GOVERNMENT TECHNOLOGY - DIGITALE LÖSUNGEN FÜR STAAT UND VERWALTUNG - Handelsblatt ...
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KRISENMANAGEMENT STARKE SZENE E-ESTONIA MARCHES AHEAD Weshalb datenbasiertes Innovative GovTech-Lösungen Estland auf bestem Weg zur Regieren die Norm sein muss warten auf ihren Einsatz KI-gestützten Verwaltung Eine Sonderveröffentlichung von Euroforum Deutschland AUGUST 2021 | WWW.HANDELSBLATT-JOURNAL.DE GOVERNMENT TECHNOLOGY DIGITALE LÖSUNGEN FÜR STAAT UND VERWALTUNG Medienpartner
2 INHALT | IMPRESSUM Die Themen dieser Ausgabe GRUSSWORT OPEN SOURCE 8 Digitaler Staat? Vertrauen! 3 Digitale Souveränität: Allheilmittel Open Source? (Adv.) 15 Smart, souverän & skalierbar: Die Vorteile INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN einer Open Source-Datenplattform für Städte & Regionen (Adv.) 25 Innovationen an den Staat bringen – mit GovTech-Startups (Adv.) 4 Weiterbildung neu denken 10 STARKER STANDPUNKT Procurement for Good: Staat und Verwaltung endlich konsequent Wie die öffentliche Beschaffung digitalisieren! 16 15 den Tech-Standort stärken kann 12 Aufbruch ins Zukunftsland: Kann der Staat bürgerzentrierte Modern geht anders 18 Digitalisierung? 20 Leben retten mit smarten Daten 22 BEST PRACTICE e-Estonia marches ahead 8 Politische Wahlen in Deutschland schützen (Adv.) 11 22 Datenbasiertes Regieren als neue Norm 24 Förderung braucht eine digitale Revolution (Adv.) 26 IMPRESSUM Fotos: Annika Haas, BWI GmbH, Getty Herausgeber Projektleitung (V.i.S.d.P.) Art Direction & Layout Titelbild Euroforum Deutschland GmbH Christiane Daners, Solutions by Handelsblatt iStock Photo, Alamy Toulouser Allee 27 Handelsblatt GmbH Media Group GmbH 40211 Düsseldorf c.daners@handelsblattgroup.com Toulouser Allee 27 • 40211 Düsseldorf Medienpartner Tel.: +49 (0)211.88743-3829 solutions-hmg.com www.handelsblatt-journal.de Redaktionsleitung Nicola Csepella, Druck Handelsblatt GmbH Süddeutscher Verlag n.csepella@handelsblattgroup.com Zeitungsdruck GmbH, München Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
GRUSSWORT 3 Digitaler Staat? von Dorothee Bär Vertrauen! Z ugegeben: Schon vor der Pandemie haben wir Entscheidend: Datenschatz heben gewusst, dass unsere Verwaltung, unser Bil- Weiterhin ist von entscheidender Bedeutung, dass wir dungs- oder Gesundheitssystem digitaler wer- endlich das Potenzial von Daten ausschöpfen. Derzeit den müssen. Doch plötzlich wurde für alle werden Schätzungen zufolge über 90 Prozent aller vor- spürbar, wie wichtig es ist, Entscheidungen handenen Daten gar nicht genutzt. Im Januar 2021 ha- auf der Grundlage von Daten zu treffen oder Verwal- ben wir im Kanzleramt die Datenstrategie initiiert: Mit tungsdienstleistungen digital abwickeln zu können. Es über 230 Maßnahmen fördern wir die innovative Daten- wurde deutlich: Die digitale Transformation des Staates nutzung in Wirtschaft und Gesellschaft. Heute sind be- ist entscheidend für seine Funktionalität und das Ver- reits 71 Prozent der Maßnahmen angestoßen. Dabei gilt, trauen der Bürgerinnen und Bürger in ihn. dass der Staat als Vorbild dienen muss. Deswegen wer- den wir Chief-Data-Scientists und Datenlabore in allen Grundlegend: Digitale Identität Ministerien verankern, um öffentliche Daten leichter nut- Heute sind bereits 315 von 575 Verwaltungsdienstleis- zen zu können. tungen online verfügbar, allerdings nicht überall. Damit die Alltagsdigitalisierung schneller ankommt, haben wir Essenziell: Die Menschen im letzten Jahr drei Milliarden Euro zusätzlich mobili- Rückgrat des Staates bei dieser Transformation sind die siert. Doch wie weisen wir uns gegenüber den Behör- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit ihre Stärken den in Zukunft aus, um solche Leistungen zu nutzen? bestmöglich zur Geltung kommen, haben wir in dieser Dafür braucht es digitale Identitäten. Denn die Formel Legislatur wichtige Schritte unternommen: Mit unserem lautet: Ohne digitale Identität keine digitale Verwaltung. Dorothee Bär, bundeseigenen Startup DigitalService4Germany entwi- Fehlende digitale Nachweise und die Möglichkeit, diese Staatsministerin im Bundeskanzleramt für Digitalisierung ckeln wir nicht nur eigene Software-Lösungen, sondern zu teilen, sind eines der größten Digitalisierungshemm- mit Fellowship-Programmen wie Tech4Germany, Work- nisse unserer Zeit. Denn die Identität ist nicht bloß der 4Germany oder dem ada-Fellowship auch neue Arbeits- Name oder die Wohnanschrift. Vielmehr sind viele wei- weisen, Kompetenzen und Organisationsstrukturen. tere Eigenschaften einer Person wie Ausbildung, Beruf stellt, verwaltet und selbstbestimmt von unseren Bür- Passend dazu haben wir u.a. mit der Bundesagentur oder Familienstand Teil der Identität. gern digital per Handy geteilt werden können, und zwar für SPRIND-Innovationen den Verein „GovTech Campus Gerade im Kontakt mit der Wirtschaft reicht es häu- EU-weit. Deshalb habe ich Ende Juli mit meiner spani- Deutschland“ gegründet. Wir wollen an verschiedenen fig nicht, dass Sie sagen, wer Sie sind. Sie müssen es auch schen Kollegin eine gemeinsame Erklärung zur Schaf- Standorten GovTech-Campusse errichten, an denen wir belegen können. Stellen Sie sich vor, sie hätten diese fung eines Ökosystems digitaler Identitäten unterzeich- innovative Akteure zusammenbringen: Forschung und Nachweise in digitaler Form und könnten bei der Kon- net, das grenzüberschreitend funktioniert und zugleich Unternehmen genauso wie Staat und Startups. Denn wir toeröffnung nicht nur nachweisen, wer Sie sind, sondern auf staatlich ausgestellten Identitätsdokumenten und di- wollen uns für Ideen und Lösungen der Tech-Commu- auch gleich belegen, wie die/der Partnerin oder Partner gitalen -nachweisen beruht. nity öffnen. Deutschland kann sich dabei als führender heißt, die/der die Kontovollmacht bekommen soll. Um Anwendungsfälle zu schaffen, schmieden wir ei- Standort auf eine starke GovTech-Szene verlassen. Schon nen Pakt mit der Wirtschaft. Mit unserem Hotel-Check- heute haben über 300 solcher Startups ihren Hauptsitz Knackpunkt: Digitale Souveränität In, der ermöglicht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbei- in Deutschland. Digitale Identitäten sind gleichzeitig eine bedeutende ter bestimmter Unternehmen sich über eine Smartphone- Die Grundlagen für den notwendigen Wandel sind Säule digitaler Souveränität. Heute nutzen viele die Log- App bei teilnehmenden Hotel ausweisen können, haben gelegt. Die Fortschritte werden aber nur dann vollum- In-Lösungen großer Plattformen, ohne zu wissen, was wir das erste Pilotprojekt gestartet. Ich habe außerdem fänglich an Deck ankommen, wenn dieser Weg weiter- mit ihren Daten außerhalb Europas genau geschieht. Mit sehr dafür gekämpft, die digitale Kontoeröffnung zu er- verfolgt wird. Wir wollen, dass sich unsere Strukturen einer dezentralen Lösung legen wir daher die Datenho- möglichen, und freue mich, dass wir Ende Juni die Ge- durch Durchlässigkeit, Offenheit und Flexibilität aus- heit zurück in die Hand jeder und jedes Einzelnen. Wir setzesänderung im Geldwäschegesetz beschlossen ha- zeichnen. Modernisierungsteams und Innovationsein- Foto: privat als Bundesregierung wollen eine Infrastruktur entwi- ben, die hierfür den Weg ebnet. Die damit verbundene heiten in allen Teilen der Verwaltung sind dafür Voraus- ckeln, mit der Nachweise jedweder Art – vom Personal- Steigerung der Effizienz in Verwaltung und Wirtschaft setzung. Wir wollen einen modernen Staat, der das Ver- ausweis bis hin zum Hochschulzeugnis – sicher ausge- birgt ein enormes Potenzial. trauen seiner Bürgerinnen und Bürger genießt. ■ Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
