Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
Global Citizenship Education
in der Praxis
Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen

Herausgegeben von
Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner
(unter Mitarbeit von Susanne Reitmair-Juárez)
für die Österreichische UNESCO-Kommission
Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
Global Citizenship Education
in der Praxis
Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen
Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
VORWORT

                          Global Citizenship Education
                          Beispiele für eine aktive, zukunftsorientierte Lernkultur

    ©KHM Museumsverband

                                                                   ©Esel
                          Dr. Sabine Haag    Mag. Friederike Koppensteiner

                          In einer globalisierten Welt, in denen Herausforderungen           Inhalte pädagogisch so aufzubereiten, dass sie auch wirk-
                          gleichzeitig lokal und global angegangen werden müssen,        lich im Klassenzimmer ankommen, ist eine große Heraus-
                          hat sich auch der Bildungsdiskurs gewandelt. Global            forderung. Verschiedene Schultypen haben verschiedene
                          Citizenship Education ist ein Denkrahmen bzw. ein Konzept      Bildungsziele, verschiedene Altersstufen sollen mit der
                          politischer Bildung mit globalen Perspektiven für die Welt-    Thematik befasst werden. Die motivierendsten Zugänge zu
                          bürgerInnen von morgen. Lernende sollen weltweite              finden, darin liegt das pädagogische Geschick jedes Klassen-
                          Zusammenhänge erkennen, die sie befähigen, sich proaktiv       teams oder jeder einzelnen Lehrkraft.
                          für eine gerechtere Welt einzusetzen. Die UNESCO möchte            Zu hoffen ist, dass diese Best-practice-Sammlung viele
                          so Bewusstsein schaffen für die Einhaltung der Menschen-       Lehrkräfte ermutigt, die Sustainable Development Goals der
                          rechte, Friedens- und Demokratieerziehung sowie für            Vereinten Nationen (SDGs) mit all ihren wichtigen Themen
                          Bildung für nachhaltige Entwicklung.                           und Zielsetzungen in ihrem Unterricht stärker zu berück-
                              Wurden im ersten Band ‚Citizenship Education for           sichtigen. Allen Lehrerinnen und Lehrern, die ihre Mate-
                          Globalizing Societies‘ die Begrifflichkeiten und Ziele zu      rialien und Erfahrungen zur Verfügung gestellt haben, sei
                          diesem UNESCO-Programm erläutert, stehen im zweiten            deshalb besonders herzlich gedankt!
                          Band nun Beispiele aus der Schulpraxis im Fokus: Diese Best-
                          practice-Sammlung zeigt, wie es gelingt, junge Menschen
                          im Sinne eines „think globally, act locally“ zu begeistern.
                          Entscheidend ist der Blick in die Welt hinaus, vor allem
                          Kooperationen mit Bildungseinrichtungen außerhalb
                          Europas (zum Beispiel „élèves pour élèves“ in Burkina Faso)
                          sorgen für ein kritisches Bewusstsein für globale Zusammen-
                          hänge.
                              Learning to know/Learning to do/Learning to be/Learning
                                                                                              Dr. Sabine Haag
                          to live together – diese vier Säulen sind die pädagogischen
                                                                                              Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission
                          Grundlage der Arbeit an den mehr als 90 UNESCO-Schulen
                          in ganz Österreich. UNESCO-Schulen galten und gelten seit
                          der Gründung 1957 als Modellschulen, an denen Unterricht
                          projektorientiert, partizipativ und auch themen-spezifisch
                          gestaltet wird. Der besondere ‚spirit‘ an UNESCO-Schulen
                          ermöglicht oft besondere Projekte. Im Programm der Jahres-
                          tagungen der letzten Jahre wurde zum Beispiel kontinuier-
                          lich Global Citizenship Education behandelt, begleitet durch
                          Expertinnen und Experten von diversen Fachinstitutionen             Mag. Friederike Koppensteiner
                          und NGOs.                                                           Koordinatorin Österreichische UNESCO-Schulen

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
Inhalt

          3   Vorwort                                                                   Neue Schulfächer
              Dr. Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-            64   Inge Kager: Wie das Wahlpflichtfach Global Education laufen
              Kommission, und Mag. Friederike Koppensteiner, Koordinatorin              lernte
              Österreichische UNESCO Schulen: Global Citizenship Education –
              Beispiele für eine aktive, zukunftsorientierte Lernkultur                 Internationale Partnerschaften
                                                                                   72   Georg Blaha: Schulen ohne Grenzen – DialogNetzwerk.Ukraine
          6   Warum und wie GCED?                                                  78   Albert Ecker: MEMBRAIN. Wirkstrukturen einer nonverbalen
          7   Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner: Eine Schule des                 Sprache der interkulturellen Signale in Global Citizenship
              Weltbürgertums. Global Citizenship Education: von der Theorie             Education
              zur Praxis
         10   Josefine Scherling und Ursula Maurič: Drei Eckpunkte von                  Whole School Approach
              Global Citizenship Education                                         82   Klaus Tasch und Team: Eine ganze Schule im Dienste von
         15   Werner Wintersteiner: Global Citizenship Education im                     Global Citizenship Education. Die Schulphilosophie und das
              Unterricht. Ein kommentierter Leitfaden                                   Schulprogramm der NMS/BG/BRG Klusemannstraße
                                                                                   95   Heidi Grobbauer: Global Citizenship Education als Schul-
         22   GCED in der Schule                                                        entwicklung: GRG 23
         23   Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner: Der Praxisbeweis.
              Zu den schulischen Projektberichten                                 102   GCED in der LehrerInnenbildung
                                                                                  103   Ursula Maurič und Josefine Scherling: GCED in der Praxis der
              Projekte in verschiedenen Schultypen                                      PädagogInnen-Bildung. Zwei Beispiele
         25   Claudia Essert: Kulturelle und sprachliche Vielfalt wertschätzen.   111   Carolina Pircher, Nathalie Moritz, Nora Kriechbaum, Simon
              Wie ein SchülerInnen-Video zum Schulleitbild avancierte                   Kornhäusl: WeLL – Werkstatt für ermächtigendes Lernen und
         31   Monika Hofmann: Terrorismus und Emotionen. Eine Heraus-                   Lehren
              forderung für Global Citizenship Education
         36   Josef Stehle, Maria Mazal, Stefan Binder: Demonstrationsrecht –     119   Anhang
              eine Frage von Global Citizenship Education                               Literaturtipps und kommentierte Empfehlungen
         45   Helmut Mailänder: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die
              Segel anders setzen“. Deutschkurse für Flüchtlinge
         51   Doris Sommer: Das World Peace Game
         59   Gabriele Stelzmüller im Interview mit Heidi Grobbauer:
              GCED in den alltäglichen Unterricht integrieren!

4                                                                                                                                                      5
Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
EINLEITUNG                                                        EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED?

     Warum     Eine Schule des
     und wie
               Weltbürgertums
    GCED?      Global Citizenship Education: von der Theorie zur Praxis

               Heidi Grobbauer und Werner Wintersteiner

                                                      Mit dieser Publikation möchten wir zur Verankerung von
                                                      Global Citizenship Education, einer für unsere Zukunft
                                                      grundlegenden pädagogischen Orientierung, einen prakti-
                                                      schen Beitrag leisten.
                                                      7
                                                          Längst ist offensichtlich, dass viele, wenn nicht die meis-
                                                      ten gegenwärtigen Probleme nicht mehr im nationalen
                                                      Rahmen lösbar sind, und, was noch wichtiger ist, sie sind
                                                      mit einem nationalen Denkrahmen weder ausreichend zu
                                                      verstehen noch lassen sich damit angemessene Zukunfts-
                                                      konzepte entwickeln. Die Denkweise des „methodischen
                                                      Nationalismus“, die uns seit langem prägt, verhindert neue
                                                      Einsichten und passende Lösungswege. Deswegen ist es
                                                      wichtig, in allen Bereichen des Lebens, und nicht zuletzt
                                                      in der Bildung, einen neuen Denkrahmen zu entwickeln.
                                                          Die von der UNO 2015 verabschiedete Agenda „Transfor-
                                                      ming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Develop-
                                                      ment“ reagiert auf diese Entwicklung. Sie definiert univer-
                                                      selle Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals
                                                      oder SDGs), die alle Mitgliedsstaaten in die Pflicht nehmen,
                                                      eine tiefgehende Transformation von Wirtschaft, Konsum,
                                                      Kultur und Politik in Richtung Nachhaltigkeit, Verringe-
                                                      rung sozialer Ungleichheit und globale Gerechtigkeit anzu-
                                                      streben. Denn nur so können ein menschenwürdiges
                                                      Leben und die Wahrung der natürlichen Lebensgrund-
                                                      lagen für zukünftige Generationen gesichert werden.
                                                      Die SDGs sind ein sehr ambitioniertes Vorhaben, das mit
                                                      den 17 Entwicklungszielen bis 2030 umgesetzt werden soll.

