Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich

Die Seite wird erstellt Peter Schaller
 
WEITER LESEN
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
Greenpeace –
ungemein nützlich
Einsatz und Verantwortung
für Umwelt und Gesellschaft

www . greenpeace . de
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
2                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  3

              Inhalt                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Vorwort

              Vorwort .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 03

              Wie alles begann: Greenpeace übernimmt Verantwortung. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 04

              Greenpeace bewahrt die Lebensgrundlagen für unsere Kinder. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 06
              Klima und Energie: Deutschland, Initiator der Energiewende – auch dank Greenpeace
              Wälder: Schutzgebiete rund um den Globus durchgesetzt
              Wasser: Hoffnung für belastete Flüsse
              Fischfang: Bestände vor Überfischung schützen

              Greenpeace schreibt Rechtsgeschichte.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 12
              Keine Patente auf Stammzellen: Sieg vor dem Europäischen Gerichtshof
              Keine Patente auf Pflanzen und Tiere – meint auch der Bundestag
              Gentechnik: Kennzeichnung auch dank Greenpeace                                                                                                                                                                                                                                                                                Im Jahr 2020 feiert Greenpeace Deutschland seinen            Greenpeace, wie die Welthungerhilfe und wie Amnesty
              Auskunftsrechte: Greenpeace stärkt die Transparenz – für alle                                                                                                                                                                                                                                                                 40. Geburtstag. Bereits der letzte runde Jahrestag war       International unendlich viel für die Verbesserung der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Anlass für eine Rückschau auf mehrere Jahrzehnte             Lebensbedingungen von Millionen von Menschen und
              Greenpeace gibt Anstöße für Technik, Wissenschaft und Bildung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16                                                                                                                                                                            erfolgreicher Arbeit für die Umwelt. Zum damaligen           für die Durchsetzung der Menschenrechte“, sagte der
              Natürlich und klimafreundlich kühlen: der Greenfreeze                                                                                                                                                                                                                                                                         Jubiläum schrieb der Tübinger Oberbürgermeister Boris        damalige Bundespräsident Horst Köhler am 27. März
              Cool durch Sonne: der SolarChill                                                                                                                                                                                                                                                                                              Palmer: „Die schlimmsten Auswüchse der sichtbaren            2009 in der Frankfurter Paulskirche anlässlich des
              Spritverbrauch halbieren: der SmILE                                                                                                                                                                                                                                                                                           Umweltzerstörung sind auch dank Greenpeace besei-            160. Jahrestages der ersten deutschen Verfassung.5
              Neue Erkenntnisse über Arktis und Antarktis: Expeditionen mit Wissenschaftler*innen                                                                                                                                                                                                                                           tigt.“1 74 Prozent der Deutschen fanden Greenpeace in        Umweltschutz gehört mittlerweile „zu den allgemein
              Umweltbildung für die Jugend: das „Nachhaltigkeitsbarometer“
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            seinem 30. Geburtst­agsjahr genauso wichtig oder sogar       akzeptierten gesellschaftlichen Aufgaben. An diesem
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            noch wichtiger als zur Zeit der Gründung. Wäre Green-        Wertewandel hat Greenpeace maßgeblichen Anteil“,
              Greenpeace leistet Katastrophenhilfe und -vorsorge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18                                                                                                                                                                                  peace eine Partei gewesen, hätte diese mit einem Stim-       meinte auch Hans-Werner Sinn, bis 2016 Präsident des
              Fukushima: Unabhängige Messungen zum Schutz der Bevölkerung                                                                                                                                                                                                                                                                   menanteil von 26 Prozent – bei den 18 bis 29-Jährigen        ifo-Instituts.6 Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte „vor
              Russland: Freiwillige im Einsatz gegen Waldbrände
              Bergwaldprojekt: Über eine Million neue Bäume
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            waren es sogar 30 Prozent – Aussicht auf Regierungsbe-       allem die kontinuierliche und fachkundige Sacharbeit,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            teiligung gehabt.2 Seit dem Jubiläum sind weitere starke     mit der Greenpeace zu den Diskussionen einzelner
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Kampagnen und Erfolge dazugekommen, um den Pla-              Themenfelder beiträgt“.7 Und der damalige Hamburger
              Greenpeace verändert den Markt.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            neten für unsere Kinder und Enkel bewohnbar und              Bürgermeister Olaf Scholz sagte 2013 anlässlich des
              Fischsortiment: Supermärkte denken um
              Anbaumethoden: Die Region Almería geht neue Wege
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            lebenswert zu erhalten.                                      Umzugs von Greenpeace Deutschland in die Hafencity:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         „Einsatz und Hilfsbereitschaft, bei Greenpeace oft ohne
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Allerdings hat sich Greenpeace Deutschland in den Jahr-      Furcht vor persönlichen Risiken und Konsequenzen –
              Mit Freiwilligen im Dienst der Gesellschaft .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 21
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            zehnten nicht nur Freund*innen und rund 590.000              sich einmischen und sich kümmern, entschlossen hel-
              Greenteams: Clevere Köpfe für die Umwelt
              Die Jugendarbeitsgruppen: Volle Power für unsere Erde
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Förder*innen3, sondern auch mächtige Feind*innen             fen und eindeutig Position beziehen, was sich ja nicht
              Die lokalen Greenpeace-Gruppen: Engagement vor Ort                                                                                                                                                                                                                                                                            gemacht. Darunter sind immer wieder einige, die der          widerspricht, sondern ergänzt: Das ist auch für unsere
              Die Team50plus: Lebenserfahrung für den Umweltschutz                                                                                                                                                                                                                                                                          Umweltschutzorganisation den Status der Gemeinnüt-           Stadt wichtig, und wir freuen uns, Greenpeace hier in
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            zigkeit entziehen möchten, um lästige Kritik zu              Hamburg zu haben.“8
              Chronik: Greenpeace-Erfolge für die Umwelt – eine Auswahl.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 27                                                                                                                                                              erschweren. Die Gemeinnützigkeit ist im deutschen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Recht mit einer Reihe von Erleichterungen verbunden,         Die Liste unserer umweltpolitischen Beiträge und
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            um die wichtige Arbeit von Nichtregierungsorganisatio-       Erfolge ist lang. In diesem Report können Sie sich einen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            nen (NGOs), von Vereinen und Verbänden zu fördern.           Eindruck von der Greenpeace-Arbeit verschaffen. Er
              Herausgeber Greenpeace e.V., Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg, T 040.30618-0, F 040.30618-100, mail@greenpeace.de,
              www.greenpeace.de Politische Vertretung Berlin, Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, T 030.308899-0 V.i.S.d.P. Dr. Dietmar Kress                                                                                                                                                                                                   So können Spender*innen ihre Beiträge zum Beispiel           stellt beispielhaft zusammen, wie Kampagnen von
              Autorinnen Alexandra Boehlke, Heike Dierbach, Kerstin Eitner, Michael Günther, Anja Oeck, Manfred Redelfs Redaktion Alexandra Boehlke, Heike                                                                                                                                                                                  von der Steuer absetzen.                                     Greenpeace positive Entwicklungen – nicht nur für die
              Dierbach Bildredaktion Sonja Umhang Produktion Birgit Matyssek Gestaltung Claudia Becker Fotos Titel: Ruben Neugebauer, Daniel Müller,
              Jens Küsters, Nick Cobbing, S.  4: Pierre Gleizes, Wolfgang Hain, S. 5: Martin Langer, Steve Morgan, S. 6: Stefan v. Stengel, S. 7: Greenpeace, S. 8:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Umwelt, sondern auch für die Gesellschaft – gefördert
              Steffen Hauser, S. 9: Qiu Bo, Wu Di, S. 10/11: Stephan Morgenstern, Guillaume Bassinet, Pierre Gleizes, S. 12/13: Paul Langrock (2), S. 14: Paul                                                                                                                                                                              Gemeinnützig ist eine Organisation laut Gesetz, „wenn        oder ausgelöst haben. Diesen Weg gehen wir unbeirrt
              Langrock, S. 15: Emile Loreaux, Axel Kirchhof, S. 17: Christian Åslund, S. 18/19: Christian Åslund , Noda Masaya, Andrea Gaspar-Klein,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf   weiter. Getreu unserem Motto: Taten statt Warten!
              S. 20: Angel Garcia, S. 21: Bernd Lauter, S. 22: Bernd Lauter, Bente Stachowske, S. 23: Fred Dott, S. 24: Greenpeace, S. 25: Bernd Lauter, S. 26:
              Bente Stachowske, Paul Langrock, S. 27: Robin Culley, Stefan v. Stengel, S.  28: Sabine Vielmo, Paul Langrock, S. 29: David Sims, S. 30: Fred Dott,                                                                                                                                                                           materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos
              Gordon Welters, S. 31: Jannes Stoppel, Daniel Müller, alle © Greenpeace Druck Druckerei Zollenspieker, Zollenspieker Hauptdeich 54,                                                                                                                                                                                           zu fördern“4 – unter anderem in den Bereichen Umwelt-        Roland Hipp
              21037 Hamburg Auflage 5000 Exemplare Gedruckt auf 100% Recyclingpapier Stand 03/2019
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            schutz, Verbraucherberatung oder bürgerschaftliches          Geschäftsführer Greenpeace e.V.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Engagement. Greenpeace ist gemeinnützig – auch viele
              Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende:                                                                                                                                                                                                                                                             Repräsentant*innen aus Politik und Gesellschaft erken-       Martin Kaiser
              GLS Gemeinschaftsbank eG, IBAN DE49 4306 0967 0000 0334 01, BIC GENODEM1GLS                                                                                                                                                                                                                                                   nen das an: „Schon heute leisten Institutionen wie           Geschäftsführer Greenpeace e.V.

