GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...

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GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
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              INHALTSVERZEICHNIS

JESUS SEHEN
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
Vorwort                                                 4

Über dieses Heft                                        6

Themen für die Gottesdienste                            8

     Die Liebe von Jesus                                10

     Das unzerstörbare Leben von Jesus                  12

     Die Allwissenheit von Jesus                        14

     Die Freude von Jesus                               16

     Die Gerechtigkeit und der Zorn von Jesus           18

     Die erhabene Größe und Demut von Jesus             20

     Die Freiheit von Jesus                             22

     Die Treue von Jesus                                24

Themen für die Kleingruppen                             26

     Die Barmherzigkeit von Jesus                       28

     Die Weisheit von Jesus                             30

     Die Autorität von Jesus                            32

     Die Sündlosigkeit von Jesus                        34

     Jesus als der allmächtige Gott                     36

     Jesus als Mensch                                   38

     Die Geduld von Jesus                               40

     Die Gnade von Jesus                                42

                                                Inhaltsverzeichnis   3
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
VORWORT   von Dierk Müller                     kann der Mensch mit seinem
                                               inneren Auge sehen, wer Jesus
          „Jesus zu sehen“ ist, wofür der      ist. Auch das Wort „Herrlichkeit“
          Mensch geschaffen wurde, in          wurde von Paulus bewusst aus-
          der Ewigkeit und im Hier und         gesucht und mit Jesus kombi-
          Jetzt. Natürlich wird im neuen       niert. Es bedeutet, dass etwas
          Universum „Jesus zu sehen“           so wertvoll und kostbar ist, dass
          (Offb. 22, 4 „Sie werden sein An-    es vom Betrachter als über alle
          gesicht sehen“) eine heute un-       Maßen angenehm und wohl-
          vorstellbar großartige Dimen-        tuend empfunden wird und
          sion einnehmen. Aber auch in         einfach Begeisterung auslöst.
          dieser Welt können wir Jesus         Eins ist also klar: beim Sehen
          sehen – nicht mit unseren phy-       von Jesus geht es nicht nur um
          sischen Augen, aber mit den Au-      nüchterne Fakten und bloße
          gen des Herzens.                     Tatsachen, wer Jesus ist. Wer
                                               Jesus sieht, empfindet etwas für
          „Mit innerem Auge“ (Eph. 1, 18)      ihn. Er schätzt ihn, genießt ihn,
          Jesus zu sehen bedeutet dabei        ist dankbar und begeistert. Wer
          nicht ein subjektives „an ihn        nichts Angenehmes an ihm ent-
          denken“ oder sich etwas vor-         decken kann, hat ihn auch nicht
          stellen, was es eventuell gar        gesehen. Genauso wie schon im
          nicht gibt. Es bedeutet, dass,       ersten Jahrhundert, sahen viele
          unabhängig von deinem phy-           Jesus sogar mit ihren eigenen
          sischen Auge, deine Seele die        Augen und konnten ihn erleben.
          Fähigkeit hat, etwas wahrzu-         Sie sahen Jesus vor sich, aber sie
          nehmen, was sehr real ist und        sahen doch nichts (Matt. 13, 13
          wahrgenommen werden kann             „sehend sehen sie nichts“).
          – aber eben nicht mit bloßem
          Auge. Paulus beschreibt die-         Die Menschen damals sahen
          se Möglichkeit als „wir können       zwar die Wunder von Jesus, aber
          die Herrlichkeit von Jesus se-       begriffen nicht den Wert, wel-
          hen, weil das Licht des Evange-      chen die Wunder vermitteln. Es
          liums in unsere Herzen scheint“      gibt also zwei Arten von Sehen
          (2. Kor. 4, 4). Paulus wählt da-     und auch zwei Arten von „Jesus
          bei seine Worte sehr bewusst.        sehen“. Man kann Fakten über
          Wenn Licht in Herzen scheint,        ihn kennen. Aber hat man ihn
          ist das eine Bildersprache für ein   dann schon gesehen? Hat man
          bewusstes „inneres Sehen“. So        dann schon den wahren Wert
          wie wir durch Licht ins Auge die     dessen, was man sieht, entdeckt,
          physische Welt sehen können,         bewundert und geschätzt?

4         JESUS SEHEN
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
Das berühmteste Objekt im Lou-           Kontemplatives Gebet
vre in Paris ist die Mona Lisa. Wer
schon mal dort war, wird zwei Arten      Damit das Wissen um die
von Besuchern wahrnehmen. Die            begehrenswerten Eigen-
einen stehen stundenlang vor dem         schaften von Jesus nicht
Gemälde und lassen die Augen be-         nur intellektuelle Fakten
wundernd wandern. Sie wollen ein-        bleiben, sondern auch dein
tauchen in die Augen, ein Lächeln        Herz berühren und unseren
vom Porträt der Leinwand erha-           eigenen Charakter in sein
schen – echte Genießer eben. Und         Ebenbild verändern, stellen
dann gibt es die Selfie-Touristen.       wir euch nach jedem Thema
Zwei Sekunden vor der Mona Lisa          ein kontemplatives Gebet
reichen völlig aus. „Da ist sie! Die     vor. Diese Arten des Gebets
Mona Lisa und ich!“ Gesehen hat          sind keine Bitten um etwas,
man sie, aber eigentlich war man         sondern Formen, wie man
dann noch vom eigenen „ich“ mehr         Gott im Gebet begegnen
beeindruckt als vom Hintergrund.         kann. Meist nimmt man aus
Vom Meisterwerk Leonardo da Vin-         dem Predigtthema einen
cis hat man aber nicht viel mitbe-       Gedanken auf und versucht
kommen.                                  ihn durch Interaktion mit
                                         Gott zu vertiefen. Diese kon-
Wahrscheinlich ist es mit Jesus          templativen Gebete sind also
ähnlich. Jeder kann die Geschich-        Gebete der Gemeinschaft
ten über Jesus lesen und die Port-       mit Gott. Probiert es einfach
räts „sehen“, die von den Worten de-     selbst mal aus.
rer gemalt wurden, die ihn kannten.
Aber nicht jeder sieht die Wahrheit,
die Schönheit und den unendli-
chen Wert.

Ziel dieser Predigtreihe ist, dass wir
Jesus wieder neu sehen. Wer eine
Weile mit Jesus unterwegs ist, wird
viele Bibelstellen entdecken, die
schon vertraut sind. Aber genau
diese scheinbar gut bekannten Er-
zählungen bergen in sich unent-
decktes Potenzial, neu vor Jesus zu
staunen, ihn neu zu schätzen und
zu genießen.

                                                              Vorwort    5
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ÜBER DIESES HEFT   Wie dieses Heft funktioniert

                   In den nächsten Wochen be-            „Was würde ich mir von
                   schäftigen wir uns jeweils mit          Christus wünschen,
                   unterschiedlichen Eigenschaf-           was er nicht hat?“
                   ten von Jesus: seinem Charak-
                   ter, seinem Wesen, wer er war      Herausgekommen ist bei Ed-
                   und ist. Welches Thema an den      wards eine Entdeckungsreise
                   Sonntagen dran ist, kann man       in eine Vielzahl von Charakterei-
                   jetzt schon am Datum und dem       genschaften von Jesus, die Ihn
                   dazugehörigen Text sehen.          zur begehrenswertesten Per-
                                                      son des Universums machen.
                   Bei den Themen für die Klein-      Edwards kam zu dem Schluss:
                   gruppen sind wir flexibler und     Jesus hat alles, was attraktiv
                   haben keine Datumsangaben          und wünschenswert ist.
                   angegeben. Das hilft euch als
                   Hauskreise eure Treffen variabel   Wir wollen genau diese Frage
                   zu gestalten. Ihr macht gerade     auch über unsere Gottesdiens-
                   eine Pause? Kein Problem. Ihr      te und Treffen in den Klein-
                   könnt einfach mit dem ersten       gruppen stellen: was könnte
                   Thema anfangen, wenn ihr wie-      ich mir von meinem Retter
                   der neu startet. Euch hat das      und Gott wünschen, was er
                   Thema in der Predigt so sehr       nicht hat? Gibt es irgendetwas,
                   angesprochen, dass ihr in der      was ich an Ihm vermisse? Ehr-
                   Woche gleich vertiefen wollt?      lich! Interessanterweise ist ge-
                   Super! Dann macht das so und       nau die Suche nach dem, „was
                   ihr habt dazu noch zusätzliches    fehlt“, der Anfang des Findens,
                   Material für Kleingruppentref-     „was eigentlich alles da ist“ und
                   fen über die Dauer der Predigt-    wie bewundernswert das ist,
                   reihe am Sonntag hinaus. Ihr       was wir in Christus haben.
                   könnt die Themen einfach so
                   nutzen, wie es gerade passt.       Wir wollen euch die Überle-
                                                      gungen von Jonathan Edwards
                   Warum schauen wir die Eigen-       nicht vorenthalten. Vielleicht
                   schaften von Jesus an und nicht    seid ihr ja von dem Zitat auch
                   seine Wunder oder Reden? Wir       inspiriert und wir machen uns
                   haben uns bei der Vorbereitung     gemeinsam auf den Weg nach
                   der Predigtreihe von Jonathan      „mehr von Jesus sehen“.
                   Edwards inspirieren lassen, der
                   sich die Frage gestellt hat:

 6                 JESUS SEHEN
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
“
„Was könntest du dir von einem Erlöser wünschen, das nicht in Christus
ist? Oder inwiefern würdest du dir einen Erlöser wünschen, der anders
ist als Christus? Welche herausragende Eigenschaft fehlt dort? Was
ist großartig oder gut, was ist ehrwürdig oder gewinnend, was ist an-
betungswürdig oder liebenswert, oder was könntest du dir vorstellen,
was begehrenswert wäre, was nicht in der Person Christi zu finden ist?