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS                                                                                                                                                                             EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED?

                       1. Eine zeitgemäße Bildung                               genannte Flüchtlingskrise zeigt, lässt sich nicht                                     Es geht dabei um Fragen wie: Leisten wir der                            Allerdings ist Citizenship, verstanden als
                       ist eine globale Bildung                                 einmal im vereinten Europa Einigkeit herstellen.                                  Abwehr alles Fremden und Anderen dadurch                                rechtlicher Status von Menschen als Staatsbür-
                                                                                Vielmehr sehen wir einen starken Trend nach                                       Vorschub, dass wir unsere Unterrichtsfächer                             gerInnen, bislang an den Nationalstaat gebun-
                       Ein integraler Bestandteil der SDGs ist die              rückwärts, zur Re-Nationalisierung und natio-                                     durch die nationale Brille betrachten, oder fördern                     den. Doch ebenso wichtig wie der rechtliche
                       (von der UNESCO koordinierte) Bildungs-                  nal geprägten Denkmustern, die einem weltoffe-                                    wir einen zukunftsorientierten, kreativen Umgang                        Status ist die Frage der Zugehörigkeit und die
                       agenda 2030. Darin verpflichten sich die Regie-          nen Denken entgegenstehen. Ein Grund für diese                                    durch einen Unterricht, der sich Global Citizen-                        Überlagerung mehrfacher Identitäten, die mit
                       rungen, „für alle Menschen inklusive, chancenge-         Tendenz ist wohl, dass die Globalisierung tatsäch-                                ship, d.h. die universellen Menschenrechte und                          einer modernen und mobilen Gesellschaft ein-
                       rechte und hochwertige Bildung sowie Möglich-            lich viele zu Verlierern gemacht und die Kluft zwi-                               das Weltbürgertum, als Leitlinie nimmt? Nehmen                          hergehen. Einen dritten Aspekt von Citizenship
                       keiten zum lebenslangen Lernen sicherzustellen“.         schen Arm und Reich weiter geöffnet hat. Auch                                     wir die Zugehörigkeit zur menschlichen Gemein-                          bildet die Praxis politischer Teilhabe. Das sind
                       Dazu müssen die Lernenden die Fähigkeit erwer-           führt die Rasanz der Veränderungen der Lebens-          Eine wachsende            schaft als Rahmen für Verantwortung und Solida-                         alles Entwicklungsräume für Global Citizenship.
                       ben, mit einem globalen Denkrahmen grund-                welt verständlicherweise zur Suche nach Sicher-              Anzahl von           rität an und befördern damit den Gedanken eines                             Dazu noch zwei Überlegungen: Immer sicht-
                       legende Fragen zu analysieren und zu verste-             heit und damit zur illusionären Hoffnung, man             Menschen, die           „Heimatlands Erde“ (Edgar Morin)? Bildet die Glo-                       barer stellt die zunehmende Migration das his-
                       hen, um auch selbst aktiv handeln zu können.             könne das Rad der Geschichte zurückdrehen.             nicht die Staats-          balität der Weltverhältnisse die Perspektive für die                    torisch gewachsene Konzept von Citizenship in
                       Im Bildungsziel 4.7 wird dies, kurz gefasst, so          Die Abschottungstendenzen gegenüber Migra-             bürgerschaft des           Bildungsziele und -inhalte und gestalten wir den                        Frage. Eine wachsende Anzahl von Menschen,
                       formuliert:                                              tion und Fluchtbewegungen weisen aber auch auf          Wohnsitzlandes            Unterricht dementsprechend?                                             die nicht die Staatsbürgerschaft des Wohnsitz-
                                                                                eine grundlegende Verweigerung hin, die eigene          besitzen, bleibt              Ebenso wie zukunftsfähige Konzepte gesell-                          landes besitzen, bleibt von politischer Teil-
                          Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die für   Position in der Weltgesellschaft zu hinterfragen.        von politischer          schaftlicher Entwicklung mehr denn je eine trans-                       habe ausgeschlossen. Damit entsteht ein gro-
                          nachhaltige Entwicklung notwendigen Kenntnisse        Der Philosoph Wolfram Eilenberger spricht von           Teilhabe ausge-           disziplinäre, vernetzte Herangehensweise erfor-                         ßes demokratiepolitisches Problem – gerade in
                          und Fähigkeiten erwerben, u.a. durch Bildung          der „zentralen Lebenslüge“ einer ganzen europä-              schlossen.           dern, braucht es auch fächer- und disziplinen-                          den europäischen Staaten, die sich als Hüter
                          für nachhaltige Entwicklung, Global Citizenship       ischen Generation, der „verstohlenen Hoffnung,                                    übergreifende Bildungskonzepte. Global Citizen-                         der Demokratie empfinden. Zugleich werden in
                          Education und Wertschätzung kultureller Vielfalt.     das konkrete Leid, das in den Ländern des Nahen                                   ship Education arbeitet an der Verzahnung ver-                          den Migrationsgesellschaften Mehrfach-Zuge-
                          > www.unesco.de/bildung/bildungsagenda-2030           Ostens, Asiens und Afrikas den Alltag von Milli-                                  schiedener pädagogischer Ansätze, wie Globales                          hörigkeiten zur Regel, Menschen können sich
 Seit langem weist                                                              arden von Menschen bestimmt, ließe sich auch                                      Lernen, Politische und Interkulturelle Bildung,                         verschiedenen Regionen und Staaten zugehö-
    die Erziehungs-    Das ist ein wichtiges Programm, aber leider              für die kommenden Jahrzehnte lebensweltlich auf                                   Friedenspädagogik und Bildung für Nachhaltige                           rig fühlen und sich mit verschiedenen Gemein-
   wissenschaft auf    keine Selbstverständlichkeit. Denn obwohl wir            Distanz halten.“ (Eilenberger 2016)                                               Entwicklung. Denn diese Ansätze sind zwar his-                          schaften identifizieren. Auch von dieser Seite
 die Kluft zwischen    heute über ein umfassendes Wissen darüber                     Der Weg zu weltbürgerlicher Verantwortung                                    torisch unterschiedlich gewachsen und in der                            her muss also der Citizenship Begriff neu ge-
   der wachsenden      verfügen, wie sehr unsere natürlichen Lebens-            ist nicht nur, aber auch eine Frage der Bildung.                                  Schule ganz unterschiedlich stark verankert, doch                       dacht werden – in Richtung Global Citizenship.
        Komplexität    grundlagen durch die vorherrschende (west-               Seit langem weist die Erziehungswissenschaft auf                                  in ihren Zielsetzungen hängen sie eng zusammen.                             Global Citizenship Education sensibilisiert
  globaler Entwick-    liche) Wirtschafts- und Lebensweise gefährdet            die Kluft zwischen der wachsenden Komplexität                                     Wenn sie auf einander bezogen werden, tritt ihre                        für diese Fragen von Zugehörigkeit und Partizi-
       lung und der    sind und welche Schritte in Richtung einer „sozial-      globaler Entwicklung und der begrenzten Fähig-                                    Berücksichtigung der globalen Dimension und                             pation, sie lenkt das Augenmerk auch auf Pro-
 begrenzten Fähig-     ökologischen Transformation“ notwendig wären,            keit des Menschen, sie zu bewältigen, hin. Bildung                                der politisch-strukturellen Rahmenbedingungen                           zesse und Mechanismen von Ausgrenzung und
keit des Menschen,     reagieren wir kaum. Die Wirtschaft setzt nach            ist jedoch am ehesten in der Lage, diese Kluft zu                                 geschärft hervor.                                                       Exklusion, die einer inklusiven Bildung und einer
 sie zu bewältigen,    wie vor auf Wachstum, die Klimaziele werden              überbrücken, denn „die unbegrenzte menschli-                                                                                                              inklusiven Gesellschaft entgegenstehen. Global
    hin. Bildung ist   nur halbherzig beachtet, und wir wollen unsere           che Lernfähigkeit erscheint geradezu als die ein-                                                                                                         Citizenship Education fokussiert nicht nur auf die
         jedoch am     lieb gewordenen Konsumgewohnheiten nicht                 zige Ressource, mit deren Hilfe das menschliche                                   2. Global Citizenship Education muss                                    individuelle Entwicklung einer kosmopolitischen,
      ehesten in der   gerne aufgeben. Kaum eine Regierung, die zur             Dilemma zu bewältigen ist“ (Seitz 2009).                                          Standard für jede Bildung werden                                        weltoffenen und verantwortungsvollen Haltung
   Lage, diese Kluft   Übernahme einer gemeinsamen Verantwortung                                                                                                                                                                          als „global citizen“, sondern regt auch an, sich
   zu überbrücken.     für globale Entwicklungen bereit ist. Wie die so                                                                                           Das Bildungskonzept Global Citizenship Edu-                             mit politischen Strukturen und Rahmenbedin-
                                                                                                                                                                  cation rückt die Entwicklung hin zur Weltgesell-                        gungen globaler Entwicklungen zu beschäftigen,
                                                                                                                                                                  schaft sowie die dadurch erforderlichen Verände-                        globale Gerechtigkeit zu thematisieren, Macht-
                                                                                                                                                                  rungen von Bildung und Bildungssystem in den                            und Ungleichheitsverhältnisse in den Blick zu
                                                                                                                                                                  Mittelpunkt. Es wird immer notwendiger, dass                            nehmen und schließlich Visionen für die Gestal-
                                                                                                                                                                  sich Menschen als Teil einer größeren, über die                         tung einer menschenwürdigen Weltgesellschaft
                                                                                                                                                                  Grenzen des eigenen Staates hinausreichenden,                           zu entwickeln.
                                                                                                                                                                  Gesellschaft wahrnehmen und daraus resultie-                                Genaueres zum Konzept von Global Citizens-
                                                                                                                                                                  rende Verantwortlichkeiten erkennen. Wir sind                           hip Education findet sich im nachfolgenden Kas-
                                                                                                                                                                  also zunehmend herausgefordert, uns auch als                            ten sowie in unserer Vorgänger-Broschüre, auf
                                                                                                                                                                  Bürger und Bürgerinnen dieser einen Welt, als                           der wir mit dieser Publikation aufbauen: Global
                                                                                                                                                                  Mitglieder der Weltgesellschaft zu sehen und ge-                        Citizenship Education. Politische Bildung für die
                                                                                                                                                                  meinsam Verantwortung für die Entwicklungen                             Weltgesellschaft. (2014).1
                                                                                                                                                                  in der Weltgesellschaft zu übernehmen. Das ist
                                                                                                                                                                  die Idee von Global Citizenship.

