Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
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Global Citizenship Education in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen Herausgegeben von Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner (unter Mitarbeit von Susanne Reitmair-Juárez) für die Österreichische UNESCO-Kommission
VORWORT Global Citizenship Education Beispiele für eine aktive, zukunftsorientierte Lernkultur ©KHM Museumsverband ©Esel Dr. Sabine Haag Mag. Friederike Koppensteiner In einer globalisierten Welt, in denen Herausforderungen Inhalte pädagogisch so aufzubereiten, dass sie auch wirk- gleichzeitig lokal und global angegangen werden müssen, lich im Klassenzimmer ankommen, ist eine große Heraus- hat sich auch der Bildungsdiskurs gewandelt. Global forderung. Verschiedene Schultypen haben verschiedene Citizenship Education ist ein Denkrahmen bzw. ein Konzept Bildungsziele, verschiedene Altersstufen sollen mit der politischer Bildung mit globalen Perspektiven für die Welt- Thematik befasst werden. Die motivierendsten Zugänge zu bürgerInnen von morgen. Lernende sollen weltweite finden, darin liegt das pädagogische Geschick jedes Klassen- Zusammenhänge erkennen, die sie befähigen, sich proaktiv teams oder jeder einzelnen Lehrkraft. für eine gerechtere Welt einzusetzen. Die UNESCO möchte Zu hoffen ist, dass diese Best-practice-Sammlung viele so Bewusstsein schaffen für die Einhaltung der Menschen- Lehrkräfte ermutigt, die Sustainable Development Goals der rechte, Friedens- und Demokratieerziehung sowie für Vereinten Nationen (SDGs) mit all ihren wichtigen Themen Bildung für nachhaltige Entwicklung. und Zielsetzungen in ihrem Unterricht stärker zu berück- Wurden im ersten Band ‚Citizenship Education for sichtigen. Allen Lehrerinnen und Lehrern, die ihre Mate- Globalizing Societies‘ die Begrifflichkeiten und Ziele zu rialien und Erfahrungen zur Verfügung gestellt haben, sei diesem UNESCO-Programm erläutert, stehen im zweiten deshalb besonders herzlich gedankt! Band nun Beispiele aus der Schulpraxis im Fokus: Diese Best- practice-Sammlung zeigt, wie es gelingt, junge Menschen im Sinne eines „think globally, act locally“ zu begeistern. Entscheidend ist der Blick in die Welt hinaus, vor allem Kooperationen mit Bildungseinrichtungen außerhalb Europas (zum Beispiel „élèves pour élèves“ in Burkina Faso) sorgen für ein kritisches Bewusstsein für globale Zusammen- hänge. Learning to know/Learning to do/Learning to be/Learning Dr. Sabine Haag to live together – diese vier Säulen sind die pädagogischen Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission Grundlage der Arbeit an den mehr als 90 UNESCO-Schulen in ganz Österreich. UNESCO-Schulen galten und gelten seit der Gründung 1957 als Modellschulen, an denen Unterricht projektorientiert, partizipativ und auch themen-spezifisch gestaltet wird. Der besondere ‚spirit‘ an UNESCO-Schulen ermöglicht oft besondere Projekte. Im Programm der Jahres- tagungen der letzten Jahre wurde zum Beispiel kontinuier- lich Global Citizenship Education behandelt, begleitet durch Expertinnen und Experten von diversen Fachinstitutionen Mag. Friederike Koppensteiner und NGOs. Koordinatorin Österreichische UNESCO-Schulen 2 3
Inhalt 3 Vorwort Neue Schulfächer Dr. Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO- 64 Inge Kager: Wie das Wahlpflichtfach Global Education laufen Kommission, und Mag. Friederike Koppensteiner, Koordinatorin lernte Österreichische UNESCO Schulen: Global Citizenship Education – Beispiele für eine aktive, zukunftsorientierte Lernkultur Internationale Partnerschaften 72 Georg Blaha: Schulen ohne Grenzen – DialogNetzwerk.Ukraine 6 Warum und wie GCED? 78 Albert Ecker: MEMBRAIN. Wirkstrukturen einer nonverbalen 7 Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner: Eine Schule des Sprache der interkulturellen Signale in Global Citizenship Weltbürgertums. Global Citizenship Education: von der Theorie Education zur Praxis 10 Josefine Scherling und Ursula Maurič: Drei Eckpunkte von Whole School Approach Global Citizenship Education 82 Klaus Tasch und Team: Eine ganze Schule im Dienste von 15 Werner Wintersteiner: Global Citizenship Education im Global Citizenship Education. Die Schulphilosophie und das Unterricht. Ein kommentierter Leitfaden Schulprogramm der NMS/BG/BRG Klusemannstraße 95 Heidi Grobbauer: Global Citizenship Education als Schul- 22 GCED in der Schule entwicklung: GRG 23 23 Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner: Der Praxisbeweis. Zu den schulischen Projektberichten 102 GCED in der LehrerInnenbildung 103 Ursula Maurič und Josefine Scherling: GCED in der Praxis der Projekte in verschiedenen Schultypen PädagogInnen-Bildung. Zwei Beispiele 25 Claudia Essert: Kulturelle und sprachliche Vielfalt wertschätzen. 111 Carolina Pircher, Nathalie Moritz, Nora Kriechbaum, Simon Wie ein SchülerInnen-Video zum Schulleitbild avancierte Kornhäusl: WeLL – Werkstatt für ermächtigendes Lernen und 31 Monika Hofmann: Terrorismus und Emotionen. Eine Heraus- Lehren forderung für Global Citizenship Education 36 Josef Stehle, Maria Mazal, Stefan Binder: Demonstrationsrecht – 119 Anhang eine Frage von Global Citizenship Education Literaturtipps und kommentierte Empfehlungen 45 Helmut Mailänder: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“. Deutschkurse für Flüchtlinge 51 Doris Sommer: Das World Peace Game 59 Gabriele Stelzmüller im Interview mit Heidi Grobbauer: GCED in den alltäglichen Unterricht integrieren! 4 5
EINLEITUNG EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED? Warum Eine Schule des und wie Weltbürgertums GCED? Global Citizenship Education: von der Theorie zur Praxis Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner Mit dieser Publikation möchten wir zur Verankerung von Global Citizenship Education, einer für unsere Zukunft grundlegenden pädagogischen Orientierung, einen prakti- schen Beitrag leisten. 7 Längst ist offensichtlich, dass viele, wenn nicht die meis- ten gegenwärtigen Probleme nicht mehr im nationalen Rahmen lösbar sind, und, was noch wichtiger ist, sie sind mit einem nationalen Denkrahmen weder ausreichend zu verstehen noch lassen sich damit angemessene Zukunfts- konzepte entwickeln. Die Denkweise des „methodischen Nationalismus“, die uns seit langem prägt, verhindert neue Einsichten und passende Lösungswege. Deswegen ist es wichtig, in allen Bereichen des Lebens, und nicht zuletzt in der Bildung, einen neuen Denkrahmen zu entwickeln. Die von der UNO 2015 verabschiedete Agenda „Transfor- ming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Develop- ment“ reagiert auf diese Entwicklung. Sie definiert univer- selle Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals oder SDGs), die alle Mitgliedsstaaten in die Pflicht nehmen, eine tiefgehende Transformation von Wirtschaft, Konsum, Kultur und Politik in Richtung Nachhaltigkeit, Verringe- rung sozialer Ungleichheit und globale Gerechtigkeit anzu- streben. Denn nur so können ein menschenwürdiges Leben und die Wahrung der natürlichen Lebensgrund- lagen für zukünftige Generationen gesichert werden. Die SDGs sind ein sehr ambitioniertes Vorhaben, das mit den 17 Entwicklungszielen bis 2030 umgesetzt werden soll. 6 7