Wollt ihr, dass euer Erlöser groß und ehrwürdig ist, weil ihr nicht bereit
seid, einer niedrigen Person verpflichtet zu sein? Und ist Christus nicht
eine Person, die ehrenhaft genug ist, um würdig zu sein, dass du von
ihm abhängig bist? Ist er nicht eine Person, die hoch genug ist, um
zu einem so ehrenhaften Werk wie Ihrer Erlösung berufen zu werden?
Wollt ihr nicht nur einen Erlöser von hohem Rang haben, sondern wollt

“
ihr, dass er trotz seiner Erhabenheit und Würde auch von niedrigem
Rang gemacht wird, damit er Erfahrung mit Leiden und Prüfungen
hat, damit er durch das, was er erlitten hat, lernt, sich derer zu erbar-
men, die leiden und versucht werden? Und ist Christus nicht niedrig
genug für euch geworden und hat er nicht genug gelitten?

Wollt ihr, dass er nicht nur die Leiden kennt, die ihr jetzt erleidet, son-
dern auch den wunderbaren Zorn, den ihr in der Zukunft fürchtet, da-
mit er weiß, wie man sich derer erbarmt, die in Gefahr sind und sich
davor fürchten? Dieser Christus hat [...] tausendmal mehr davon ge-
spürt, als du oder irgendein lebender Mensch es hat.

Und könntest du dir größere Dinge vorstellen, als Christus getan hat?
War es nicht eine alles überragende Sache für den, der Gott war, die
menschliche Natur anzunehmen, um nicht nur Gott zu sein, sondern
von nun an Mensch bis in alle Ewigkeit? Und was könntest du als noch
größere Liebe ansehen als das Leiden für die Sünder als höchstes
Zeugnis der Liebe zu den Sündern? Welche andere Tat würdest du dir
wünschen, auch wenn sie noch so außergewöhnlich ist, im Vergleich,
was er getan hat? Und würdest du dir wünschen, dass ein Erlöser mehr
leiden sollte, als Christus für die Sünder gelitten hat? Was vermisst du,
oder was würdest du hinzufügen, wenn du es könntest, um ihn noch
geeigneter zu machen, dein Erlöser zu sein?“
                  (Jonathan Edwards, The Excellency of Christ, 1: 686-87)

                                                         Über dieses Heft     7
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              THEMEN FÜR DIE
               GOTTESDIENSTE

JESUS SEHEN
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Die Themen auf den
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Welches Thema und welcher
   Bibeltext an welchem

                                              Sonntag 10.4. | Johannes 15, 13; Johannes 3, 16-19
  Sonntag dran ist, siehst
     du auf jeder Seite
         am Rand.

               Themen für die Gottesdienste   9
GOTTESDIENSTE IM APRIL/MAI 2022 - Jesus Gemeinde ...
LIEBE   Die Liebe von Jesus                jedoch etwas anderes. Damals
                                           waren „Freunde“ nicht immer
        Von Liebe reden lässt sich         ebenbürtig. Das sieht man sehr
        leicht. Gefühle der Zuneigung      schön in Johannes 15, 1:
        für jemanden entstehen bei
        vielen Menschen auch relativ       „Ihr seid meine Freunde, wenn
        einfach. Ob man jemanden            ihr tut, was ich euch befehle.“
        wirklich liebt, zeigt sich erst,                       (Johannes 15, 1)
        wenn es um Taten geht – vor al-
        lem, wenn es mich selbst etwas     Befehle erteilen und „gehorsam
        kostet. „Jesus liebt dich“ be-     Befehle ausführen“ ist ganz
        deutet nicht nur, dass er Emo-     und gar nicht, was wir von einer
        tionen der Zuneigung für dich      ebenbürtigen       Freundschaft
        empfindet. Das auch. Aber weit     erwarten. Aber es ist Teil einer
        mehr! Die Liebe von Jesus zeigt    besonderen Beziehung, die es
        sich am intensivsten darin, dass   in der heutigen Gesellschafts-
        er alles, was er hatte, für dein   struktur nicht mehr gibt: die
        Wohlergehen aufgegeben hat:        Patron-Klientenbeziehung des
        sein eigenes Leben am Kreuz.       ersten Jahrhunderts. Dabei war
        Am Kreuz hat Jesus nicht nur       der Patron eine sozial enorm
        Liebe gezeigt, im Sinne von        hoch gestellte Persönlichkeit
        „hey schau mal, wie sehr ich       mit Rang, Würde, Ruhm, finan-
        dich lieb habe“ . Sein Opfertod    ziellem und gesellschaftlichem
        hat tatsächlich etwas gebracht.    Einfluss. Der Klient war wesent-
        Er hat nämlich deine Schuld        lich niedriger als der Patron
        auf sich genommen, seine Ge-       und vom Patron abhängig. Der
        rechtigkeit und sein ewiges Le-    Patron beschützte ihn mit sei-
        ben hat er dir dafür geschenkt.    nem Einfluss, versorgte ihn und
                                           war in Zeiten der Not für ihn da.
        Wenn wir die Worte von Jesus       Dagegen setzte der Klient sich
        lesen, „er hat sein Leben hinge-   für den Ruhm und die Würde
        geben für seine Freunde“, sind     seines Patrons ein. In genau
        wir geneigt zu denken, dass es     dieser Beziehung wurden die
        eine „Freundschaftstat“ war, die   Klienten „Freunde“ des Patrons
        Jesus da für uns getan hat. Auf-   genannt, und genau dieses
        grund dessen, dass wir vorher      soziale Verhältnis beschreibt
        „beste Freunde“ waren, hat Je-     die Beziehung der Jünger zu
        sus sein kostbares Opfer für uns   Jesus. Zu erwarten wäre, dass
        gebracht. Der Begriff „Freun-      der Klient sein Leben für den
        de“ bezeichnet in der Antike       Patron gibt, aber niemals an-

10      JESUS SEHEN
ders herum! Das erstaunliche ist,
dass der „Super-Patron“ schlecht-       Das Gebet des Glaubens
hin, Christus, der als der Schöpfer
des Universums unübertrefflich          Beim Gebet des Glaubens
herrlich und würdig ist, sein Leben     nimmt man bewusst etwas
hingegeben hat für Menschen wie         aus dem Biblischen Text
dich und mich, die im Vergleich mit     oder aus einer Biblischen
Ihm wesentlich weniger Wert und         Verheißung für sich selbst
Würde haben. Es gibt wirklich keine     in Anspruch. Was auf den
größere Liebe, als die Liebe des Pat-   Seiten des Neuen Testa-
rons Jesus zu seinen Jüngern!           ments noch in der dritten
                                        Person beschrieben wird, be-
                                        zieht man ganz konkret auf
                                        sich selbst. Man nimmt sich
                                        also einfach etwas Zeit und
                                        spricht zum Beispiel lang-
                                        sam den Text nach und setzt
                                        den eigenen Namen ein.
                                        Ein Beispiel: „Größere Liebe
                                        hat niemand als die, dass er
                                        sein Leben hingibt für mich,

                                                                         Sonntag 10.4. | Johannes 15, 13; Johannes 3, 16-19
                                        seinen Freund, Luca.“
                                        Danach verweilt man einfach
                                        im freien Gebet um den Text
                                        herum und betet zum Bei-
                                        spiel: „Für mich hast du größ-
                                        te Liebe gezeigt“; „An mich
                                        hast du am Kreuz gedacht“;
                                        „Auf mich waren deine
                                        Augen am Kreuz gerichtet“.
                                        Manchmal hilft es, eine Ge-
                                        betsposition einzunehmen,
                                        welche der Art des Meditati-
                                        ven Gebets entspricht. Beim
                                        Gebet des Glaubens könnte
                                        man beispielsweise die Arme
                                        offen nach oben halten um
                                        zu zeigen, dass man das, was
                                        Gott in seinem Wort sagt, für
                                        sich selbst entgegennimmt.