                                                                                                                                      ––––––––––––––––––––––––––––
                                                                                                                                      1 Diese Broschüre (Wintersteiner et al. 2014) ist nach wie vor über die Österreichische UNESCO-Kommission zu beziehen bzw. steht sie auch als Gratis-Download zur
                                                                                                                                      Verfügung unter: www.unesco.at/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2014_GCED_Politische_Bildung_fuer_die_Weltgesellschaft.pdf

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
WARUM UND WIE GCED? | DREI ECKPUNKTE VON GCED                                                                                                                                                                DREI ECKPUNKTE VON GCED | WARUM UND WIE GCED?

      Drei Eckpunkte von                                                                                                                          Kontroverse Positionen sind daher in Unterricht und
                                                                                                                                               Lehre miteinzubeziehen – dies stellt ein wichtiges Prin-

      Global Citizenship Education
                                                                                                                                               zip der Politischen Bildung dar. Auch die Bedeutung der
                                                                                                                                               Ausbildung kritischer BürgerInnen findet sich in den öster-
                                                                                                                                               reichischen Lehrplänen und anderen wichtigen Bildungs-
                                                                                                                                               dokumenten an vielen Stellen wieder, z. B. im Grundsatz-
      Josefine Scherling und Ursula Maurič                                                                                                     erlass Unterrichtsprinzip Politische Bildung aus dem Jahr
                                                                                                                                               2015, wo es etwa heißt: Politische Bildung „ermöglicht das
                                                                                                                                               Erkennen, Verstehen und Bewerten verschiedener politi-
                                                                                                                                               scher Konzepte und Alternativen und führt zu einer kriti-
                                                                                                                                               schen und reflektierten Auseinandersetzung mit eigenen
                                                                                                                                               Wertvorstellungen und den Überzeugungen von politisch
                                                                                                                                               Andersdenkenden“ (Grundsatzerlass 2015: 2).
                                                                                                                                                  Es gibt eine lebendige und kontrovers geführte Debatte
                                                                                                                                               rund um den Begriff (Global) Citizenship, die, je nachdem,
                                                                                                                                               welcher Argumentationslinie man anhängt, unterschied-
                                                                                                                                               liche Positionen in Hinblick auf GCED nach sich zieht.
                                                                                                                                               Mit dieser Debatte wird das Thema „Zugehörigkeit“ bzw.
                                                                                                                                               Inklusion und Exklusion angesprochen, bestimmt doch
                                                                                                                                               der klassisch verstandene Citizenship Begriff „who does
                                                                                                                                               and who does not belong“ (Pashby 2014: 17).
      1. GCED als kritisches Lehren und Lernen                             kritisch zu betrachten und zu analysieren und möglicher-               Aus diesem Grund besteht die Notwendigkeit einer Neu-
                                                                           weise das eigene Denkgebäude in Frage zu stellen. Ansons-           konzeption des Citizenship-Begriffs für Global Citizenship,
      Das Modell von Wintersteiner et al. (2014) sieht als wesentli-       ten läuft die Lehre Gefahr, durch einen reinen moralischen          um eben diesen Exklusionstendenzen auf konzeptionel-
      che Elemente einer Didaktik für GCED Partizipation und poli-         Ansatz in GCED essentielle Bereiche (hegemoniale Strukturen,        ler Weise zu begegnen und die Utopie einer tatsächlichen
      tische Handlungskompetenz, kritisches Denkvermögen, his-             epistemische Gewalt des Kolonialismus etc.), die für eine           Global Citizenship – als Leitidee – ernsthaft in Lehre und
      torisch kritisches Denken, sowie die Einbeziehung von Werten         Kultur des Friedens hinderlich sind, auszuklammern und              Unterricht aufgreifen und diskutieren zu können.
      wie Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte vor.           damit die Frage „How do we create transformative global
      Insbesondere die postkoloniale Perspektive, die Wintersteiner        citizens“ (Bosio 2017: o.S.) simplifiziert und den Lernenden        3. Selbstreflexivität
      et al. hervorheben, stellt einen fundamentalen Baustein von          eine „vereinfachte Wirklichkeit“ und vereinfachte Lösungen
      Lehre im Bereich GCED dar. Pashby (2014: 12) unterstreicht die       von komplexen Herausforderungen vorgaukelt.                         Auch in diesem Kontext spielt die postkoloniale Perspek-
      Bedeutung dieses Bausteins für eine kritische GCED, indem               Insofern sollten den Fragen „Whose experience/know-              tive mit dem Fokus auf Selbstreflexivität und einer selbst-
      sie schreibt:                                                        ledge/ways of knowing are at the center of GCE pedagogy?            kritischen Haltung eine bedeutsame Rolle. Denn mit dem
                                                                           Who is the imagined subject of GCE initiatives, who is the          Begriff Global Citizenship geht gewiss auch der Anspruch
          GCED […] will have to be based on a strong understan-
                                                                           object of study, and how is experience understood within a          auf universelle Geltung einher, der kritisch reflektiert
          ding of and articulation of imperialism in order to locate its
                                                                           ‘global’ frame?” (Pashby 2014: 16) einen bedeutenden Platz          werden sollte, um GCED nicht als Werkzeug eines neuen
          rationales and initiatives within the hegemonic global
                                                                           innerhalb der Lehre zu GCED eingeräumt werden. Damit                Imperialismus zu instrumentalisieren. Wang und Hoffman
          forces it seeks to critique and to transform.
                                                                           spricht Pashby die Fragen der Subjektivität und Objektivierung      (2016: 3) geben etwa zu bedenken:
      Lernenden den Raum für diesen (Er-)Forschungsaspekt zu               an, die, wie sie herausstreicht, zentral für eine kritische GCED
                                                                                                                                                  […] some versions of global citizenship education are
      bieten, ist dringend notwendig, wenn durch GCED nicht                Theorie sind. Wang und Hoffman (2016: 14) konstatieren: „Stu-
                                                                                                                                                  heavily influenced by unexplored cultural, class, and
      (gewaltproduzierende) Strukturen bzw. Systeme reprodu-               dents and others who have the means to address global prob-
                                                                                                                                                  moral/ethical orientations toward self and others,
      ziert bzw. hegemoniale Strukturen aufrecht erhalten werden           lems also need the means to question their own positionality
                                                                                                                                                  potentially leading GCE to become another tool for
      sollen, sondern eine nachhaltige Veränderung in Richtung             and their construction of ‘the other’ they so passionately hope
                                                                                                                                                  cultural or class-based global domination.
      einer Kultur der Menschenrechte und des Friedens ange-               to help.”
      strebt wird. Insofern plädiert Andreotti (2006: 49) für die Ein-                                                                         Insofern ist der Aufruf von Messerschmidt (2010: 134) zu
      beziehung einer critical GCED neben einer soft GCED, wobei           2. Global Citizenship – Global Citizen                              einer postkolonialen Gedächtnisarbeit in der Auseinan-
      die kritische Zugangsweise gerade die Hinterfragung von                                                                                  dersetzung mit Weltbürgerschaft, „bei der die ungleichen
      Machtstrukturen und ungleichen Verhältnissen zum Inhalt              Ein weiterer zentraler Punkt für die Lehre von GCED ist der         Beziehungen in der Welt auf dem Hintergrund der kolo-
      hat und darum das Problem z. B. nicht in der Armut selbst,           (Global) Citizenship bzw. der Global Citizen Begriff selbst, der,   nialen Erfahrungen reflektiert werden […]“, ein wichtiger
      sondern in Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sieht.               sofern er nicht einer kritischen Auseinandersetzung unter-          Eckpunkt von GCED in Lehre und Unterricht. Denn, so
      Es ist dies die politische Dimension von GCED, die ein not-          zogen wird, meist zu unreflektierten Übernahmen ein-                Messerschmidt weiter: „Die Geschichte von Weltbürger-
      wendiger Bestandteil von Lehre zu diesem Thema ist, um               seitiger Betrachtungsweisen führt. Dies führt etwa dazu,            schaft ist zumindest eine geteilte Geschichte innerhalb
      Lernende für die komplexen Herausforderungen von globa-              dass aufgrund rein nationaler Perspektiven viele Denkräume          gewalttätiger Weltbeziehungen.“ Dies sollte in einer
      len Zusammenhängen zu sensibilisieren und einen Anstoß               vorschnell verschlossen und (politische) Partizipations-            kritischen Bearbeitung von GCED nicht außer Acht gelas-
      zu geben, die eigenen Wertvorstellungen und Ansichten                möglichkeiten reduziert bzw. verunmöglicht werden.                  sen werden.