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED? 1. Eine zeitgemäße Bildung genannte Flüchtlingskrise zeigt, lässt sich nicht Es geht dabei um Fragen wie: Leisten wir der Allerdings ist Citizenship, verstanden als ist eine globale Bildung einmal im vereinten Europa Einigkeit herstellen. Abwehr alles Fremden und Anderen dadurch rechtlicher Status von Menschen als Staatsbür- Vielmehr sehen wir einen starken Trend nach Vorschub, dass wir unsere Unterrichtsfächer gerInnen, bislang an den Nationalstaat gebun- Ein integraler Bestandteil der SDGs ist die rückwärts, zur Re-Nationalisierung und natio- durch die nationale Brille betrachten, oder fördern den. Doch ebenso wichtig wie der rechtliche (von der UNESCO koordinierte) Bildungs- nal geprägten Denkmustern, die einem weltoffe- wir einen zukunftsorientierten, kreativen Umgang Status ist die Frage der Zugehörigkeit und die agenda 2030. Darin verpflichten sich die Regie- nen Denken entgegenstehen. Ein Grund für diese durch einen Unterricht, der sich Global Citizen- Überlagerung mehrfacher Identitäten, die mit rungen, „für alle Menschen inklusive, chancenge- Tendenz ist wohl, dass die Globalisierung tatsäch- ship, d.h. die universellen Menschenrechte und einer modernen und mobilen Gesellschaft ein- rechte und hochwertige Bildung sowie Möglich- lich viele zu Verlierern gemacht und die Kluft zwi- das Weltbürgertum, als Leitlinie nimmt? Nehmen hergehen. Einen dritten Aspekt von Citizenship keiten zum lebenslangen Lernen sicherzustellen“. schen Arm und Reich weiter geöffnet hat. Auch wir die Zugehörigkeit zur menschlichen Gemein- bildet die Praxis politischer Teilhabe. Das sind Dazu müssen die Lernenden die Fähigkeit erwer- führt die Rasanz der Veränderungen der Lebens- Eine wachsende schaft als Rahmen für Verantwortung und Solida- alles Entwicklungsräume für Global Citizenship. ben, mit einem globalen Denkrahmen grund- welt verständlicherweise zur Suche nach Sicher- Anzahl von rität an und befördern damit den Gedanken eines Dazu noch zwei Überlegungen: Immer sicht- legende Fragen zu analysieren und zu verste- heit und damit zur illusionären Hoffnung, man Menschen, die „Heimatlands Erde“ (Edgar Morin)? Bildet die Glo- barer stellt die zunehmende Migration das his- hen, um auch selbst aktiv handeln zu können. könne das Rad der Geschichte zurückdrehen. nicht die Staats- balität der Weltverhältnisse die Perspektive für die torisch gewachsene Konzept von Citizenship in Im Bildungsziel 4.7 wird dies, kurz gefasst, so Die Abschottungstendenzen gegenüber Migra- bürgerschaft des Bildungsziele und -inhalte und gestalten wir den Frage. Eine wachsende Anzahl von Menschen, formuliert: tion und Fluchtbewegungen weisen aber auch auf Wohnsitzlandes Unterricht dementsprechend? die nicht die Staatsbürgerschaft des Wohnsitz- eine grundlegende Verweigerung hin, die eigene besitzen, bleibt Ebenso wie zukunftsfähige Konzepte gesell- landes besitzen, bleibt von politischer Teil- Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die für Position in der Weltgesellschaft zu hinterfragen. von politischer schaftlicher Entwicklung mehr denn je eine trans- habe ausgeschlossen. Damit entsteht ein gro- nachhaltige Entwicklung notwendigen Kenntnisse Der Philosoph Wolfram Eilenberger spricht von Teilhabe ausge- disziplinäre, vernetzte Herangehensweise erfor- ßes demokratiepolitisches Problem – gerade in und Fähigkeiten erwerben, u.a. durch Bildung der „zentralen Lebenslüge“ einer ganzen europä- schlossen. dern, braucht es auch fächer- und disziplinen- den europäischen Staaten, die sich als Hüter für nachhaltige Entwicklung, Global Citizenship ischen Generation, der „verstohlenen Hoffnung, übergreifende Bildungskonzepte. Global Citizen- der Demokratie empfinden. Zugleich werden in Education und Wertschätzung kultureller Vielfalt. das konkrete Leid, das in den Ländern des Nahen ship Education arbeitet an der Verzahnung ver- den Migrationsgesellschaften Mehrfach-Zuge- > www.unesco.de/bildung/bildungsagenda-2030 Ostens, Asiens und Afrikas den Alltag von Milli- schiedener pädagogischer Ansätze, wie Globales hörigkeiten zur Regel, Menschen können sich Seit langem weist arden von Menschen bestimmt, ließe sich auch Lernen, Politische und Interkulturelle Bildung, verschiedenen Regionen und Staaten zugehö- die Erziehungs- Das ist ein wichtiges Programm, aber leider für die kommenden Jahrzehnte lebensweltlich auf Friedenspädagogik und Bildung für Nachhaltige rig fühlen und sich mit verschiedenen Gemein- wissenschaft auf keine Selbstverständlichkeit. Denn obwohl wir Distanz halten.“ (Eilenberger 2016) Entwicklung. Denn diese Ansätze sind zwar his- schaften identifizieren. Auch von dieser Seite die Kluft zwischen heute über ein umfassendes Wissen darüber Der Weg zu weltbürgerlicher Verantwortung torisch unterschiedlich gewachsen und in der her muss also der Citizenship Begriff neu ge- der wachsenden verfügen, wie sehr unsere natürlichen Lebens- ist nicht nur, aber auch eine Frage der Bildung. Schule ganz unterschiedlich stark verankert, doch dacht werden – in Richtung Global Citizenship. Komplexität grundlagen durch die vorherrschende (west- Seit langem weist die Erziehungswissenschaft auf in ihren Zielsetzungen hängen sie eng zusammen. Global Citizenship Education sensibilisiert globaler Entwick- liche) Wirtschafts- und Lebensweise gefährdet die Kluft zwischen der wachsenden Komplexität Wenn sie auf einander bezogen werden, tritt ihre für diese Fragen von Zugehörigkeit und Partizi- lung und der sind und welche Schritte in Richtung einer „sozial- globaler Entwicklung und der begrenzten Fähig- Berücksichtigung der globalen Dimension und pation, sie lenkt das Augenmerk auch auf Pro- begrenzten Fähig- ökologischen Transformation“ notwendig wären, keit des Menschen, sie zu bewältigen, hin. Bildung der politisch-strukturellen Rahmenbedingungen zesse und Mechanismen von Ausgrenzung und keit des Menschen, reagieren wir kaum. Die Wirtschaft setzt nach ist jedoch am