                                                Die Liebe von Jesus      11
UNZERSTÖRBARES LEBEN   Das unzerstörbare Leben von          tenz als sich selbst. Wer Leben
                       Jesus                                in sich hat, ist selbst der ewige
                                                            Lebensgeber. Der Ausdruck
                       Jesus macht in Johannes 5, 26        „Leben in sich selbst haben“
                       einen beachtlichen Anspruch:         ist eine Umschreibung einer
                       „er hat Leben in sich selbst!“       Gotteseigenschaft, die heute
                       Was Jesus definitiv nicht da-        von Theologen oft mit dem Be-
                       mit meint ist, dass er lebendig      griff „Aseität“ beschrieben wird:
                       ist oder sich quicklebendig          Gott braucht für sein eigenes
                       fühlt. Diese Aussage wäre mit        Leben und sein unendliches
                       diesem Sinn nämlich an Tri-          Glück nichts anderes als sich
                       vialität nicht zu überbieten. Na     selbst. Alles andere Leben fließt
                       klar ist Jesus lebendig. Nur ein     von ihm und ist von ihm abhän-
                       lebendiger Mensch kann von           gig. Diese Eigenschaft behaup-
                       sich behaupten, lebendig zu          tet Jesu mit Gott, dem Vater, zu
                       sein. Dem Toten fehlen logi-         teilen. Das, was nur Gott selbst
                       scherweise die Fähigkeiten, so       haben kann, besitzt sowohl der
                       etwas von sich zu behaupten.         Vater als auch der Sohn.
                       Was Jesus hier behauptet hat,
                       ist viel eindrucksvoller. „In sich   Es ist das Selbstverständnis von
                       selbst“ bedeutet „ohne Einfluss      Jesus, diese Art von Leben zu
                       von außen“. Keiner von uns hat       haben: unabhängig von außen,
                       das und keiner von uns weiß,         unzerstörbar, das ihn dazu be-
                       wie sich das anfühlt. Wir alle       wegt, über sich selbst zu sagen,
                       haben Leben „von außen“. Wir         dass niemand sein Leben neh-
                       alle sind nicht „selbstexistent“,    men kann. Sein Tod am Kreuz
                       sondern haben Leben von Gott         ist ultimativ kein Gewaltverbre-
                       geschenkt bekommen. Er er-           chen, dem Jesus nichts entge-
                       hält es durch seine übernatür-       gen setzen konnte. Es war letzt-
                       liche Vorsehung und durch            endlich sein eigener Wille, sein
                       die Bereitstellung der Dinge,        Leben nieder zu legen. Und es
                       die wir zum Leben brauchen:          liegt nicht nur am Willen des
                       Luft, Wasser, Essen, Licht, etc.     Vaters, dass Jesus nach drei Ta-
                       Wer Leben „in sich“ hat, setzt       gen wieder lebendig wird: Je-
                       sich von der Schöpfung ab, die       sus selbst ist für seine eigene
                       selber kein Leben in sich hat,       Auferstehung verantwortlich:
                       sondern durch einen „Leben-
                       geber“ erhalten werden muss.         Ich habe Vollmacht, mein Le-
                       Wer Leben „in sich“ hat, braucht       ben wieder aufzunehmen.
                       nichts für die eigene ewige Exis-                       (Johannes 10, 18)

12                     JESUS SEHEN
Weil Jesus selbst Lebensgeber ist,            Gebet der Anbetung
war es dem Tod unmöglich, ihn
über die drei Tage hinaus zu binden.          Beim Gebet der Anbetung
Auch ein Petrus hat es lange nicht            singt man nicht laut. Es ist
wirklich verstanden. Aber zu Pfings-          ein stilles Gebet, das Herz
ten ist klar: es war von vornherein           anbetet. Wie geht das? Es
gar nicht anders möglich, als dass            funktioniert nicht auf Kom-
Jesus von den Toten aufersteht! Es            mando. Das Herz muss
ist nicht nur unwahrscheinlich, son-          vorher von einem attraktiven
dern ganz und gar unmöglich, dass             Gedanken über Gott be-
der Tod Macht über den Lebensge-              rührt sein, für den man einen
ber hat!                                      Hauch von Attraktivität emp-
                                              findet. Man braucht aber
Mit Sicherheit führt das Wissen,              auch keine extrem starken
dass Jesus (anders als wir) Leben             Gefühle. Es reicht aus, dass
in sich hat dazu, ihn zu bewundern,           einem etwas bewusst ist,
dass er in dieser Hinsicht gar nicht          was man an Gott gut findet.
„einer von uns ist“! Er ist grundsätz-        Dieser Gedanke ist dann wie
lich unvorstellbare Welten über               ein Schokoladenbonbon
uns erhaben. Unser Leben ist wie              im Mund. Beim Gebet der
ein Hauch, wie Gras, was kurz auf-            Anbetung schluckt man die
blüht nach einem Sommerwind                   Schokolade aber nicht ein-

                                                                              Sonntag 17.4. | Johannes 5, 26; Johannes 10, 18
und auch schon wieder vergangen               fach runter, sondern versucht
ist (Ps. 103, 15-16). Er ist ewig und         den Genuss zu verlängern,
unendlich der sprudelnde Lebens-              indem man nicht kaut,
geber! Wir bewundern Jesus aber               sondern die Schokolade im
nicht nur aufgrund seiner Erhaben-            Mund behält und sich den
heit, sondern aus dem Nutzen, den             Geschmack bewusst macht.
wir davon haben. Nämlich, dass er             Das Herz versucht also den
für uns unser Lebensgeber ist! Auf-           Genuss, den es beim Ge-
grund dessen, dass er unzerstörba-            danken an Gott hat, zu
res Leben in sich hat, ist er ein ewi-        verlängern, indem man den
ger Mittler für uns geworden (Hebr.           Gedanken weiter im Kopf be-
6, 16). Wir trinken aus der Quelle,           hält und die stille Anbetung
die er für uns ist. Unser zukünftiges         des Herzens vor Gott bringt.
glückliches, überfließendes Leben             Auch bei diesem Gebet kann
kommt, weil wir Ihm gehören und               die Körperhaltung die innere
sein Eigentum sind.                           Einstellung verstärken, man
                                              positioniert sich so, als ob
                                              man wirklich genießt.

                                         Das unzerstörbare Leben von Jesus    13
ALLWISSENHEIT   Die Allwissenheit von Jesus             Würde Gott nicht alle unsere
                                                         Motive erforschen? Denn er
                In der Interaktion von Jesus mit        erkennt die Geheimnisse des
                den Menschen in den Evangeli-                     Herzens.
                en erstaunt immer wieder, dass                              (Psalm 44, 22)
                Jesus seine Gegenüber ganz
                genau kennt. Nicht nur auf-            Jesus kennt aber nicht nur
                grund guter Menschenkennt-             die Gedanken und Motive der
                nis. Er kennt ihre Geheimnisse,        Menschen ganz genau, er weiß
                ihre Gedanken und ihre Motive.         sogar, was sie in der Zukunft sa-
                Keiner macht ihm etwas vor.            gen und tun werden.
                Er schaut immer mit scharfem
                Blick direkt mitten in ihr Herz.       Bevor der Hahn kräht, wirst du
                Nichts ist vor ihm verborgen.             mich dreimal verraten
                Man muss noch nicht einmal                                   (Lukas 22, 34)
                tuscheln und trotzdem kon-
                frontiert Jesus Menschen mit           Und auch hier wird offensicht-
                „warum denkt ihr folgendes in          lich, dass Jesus uns und unsere
                euren Herzen?“. Die Reaktion           Zukunft besser kennt als wir
                kann man sich vorstellen: offe-        selbst. Das nicht aufhörende
                ner Mund und die Frage „woher          Protestieren von Petrus nützte
                weiß der das?“.                        nichts. All seine Kraftanstren-
                                                       gung konnte die präzise Vor-
                Die Herzen der Menschen wa-            hersage von Jesus nicht auf-
                ren vor Jesus offen wie ein auf-       halten. Jesus weiß einfach alles:
                geschlagenes Buch. Ist das             Vergangenheit, Gegenwart und
                nicht erstaunlich? Denn die ex-        Zukunft. Und das 100% haarge-
                akte Kenntnis des Menschen ist         nau und ohne Fehler.
                eigentlich eine Eigenschaft, die
                nur Gott selbst hat.                   Und nicht nur das. Das Größte,
                                                       was man von Jesu Wissen sa-
                     Trügerisch ist das Herz,          gen kann, ist, dass er Gott voll-
                mehr als alles, und unheilbar          kommen kennt. Er kennt Gott
                   ist es. Wer kennt sich mit          durch und durch, weil er selbst
                    ihm aus? Ich, der HERR,            Gott ist. Wir kennen Gott nur
                      [bin es], der das Herz           teilweise und unvollkommen.
                erforscht und die Nieren prüft         Unsere Kenntnis ist abgeleitet,
                                  (Jeremia 17, 9-10)   partiell und aufgrund unserer
                                                       Sünde unvollkommen. Jesus
                                                       kennt ihn, wie kein anderes We-

14              JESUS SEHEN
sen ihn kennt. Er kennt ihn so, wie
ein allwissender Mensch sich selbst
kennt. Niemand außer Jesus kennt
den Vater unmittelbar, vollständig
und perfekt.

