom verantwortlich. Die Situation ändert sich erst im 4. Jahrhundert. Kaiser Konstantin überlegt, wie er sein Netzwerke, die in die kirchliche Zukunft weisen. Chris- Kirche riesiges Reich auf Kurs hält. Da kommen die Christen tenmenschen knüpfen ihre Netze über die ganze Welt improvisiert. gerade recht. 380 wird das Christentum Staatsreligion mit Gleichgesinnten. Ihr Zuhause ist das Internet. So Quelle: sy und verbreitet sich mit den römischen Eroberungen. nehme ich von Bühler aus teil. In London ist die Moot- Dort wird es systematisch gefördert, zum Beispiel Community zu Hause. Die Mitglieder leben dezentral durch bessere Aufstiegschancen für Christen. Die alten über die Stadt und das ganze Land verteilt. Sie treffen Religionen werden verboten. Aus den Verfolgten wer- sich regelmässig zum Online-Gebet. Ähnliches bietet den Verfolger. Analog zur römischen Staatskultur etab- auch Contemplative fire und die WCCM an. Konfes- liert sich in der Kirche ein riesiger Machtapparat und sionszugehörigkeiten spielen in diesen Netzen keine eine grosse Bürokratie. Rolle. Über Youtube-Kanäle finden Menschen das geist- 1500 Jahre und zwei grosse Kirchenspaltungen im liche Brot, das sie nährt. «Ein Christ ist kein Christ», 11. und 16. Jahrhundert später gibt es auf der ganzen hat Dorothee Sölle gesagt. Wir haben heute viele Mög- Welt Menschen, die dem Mann aus Nazareth seinen lichkeiten, wo wir unser geistliches Zuhause finden Gott glauben. Mit 2,3 Milliarden Menschen ist das und Jesus auf die Spur kommen. Konkret leben und Christentum die zahlenmässig grösste Weltreligion. umsetzen tun wir es da, wo unser Bett steht. Viel hat sich verändert seit den Anfängen in Galiläa. Lars Syring Kirchenformen blühen auf und fallen wieder in sich zusammen. Der Geist, der mit Jesus in die Welt gekom- men ist, lässt sich nicht unterkriegen. Er ist kreativ und findet neue Wege. In der Schweiz tragen die klassi- schen Strukturen der Kirchgemeinden vorerst. Dane- ben breiten sich neue Formen aus. Heute sind es die 7 MAGNET Nr.3/2021
Thema Shoppingwochenende in New York? Da löscht es mir ab! Im ökumenischen Kampagnenthema von «Brot für Alle» und «Fastenopfer» geht es in diesem Jahr um die Klimagerechtigkeit. Für Markus Ehrbar, Elektro- techniker HF aus Oberegg, ist es schockierend, dass 10 Prozent der Weltbevölkerung 50 Prozent der Res- sourcen unserer Erde verbrauchen. Er und seine Fa- milie versuchen, ihren ökologischen Fussabdruck so klein wie möglich zu halten. Die Tour de Sol, die in den 80er-Jahren durch sein Hei- matdorf Wattwil fuhr, war für den jungen Elektroniker- An der Klima- Stift Markus Ehrbar ein Highlight. Die Sonne trieb als demonstration einzige Energiequelle die Solarmobile im Rennen an! 2019 in Bern Das faszinierte den Jugendlichen. Als junger Berufs- imponierte mann nutzte er deshalb die sich bietende Chance und Markus Ehrbar zog nach Basel, wo er für die Firma Fridez Solar AG die überein- stimmende Solar-Elektromobile baute. Dabei ist es jedoch nicht ge- Forderung blieben. In den 1990er-Jahren konnte er sich einen nach einem grossen Wunsch erfüllen und selber bei der Tour de Sol Systemwechsel. mit an den Start gehen. Quelle: ks Risikokapital im Windpark Honegg fördern und Anlagen zu bauen. Bis heute hat die IG fünf Bis heute beschäftigen den 51-jährigen Ehrbar erneuer- grössere Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Ge- bare Energien, und das nebst seinem Beruf als Elektro- bäuden realisiert. Nach ungefähr 20 Jahren sollten sie techniker und seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kivo- amortisiert sein. Nach weiteren 5 Jahren Betriebszeit Mitglied und Synodaler der Kirchgemeinde Reute- überlässt die IG die Anlage dem Liegenschaftsbesitzer Oberegg. Seit fünf Jahren amtet der Oberegger als Prä- oder bezahlt die Demontage und umweltgerechte Ent- sident der IG Appenzeller Naturstrom. Die Interessen- sorgung. Damit diese Rechnung aufgeht, ist es notwen- gemeinschaft hat zum Ziel, erneuerbare Energien zu dig, dass die Einspeise- respektive Rückspeisevergütung nicht zu tief ist. Heute sei es leider so, dass die Rück- speisevergütung bei vielen Stromabnehmern so tief aus- fällt, dass auch eine nicht gewinnorientierte Genossen- schaft eine Solaranlage nicht realisieren kann, bedauert Ehrbar. Viel Kapital der Interessengemeinschaft mit über 100 Genossenschaftern ist als