 itelbilder
T
2018, Deutschland: Jugendliche protestieren für mehr Klimaschutz (oben links); 2016, Deutschland: Transparenter Lesesaal (oben
rechts); 2000, Deutschland: TBT-Protest (unten links); 2009, Arktis: Wissenschaftler messen die Dicke des Meereises (unten rechts)
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
4                                                                                                                                                                                                                                                    5

    Wie alles begann: Greenpeace
    übernimmt Verantwortung
    Als Greenpeace 1971 in Kanada gegründet wurde, war
    die Haltung vieler Länder zu Umweltschutz und
    gemeinsamer Verantwortung noch eine ganz andere als
    heute. Fast alle Staaten pochten auf ihre Souveränität
    und hielten sich für gänzlich frei, Landschaften und
    Naturschätze auszubeuten, zu verbrauchen oder zu rui-
    nieren. Die Ozeane, die Atmosphäre und das Klima
    galten als „gemeinfrei“, das heißt: Jeder Staat hielt sich
    für berechtigt, damit auf dem eigenen Territorium nach
    Belieben umzugehen. Eine gemeinsame Verantwortung
    wurde kaum anerkannt. Allein die Hohe See war
    gerade als gemeinsames Erbe der Menschheit entdeckt
    worden – aber zunächst nur, um die Bodenschätze der
                                                                                                                                                                            Die „MV Greenpeace“ 1988 beim Einsatz während der Antarktis­
    Tiefsee aufzuteilen. Die Atmosphäre, der Fischreichtum                                                                                                                kampagne: Greenpeace engagiert sich ab 1983 für den Schutz der
    der Meere, die Artenvielfalt und die großen Waldge-          Greenpeace-Aktionen (1981) gegen Atommüllentsorgung                                                      sensiblen Region – 1991 wird der Schutzvertrag beschlossen.
    biete wurden nicht zum gemeinsamen Erbe gezählt.             im Meer (oben, seit 1993 endgültig verboten) und gegen
                                                                 dioxinhaltige Emissionen bei „Boehringer“ (unten, wenige                                                   1999: Greenpeace-Protest im Hamburger Hafen gegen giftiges TBT
                                                                 Jahre später wird die Chemiefabrik geschlossen).                                                         in Schiffsfarben – 2001 wird ein Verbot der Substanz entschieden.
    Entsprechend verhielten sich viele Staaten: Atombom-
    benversuche belasteten mit radioaktivem Niederschlag
    die Atmosphäre, Atommüll wurde einfach in Fässern in
    die Nordsee gekippt, Dünnsäure im Meer verklappt.            zung die Umwelt nicht zerstört. Und die verbotene          International, Greenpeace und dem Roten Kreuz par-           erschienen – auch dazu beigetragen, nationale und inter-
    Wale und Seehunde wurden hemmungslos gejagt,                 Umweltbelastung kann und muss er mit seinem Gewalt-        tielle Völkerrechtssubjektivität zu.10 Der angesehene        nationale Gesetze weiterzuentwickeln. Besonders wich-
    Industrieabgase belasteten die Menschen und verkürz-         monopol unterbinden. (…) Die Verletzung der Pflicht zur    Völkerrechtler Knut Ipsen begründet das mit der              tige gesetzliche Folgen des Greenpeace-Engagements sind
    ten die Lebenserwartung. Die Auswirkungen dieser             Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen des             Wahrnehmung von Kontroll-, Überwachungs- und                 der Antarktis-Schutzvertrag (1991), das Versenkungsver-
    Abgase überschritten Landesgrenzen und gefährdeten           Menschen erschüttert die Legitimität des Staates und       Implemen­tierungskompetenzen: „Dabei kommt es nicht          bot für Ölplattformen (1998) oder das Verbot des giftigen
    die Lebensgrundlagen in ganzen Regionen, wie dies            der freiheitlichen Verfassung“, so der Staatsrechtler      darauf an, dass tatsächlich die Möglichkeit der Durch-       Schiffsanstriches TBT (2001). Beispiele aus jüngerer Zeit
    zuvor nur große Kriege vermocht hatten. Bereits damals       Dietrich Murswiek.9                                        setzung gegeben ist. Voraussetzung ist vielmehr eine         sind unter anderem Urteile, die die Rechte der deut-
    war dies mit den Menschenrechten – und damit auch                                                                       Trägerschaft völkerrechtlicher Rechte und/oder Pflich-       schen Bürger*innen gegenüber Atomkonzernen stärken
                 mit dem Völkerrecht – kaum vereinbar.           Greenpeace nahm die Unverantwortlichkeit vieler Staa-      ten, die ein Minimum an Beachtung finden oder denen          – so etwa die Entscheidung des Schleswig-Holsteini-
                    Denn die Ausübung der Menschenrechte         ten nicht hin. Die Organisation wollte nicht, wie viele    zumindest die Chance der Beachtung zukommt. (…) Die          schen Oberverwaltungsgerichts 2013, die Genehmigung
                    setzt voraus, dass eine gesunde, lebens-     zuvor, in einer Opferrolle verharren, sondern begann       tatsächlichen Einflussmöglichkeiten dieser als internatio-   für das Zwischenlager Brunsbüttel aufzuheben. Grund
                 werte und vielgestaltige Umwelt erhalten        couragiert, unsere Lebensgrundlagen zu verteidigen.        nale Interessenverbände wirkenden Organisationen sind        sind die nicht berücksichtigten Risiken durch mögliche
            bleibt.                                              Dafür nahmen die Aktivist*innen notfalls auch Kon-         nicht zu unterschätzen.“11                                   Terrorangriffe.13 Greenpeace wird regelmäßig zu inter-
            Die Staaten waren dabei in gewisser Weise auch       frontationen in Kauf, sei es mit den Regierungen der                                                                    nationalen Konferenzen eingeladen, von Parlamenten
            blind für ihre eigene Legitimität, ihre Existenz-    USA, Frankreichs, der Sowjetunion oder Deutschlands.       Der ehemalige Präsident des Internationalen Seegerichts-     angehört und auch vom Bundesverfassungsgericht als
            berechtigung. Denn Staaten existieren nicht um       Schiffe wurden gechartert, um auf der Hohen See und        hofs in Hamburg, Rüdiger Wolfrum, betonte, dass das          sachkundiger Dritter zur Stellungnahme14 aufgefordert.
           ihrer selbst willen. Ihre Legitimation hängt          in den Polarregionen präsent zu sein, Umweltverbre-        Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen eine           Die Organisation stößt nicht nur Diskussionen an und
          davon ab, dass sie dem Staatszweck gerecht wer-        chen zu recherchieren und sie für die Öffentlichkeit zu    aktive Beteiligung von Greenpeace und anderen NGOs           begleitet sie mit Expertise, sie unterstützt die Kläger
           den. Dazu gehören die Friedensfunktion und die        dokumentieren. All dies war neu und unterschied sich       an der Durchsetzung des Umweltschutzes im Völker-            auch juristisch. Greenpeace ist überparteilich und finan-
           Sicherheit ihrer Bürger, die Freiheitsgewährleis-     von den traditionellen Umwelt- und Naturschutzverbän-      recht möglich gemacht habe. So hätte der Konflikt zwi-       ziell unabhängig von Politik, Parteien und Industrie.
            tung, der soziale Ausgleich und, spätestens seit     den, die sich mehr auf die Bewahrung nationaler            schen Shell und Greenpeace um die Versenkung der             Alle Einzelspenden ab 5000 Euro werden geprüft. Stam-
             dem Zweiten Weltkrieg, auch die Bewahrung           Schutzgebiete und Umweltgüter beschränkten.                Ölplattform „Brent Spar“ (1995) auch von beiden Kontra-      men sie von Unternehmen, wird die Summe abgelehnt
               der natürlichen Lebensgrundlagen des Men-         Ganz entscheidend für die Erfolge und die Glaubwür-        henten gemeinsam dem Internationalen Seegerichtshof          und zurücküberwiesen. Rund 590.000 Fördermitglieder
                schen. „Allein der Staat ist aufgrund seines     digkeit von Greenpeace war – und ist – die strikte         zur Entscheidung vorgelegt werden können.12 Als „parti-      sind die finanzielle Basis von Greenpeace – und eine
                 Rechtsetzungsmonopols in der Lage, über         Gewaltfreiheit sowie die völlige Unabhängigkeit von        elles Völkerrechtssubjekt“ nimmt Greenpeace zweifels-        große und wirksame Bürgerinitiative für die ökologische
                     Art und Umfang der Umweltnutzung und        Politik, Parteien und Unternehmen. Aber auch der wis-      frei Gemeinwohlaufgaben im Rahmen der Völkerrechts-          Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.
                      Umweltbelastung zu entscheiden. Somit      senschaftliche Ernst überzeugt viele, selbst Gegner.       gemeinschaft wahr – ein einzelner Staat kann das kaum
                       trifft ihn auch die Verantwortung         Aktionen geben Impulse für das Völkerrecht. Dieses         noch in Frage stellen. Immer wieder haben Green-             Michael Günther
                         dafür, dass die erlaubte Umweltnut-     gesteht Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty          peace-Aktionen – selbst, wenn sie zunächst rechtswidrig      Rechtsanwalt
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
6                                                                                                                                                                                                                                                 7