Um mit den Worten von Jonathan
Edwards zu fragen: was für einen
Retter hättest du gern? Sollte Jesus
lieber keine Ahnung von dir haben?
Oder ist der ist es gut so, dass er al-
les, aber wirklich alles, perfekt kennt
und durchschaut?                          gabe. Es ist ein bewusstes

                                                                           Sonntag 24.4. | Matth. 9, 4; Apg. 1, 24; Joh. 6,64; Joh. 13, 19; Matth. 11, 27
                                          Offenlegen des Lebens vor
                                          Gott in der Gewissheit, dass
                                          vor Gott sowieso alles offen
                                          und nichts verborgen ist.
                                          Man könnte dann weiter den
                                          vergangenen Tag langsam
Gebet des Prüfens                         Revue passieren lassen und
                                          daran denken, dass Gott in
Dieses Gebet ist eine praktische          jedem Moment des Tages
Anwendung von Psalm 139, 23:              gegenwärtig war. Ein „Gebet
„Erforsche mich, Gott, und erkenne        des Prüfens“ bedeutet nicht,
mein Herz. Prüfe mich und erken-          dass Gott bei diesem Gebet
ne meine Gedanken!“. Im Bewusst-          immer von Sünde überführt.
sein, dass Gott sowieso alles weiß,       Oft spricht er auch ermuti-
legt man mit einer innerlichen            gende Worte wie „das nächs-
Einstellung sein Leben oder den           te mal keine Angst“ oder
vergangenen Tag vor Gott und              ähnliches. Dieses Gebet fällt
bittet ihn zu sprechen, zu über-          introvertierten Menschen
führen, zu beurteilen. Es ist kein        leichter, sie stehen aber auch
angstvolles Gebet, weil wir uns als       eher in Gefahr, zu introspek-
Christen sicher sein dürfen, dass         tiv zu sein. In diesem Fall
wir von Gott angenommen sind.             wäre ein Nachsinnen über
Ganz egal, ob wir dieses Gebet jetzt      Gnade wichtig für ein gesun-
sprechen oder auch nicht. Aber            des Gleichgewicht und dem
das Gebet ist eine Einladung des          Gebet des Prüfens muss
Betenden, dass Gott sein Leben            nicht zu viel Raum gegeben
beurteilt. Es ist ein Gebet der Hin-      werden.

                                           Die Allwissenheit von Jesus     15
FREUDE   Die Freude von Jesus                  sus kannten. Seine Freude hatte
                                               eine ganz besondere Qualität,
         Wahrscheinlich haben wir uns          wie niemand anderes sie be-
         Jesus zu ernst vorgestellt. Heb-      sitzt. Die Jünger wollten un-
         räer 1, 9 beschreibt Jesus als „mit   bedingt haben, was Jesus hat:
         mehr Freudenöl gesalbt, als alle      übernatürliche, unzerstörbare,
         Gefährten“. Diese Charakter-          himmlische Freude.
         isierung des Messias aus Psalm
         45, 8 beschreibt Jesus als den        Die Freude von Jesus bedeu-
         freudigsten Menschen aller Zei-       tet nicht, dass Jesus immer nur
         ten. Die Freude von Jesus war si-     „amüsant lustig“ war. Jesus war
         cher einer der Aspekte, welcher       auch traurig, zornig und wü-
         die Jünger zu Jesus gezogen           tend (Mk. 3, 5; 10, 14; 11, 15-19). Sei-
         hat. Als Petrus zu Jesus sagt „du     ne Gefühle waren in perfekter
         hast Worte des ewigen Lebens“         Balance und analog der Reali-
         (Joh. 6, 68) stellt man sich nicht    tät. Seine Freude war nicht die
         „melancholische, traurige, de-        eines Clowns. Es war eine tief
         pressive“, sondern „aufatmende,       triumphierende Freude, die
         freudige, hoffnungsvolle“ Worte       ihn selbst in schwerster Stunde
         des Lebens vor! Ohne Frage, die       trug (Heb. 12, 2 cf. Jes. 53, 3). Sei-
         Jünger folgten Jesus mit all sei-     ne Freude war triumphierend,
         nen herausfordernden Reden            weil er wusste, dass selbst sein
         und Taten, weil sie in seiner Ge-     Leiden eine glorreiche Zukunft
         genwart glücklich waren! Seine        für Ihn als barmherzigen Retter
         Freude färbte ab!                     und diejenigen bedeutete, die
                                               er mit seinem Opfertod für sich
         Als Jesus kurz vor seinem Tod         erkaufte.
         seine Jünger zum Gehorsam
         motivieren wollte, setzte er alles    Wenn wir in der Ewigkeit vor
         auf eine Karte: folgt mir und seid    Christus stehen, werden wir kei-
         mir gehorsam, dann wird meine         nen bedürftigen Retter erleben,
         Freude in euch sein! Wenn die         der Aufmunterung braucht. Er
         Jünger Jesus als schwermütig          hat in sich selbst eine ewige und
         kennen gelernt hätten, wäre die       unendliche Freude, die wir hier
         Motivation dahin gewesen: ich         in dieser irdischen gar nicht er-
         soll gehorsam sein, damit ich         fassen können. Jesus wird kein
         deinen Gemütszustand teile?           frustrierter oder gelangweilter
         Nein danke! Aber die Motiva-          Retter sein. Er ist in perfekter
         tion, der Aufruf von Jesus, hat       Gemeinschaft mit dem Vater
         funktioniert, weil die Jünger Je-     und dem Geist. Aus dieser inni-

16       JESUS SEHEN
gen Gemeinschaft des dreieinigen                 Meditation
Gottes mit sich selbst fließt eine               Keine Angst. Meditation hat
Freude und eine Begeisterung, die                nichts mit fernöstlicher Be-
Jesus mit uns teilt.                             wusstseinsentleerung zu tun.
                                                 Christliches Meditieren be-
  „Wenn ein Rettungsschwimmer                    deutet „nachdenken“. Sich Zeit
 dich aus den Fluten des Atlantiks               nehmen, das Gehörte sacken
   rettet, ist es dir egal, ob er me-            zu lassen, sich etwas innerlich
   lancholisch ist. [...] Aber bei der           vorstellen. Bildlich kann man
Errettung durch Jesus ist das ganz               meditieren gut durch das Wie-
 anders. Jesus rettet uns nicht für              derkäuen einer Kuh vorstellen.
  unsere Familie, sondern für sich               Sie liegt auf der Wiese, kaut und
selbst. Wenn er trübsinnig ist, wird             kaut und genießt das Essen
 unsere Rettung traurig sein. Und                noch einmal. Beim Meditieren
das ist keine große Rettung. Wenn                würde man sich also zum Bei-
  Christus düster oder gar stoisch               spiel vorstellen wie es aussieht,
  ist, wird die Ewigkeit ein langer,             wenn Jesus „mehr mit Freude-
langer Seufzer sein. Aber die Herr-              nöl gesalbt ist, als alle Gefähr-
 lichkeit und Gnade Jesu besteht                 ten“. Und man bleibt eine Weile
darin, dass er immer unzerstörbar                bei dem Gedanken, ohne gleich
     glücklich ist und sein wird“                zum nächsten über zu gehen.
  (J. Piper, Seeing and Savoring Jesus Christ)   Man fragt sich, welches Bild
                                                 man vielleicht vorher von Jesus

                                                                                     Sonntag 1.5. | Johannes, 15, 11; Hebräer 1, 8-9
Viele guten Dinge dieser Welt ma-                hatte, wie er durch Palästi-
chen uns glücklich: Frühlingsduft,               na läuft, mit seinen Jüngern
Zeit mit Freunden, Familie, Aben-                spricht und wie er hingegen
teuer in gigantischen Bergen, das                jetzt aussieht. Kann man sich
Bruzzeln eines Burgerpattys auf                  vorstellen, dass Jesus auch mal
dem Grill. Die angenehmen Dinge                  tanzt und singt? Oder man stellt
des Lebens sind Gottes Lichtstrah-               sich vor, welche Gemütslage
len, die uns zur Quelle führen, näm-             Jesus jetzt hat, wo er siegreich
lich zu ihm selbst. Die freude-brin-             auf dem Thron sitzt. Man redet
genden materiellen Dinge dieses                  sich bei der Meditation nichts
Lebens sind endlich. Ihre Kapazität              ein, sondern versucht das inne-
uns Freude zu bereiten ist begrenzt.             re Bild, was man von Jesus hat,
Sie waren nie dazu gedacht, unsere               entsprechend dessen, was man
Sehnsucht nach Freude vollkom-                   neu gelernt hat, zu optimieren,
men zu stillen. Das macht aber die               indem man seine Vorstellungs-
Quelle, wo diese Dinge her kommen.               kraft und Wiederholung dessel-
Dein unendlich freudiger Jesus.                  ben Gedankens benutzt.

                                                         Die Freude von Jesus        17
GERECHTIGKEIT & ZORN   Die Gerechtigkeit     und    der    Worte und Taten, welche der
                       Zorn von Jesus                      Dramatik unserer Situation an-
                                                           gemessen sind, wenn er vor der
                       Besonders anstößig für das          Hölle warnte.
                       moderne, westliche Empfinden
                       ist die harte, direkte, grimmige    Dass Jesus gerecht ist (und
                       Form der Liebe Jesu. Menschen,      nicht nur barmherzig) und ge-
                       die Liebe nur mit sanften und       rechten Zorn besitzt, mit dem
                       zärtlichen Worten verbinden,        er die Welt richten wird, ist eine
                       wären immer wieder empört           angenehme Eigenschaft von
                       gewesen über die fast gewalt-       ihm. Wir könnten es nicht er-
                       tätige Sprache von Jesus.           tragen, wenn die moralischen
                                                           Prinzipien, auf denen dieses
                       Nicht, dass dies die einzige Art    Universums ruht, ungerecht
                       war, wie Jesus sprach. Er war       oder böse wären. Es wäre
                       oft geduldig, freundlich, sanft-    furchtbar zu entdecken, dass
                       mütig und vergebend. Deshalb        der Gott, der dieses Universum
                       kann man seine strenge Rede         regiert, selbst böse Züge hät-
                       nicht als Unmut oder als irratio-   te. Intuitiv stimmt unser mo-
                       nalen Ärger abtun.                  ralischer Kompass zu, dass die
                                                           Welt nur gut ist, wenn das Böse
                       Was uns in der bissigen Spra-       gerichtet und das Gute geehrt
                       che Christi begegnet, ist eine      wird.
                       Form der Liebe, die der realen
                       Welt des Verderbens und der         Die Gerechtigkeit und der Zorn
                       Abgestumpftheit unserer Her-        von Jesus bedeuten, dass Chris-
                       zen und der Größe dessen, was       tus alles Gute schätzt und es
                       bei unseren Entscheidungen          so schützen wird, indem er al-
                       auf dem Spiel steht, entspricht.    les, was dem Guten entgegen
                       Gäbe es kein echtes Böses,          steht, vernichten wird. Und das
                       keine toten Herzen und keine        ist gut und richtig so. Alles an-
                       ewigen Konsequenzen, wären          dere wäre abscheulich. Zorn
                       vielleicht nur zärtliche Worte      bedeutet nicht jähzornig oder
                       die einzige angemessene Form        emotional angepiekst zu sein.
                       der Liebe. Aber eine solche Welt    Der Zorn von Jesus ist die voll-
                       gibt es nicht. Jesus klagte die     kommen angemessene Reakti-
                       Welt nicht nur als böse, ehebre-    on auf das Böse. Es ist bedacht,
                       cherisch und ungläubig an. Er       ausgewogen und gerecht.
                       sagte auch, dass alle geistlich
                       tot seien. Deshalb benutzte er