4 INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN ADVERTORIAL Innovationen an den Staat bringen – mit GovTech-Startups Die Digitalisierungsdefizite des öffentlichen Sektors sind groß. Verwaltungen haben aber oft kaum Zugang zu technologischen Innovationen. Das wollen verschiedene Initiativen jetzt ändern – indem sie die Verwaltung mit innovativen Startups zusammenbringen. von Prof. Dr. Rainer Bernnat und Frederik Blachetta C ovid-19 hat die „digitalen Lücken“ der öffent- fassenden Kompetenzen und finanziellen Mitteln. So äu- lichen Verwaltung schonungslos offengelegt ßert sich nicht mehr nur die Tech- und Gründerszene, – einmal mehr: Der öffentliche Sektor hinkt sondern immer häufiger auch die Politik selbst. Und die dem Privatsektor in Sachen Innovationsfreu- Gelegenheit wäre in der Tat günstig, Startup-Innovatio- digkeit hinterher, und das seit mindestens nen für den öffentlichen Sektor zu nutzen, um damit 20 Jahren. Deutlich mehr Schwung in die Digitalisierung dessen Rückstand zu verringern. des öffentlichen Sektors hat das Onlinezugangsgesetz gebracht, das Bund, Länder und Kommunen dazu ver- Kooperationen scheitern häufig an komplexen pflichtet, 575 Dienstleistungen bis Ende 2022 digital ver- Strukturen und Vergaberichtlinien fügbar zu machen. Immerhin: Es geht voran. Vergleicht Wie aber lassen sich Verwaltung und Startups besser man jedoch das Digitalisierungstempo der Verwaltung vernetzen? Schließlich sind die Rahmenbedingungen im mit der Privatwirtschaft, so wird die Innovationskluft öffentlichen Sektor deutlich komplexer als in der Privat- immer größer. wirtschaft; es bestehen insbesondere vergabe- und wei- tere rechtliche Beschränkungen. Um Risiken zu mini- Innovationskluft zwischen Verwaltung mieren, bestehen auf Nachfrageseite oft strikte Mindest- und Privatwirtschaft kriterien, die Startups meist nicht erfüllen können, weil Um diese Lücke zu schließen, reicht es nicht mehr aus, ihnen als jungen Unternehmen zum Beispiel oft noch den technologischen Status quo der Verwaltung inkre- Referenzkunden oder eine Umsatzhistorie fehlen. Wei- mentell weiterzuentwickeln. Solch eine Mammutaufgabe Prof. Dr. Rainer Bernnat, tere Hürden auf Seiten der Verwaltung sind ein gerin- braucht disruptive Innovationssprünge – schauen wir Geschäftsführer und Partner, Leiter Öffentlicher Sektor, ges Maß an Agilität in Aufbau- und Ablaufstrukturen so- nur auf Themen wie Datenmanagement und -analyse, PwC Strategy& wie eine wenig ausgeprägte Fehlerkultur. Auch die Agen- moderne Kommunikation und Kollaboration, die Pro- zessautomatisierung oder den Einsatz künstlicher Intel- ligenz. Hier sind es in der Regel Startups, die Innovatio- nen hervorbringen. Dafür sind die FinTech- und Health- Mit Dynamischen Beschaffungssystemen (DBS) Tech-Märkte nur zwei Beispiele von vielen. Startups können sich meist agiler und schneller an sich verän- kann die öffentliche Hand flexibler agieren und dernde Umstände anpassen, sind technisch hochgradig spezialisiert. Es verwundert daher kaum, dass mit Blick auf die Unternehmen schneller beauftragen. Bundestagswahl im September 2021 immer mehr Stim- men ein Digitalministerium fordern, ausgestattet mit um- Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN 5 ADVERTORIAL tur-Initiativen einzelner Ressorts aus den vergangenen fristig sollen so deutlich mehr GovTech-Innovationen in Jahren haben nicht die erforderliche Schlagkraft entfal- deutschen Verwaltungen ankommen; langfristig soll ein tet. Und: Verwaltungen haben oft gar keinen Überblick digitales GovTech-Ökosystem für Verwaltungen in ganz über die Lösungen der dynamischen Gründerszene. Europa entstehen. Auf der anderen Seite fehlt Startups oft das notwen- dige Verständnis oder das (finanzielle) Durchhaltever- Digitale Behördengänge, Datenanalysen, mögen für regulierte Vergabeprozesse sowie weitere Kommunikation und KI Usancen der öffentlichen Verwaltung, etwa im Hinblick GovMarket soll helfen, die Rückstände des öffentlichen auf Organisation und Prozesse. Innovative Geschäfts- Sektors bei der Nutzung innovativer Lösungen schritt- ideen können so nur langsam skaliert werden. So finden weise aufzuholen. Zum Beispiel bei digitalen Behörden- Startups und Staat selten schnell und problemlos zuei- gänge, die dem E-Government Monitor 2020 der Initia- nander. tive D21 zufolge erst etwa die Hälfte der Bürger:innen Eine Möglichkeit, um öffentliche Vergaben zu flexi- durchführen. Oder Kommunalbehörden können Lösun- bilisieren, sind Dynamische Beschaffungssysteme (DBS). gen einsetzen, welche Bürger:innen-Feedback in Echt- Mit DBS können öffentliche Auftraggeber Leistungen in zeit zu regionalpolitischen Fragen bereitstellen. Auch Big- einem Anbieterpool ausschreiben. Für diesen Pool kön- Data-Anwendungen spielen eine Rolle: Bund und Län- nen sich Unternehmen jederzeit anmelden – ohne die der haben zwar mit govdata.de bereits ein Portal für die komplexen Vergabeprozesse jedes Mal erneut zu durch- Frederik Blachetta, Arbeit mit Daten eingeführt. Allerdings nutzt sie erst etwa laufen. Voraussetzung ist natürlich, dass sie für die an- Geschäftsführer und Partner, jede:r zweite Verwaltungsmitarbeitende, weil ihnen teils gebotenen Leistungen nachgewiesen qualifiziert sind. PwC Strategy& die hierfür notwendigen Fähigkeiten, teils die spezifi- So kann die öffentliche Hand flexibler agieren und schen Tools für komplexe Datenauswertungen fehlen. Unternehmen schneller beauftragen. Diese Art der Ver- Hier unterstützt zum Beispiel das Berliner Startup Poly- gabe hat wesentliche Vorteile für Auftraggeber und -neh- teia, das Daten aus unterschiedlichen Handlungsfeldern mer – eine echte Win-Win-Lösung. der Verwaltung zu einer intelligenten, datenbasierten Ort für Vernetzung: der GovTech Campus Es braucht jemanden, Steuerungsplattform für Städte, Gemeinden und Kreise zusammenführt und diese den Bedarfsträgern unkom- Vergabeprozesse zu optimieren, ist jedoch nur ein klei- ner Schritt auf dem Weg zum digitalen Staat. Innovatio- der die Brücke pliziert und schnell über GovMarket zur Verfügung stel- len kann. Künstliche Intelligenz schließlich ließe sich bei- nen benötigen einen breiten, ergebnisoffenen Diskurs, damit Lösungen schließlich in die Verwaltung gelangen. zwischen Staat und spielsweise zur Prozessautomatisierung einsetzen. Ein Pilotprojekt besteht etwa mit der Bundesdruckerei und Daran arbeiten aktuell rund 300 GovTech-Startups in einem Startup, bei dem Antworten auf parlamentarische Deutschland – junge Unternehmen, die digitale Lösun- Startups schlägt. Anfragen automatisiert aufbereitet werden. gen für den öffentlichen Sektor entwickeln. Sie mit Bun- Unternehmen der Gründerszene arbeiten bereits an des-, Landes- und Kommunalbehörden zu verbinden, solchen und vielen weiteren relevanten Lösungen, die ist erklärtes Ziel des GovTech Campus, den Ende Juni über GovMarket den Einzug in die Verwaltung finden. 