Risikokapital im Windpark Honegg /Oberfeld in Oberegg investiert. Die Initiative «Pro Windenergie» fordert, dass in Appenzell Innerrhoden bis 2025 mindestens zehn Millionen kWh elektrische Energie aus Windenergie erzeugt und die rechtlichen Voraussetzungen im kantonalen Richtplan geschaffen werden sollen. Über den Gegenvorschlag des Grossen Rates und die Initiative wird an der Lands- Markus Ehrbar gemeinde in diesem Jahr abgestimmt. Ehrbar wagt aber ist stolzer Teil- noch nicht zu hoffen. nehmer an der Tour de Sol Reparieren, was nicht mehr funktioniert Alpin vom 26. Eigentlich wollten wir ja über die Klimagerechtigkeit und 27. Janu- ar 1991 in der sprechen, welches das Kampagnenthema 2021 von Lenzerheide. Brot für alle und Fastenopfer ist. «Wir leben viel zu ver- Quelle: ks schwenderisch. Ressourcen sparen müssen wir in den MAGNET Nr.3/2021 8
Thema Präsident der IG Appenzeller Naturstrom, setzt sich für die Förderung von erneuer- baren Energien ein. Quelle: ks Industrienationen und nicht in den südlichen Entwick- «Der freie Markt ist gut und recht. Aber wenn der lungsländern», ist Ehrbar überzeugt. Man sieht es dem Strom für Firmen zu billig zu haben ist, bleibt kein In- smarten Elektrotechniker HF nicht an, aber er liebt es, teresse, diesen effizient einzusetzen und Strom zu spa- in Brockenstuben zu stöbern und an defekten Geräten ren», weiss Ehrbar aus eigener Erfahrung. Ehrbar be- zu tüfteln. Reparieren, was nicht mehr funktioniert dauert, dass Projekte für Photovoltaikanlagen der IG und ausleihen, was man nicht selber besitzt sind nur Appenzeller Naturstrom auf Firmendächern oft am zwei Grundsätze, nach denen Ehrbar und seine Familie Strompreis scheitern. «Unsere ehrenamtliche Arbeit lebt. Schnell ein Shoppingwochenende nach London braucht Ausdauer und ist oft auch frustrierend, aber oder New York, wie es in Vorcoronazeiten möglich war, trotzdem mache ich solche Projekte sehr gerne», er- kommen für ihn nicht in Frage. Vielmehr machen ihn klärt Ehrbar sein Engagement. Bleibt zu hoffen, dass solche Auswüchse wütend: «Da löscht es mir ab!». Be- seine Freude noch lange anhält. geistert erzählt Ehrbar dafür von seiner Teilnahme an Karin Steffen der nationalen Klimademo 2019 in Bern, wo sich meh- rere zehntausend Menschen für einen griffigen Klima- schutz einsetzten: «Den Spirit unter den Gleichgesinn- ten zu spüren, die übereinstimmende Forderung nach einem Systemwechsel, welcher das Wachstum nicht über alles setzt, die Solidarität unter den Menschen, das war alles sehr eindrücklich». Ermitteln Sie Ihren persönlichen ökologischen Fussabdruck und lassen Sie sich von individuel- Politik ist gefordert len Tipps inspirieren: Es muss ein Umdenken stattfinden. Bei jedem Einzel- www.wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprint- nen, aber auch in der Politik, ist Ehrbar überzeugt. Und rechner schon sind wir zurück beim Stommarkt. Der Energie- Informationen zur IG Appenzeller Naturstrom: fachmann stört sich sehr an der freien Stromanbieter- www.ig-appenzeller-naturstrom.ch wahl für Grosskunden. Firmen haben die freie Wahl von ausländischem Kohle- oder Atomstrom bis zu in- Informationen zum Windpark Honegg / ländischem Strom aus erneuerbaren Energien. Welche Oberfeld, Oberegg: www.appenzellerwind.ch Wahl getroffen wird, bestimmt dabei aber oft der Preis. 9 MAGNET Nr.3/2021
Thema Thursdays in Black Eintreten gegen Gewalt «Thursdays in Black» oder «Donnerstage in Schwarz», wie die Black Sash-Bewegung (schwarze was ist das? So die Frage der Redaktionsmitglieder Schärpe) in Südafrika, die gegen Apart- Anstecker Magnet, als Nicole Bruderer das Thema in einer Sit- heid und die Anwendung von Gewalt Eine geringe Anzahl Anstecker zung aufwarf. Die Nachforschungen ergaben, dass gegen schwarze Menschen protestier- können Sie gegen eine Spende gerade auch in Covid-19-Zeiten das Ziel der Kampa- ten. Das alles kann auf der Internet- vom ÖRK anfordern. E-Mail an gne, das Eintreten der Kirchen gegen sexuelle und seite des ÖRK detailliert nachgelesen media@wcc-coe.org. geschlechtsbezogene Gewalt wichtig ist. werden. Unterwegs zu einer Welt ohne Vergewaltigung und Ge- Aufgaben der Kampagne walt! Aber wie? Was kann ich als Einzelperson unter- «Donnerstage in Schwarz» ist eine weltweite Aktion, nehmen? Nichts leichter als das! Der Ökumenische Rat die sich gegen Gewalt und für ein Klima des Respekts