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS                                                                                                                                                     EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED?

                     3. Schule – ein Ort des Globalen                           und vor allem auch mit der Erfahrung gut                 Das stärkste         Mit dem Blick auf historisch gewachsene           Citizenship Education für die Schulpraxis stär-
                                                                                umgehen können, dass ihre kulturellen                   Argument für      globale Verhältnisse fordert Global Citizenship       ker aufzugreifen wären.
                     Die in dieser Broschüre dokumentierten Berichte            Prägungen, Sichtweisen, Werte und Normen           Global Citizenship     Education auch dazu heraus, sich mit dem Wis-
                     zeigen – und damit stehen sie repräsentativ für            nicht universell gültig sind.                      Education ist nicht    sen selbst und der Produktion von Wissen kritisch     Die Projekte
                     viele Schulen – wie sehr Schule selbst heute ein Ort                                                           das pädagogische      auseinanderzusetzen. Wissen entsteht in einem
                     des Globalen ist, und zwar in mehrfacher Hinsicht:     •   Weil Schulen sich auch mit den Verflechtun-         Konzept, sondern      bestimmten Kontext und unter bestimmten kultu-        Das stärkste Argument für Global Citizenship
                                                                                gen von lokalen und globalen Entwicklungen          die pädagogische      rellen Voraussetzungen und Erfahrungen. Damit         Education ist nicht das pädagogische Konzept,
                                                                                auseinandersetzen und sich bewusst in ihr
                     •   Weil Schule ein Mikrokosmos globaler Migra-                                                                           Praxis.    rückt einerseits der historische und kulturelle       sondern die pädagogische Praxis. Die Einführung
                         tion ist und Schulklassen die Normalität der           lokales soziales Umfeld einbringen und dabei                              Kontext der Produktion von Wissen und Macht in        von Global Citizenship Education als handlungs-
                         kulturellen, sprachlichen, religiösen, sozialen        etwa auch zu einem Ort werden, wo Geflüch-                                den Mittelpunkt. Andererseits könnten wir auch        leitende Perspektive für Schul- und Unterrichts-
                         Vielfalt der Gesellschaft repräsentieren.              tete zusammenkommen.                                                      die gegenwärtige Wissensproduktion gerade im          entwicklung braucht eine Basis an theoretischer
                         In diesem Umfeld ist es möglich, gemeinsam                                                                                       Blick auf den notwendigen gesellschaftlichen          Auseinandersetzung mit konzeptionellen Zugän-
                         soziale Regeln des Miteinanders zu entwickeln,     Die hier dokumentierten Projekte und Aktivitä-                                Wandel, die „Transformation unserer Welt“,            gen und Ausrichtungen ebenso wie einen Schatz
                         vielfältige Interessen zu erkennen und aus-        ten schaffen diese notwendigen Erfahrungsräume                                wie sie in der Globalen Agenda 2030 der UNO           an praktischen Erfahrungen.
                         zuhandeln, unterschiedliche Perspektiven           und Rahmenbedingungen, in denen junge Men-                                    gefordert wird, analysieren und kritisch fragen,          Dazu bietet diese Broschüre eine Fülle von
                         wahrzunehmen und ein Zusammenleben in              schen auf das Leben in der Weltgesellschaft vor-                              welches Wissen wir heute benötigen, um die glo-       Beispielen. Die Berichte über Unterrichtspro-
                         Respekt und gegenseitiger Anerkennung ein-         bereitet werden können, wo sie wichtige Kompe-                                balen Herausforderungen der Zukunft bewältigen        jekte wie über Unterrichts- und Schulentwick-
                         zuüben.                                            tenzen dafür entwickeln und idealerweise auch                                 zu können.                                            lung konzentrieren sich auf die Sekundarstufe II.
                                                                            ihre Erfahrungen reflektieren können.                                             Dieser kritische Blick auf Wissen, Wissens-       Sie zeigen eine Bandbreite an möglichen Zugän-
                     •   Weil Schule auf den globalen Arbeitsmarkt                                                                                        produktion und damit auch Unterrichtsinhalte          gen zu Global Citizenship Education – von Ein-
                         vorbereitet und jungen Menschen auch die           Kompetenzen für WeltbürgerInnen                                               hat in den Projekten bislang wohl noch weniger        zelprojekten bis hin zu Schulschwerpunkten.
                         Möglichkeiten bieten kann bzw. muss, sich                                                                                        eine Rolle gespielt und gehört sicher zu den The-     Die nachfolgende Skizze illustriert diese Band-
                         kritisch mit globalen Arbeitsbedingungen,          Für Global Citizenship Education ist es besonders                             men, die in der Weiterentwicklung von Global          breite.
                         mit den Erfordernissen und Funktionsweisen         wichtig, einen erweiterten Kompetenzbegriff
                         einer globalisierten Wirtschaft zu beschäf-        zugrunde zu legen, der personale und soziale
                         tigen, sich ihrer Rolle als zukünftige Arbeit-     Kompetenzen mit politischer Urteils- und Hand-
                         nehmerInnen wie als Verantwortungsträge-           lungskompetenz sowie mit Reflexionskompetenz
                         rInnen bewusst zu werden, ihr Interesse, ihre      kombiniert. Die UNESCO nennt folgende Kern-
       Kinder und        Kreativität zu fördern, damit sie am Berufs-       kompetenzen für Global Citizenship Education           Implementierung von Global Citizenship Education in der Schule
      Jugendliche        leben auch mit Fachwissen hinsichtlich glo-        (UNESCO 2015):
brauchen Räume           baler Probleme und ihrer eigenen Verantwor-
     und Möglich-        tung teilnehmen können.                            •   Kognitive Dimension: Wissen um bzw. Ver-
  keiten, um ihre                                                               ständnis für globale Zusammenhänge und                                                                   Punktuelle Projekte
   Eindrücke und     •   Weil Kinder und Jugendliche sich den Nach-             Interdependenzen; kritisches Denken;                                                          (einzelne Fächer oder fächerübergreifend)
 Erfahrungen zu          richten zu globalen Ereignissen nicht ent-             Analyse- und Urteilskompetenz
  reflektieren, in       ziehen können und etwa mit Bildern und
    Diskussionen         Informationen über kriegerische Auseinan-          •   Sozio-emotionale Dimension: Gefühl der                                                        Integration von GCED in das Curriculum
    eigene Stand-        dersetzungen, Terrorismus, Naturkatastro-              Zugehörigkeit zur menschlichen Gemein-                                                              möglichst aller Schulfächer
   punkte zu ent-        phen oder den Folgen der Zerstörung natür-             schaft; auf Menschenrechten beruhende Wert-
 wickeln oder zu         licher Lebensgrundlagen konfrontiert sind;             vorstellungen und Verantwortlichkeiten;
  revidieren, um         weil sie sich im Spannungsfeld widersprüch-            Empathie, Solidarität und Respekt für Diver-                                                   GCED als bewusst gelebte Schulkultur:
 Orientierung zu         licher und kontroverser Diskussionen bewe-             sität und Vielfalt                                                                                       Leitbild und Profil
          finden.        gen und dafür auch Unterstützung brauchen.                                                                         Permanente                                                                                        Arbeit
                         Sie brauchen Räume und Möglichkeiten, um           •   Verhaltensbezogene Dimension: Motivation
                                                                                                                                            Fortbildung                                                                                      mit Eltern
                                                                                und Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln                                              Regelmäßige im Schuljahr verankerte Initiativen
                         ihre Eindrücke und Erfahrungen zu reflektie-
                         ren, in Diskussionen eigene Standpunkte zu             auf lokaler, nationaler, globaler Ebene; Beitrag
                                                                                zu einer friedlichen und nachhaltigen Welt                                                           „Whole School Approach“
                         entwickeln oder zu revidieren, um Orientie-
                         rung zu finden.
                                                                            Diese Kompetenzen sind noch um den Aspekt
                     •   Weil Schulen an internationalen Austausch-         der Reflexionskompetenz zu ergänzen, wobei
                         Projekten teilnehmen und es zur Begegnung          diese über allgemeine Reflexionsbemühungen,                                                     Außenwirkung (Schul-Umgebung/Gemeinde)
                         mit Gleichaltrigen aus oder in anderen Län-        die mit Bildunprozessen grundsätzlich verbun-
                         dern kommt und SchülerInnen vielfältige            den sein sollten, hinausgeht. Gerade im Zusam-                                                          Pädagogische Öffentlichkeit
                         Einblicke in kulturell anders geprägte Lebens-     menhang mit Politischer Bildung braucht es eine
                         formen, Verhaltensweisen, Erziehungsstile,         ausgebildete Fähigkeit, die eigene Verstrickung in                                                         Mediale Öffentlichkeit
                         Familienleben und Bildungssysteme bekom-           Dominanz- und Machtbeziehungen zu erkennen,
                         men. Diese Begegnungen werden dann gelin-          Selbst- und Fremdbestimmung ausloten zu kön-                                                    (Internationale) Kontakte und Partnerschulen
                         gen, wenn die SchülerInnen offen für diese         nen oder zu kultureller (Selbst-) Reflexion fähig
                         Begegnungen sind, gut vorbereitet werden           zu sein.