    Greenpeace bewahrt die Lebens­
    grund­lagen für unsere Kinder
    Die globalen sozialen und ökologischen Probleme können heute nicht mehr von Nationalstaaten
    allein bewältigt werden. Internationalen Nicht­regierungsorganisationen wie Greenpeace fällt deshalb
    eine immer wichtigere Rolle zu. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag, um Missstände öffentlich
    zu machen, Verantwortliche zu benennen und Vorschläge für Lösungen zu unterbreiten, die das
    Gemeinwohl an die erste Stelle setzen. Dabei haben erfolgreiche Kampagnen in einem Land oft
    Signalwirkung für andere Regionen.

                                                                                  Bereits 1986 setzen Green­
                                                                                  peacer*innen am Bauzaun der
                                                                                  damals geplanten „Wiederauf-
                                                                                  arbeitungsanlage“ für Atommüll in
                                                                                  Wackersdorf ein Zeichen gegen           Nach dem 2011 für Deutschland beschlossenen Atomausstieg ist der nächste dringliche Schritt auf dem Weg in eine
                                                                                  Atomkraft und für erneuerbare           sichere und saubere Energiezukunft der Kohleausstieg: Greenpeace engagiert sich für einen ehrgeizigen Fahrplan zum
                                                                                  Energien.                               Ausstieg aus der Kohle, oft in einem breiten Bündnis wie im Herbst 2018 in Hambach.

    Klima und Energie: Deutschland,                          Und heute? Heute haben die Erneuerbaren Energien             wollten, ungeachtet der politischen und gesellschaftli-    stieg gegangen worden, und nach Jahren des Stillstandes
    Initiator der Energiewende –                             einen Anteil von rund 36 Prozent am Bruttostromver-          chen Mehr­heits­meinung, weiter mit alten Atomkraft-       kommt wieder Bewegung in die klimapolitische Debatte
    auch dank Greenpeace                                     brauch.16 Dieser Beitrag soll bis zum Jahr 2025 auf 40 bis   werken Profit machen. Das Bundesverfassungsgericht         Deutschlands. Als Greenpeace 2008 erstmals ein konkre-
    Als eine der ersten Organisationen setzte sich Green-    45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen.       forderte Greenpeace als sachkundigen Dritten zur Stel-     tes Kohleausstiegsgesetz27 vorlegte, erschien ein Ausstieg
    peace in Deutschland für den Ausbau erneuerbarer         Bis 2050 will die Bundesregierung sogar einen Anteil         lungnahme auf. Die Entscheidung22, die das Bundes-         aus der klimaschädlichen Kohle den meisten noch voll-
    Energien ein. Schon 1986, nach der Reaktorkatastro-      von mindestens 80 Prozent erreichen.17 Viele Länder          verfassungsgericht 2016 traf, stimmte in wesentlichen      ständig undenkbar.
    phe von Tschernobyl und bei Aktionen gegen die           schauen auf Deutschland – darauf, ob der „deutsche           Punkten mit der Stellungnahme23 von Greenpeace
    geplante „Wiederaufarbeitungsanlage“ in Wackersdorf,     Weg“ für mehr Klimaschutz und hin zu einer erneuer­          überein, an mehreren Punkten bezog sich das Gericht        Wälder: Schutzgebiete rund um den
    stand auf Greenpeace-Transparenten: „Wir setzen auf      baren Energiezukunft gelingt. Greenpeace agiert über         zudem explizit auf die Äußerungen von Greenpeace und       Globus durchgesetzt
    die Sonne“ und „Sonne statt Plutonium“. 1990 schickte    natio­nale Grenzen hinweg: 2007 legte die Organisation,      stützte seine Entscheidung auch auf die Ausführungen       Holzeinschlag, oft illegal, Brandrodung sowie die
    Greenpeace eine schwimmende Ausstellung zu regene-       gemeinsam mit dem Dachverband der Europäischen               von Greenpeace. Aufgrund seines Engagements erfuhr         Umwandlung in Ackerland, vor allem für den Futter-
    rativen Energien auf eine Tour über deutsche Flüsse      Erneuerbaren Energien-Industrie, erstmals einen Master-      Greenpeace in dem Verfahren viel Anerkennung.              mittelanbau und die Papierherstellung, sind die Haupt-
    und Kanäle. 1991 folgte eine weitere Ausstellung,        plan für eine globale Energiewende vor.18 Der ehemalige      Greenpeace zeigte früh: In Deutschland ist die vollstän-   ursachen für den Waldverlust. Er betrifft uns alle, denn
    „Zukunft Sonne“. Die Skepsis in Politik und Wirt-        Vorsitzende des Internationalen Klimarates IPCC, Rajen-      dige Energiewende bis 2050 möglich.24 Der Be­schluss,      Wälder haben eine zentrale Funktion im Klimasystem
    schaft war damals groß: Nie würden Sonne, Wind und       dra Pachauri, lobte die „inspirierende Analyse“.19 Der       aus der Atomenergie auszusteigen, war ein erster,          der Erde. Greenpeace stellt sich der Abholzung entge-
    Wasser mehr als ein paar Prozent des Energiebedarfs      damalige EU-Energiekommissar Günther Oettinger               wesentlicher Schritt in Richtung einer sicheren Energie-   gen, rund um den Globus. Viele Waldgebiete stehen
    decken können, so die landläufige Meinung. Doch          nannte später eine überarbeitete Version des Energiekon-     zukunft. Der nächste ist der Ausstieg aus der Kohle. Er    heute auch deshalb unter Schutz oder sind überhaupt
    Greenpeace ließ sich nicht beirren: Immer wieder erin-   zeptes „seriös und frei von Ideologie“.20                    ist zentraler Baustein, mit dem Deutschland die 2015 im    noch vorhanden, weil Greenpeace immer wieder protes-
    nerte die Organisation mit großen Kampagnen an die       2011 bestätigte die damalige CDU/CSU/FDP-Bundesregie-        Klimaabkommen von Paris vereinbarten Ziele erreichen       tiert, informiert und verhandelt hat, auch mit der Unter-
    Gefahren von Atomkraft und Kohleverbrennung, legte       rung den – zwischenzeitlich zurückgenommenen –               kann. Greenpeace gestaltet diesen Weg aktiv mit: Als       stützung von Greenpeace Deutschland. Eine Auswahl:
    Lösungsvorschläge vor, wie Energiewende und Klima-       Atomausstieg, denn: Der mehrfache Super-GAU in               Mitglied der 2018 von der Bundesregierung eingesetzten
    schutz in Deutschland gelingen können, berechnete        Fukushima hatte erneut gezeigt, dass diese Technik           Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäf-          Finnland und Russland
    konkrete Szenarien15, überzeugte Verantwortliche in      unbeherrschbare Risiken birgt. Acht deutsche Atom-           tigung”, kurz Kohlekommission25, setzte sich Greenpeace    Die nordischen borealen Wälder bilden das größte
    Politik und Wirtschaft. Dabei gingen die Organisation    kraftwerke mussten zeitnah ihren Betrieb einstellen, die     zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen               Waldökosystem der Erde. Seit 2000 hat sich Greenpeace
    und die Greenpeace-Aktivist*innen oft Risiken ein, sie   restlichen wurden und werden sukzessive bis 2022 abge-       Akteur*innen für einen konkreten Fahrplan für den          ge­meinsam mit den Ureinwohner*innen Nordfinn-
    wurden angefeindet und mit rechtlichen Konsequen-        schaltet.21 Die Energiekonzerne E.on, RWE und                Kohleausstieg ein. Anfang 2019 ist mit dem erzielten       lands, den Sámi, für den Erhalt dieser letzten Naturpa-
    zen bedroht.                                             Vattenfall legten Verfassungsbeschwerde ein: Sie             Kompromiss26 ein erster Schritt in Richtung Kohleaus-      radiese engagiert.
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
8                                                                                                                                                                                                                                                   9