der Kirchen schreibt: «Tragen Sie donnerstags schwarze einsetzt. Dabei soll die Farbe Schwarz Widerstand und Kleidung und dazu einen Anstecker, um zu zeigen, dass der Resilienz symbolisieren. Wer «Thursdays in Black» Sie Teil der globalen Bewegung sind, die sich gegen unterstützt, setzt ein Zeichen für Respekt, Sicherheit Haltungen und Handlungen auflehnt, die Vergewalti- und Gerechtigkeit für Frauen und Männer, Mädchen gung und Gewalt dulden.» und Jungen. Doch warum ist diese Kampagne gerade auch in Zeiten von Covid-19 so wichtig? Alles begann mit Frauen gegen Gewalt «Thursdays in Black» entstand aus der Dekade der Kir- Die zweite Pandemie chen in Solidarität mit den Frauen (1988–1998) des Die vermehrte Zunahme von Gewalt in der Covid-19- Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), in der Be- Zeit wurde schon als «Zweite Pandemie» bezeichnet. richte über Vergewaltigungen als Kriegswaffe, Ge- Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des Ökumenischen Ra- schlechtsbezogene Ungerechtigkeiten, Misshandlun- tes der Kirchen, formulierte ihre Gedanken im Kontext gen, Gewalt und viele Tragödien, die das Ergebnis sol- der «16 Aktionstage gegen geschlechtsspezifische Ge- cher Gewalt sind, viel Aufmerksamkeit fanden. Quel- walt», einer internationalen Kampagne, die jedes Jahr len der Inspiration der Kampagne waren die Mütter zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember von Verschwundenen in Buenos Aires, die immer don- durchgeführt wird, wie folgt: «Das Entwicklungspro- nerstags auf der Plaza de Majy gegen das Verschwinden gramm der Vereinten Nationen schätzt, dass mehr als ihrer Kinder während der Gewaltdiktatur demonstrier- 243 Millionen Frauen und Mädchen im Alter von 15 ten oder die schwarz gekleideten Frauen in Israel und bis 49 Jahren in den letzten zwölf Monaten Opfer von Palästina, die bis heute gegen Krieg und Gewalt protes- sexueller oder körperlicher Gewalt durch einem Intim- tieren. Aber auch die Frauen in Ruanda und Bosnien, partner geworden sind. Die Zahl wird aber wahrschein- die sich gegen die Verwendung von Vergewaltigung als lich noch weiter ansteigen, weil Sorgen in Bezug auf Kriegswaffen auflehnten dienten als Vorbilder ebenso Sicherheit, Gesundheit und Geld zu grösseren Span- nungen und Belastungen führen und diese wiederum durch die beengten Lebensverhältnisse und anderen Einschränkungen während und nach der Covid-19- Pandemie auch noch weiter verstärkt werden. Und als ob das noch nicht genug ist, ist die Gefahr für Frauen und Mädchen in Ländern und Gemeinschaften, in de- nen Krieg oder Konflikt herrscht, noch grösser, dass ihnen der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie sauberem Wasser, Nahrung und Menschenwürde ver- weigert wird.» Weiter beschrieb sie die Gefahren für Kinder infolge von Schulschliessungen und damit On- Ein Zeichen line-Unterricht. Hier bestünde zum einen Konfliktpo- setzen – tenzial im engen Zusammenleben zuhause und zum unaufdringlich und konse- anderen sei die Schule für einige Jungen und Mädchen quent. erst ein sicherer, täglicher Zufluchtsort. Ausserdem Quelle: iks nehme Cyber-Mobbing zu. Isabelle Kürsteiner MAGNET Nr.3/2021 10
Weitblick Herzlich willkommen! Neue Pfarrerin in Grub-Eggersriet Verwurzelt der Mensch, Ab März 2021 darf ich vorläufig als der darauf vertraut, STV-Pfarrerin für Grub-Eggersriet tä- dass es wohl auf ihn ankommt, tig sein, worauf ich mich riesig freue! aber letztlich nicht von ihm abhängt. Geboren bin ich 1968 im sanktgalli- (Psalm 1,1, nach Pierre Stutz) schen Werdenberg, habe in Zürich, Bern und Halle / Saale (ehemalige DDR) GOTT, schenke mir die Gelassenheit, Theologie studiert und wurde 1994 in das anzunehmen, was ich nicht Frutigen BE ordiniert. Danach war ich ändern kann. in Aarberg BE, Teufen AR, St. Gallen- GOTT, schenke mir den Mut, Tablat als gewählte Pfarrerin sowie als das zu ändern, was ich ändern kann. STV in verschiedenen Gemeinden und GOTT, schenke mir die Weisheit, Funktionen in den Kantonen TG, ZH, das eine vom anderen zu unterscheiden. GR, AR und SG tätig. (englisches Pilgergebet) In dieser Zeit habe ich mich weiter- und ausgebildet in ressourcen- und sinn- Musik drückt das aus, was nicht gesagt orientierter Seelsorge, Palliative und «Zu Gast auf Erden») sowie zur Wander- werden kann – und worüber zu Spiritual Care, Journalismus- und Öffent- führerin. Besonders