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
WARUM UND WIE GCED? | EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS                                                                                                                                                                                             EINE SCHULE DES WELTBÜRGERTUMS | WARUM UND WIE GCED?

                                                                                                                                                     Global Citizenship
      Machen wir          So ist, wie wir meinen, eine Sammlung span-                       zu verbreiten als auch zu vertiefen. Wir hoffen,
unsere Schulen zu         nender Fallstudien entstanden, die allen, die mit                 dass diese Broschüre dazu beiträgt, noch mehr
Schulen des Welt-         pädagogischer Praxis zu tun haben, als Inspira-                   Kolleginnen und Kollegen zu ermutigen, selbst
     bürgertums!          tion, Materialsammlung und Know-How dienen
                          mögen. Dafür möchten wir uns bei den enga-
                          gierten Lehrkräften, die an den Projekten und
                                                                                            Global Citizenship Education in den Unterricht zu
                                                                                            integrieren, und mehr noch: die ganze Schule zu
                                                                                            einem Stützpunkt für Global Citizenship Educa-
                                                                                                                                                     Education im Unterricht
                          ihrer Dokumentation mitgewirkt haben, herz-                       tion zu machen.                                          Ein kommentierter Leitfaden
                          lich bedanken. Wir hegen den höchsten Respekt                         In diesem Sinne: Machen wir unsere Schulen
                          für ihre Arbeit.                                                  zu Schulen des Weltbürgertums! Die Beispiele die-
                              Insgesamt geht es uns darum, eine richtige                    ser Broschüre zeigen, wie das geht. Und dass wir         Werner Wintersteiner 1
                          Bewegung für Global Citizenship Education im                      schon längst auf dem Weg dahin sind.
                          Unterricht auszulösen, und die Thematik sowohl

                              Ein wichtiger Schritt

                              Diese Broschüre ist ein wichtiger Schritt in unserer Arbeit für Global Citizenship Education, aber
                              nicht der Abschluss. Wir suchen nach wie vor Schulen, die Global Citizenship Education umsetzen
                              wollen – gerade auch im Grundschulbereich und in der Sekundarstufe I. Wir treten gerne mit
                              interessierten Lehrkräften in Kontakt und stehen auch für Beratungen bei Projektinitiativen oder
                                                                                                                                                     Ziel der Aufgaben           Diese Tabelle mit ihren vier Zielen und Aufgaben                        sich die Umsetzung vorstellen kann. Es ist aber
                              für Fortbildungen und Unterrichtsstunden zur Verfügung:
                                                                                                                                                          und Beispiele          ist als Leitfaden und Hilfe für die Unterrichts-                        wichtig, im Auge zu behalten, dass es eben nur
                                                                                                                                                            ist es, einen        vorbereitung gedacht. Die große Idee von Global                         Beispiele sind, d.h. dass es auch ganz andere
                              Heidi Grobbauer heidi.grobbauer@komment.at
                                                                                                                                                       Zusammenhang              Citizenship Education (GCED) ist hier auf vier                          Umsetzungsmöglichkeiten, je nach Situation, gibt
                              Werner Wintersteiner werner.wintersteiner@aau.at
                                                                                                                                                        zwischen GCED            hauptsächliche Ziele heruntergebrochen, die                             und geben muss.
                                                                                                                                                     Grundsätzen und             wiederum in einzelne Teilaufgaben unterteilt                                Ziel der Aufgaben und Beispiele ist es, einen
                                                                                                                                                      dem praktischen            sind:                                                                   Zusammenhang zwischen GCED Grundsätzen und
                                                                                                                                                       Unterricht sinn-                                                                                  dem praktischen Unterricht sinnfällig und über-
                                                                                                                                                        fällig und über-         1) Zusammenhänge zwischen globalen Ent-                                 sichtlich in exemplarischer Weise darzustellen.
                                                                                                                                                     sichtlich in exem-             wicklungen und lokalen, die Lernenden                                Denn GCED ist ein sehr umfassendes und komple-
                                                                                                                                                      plarischer Weise              selbst betreffenden Auswirkungen erkennen                            xes Arbeitsfeld, und es ist Mehreres zugleich – ein
                                                                                                                                                          darzustellen.             und analysieren                                                      transdisziplinäres Themenfeld, ein Unterrichts-
                                                                                                                                                                                 2) Lernende ihre Selbstwirksamkeit als                                  prinzip genauso wie Inhalt des Fachunterrichts
                                                                                                                                                                                    „citizens“ erleben lassen                                            in vielen Fächern. Diese Komplexität ist auch der
                                                                                                                                                                                                                                                         Grund, warum es zwischen den Teilaufgaben zahl-
                                                                                                                                                                                 3) Lernende unterstützen, ein Bewusstsein von                           reiche Überlappungen gibt und auch die Ziele und
                                                                                                                                                                                    der Notwendigkeit, sich als global citizen zu                        Aufgaben mit einander vernetzt sind. Die Unter-
Literatur                                                                                                                                                                           betätigen, zu entwickeln                                             teilung hat eben rein analytische und didaktische
                                                                                                                                                                                 4) Lernenden helfen, diese Erfahrungen zu                               Gründe, sie muss in der Praxis selbstverständlich
Andreotti, Vanessa (2006): Soft versus critical global citizenship education, in: Policy & Practice – A Development Education Review, S. 40-51.
www.developmenteducationreview.com/sites/default/files/article-pdfs/andreotti%20focus%204.pdf, [29.03.2018]                                                                         verinnerlichen und zu einem Teil ihrer                               nicht eingehalten werden.
                                                                                                                                                                                    Persönlichkeit werden zu lassen                                          Was aber wichtig ist, dass vor lauter Teilauf-
Bosio, Emiliano (2017): How do we create transformative global citizens? in: University World News.
www.universityworldnews.com/article.php?story=20171129082744388 [02.07.2018].                                                                                                                                                                            gaben und einzelnen Beispielen das große Ganze
                                                                                                                                                                                 Es geht also um kognitive Kenntnisse (1), aber                          GCED nicht aus den Augen verloren wird. Man
Eilenberger, Wolfram (2016): Was tun? Philosophen zur Flüchtlingskrise. In: Philosophie Magazin Nr.2/2016.
                                                                                                                                                                                 auch um entsprechende Fähigkeiten (2) und                               kann nicht irgendeine – an sich notwendige und
Messerschmidt, Astrid (2010): Touristen und Vagabunden – Weltbürger in der Migrationsgesellschaft, in: Widmaier, Benedikt/Steffens, Gerd (Hrsg.),                                Einstellungen (3). Alle diese Ziele können nur                          unverzichtbare Teilaufgabe, wie etwa „kritisch
Weltbürgertum und Kosmopolitisierung. Interdisziplinäre Perspektiven für die Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag, S. 123-135.
                                                                                                                                                                                 erreicht werden, wenn sie stark mit der Persön-                         denken“ – isoliert angehen und schon meinen,
Pashby, Karen (2014): Questions for Global Citizenship Education in the Context of ‘New Imperialism’ For Whom, by Whom?, in: Andreotti, Vanessa de                               lichkeit der Lernenden verbunden werden, was                            damit bereits den Zielen von GCED Genüge zu
Oliveira/de Souza, Lynn Mario T. M. (Hrsg.), Postcolonial Perspectives on Global Citizenship Education, Routledge, S. 9-26.                                                      implizit immer und nochmals explizit in (4) ange-                       tun. Denn erst das Zusammenspiel der vier Ziele
Seitz, Klaus (2009): Globales Lernen in weltbürgerlicher Absicht. Zur Erneuerung weltbürgerlicher Bildung in postnationaler Konstellation.                                       sprochen wird.                                                          ergibt die Idee von GCED. Diese Einsicht verständ-
In: Overwien, Bernd/Rathenow, Hanns F. (Hrsg.): Globalisierung fordert politische Bildung. Opladen, S. 37-48.                                                                        Zu allen Zielen und Teilaufgaben werden Bei-                        lich zu machen ist auch eine Aufgabe dieses Leit-
UNESCO (2015): Global Citizenship Education: Topics and Learning Objectives. Paris.                                                                                              spiele angeführt, die illustrieren sollen, wie man                      fadens.
Unterrichtsprinzip Politische Bildung, Grundsatzerlass (2015). https://bildung.bmbwf.gv.at/ministerium/rs/2015_12.html [02.07.2018].
Wang, Chenyu/Hoffman, Diane M. (2016): Are WE the World? A Critical Reflection on Selfhood in U.S. Global Citizenship Education,
in: Education Policy Analysis Archives, 24/56, S. 1-22. http://dx.doi.org/10.14507/epaa.24.2152 [02.07.2018]
                                                                                                                                                     ––––––––––––––––––––––––––––
Wintersteiner, Werner/Grobbauer, Heidi/Diendorfer, Gertraud/Reitmair-Juárez, Susanne (2014): Global Citizenship Education. Politische Bildung        1 Eine erste Version dieses Textes wurde den TeilnehmerInnen des Universitätslehrgangs „Global Citizenship Education“ (2016–2018) vorgelegt.
für die Weltgesellschaft. Österreichische UNESCO-Kommission Wien.                                                                                    Diese Fassung beruht auf deren zahlreichen Anregungen und Verbesserungen, für die ich mich hier ausdrücklich bedanken möchte.