ehesten in der Lage, diese Kluft zu geschärft hervor. Exklusion, die einer inklusiven Bildung und einer sie zu bewältigen, wie vor auf Wachstum, die Klimaziele werden überbrücken, denn „die unbegrenzte menschli- inklusiven Gesellschaft entgegenstehen. Global hin. Bildung ist nur halbherzig beachtet, und wir wollen unsere che Lernfähigkeit erscheint geradezu als die ein- Citizenship Education fokussiert nicht nur auf die jedoch am lieb gewordenen Konsumgewohnheiten nicht zige Ressource, mit deren Hilfe das menschliche 2. Global Citizenship Education muss individuelle Entwicklung einer kosmopolitischen, ehesten in der gerne aufgeben. Kaum eine Regierung, die zur Dilemma zu bewältigen ist“ (Seitz 2009). Standard für jede Bildung werden weltoffenen und verantwortungsvollen Haltung Lage, diese Kluft Übernahme einer gemeinsamen Verantwortung als „global citizen“, sondern regt auch an, sich zu überbrücken. für globale Entwicklungen bereit ist. Wie die so Das Bildungskonzept Global Citizenship Edu- mit politischen Strukturen und Rahmenbedin- cation rückt die Entwicklung hin zur Weltgesell- gungen globaler Entwicklungen zu beschäftigen, schaft sowie die dadurch erforderlichen Verände- globale Gerechtigkeit zu thematisieren, Macht- rungen von Bildung und Bildungssystem in den und Ungleichheitsverhältnisse in den Blick zu Mittelpunkt. Es wird immer notwendiger, dass nehmen und schließlich Visionen für die Gestal- sich Menschen als Teil einer größeren, über die tung einer menschenwürdigen Weltgesellschaft Grenzen des eigenen Staates hinausreichenden, zu entwickeln. Gesellschaft wahrnehmen und daraus resultie- Genaueres zum Konzept von Global Citizens- rende Verantwortlichkeiten erkennen. Wir sind hip Education findet sich im nachfolgenden Kas- also zunehmend herausgefordert, uns auch als ten sowie in unserer Vorgänger-Broschüre, auf Bürger und Bürgerinnen dieser einen Welt, als der wir mit dieser Publikation aufbauen: Global Mitglieder der Weltgesellschaft zu sehen und ge- Citizenship Education. Politische Bildung für die meinsam Verantwortung für die Entwicklungen Weltgesellschaft. (2014).1 in der Weltgesellschaft zu übernehmen. Das ist die Idee von Global Citizenship. –––––––––––––––––––––––––––– 1 Diese Broschüre (Wintersteiner et al. 2014) ist nach wie vor über die Österreichische UNESCO-Kommission zu beziehen bzw. steht sie auch als Gratis-Download zur Verfügung unter: www.unesco.at/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2014_GCED_Politische_Bildung_fuer_die_Weltgesellschaft.pdf 8 8 9
WARUM UND WIE GCED? | DREI ECKPUNKTE VON GCED DREI ECKPUNKTE VON GCED | WARUM UND WIE GCED? Drei Eckpunkte von Kontroverse Positionen sind daher in Unterricht und Lehre miteinzubeziehen – dies stellt ein wichtiges Prin- Global Citizenship Education zip der Politischen Bildung dar. Auch die Bedeutung der Ausbildung kritischer BürgerInnen findet sich in den öster- reichischen Lehrplänen und anderen wichtigen Bildungs- dokumenten an vielen Stellen wieder, z. B. im Grundsatz- Josefine Scherling und Ursula Maurič erlass Unterrichtsprinzip Politische Bildung aus dem Jahr 2015, wo es etwa heißt: Politische Bildung „ermöglicht das Erkennen, Verstehen und Bewerten verschiedener politi- scher Konzepte und Alternativen und führt zu einer kriti- schen und reflektierten Auseinandersetzung mit eigenen Wertvorstellungen und den Überzeugungen von politisch Andersdenkenden“ (Grundsatzerlass 2015: 2). Es gibt eine lebendige und kontrovers geführte Debatte rund um den Begriff (Global) Citizenship, die, je nachdem, welcher Argumentationslinie man anhängt, unterschied- liche Positionen in Hinblick auf GCED nach sich zieht. Mit dieser Debatte wird das Thema „Zugehörigkeit“ bzw. Inklusion und Exklusion angesprochen, bestimmt doch der klassisch verstandene Citizenship Begriff „who does and who does not belong“ (Pashby 2014: 17). 1. GCED als kritisches Lehren und Lernen kritisch zu betrachten und zu analysieren und möglicher- Aus diesem Grund besteht die Notwendigkeit einer Neu- weise das eigene Denkgebäude in Frage zu stellen. Ansons- konzeption des Citizenship-Begriffs für Global Citizenship, Das Modell von Wintersteiner et al. (2014) sieht als wesentli- ten läuft die Lehre Gefahr, durch einen reinen moralischen um eben diesen Exklusionstendenzen auf konzeptionel- che Elemente einer Didaktik für GCED Partizipation und poli- Ansatz in GCED essentielle Bereiche (hegemoniale Strukturen, ler Weise zu begegnen und die Utopie einer tatsächlichen tische Handlungskompetenz, kritisches Denkvermögen, his- epistemische Gewalt des Kolonialismus etc.), die für eine Global Citizenship – als Leitidee – ernsthaft in Lehre und torisch kritisches Denken, sowie die Einbeziehung von Werten Kultur des Friedens hinderlich sind, auszuklammern und Unterricht aufgreifen und diskutieren zu können. wie Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte vor. damit die Frage „How do we create transformative global Insbesondere die postkoloniale Perspektive, die Wintersteiner citizens“ (Bosio 2017: o.S.) simplifiziert und den Lernenden 3. Selbstreflexivität et al. hervorheben, stellt einen fundamentalen Baustein von eine „vereinfachte Wirklichkeit“ und vereinfachte Lösungen Lehre im Bereich GCED dar. Pashby (2014: 12) unterstreicht die von komplexen Herausforderungen vorgaukelt. Auch in diesem Kontext spielt die postkoloniale Perspek- Bedeutung dieses Bausteins für eine kritische GCED, indem Insofern sollten den Fragen „Whose experience/know- tive mit dem Fokus auf Selbstreflexivität und einer selbst- sie schreibt: ledge/ways of knowing are at the center of GCE pedagogy? kritischen Haltung eine bedeutsame Rolle. Denn mit dem Who is the imagined subject of GCE initiatives, who is the Begriff Global Citizenship geht gewiss auch der Anspruch GCED […] will have to be based on a strong understan- object of study, and how is experience understood within a auf universelle Geltung einher, der kritisch reflektiert ding of and articulation of imperialism in order to locate its ‘global’ frame?” (Pashby 2014: 16) einen bedeutenden Platz werden sollte, um GCED nicht als Werkzeug eines neuen rationales and initiatives within the hegemonic global innerhalb der Lehre zu GCED eingeräumt werden. Damit Imperialismus zu instrumentalisieren. Wang und Hoffman forces it seeks to critique and to transform. spricht Pashby die Fragen der Subjektivität und Objektivierung (2016: 3) geben etwa zu bedenken: Lernenden den Raum für diesen (Er-)Forschungsaspekt zu an, die, wie sie herausstreicht, zentral für eine kritische GCED […] some versions of global citizenship education