am Herzen liegen schweigen unmöglich ist. lichkeitsarbeit, Tourismusmanagement mir Begegnungen und Vernetzung von (Victor Hugo) (Kirche / Spiritualiät und Tourismus – Kultur, Musik und Kirche; die öffentlich- gesellschaftliche Rolle der Kirche. Ein weiter Horizont und eine beherzte Zu- sammenarbeit, auch ökumenisch, inter- religiös und interdisziplinär. In meiner Freizeit bin ich gern in den Bergen, auf Ski-, Wander- und Velo- touren, an Seen und Flüssen, liebe gute Musik, Filme, Theater; selber habe ich mit «Röbi & die Reformanzen» gar ei- Die evangelisch-reformierte Landeskirche beider Appenzell sucht infolge Rücktritt des bisherigen nen Abstecher in die Welt des Kabaretts Amtsinhabers per 1. September 2021 oder nach Vereinbarung gemacht. Ich lese und schreibe gerne, schätze das Zusammensein mit Freun- eine Präsidentin/einen Präsidenten des Kirchenrats den und Familie, gutes Essen und einen (40-%-Pensum) guten Tropfen dazu. Was ich sehr anre- Aufgaben: gend und spannend finde: die Tatsache, • Sie präsidieren die oberste leitende, planende und vollziehende Behörde der evangelisch- dass die Kirchgemeinde Grub-Eggers- reformierten Landeskirche beider Appenzell. • Sie vertreten mit Ihren Kolleginnen und Kollegen im Kirchenrat die Landeskirche nach innen und riet wirklich eine Grenzgängerin ist: aussen. zwei Kantone, zwei politische Gemein- • Sie vertreten den Gesamtkirchenrat in Abordnungen und Delegationen schweizerischer Gremien. den, drei verschiedene Dörfer, konfessi- • Sie arbeiten mit der Synode, dem Pfarrkonvent, der Geschäftsprüfungskommission und der Geschäftsstelle zusammen. onell. Ich liebe Grenzgänge, und glaube, • Sie führen das Ressort Gemeinden. dass Grenzerkundungen und Grenzer- • Sie setzen den sich im Gang befindlichen Prozess zur Totalrevision der Kirchenverfassung um. fahrungen unseren Horizont und unser Anforderungen: Herz erweitern können – wenn wir nur • Sie bringen Management- und Führungserfahrung in sozialen Organisationen mit und sind vertraut parat sind! In diesem Sinne: Danke, mit Transformationsprozessen. dass ich eine Zeitlang bei und mit Ihnen • Sie besitzen strategisch-konzeptionelle Stärken und die Fähigkeit, vernetzt zu denken und zu handeln. unterwegs sein darf! • Sie verfügen über politisches Fingerspitzengefühl und sind in der Lage, aus divergierenden Wenn Sie einen Besuch oder Kontakt Meinungen tragfähige Lösungen zu erarbeiten. wünschen oder sonst ein (seelsorgerli- • Sie sind Mitglied der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell und Glaubensfragen sind Ihnen ein Anliegen. ches, kirchliches, theologisches) Anlie- gen haben, freue ich mich sehr, wenn Wir bieten: sie sich melden, damit wir etwas abma- • Unterstützung durch eine engagierte Geschäftsstelle. • Zeitgemässe Anstellungsbedingungen nach den Vorgaben der evangelisch-reformierten Landes- chen können! Tel. 077 400 34 55 oder kirche beider Appenzell. marilene.hess@bluewin.ch Haben wir Ihr Interesse geweckt? Ihre Bewerbungsunterlagen senden Sie bitte bis 31. März 2021 an: Sibylle Blumer, Präsidentin der Synode der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell, Ich freue mich auf gute Begegnungen Oberes Moos 2, 9107 Urnäsch, 071 364 24 11, sibylle.lario@bluewin.ch. und eine gute Zeit im Appenzeller Vor- derland! Marilene Hess 11 MAGNET Nr.3/2021
Weitblick St. Galler Corona-Bibel Im Zeichen des Frauenstimmrechts Feier zur Übergabe Prioritäres Thema 2021 Nach den Feiern wird je ein Original- band der St. Galler Corona-Bibel in ei- Die Evangelischen Frauen Schweiz EFS ner kleinen Prozession in die Kathedra- setzen in diesem Jahr das Thema Betei- le gebracht und dort dem Stiftsbiblio- ligung von Frauen prominent auf ihre thekar Cornel Dora zur Aufbewahrung Agenda. Für die EFS ist die gleichbe- übergeben. Zur Teilnahme ist eine rechtigte Partizipation von Frauen in Platzreservation erforderlich. Da die der Kirche und in der Politik ein wich- Mitschreibenden Vorrang haben, ist ei- tiges Anliegen. Sie werden anlässlich ne Reservation für die breite Öffent- des Frauenstimmrechtsjubiläums ge- lichkeit erst ab dem 1. März via meinsam mit anderen Verbänden Ta- www.kathsg.ch/reservation möglich. gungen und Aktionen wie «Helvetia predigt» organisieren. Mitfeiern von zuhause – Livestreams Die Delegiertenversammlung der Die Feier vom 14. März um 14.45 Uhr EFS im Mai wird