2021 unter anderem der Bund sowie die Länder Hessen und Hamburg gegründet haben. In Berlin und an weite- Auf dem Weg zum digitalen, zukunftsfähigen Staat ren Standorten der Republik sollen bald Innovator:in- Eines steht fest: Soll der öffentliche Sektor zukunftsfä- nen, Tech-Expert:innen und Führungskräfte aus dem In- hig werden, benötigt er dringend besseren Zugang zu und Ausland sowie Wissenschaftler:innen beispielsweise digitalen Innovationen. Daran lassen sich modernes Ver- Best Practices digitaler Innovationen in Staat und Ver- auftragungen unmittelbar zur Verfügung. GovMarket waltungshandeln und eine auf die Zukunft ausgerich- waltung vorstellen, Kompetenzen vermitteln und gemein- identifiziert kontinuierlich Startups sowie kleine und tete Regierungspolitik erkennen. Startups werden für sam in einer Co-Working-Space Umgebung an Digitali- mittlere Unternehmen (KMU) in vier Kategorien: Inter- die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung sierungsprojekten arbeiten. aktion mit Bürger:innen, Daten und Analyse, Kommuni- zwar nicht allein bewältigen können. Sie sind aber eine kation und Kollaboration sowie künstliche Intelligenz – wichtige Ergänzung, weil sie enorm innovativ sind und Digitalkompetenzen für Verwaltungsmitarbeitende also genau jenen Feldern, in denen der öffentliche Sek- ihre Technologie häufig neue Maßstäbe setzt. Außerdem Sollen die Verwaltungen digitaler werden, brauchen ihre tor großen Nachholbedarf hat. arbeiten sie nutzer:innenzentriert und entwickeln dank Mitarbeitenden entsprechende Fähigkeiten. Diese ver- Verwaltungen erhalten schon heute mit einer in Gov- agiler Arbeitsweisen Lösungen pragmatisch, schnell und mittelt etwa das Berliner Startup Themis mit seiner On- Market enthaltenen DBS-Plattform einen übersichtlichen können diese kurzfristig anpassen, umsetzen und ska- line-Akademie und individuellen Lernpfaden speziell für Katalog innovativer Lösungen, welcher sich perspekti- lieren. Verwaltungsmitarbeitende. Auch die Digital Business visch immer mehr erweitert. Der öffentliche Sektor wird Nicht zuletzt belegen die wachsende Zahl von Gov- University Berlin (DBU) bietet ein breites Spektrum an außerdem regelmäßig über neue Anbieter informiert, Tech-Startups und Initiativen wie der GovTech Campus Digital Upskilling von der kurzen Lerneinheit bis zum sodass er sich nicht selbst auf die Suche begeben muss. und GovMarket: Die Nachfrage nach Innovation im öf- staatlich anerkannten Studium. Eignet sich nach eingehender Prüfung eines der Star- fentlichen Sektor ist groß – und damit das Potenzial für tup-Unternehmen für eine Zusammenarbeit, nimmt Gov- zukunftsweisende GovTech-Lösungen. Nun gilt es, die Mit GovMarket finden Verwaltungen und Startups Market es in ein Konsortium auf und reduziert als Inte- verschiedenen Akteur:innen, Anforderungen und Lösun- endlich zueinander grator Risiken in der Abwicklung von Einzelaufträgen. gen zusammenzubringen und so den Weg für einen di- Austausch und digitale Fähigkeiten allein werden aber Von dieser Lösung profitieren beide Seiten: Öffentliche gitalen, zukunftsfähigen Staat zu bereiten. Es ist Zeit.■ nicht reichen, um digitale Innovationen in der Verwal- Verwaltungen erhalten einfachen Zugang zu innovati- tung zügig umzusetzen. Es braucht jemanden, der die ven Technologie-Startups, diesen wiederum steht der www.govmarket.de Brücke zwischen Staat und Startups schlägt. Genau diese größte unerschlossene Technologiemarkt Deutschlands Mittlerfunktion erfüllt GovMarket. Diese Plattform ha- offen. Fotos: PwC ben der GovTech-Wagniskapitalgeber PUBLIC und PwC GovMarket begleitet Behörden und Startups beim ge- Deutschland gemeinsam geschaffen und steht den Be- samten Prozess von der Strategie über die Anforderungs- darfsträgern z.B. über Rahmenverträge oder Einzelbe- analyse und rechtliche Fragen bis zur Umsetzung. Kurz- Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021
6 INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN Weiterbildung neu denken von Dinah Schmechel R und fünf Millionen Menschen arbeiten in Deutschland im öffentlichen Dienst – das ist Digitalisierung braucht zu digitalen Herausforderungen einzunehmen. Um das zu erreichen, ist es zwingend notwendig, Weiterbildung fast jede:r zehnte Erwerbstätige. Wie wichtig neu zu denken. Die klassische Fort- und Weiterbildung sie für die Handlungsfähigkeit der Behörden mehr als technische mit analogen Formaten, veralteten Lehrplänen und fö- sind, haben die vergangen Monate eindrück- deralen Zuständigkeiten muss aus ihren festgefahrenen, lich gezeigt. Mit ihnen steht und fällt die Zukunftsfähig- Lösungen: Sie braucht bürokratischen Strukturen gelöst werden. Strukturelle keit von Staat und Verwaltung, sie treiben und blockie- Zugangsbarrieren müssen abgebaut werden, um elemen- ren zugleich. Ohne sie ist die überfällige digitale Trans- formation des öffentlichen Sektors nicht möglich. digital handlungsfähige tares Wissen in die Breite zu tragen. Weg von bewilligungspflichtigen Präsenzschulungen Digitalisierung braucht mehr als den Einsatz von tech- nischen Lösungen: Sie braucht digital handlungsfähige Mitarbeitende. und One-Size-Fits-All-Lösungen hin zu einem individu- alisierten, in den Arbeitsalltag integrierten Prozess, bei Mitarbeitende. Sie müssen mit Digital-Kompetenzen und dem lebenslanges Lernen im Mittelpunkt steht. Selbstbewusstsein befähigt werden, eine neue Haltung Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN 7 Nur 40% der Verwaltungsmitarbeitenden wurden nach eigenen Angaben zu digitalen Themen weitergebildet. Dinah Schmechel, CEO & Gründerin, Themis Digitalisierungslücke zwischen Wirtschaft lich Kosten, Standort und Zugang. Hierfür entwickeln interdisziplinärer Expert:innen aus Tech-Szene, Verwal- und Behörden schließen wir gemeinsam mit führenden Digital-Expert:innen an- tung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vorangetrieben Die digitale Spaltung zwischen Wirtschaft und öffentli- wendungsorientierte Lerninhalte und stellen sie unbü- wird. chem Sektor wächst: Während Unternehmen sich zu- rokratisch auf unserer Learning Experience Plattform Der Großteil der Verwaltungsmitarbeitenden muss nehmend digital aufstellen und Innovationen vorantrei- bereit. Digitalisierung ist kein abgeschlossener Prozess, weder programmieren noch Datenwissenschaftler:in ben, verlassen sich zahlreiche Verwaltungen weiterhin Technologien entwickeln sich fortlaufend weiter und die sein. Es braucht eine flächendeckende Digital Literacy, auf veraltete Technologien oder investieren in Insellö- Halbwertszeit von Qualifikationen sinkt. Damit neue denn die Einstellung „Wir machen das schon immer