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Global Citizenship Education - in der Praxis Erfahrungen, Erfolge, Beispiele österreichischer Schulen - Globales Lernen
WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT                                                                                                                                                                                                         GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED?

       Keineswegs      Im Allgemeinen ist die linke Spalte mit den          Keineswegs erfordert es allerdings die Idee von         1) Zusammenhänge zwischen globalen Entwicklungen und lokalen, die Lernenden
 erfordert es aller-   Zielen und Teilzielen so aufgebaut, dass folgende    GCED, diesen Leitfaden wie eine Checkliste              selbst betreffenden Auswirkungen erkennen und analysieren lassen
dings die Idee von     Punkte abgedeckt werden:                             Punkt für Punkt abzuarbeiten. Man wird sich das
     GCED, diesen      • Neues Wissen (z.B „Globale Fragen in ihren         eine oder andere Teilziel oder Beispiel für die         Dieses Ziel ist die Voraussetzung dafür, dass Lernende im politischen Sinne „global denken“ und sich global
Leitfaden wie eine       lokalen und globalen Auswirkungen studieren“)      jeweilige Unterrichtssituation herausnehmen.            verantwortlich fühlen können.
  Checkliste Punkt     • Neue  Erfahrungen machen (z.B. „Das Globale        Doch soll das Bewusstsein für die Gesamtzusam-
      für Punkt ab-      im Lokalen entdecken“)                             menhänge immer gewahrt bleiben. Zweifels-
        zuarbeiten.    • Fertigkeiten entwickeln helfen (z.B. „Erfah-       ohne ist der Leitfaden für alle Unterrichtsfächer
                                                                                                                                        ZIELE UND AUFGABEN                                      METHODEN UND BEISPIELE
                         rungsräume für Partizipation schaffen“)            gedacht, das betrifft die linke Spalte; die jeweilige
                       • Meta-Wissen   aufbauen, also ein Wissen über       Realisierung muss sich aber nach den Besonder-
                         Wissen, eine Veränderung des Denkrahmens           heiten und Möglichkeiten der einzelnen Fächer               Das Globale im Lokalen entdecken                        Menschen aus dem Umfeld mit Migrationshintergrund bzw. Reiseerfahrung
                         und der Kategorien, mit denen Wissen ein-          richten, deswegen können die exemplarischen                                                                         kennenlernen
                                                                                                                                        Diese Entdeckungen sind die Basis
                         geordnet wird (z.B. „Heimatland Erde. Welt-        Methoden in der rechten Spalte natürlich nicht
                                                                                                                                        und sozusagen die Vorstufe für alle
                         bilder und Weltvisionen“)                          für jedes Fach und jede Schulstufe das Passende                                                                     Nach „Spuren des Globalen“ in der eigenen Wohnumgebung forschen:
                                                                                                                                        weiteren Schritte. Häufig kann man
                                                                            bieten – sie sind eben als Anregungen gedacht.                                                                      Geschäfte; Kulturstätten; Baustile; Denkmäler, Veranstaltungen …
                                                                                                                                        bereits von einem zumindest diffu-
                       Die Anordnung dieser Punkte ist unterschiedlich,         Auf einen Punkt sei hier noch extra hin-
                                                                                                                                        sen „globalen“ Bewusstsein ausge-
                       denn sie folgt keinem Schema, sondern richtet        gewiesen: Wir sind überhaupt nicht der Mei-                                                                         Die eigene (familiäre) „Globalität“ erforschen: Migration, Reisen, Fremd-
                                                                                                                                        hen, das es im Unterricht zu schärfen
                       sich danach, wie das jeweilige Teilziel vermutlich   nung, dass wir als Lehrende – quasi kraft unse-                                                                     sprachenkenntnisse, Verwandte und Freunde … Eine „Identitätsprüfung“ im
                                                                                                                                        gilt. Zu beachten ist, dass heute viele
                       am besten erreicht werden kann.                      res Amtes – bereits ausreichend qualifiziert                                                                        Sinne von Amin Maalouf 1
                                                                                                                                        SchülerInnen in ihrem Leben bereits
                                                                            sind, die hier angeführten Ziele voll zu verste-
                                                                                                                                        viele globale Erfahrungen gemacht
                       Dieser Leitfaden kann in mehrfacher Hinsicht         hen und in ihrem Sinn auch andere unterrich-                                                                        Durch geeignete Übungen Körperliches und Emotionen ansprechen, die bei
                                                                                                                                        haben (Migration, Urlaubsreisen,
                       verwendet werden:                                    ten zu können. Vielmehr verstehen sich die hier                                                                     der Begegnung mit dem „Globalen“ ausgelöst werden (Mimik, Gestik,
                                                                                                                                        SchülerInnen-Austausch).
                       • bei der Planung und Ausarbeitung eigener           dargestellten Ziele und Aufgaben auch als eine
                                                                                                                                           Da dies der erste Zugang ist, muss
                                                                                                                                                                                                Inszenierungen, Rituale…)
                         Unterrichtseinheiten                               Herausforderung an uns Lehrende, uns selbst
                                                                                                                                        er noch keineswegs systematisiert
                       • der Bewertung und Evaluation des
                         bei                                                auf Lernprozesse in Richtung Global Citizen-
                                                                                                                                        werden, man kann bei jedem belie-
                                                                                                                                                                                                Medizin als Beispiel für weltweite Ungleichheit und Ungerechtigkeit: Ausbeu-
                         eigenen Unterrichts                                ship (Education) einzulassen.                                                                                       tung der heilpflanzlichen Ressourcen der Länder des Südens durch Großkon-
                                                                                                                                        bigen und für die Lernenden interes-
                       • der Beurteilung der GCED Qualität von
                         bei
                                                                                                                                        santen Beispiel starten.
                                                                                                                                                                                                zerne; deren Versuch, durch Patente und Monopole den Markt zu beherrschen;
                         Lehrmaterialien                                                                                                                                                        Unerschwinglichkeit von Medikamenten in ärmeren Ländern; Organhandel …
                                                                                                                                           Diese „Begegnung mit dem Glo-
                                                                                                                                        balen“ ist jedoch kein rein rationa-
                                                                                                                                                                                                Herkunftswege von Konsumgütern, besonders denen der Lernenden, verfolgen
                                                                                                                                        ler, sondern auch ein zutiefst emoti-
                                                                                                                                                                                                und kritisch analysieren: Essen, Kleidung, Unterhaltungselektronik …
                                                                                                                                        onaler Prozess, und dies muss auch
                                                                                                                                        didaktisch berücksichtigt werden.
                                                                                                                                                                                                Eigene Berufsfelder (Berufsschule bzw. BHS) im Hinblick auf Globales
                                                                                                                                                                                                untersuchen