ganz im Zeichen des in St. Laurenzen kann per Livestream Jahresthemas «Beteiligung» stehen. mitgefeiert werden: www.ref-sg-live.ch Frauen aus kirchlichen Spitzenpositio- nen werden aus ihrem Alltag erzählen. Auch die anschliessende Feier um Dabei zeigen die EFS auf, warum es die 15.45 Uhr in der Kathedrale wird über- Stimme der Frauen in der Kirche tragen: www.bistumsg-live.ch braucht und wie Frauen Gehör finden. Der 1. August fällt 2021 auf einen Sonntag. Gemeinsam mit konfessionel- len Frauenorganisationen motivieren die EFS Pfarrerinnen und Theologinnen dazu, sich an diesem Tag auf die Kan- zeln oder an die Abendmahlstische zu stellen. Mit der Aktion «Helvetia pre- digt» sollen Frauen in der Kirche sicht- In der Zeit des 1. Lockdowns schrieben bar und hörbar werden. rund 1000 Menschen aus St. Gallen, Zusammen mit den anderen Frauen- der Schweiz, Österreich, Deutschland dachverbänden sind die EFS am Frauen- und aus vielen anderen Ländern jeweils rütli der Schweizerischen Gemeinnüt- ein Kapitel der Bibel ab. Etliche schrie- zigen Gesellschaft am Ersten August be- ben auch noch Kommentare dazu oder teiligt. Die Feier würdigt die Frauen fertigten Illustrationen an. Daraus ent- und ihr Engagement. Im Oktober orga- stand die aus sieben Bänden bestehen- nisieren die Frauendachverbände ge- de St. Galler Corona-Bibel, die nun zum meinsam eine Frauensession in Bern, Jahrestag des Lockdowns, der St. Galler in der die aktuellen und drängenden Stiftsbibliothek als einzigartiges Zeit- Gleichstellungsfragen diskutiert wer- zeugnis übergeben wird. Aufgrund der den. Mit beiden Veranstaltungen wird geltenden Schutzmassnahmen wird es sichtbar gemacht, wie wichtig es ist, drei dezentrale Feiern geben, zu denen dass sich Frauen am politischen Prozess Initiator Uwe Habenicht und das Team beteiligen können. der katholischen CitySeelsorge herzlich einladen. Alle Seiten der St. Galler Corona-Bibel können bereits jetzt unter www.coronabibel.ch angeschaut wer- den. Übergabefeiern Sonntag, 14. März, 13.00 Uhr, Evang.-ref. Kirche Bruggen Sonntag, 14. März, 14.30 Uhr, Kirche St. Maria Neudorf Sonntag, 14. März, 14.45 Uhr, Evang.-ref. Kirche St. Laurenzen MAGNET Nr.3/2021 12
Weitblick «Gott und d’Welt» neu «fadegrad» Der neue Podcast «fadegrad» heisst der neue Podcast Praktikantin bei der evang.-ref. Kirche cherin vor rund einem Jahr von Char- der katholischen und evangelisch- des Kantons St. Gallen sowie der Tog- lotte Küng und begleitete dabei die Um- reformierten Kirchen der Kantone genburger Journalistin Lara Abder- stellung von der Radiosendung zu län- St. Gallen und beider Appenzell. halden. geren Podcast-Talks. «Mit diesem «Wir fragen Menschen, warum sie Wechsel passen wir uns dem aktuellen tun, was sie tun und wie sie geworden Zeitgeist an: Immer weniger konsumie- sind, wer sie sind – und das ‹fadegrad›, ren lineares Radio, sondern hören sich direkt und unverblümt», erklärt Ines gezielt ihre Sendungen und Podcasts im Schaberger das Konzept des Podcasts. Web oder per App an, wann und wo sie Eine «fadegrad»-Folge dauert rund Lust dazu haben.» dreissig Minuten. «Das ist einer der grossen Vorteile von Podcasts. Ich kann Hier ist der Podcast zu finden mit den Gästen ein Thema vertieft be- Folge «0» ist bereits zu hören, ab dem sprechen». 12. Februar erscheint alle zwei Wochen ein Podcast zu Themen rund um Leben, Dialog erwünscht Beziehungen, Sport, Gesellschaft, Glau- Als weiteres Plus des Podcast-Formats be und Nachhaltigkeit. nennt die Religionspädagogin und Jour- Auf der Webseite www.fadegrad-pod- nalistin die Interaktion: «Neu können cast.ch sind sämtliche Folgen abrufbar. via Mail oder Instagram Themenideen Zudem kann «fadegrad» überall dort oder Kommentare platziert werden, so abonniert werden, wo es Podcasts gibt: Er löst das bisherige Radio- / Podcast- kann jeder und jede mitdiskutieren», so zum Beispiel auf «Spotify» oder «Apple- Projekt «Gott und d’Welt» ab. Der Reli- Ines Schaberger. Diese Dialogformen Podcast». Zusätzliche Hintergrundinfos gionspädagogin und Journalistin Ines entsprechen denn auch voll und ganz und kurze Videos zu den Folgen gibt es Schaberger obliegt die Leitung des Pod- dem Verständnis von gelebter Kirche auf Instagram: https://instagram.com/ casts. Unterstützt wird sie von der der 27-Jährigen. Das «Radio-Pfarramt» fadegrad_podcast. Rheinthalerin Samantha de Keijzer, übernahm