so“ sungen. Erkenntnisse, Entwicklungen und Trends frühzeitig auf- hat ausgedient! Daten, Cybersicherheit und Künstliche Gesetzliche Vorstöße wie das Online-Zugangsgesetz gegriffen und vermittelt werden können, setzen wir Intelligenz, Führung, Organisation und Kommunikation oder Open Data Portale sollen durch neue Standards auf ein dynamisches Curriculum, das von einem Pool in der digitalen Transformation – im Fokus stehen digi- Abhilfe leisten, scheitern aber noch zu oft in der Imple- tale und technologische Innovationen für die Zukunft mentierung, da Veränderungen zu Unsicherheiten füh- von Staat und Verwaltung. Lernende können aus modu- ren. Die Mitarbeitenden in deutschen Behörden sehen laren Formaten individuelle Lernpfade erstellen, spie- sich mit neuen Themen und Technologien konfrontiert, Über die School of lerisch neue Fähigkeiten trainieren und an konkreten die die gewohnten Arbeitsabläufe auf den Kopf stellen und als Be- statt Entlastung wahrgenommen werden. Government & Technology Anwendungsbeispielen aus dem Verwaltungsalltag tes- ten, wie digitale Lösungen (strategisch) eingesetzt wer- Zusätzlich steigen der gesellschaftliche Druck und die Die School of Government & Technology ist den können. Erwartungshaltung durch den direkten Vergleich zwi- eine gemeinnützige Initiative von Themis schen privaten und staatlichen Dienstleistungen. Die (themis.eu), der Learning Experience Platt- Lernen: immer und überall mangelnde Digitalisierung in Behörden stößt auf wenig form für digitale Weiterbildung. Als zentrale Die traurige Wahrheit: Die Lücke zwischen den beste- Verständnis und spielt mit dem Vertrauen der Bürger: Lernplattform zu drängenden Digitalisie- henden Fachkompetenzen und den sich durch Digitali- innen. rungs- und Zukunftsthemen ermöglicht sie sierung und Technologisierung verändernden Anforde- Die Wirtschaft scheut sich indessen nicht vor Verän- rungsprofilen wächst. Nur 40% der Verwaltungsmitar- einen kuratierten Wissenstransfer zwischen derungsprozessen, entwickelt interne Schulungsplatt- beitenden sind eigenen Angaben zufolge zu digitalen Expert:innen aus Forschung, Wirtschaft und formen und fördert digitale Grundkompetenzen ihrer Themen weitergebildet worden. dem öffentlichen Sektor. Gemeinsam mit aus- Mitarbeitenden. Der Staat hat sich aus diesem Prozess Um diesen Rückstand aufzuholen, muss Wissensver- gewählten Partner:innen werden Kurse, Work- ausgeklinkt, obwohl hier aktuell der größte Handlungs- mittlung zeit- und ortsunabhängig für alle zugänglich sein bedarf besteht. Wir müssen offen sein für einen bran- shops und Mentoring online durchgeführt. – für Berufseinsteiger:innen und Erfahrungsträger:innen. chenübergreifenden und qualifizierten Wissenstransfer Unser Ziel ist der Aufbau einer organisations- Wenn wir digital nicht den Anschluss verlieren wol- in die Verwaltung. Wir müssen Brücken bauen und Zu- übergreifenden, virtuellen Lerngemeinschaft len, müssen wir uns von Hierarchien und föderalen Zu- gänge schaffen, um den Anschluss nicht zu verlieren. für Mitarbeitende aus Bund-, Länder- und ständigkeiten verabschieden. Es darf keinen Unterschied Kommunalverwaltungen, die den Zugang zu machen, ob jemand beim Bund, Land oder einer Kom- Digitale Grundkompetenzen für alle qualitativ hochwertiger Weiterbildung ermög- mune, im Norden oder Süden des Landes arbeitet: allen Fotos: Themis Digital Genau hier setzen wir mit der School of Government & licht – für alle und überall. Verwaltungsmitarbeitenden müssen dieselben Zugänge Technology an. Ziel der gemeinnützigen, vom GovTech zu relevanten Weiterbildungsangeboten offenstehen. Startup Themis gegründeten Initiative ist es, eine zent- www.govtechschool.de Denn die Modernisierung der öffentlichen Verwal- rale Plattform für Weiterbildung in der öffentlichen Ver- tung ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und kann nicht waltung zu schaffen – digital, ohne Barrieren hinsicht- von Einzelnen geleistet werden. ■ Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
8 BEST PRACTICE e-Estonia marches ahead On the road to an AI-powered government by Siim Sikkut and Indrek Õnnik T he digital nation of Estonia, known as e-Esto- spond to modern-day challenges and to provide an al- nia, has been the frontrunner in e-governance ternative, yet secure channel for people to exercise their and digitalisation for over two decades. What democratic rights. At the same time, paper-based voting began in the late 1990s as a necessity to save remains possible for those who prefer it. public funds and provide public services to Another foundation involves the framework and plat- people and businesses is now a model that many nations forms for seamless interaction between government au- wish to emulate. The first digital initiatives were a set of thorities or offices, and exchanges of data conducted in pilots/experiments at a time when the internet was still an interoperable manner. For this purpose, we created going mainstream. They worked … and going digital be- and adopted a data exchange layer called X-Road. This came a government strategy that laid the foundations technological and organisational environment enables for ongoing innovation. secure, internet-based data exchanges between infor- mation systems. Today, the core technology and future Setting the tone for a digital future iterations of X-Road are being co-developed with Fin- One such foundation is our strong digital identity frame- land and Iceland within the Nordic Institute of Interop- work and platform. The national e-ID, which began as a erability Solutions, an intergovernmental joint consor- smart card, was launched in Estonia as early as 2001. tium. This enables all three countries to bring their in- The accompanying legal framework made digital signa- dividual challenges to the table and tackle them together. tures as legally binding as a handwritten signature, thus However, the powerful X-Road platform alone is not eliminating the need for face-to-face interaction and end- Siim Sikkut, enough to deliver seamless services. This is where for- less queueing at government offices in order to get things Government CIO, ward-looking policy has been useful, and explains why done. The result was equality and 24/7 access to public Estonia we have adopted the ‘once-only principle’. Under this services for everyone, regardless of their location or so- principle, if one part of the government knows some- cial status. Building on this, new digital identity solu- thing about you, other agencies must reuse and share tions and tokens have since emerged. While these have that data instead of asking you again. The impetus of this increased user convenience, the underlying logic remains the same. The only services that principle has greatly simplified (digital) interactions with the government. This in turn became the basis for taking practically all public services online. These services can be accessed cannot (yet) be per- A proactive, user-centric approach via the government’s State Portal online environment at eesti.ee