    Ab 1997 engagierte sich Greenpeace auch in Deutschland mit den Ureinwohner*innen der Region für den Erhalt des        2011: Ein Greenpeacer nimmt Abwasserproben an einer chinesischen Textilfabrik – 2018 sind 80 Unternehmen der
    Great-Bear-Regenwaldes in Kanada. Seit 2016 sind 85 Prozent der bewaldeten Fläche des Regenwaldes geschützt.          Forderung von Greenpeace auf Entgiftung gefolgt.

    Greenpeace-Aktivist*innen überstanden harte Kon­            Indonesien                                                damit die Rinderhaltung – auf die Wälder Brasiliens          nationalen Verband der Sojahändler. Die Entwaldungs-
    frontationen mit der finnischen Holzindustrie und pro-      In Südostasien werden Regenwälder abgeholzt, vor          hat, zeigte Greenpeace 2009 mit umfangreichen Karten-        rate hat sich zwischen 2005 und 2012 verringert.38
    testierten auf der Ostsee gegen Papierlieferungen von       allem, um Ölpalmplantagen Platz zu machen. Die            und Hintergrundmaterialien.35 In einer weltweiten            Gerade das Sojamoratorium sowie das Rinderabkom-
    Urwaldholz aus der Region. Waldexpert*innen der             Rodung der Wälder, die oft auf meter­dicken Torfböden     Kampagne informierte die Organisation Fleisch- und           men, für die Greenpeace Deutschland jeweils intensiv
    Umweltschutzorganisation leisteten Überzeugungs­            stehen, in denen enorme Mengen Kohlenstoff gespei-        Lederabnehmer wie Walmart, Adidas und Nike.                  gearbeitet hat, haben dazu beigetragen.39
    arbeit bei großen Verlagen wie Burda, Bauer, Axel           chert sind, ist besonders dramatisch für das Klima.32     Greenpeace-Ehrenamtliche standen vor Filialen in             Es bleibt allerdings viel zu tun, denn in den letzten Jah-
    Springer, Spiegel und Gruner + Jahr. Mit Erfolg: 2009       Dazu kommt, dass Tierarten wie der Orang-Utan mit         Deutschland und klärten die Öffentlichkeit auf. Die          ren hat die Entwaldung wieder deutlich zugenommen:
    und 2010 stellte die finnische Regierung 250.000            den schwindenden Wäldern ihren Lebensraum verlie-         angesprochenen Firmen reichten den Druck an die              Umweltschutz verlor an Priorität, bestehende Vorschrif-
    Hektar Wald unter Schutz.28                                 ren. Das billige Öl der Ölpalmen landet in Lebensmit-     richtigen Stellen weiter, mit Erfolg: Die größten            ten und Gesetze wurden von den zuständigen Institutio-
                                                                teln, Kosmetika und im Kraftstoff.                        Rinderzuchtunternehmen Brasiliens einigten sich mit          nen nicht mehr ambitioniert, konsequent und wirksam
    Und in Russland trugen Greenpeace-Aktivist*innen            Mit der Waldschutzkampagne „Nestlé, give the orang-       Greenpeace, keine Rinder mehr zu beziehen, die auf           umgesetzt. 40 Anlass zur Hoffnung auf Umkehr des
    dazu bei, dass der Kalevalski-Urwald 2006 zum Natio-        utan a break“ (Nestlé, gib dem Orang-Utan eine Pause)     neu gerodeten Regenwaldgebieten gezüchtet wurden.36          negativen Trends gibt es derzeit nicht, im Gegenteil:
    nalpark erklärt wurde. Sie setzten sich direkt vor Ort      gab Greenpeace 2010 einen ersten Impuls zum               Aber auch die Futtermittelherstellung frisst den Wald,       Unter der 2019 neu angetretenen Regierung Brasiliens
    für den Schutz des Waldes ein und protestierten an          Umdenken. Nestlé erklärte damals, künftig auf Palmöl      Millionen Hektar fielen ihr in Brasilien in den letz-        wächst der Druck auf die Wälder und die Menschen,
    Holzfrachtern mit russischem Urwaldholz in deutschen        und Papier aus Regenwaldzerstörung zu verzichten, und     ten Jahrzehnten zum Opfer. Soja wird in Europa an            die in ihnen leben.
    Häfen. Greenpeace kämpfte über zehn Jahre für den           2011 schwenkte auch der große Palmölproduzent und         Schweine, Rinder und Hühner verfüttert oder landet
    Kalevalski-Urwald.29                                        Lieferant von Nestlé, Golden Agri Resources, um.33 In     als sogenannter Biodiesel in den Tanks. 2006 erreichte       Wasser: Hoffnung für belastete Flüsse
                                                                der Folgezeit trugen weitere Greenpeace-Kampagnen                            Greenpeace, dass führende Sojakon-        Im Zuge der Globalisierung wird die Produktion von
    Kanada                                                      dazu bei, dass sich mehrere Konzerne – darunter                                  zerne einem zweijährigen Mora-        Waren aus den Ländern des globalen Nordens in andere
    Mit 6,4 Millionen Hektar ist der Great-Bear-Regenwald       Ferrero, L’Oréal, Procter&Gamble, Unilever und der                                 torium zustimmten, das in den       Regionen der Welt verlagert. Mit der Produktion hält
    in British Columbia der größte gemäßigte Küstenregen-       indonesische Papierkonzern Asia Pulp and Paper – dazu                                Folgejahren mehrfach verlän-      auch die Umweltverschmutzung Einzug, vor allem
    wald der Erde. Ab 1997 engagierte sich Greenpeace           verpflichteten, ihre Produkte nicht länger auf Kosten                                gert wurde. Es beinhaltet ein     durch die Einleitung von Chemikalien in Gewässer.
    gemeinsam mit den Ureinwohner*innen für seinen              der Regenwälder herzustellen. Wie viel Kampagnenar-                                  Handelsverbot mit Soja von        Giftstoffe, die in Europa nicht mehr erlaubt sind, gelan-
    Erhalt. 2009 stellte die kanadische Regierung 2,1 Millio-   beit aber noch vor uns liegt, bis die Versprechen umge-                              neu gerodeten Regenwald­­         gen ins Abwasser und gefährden besonders die lokale
    nen Hektar dauerhaft unter Schutz und sperrte weitere       setzt sind, zeigt eine Greenpeace-Analyse 2018.34                                   flächen. Seit 2016 gilt das        Bevölkerung, Beispiel China: Schätzungsweise die
    700.000 Hektar für Bergbau und Forstwirtschaft.30 2016                                                                                               Abkommen dauerhaft.37         Hälfte der Oberflächengewässer des Landes war Anfang
    konnte dann nach weiteren Verhandlungen die endgül-         Brasilien                                                                                    Vorausgegangen waren      der 2010er Jahre verschmutzt. Allein in den Jangtse
    tige Einigung erzielt werden: 85 Prozent der bewaldeten     Der Regenwald Amazoniens ist eines der größten                                                  viele Aktionen, auch   wurden zu der Zeit jedes Jahr 30 Milliarden Tonnen
    Fläche des Great-Bear-Regenwaldes sind nun vor der          zusammenhängenden Waldgebiete der Erde und eine                                                   in Deutschland,      teils ungeklärter Abwässer eingeleitet – aus seinem
    Säge geschützt.31                                           wichtige Klimaanlage des Planeten. Welche enormen                                                 und zähe Verhand-    Delta beziehen die 20 Millionen Einwohner*innen der
                                                                Auswirkungen besonders der Fleischkonsum – und                                                   lungen mit dem        Stadt Shanghai zugleich ihr Trinkwasser.41
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
10                                                                                                                                                                                                                                               11