die gebürtige Niederösterrei- Beten mit den Perlen des Glaubens Einführungsanlass Beten ist vielleicht die natürlichste Sa- kann mich von den Perlen am Handge- Wir tauschen aus, wie es uns geht und che der Welt. Wir sind mit jedem lenk begleiten lassen, so verknüpft sich was uns in dieser Zeit Kraft gibt. Dann Atemzug in Zwiesprache mit unserem das Beten fast von allein immer mehr stellen wir die Perlen des Glaubens vor, Schöpfer. Wie jede Beziehung tiefer mit meinem Alltag. Am Einführungs- eine schöne Leitlinie, um das eigene und beglückender wird, je mehr wir samstag am 6. März, in folgenden Mon- Beten zu vertiefen, ein Schmuck, der uns aufeinander einlassen, so ist es tagsmeditationen und im Wochenende uns immer wieder zum Beten glustig auch in der Gottesbeziehung. vom 4./5. September in der Kartause macht. Und Beten ist schliesslich das, Ittingen machen wir uns mit den Perlen was unser inneres Leben entstaut, be- Ich kann es üben, zu hören, zu loben, des Glaubens bekannt und sind mit die- wässert, durchlässig und frei macht. für andere zu beten, mein Leben vor ser Gebetsunterstützung unterwegs. Al- Und was bräuchten wir mehr in sol- Christus zu bringen. Je mehr ich bete, le Modulteile können ohne Vorkennt- chen Zeiten? desto leichter wird mir mein Leben. Der nisse und unabhängig voneinander be- Heilige Geist darf sucht werden. Leitung: Pfrn. Esther Furrer, mich unterstützen, Pfr. Bernard Huber, Silvia Halter. beflügeln, mir neue Einführung: Samstag, 6. März, per Zoom Last Minute-Anfragen bitte bis am Don- Einsichten schenken. von 9.15 bis 10.45 Uhr nerstag, 4. März 2021, per Mail an Mit den Perlen esther.furrer@ref-herisau.ch des Glaubens kann Kosten: Für die Teilnahme keine, für ich mein Sein in Gott Perlenband und Buch knapp CHF 30.– Weitere Infos finden Sie auf unserer sinnlich und farben- Voraussetzung: Computer mit Internet- Homepage oder erhalten Sie im Sekre- froh gestalten. Ich anschluss, Kamera und Mikrophon. tariat. 13 MAGNET Nr.3/2021
Weitblick Verhüllungsverbot Nein danke! Die «Burka» wird viel häufiger in Me- Forschung widerspricht damit dem gän- dien und Politik diskutiert, als dass gigen Bild, welches in der Öffentlichkeit IRAS COTIS ist: sie auf der Strasse tatsächlich anzu- und den Medien von «Burka-Trägerin- Die Interreligiöse Arbeitsgemein- treffen ist. Gemäss einer neuen Stu- nen» gezeichnet wird. Abgesehen davon schaft in der Schweiz IRAS COTIS die der Uni Luzern* gibt es in der gab es bislang keine Gefährdung oder ist ein Verein mit rund 80 institu- Schweiz maximal 20 bis 30 Frauen, Anschläge, in welche Frauen mit Ge- tionellen Mitgliedern, darunter die den Gesichtsschleier Nikab tra- sichtsschleier involviert gewesen wären. Gemeinschaften der in der gen. Zu diesem Thema einen Verfas- Schweiz ansässigen Religionen sungszusatz einzuführen, ist weder Unnötige Kleidervorschriften sowie kantonale und regionale in- sinnvoll noch verhältnismässig. Klei- Das Gesicht zu zeigen, ist in gewissen terreligiöse Foren und Arbeits- dervorschriften widersprechen den Fällen unerlässlich. Dass der Staat für kreise. Mit Projekten gibt das na- Grundsätzen einer weltoffenen, mo- die Erbringung von Dienstleistungen tionale Netzwerk Impulse zum dernen Schweiz. die Offenlegung der Identität verlangen multireligiösen Leben und Zu- darf, ist im indirekten Gegenvorschlag sammenleben in der Schweiz und Bei den meisten «Burka-Trägerinnen», geregelt. Kleidervorschriften sind ein fördert Austausch, Dialog und Zu- die in den Sommermonaten in der Eingriff in die individuellen Freiheits- sammenarbeit zwischen Men- Schweiz unterwegs sind, handelt es rechte und das Selbstbestimmungs- schen mit unterschiedlichem reli- sich um Touristinnen aus Saudi-Arabien recht. Es gibt keinen plausiblen Grund, giösem und kulturellem Hinter- und der Golfregion. Sie sind in den Tou- in der Schweiz Frauen vorzuschreiben, grund. So will der Verein Vorur- ristenregionen ein Wirtschaftsfaktor was sie anziehen dürfen und was nicht. teile und Ängste abbauen und und bilden keinerlei Gefährdung der zum sozialen Zusammenhalt in Öffentlichkeit. Die zwei Duzend in der Eine offene Gesellschaft fördern der Schweiz beitragen. Schweiz wohnhaften «Burka»-tragen- IRAS COTIS steht für die Vielfalt des www.iras-cotis.ch den Frauen sind eine winzige Minder- religiösen Ausdrucks, auch dort, wo er heit innerhalb der muslimischen