are bieten, ist dringend notwendig, wenn durch GCED nicht Theorie sind. Wang und Hoffman (2016: 14) konstatieren: „Stu- heavily influenced by unexplored cultural, class, and (gewaltproduzierende) Strukturen bzw. Systeme reprodu- dents and others who have the means to address global prob- moral/ethical orientations toward self and others, ziert bzw. hegemoniale Strukturen aufrecht erhalten werden lems also need the means to question their own positionality potentially leading GCE to become another tool for sollen, sondern eine nachhaltige Veränderung in Richtung and their construction of ‘the other’ they so passionately hope cultural or class-based global domination. einer Kultur der Menschenrechte und des Friedens ange- to help.” strebt wird. Insofern plädiert Andreotti (2006: 49) für die Ein- Insofern ist der Aufruf von Messerschmidt (2010: 134) zu beziehung einer critical GCED neben einer soft GCED, wobei 2. Global Citizenship – Global Citizen einer postkolonialen Gedächtnisarbeit in der Auseinan- die kritische Zugangsweise gerade die Hinterfragung von dersetzung mit Weltbürgerschaft, „bei der die ungleichen Machtstrukturen und ungleichen Verhältnissen zum Inhalt Ein weiterer zentraler Punkt für die Lehre von GCED ist der Beziehungen in der Welt auf dem Hintergrund der kolo- hat und darum das Problem z. B. nicht in der Armut selbst, (Global) Citizenship bzw. der Global Citizen Begriff selbst, der, nialen Erfahrungen reflektiert werden […]“, ein wichtiger sondern in Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sieht. sofern er nicht einer kritischen Auseinandersetzung unter- Eckpunkt von GCED in Lehre und Unterricht. Denn, so Es ist dies die politische Dimension von GCED, die ein not- zogen wird, meist zu unreflektierten Übernahmen ein- Messerschmidt weiter: „Die Geschichte von Weltbürger- wendiger Bestandteil von Lehre zu diesem Thema ist, um seitiger Betrachtungsweisen führt. Dies führt etwa dazu, schaft ist zumindest eine geteilte Geschichte innerhalb Lernende für die komplexen Herausforderungen von globa- dass aufgrund rein nationaler Perspektiven viele Denkräume gewalttätiger Weltbeziehungen.“ Dies sollte in einer len Zusammenhängen zu sensibilisieren und einen Anstoß vorschnell verschlossen und (politische) Partizipations- kritischen Bearbeitung von GCED nicht außer Acht gelas- zu geben, die eigenen Wertvorstellungen und Ansichten möglichkeiten reduziert bzw. verunmöglicht werden. sen werden. 10 11
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED? 3. Schule – ein Ort des Globalen und vor allem auch mit der Erfahrung gut Das stärkste Mit dem Blick auf historisch gewachsene Citizenship Education für die Schulpraxis stär- umgehen können, dass ihre kulturellen Argument für globale Verhältnisse fordert Global Citizenship ker aufzugreifen wären. Die in dieser Broschüre dokumentierten Berichte Prägungen, Sichtweisen, Werte und Normen Global Citizenship Education auch dazu heraus, sich mit dem Wis- zeigen – und damit stehen sie repräsentativ für nicht universell gültig sind. Education ist nicht sen selbst und der Produktion von Wissen kritisch Die Projekte viele Schulen – wie sehr Schule selbst heute ein Ort das pädagogische auseinanderzusetzen. Wissen entsteht in einem des Globalen ist, und zwar in mehrfacher Hinsicht: • Weil Schulen sich auch mit den Verflechtun- Konzept, sondern bestimmten Kontext und unter bestimmten kultu- Das stärkste Argument für Global Citizenship gen von lokalen und globalen Entwicklungen die pädagogische rellen Voraussetzungen und Erfahrungen. Damit Education ist nicht das pädagogische Konzept, auseinandersetzen und sich bewusst in ihr • Weil Schule ein Mikrokosmos globaler Migra- Praxis. rückt einerseits der historische und kulturelle sondern die pädagogische Praxis. Die Einführung tion ist und Schulklassen die Normalität der lokales soziales Umfeld einbringen und dabei Kontext der Produktion von Wissen und Macht in von Global Citizenship Education als handlungs- kulturellen, sprachlichen, religiösen, sozialen etwa auch zu einem Ort werden, wo Geflüch- den Mittelpunkt. Andererseits könnten wir auch leitende Perspektive für Schul- und Unterrichts- Vielfalt der Gesellschaft repräsentieren. tete zusammenkommen. die gegenwärtige Wissensproduktion gerade im entwicklung braucht eine Basis an theoretischer In diesem Umfeld ist es möglich, gemeinsam Blick auf den notwendigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit konzeptionellen Zugän- soziale Regeln des Miteinanders zu entwickeln, Die hier dokumentierten Projekte und Aktivitä- Wandel, die „Transformation unserer Welt“, gen und Ausrichtungen ebenso wie einen Schatz vielfältige Interessen zu erkennen und aus- ten schaffen diese notwendigen Erfahrungsräume wie sie in der Globalen Agenda 2030 der UNO an praktischen Erfahrungen. zuhandeln, unterschiedliche Perspektiven und Rahmenbedingungen, in denen junge Men- gefordert wird, analysieren und kritisch fragen, Dazu bietet diese Broschüre eine Fülle von wahrzunehmen und ein Zusammenleben in schen auf das Leben in der Weltgesellschaft vor- welches Wissen wir heute benötigen, um die glo- Beispielen. Die Berichte über Unterrichtspro- Respekt und gegenseitiger Anerkennung ein- bereitet werden können, wo sie wichtige Kompe- balen Herausforderungen der Zukunft bewältigen jekte wie über Unterrichts- und Schulentwick- zuüben. tenzen dafür entwickeln und idealerweise auch zu können. lung konzentrieren sich auf die Sekundarstufe II. ihre Erfahrungen reflektieren können. Dieser kritische Blick auf Wissen, Wissens- Sie zeigen eine Bandbreite an möglichen Zugän- • Weil Schule auf den globalen Arbeitsmarkt produktion und damit auch Unterrichtsinhalte gen zu Global Citizenship Education – von Ein- vorbereitet und jungen Menschen auch die Kompetenzen für WeltbürgerInnen hat in den Projekten bislang wohl noch weniger zelprojekten bis hin zu Schulschwerpunkten. Möglichkeiten bieten kann bzw. muss, sich eine Rolle gespielt und gehört sicher zu den The- Die nachfolgende Skizze illustriert diese Band- kritisch mit globalen Arbeitsbedingungen, Für Global Citizenship Education ist es besonders men, die in der Weiterentwicklung von Global breite. mit den Erfordernissen und Funktionsweisen wichtig, einen erweiterten Kompetenzbegriff einer globalisierten Wirtschaft zu beschäf- zugrunde zu legen, der personale und soziale tigen, sich ihrer Rolle als zukünftige Arbeit- Kompetenzen mit politischer Urteils- und Hand- nehmerInnen wie als Verantwortungsträge- lungskompetenz sowie mit Reflexionskompetenz rInnen bewusst zu werden, ihr Interesse, ihre kombiniert. Die UNESCO