     Auch Levi’s hat sich 2012 verpflichtet, gesundheits- und umweltschädliche
     Chemikalien bis 2020 aus der Produktion zu verbannen – Greenpeace-
     Aktionstage direkt vor den Modeläden dürften bei der Entscheidung
     geholfen haben.                                                                                                                                 Greenpeace setzt sich für eine nachhaltige Fischerei ein:
                                                                                                                                                     2012 protestieren Aktivist*innen rund 20 Kilometer vor der
                                                                                                                                                     senegalesischen Küste vor einem russischen Fischtrawler
                                                                                                                                                     gegen die Ausbeutung der Meere. Nachdem die Regie-
                                                                                                                                                     rung noch im selben Jahr 29 Lizenzen für ausländische
     2010 und 2011 untersuchte Greenpeace Abwasserpro-
                                                                                                                                                     Fangschiffe einzog, haben die lokalen Fischhändler*innen
     ben aus den Textilfabriken Youngor Textile Complex                                                                                              wieder ein reichhaltigeres Angebot.
     und Well Dyeing Factory Ltd., Ergebnis: Beide Produk­
     tionsstätten leiteten eine Reihe gefährlicher und langle-
     biger Chemikalien in den Jangtse ein. Die Stoffe, die
     den Hormonhaushalt schädigen oder krebserregend             Erfolg zeigte die Kampagne auch auf politischer Ebene:     Die Detox-Kampagne von Greenpeace hat einen tiefgrei-       Aktionen vor Mauretanien und dem Senegal sowie
     sind, lassen sich selbst durch moderne Abwasserbe-          So wurde beispielweise sichergestellt, dass 2013 stren-    fenden Wandel in der Bekleidungsindustrie ins Rollen        zahlreiche Gespräche mit Politikern blieben nicht ohne
     handlungsanlagen, wie sie die Youngor-Fabrik betreibt,      gere Schadstoffkontrollen bei der Textilproduktion in      gebracht – das erkennen selbst Industrie und Handels-       Wirkung. Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten des
     nicht vollständig entfernen. Beide Firmen produzierten      Chinas Fünfjahresplan Eingang fanden. 45                   verbände an.50                                              Senegal sagte Macky Sall: „Wir sind uns der schwieri-
     für Marken wie Adidas, Calvin Klein, Converse, H&M,         Auch für Deutschland ist das Thema relevant. Denn die                                                                  gen Lage (für unsere Fischer) bewusst (…) und haben
     Lacoste, Nike und Puma.                                     mit den Textilimporten ins Land gelangten Rückstände       Fischfang: Bestände vor                                     mit Greenpeace (…) über das Problem gesprochen (…),
     Die Recherchen von Greenpeace mündeten 2011 in den          der Gifte werden teilweise mit dem Waschwasser in          Überfischung schützen                                       wir werden dringende Maßnahmen ergreifen, um das
     Report „Schmutzige Wäsche“ und bildeten den Auftakt         unsere Gewässer gespült. Christoph Schulte, 2012 Leiter    Für die kleinen Fischer Westafrikas sind die Fisch-         Thema anzugehen.“ Wenige Wochen später, nachdem
     einer mehrjährigen Detox-Kampagne für eine saubere          des Fachgebiets Chemikalien beim Umweltbundesamt,          gründe vor den eigenen Küsten eine wichtige Lebens-         Sall zum Präsidenten gewählt worden war, zog die
     Produktion von Kleidung. 42 Hunderttausende engagier-       sagte zu den Ergebnissen des Greenpeace-Reports: „Sie      grundlage und einzige Quelle zur Versorgung mit             Regierung 29 Lizenzen für ausländische Fangschiffe
     ten sich weltweit und erinnerten die Markenhersteller       zeigen uns auch noch mal, dass wir bisher (…) unter-       Eiweiß. Seit Jahren jedoch sind riesige, auch europäi-      ein51 – mit enorm positiven Auswirkungen auf die
     an ihre Verantwortung. Greenpeace-Aktivist*innen pro-       schätzt haben, was aus den Textilien tatsächlich noch in   sche Industrietrawler vermehrt an diesen Küsten unter-      Fänge der kleinen Fischer.52
     testierten vor Filialen der Firmen, in Deutschland und      die Gewässer geht an Nonylphenol. Wir lagen da niedri-     wegs, um, zum Teil legal und von EU-Geldern subven­
     weltweit. Die Folge: Als Erstes gaben Sportartikelher-      ger. Und das (…) erklärt uns auch, dass wir den Stoff      tioniert, Fisch zu fangen, denn: Die europäischen Meere     Laut der Welternährungsorganisation sind weltweit
     steller wie Adidas, Puma und Nike bereits im Sommer         regulieren müssen!“46                                      sind bereits überfischt. Die Trawler sind bis zu 140        rund 60 Prozent der Speisefischbestände bis an die
     2011 bekannt, bis 2020 auf gefährliche Chemikalien in       Greenpeace weitete die Detox-Arbeit aus: 2014 wurden       Meter lang und hoch technisiert.                            Grenze genutzt und rund 33 Prozent überfischt oder
     der Produktion verzichten zu wollen. Insgesamt haben        Textilien aus deutschen, österreichischen und schweizer                                                                bereits erschöpft – es wird mehr gefangen als nach-
     sich bis Ende 2018 auf Druck der Kampagne 80 Textil-        Supermärkten und Discountern getestet. 47 Besonders        2011 unterstützte Greenpeace Deutschland mit fachli-        wächst.53 Auch Verbraucher*innen tragen Verantwor-
     marken und strategisch wichtige Zulieferer zu einer         Kinderschuhe sind mit gesundheitsgefährdenden Che-         cher Expertise die Kampagnenentwicklung des Green-          tung für den Erhalt der Lebensgrundlagen und kön-
     giftfreien Produktionsweise bekannt. 43                     mikalien belastet.48 Mit immer wieder aktualisierten       peace-Büros in Dakar, Senegal. 2012 begann dort die         nen durch ihr Einkaufsverhalten zum Schutz der
     Greenpeace war nicht immer zufrieden mit der konkre-        Greenpeace-Ratgebern erhalten Verbraucher*innen seit       Meeresarbeit mit einer Schiffstour der „Arctic Sunrise“     Meere beitragen. Seit 2008 gibt ein immer wieder
     ten Umsetzung der Schritte hin zur sauberen Produk-         2014 Orientierung für den Einkauf von Textilien und        vor der westafrikanischen Küste, mit der sich die           aktualisierter Fischratgeber von Greenpeace den Kon-
     tion und fasste in den Jahren teils hartnäckig – und        einen Überblick, welche Textilsiegel wirklich eine nach-   Umweltorganisation für eine nachhaltige Fischerei           sument*innen Informationen für einen nachhaltigen
     erfolgreich – nach, zum Beispiel bei Adidas.44              haltige Produktion gewährleisten. 49                       einsetzte.                                                  Fischeinkauf.54
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
12                                                                                                                                                                                                                                                     13

                                                                                                                                          Keine Patente auf Leben!
                                                                                                                                       Greenpeace-Aktivist*innen
                                                                                                                                        protestieren 2004 vor dem
                                                                                                                                   Deutschen Bundestag in Berlin
                                                                                                                                  anlässlich einer Abstimmung zur
                                                                                                                                        nationalen Umsetzung der
                                                                                                                                           EU-Genpatentrichtlinie.

                                                                                                                                      2001 legen Greenpeace und
                                                                                                                                  Misereor gemeinsam Einspruch
                                                                                                                               gegen ein Patent der Firma DuPont
                                                                                                                                  auf traditionelle Maissorten ein.
                                                                                                                                  Sie kritisieren die „Biopiraterie“
                                                                                                                                        des Konzerns – das Patent
                                                                                                                                                 wurde widerrufen.