Min- für die Mehrheit der Gesellschaft viel- derheit. Wie die oben genannte Luzer- leicht befremdlich und irritierend wirkt, dient wie schon das Minarettverbot der ner Studie herausgefunden hat, tragen solange dadurch niemand zu Schaden Bewirtschaftung islam- und muslim- sie diese Kleidung freiwillig und aus kommt und die Freiheit anderer nicht feindlicher Gefühle und kann zur Radi- einer persönlichen religiösen Motiva- eingeschränkt wird. IRAS COTIS legt kalisierung beitragen. IRAS COTIS tion heraus. Wert auf die Gleichstellung der Ge- setzt sich ein für den Zusammenhalt in schlechter und unterstützt Massnah- einer offenen und pluralen Gesellschaft Keine Bedrohung men zur Gleichstellung und Förderung mit all ihren Facetten und lehnt des- Diese wenigen Frauen bilden keine ho- von Frauen – in den Religionsgemein- halb ein Verhüllungsverbot entschie- mogene Gruppe, gehören nicht notwen- schaften und in der ganzen Gesellschaft. den ab. digerweise einer Organisation an und Das «Burkaverbot» bearbeitet ein Prob- *Andreas Tunger-Zanetti, Verhüllung. sind untereinander kaum vernetzt. Die lem, das es als solches gar nicht gibt, Die Burka-Debatte in der Schweiz, 2021 Seminar soziales Engagement Informationsanlass «Veränderung, etwas Neues wagen? Ich die Herausforderungen im eigenen ge- Infos und Anmeldung auf: will etwas tun, mit anderen Menschen sellschaftlichen Umfeld. Auch an der www.caritas-stgallen.ch/sse oder am In- zusammen, aber wie?» Seit 30 Jahren eigenen Selbstkompetenz wird gefeilt, formationsanlass am Dienstag, 22. März, bildet das Seminar Soziales Engagement denn wer helfen will, tut gut, sich selbst 9.00 bis 11.00 Uhr im Andreas-Saal ne- jährlich Engagierte in ihrer Sozial-, Fach zu kennen. ben der kath. Kirche in Gossau. und Handlungskompetenz weiter. An Das Seminar findet ab dem 19. April 21 Halbtagen werden Einblicke in mög- jeweils montagvormittags im Andreas- liche Themenfelder wie Migration, Al- Saal in Gossau statt. Die Sommerferien ter, Krankheit, Armut etc. vermittelt sind kursfreie Zeit. Der Kurs wird von und das Bewusstsein für soziale Anlie- beiden Landeskirchen subventioniert. gen gestärkt. Das Seminar ermöglicht den Besuch von sozialen Einrichtungen Der verbleibende Kursbeitrag für die der Region und vertieft das Wissen über Teilnehmenden beträgt Fr. 900.– MAGNET Nr.3/2021 14
Weitblick Vanuatu Kultur und Kirche Das Christentum traf in Vanuatu auf ei- Naturgeistern, Tabus und Regeln, wel- ne Kultur, die keine Trennung von Dies- che die Beziehung zur Schöpfung regel- seits und Jenseits kannte. Die Geister ten. Viele Erzählungen berichten davon, und Götter können beeinflusst werden zum Beispiel diese von der Insel Tanna: und reagieren auf die Taten der Men- Vor langer Zeit traf Ko-oman beim Jagen schen mit Bestrafung, z.B. Krankheit, eine schöne grüne Taube und konnte oder mit Belohnung, z.B. den Früchten sie nicht schiessen. Da setzte sich die des Feldes und einem guten Leben. Vie- Taube auf seinen Pfeil und sagte: les wurde aus der Kultur in die neue «Schiess mich nicht. Folge mir und ich Religion übernommen, so etwa die Aus- zeige dir etwas.» Als er ihr zu einer einandersetzung von guten und bösen Quelle folgte, da verschwand die Taube Mächten, die Wichtigkeit von Heilung, und ein wunderschönes Mädchen er- und des erhofften Wohlergehens als Be- schien und sagte: «Ich bin die Taube. lohnung für das Einhalten der Gebote Nimm mich in dein Haus.» Ko-oman Gottes. nahm sie in sein Haus in dem er mit arten und Zuckerrohr. Die Vogelfrau be- Nach wie vor leben die meisten Be- seiner Mutter lebte. Nachts flog die kam einen Sohn und sie lebten zufrie- wohner Vanuatus von ihren eigenen Taube fort und am Morgen lagen Wur- den zusammen. Als eines Tages die Vo- Gärten und in enger Verbindung zur zeln und Früchte vor dem Haus, die gelfrau und Ko-oman weg waren und Schöpfung. Vor Ankunft der christli- Yam, die seitdem Hauptnahrung der das Baby schrie, schimpfte es die Gross- chen Mission gab es eine Vielzahl von Menschen ist, verschiedene Bananen- mutter aus. Als die Vogelfrau zurückkam, wurde sie darüber sehr zornig. Sie nahm das Baby und verliess das Haus. Als Ko-oman heimkehrte und sah, dass seine Frau und sein Kind weg waren, rannte er ihnen bis zur Küste hinterher und stiess sich dort aus Trauer einen Pfeil ins Herz, worauf er in einen Felsen verwandelt wurde, den man