                                                                                                                                        Globale Auswirkungen lokaler                            Wovon leben wir: Politisch-ökonomische Kreisläufe in ihrem Zusammenhang
                                                                                                                                        Handlungen und Entscheidungen                           verstehen lernen, am Beispiel der Versorgung mit Lebensmitteln, der „größten
                                                                                                                                        erkennen                                                Herausforderung für Europa“ (Biopionier Werner Lampert): Warum ist nach-
                                                                                                                                                                                                haltige Bio-Landwirtschaft und faire Konsumgüter-Produktion eine Frage von
                                                                                                                                        Hier geht es nicht mehr um das
                                                                                                                                                                                                global citizenship?
                                                                                                                                        Bewusstsein von den globalen
                                                                                                                                        Zusammehängen alleine, sondern
                                                                                                                                                                                                Herkunftswege von weniger sichtbaren, aber essentiellen Gütern (Energie,
                                                                                                                                        im Vordergrund steht die Ungerech-
                                                                                                                                                                                                Strom, Rohstoffe) kritisch analysieren: Wer verdient woran? Wer hat
                                                                                                                                        tigkeit der heutigen globalen Welt-
                                                                                                                                                                                                eventuelle Umweltfolgen zu tragen? Welche Strategien entwickeln die
                                                                                                                                        ordnung.
                                                                                                                                                                                                industrialisierten Staaten, um sich diese Güter zu sichern?
                                                                                                                                           Dies verlangt bereits ein gewisses
                                                                                                                                        Maß an Systematik, das mit der Zeit
                                                                                                                                                                                                Migrations- oder Fluchtgründe erforschen durch eigene Erfahrungen,
                                                                                                                                        eingelöst werden kann.
                                                                                                                                                                                                Befragungen von Menschen aus dem Umfeld wie durch Länderstudien

                                                                                                                                                                                                Anhand von Medienberichten, sozialen Medien, Youtube, Musik und literari-
                                                                                                                                                                                                schen Texten das Leben von Menschen im globalen Süden kennenlernen, um
                                                                                                                                                                                                sie nicht als „Opfer“ und „Arme“, sondern in ihrer Würde und in ihren Hand-
                                                                                                                                                                                                lungsmöglichkeiten zu erleben

                                                                                                                                    1 „Von Zeit zu Zeit mache ich etwas, das ich ‚meine Identitätsprüfung‘ nennen möchte, so wie andere sich einer Gewissensprüfung unterziehen. Man wird bemerkt haben,
                                                                                                                                    dass es nicht mein Ziel ist, irgendeine ‚essentielle‘ Zugehörigkeit in mir auszumachen, vielmehr verfolge ich den umgekehrten Weg. Ich durchforste mein Gedächtnis, um
                                                                                                                                    die größtmögliche Menge an Identitätsmerkmalen zutage zu fördern, ich trage sie zusammen, stelle sie in eine Reihe und weise keines zurück“ (Amin Maalouf: Mörderische
                                                                                                                                    Identitäten. Frankfurt, Suhrkamp 2000, S. 19).

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WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT                                                                                                                                                                                                                  GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED?

                                                                                                                                                                       2) Lernende ihre Selbstwirksamkeit als „citizens“ erleben lassen
     Globale Fragen in ihren lokalen und                     Aktuelle Fragen (Auswahl):
     globalen Auswirkungen studieren                         Klimawandel (und andere ökologische Fragen) / Kriege / Atomkriegsgefahr                                   Dieses Ziel ist Voraussetzung dafür, dass Lernende sich als engagierte BürgerInnen begreifen.
                                                             (Rüstungsindustrie, Waffenhandel) / Terrorismus
     Es geht hier darum, „große Themen“,
     die ohnehin in aller Munde sind,
                                                             Studium von Zeitungen und Fachliteratur, inkl. Schulbücher (kritisches Lesen
     sowohl in dem für die Lernenden
                                                             lernen) z.B. aus der Zeitschrift Südwind oder Baobab-Materialien                                             Erfahrungen von Zivilcourage und          Hinschauen oder Wegschauen, wenn Unrecht beobachtet wird
     überschaubaren Rahmen als auch im
                                                                                                                                                                          „Engagement“ reflektieren
     weltweiten Maßstab zu verstehen.
                                                             Studium von literarischen Texten (literarisches Lesen lernen) siehe den                                                                                Erfahrungen, wo man sich selbst erfolgreich gewehrt hat
     Es geht also darum, einen Zusammen-                                                                                                                                  Dies gilt für alle sozialen Felder:
                                                             entsprechenden Abschnitt in dieser Publikation bzw. die Bibliographie
     hang herzustellen. Dies kann sowohl                                                                                                                                  Zuhause, Peer Gruppe, Schule, in den
                                                                                                                                                                                                                    Eventuell im Schutz von literarischen Texten arbeiten (die Texte als Eye-Opener
     aktuell wie historisch erfolgen.                                                                                                                                     sozialen Medien… Die Schule kann
                                                             Historisches (Auswahl):                                                                                                                                und Muster für eigene, bewusst fiktive Texte), um die persönliche Sphäre der
                                                                                                                                                                          auch dafür Anstöße bieten. Dies kann
                                                             – Geschichte der Sklaverei und ihre langfristigen Folgen (bis heute)                                                                                   Lernenden zu schützen
                                                                                                                                                                          anlassbezogen oder als eigene Unter-
                                                             – Flucht und Fluchtursachen historisch und aktuell untersuchen
                                                                                                                                                                          richtseinheit erfolgen. Wichtig ist es,
                                                                                                                                                                          dabei keine eventuell vorhandenen
     „Heimatland Erde“: Weltbilder und                       Postkoloniale Kritik am Eurozentrismus altersgemäß verstehen lernen                                          negativen Dynamiken in der Klasse
     Weltvisionen                                                                                                                                                         noch zu verstärken und auf jeden Fall
                                                             Welche Weltbilder und Weltvisionen haben wir selbst (als Lehrende, als                                       die Schwächeren zu schützen.
     Ab hier beginnt die Meta-Ebene in der
                                                             Lernende)? Z.B. Zeichnen von „psychologischen Weltkarten“, die eine
     Auseinandersetzung im Gegensatz
                                                             persönliche Geographie wiedergeben (freie Gestaltung der Größe, Nähe
     zu den eher praktisch ausgerichteten                                                                                                                                 Erfahrungsräume für Partizipation         Im eigenen Unterricht, in der Schulgemeinschaft insgesamt; beginnend mit
                                                             und Eigenschaften anderer Länder)
     vorigen Aspekten. Die Intention be-                                                                                                                                  schaffen und nutzen                       kleinen Freiräumen; zugleich ständige Reflexion des Umgangs mit Partizipation
     steht darin, sich mit der eigenen Welt-                                                                                                                                                                        usw. Partizipationsfähigkeit kann und muss man lernen!
                                                             Historische Dimension anhand von Visualisierungen (Weltkarten, Allegorien                                    Dies ist vielleicht der wichtigste und
     sicht und Weltbildern generell aus-
                                                             etc.) aus verschiedenen Weltteilen                                                                           am wenigsten entwickelte Aspekt im
     einander zu setzen, weil diese unser                                                                                                                                                                           Strukturen wie Klassenvorstandsstunde, ritueller Wochenbeginn im Sesselkreis
                                                             (www.interkart.de/alte-karten-und-globen/historische-karten/ptolemy-s-                                       Schulleben.
     Sicht auf die Welt, auf die Globalisie-                                                                                                                                                                        bis hin zu eigenen Unterrichtsfächern „Kommunikation und Konflikt“
                                                             welt-karte-1482.html#, www.vintage-maps.com/de/antike-landkarten:::3)
     rung, auf die Vorstellungen zukünf-
     tiger Entwicklungen, auf Zusammen-                                                                                                                                                                             Schulprojekte, Schulfeiern und Austausch bewusst als Gelegenheiten für Demo-
                                                             Welche Weltbilder waren in der Vergangenheit prägend und wie wirken sie in die
     arbeit und globale Partnerschaften,                                                                                                                                                                            kratielernen nutzen, auch wenn das zunächst als mühsam erscheinen mag
                                                             Gegenwart? Etwa die steirische Völkertafel (www.austria-forum.org/af/Wissens-
     auf das Zusammenleben in der Welt-
                                                             sammlungen/ Damals_in_der_Steiermark/Die_steirsche_V%C3%B6lkertafel)
     gesellschaft (unbewusst) prägen. Ein
                                                                                                                                                                          Vorbilder und engagierte                  Journalistische und literarische Texte, Filme, persönliche Interviews und
     Ziel dabei ist es, unsere euro-zentristi-
                                                             Kontrastive Geschichtsbilder: z.B. die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber;                                   Menschen erforschen                       andere Formen persönlicher Begegnungen
     schen Bilder zunächst als unvermeid-
                                                             die „Entdeckung“ der Amerikas aus indigener Perspektive; Imperialismus
     lich hinzunehmen und bewusst zu                                                                                                                                      Eine indirekte Form, die hilft, das
                                                             und Kolonialismus – Stimmen aus dem Süden
     machen, ihnen aber durch andere                                                                                                                                      Interesse an und Vertrauen zu
     Bilder entgegenzuwirken.                                                                                                                                             eigener Wirksamkeit zu steigern.
                                                             Klassische Texte (in Auszügen): Frantz Fanon, Aimé Césaire, Edward Said…