nennt folgende Kern- Kinder und Kreativität zu fördern, damit sie am Berufs- kompetenzen für Global Citizenship Education Implementierung von Global Citizenship Education in der Schule Jugendliche leben auch mit Fachwissen hinsichtlich glo- (UNESCO 2015): brauchen Räume baler Probleme und ihrer eigenen Verantwor- und Möglich- tung teilnehmen können. • Kognitive Dimension: Wissen um bzw. Ver- keiten, um ihre ständnis für globale Zusammenhänge und Punktuelle Projekte Eindrücke und • Weil Kinder und Jugendliche sich den Nach- Interdependenzen; kritisches Denken; (einzelne Fächer oder fächerübergreifend) Erfahrungen zu richten zu globalen Ereignissen nicht ent- Analyse- und Urteilskompetenz reflektieren, in ziehen können und etwa mit Bildern und Diskussionen Informationen über kriegerische Auseinan- • Sozio-emotionale Dimension: Gefühl der Integration von GCED in das Curriculum eigene Stand- dersetzungen, Terrorismus, Naturkatastro- Zugehörigkeit zur menschlichen Gemein- möglichst aller Schulfächer punkte zu ent- phen oder den Folgen der Zerstörung natür- schaft; auf Menschenrechten beruhende Wert- wickeln oder zu licher Lebensgrundlagen konfrontiert sind; vorstellungen und Verantwortlichkeiten; revidieren, um weil sie sich im Spannungsfeld widersprüch- Empathie, Solidarität und Respekt für Diver- GCED als bewusst gelebte Schulkultur: Orientierung zu licher und kontroverser Diskussionen bewe- sität und Vielfalt Leitbild und Profil finden. gen und dafür auch Unterstützung brauchen. Permanente Arbeit Sie brauchen Räume und Möglichkeiten, um • Verhaltensbezogene Dimension: Motivation Fortbildung mit Eltern und Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln Regelmäßige im Schuljahr verankerte Initiativen ihre Eindrücke und Erfahrungen zu reflektie- ren, in Diskussionen eigene Standpunkte zu auf lokaler, nationaler, globaler Ebene; Beitrag zu einer friedlichen und nachhaltigen Welt „Whole School Approach“ entwickeln oder zu revidieren, um Orientie- rung zu finden. Diese Kompetenzen sind noch um den Aspekt • Weil Schulen an internationalen Austausch- der Reflexionskompetenz zu ergänzen, wobei Projekten teilnehmen und es zur Begegnung diese über allgemeine Reflexionsbemühungen, Außenwirkung (Schul-Umgebung/Gemeinde) mit Gleichaltrigen aus oder in anderen Län- die mit Bildunprozessen grundsätzlich verbun- dern kommt und SchülerInnen vielfältige den sein sollten, hinausgeht. Gerade im Zusam- Pädagogische Öffentlichkeit Einblicke in kulturell anders geprägte Lebens- menhang mit Politischer Bildung braucht es eine formen, Verhaltensweisen, Erziehungsstile, ausgebildete Fähigkeit, die eigene Verstrickung in Mediale Öffentlichkeit Familienleben und Bildungssysteme bekom- Dominanz- und Machtbeziehungen zu erkennen, men. Diese Begegnungen werden dann gelin- Selbst- und Fremdbestimmung ausloten zu kön- (Internationale) Kontakte und Partnerschulen gen, wenn die SchülerInnen offen für diese nen oder zu kultureller (Selbst-) Reflexion fähig Begegnungen sind, gut vorbereitet werden zu sein. 12 13
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED? Global Citizenship Machen wir So ist, wie wir meinen, eine Sammlung span- zu verbreiten als auch zu vertiefen. Wir hoffen, unsere Schulen zu nender Fallstudien entstanden, die allen, die mit dass diese Broschüre dazu beiträgt, noch mehr Schulen des Welt- pädagogischer Praxis zu tun haben, als Inspira- Kolleginnen und Kollegen zu ermutigen, selbst bürgertums! tion, Materialsammlung und Know-How dienen mögen. Dafür möchten wir uns bei den enga- gierten Lehrkräften, die an den Projekten und Global Citizenship Education in den Unterricht zu integrieren, und mehr noch: die ganze Schule zu einem Stützpunkt für Global Citizenship Educa- Education im Unterricht ihrer Dokumentation mitgewirkt haben, herz- tion zu machen. Ein kommentierter Leitfaden lich bedanken. Wir hegen den höchsten Respekt In diesem Sinne: Machen wir unsere Schulen für ihre Arbeit. zu Schulen des Weltbürgertums! Die Beispiele die- Insgesamt geht es uns darum, eine richtige ser Broschüre zeigen, wie das geht. Und dass wir Werner Wintersteiner 1 Bewegung für Global Citizenship Education im schon längst auf dem Weg dahin sind. Unterricht auszulösen, und die Thematik sowohl Ein wichtiger Schritt Diese Broschüre ist ein wichtiger Schritt in unserer Arbeit für Global Citizenship Education, aber nicht der Abschluss. Wir suchen nach wie vor Schulen, die Global Citizenship Education umsetzen wollen – gerade auch im Grundschulbereich und in der Sekundarstufe I. Wir treten gerne mit interessierten Lehrkräften in Kontakt und stehen auch für Beratungen bei Projektinitiativen oder Ziel der Aufgaben Diese Tabelle mit ihren vier Zielen und Aufgaben sich die Umsetzung vorstellen kann. Es ist aber für Fortbildungen und Unterrichtsstunden zur Verfügung: und Beispiele ist als Leitfaden und Hilfe für die Unterrichts- wichtig, im Auge zu behalten, dass es eben nur ist es, einen vorbereitung gedacht. Die große Idee von Global Beispiele sind, d.h. dass es auch ganz andere Heidi Grobbauer heidi.grobbauer@komment.at Zusammenhang Citizenship Education (GCED) ist hier auf vier Umsetzungsmöglichkeiten, je nach Situation, gibt Werner Wintersteiner werner.wintersteiner@aau.at zwischen GCED hauptsächliche Ziele heruntergebrochen, die und geben muss. Grundsätzen und wiederum in einzelne Teilaufgaben unterteilt Ziel der Aufgaben und Beispiele ist es, einen dem praktischen sind: Zusammenhang zwischen GCED Grundsätzen und Unterricht sinn- dem praktischen Unterricht sinnfällig und über- fällig und über- 1) Zusammenhänge zwischen globalen Ent- sichtlich in exemplarischer Weise darzustellen. sichtlich in exem- wicklungen und lokalen, die Lernenden Denn GCED ist ein sehr umfassendes und komple- plarischer Weise selbst betreffenden Auswirkungen erkennen xes Arbeitsfeld, und es ist Mehreres zugleich – ein darzustellen. und analysieren transdisziplinäres Themenfeld, ein Unterrichts- 2) Lernende ihre Selbstwirksamkeit als prinzip genauso wie Inhalt des Fachunterrichts „citizens“ erleben lassen in vielen Fächern. Diese Komplexität ist auch der Grund, warum es zwischen den Teilaufgaben zahl- 3) Lernende unterstützen, ein Bewusstsein von reiche Überlappungen gibt und auch die Ziele und der Notwendigkeit, sich als global citizen zu Aufgaben mit einander vernetzt sind. Die Unter- Literatur betätigen, zu entwickeln teilung hat eben rein analytische und didaktische 4) Lernenden helfen, diese Erfahrungen zu Gründe, sie muss in der Praxis selbstverständlich Andreotti, Vanessa (2006): Soft versus critical global citizenship education, in: Policy & Practice – A Development Education Review, S. 40-51. www.developmenteducationreview.com/sites/default/files/article-pdfs/andreotti%20focus%204.pdf, [29.03.2018] verinnerlichen und zu einem Teil ihrer nicht eingehalten werden. Persönlichkeit werden zu lassen Was aber wichtig ist, dass vor lauter Teilauf- Bosio, Emiliano (2017): How do we create transformative global citizens? in: University World News. www.universityworldnews.com/article.php?story=20171129082744388 [02.07.2018]. gaben und einzelnen Beispielen das große Ganze Es geht also um kognitive Kenntnisse (1), aber GCED nicht aus den Augen verloren wird. Man Eilenberger, Wolfram (2016): Was tun? Philosophen zur Flüchtlingskrise. In: Philosophie Magazin Nr.2/2016. auch um entsprechende Fähigkeiten (2) und kann nicht irgendeine – an sich notwendige und Messerschmidt, Astrid (2010): Touristen und Vagabunden – Weltbürger in der Migrationsgesellschaft, in: Widmaier, Benedikt/Steffens, Gerd (Hrsg.), Einstellungen (3). Alle diese Ziele können nur unverzichtbare Teilaufgabe, wie etwa „kritisch Weltbürgertum und Kosmopolitisierung. Interdisziplinäre Perspektiven für die Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag, S. 123-135. erreicht werden, wenn sie stark mit der Persön- denken“ – isoliert angehen und schon meinen, Pashby, Karen (2014): Questions for Global Citizenship Education in the Context of ‘New Imperialism’ For Whom, by Whom?, in: Andreotti, Vanessa de lichkeit der Lernenden verbunden werden, was damit bereits den Zielen von GCED Genüge zu Oliveira/de Souza, Lynn Mario T. M. (Hrsg.), Postcolonial Perspectives on Global Citizenship Education, Routledge, S. 9-26. implizit immer und nochmals explizit in (4) ange- tun. Denn erst das Zusammenspiel der vier Ziele Seitz, Klaus (2009): Globales Lernen in weltbürgerlicher Absicht. Zur Erneuerung weltbürgerlicher Bildung in postnationaler Konstellation. sprochen wird. ergibt die Idee von GCED. Diese Einsicht verständ- In: Overwien, Bernd/Rathenow, Hanns F. (Hrsg.): Globalisierung fordert politische Bildung. Opladen, S. 37-48. Zu allen Zielen und Teilaufgaben werden Bei- lich zu machen ist auch eine Aufgabe dieses Leit- UNESCO (2015): Global Citizenship Education: Topics and Learning Objectives. Paris. spiele angeführt, die illustrieren sollen, wie man fadens. Unterrichtsprinzip Politische Bildung, Grundsatzerlass (2015). https://bildung.bmbwf.gv.at/ministerium/rs/2015_12.html [02.07.2018]. Wang, Chenyu/Hoffman, Diane M. (2016): Are WE the World? A Critical Reflection on Selfhood in U.S. Global Citizenship Education, in: Education Policy Analysis Archives, 24/56, S. 1-22. http://dx.doi.org/10.14507/epaa.24.2152 [02.07.2018] –––––––––––––––––––––––––––– Wintersteiner, Werner/Grobbauer, Heidi/Diendorfer, Gertraud/Reitmair-Juárez, Susanne (2014): Global Citizenship Education. Politische Bildung 1 Eine erste Version dieses Textes wurde den TeilnehmerInnen des Universitätslehrgangs „Global Citizenship Education“ (2016–2018) vorgelegt. für die Weltgesellschaft. Österreichische UNESCO-Kommission Wien. Diese Fassung beruht auf deren zahlreichen Anregungen und Verbesserungen, für die ich mich hier ausdrücklich bedanken möchte. 14 15
WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED? Keineswegs Im Allgemeinen ist die linke Spalte mit den Keineswegs erfordert es allerdings die Idee von 1) Zusammenhänge zwischen globalen Entwicklungen und lokalen, die Lernenden erfordert es aller- Zielen und Teilzielen so aufgebaut, dass folgende GCED, diesen Leitfaden wie eine Checkliste selbst betreffenden Auswirkungen erkennen und analysieren lassen dings die Idee von Punkte abgedeckt werden: Punkt für Punkt abzuarbeiten. Man wird sich das GCED, diesen • Neues Wissen (z.B „Globale Fragen in ihren eine oder andere Teilziel oder Beispiel für die Dieses Ziel ist die Voraussetzung dafür, dass Lernende im politischen Sinne „global denken“ und sich global Leitfaden wie eine lokalen und globalen Auswirkungen studieren“) jeweilige Unterrichtssituation herausnehmen. verantwortlich fühlen können. Checkliste Punkt • Neue Erfahrungen machen (z.B. „Das Globale Doch soll das Bewusstsein für die Gesamtzusam- für Punkt ab- im Lokalen entdecken“) menhänge immer gewahrt bleiben. Zweifels- zuarbeiten. • Fertigkeiten entwickeln helfen (z.B. „Erfah- ohne ist der Leitfaden für alle Unterrichtsfächer ZIELE UND AUFGABEN METHODEN UND BEISPIELE rungsräume für Partizipation schaffen“) gedacht, das betrifft die linke Spalte; die jeweilige • Meta-Wissen aufbauen, also ein Wissen über Realisierung muss sich aber nach den Besonder- Wissen, eine Veränderung des Denkrahmens heiten und Möglichkeiten der einzelnen Fächer Das Globale im Lokalen entdecken Menschen aus dem Umfeld mit Migrationshintergrund bzw. Reiseerfahrung und der Kategorien, mit denen Wissen ein- richten, deswegen können die exemplarischen kennenlernen Diese Entdeckungen sind die Basis geordnet wird (z.B. „Heimatland Erde. Welt- Methoden in der rechten Spalte natürlich nicht und sozusagen die Vorstufe für alle bilder und Weltvisionen“) für jedes Fach und jede Schulstufe das Passende Nach „Spuren des Globalen“ in der eigenen Wohnumgebung forschen: weiteren Schritte. Häufig kann man bieten – sie sind eben als Anregungen gedacht. Geschäfte; Kulturstätten; Baustile; Denkmäler, Veranstaltungen … bereits von einem zumindest diffu- Die Anordnung dieser Punkte ist unterschiedlich, Auf einen Punkt sei hier noch extra hin- sen „globalen“ Bewusstsein ausge- denn sie folgt keinem Schema, sondern richtet gewiesen: Wir sind überhaupt nicht der Mei- Die eigene (familiäre) „Globalität“ erforschen: Migration, Reisen, Fremd- hen, das es im Unterricht zu schärfen sich danach, wie das jeweilige Teilziel vermutlich nung, dass wir als Lehrende – quasi kraft unse- sprachenkenntnisse, Verwandte und Freunde … Eine „Identitätsprüfung“ im gilt. Zu beachten ist, dass heute viele am besten erreicht werden kann. res Amtes – bereits ausreichend qualifiziert Sinne von Amin Maalouf 1 SchülerInnen in ihrem Leben bereits sind, die hier angeführten Ziele voll zu verste- viele globale Erfahrungen gemacht Dieser Leitfaden kann in mehrfacher Hinsicht hen und in ihrem Sinn auch andere unterrich- Durch geeignete Übungen Körperliches und Emotionen ansprechen, die bei haben (Migration, Urlaubsreisen, verwendet werden: ten zu können. Vielmehr verstehen sich die hier der Begegnung mit dem „Globalen“ ausgelöst werden (Mimik, Gestik, SchülerInnen-Austausch). • bei der Planung und Ausarbeitung eigener dargestellten Ziele und Aufgaben auch als eine Da dies der erste Zugang ist, muss