bis heute dort sehen kann. (Aus Nabanga. An illustrated Anthology of the oral tradi- tions of Vanuatu, S. 245). Diese Geschichte zeigt, wie wichtig die Familie und die richtige Beziehung zur (beseelten) Natur ist. Natürlich ist heute vieles im Umbruch. Früher wur- den die Ehen zwischen den Familien Traditionelles geschlossen, während die zukünftigen Handwerk. Partner noch Kinder waren. Der Braut- Bilder: WGT preis (der Familie des Mannes an die der Frau) wurde in Schweinen, Matten oder Yams entrichtet. Heute wählen die jungen Leute selber ihre Partner, und der nach wie vor zu entrichtende Braut- preis wird (zum Teil) in Geld bezahlt. Durch die andauernden Kontakte mit der modernen Welt veränderte sich vieles und die Religion war ein Weg, da- rauf Antworten zu finden. Die Begeg- nung mit nie zuvor gesehenen westli- chen Gütern des amerikanischen Militärs während des Zweiten Weltkrie- ges liess sogenannte Cargo Kulte entste- hen (Cargo = Fracht), die bisweilen bis heute bestehen oder in neuer Form auf- flammen. Sie waren ein Versuch, diese Länderflagge Vanuatu. Dinge, die wie vom Himmel gefallen 15 MAGNET Nr.3/2021
Weitblick Frauen gestärkt, die in manchen Gegen- den die Last der schweren Arbeiten zu tragen hatten und unter Gewalt litten. So berichtete eine Pfarrfrau: «Mein Mann war früher Lehrer. Er war jähzornig und schlug die Kinder oft. Dann hat uns das wenige Gehalt nicht mehr gereicht und er bewarb sich für die Pfarrerausbildung unserer anglika- nischen Kirche. In unserer Kultur ge- horchen die Frauen den Männern. Doch ich war dumm. Denn Gott hatte einen Plan und ich erkannte ihn nicht. kommen die Eltern zurück. Der Mann Sandbild mit Heute danke ich Gott jeden Tag. Denn ruht sich dann aus. Aber für die Frau traditionellem Gottes Liebe hat meinen Mann geht es weiter. Essen kochen für die Muster. verändert. So bin ich als Pfarrfrau der ganze Familie, Wäsche waschen. Die ‹Mother’s Union› beigetreten, das ist Schulkinder kommen erst zwischen eine Vereinigung der Frauen in der Kir- 5.00 und 6.00 Uhr abends. Wir haben che. Ich habe einen Schwur getan, keine Schule am Ort, so müssen sie drei Frauen in allen Lebenslagen zu Stunden zum nächsten Dorf laufen und unterstützen, Kindern zu helfen und drei Stunden zurück. meinen Mann zu unterstützen. Deshalb Mein Sohn braucht vielleicht keine akzeptiere ich, was immer ich in der andere Arbeit, er wird das Land erben, Kirche gefragt werde. Ob es nun heisst, denn bei uns gehört das Land den die Kirche zu putzen oder eine Andacht Männern. So muss ich meinen Töchtern vorzubereiten, ob ich unverheirateten sagen, sie müssen für die Männer in der Müttern beistehen soll oder die Sonn- Familie kochen, wenn mein Blut fliesst. tagsschule für die Kinder halten – ich Ich darf auch nicht auf die Felder gehen. tue es gerne, ich habe es Gott verspro- Sollte ich es doch tun, und stell dir vor, chen. Die Frauen in meinem Dorf sind mein Mann würde Bauchweh bekom- den ganzen Tag am Arbeiten. Alle kom- men, dann wäre ich schuld! Weltgebetstag- schienen, mit Hilfe der Religion zu ver- men zur Morgen- und Abendandacht in Ich hoffe nur meine beiden Töchter Bild 2021. stehen. Da das ganze Leben auf dem die anglikanische Kirche. Danach ge- sind stark und haben Mut, die Schule Prinzip der Gegenseitigkeit beruht, hen Mann und Frau zusammen auf ihre zu beenden und eine Ausbildung anzu- werden den Geistern oder Gott Gaben Felder, die Kleinen kommen in den Kin- fangen. Meine Älteste soll Kranken- oder Verzichtleistungen gebracht, da- dergarten. Um 4.00 Uhr nachmittags schwester werden. Wir können das mit sie mit Gegengaben antworten wer- den. Dieses religiöse Denken konnte sich auch in den neuen Pfingstkirchen fortsetzen, welche darauf bestehen, dass Gottes Geist erfahrbar sein muss (z.B. in Zungenreden oder Wundern) und durch entsprechende Handlungen wie häufiger Gottesdienstbesuch, Ga- ben an die Kirche und Fasten eine posi- tive Belohnung durch Gott erfolgen wird. Die Vielzahl an Kirchen, die Einflüsse der Globalisierung, der Weg- zug vieler jüngerer Leute in die Stadt und Konflikte um Landbesitz haben den Respekt für die traditionelle Kultur geschwächt, wie von vielen Älteren be- klagt wird. Diese Einflüsse haben je- Port Villa, doch auch das traditionelle Patriarchat Hauptstadt in Frage gestellt und die Stellung der Vanuatus. MAGNET Nr.3/2021 16
Sie können auch lesen