                                                                                                                               Wassergehalt über traditionell gezüchteten indischen        Gentechnik: Kennzeichnung
                                                                                                                               Weizen bis zum genmanipulierten Fisch. Greenpeace           auch dank Greenpeace
                                                                                                                               engagierte sich seit 1990 gegen diese Praxis, oft gemein-   Vier Fünftel der Deutschen lehnen Agrogentechnik ab:
                                                                                                                               sam mit kirchlichen Verbänden, Landwirten oder ande-        79 Prozent der Befragten stimmen in der „Naturbe-

     Greenpeace schreibt
                                                                                                                               ren Gruppen. Dabei hatte Greenpeace immer wieder            wusstseinsstudie 2017“ der Aussage zu, dass Gentechnik
                                                                                                                               Erfolg, so zum Beispiel bei Patenten auf die Schweine-      in der Landwirtschaft verboten werden sollte. 78 Pro-
                                                                                                                               zucht: 2004 meldete der Agrarkonzern Monsanto ein           zent befürworten: Der Mensch hat kein Recht, Pflanzen

     Rechtsgeschichte                                                                                                          Patent auf Schweine mit einem bestimmten Gen an.
                                                                                                                               Greenpeace und weitere Organisationen reichten Ein-
                                                                                                                               spruch ein. Bei einer Kundgebung in München 2009
                                                                                                                                                                                           und Tiere gezielt gentechnisch zu verändern. 93 Prozent
                                                                                                                                                                                           wünschen sich eine Kennzeichnung von Lebensmitteln
                                                                                                                                                                                           von Tieren, die mit gentechnisch veränderter Nahrung
     Greenpeace-Aktivist*innen stehen in mutigen und gewaltfreien Aktionen für die Umwelt ein. Doch die Orga-                  sprach sich auch der damalige bayerische Umweltminis-       gefüttert wurden.67
     nisation geht auch andere Wege, um den Schutz unserer Lebensgrundlagen durchzusetzen. Sie nutzt unter                     ter Markus Söder gegen das Patent aus.59 Im April 2010
     anderem die Möglichkeiten des Rechtsstaates, um etwa problematische Patente auf Leben zu stoppen.                         wurde das Patent vom Europäischen Patentamt zurück-         Ab 1996 setzte sich Greenpeace auf nationaler und
     Dabei sorgt Greenpeace immer wieder für Grundsatzentscheidungen, die die ganze Gesellschaft betreffen.                    genommen.60                                                 internationaler Ebene mit großen Kampagnen gegen
                                                                                                                               2009 reichte Monsanto bei der Weltpatentbehörde in          Gentechnik und für die von Verbraucher*innen gefor-
                                                                                                                               Genf ein Patent auf Schinken und Schnitzel von Schwei-      derte Transparenz ein. Heute muss auf allen Produkten
     Keine Patente auf Stammzellen: Sieg                         Argumentation von Greenpeace an und legte erstmals            nen ein, die mit genmanipulierten Monsanto-Pflanzen         vermerkt sein, wenn in der Produktion Gen-Pflanzen
     vor dem Europäischen Gerichtshof                            im Detail fest, wie menschliche Embryonen vor der             gefüttert wurden. Nachdem Greenpeace den Antrag             direkt verwendet wurden.68 Eier, Fleisch und Milch sind
     1999 erteilte das Deutsche Patentamt erstmals ein Patent    kommerziellen Verwertung durch Patente geschützt              publik gemacht hatte, gab es internationale Kritik – in     nicht verbindlich kennzeichnungspflichtig, wenn die
     auf menschliche Stammzellen. Beantragt hatte es der         werden sollen.                                                der Folge verlor Monsanto offenbar das Interesse an         Tiere mit Gen-Pflanzen gefüttert wurden. Doch ein gro-
     Neurobiologe Oliver Brüstle aus Bonn. Dagegen reichte                                                                     dem Patent. In Europa gilt es als zurückgenommen.61         ßer Teil der weltweit angebauten Gen-Pflanzen landen
     Greenpeace 2004 beim Bundespatentgericht Klage ein:         Die Entscheidung wurde in der Öffentlichkeit mit gro-         Doch Greenpeace geht nicht nur gegen einzelne Fälle         im Tierfutter. Beim Einkauf hatten Verbraucher*innen
     „Die Achtung des menschlichen Lebens erfordert auch         ßem Interesse aufgenommen und vielfach positiv kom-           vor, sondern will generelle Verbote erreichen. Gemein-      daher wenige Wahlmöglichkeiten bei den konventionell
     klare Grenzen im Patentrecht“, sagte Frank Ulrich Mont-     mentiert. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung Online“         sam mit rund 300 Umwelt- und Landwirtschaftsorgani-         erzeugten Lebensmitteln. Greenpeace half ganz konkret,
     gomery, damals Bundesvorsitzender der Ärztevereini-         schrieb: „Der Europäische Gerichtshof hat (…) in der          sationen forderte die Organisation 2007 in einem inter-     diese Informationslücke zu schließen und Wahlmög-
     gung Marburger Bund, bei einer gemeinsamen                  europäischen Rechtsgeschichte einen Markstein gesetzt.        nationalen Appell ein Verbot der Patentierung von           lichkeiten aufzuzeigen: Seit 2004 sorgte der Einkaufsrat-
     Pressekonferenz mit Greenpeace: „Die Zerstörung             Die Ehre, dies erreicht zu haben, gebührt der Umwelt­         Pflanzen.62                                                 geber „Essen ohne Gentechnik“ für einen Blick hinter
     mensch­licher Embryonen zu wirtschaftlichen Zwecken         organisation Greenpeace.“57 Und die „Schwäbische Zei-         Das zeigte Wirkung: In Deutschland haben sich alle          die Kulissen.69 In einer „grünen Liste“ wurden Firmen
     verstößt gegen die Grundwerte der Gesellschaft.“55          tung“ meinte: „Es war bezeichnenderweise nicht eine           Parteien des Bundestages gegen Patente auf Pflanzen         genannt, die bei der Tierfütterung auf Gen-Mais oder
                                                                 Kirche, schon gar nicht die CDU, die gegen die Patentie-      und Tiere ausgesprochen.63 2012 forderten sowohl der        Gen-Soja verzichteten oder bei der Umstellung Fort-
     2006 schränkte das Gericht das Patent erheblich ein,        rung embryonaler Stammzellen geklagt haben, nein, es          Deutsche Bundestag als auch das Europäische Parla-          schritte gemacht hatten. Umgekehrt wurden die Unter-
     und 2008 traf das Europäische Patentamt eine Grund-         waren die Umweltaktivisten von ‚Greenpeace‘. Die hat-         ment einen Stopp solcher Patente, zumindest auf kon-        nehmen aufgeführt, die sich weigerten oder sich nicht
     satzentscheidung: Menschliche embryonale Stammzel-          ten offensichtlich klarer als viele Politiker erkannt, dass   ventionelle Züchtungen.64                                   dazu in der Lage sahen, die Fütterung umzustellen.
     len dürfen nicht patentiert werden. Brüstle rief den Bun-   auch der Mensch Teil der Natur und deshalb schützens-                                                                     „Essen ohne Gentechnik“ erreichte eine Gesamtauflage
     desgerichtshof an, der den Fall dem Europäischen            wert ist.“58                                                  2013 beschloss der Bundestag eine Änderung des deut-        von rund 3,5 Millionen. Mittlerweile arbeitet der
     Gerichtshof (EuGH) vorlegte. 2011 befanden die höchs-                                                                     schen Patentgesetzes: Pflanzen und Tiere aus konventio-     gesamte Bereich der Molkereiprodukte fast komplett
     ten europäischen Richter: Sind für die Herstellung der      Keine Patente auf Pflanzen und Tiere –                        neller Züchtung können nicht mehr patentiert werden.65      „ohne Gentechnik“ und kennzeichnet seine Produkte,
     Stammzellen menschliche Embryonen zerstört worden,          meint auch der Bundestag                                      Im Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung          auch im Fleischmarkt bewegt sich etwas bezüglich
     können entsprechende Patente nicht erteilt werden.56        Das Europäische Patentamt hat schon zahlreiche Patente        2018 heißt es: „Patente auf Pflanzen und Tiere lehnen       Transparenz – eine Entwicklung, an der Greenpeace
     Damit schloss sich der EuGH im Wesentlichen der             auf Lebewesen erteilt – von der Tomate mit reduziertem        wir ab.”66                                                  einen wesentlichen Anteil hatte.
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
14                                                                                                                                                                                                                                                   15

     Greenpeace-Aktivist*innen kennzeichnen 2005 in Brandenburg ein Feld mit genmanipuliertem Mais des US-Konzerns           Agrarsteppen oder kleinbäuerliche Landwirtschaft – was soll mit EU-Geldern gefördert werden? Greenpeace setzte
     Monsanto. Die Sorte MON810 produziert ein Gift, das auch Nützlinge schädigt – 2009 wird sie in Deutschland verboten.    sich erfolgreich dafür ein, dass Subventionszahlungen veröffentlicht werden müssen.