Inszenierungen, Rituale…) Unterrichtseinheiten Herausforderung an uns Lehrende, uns selbst er noch keineswegs systematisiert • der Bewertung und Evaluation des bei auf Lernprozesse in Richtung Global Citizen- werden, man kann bei jedem belie- Medizin als Beispiel für weltweite Ungleichheit und Ungerechtigkeit: Ausbeu- eigenen Unterrichts ship (Education) einzulassen. tung der heilpflanzlichen Ressourcen der Länder des Südens durch Großkon- bigen und für die Lernenden interes- • der Beurteilung der GCED Qualität von bei santen Beispiel starten. zerne; deren Versuch, durch Patente und Monopole den Markt zu beherrschen; Lehrmaterialien Unerschwinglichkeit von Medikamenten in ärmeren Ländern; Organhandel … Diese „Begegnung mit dem Glo- balen“ ist jedoch kein rein rationa- Herkunftswege von Konsumgütern, besonders denen der Lernenden, verfolgen ler, sondern auch ein zutiefst emoti- und kritisch analysieren: Essen, Kleidung, Unterhaltungselektronik … onaler Prozess, und dies muss auch didaktisch berücksichtigt werden. Eigene Berufsfelder (Berufsschule bzw. BHS) im Hinblick auf Globales untersuchen Globale Auswirkungen lokaler Wovon leben wir: Politisch-ökonomische Kreisläufe in ihrem Zusammenhang Handlungen und Entscheidungen verstehen lernen, am Beispiel der Versorgung mit Lebensmitteln, der „größten erkennen Herausforderung für Europa“ (Biopionier Werner Lampert): Warum ist nach- haltige Bio-Landwirtschaft und faire Konsumgüter-Produktion eine Frage von Hier geht es nicht mehr um das global citizenship? Bewusstsein von den globalen Zusammehängen alleine, sondern Herkunftswege von weniger sichtbaren, aber essentiellen Gütern (Energie, im Vordergrund steht die Ungerech- Strom, Rohstoffe) kritisch analysieren: Wer verdient woran? Wer hat tigkeit der heutigen globalen Welt- eventuelle Umweltfolgen zu tragen? Welche Strategien entwickeln die ordnung. industrialisierten Staaten, um sich diese Güter zu sichern? Dies verlangt bereits ein gewisses Maß an Systematik, das mit der Zeit Migrations- oder Fluchtgründe erforschen durch eigene Erfahrungen, eingelöst werden kann. Befragungen von Menschen aus dem Umfeld wie durch Länderstudien Anhand von Medienberichten, sozialen Medien, Youtube, Musik und literari- schen Texten das Leben von Menschen im globalen Süden kennenlernen, um sie nicht als „Opfer“ und „Arme“, sondern in ihrer Würde und in ihren Hand- lungsmöglichkeiten zu erleben 1 „Von Zeit zu Zeit mache ich etwas, das ich ‚meine Identitätsprüfung‘ nennen möchte, so wie andere sich einer Gewissensprüfung unterziehen. Man wird bemerkt haben, dass es nicht mein Ziel ist, irgendeine ‚essentielle‘ Zugehörigkeit in mir auszumachen, vielmehr verfolge ich den umgekehrten Weg. Ich durchforste mein Gedächtnis, um die größtmögliche Menge an Identitätsmerkmalen zutage zu fördern, ich trage sie zusammen, stelle sie in eine Reihe und weise keines zurück“ (Amin Maalouf: Mörderische Identitäten. Frankfurt, Suhrkamp 2000, S. 19). 16 17
WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED? 2) Lernende ihre Selbstwirksamkeit als „citizens“ erleben lassen Globale Fragen in ihren lokalen und Aktuelle Fragen (Auswahl): globalen Auswirkungen studieren Klimawandel (und andere ökologische Fragen) / Kriege / Atomkriegsgefahr Dieses Ziel ist Voraussetzung dafür, dass Lernende sich als engagierte BürgerInnen begreifen. (Rüstungsindustrie, Waffenhandel) / Terrorismus Es geht hier darum, „große Themen“, die ohnehin in aller Munde sind, Studium von Zeitungen und Fachliteratur, inkl. Schulbücher (kritisches Lesen sowohl in dem für die Lernenden lernen) z.B. aus der Zeitschrift Südwind oder Baobab-Materialien Erfahrungen von Zivilcourage und Hinschauen oder Wegschauen, wenn Unrecht beobachtet wird überschaubaren Rahmen als auch im „Engagement“ reflektieren weltweiten Maßstab zu verstehen. Studium von literarischen Texten (literarisches Lesen lernen) siehe den Erfahrungen, wo man sich selbst erfolgreich gewehrt hat Es geht also darum, einen Zusammen- Dies gilt für alle sozialen Felder: entsprechenden Abschnitt in dieser Publikation bzw. die Bibliographie hang herzustellen. Dies kann sowohl Zuhause, Peer Gruppe, Schule, in den Eventuell im Schutz von literarischen Texten arbeiten (die Texte als Eye-Opener aktuell wie historisch erfolgen. sozialen Medien… Die Schule kann Historisches (Auswahl): und Muster für eigene, bewusst fiktive Texte), um die persönliche Sphäre der auch dafür Anstöße bieten. Dies kann – Geschichte der Sklaverei und ihre langfristigen Folgen (bis heute) Lernenden zu schützen anlassbezogen oder als eigene Unter- – Flucht und Fluchtursachen historisch und aktuell untersuchen richtseinheit erfolgen. Wichtig ist es, dabei keine eventuell vorhandenen „Heimatland Erde“: Weltbilder und Postkoloniale Kritik am Eurozentrismus altersgemäß verstehen lernen negativen Dynamiken in der Klasse Weltvisionen noch zu verstärken und auf jeden Fall Welche Weltbilder und Weltvisionen haben wir selbst (als Lehrende, als die Schwächeren zu schützen. Ab hier beginnt die Meta-Ebene in der Lernende)? Z.B. Zeichnen von „psychologischen Weltkarten“, die eine Auseinandersetzung im Gegensatz persönliche Geographie wiedergeben (freie Gestaltung der Größe, Nähe zu den eher praktisch ausgerichteten Erfahrungsräume für Partizipation Im eigenen Unterricht, in der Schulgemeinschaft insgesamt; beginnend mit und Eigenschaften anderer Länder) vorigen Aspekten. Die Intention be- schaffen und nutzen kleinen Freiräumen; zugleich ständige Reflexion des Umgangs mit Partizipation steht darin, sich mit der eigenen Welt- usw. Partizipationsfähigkeit kann und muss man lernen! Historische Dimension anhand von Visualisierungen (Weltkarten, Allegorien Dies ist vielleicht der wichtigste und sicht und Weltbildern generell aus- etc.) aus verschiedenen Weltteilen am wenigsten entwickelte Aspekt im einander zu setzen, weil diese unser Strukturen wie Klassenvorstandsstunde, ritueller Wochenbeginn im Sesselkreis (www.interkart.de/alte-karten-und-globen/historische-karten/ptolemy-s- Schulleben. Sicht auf die Welt, auf die Globalisie- bis hin zu eigenen Unterrichtsfächern „Kommunikation und Konflikt“ welt-karte-1482.html#, www.vintage-maps.com/de/antike-landkarten:::3) rung, auf die Vorstellungen zukünf- tiger Entwicklungen, auf Zusammen- Schulprojekte, Schulfeiern und Austausch bewusst als Gelegenheiten für Demo- Welche Weltbilder waren in der Vergangenheit prägend und wie wirken sie in die arbeit und globale Partnerschaften, kratielernen nutzen, auch wenn das zunächst als mühsam erscheinen mag Gegenwart? Etwa die steirische Völkertafel (www.austria-forum.org/af/Wissens- auf das