or via other channels, but are digital by default. formed online in one In the the field of technology, sitting back and relaxing is not an option. There is always something to improve The only services that cannot (yet) be performed online or add to the stack. Currently, we are working on mak- in one seamless interaction are weddings and divorces, seamless interaction ing Estonian public services as user-friendly for individ- which still require physical presence. This, of course, is uals and businesses as possible by making them as in- due not to technical shortcomings but to a conscious are weddings and visible as we can. This involves combining individual decision, written in law, to assess the willingness and digital services into one seamless life/business Event consent of participants who wish to undertake such a divorces. Service. So whenever something happens in your life, Foto: Courtesy of the author life-changing move. And in the case of the former at least, one interaction is all it takes to get everything done. As- romantic traditions matter too! suming, that is, it hasn’t been done for you already, pro- As a unique feature, online voting has been available actively and automatically, in the back-end of govern- at all nation-wide elections (including European Parlia- ment; in which case you needn’t lift a finger. Examples ment Elections) since 2005. At the last elections almost of a life event include childbirth, building a house, retir- 50% of all votes were cast online, and the trend is grow- ing, or starting a company. In all these cases, we can save ing. Estonia is constantly improving the system to re- people time, money and energy by avoiding unnec- Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
BEST PRACTICE 9 Online voting has been available at all nation-wide elections including European Parliament Elections since 2005. The many faces of a digital society Fotos: Rasmus Jurkatam, Annika Haas Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
10 BEST PRACTICE essary interactions or communications (even if they are Digital public services in the age of AI digital) with the government. So actually, technology can But it’s not just efficiency we strive for. We have a vision get things done for you! of public services that work in a radically different way in the age of artificial intelligence. In fact, our #KrattAI plan Keeping a finger on the pulse of tomorrow is no longer just a vision – it’s a programme of service and On the next stage of our country’s and government’s dig- tech development that is currently under way. 1 ) ital journey, we are embracing emerging technological #KrattAI would enable people to use all public ser- opportunities – especially artificial intelligence. We see vices via voice-based interaction with AI-based virtual AI as a great opportunity to take our existing digital prow- assistants, using any widely-used device and interface. ess to a whole new level. It can also help us to reap next- This would make public services even more convenient level efficiency benefits for the public sector, despite the to use, and more universally accessible. Put more tech- fact that in their current development stage, AI applica- nically, #KrattAI would be an interoperable network of tions are ‘narrow’ or for set purposes only. both public and private sector AI applications (agents, AI enables more effective decision-making in a vari- bots, assistants, etc.) that, from the user perspective, ety of domains. In the Estonian Unemployment Insur- would function as a single, united channel for accessing ance Fund, for example, it forecasts the probability of public services. With #KrattAI, individuals would no lon- unemployed persons finding a job, identifies the con- ger need to know which agency or website to contact, tributing factors, and helps provide assistance based on which order to proceed in or how to receive the services people’s individual needs. The outcomes are better than concerned. Instead, services would be offered and de- those of human advisors working alone. Other examples Indrek Õnnik, livered in an integrated manner based their needs. Most include the multiple machine translation solutions used Global Affairs Director, GCIO Office, importantly, everything would be available via voice in- by public service providers, forecasting models to iden- Estonia teraction, which involves less friction for users than web- tify the status of roads and traffic accidents, and even sites, apps, etc). the use of satellite information to monitor water levels We published the vision in 2020 (https://en.kratid. in coastal areas. The opportunities for using AI are broad, ee/burokratt) and immediately began to build it, start- and the application scenarios are varied. ing with multiple experimental projects and proof-of- Because of these opportunities and the maturity of our digital government, we made AI adoption in the pub- We aim to become concepts. Now that these have demonstrated its feasi- bility, we are now embarking on a multiyear develop- lic sector a cornerstone of the national AI strategy we ment programme to expand the whole project. As adopted in 2019. The aim was to get the ball rolling and a fully AI-powered described above, our aim is to make all public services build up AI experience and capability so it can spill over and information available via virtual assistants, no less from the public sector to the whole economy. We are government. – in the interests of the best possible user experience. glad to say that over the last two years, we have built up To make #KrattAI a reality and build momentum considerable momentum. In e-Estonia, we now have quickly on the road to becoming an AI-powered govern- about 100 governmental AI applications either in use or ment, we rely on partnerships and open innovation as in the pipeline, with more added regularly. Our new na- a government, just as we have done throughout our en- tional digital agenda has a clear goal: to become a fully tire 20+ year digital journey. We work closely with other AI-powered government. countries where there are mutually useful things to do. We know from experience that sharing and reusing solu- tions and practices works, and that it makes digitisation easier. This includes the field of AI adoption (e.g., by re- using AI models). We also work closely with domestic and multinational private sector players ranging from Startups to big corporations. e-Estonia is ready to act as a testbed for anyone looking to trial their innovative dig- ital solution or idea in the best possible national digital setting before taking it to the wide world. Also, both the Estonian public sector and our indus- try partners are eager to share their know-how and ex- perience with Germany and beyond to advance your dig- ital initiatives and support your digitisation drives at cen- tral, Länder or local government level. Our experts have Fotos: Courtesy of the author, Silvia Maria Soide invaluable expertise in building digital solutions that re- ally work, as well as in the legal and organisational changes this entails. Let’s create digital futures together! ■ www.e-estonia.com 1 In Estonian mythology, a Kratt is a magical creature. Essentially, a Kratt was a servant built from hay or old household items to fulfil tasks given by the master. The downside of a Kratt was that if the master did not give enough tasks, it might turn against its master. Hence, the Estonian government uses this character as a metaphor for AI and its complexities, since AI also requires oversight and the provision of tasks. Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