     Auch auf dem Acker erzielte Greenpeace Erfolge: Über        kam es im Zuge der bundesweiten Dioxinaffäre 2010 zu        Sie zerstören häufig lokale Märkte in Afrika oder Latein-   schlägen dazu bei, das Recht weiterzuentwickeln, was
     Jahre arbeitete die Organisation gegen den kommerziel-      einer wesentlichen Reform des Verbraucherinforma­           amerika. Das oberste Gericht gab Greenpeace Recht und       auch Fachleute anerkennen. Der damalige Bundesbeauf-
     len Anbau des gentechnisch veränderten Maises               tionsgesetzes. Erstmals griff die Legislative langjährige   verfügte, dass die Daten veröffentlicht werden müssen.      tragte für den Datenschutz und die Informationsfrei-
     MON810, der ein Insektizid produziert. Greenpeace-          Greenpeace-Forderungen auf, wie die obligatorische          Greenpeace deckte auf, dass zu den Nutznießern der          heit Peter Schaar lud Redelfs 2011 ein, den Festvortrag
     Aktivist*innen haben immer wieder direkt an den Fel-        Veröffentlichung von Grenzwertüberschreitungen bei          Agrarexportsubventionen auch Firmen gehören, die gar        zum fünfjährigen Bestehen des Informationsfreiheitsge-
     dern protestiert. Denn das Insektizid wirkt nicht nur       Lebensmittelkontrollen.73 Nach elf Jahren waren zen­        nicht in der Agrarbranche tätig waren. Der Energiekon-      setzes (IFG) des Bundes zu halten. In seinem Tätigkeits-
     gegen schädliche, sondern auch gegen nützliche Insek-       trale Greenpeace-Forderungen umgesetzt.                     zern RWE etwa bezog Agrarsubventionen für die Rekul-        bericht aus dem Jahr 2012 würdigte Schaar das konti-
     ten. Die damalige Bundesministerin für Ernährung,                                                                       tivierung von Braunkohletagebauen. Die Lufthansa kas-       nuierliche Bestreben von Greenpeace, die Transparenz
     Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner ver-       Wenn Bürger*innen Informationen von Behörden                sierte für das Catering an Bord von Flügen, die die         der Verwaltung zu stärken: „Den Hauptvortrag hielt Dr.
     kündete 2009 das Verbot des Anbaus von MON810 in            haben möchten, sich aber weder auf das Umweltinfor-         Außengrenzen der EU verlassen. Diese Exklusivrecher-        Manfred Redelfs (Greenpeace/Netzwerk Recherche). Der
     Deutschland. Zur Begründung erklärte sie, „dass es          mationsgesetz noch auf das Verbraucherinformationsge-       chen von Greenpeace fanden in den Medien Beachtung          Einsatz dieser und anderer NGOs hat wesentlich dazu
     berechtigten Grund zu der Annahme gibt, dass der            setz berufen können, greift heute oft das Informations-     und führten zu Anfragen im Europäischen Parlament.          beigetragen, dem IFG im Jahr 2005 seinen Weg über die
     genetisch veränderte Mais der Linie MON810 eine             freiheitsgesetz des Bundes. Dessen Existenz ist auch der    Die EU hat deshalb die Agrarsubventionsregeln so geän-      Hürden von Bundestag und Bundesrat zu bahnen. Der
     Gefahr für die Umwelt darstellt“.70                         beharrlichen Arbeit von Greenpeace zu verdanken.            dert, dass Direktzahlungen nur noch an aktive Land-         aktuelle Entwurf eines Bürgerinformationsgesetzes ei-
                                                                 Manfred Redelfs, Leiter der Recherche bei Greenpeace,       wirte gehen dürfen.75                                       ner Reihe von NGOs fasst das Verbraucherinformations­
     Auskunftsrechte: Greenpeace stärkt                          engagierte sich schon früh für ein solches Transparenz-                                                                 gesetz, das Umweltinformationsgesetz und das Infor-
     die Transparenz – für alle                                  gesetz und initiierte 2004 einen Gesetzesvorschlag ver-     Auch zur Korruptionsprävention tragen solche Recher-        mationsfreiheitsgesetz in einem einzigen Bundesgesetz
     Greenpeace engagiert sich seit vielen Jahren für bessere    schiedener zivilgesellschaftlicher Gruppen. 2005 wurde      chen bei. Wenige Tage nachdem Greenpeace die Zahlen         zusammen.“78 Auch das Bundesumweltministerium hat
     Auskunftsrechte der Bürger*innen bei den Behörden           das Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet. Und          über die größten Empfänger von Agrarexportsubventio-        erkannt, dass Greenpeace wichtige Beiträge zur Fort-
     – durch eigene Gesetzesvorschläge, Musterverfahren          Greenpeace bleibt dran: 2010 präsentierte die Organisa-     nen vorgelegt hatte, starteten die Ermittler im Hambur-     entwicklung des Rechts leistet, es hat den Leiter der
     und durch Öffentlichkeitsarbeit. Schon in den 1980er        tion einen Vorschlag, wie die verschiedenen Informa­        ger Hafen eine Großrazzia: Zollfahndung, Polizei und        Greenpeace-Recherche im Frühjahr 2017 in den wissen-
     Jahren sprach sich die Organisation für ein Umweltin-       tionsrechte auf Bundesebene zu einem einheitlichen,         mehrere Staatsanwälte durchsuchten eine Firma, die in                                    schaftlichen Beirat zur Eva­
     formationsgesetz aus, das Deutschland 1994 aufgrund         weitreichenden und bürger*innenfreundlichen Gesetz          großem Stil Zuckersubventionen erschlichen haben soll.                                   lu­­­ation des Umweltinfor-
     einer EU-Verordnung dann auch erließ. Auch machte           zusammengefasst werden können.74                            Laut Staatsanwaltschaft ging es um den Verdacht auf                                      mationsgesetzes berufen.
     sich die Organisation frühzeitig für ein umfassendes                                                                    Subventionsbetrug in Höhe von 370 Millionen Euro.76
     Verbraucherinformationsgesetz stark, das allen Bür-         Die Greenpeace-Impulse für das Informationsrecht ent-       Selbst die „New York Times“ berichtete über den Fall.77
     ger*innen den Zugang zu Daten der Lebensmittelüber-         wickeln sich oft aus Musterverfahren. So führte Green-      Die Aktivitäten von Greenpeace im Bereich der Aus-
     wachung ermöglicht. Schon 2001 stellte Greenpeace           peace 2009 einen Prozess bis vor das Bundesverwal-          kunftsrechte sind breit gefächert. Natürlich nutzt Green-
     dazu einen Gesetzentwurf vor.71 Es dauerte sieben Jahre,    tungsgericht in Leipzig, um auf der Grundlage des           peace diese Rechte selbst. Aber nur dank der Musterver-
     bis das Gesetz im Bundestag verabschiedet wurde –           Umweltinformationsgesetzes zu erfahren, welche Fir-         fahren werden bestimmte grundsätzliche Streitfragen
     allerdings mit Schwächen. Greenpeace belebte die            men die Hauptprofiteure der Agrarexportsubventionen         geklärt, was anderen Antragsteller- wie Bürger*in-                                      Dr. Manfred Redelfs
     Debatte deshalb durch ein eigenes Rechtsgutachten, das      waren. Diese umstrittenen Subventionen stehen im Ruf,       nen oder kleineren Organisationen zugutezukommen.                                       Leiter der
     Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigte.72 Schließlich         hauptsächlich großen Konzernen zugutezukommen.              Schließlich trägt Greenpeace mit eigenen Gesetzesvor-                                   Greenpeace-Recherche
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
16                                                                                                                                                                                                                                               17