Zusammenleben in der Welt- sammlungen/ Damals_in_der_Steiermark/Die_steirsche_V%C3%B6lkertafel) gesellschaft (unbewusst) prägen. Ein Vorbilder und engagierte Journalistische und literarische Texte, Filme, persönliche Interviews und Ziel dabei ist es, unsere euro-zentristi- Kontrastive Geschichtsbilder: z.B. die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber; Menschen erforschen andere Formen persönlicher Begegnungen schen Bilder zunächst als unvermeid- die „Entdeckung“ der Amerikas aus indigener Perspektive; Imperialismus lich hinzunehmen und bewusst zu Eine indirekte Form, die hilft, das und Kolonialismus – Stimmen aus dem Süden machen, ihnen aber durch andere Interesse an und Vertrauen zu Bilder entgegenzuwirken. eigener Wirksamkeit zu steigern. Klassische Texte (in Auszügen): Frantz Fanon, Aimé Césaire, Edward Said… Rassismus umfassend verstehen Rassismuskritik ist ein Kern von GCED Rechte Menschenrechte, Kinderrechte, demokratische Rechte kennenlernen; die Bedeutung der Rechte für das eigene Leben begreifen lernen; „Ohne Angst verschieden sein kön- Die eigenen Rechte kennen und In besonderem Maße gilt diese Aufgabe auch für die Lehrpersonen selbst, denn Einschränkungen von Rechten und Demokratiedefizite thematisieren nen!“ ist etwas, das immer noch gebrauchen lernen Rassismus ist banal und selbstverständlich und daher unsichtbar geworden.2 nicht selbstverständlich ist. Rassis- mus ist allgegenwärtig und hierarchi- Eine kleine Zusammenstellung von Rassismusdefinitionen unter: Kommunikation und Empathie und aktives Zuhören ebenso üben wie Streitkultur: eigene Argumente siert Menschen; hilft ungleiche Ver- www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich/lernmaterial-unterricht/ Konfliktfähigkeit vertreten; Umgang mit Konkurrenz reflektieren; sich mit anderen verbünden hältnisse herzustellen – weltweit und antisemitismus/wie-funktioniert-rassismus/wie-funktioniert-rassismus/ lernen… auch bei uns Das sind unabdingbare Kompetenzen auswahl%20definitionen%20rassismus.pdf für alle citizens, die man am besten Anlassfälle, Rollenspiele, Planspiele, eigene Peer-Mediations-Ausbildung… im Zusammenhang mit den ange- Sich mit ideellen und materiellen Kritik der Wachstumsgesellschaft strebten Inhalten lernt Alternativen zur bestehenden Arbeit mit Selbstkonzepten: eine stärkenbewusste und schwächentolerante Ordnung beschäftigen Kritik der imperialen Lebensweise3 Herangehensweise in Beziehungs- und Machtstrukturen fördern, vielseitige identitätsstiftende Erfahrungen, rollenkonformes und rollendistanziertes • Sozialökologische Transformation Formen solidarischer Ökonomie, Gemeinwohlökonomie, Postwachstum ... Verhalten einüben, usw. • Die UNO Sustainable Development Goals (SDGs) in ihrer Bedeutung Umsetzung der SDGs in Österreich verstehen lernen 2 Siehe etwa Rassismuskritik in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern: www.bpb.de/apuz/212364/rassismuskritik-in-der-lehrerausbildung?p=all 3 Siehe dazu Ulrich Brand/Markus Wissen: Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. Oekom-Verlag München 2017. Sehr empfehlenswert ist auch eine didaktisierte Version des I.R.A Kollektivs: AUF KOSTEN ANDERER? Wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert. Gratis Download: https://aufkostenanderer.files.wordpress.com/2018/03/auf-kosten-anderer-onlineversion.pdf 18 19
WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED? 3) Lernende unterstützen, ein Bewusstsein von der Notwendigkeit, sich als global citizen 4) Lernenden helfen, diese Erfahrungen zu verinnerlichen und zu einem Teil ihrer zu betätigen, zu entwickeln Persönlichkeit werden zu lassen Erst dadurch wird das Wissen um globale Strukturen und Zusammenhänge politisch; zugleich eine Einübung in demokratische Dies lässt sich natürlich nicht erzwingen, und meist auch gar nicht beobachten. Was wir als Lehrende aber sehr wohl Partizipationsformen. Die kritischen Sozialanalysen aus (1) sind dabei eine wichtige Grundlage. tun können, ist dafür die möglichst besten Rahmenbedingungen zu schaffen. Die eigene Stellung in der Welt Die eigene Stellung als Angehörige/r eines privilegierten und reichen westlichen Einheit von Sprechen und Handeln Das eigene Verhalten als Lehrende reflektieren; keine doppeldeutigen reflektieren Landes erkennen (auch wenn man sich vielleicht innerhalb des Landes als Botschaften ausschicken! keineswegs privilegiert fühlt); die eigene Position als Aufgabe begreifen Gestaltung der gesamten GCED als bewusst als Leitprinzip umsetzen. Unterricht, Schulgemeinschaft, Sich mit den eigenen Vorurteilen konfrontieren Schulkultur gelebte und verkündete Schulkultur (Leitlinien; Schul-Charta), Wahl der Unterrichtsmaterialien, Lebensmittel, Umgang mit Mist …4 Ethische Reflexionen Diskussion ethischer Fragen anhand von Beispielen, Auszügen aus philoso- phischen Werken und literarischen Texten (Philosophieren mit Kindern und Spiralförmige Curricula Die gewählten Schwerpunkte immer wieder ansprechen, bei neuen Unterrichts- Jugendlichen) einheiten bewusst an frühere anknüpfen; nicht nur Wissen, sondern auch „Wissen über Wissen“ verbreiten Praktische (pädagogische) Planspiele Erfahrungen Über Jahresplanung hinaus auch eine Grobplanung für gesamte Grundstufe Unterrichtsprojekte mit stark partizipativem Anteil (Themen- und Methoden- bzw. Sekundarstufe I bzw. II machen auswahl, Zeitmanagement, Präsentationsformen, Leistungsbeurteilung …) Anstöße für Selbstreflexion und Ideale Formate sind mündliches Erzählen, Aufsätze, kleine selbstgestaltete Realsituationen Begegnungen mit Peers, von der Nachbarklasse bis zum internationalen „Selbst-Experimente“ geben Handy-Filme, Sketche, Rollenspiele … SchülerInnen-Austausch Gut eignen sich auch Zukunftswerkstätten, Schreibwerkstätten, Arbeitsplatz (bei BerufssschülerInnen) Theaterateliers Freiwilligenengagement von SchülerInnen reflektieren Im Hier und Jetzt mit anderen vernetzen und die dabei aufkommenden Gefühle als Lernchance, als Wegweiser zu seinen Bedürfnissen und Urängsten Thematisierung von Handlungsmöglichkeiten anhand aktueller politischer begreifen, um auf kreative Weise ideelle, materielle Alternativen zur Fragen bestehenden Ordnung zu schaffen, um empathische Prozesse einzuleiten, um sich selbst besser kennen und verstehen zu lernen … Spezielle Möglichkeiten zu schaffen, sich mit Peers aus dem globalen Süden in Verbindung zu setzen (von MigrantInnen und Flüchtlingen im Umfeld bis 4 Vgl. den Beitrag des BRG Klusemannstraße Graz in dieser Broschüre. zu jenen, die weit entfernt leben) NOTIZEN NOTIZEN 20 21
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