     Rassismus umfassend verstehen                           Rassismuskritik ist ein Kern von GCED                                                                        Rechte                                    Menschenrechte, Kinderrechte, demokratische Rechte kennenlernen;
                                                                                                                                                                                                                    die Bedeutung der Rechte für das eigene Leben begreifen lernen;
     „Ohne Angst verschieden sein kön-                                                                                                                                    Die eigenen Rechte kennen und
                                                             In besonderem Maße gilt diese Aufgabe auch für die Lehrpersonen selbst, denn                                                                           Einschränkungen von Rechten und Demokratiedefizite thematisieren
     nen!“ ist etwas, das immer noch                                                                                                                                      gebrauchen lernen
                                                             Rassismus ist banal und selbstverständlich und daher unsichtbar geworden.2
     nicht selbstverständlich ist. Rassis-
     mus ist allgegenwärtig und hierarchi-
                                                             Eine kleine Zusammenstellung von Rassismusdefinitionen unter:                                                Kommunikation und                         Empathie und aktives Zuhören ebenso üben wie Streitkultur: eigene Argumente
     siert Menschen; hilft ungleiche Ver-
                                                             www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich/lernmaterial-unterricht/                                           Konfliktfähigkeit                         vertreten; Umgang mit Konkurrenz reflektieren; sich mit anderen verbünden
     hältnisse herzustellen – weltweit und
                                                             antisemitismus/wie-funktioniert-rassismus/wie-funktioniert-rassismus/                                                                                  lernen…
     auch bei uns                                                                                                                                                         Das sind unabdingbare Kompetenzen
                                                             auswahl%20definitionen%20rassismus.pdf
                                                                                                                                                                          für alle citizens, die man am besten
                                                                                                                                                                                                                    Anlassfälle, Rollenspiele, Planspiele, eigene Peer-Mediations-Ausbildung…
                                                                                                                                                                          im Zusammenhang mit den ange-
     Sich mit ideellen und materiellen                       Kritik der Wachstumsgesellschaft
                                                                                                                                                                          strebten Inhalten lernt
     Alternativen zur bestehenden                                                                                                                                                                                   Arbeit mit Selbstkonzepten: eine stärkenbewusste und schwächentolerante
     Ordnung beschäftigen                                    Kritik der imperialen Lebensweise3                                                                                                                     Herangehensweise in Beziehungs- und Machtstrukturen fördern, vielseitige
                                                                                                                                                                                                                    identitätsstiftende Erfahrungen, rollenkonformes und rollendistanziertes
     •   Sozialökologische Transformation
                                                             Formen solidarischer Ökonomie, Gemeinwohlökonomie, Postwachstum ...                                                                                    Verhalten einüben, usw.
     •   Die UNO Sustainable Development
         Goals (SDGs) in ihrer Bedeutung
                                                             Umsetzung der SDGs in Österreich
         verstehen lernen

2 Siehe etwa Rassismuskritik in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern: www.bpb.de/apuz/212364/rassismuskritik-in-der-lehrerausbildung?p=all
3 Siehe dazu Ulrich Brand/Markus Wissen: Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. Oekom-Verlag München 2017.
Sehr empfehlenswert ist auch eine didaktisierte Version des I.R.A Kollektivs: AUF KOSTEN ANDERER? Wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert.
Gratis Download: https://aufkostenanderer.files.wordpress.com/2018/03/auf-kosten-anderer-onlineversion.pdf

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WARUM UND WIE GCED? | GCED IM UNTERRICHT                                                                                                                                                                                        GCED IM UNTERRICHT | WARUM UND WIE GCED?

3) Lernende unterstützen, ein Bewusstsein von der Notwendigkeit, sich als global citizen                                      4) Lernenden helfen, diese Erfahrungen zu verinnerlichen und zu einem Teil ihrer
zu betätigen, zu entwickeln                                                                                                   Persönlichkeit werden zu lassen
Erst dadurch wird das Wissen um globale Strukturen und Zusammenhänge politisch; zugleich eine Einübung in demokratische       Dies lässt sich natürlich nicht erzwingen, und meist auch gar nicht beobachten. Was wir als Lehrende aber sehr wohl
Partizipationsformen. Die kritischen Sozialanalysen aus (1) sind dabei eine wichtige Grundlage.                               tun können, ist dafür die möglichst besten Rahmenbedingungen zu schaffen.

     Die eigene Stellung in der Welt       Die eigene Stellung als Angehörige/r eines privilegierten und reichen westlichen       Einheit von Sprechen und Handeln                        Das eigene Verhalten als Lehrende reflektieren; keine doppeldeutigen
     reflektieren                          Landes erkennen (auch wenn man sich vielleicht innerhalb des Landes als                                                                        Botschaften ausschicken!
                                           keineswegs privilegiert fühlt); die eigene Position als Aufgabe begreifen
                                                                                                                                  Gestaltung der gesamten                                 GCED als bewusst als Leitprinzip umsetzen. Unterricht, Schulgemeinschaft,
                                           Sich mit den eigenen Vorurteilen konfrontieren
                                                                                                                                  Schulkultur                                             gelebte und verkündete Schulkultur (Leitlinien; Schul-Charta), Wahl der
                                                                                                                                                                                          Unterrichtsmaterialien, Lebensmittel, Umgang mit Mist …4
     Ethische Reflexionen                  Diskussion ethischer Fragen anhand von Beispielen, Auszügen aus philoso-
                                           phischen Werken und literarischen Texten (Philosophieren mit Kindern und
                                                                                                                                  Spiralförmige Curricula                                 Die gewählten Schwerpunkte immer wieder ansprechen, bei neuen Unterrichts-
                                           Jugendlichen)
                                                                                                                                                                                          einheiten bewusst an frühere anknüpfen; nicht nur Wissen, sondern auch
                                                                                                                                                                                          „Wissen über Wissen“ verbreiten
     Praktische (pädagogische)             Planspiele
     Erfahrungen                                                                                                                                                                          Über Jahresplanung hinaus auch eine Grobplanung für gesamte Grundstufe
                                           Unterrichtsprojekte mit stark partizipativem Anteil (Themen- und Methoden-                                                                     bzw. Sekundarstufe I bzw. II machen
                                           auswahl, Zeitmanagement, Präsentationsformen, Leistungsbeurteilung …)
                                                                                                                                  Anstöße für Selbstreflexion und                         Ideale Formate sind mündliches Erzählen, Aufsätze, kleine selbstgestaltete
     Realsituationen                       Begegnungen mit Peers, von der Nachbarklasse bis zum internationalen                   „Selbst-Experimente“ geben                              Handy-Filme, Sketche, Rollenspiele …
                                           SchülerInnen-Austausch
                                                                                                                                                                                          Gut eignen sich auch Zukunftswerkstätten, Schreibwerkstätten,
                                           Arbeitsplatz (bei BerufssschülerInnen)                                                                                                         Theaterateliers

                                           Freiwilligenengagement von SchülerInnen reflektieren                                                                                           Im Hier und Jetzt mit anderen vernetzen und die dabei aufkommenden
                                                                                                                                                                                          Gefühle als Lernchance, als Wegweiser zu seinen Bedürfnissen und Urängsten
                                           Thematisierung von Handlungsmöglichkeiten anhand aktueller politischer                                                                         begreifen, um auf kreative Weise ideelle, materielle Alternativen zur
                                           Fragen                                                                                                                                         bestehenden Ordnung zu schaffen, um empathische Prozesse einzuleiten,
                                                                                                                                                                                          um sich selbst besser kennen und verstehen zu lernen …
                                           Spezielle Möglichkeiten zu schaffen, sich mit Peers aus dem globalen Süden
                                           in Verbindung zu setzen (von MigrantInnen und Flüchtlingen im Umfeld bis           4 Vgl. den Beitrag des BRG Klusemannstraße Graz in dieser Broschüre.
                                           zu jenen, die weit entfernt leben)

                                                                                                                              NOTIZEN

NOTIZEN

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