     Greenpeace gibt Anstöße
     für Technik, Wissenschaft und
     Bildung
     Die Umweltschützer*innen von Greenpeace suchen immer auch nach Lösungen, schaffen neues Wissen,
     entwickeln konkrete Szenarien für gangbare Wege in die Zukunft79 und sogar Produkte. Das zeigen die
     Kampagnen für Erneuerbare Energien, der FCKW­/FKW-freie Kühlschrank Greenfreeze, die Sprit sparende
     Autotechnik SmILE oder wissenschaftliche Expeditionen in die Polarregionen.                                                                                                                                        Unter Leitung der
                                                                                                                                                                                                                        Forscherin
                                                                                                                                                                                                                        Dr. Susanne Lockhart
                                                                                                                                                                                                                        wurde im antarkti-
     Natürlich und klimafreundlich kühlen:                      Gerätes an das präsidiale Gesundheitszentrum des indi-                                                                                                  schen Weddellmeer
     der Greenfreeze                                            schen Präsidenten83 und der Zertifizierung durch die                                                                                                    der Meeres­boden
     Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zerstören, als         Weltgesundheitsorganisation84 2010 begann die däni-                                                                                                     untersucht und
                                                                                                                                                                                                                        dokumentiert. Vier
     Kälte- und Lösemittel verwendet, die Ozonschicht der       sche Firma Vestfrost mit der Serienfertigung des Solar-
                                                                                                                                                                                                                        empfindliche marine
     Erde. Das zeichnete sich schon in den 1980er Jahren ab.    Chill. Inzwischen haben auch in Entwicklungsländern                                                                                                     Ökosysteme konnten
     Durch das Montreal-Protokoll von 1987 wurden einige        Firmen die Technik übernommen.85                                                                                                                        identifiziert werden,
     dieser aggressiven Stoffe international geächtet, aber                                                                                                                                                             sie wurden interna-
     längst nicht alle. Schlimmer noch: Als Ersatzstoffe        Spritverbrauch halbieren: der SmILE                                                                                                                     tional als besonders
                                                                                                                                                                                                                        schutzwürdig
     führte die Chemieindustrie andere fluorierte Stoffe ein,   1993 begann Greenpeace nach einem neuen Konzept
                                                                                                                                                                                                                        anerkannt.
     die zwar nicht mehr die Ozonschicht zerstörten, aber       für spritsparende Fahrzeuge zu suchen. Das Ergebnis
     starke Treibhausgase sind: die Fluorkohlenwasserstoffe     war der SmILE (Small, Intelligent, Light, Efficient –
     (FKW).                                                     klein, intelligent, leicht, effizient): ein umgebauter
                                                                Renault Twingo mit einem kleinen Zweizylinder-Boxer-
     1989 startete Greenpeace eine Kampagne für ein Verbot      motor, dem ein Comprex-Auflader zu 55 PS Leistung          Neue Erkenntnisse über Arktis und                         Als Konsequenz aus dem ersten „Nachhaltigkeitsbaro-
     von FCKW und FKW. Gleichzeitig arbeitete die Umwelt-       verhalf. Damit traten die Umweltschützer*innen den         Antarktis: Expeditionen mit Wissen­                       meter“ 2012 verstärkte Greenpeace die Arbeit im Bil-
     schutzorganisation erfolgreich daran, die Entwicklung      Beweis an, dass Serienfahrzeuge mit der Hälfte an          schaftler*innen                                           dungsbereich: Die Organisation entwickelte kostenlose
     des ersten FCKW- und FKW-freien Kühlschranks auf           Treibstoff auskommen könnten – ohne Einbußen an            Greenpeace fordert den Schutz von Arktis und Antark-      Materialien90 für Lehrkräfte, mit denen sich der Unter-
     den Weg zu bringen: den Greenfreeze. Im März 1993          Leistung, Komfort oder Sicherheit. Durch „down­sizing“     tis. Die Basis für wirksame Maßnahmen sind gesicherte     richt zu Umweltschutzthemen gestalten lässt. Green-
     lief das erste Exemplar bei der Firma Foron in Sachsen     und „supercharging“, also die Verkleinerung des Hub-       wissenschaftliche Erkenntnisse über die jeweilige         peace unterstützt Schulen bei der Umsetzung von Pro-
     vom Band. Das Umweltministerium verlieh ihm den            raums bei gleichzeitiger hoher Kompression der Ver-        Region – Greenpeace bietet die Möglichkeit, diese zu      jekten und Aktionen für eine klimafreundlichere Welt,
     Blauen Umweltengel. Und trotz des Widerstandes fast        brennungsluft, kann der Motor des SmILE in den meis-       sammeln. So begleiteten Forscher*innen zwischen 2005      beispielsweise auf der Bonner Weltklimakonferenz
     der gesamten Branche bewirkte der Greenfreeze inner-       ten Betriebszuständen im optimalen Bereich effizient       und 2012 mehrere Greenpeace-Arktisexpeditionen. Glet-     2017.91 Wer Missstände im Umweltbereich verhindern
     halb weniger Jahre den Durchbruch für die umweltscho-      laufen – und ist damit sehr sparsam.86                     scher wurden mit GPS-Sendern ausgerüstet, um ihre         will, muss früh und bei der Bildung ansetzen. Bildung
     nende Kältetechnik.                                        1996 brachte Greenpeace das Konzept auf die Straße:        Bewegungen aufzuzeichnen, in Fjorden wurden Was-          für nachhaltige Entwicklung muss strukturell im Bil-
     Seither wurden weltweit mehr als 900 Millionen Kühl-       Der SmILE startete zu einer Vergleichsfahrt gegen einen    sertemperatur, Strömung und der Salzgehalt in unter-      dungssystem verankert werden – das fordert nicht nur
     schränke nach dem Greenfreeze­-Prinzip produziert.80       herkömmlichen Twingo, einen Ford Escort und einen          schiedlichen Tiefen gemessen. 2018 tauchten im Rah-       Greenpeace.92 Auch die Expert*innen einer Anhörung
     Wissenschaftler- und Vertreter*innen von Kühl­             VW Polo – und gewann souverän mit einem Verbrauch          men einer Greenpeace-Expedition ins antarktische          des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwick-
     schrankherstellern äußerten sich positiv über den          von damals sensationellen 3,2 Litern Benzinnormver-        Weddellmeer bemannte Unterwasserboote in Hunderte         lung sprachen sich 2016 klar dafür aus.93
     Greenfreeze und erkennen die Rolle von Greenpeace          brauch auf 100 Kilometer, in der Praxis lag sein Ver-      Meter Wassertiefe, um den Meeresboden zu untersu-         Bereits 2014 initiierte Greenpeace das „Bündnis
     ausdrücklich an.81                                         brauch im Schnitt sogar deutlich darunter.                 chen. Die Daten waren die Grundlage für die Unter-        ZukunftsBildung“ – eine Initiative deutscher Nichtregie-
                                                                Das SmILE-Prinzip hat technisch den Durchbruch             schutzstellung von vier besonders empfindlichen mari-     rungsorganisationen aus den Bereichen Jugend,
     Cool durch Sonne: der SolarChill                           geschafft. Das Ziel, den Spritverbrauch und damit auch     nen Ökosystemen durch die Antarktiskommission.88          Umwelt-, Naturschutz, Entwicklung und Menschen-
     In Gebieten, in denen Armut, Krankheiten und Unter­        den CO2 -Ausstoß drastisch zu verringern, ist jedoch bis                                                             rechte94, die sich für die Verankerung und die politische
     ernährung das Leben vieler Menschen beeinträchtigen,       heute nicht erreicht. Denn anstatt mit der Green-          Umweltbildung für die Jugend:                             Umsetzung des UNESCO-Weltaktionsprogrammes Bil-
     ist oftmals eines im Überfluss vorhanden: Sonne. Des-      peace-Technik die gleiche Leistung mit halbem Sprit zu     das „Nachhaltigkeitsbarometer“                            dung für nachhaltige Entwicklung95 einsetzt. Der Bun-
     halb hat Greenpeace den SolarChill initiiert: ein solar­   erzielen, verdoppelte beispielsweise VW beim Power-­       2012 und 2016 veröffentlichte Greenpeace das „Nachhal-    destag verabschiedete im März 2015 den Beschluss „Bil-
     betriebenes, umweltfreundliches Kühlgerät, das ohne        Golf die Leistung bei gleichem Verbrauch. Deswegen         tigkeitsbarometer – Was bewegt die Jugend?“. Entwi-       dung für nachhaltige Entwicklung – mit dem
     FCKW/FKW-Kältemittel und unabhängig von Strom-             setzt sich Greenpeace weiter dafür ein, die Autobauer      ckelt und durchgeführt hat es die Leuphana Universität    Weltaktionsprogramm in die Zukunft“ und griff viele
     netz oder Speicherbatterien funktioniert.82 So können      zum Umdenken zu bewegen.                                   Lüneburg.89 Das Barometer nimmt das Nachhaltigkeits-      Forderungen des Bündnisses auf.96 Seit 2015 ist Green-
     auch in unzureichend mit Strom versorgten Regionen         Im Jahr 2015, zum 20. Geburtstag des SmILE, wurde          bewusstsein der jungen Generation Deutschlands in den     peace über das Bündnis in der „Nationalen Plattform
     zum Beispiel Medikamente gekühlt werden. Nach              das Spritsparauto an das Verkehrszentrum des Deut-         Blick, denn die heute 15- bis 24-Jährigen sind die Ent-   Bildung für nachhaltige Entwicklung“ des Bundesminis-
     umfangreichen Praxistests, der Übergabe eines ersten       schen Museums in München übergeben.87                      scheider*innen von morgen.                                teriums für Bildung und Forschung vertreten.97
Greenpeace - ungemein nützlich - Einsatz und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft - ungemein nützlich
Sie können auch lesen