18                     JESUS SEHEN
Was hättest du lieber? Einen Retter,
der das Böse einfach übersieht oder
Kompromisse mit ihm macht Oder
lieber einen Retter, der das Böse
richtig einschätzt und emotional
wütend auf das Böse reagiert?

                                        Gebet der Ehrfurcht

                                                                          Sonntag 8.5. | Johanens 2, 13-17; Matthäus 11, 20-22
                                        Bei diesem Gebet bringt
                                        man bewusst eine innere
                                        Einstellung des Respekts vor
                                        Gott. Auch dieses Gebet ist
                                        nicht so sehr ein Gebet vieler
                                        Worte. Vielleicht fängt man
                                        mit einigen Worten wie „ich
                                        beuge mich vor dir“ oder
                                        „du bist hoch erhaben“ an.
                                        Danach ist man dann jedoch
                                        still und lässt sein Herz, wel-
                                        ches man bewusst vorher in
                                        eine Haltung des Respekts
                                        gebracht hat, in dieser Hal-
                                        tung ruhen. Es fällt oft leich-
                                        ter, dieses Gebet zu beten,
                                        wenn man für ein paar Minu-
                                        ten auf die Knie geht und
                                        auch von der Körperhaltung
                                        sich vor Gott „beugt“.

                                       Gerechtigkeit & Zorn von Jesus     19
GRÖSSE & DEMUT   Die erhabene Größe und die                geben hatte“ (das heißt, Jesus
                 Demut von Jesus                           regiert das Universum all-in-
                                                           klusive nach seinem eigenen
                 Wer Jesus im ersten Jahrhun-              Willen); er wusste, dass in der
                 dert begegnet ist, hat eine er-           Ewigkeit in der direkten Gegen-
                 habene Größe und tiefe Demut              wart des Allmächtigen sein Zu-
                 erlebt. Die Größe von Jesus war           hause war und bald wieder sein
                 dem physischen Auge verbor-               würde (Joh. 13, 3). Und dennoch
                 gen. Man konnte sie manchmal              kleidet sich Jesus mit einem
                 erahnen an dem, was Jesus tat             Umhang, der Sklaven vorbe-
                 und sagte.                                halten war (griechisch „lention“)
                                                           und leistet einen Liebesdienst,
                  Weiche von mir Herr, ich bin             für den die Jünger sich zu fein
                    ein sündiger Mensch!                   waren. Der Kontrast hätte nicht
                                          (Lukas 5, 8)     gewaltiger sein können.

                 Das ist das Bekenntnis eines              Obwohl Jesus souveräne Macht
                 Mannes, der vor der Größe des             besitzt, die Welt nach seinen
                 vor ihm stehenden Herrn er-               Zielen zu gestalten (=Gott-
                 zittert. Manchmal konnten                 gleichheit), weiß er, dass er
                 die Jünger einen Hauch der                in der ewigen Vergangenheit
                 ehrfurchterweckenden     Grö-             Gottes Herrlichkeit besaß und
                 ße von Jesus erleben. Petrus              in diese Herrlichkeit mit seiner
                 beschreibt die Umwandlung                 Auferstehung zurück gehen
                 von Jesus (siehe Matthäus 17)             wird, und trotz all dieser erha-
                 eindeutig als                             benen Größe kleidet er sich mit
                                                           einem Sklaven-Kleidungsstück
                 die Macht und Ankunft unse-               und dient, wie ein niedriger
                 res Herrn Jesus Christus, weil            Sklave das tun würde.
                 wir Augenzeugen seiner herr-
                  lichen Größe gewesen sind.               Die Demut von Jesus besteht
                                    (1 Petrus 1, 16-17).   hauptsächlich   darin, seine
                                                           Rechte als glorreicher Sohn
                 Aber selbst, wenn die gewaltige           Gottes nicht in Anspruch zu
                 Größe von Jesus dem mensch-               nehmen, sondern seinen Fein-
                 lichen Auge verborgen war, be-            den zu dienen:
                 deutet das nicht, dass sie nicht
                 da war! Jesus wusste, wer er               Ich bin unter euch als einer,
                 war! Er wusste, dass der Vater                      der dient.
                 „alle Dinge in seine Hand ge-                                  (Lukas 22, 27).

20               JESUS SEHEN
Jesus hätte das Recht gehabt, da-
rauf zu bestehen, dass man ihm
dient. Er ist würdig den Dienst und
die Anbetung aller Geschöpfe ent-
gegen zu nehmen, aber in seiner
Demut war er bereit zu dienen.

Deshalb ist die Einladung von Jesus,
zu ihm zu kommen, so attraktiv. Er
ist nicht gekommen, um unerfüll-
bare Ansprüche an uns zu stellen.
Sondern ihm nachzufolgen bedeu-               hirn in Automodus geschal-
tet, sich von Ihm dienen zu lassen            tet und ist sonst wo mit den
und auf seine befähigende Kraft in            Gedanken. Kein Problem.

                                                                                 Sonntag 15.5. | Johannes 13, 3-5; Philipper 2, 5-8; Matthäus 11, 28-30
der Nachfolge zu vertrauen. Er hat            Still vor Gott sein lässt sich
sich trotz seiner erhabenen Größe             erlernen. Am hilfreichsten
auf unsere Stufe gestellt. Warum?             ist es, wenn die Gedanken
                                              wandern, sie durch einen
                                              sanften eigenen Gedanken
                                              wieder zur Ruhe zu bringen.
                                              Zum Beispiel, dass man sich
                                              selbst zuspricht „Sei still und
                                              wisse, dass ich Gott bin.“ (Ps.
                                              46, 11). Es kann sein, dass
Stille vor Gott                               man sich in der ersten Minu-
                                              te genau dies zehn, zwanzig
Auch wenn man mal überhaupt                   mal sagen muss. Oder es
nichts sagt und auch nichts denkt,            kann sogar passieren, dass
ist das Gebet. Bei diesem Gebet               man aus dem stillen Ge-
versucht der Beter die Gedanken-              bet geweckt werden muss.
wogen wirklich mal zu glätten und             Dennoch, es ist ein Versuch
einfach nur ruhig vor Gott zu sein.           wert, unser Vertrauen zu
Man denkt nichts, man macht                   Gott auszudrücken, indem
nichts, man ist einfach wie man               man ein paar Minuten vor
ist, in der Gegenwart Gottes. Den             ihm einfach nur still ist. Beste
meisten von uns fällt es schwer, die          Gebetshaltung? Gemütlich
Gedanken für 10 Minuten gänzlich              muss es sein. Also ab in den
ruhen zu lassen. Zu viel geht durch           Sessel und so relaxed wie
unseren Kopf. Kaum sind 2 Sekun-              möglich in Gottes unsichtba-
den rum und schon hat unser Ge-               rer Gegenwart entspannen.