BEST PRACTICE 11 ADVERTORIAL Politische Wahlen in Deutschland schützen von Angelika Gifford D eutschland befindet sich mitten in einem Su- ren haben wir mehr als 150 dieser Netzwerke von unse- perwahljahr. Neben vier Landtagswahlen ren Plattformen entfernt. steht im September die Bundestagswahl an. Im Vergleich zu vorangegangenen Wahl- Wir schützen und unterstützen Kandidat:innen kämpfen werden die diesjährigen noch stär- Menschen, die sich zur Wahl stellen, bedürfen eines be- ker digital stattfinden. sonderen Schutzes. Sie können zum Ziel von persönli- Trotz aller Herausforderungen bietet der Online-Wahl- chen Attacken werden, etwa durch unerlaubte Zugriffe kampf auch Vorteile: So profitieren Bürger:innen von auf ihr Profil. Mit Facebook Protect schützen wir Kandi- einem einfachen Zugang zu politischen Informationen. dat:innen und ihre Mitarbeitenden vor Hacking und Iden- Sie können sich ein ungefiltertes Bild von Parteien und titätsbetrug. So bietet unsere zweistufige Authentifizie- den Kandidat:innen machen und ihre Eindrücke mit rung noch mehr Sicherheit für offizielle Accounts. Um Freunden und Bekannten teilen und diskutieren. Es ist unangebrachte Kommentare zu reduzieren, haben wir leichter als je zuvor, mit den Kandidat:innen in einen spezielle Tools für die Content-Moderation entwickelt. direkten Austausch zu treten. Diese erlauben es den Moderatoren etwa, unangebrachte So ermöglichen digitale Plattformen natürlich auch Kommentare zu filtern und bestimmte Begriffe zu blo- Parteien und Kandidat:innen, ihre Inhalte mit einem brei- ckieren. ten Publikum zu teilen und ihre Werbemittel effizient einzusetzen. Und auch sie profitieren von dem direkten Wir machen Wahlwerbung transparenter Dialog mit den Wähler:innen. Wir sind der Überzeugung, dass politische Diskussionen Wir bei Facebook nehmen unsere Verantwortung sehr transparent geführt werden müssen. Deswegen muss ernst, auf unseren Plattformen die richtigen Rahmen- jede Person, die in Deutschland politische Werbung auf bedingungen für politische Wahlen zu schaffen. Wir ha- unseren Plattformen schalten möchte, einen gesonder- ben ein Team mit rund 200 Mitarbeitenden gebildet, ten Identifikations- und Verifikationsprozess in fünf um einen möglichen Missbrauch frühzeitig zu erkennen Schritten durchlaufen. Unsere Werbebibliothek enthält und zu verhindern. In den letzten Jahren haben wir so alle politischen Anzeigen, die in Deutschland geschaltet über 200 Wahlen begleitet – unter anderem in der Euro werden – mit detaillierten Informationen darüber, wer päischen Union, den Niederlanden und den USA. Die der Absender ist, wer die Anzeigen gesehen hat und wie dabei gewonnen Erkenntnisse helfen unseren Teams, Angelika Gifford, viel dafür ausgegeben wurde. Sie ist mit umfassenden die notwendigen Vorkehrungen für die anstehenden Vizepräsidentin Zentraleuropa, Facebook Suchfunktionen ausgestattet, speichert politische Wer- Wahlen in Deutschland zu treffen. beanzeigen für sieben Jahre und ist für jeden öffentlich online einsehbar. Wir gehen konsequent gegen Unwahrheiten vor Falschinformationen können sowohl die politische Ar- Wer in Deutschland Wir möchten den Austausch politischer Ideen und gesellschaftliche Diskussionen für alle Menschen för- beit der Kandidat:innen als auch die Meinungsbildung der Wähler:innen erschweren. Um die Verbreitung von politische Werbung auf dern, unabhängig von ihrer Herkunft, politischen Über- zeugungen oder Altersgruppe. Für uns gehört dazu ne- Falschinformationen zu reduzieren, arbeiten wir in ben einem fairen Umgang miteinander vor allem der si- Deutschland gemeinsam mit unabhängigen Faktenprü- unseren Plattformen chere Zugang zu Inhalten, denen die Menschen vertrauen fer:innen der Nachrichtenagenturen AFP und dpa sowie können – insbesondere vor politischen Wahlen. ■ dem Recherchenetzwerk Correctiv zusammen. Sobald schalten möchte, muss die Faktenprüfer:innen einen Inhalt als falsch einstufen, Finden Sie mehr darüber heraus, wie wir uns auf die reduzieren wir seine Verbreitung und fügen Links zu einen Identifikations- Wahlen in Deutschland vorbereiten: weiterführenden Informationen oder Warnhinweise hinzu. Darüber hinaus informieren wir die Nutzer:in- nen, die diese Inhalte geteilt haben. und Verifikationspro- about.fb.com/de/Wahlen2021 zess in fünf Schritten Foto: Dirk Bruniecki Wir helfen, Wahlbeeinflussung zu verhindern Unsere Teams gehen weltweit gegen Netzwerke vor, die Desinformationskampagnen über einzelne Konten, Sei- durchlaufen. ten und Gruppen koordinieren und so versuchen, den politischen Diskurs zu beeinflussen. In den letzten Jah- Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021
12 INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN Procurement for Good Wie die öffentliche Beschaffung den Tech-Standort stärken kann von Manuel Kilian „A lles Leben ist Problemlösen”, wusste Karl Popper zu berichten. Zum erfolg- reichen Problemlösen braucht es da- Gründungen von GovTech-Startups in Europa bei drei Ingredienzen: Ein Problem, eine Lösung und die Anwendung der 200 Lösung auf das Problem. 168 Die Problemperspektive: Digitalisierung in der 150 161 Anzahl von Gründungen Verwaltung 147 Wenn wir aus dieser Perspektive auf die digitale Trans- formation von Staat und Verwaltung schauen, wird 123 schnell klar, dass es am Vorhandensein der Ingredienz 100 97 98 „Problem“ nicht scheitert. Die öffentliche Verwaltung ist im Vergleich zu anderen Bereichen unseres Lebens klar 78 unterdigitalisiert. 