                                  Die erhabene Größe und Demut von Jesus         21
FREIHEIT   Die Freiheit von Jesus                   ge und Beste ist und dies auch
                                                    umzusetzen!
           Jesus hat einen freien Willen!
           Er tut, was er will. Absolut freier      Freier Wille bedeutet auch,
           Wille ist eine Gotteseigenschaft:        dass Jesus Leidenschaften und
                                                    Interessen hat, die er aktiv ver-
                     Unser Gott ist                 folgt. Wir denken oft, dass Gott
                   in den Himmeln;                  durch unseren freien Willen ge-
                 alles, was ihm wohl-               bunden ist und eher hilflos im
                     gefällt, tut er.               Himmel wartet, bis wir soweit
                                   (Psalm 115, 3)   sind und ihm Platz zum regie-
                                                    ren geben. Das ist jedoch ein
           Wir haben nicht diese Art von            völlig falsches Bild von Jesus.
           freien Willen. Erstens, ist unser        Der Hauptakteur in dieser Welt
           eigener Wille gebunden durch             ist Gott! Die Dreieinigkeit hat
           unsere sündhafte Natur. Wir              einen perfekt harmonischen
           stehen in unseren Entschei-              Willen und sowohl Vater, Sohn
           dungen eben nicht neutral vor            und Heiliger Geist sind die ers-
           der Wahl zwischen Sünde und              ten und aktiv frei handelnden
           einem angenehmen Leben vor               Personen, welche die Geschich-
           Gott, sondern tendieren (bzw.            te des Universums bestimmen.
           sind ohne Jesus) hoffnungslos
           der Macht der Sünde verfallen            Jesus tut, was er will, im absolu-
           (Eph. 2, 1-3). Unser Wille ist alles     ten Sinn. Wir haben zwar auch
           andere als frei.                         einen Willen, aber der ist eher
                                                    störrisch als frei. Freier Wille
           Auch ohne die Gefangenschaft             bedeutet, dass man die Fähig-
           unseres Willens durch die Sün-           keit hat, das umzusetzen, was
           de wäre unser Wille nicht abso-          man will. Darin sind wir als Ge-
           lut frei, sondern geprägt durch          schöpfe alles andere als frei. Wir
           Gewohnheiten, Vorlieben, Er-             wollen zwar viel, werden aber
           ziehung, mangelndes Wissen               an jeder Ecke und jedem Ende
           und unausgeglichene Vorzüge.             frustriert, dass es nicht so läuft
           Nicht so bei Jesus. Unser Herr           wie geplant. Der Sohn Gottes ist
           hat einen freien Willen im ab-           in dieser Hinsicht anders als wir.
           soluten Sinn. Dieser ist frei von        Er ist frei, und zwar ganz ohne
           Sünde, frei von schlechten Ge-           Frust.
           wohnheiten, frei sich für das zu
           entscheiden, was in seiner un-           Was ist dir lieber? Ein Jesus,
           endlichen Weisheit das Richti-           dem die Hände gebunden sind

22         JESUS SEHEN
und der wartet, bis wir das tun, was
er nicht tun kann oder ein Jesus, der
allmächtige Fähigkeiten hat und
mit einem Lächeln im Gesicht im-        Gebet der Hingabe
mer sagt „ich weiß, was ich will“?
                                        Das Gebet der Hingabe ist
                                        ein Gebet des Loslassens. An-
                                        stelle innerlich zu klammern,
                                        gibt man sein Leben, seine
                                        Familie, seine Hoffnungen,
                                        sein Geld in Gottes Hand.
                                        Auch hier keine Angst. Nur
                                        weil man Gott alles zu Füßen
                                        legt, heißt das nicht, dass
                                        Gott als Antwort alles weg-
                                        nimmt. Er bestimmt auch
                                        ohne unser Gebet souverän
                                        unser Los! Nichts ändert
                                        sich an Gottes Vorsehung
                                        für unser Leben, ob wir das
                                        Gebet beten oder nicht. Aber
                                        wir drücken Gott in dem Ge-

                                                                        Sonntag 22.5. | Johannes 5, 21; Johannes 10, 17
                                        bet das Recht aus, alles was
                                        wir haben und was wir sind
                                        zu seinen perfekten Zwecken
                                        zu verwenden. Es ist auch
                                        ein Gebet des Vertrauens,
                                        dass unser Leben, unser
                                        Besitz, unsere Wünsche bei
                                        ihm besser aufgehoben sind
                                        als bei uns. Auch beim Gebet
                                        der Hingabe hilft unsere kör-
                                        perliche Visualisierung. Man
                                        könnte die Hände in einer
                                        geöffneten und gebenden
                                        Haltung vor Gott platzieren.
                                        Langsam geht man die
                                        einzelnen Bereiche seines
                                        Lebens durch und sagt dazu
                                        jedes Mal „Es ist dein“.

                                               Die Freiheit von Jesus   23
TREUE   Die Treue von Jesus                     Vater, wenn du diesen Kelch
                                                von mir wegnehmen willst -
        In Offenbarung 3, 14 trägt Je-          doch nicht mein Wille, son-
        sus einen Titel, den Gott sich           dern der deine geschehe
        im Alten Testament für sich                                  (Lukas 22, 42).
        selbst reserviert hat: er ist „das
        Amen“ (Jes. 65, 16). Der Titel be-     Auch die Nachfolger von Jesus
        ansprucht eine ausnahmslose            können sich auf die garantierte
        Zuverlässigkeit und verlässli-         Treue von Jesus verlassen. So
        che Beständigkeit. Genau diese         wie Gott von seiner Natur her
        Charaktereigenschaften sehen           wahrhaftig ist und gar nicht an-
        wir im Leben von Jesus. In ihm         ders kann – er kennt die Wahr-
        ist kein Falsch. Er sagt nichts,       heit, verbürgt sich für die Wahr-
        was sich später anders heraus-         heit, spricht nur die Wahrheit
        stellt. Er verspricht nichts, was      - genau so ist der Sohn Gottes
        er nachher zurücknehmen                immer zuverlässig treu. Eben-
        muss.                                  falls wie Gott gar nicht lügen
                                               kann und alle seine gnädigen
        Jesus ist durch und durch wahr         Versprechen verlässlich sind,
        und in seinem Charakter und            genau so ist der Sohn in seinem
        Worten uneingeschränkt ver-            Charakter und Verheißungen
        lässlich. Seine Treue zeigt sich       uneingeschränkt       zuverlässig.
        zuallererst in seiner makellosen       Deshalb stellt Jesus sich mit
        Hingabe an Gott den Vater.             der Verlässlichkeit Gottes auf
                                               eine Stufe:
            Ich tue immer, was ihm
                 wohlgefällig ist.               Ihr glaubt an Gott, glaubt
                            (Johannes 8, 29)             auch mir!
                                                                    (Johannes 14, 1)
        Jesus war sein irdisches Leben
        treu gegenüber Gott, indem er          Aufgrund der Großartigkeit der
        immer seinen Willen gesucht            Verheißungen von Jesus und
        hat und immer seinen Willen            seiner absoluten Treue kommt
        getan hat, selbst im Moment            unser Herz zur Ruhe (Joh. 14, 1)
        des größten Opfers. Seine Treue        und wir verlassen uns zurecht
        zu Gott findet man eindrucks-          darauf, wer Christus für uns ist.
        voll in dem Gebet von Jesus:           Jede unserer menschlichen
                                               Beziehungen ist geprägt von
                                               Enttäuschungen. Selbst der
                                               treueste Ehemann oder die ver-

24      JESUS SEHEN
lässlichste Mutter wird sich hin und
wieder entschuldigen oder sagen
müssen „es tut mir Leid.“ Von Jesus
werden wir diese Worte nie hören!
Er hat nicht nur die unveränderli-
che moralische Integrität als auch
die unendlichen Fähigkeiten sich
nie entschuldigen zu müssen. Seine
Wege uns gegenüber sind immer
wahr und treu.

                                       Gebet der Dankbarkeit

                                                                       Sonntag 29.5. | Offb. 3, 14; 2. Thess 3, 3; Offb. 19, 11; Joh. 8, 29
                                       Anders als beim Gebet
                                       der Hingabe gibt man bei
                                       diesem meditativen Gebet
                                       nicht, sondern man nimmt
                                       dankbar von Gott. Ähnlich
                                       wie beim Gebet der Hingabe
                                       geht man verschiedene As-
                                       pekte seines Lebens durch:
                                       die Familie, den Wohnort, die
                                       Freunde. Oder man denkt
                                       an die verschiedenen Seg-
                                       nungen, die man von Gott
                                       zugesprochen bekommen
                                       hat: Vorherbestimmung,
                                       gnädige Rettung, gesicherte
                                       Zukunft im Paradies, das Ver-
                                       sprechen oder dass Gott den
                                       Glauben bewahrt in guten
                                       und schwierigen Zeiten.
                                       Und nach jedem Gedanken
                                       nimmt man diesen bewusst
                                       mit einem „Danke“ an.

                                                Die Treue von Jesus    25
26
              THEMEN FÜR DIE
               KLEINGRUPPEN

JESUS SEHEN
Die Themen auf den
nächsten Seiten kannst du in
    deiner Kleingruppe
        behandeln.

 Die Reihenfolge spielt dabei
 keine Rolle, ihr könnt euch
einfach die Themen, die euch
  interessieren, aussuchen.