50 59 Knapp 600 gängige Verwaltungsleistungen für Bür- ger:innen und Unternehmen sollen im Rahmen des On- 31 34 linezugangsgesetzes (OZG) bis Ende 2022 digitalisiert 0 sein. Das ist aber nicht mit der digitalen Transformation 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018* Jahr der Verwaltung gleichzusetzen. Diese umfasst nämlich alle Verwaltungsbereiche, von Bildung, Gesundheit über * Gezählt werden nur GovTech-Startups mit marktreifen Lösungen. Deshalb wird die Zahl für 2018 voraussichtlich noch weiter Sicherheit und Ordnung hin zum Themenfeld Smart City, ansteigen, weil es Startups gibt, die noch an der Marktreife ihrer Lösungen arbeiten. das unter anderem Mobilität, Stadt- und Verkehrspla- Quelle: GovMind nung sowie Wasserversorgung umfasst. Hinzu kommt die Modernisierung der verwaltungsinternen Arbeits- weise, die oft wenig digital funktioniert. All diese Berei- zum Einsatz kommen: Schlüsseltechnologien wie Künst- che haben dabei eins gemein: Es mangelt nicht an zu lö- Es liegt in der DNA von liche Intelligenz (KI) und das Internet der Dinge werden senden Problemen. genauso genutzt wie massentechnologische Ansätze wie Startups, Probleme Mobile Apps und Cloud-basierte Webanwendungen. Die Lösungsperspektive: Das GovTech-Universum In der Praxis können Lösungen dann wie folgt ausse- Wie steht es also um das Angebot an Lösungen als Ge- besser oder anders hen: Das Startup Vialytics aus Stuttgart zum Beispiel bie- genstück zu diesen vielfältigen Problemen? Hier lohnt tet eine KI-basierte Lösung zur automatischen Erkennung ein Blick auf GovTech-Startups, also junge Unternehmen mit digitalen Lösungen für Probleme im Kontext von öf- lösen zu wollen als auf von Schäden an der Straßenoberfläche an. Damit kön- nen präventiv kleine Straßenschäden für geringe Kosten fentlichen Verwaltungen, Einrichtungen und Dienstleis- tungen. traditionelle Weise. behoben werden. Das ersetzt den traditionellen Lösungs- weg, bei dem teuer und aufwändig saniert wird, wenn Es liegt in der DNA von Startups, Probleme besser die Straße bereits in einem schlechten Zustand ist. oder anders lösen zu wollen als auf traditionelle Weise. Das Hamburger Startup Nect bietet eine Mobile App- Niemand gründet ein Startup mit der Ambition, ein Pro- basierte Lösung an, mit der Personen digital ihre Iden- blem nur halb so gut zu lösen wie eine am Markt bereits tität verifizieren können. Das macht persönliche Mel- verfügbare Lösung. Für ihre innovativen Lösungswege dungen in einer Verwaltung vor Ort, die für die Nutzung greifen Startups oft auf neue Technologien und Geschäfts- 1.300 Startups, die über einsatzbereite innovative Lö- vieler Bürgerdienste notwendig ist, überflüssig. Diese modelle zurück, die wiederum große digitale Kompe- sungen verfügen. Angebotsseitig ist GovTech also ein Lösung hat die Bundesagentur für Arbeit übrigens ein- tenzen voraussetzen. starker Wachstumsmarkt, der sich dynamisch entwickelt. gesetzt, als die Corona-Lockdowns die persönliche Mel- GovTech-Startups können daher völlig neue Impulse Die GovTech-Lösungen fokussieren sich dabei nicht dung in Arbeitsagenturen unmöglich gemacht haben. für die erfolgreiche Digitalisierung von Staat und Ver- auf einige Verwaltungsaufgaben, sondern sind so viel- Ein wiederum ganz anderes Problem adressiert Zo- waltung setzen. Und mittlerweile gibt es sehr viele von fältig wie die öffentliche Verwaltung selbst. Diese Viel- litron aus Bochum. Mithilfe von intelligenten Sensoren, ihnen: Das europäische GovTech-Universum zählt über falt findet sich auch bei den Technologien wieder, die die außen zum Beispiel an Altglas- oder Altkleider- Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN 13 Das europäische GovTech-Universum zählt über 1.300 Startups, die über einsatzbereite innovative Lösungen verfügen. Foto: sebastianmowka Manuel Kilian, Gründer und CEO, GovMind Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
14 INNOVATIONEN UND KOOPERATIONEN Container angebracht werden, kann der Füllstand des Mit der funktionalen Leistungsbeschreibung, die Teil konzernen, deren Prozesse und Bürokratie manchen Containers berechnet werden. Die genauen Daten der der Vergabeordnung ist, kann genau das verhindert wer- Verwaltungen nicht unähnlich sind, hat sich für die Zu- Sensoren ermöglichen so, den optimalen Zeitpunkt der den. Hier definiert der öffentliche Auftraggeber das zu sammenarbeit das sogenannte Venture Client Modell Container-Leerung auszumachen. Das ersetzt den tra- erreichende Ziel, um ein Problem zu lösen. Es wird also etabliert. Startups können unter diesem Modell einfa- ditionellen Lösungsweg, bei dem nach starren Zeitinter- vom Ende her gedacht und kein traditioneller Lösungs- cher und schneller zum Zulieferer werden; die Konzerne vallen unabhängig vom Füllstand des Containers geleert weg vorgegeben. Leider kommt die funktionale Leis- profitieren im Gegenzug von deren Innovationskraft. wird. tungsbeschreibung viel zu wenig zum Einsatz. Eine andere Idee könnte sein, anstelle von formellen Drittens wird in Ausschreibungen über formale Kri- Kriterien zu ermöglichen, dass im Falle des Scheiterns Die öffentliche Vergabe: Das Nadelöhr zwischen terien oftmals das Bewerberfeld zu Ungunsten von Gov- einer beschafften GovTech-Lösung die entsprechende Problem und Lösung Tech-Startups eingeschränkt, zum Beispiel in Form von Verwaltung Zugang zu genutzten Technologien und Wenn bei der digitalen Transformation von Staat und geforderten Mindestumsätzen für die letzten Geschäfts- Software-Code der Lösung bekommt. So lässt sich das Verwaltung die beiden Ingredienzien Problem und Lö- jahre, Mindestanzahl an Mitarbeitenden oder Projekt- Risiko verlorener Kosten abfedern. sung ausreichend zur Verfügung stehen, bleibt nach dem referenzen über einen weiten Zeitraum. Ziel dahinter Ausschlussprinzip, dass es an der Anwendung der Lö- ist, die Bewerbung auf vermeintlich solide Lösungen zu Procurement for Good: Die öffentliche Beschaf- sungen auf ihre jeweiligen Probleme hakt. fokussieren, die aber wenig innovativ sein können. fung als Tech-Standortfaktor Das Instrument der Anwendung ist die öffentliche Um GovTech-Lösungen hier reale Chancen einzuräu- Wenn GovTech-Lösungen nicht stärker für die Digitali- Beschaffung, also die Ausschreibung und Vergabe von men, müssen diese Kriterien einer Bewerbung auf eine sierung der Verwaltung eingesetzt werden, bleibt viel Aufträgen an passende Lösungsanbieter. Die Beschaf- Ausschreibung samt bürokratischer Aufwände für Start- Potenzial ungenutzt. Das kann sich Deutschland als größte fung ist also das Verbindungsstück zwischen der Nach- ups auf ein sinnvolles Maß abgesenkt werden. Bei Groß- EU-Volkswirtschaft auch stellvertretend für Europa nicht frage nach Lösungen seitens Verwaltungen und dem An- leisten. Instrumente wie Zuschüsse für GovTech oder gebot der Erbringer einer Lösung. Und dieses Verbin- Beteiligungen des Staates an innovativen Startups sind dungsstück ist aktuell ein Nadelöhr für die innovativen keine probaten Alternativen, um GovTech großflächig Lösungen von GovTech-Startups. Viel zu selten werden Auch die digitale in die Anwendung zu bringen. diese bei der Vergabe bedacht. Bei einem Beschaffungsvolumen in Deutschland von Das hat erstens damit zu tun, dass öffentliche Verga- Souveränität des Staates geschätzt 300 bis 350 Milliarden Euro im Jahr wird zu- bestellen und Fachabteilungen oftmals die neuen inno- dem klar, dass in diesem Instrument ein bedeutender vativen Lösungswege von GovTech-Startups schlichtweg nicht kennen. Bei über 1.300 Startups in Europa, zu de- lässt sich am besten Wirtschaftsfaktor liegt. Wird nur ein kleiner Anteil dieses Volumens in Rich- nen fast täglich neue hinzukommen, ist das nachvoll- ziehbar. Das GovTech-Universum ist zudem sehr kom- in der Zusammenarbeit tung GovTech-Lösungen verschoben, schafft das wich- tige Umsätze bei jungen Startups. plex. Wir bei GovMind haben uns deswegen das Ziel ge- setzt, GovTech systematisch zu entschlüsseln, damit mit GovTech-Startups Das wiederum kommt auch