                Themen für die Kleingruppen   27
BARMHERZIGKEIT   Die Barmherzigkeit von Jesus        seiner Schuld bewusst und
                                                     hoffnungslos sich auf den Weg
                 Barmherzigkeit ist Mitgefühl        nach Hause macht, sieht der
                 für Menschen, die bedürftig         Vater ihn „von fern und fühlte
                 und hilflos sind. Barmherzig-       Mitleid mit ihm“ (Lk. 15, 20). Je-
                 keit hat zwei wichtige Eigen-       sus beschreibt damit den Cha-
                 schaften. Sie bedeutet auf der      rakter des himmlischen Vaters
                 einen Seite, dass derjenige, der    und den Grund seiner eigenen
                 barmherzig ist, den anderen in      Taten. Jede Heilung, jede Be-
                 seinen Schwierigkeiten sieht        rührung, jede Lehre war Aus-
                 und ein inneres Bedauern für        druck seiner eigenen Barmher-
                 seine Situation empfindet und       zigkeit mit uns. Er sieht unsere
                 deshalb praktische Hilfe leis-      Schwachheit, unsere Hilflosig-
                 tet. Gleichzeitig hat Barmher-      keit und unsere Bedürftigkeit.
                 zigkeit auch die Komponente,        Jesus beugt sich mit viel Mit-
                 dass die geleistete Hilfeleistung   gefühl zu uns herunter. Er will
                 unverdient ist. In dieser Hin-      keine Gegenleistung, keinen
                 sicht ist Barmherzigkeit ähnlich    Tauschhandel für die guten
                 wie Gnade. Dem Notleidenden         Dinge, mit denen er uns hilft.
                 wird geholfen, obwohl er es         Was sollten wir ihm auch ge-
                 nicht verdient hat.                 ben? Es ist der Reichtum an
                                                     Barmherzigkeit (Eph. 2, 4), auf
                 Im Neuen Testament sehen wir        den wir zurecht unsere Hoff-
                 immer wieder Jesus, der „reich      nung setzen können.
                 an Barmherzigkeit“ ist. Jesus ist
                 nicht abgehärtet oder stoisch       Jesus ist die fleischgewordene
                 im Angesicht von schwachen,         und sichtbare Barmherzigkeit
                 hilfsbedürftigen    Menschen.       Gottes. Das Neue Testament
                 Es muss sich auch nicht ge-         beschreibt den Reichtum Got-
                 legentlich zu Barmherzigkeit        tes in erster Linie nicht in Be-
                 durchringen. Nein, Jesus setzt      zug auf das, was er geschaffen
                 einen ganz neuen Standard.          hat und besitzt, sondern in Be-
                 Seine Barmherzigkeit kennt          zug auf die Art der Persönlich-
                 keine Grenzen. Er berührt den       keit, die er von Ewigkeit her ist.
                 Aussätzigen, er hilft den dä-       Aber noch spezifischer ist der
                 monisch Besessenen, er ist          Schwerpunkt des Neuen Testa-
                 barmherzig mit seinen eigenen       ments, dass der Reichtum von
                 Jüngern, die oft selbst noch        Gottes Herrlichkeit der Reich-
                 ziemlich hartherzig sind. Als       tum seiner Barmherzigkeit ist.
                 der verlorene Sohn gebrochen,       Gott hat die Welt erschaffen

28               JESUS SEHEN
Kleingruppenthema 1 | Lukas 18, 38-42; Lukas 17, 13-14; Markus 1, 41; Lukas 7, 13; Markus 9, 22
und erlöst, damit er „den Reichtum
seiner Herrlichkeit an Gefäßen der
Barmherzigkeit kundtut, die er im
Voraus zur Herrlichkeit bereitet hat“
(Röm. 9, 23). Göttliche Barmherzig-
keit ist weit mehr als nur „Mitgefühl“.
Es ist Mitgefühl und Gnade, die zu
der Handlung führt, dass derjenige,
der Barmherzigkeit erfährt, aus sei-
ner misslichen Lage befreit und zu
Wohlergehen gebracht wird. Was
würdest du von Jesus wünschen,
was er nicht hat? Du wirst im Uni-
versum niemanden finden, der dich
besser versteht, der mehr Mitgefühl
mit deiner Schwachheit hat, der
gnädiger und kompetenter ist, dir
zu helfen als Jesus.

                                          Fragen

                                          •   Was verbindest du damit,
                                              dass Jesus barmherzig ist?
                                              Ist Barmherzigkeit eher
                                              eine Schwäche oder Stärke
                                              für dich?

                                          •   Wo hast du Jesu Barmher-
                                              zigkeit in deinem Leben
                                              schon erlebt?

                                          •   Was löst es bei dir aus, zu
                                              wissen, dass Jesus dich voll-
                                              kommen versteht und dass
                                              Er nicht nur Mitgefühl mit
                                              dir hat, sondern dir auch
                                              konkret helfen will?

                                          Die Barmherzigkeit von Jesus        29
WEISHEIT   Die Weisheit von Jesus               ler Könige, der aufgrund seiner
                                                Weisheit unglaubliche Dinge
           Die Weisheit von Jesus be-           erreicht hatte (1. Kön. 10, 5). Je-
           gegnet uns auf jeder Seite der       sus stellt aber aufgrund dessen,
           Evangelien. Einfache Menschen        wer er ist, Salomo bei weitem
           fragen Jesus nach Lebensweis-        in den Schatten. Kein Wunder,
           heit, superschlaue Gelehrte          denn Jesus, der Erschaffer des
           fordern ihn mit kniffligen Prob-     Universums (Kol. 1, 16-17) besitzt
           lemen heraus. Am Ende des Ta-        die Weisheit Gottes selbst, und
           ges zeigt Jesus selbst auf, was      was der Psalmenschreiber über
           er seinen Jüngern weiter geben       die Weisheit, mit der die Welt
           will: „ich werde euch Mund und       erschaffen wurde, sagte, trifft
           Weisheit geben, der alle eure        auf Jesus zu:
           Widersacher nicht werden wi-
           dersprechen oder widerstehen               Wie zahlreich sind
           können.“ (Lk. 21, 15). Seine Weis-       deine Werke, o HERR!
           heit machte ihn zum Meister               Du hast sie alle mit
           jeder Situation.                           Weisheit gemacht,
                                                          die Erde ist
           Dabei besteht die Weisheit von           voll deines Eigentums.
           Jesus nicht darin, schlaue Sprü-                          (Psalm 104, 20)
           che zu klopfen. Alle Fragen, die
           an Jesus gestellt wurden, hatten     Dass Jesus perfekte Weisheit
           etwas damit zu tun, was man          besitzt, bedeutet, dass er sich
           angesichts der Großartigkeit         die besten Ziele ausgesucht
           Gottes glauben und wie man           hat: für sich selbst, für dich und
           leben sollte. Weisheit im bibli-     für die Führung des Univer-
           schen Sinn bedeutet, Gott und        sums. Und er hat die Fähigkeit
           die Welt ganz genau zu kennen        diese Welt so zu lenken, dass
           und Antworten auf komplexe           alle seine weisen Zielen erreicht
           Lebensfragen so zu geben, dass       werden.
           das Leben gelingt. Weisheit be-
           deutet, die besten Ziele zu wäh-     Wir sagen manchmal „wenn
           len und die besten Wege zu           ich Gott wäre, würde ich das
           finden, diese Ziele zu erreichen.    so oder so machen“. Aber jetzt
           In dieser Hinsicht besitzt Jesus     mal ganz ehrlich. Ist es nicht
           mehr als was mit menschlicher        so, dass Jesus keinen Ratgeber
           Weisheit möglich ist. Er ver-        braucht und seine Weisheit un-
           gleicht sich in Matthäus 12, 42      sere klugen Gedanken aber so
           mit Salomo, dem weisesten al-        richtig in den Schatten stellt?

30         JESUS SEHEN
Kleingruppenthema 2 | Matthäus 22, 4-6; Johannes 8, 48
Was fehlt an der Weisheit von Jesus,
unser Leben zum besten zu lenken,
dass wir ihm nicht schon unser Le-
ben anvertraut haben?

                                       Fragen

                                       •   Was sagst du zu der De-
                                           finition von Weisheit, wie
                                           sie hier beschrieben wird?
                                           Würdest du Weisheit auch
                                           so beschreiben?

                                       •   Wie geht es dir damit,
                                           Jesus zu vertrauen, dass Er
                                           die besten Ziele und Pläne
                                           für dein Leben hat?

                                       •   Wo brauchst du im Mo-
                                           ment Gottes Weisheit bzw.
                                           Seine Sicht der Dinge?

                                               Die Weisheit von Jesus    31
AUTORITÄT   Die Autorität von Jesus             nicht einmal innerhalb Israels,
                                                sondern auf heidnischem Terri-
            Als Jesus in die Welt kam,          torium. Die Autorität von Jesus
            beugte sich die gesamte Na-         ist uneingeschränkt und ihm
            tur seiner Autorität. Krankheit     sind alle geschaffenen Kräfte
            verschwand aufgrund seines          und Wesen untergeordnet.
            Befehls (Matt. 8, 8-9). Als auf
            dem See Genezareth ein ge-          Selbst am Kreuz ist Jesus im-
            fährlicher Sturm aufzieht und       mer noch in Kontrolle. Er be-
            das Boot fast sinkt, befiehlt Je-   stimmt, was wann geschieht.
            sus Wind und Wellen und sie         Seine Feinde sagen „Während
            gehorchen ihm (Matt. 8, 23-17).     des Passah-Fests darf er nicht
            In einer späteren Begegnung         festgenommen und getötet
            läuft Jesus auf dem aufge-          werden, damit es keine Auffuhr
            peitschten Wasser (Matt. 14,        unter dem Volk gibt“ (Matt. 26,
            22-33). Jesus begeisterte seine     5), aber Jesus bestimmt selbst
            Jünger damit nicht mit einem        den Zeitpunkt seines Todes:
            magischen Trick. Sein Laufen        „nach zwei Tagen [ist] das Pas-
            auf dem Wasser ist eine De-         sah, und der Sohn des Men-
            monstration souveräner Auto-        schen wird überliefert, um ge-
            rität über die Naturgewalten.       kreuzigt zu werden.“ (Matt. 26,
            Die Jünger wussten aus ihren        2). Während des Passah-Fests
            Studien im Alten Testament          sollte es sein, damit sein Opfer
            dass Autorität über die Natur-      als das ultimative Passah-Opfer
            gewalten (symbolisiert durch        erklärt werden kann und wäh-
            das Laufen auf dem Wasser)          rend des Passahs ist Jesus ge-
            tatsächlich nur Gott selbst hat:    storben – so wie er es wollte.
            „Er, der die Himmel ausspannt,
            er allein, der schreitet auf den    Selbst bei der Kreuzigung hat
            Wogen des Meeres“ (Hiob 9,          Jesus volle Autorität über der
            8). Wenn jetzt Jesus auf dem        Situation. Er ist auf keiner Wei-
            Wasser geht, ist es gut nach-       se von Pilatus abhängig, Jesus
            zuvollziehen, dass die Jünger       wäre nicht in dieser Situation,
            überwältigt davon sind. Selbst      wenn Gott, der Vater, das nicht
            die mächtigsten Dämonen,            wöllte. Pilatus hat nicht die
            die den Menschen Angst und          Kontrolle, sondern Gott. Das
            Schreckten versetzten, zittern      sieht man auch bei seinem Tod.
            vor Jesus und werden von ihm        Er entscheidet, wenn alles voll-
            durch ein einfaches Wort ver-       bracht ist. Er will bewusst die
            nichtet (Matt. 8, 28-34). Und das   Schrift erfüllen und bestim-

32          JESUS SEHEN
Kleingruppenthema 3 | Matthäus 8, 8-9; Matthäus 8, 27; Johannes 19, 10; Johannes 19, 29-30
men, wann er stirbt. Er ist früher ge-
storben als erwartet (vgl. Mk. 15, 44)
und es war nicht notwendig seine
Beine zu brechen, damit es schnel-
ler geht (vgl. Joh. 19, 33). Er hat al-
les vollbracht und konnte sterben,
niemand sonst hat das für ihn ent-
schieden (s.a. Joh. 10,17-18).

Wie genial ist es, einen Retter an
deiner Seite zu haben, dem alle
Umstände, alle Engel, alle Dämo-
nen untertan sind. Mit Leichtigkeit
übt er Autorität über alles geschaf-
fene aus.

                                          Fragen

                                          •   Wie findest du es, Jesus als
                                              den autoritären Herrscher
                                              der Welt zu sehen?

                                          •   Wie leicht fällt es dir, zu
                                              vertrauen, dass Jesus Auto-
                                              rität über allem in deinem
                                              Leben hat? Gibt es Berei-
                                              che, wo es dir besonders
                                              schwerfällt?

                                          •   Wie würde es dein Gebets-
                                              leben ändern, wenn du
                                              vollkommen überzeugt
                                              wärst, dass Jesus absolute
                                              Autorität hat?

                                                  Die Autorität von Jesus    33
OHNE SÜNDE   Die Sündlosigkeit von Jesus           enttäuschend es ist, wenn dich
                                                   ein Freund aufgrund von Cha-
             Wir sündigen so selbstverständ-       rakterschwäche im Stich lässt,
             lich wie wir atmen. Wir merken        dich anlügt, etc.? Das ist den
             es schon gar nicht mehr, wie          Leuten, die Jesus kannten, nie
             selbstzentriert unsere Gedan-         passiert. Er ist immer aufrichtig,
             ken, Gefühle und Taten sind.          ehrlich, hat immer dein Gutes
             Wir sündigen nicht nur, son-          im Sinn und ist innerlich er-
             dern haben ein Bewusstsein für        griffen und voller Freude über
             Sünde in vielerlei Hinsicht ver-      die Großartigkeit Gottes. Jesus
             loren. Wir haben gar keine Ah-        konnte zu Gott dem Vater sa-
             nung mehr, wie es sich anfühlt,       gen, „ich tue immer, was dir ge-
             davon ergriffen zu sein, Gott mit     fällt!“ (Joh. 8, 29).
             jeder Faser unseres Seins zu
             lieben und mit Freude für den         Und Jesus war sich des Wohl-
             Nächsten aufopferungsvoll da          gefallens, dass Gott an ihm hat-
             zu sein. Wir sündigen bewusst         te, jede Minute seines Lebens
             und unbewusst gegen den               bewusst. Es muss faszinierend
             nächsten, uns selbst und natür-       gewesen sein, Jesus als Mensch
             lich ultimativ gegen Gott (Ps. 51,    zu erleben, der immer freudig
             6). Wir sündigen so natürlicher-      den Willen Gottes getan hat
             weise, weil wir in Sünde gebo-        und charakterlich nie enttäu-
             ren sind (Ps. 51, 7) – das heißt,     schend war. In dieser Hinsicht
             weil wir von Geburt an durch          ist Jesus nicht nur Inspiration
             und durch sündhaft in unserer         für uns, sondern seine Sünd-
             Natur sind.                           losigkeit war Voraussetzung
                                                   dafür, der perfekte Mittler zwi-
             Ganz anders ist Jesus. Er ist der     schen uns sündigen Menschen
             einzige Mensch, der nie ge-           und dem Heiligen Gott zu sein:
             sündigt hat – und das, obwohl         als perfekter Hohepriester hat
             er Versuchung genauso wie             er uneingeschränkten Zugang
             wir erlebt hat (Hebr. 4, 15). Viel-   zu Gott dem Vater und alles,
             leicht denken wir, dass jemand,       was er vom Vater erbittet, tut
             der nicht sündigt, langweilig         dieser für seinen heiligen Sohn.
             ist. Aber das zeigt jedoch nur,
             wie verdreht unsere (sündigen)
             Vorstellungen sind. Jemand,
             der ohne Sünde ist, muss eine
             faszinierende Person sein. Hast
             du nicht auch schon erlebt, wie

34           JESUS SEHEN
Kleingruppenthema 4 | Hebräer 7, 26; 2. Korinther 5, 21; Johannes 8, 29; 1. Petrus 1, 18-19; 1. Petrus 2, 22
Fragen

•   Wie stellst du dir die Sünd-
    losigkeit von Jesus vor?
    Eher langweilig oder faszi-
    nierend?

•   Kannst du es dir vorstellen,
    völlig sündlos zu sein bzw.
    jeder Versuchung wider-
    stehen zu können?

•   Was löst die Aussage bei
    dir aus, dass Jesus „für uns
    Sünde geworden ist“?

    Die Sündlosigkeit von Jesus    35
JESUS ALS GOTT   Jesus als der allmächtige Gott          Und jedes Geschöpf, das im
                                                        Himmel und auf der Erde und
                 Die Frage, ob Jesus tatsäch-            unter der Erde und auf dem
                 lich menschgewordener Gott              Meer ist, und alles, was in ih-
                 war und ist, zählt nicht zu den        nen ist, hörte ich sagen: Dem,
                 nebensächlichen      Feinheiten         der auf dem Thron sitzt, und
                 Christlicher Theologie. Es ist das     dem Lamm den Lobpreis und
                 A und O des Christlichen Glau-          die Ehre und die Herrlichkeit
                 bens, denn Jesus will weit mehr        und die Macht in alle Ewigkeit!
                 als ein theoretisches Lippenbe-                            (Offenbarung 5, 13).
                 kenntnis zu seinem göttlichen
                 Ursprung. Er will Menschen zu          Jesus bekommt zurecht unbe-
                 einer freudigen Anbetung ihres         grenzte Anbetung, weil er ist,
                 Schöpfers wiederherstellen –           wer er ist: absolute und ultima-
                 und das bedeutet zur freudigen         tive Realität. Unerschaffen. Un-
                 Anbetung von ihm selbst.               abhängig. Ewig existent, bevor
                                                        er irgendwas in Existenz brach-
                 Es ist der Sohn Gottes, der die-       te. Quelle allen Lebens. Jesus
                 se Welt ins Leben gerufen hat.         sagt genau diese Dinge über
                 Nichts existiert, was er nicht         sich selbst, indem er sich selbst
                 geschaffen hat (Joh. 1, 3; Kol. 1,     mit den Worten „Alpha und
                 16). Christus ist nicht Teil der       Omega“ – eine Umschreibung
                 Schöpfung, die Schöpfung exis-         der ewigen Existenz Gottes –
                 tiert für ihn (Kol. 1, 16). Alles im   beschreibt:
                 geschaffenen Universum dreht
                 sich darum, dass Christus be-           Siehe, ich komme bald und
                 staunt, geehrt, angebetet und          mein Lohn mit mir, um einem
                 erhöht wird (Kol. 1, 17-18).            jeden zu vergelten, wie sein
                                                          Werk ist. Ich bin das Alpha
                 Deshalb beten alle Engel Jesus         und das Omega, der Erste und
                 an! Jesus ist nicht das Haupt            der Letzte, der Anfang und
                 unter den Engeln, die Gott an-                    das Ende.
                 beten. Er wird von allen Engeln          (Offenbarung. 22, 12-13 vergleiche mit
                 als Gott angebetet (Hebr. 1, 6).         Offb. 1, 8 – da werden diese Worte auf
                 Deshalb bekommt Jesus von                         Gott den Vater angewandt).
                 allen himmlischen Wesen den-
                 selben Lobpreis wie Gott der           Alpha und Omega sind das ers-
                 Vater:                                 te und der letzte Buchstabe im
                                                        griechischen Alphabet. Es gibt
                                                        nichts vor Alpha und nichts

36               JESUS SEHEN
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