dem Staat zugute, denn Startups haben einen positiven Einfluss auf den Arbeits- Verwaltungen bestmöglich davon profitieren können. markt. In einer Umfrage des Bundesverband Deutsche Zweitens werden Ausschreibungen in der Praxis oft realisieren. Startups gaben während der Corona-Krise 90 Prozent der auf vorherigen, ähnlichen Ausschreibungen aufgebaut, befragten Startups an, innerhalb eines Jahres durchschnitt- die einen bestimmten Lösungsweg vorgeben. Neuartige lich 6,3 neue Mitarbeitende einstellen zu wollen. Lösungen, wie sie GovTech-Startups erbringen, werden Durch den großflächigen Einsatz von GovTech in der dadurch benachteiligt. Verwaltung wird auch Deutschland als Technologie-Stand- ort gestärkt. Denn: Der Weg von Forschung an Techno- logien hin zur kommerziellen Nutzung eben dieser in erfolgreichen Firmen führt auch über die öffentliche Verteilung der fünf meistgenutzten Technologien in GovTech-Lösungen Hand als Auftraggeberin und Anwenderin. Somit wer- den anwendungsnahe Technologie-Kompetenzen auf- gebaut, an denen es in Deutschland oft mangelt. Künstliche Intelligenz Zuletzt lässt sich auch die digitale Souveränität des 10,4 % Staates besser in der Zusammenarbeit mit GovTech-Start- ups realisieren. Denn mit jungen Unternehmen fällt es leichter, sich auf gemeinsame Standards, Datenschutz Internet of Things Mobile App und Entwicklungsansätze wie Open Source zu einigen. 12,5 % 32,1 % Das liegt einerseits am gemeinsamen Wertekanon, den Gründer:innen aus Europa mit Köpfen in Politik und Ver- waltung teilen. Andererseits sind Startups mehr darauf angewiesen, Lösungen nach Erfordernissen der Verwal- tung zu entwickeln als internationale Tech- und Soft- Foto: sebastianmowka Data Analytics Cloud-basierte Webanwendungen warekonzerne, die ihre eigenen Regeln mitunter diktie- 17,4% 27,6 % ren können. Das Potenzial der Beschaffung von GovTech-Lösun- gen geht also über das Lösen von Problemen in der Ver- Quelle: GovMind waltung hinaus. Sie ist strategisch relevant und wird rich- tig eingesetzt zum Procurement for Good. ■ Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021 HandelsblattJournal
OPEN SOURCE 15 ADVERTORIAL Digitale Souveränität: Allheilmittel Open Source? von Matthias Görtz W enn das zurückliegende Jahr eines ge- che man externe Komponenten hinzunehmen möchte. zeigt hat, dann, wie viel Digitalisie- Hier tritt die Frage nach Open-Source-Software (OSS) rungspotenzial in Deutschland steckt auf den Plan. Sie gilt mit ihrem offenen Quellcode als In- – in allen Lebensbereichen. Es hat aber begriff von Transparenz, Freiheit und Offenheit und soll auch den großen Nachholbedarf offen- der öffentlichen Hand dabei helfen, Abhängigkeiten von bart. Die digitale Transformation, allen voran von Staat proprietären Anbietern zu reduzieren und so zur digi- und Verwaltung, muss vorangetrieben werden. Die For- talen Souveränität Deutschlands beitragen. derung ist keineswegs neu und sie bedeutet für den öf- fentlichen Sektor einen Kraftakt. Besondere Anforde- Ist Quelloffenheit Trumpf? rungen an Funktions- und Leistungsumfang, wie zum Offene Software bietet viele Vorteile, allen voran die Frei- Beispiel hohe Datenschutzstandards oder belastbare Cy- heit, sie an eigene Anforderungen anzupassen. Außer- ber-Security-Maßnahmen, machen zuverlässige Partner dem kann man von den Erkenntnissen einer ganzen Com- notwendig und schaffen Abhängigkeiten. Die sollte man munity profitieren und gleichzeitig eigene Neuentwick- gerade im öffentlichen Kontext eigentlich vermeiden, lungen zur Verfügung stellen. Open-Source-Entwicklungen oder? leben von der Partizipation, damit sie erfolgreich sein Nein. In unserer globalisierten, hoch technologisier- können. Der ständige Austausch mit einer Community Matthias Görtz, Chief Technology Officer der BWI GmbH ten Welt sind wir auf Kooperationen angewiesen. Wir macht OSS potenziell sicherer und weniger fehleranfäl- dürfen digitale Souveränität nicht mit Autarkie verwech- lig als kommerzielle Anwendungen. Getreu dem Motto: seln. Oberstes Gebot sind Wahl- und Handlungsfreiheit. Vier Augen sehen mehr als zwei und 40.000 mehr als machen. Gerade Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Dafür muss man sich über technische, marktbedingte 400. die öffentliche Hand dürfen sich mit ihren sensiblen Da- oder politische Abhängigkeiten bewusst werden, damit Aber nur, weil Open Source drauf steht, heißt es noch ten nicht allein auf eine Community verlassen. verbundene Risiken identifizieren und diese aktiv steu- lange nicht, dass man OSS bedenkenlos nutzen kann. Und noch ein anderer Aspekt ist wichtig: die Nutzer- ern. Um diese bewerten zu können, braucht man die nö- Dank des offenen Codes können mögliche Schwachstel- akzeptanz. Man muss in User-Design und -Experience in- tigen Ressourcen, Fähigkeiten und Erfahrung. Gerade len zwar schnell aufgedeckt, ebenso schnell aber auch vestieren. Nehmen wir als Beispiel die BwMessenger-App, bei Schlüsseltechnologien sollten Staat und Verwaltung von Angreifern ausgenutzt werden. Quelloffene Software die die BWI GmbH im letzten Jahr für die Bundeswehr die Fähigkeit besitzen, diese verstehen, nutzen, modifi- sollte nie eingesetzt werden, ohne sie zu hinterfragen. entwickelt und eingeführt hat. Über die Lösung, die auf zieren oder herstellen zu können. Eigene Expertise und ausführliches Testing sind notwen- dem offenen Kommunikationsprotokoll Matrix basiert, Dann und nur dann kann man frei wählen, welche dig, ebenso eine resiliente IT-Architektur, um etwaige können sich Bundeswehrangehörige Ende-zu-Ende-ver- Services man mit eigenen Mitteln erbringt, und für wel- Schwächen von genutzten Produkten beherrschbar zu schlüsselt austauschen – mit privater und dienstlicher Hardware. Überzeugen jedoch Usability und Design nicht, verwenden Nutzer:innen doch wieder einen proprietä- ren Dienst. Und das kann dann auch berufliche Inhalte betreffen, was zu einem großen Risiko werden kann. Handlungsfreiheit hat Priorität Wer eine OSS-Lösung weiterentwickeln und Teil einer Community werden möchte, steht außerdem vor einer strategischen Entscheidung: Ist man bereit, signifikant und langfristig zu investieren? Bleibt man trotz Erhö- hung der Leistungstiefe flexibel und hat man alle Ände- rungen, die durch die Community eingebracht wurden, identifiziert und akzeptiert? Es geht also letztlich um die Frage, welche Lösung (egal, ob kommerziell oder offen) besser geeignet ist, um einen Prozess zu digitalisieren. Digital souverän zu sein, bedeutet Handlungs- und Wahl- freiheit zu haben. Und das erfordert die nötigen Res- sourcen, Skills und Erfahrung. Staat und Verwaltung ha- ben im letzten Jahr gezeigt, was möglich ist. Diesen Geist gilt es beizubehalten und die Digitalisierung und mit ihr die digitale Souveränität Deutschlands voranzutreiben – wenn es die bessere Wahl ist, mit Open Source. ■ www.bwi.de Fotos: BWI GmbH Bundeswehr-Soldatin an ihrem Arbeitsplatz mit der BwMessenger-App Sonderveröffentlichung zum Thema „GOVERNMENT TECHNOLOGY“ | August 2021
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