Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster

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Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
Das Filmprogramm zum
WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17
MEERE UND OZEANE

        ThuleTuvalu
        Pädagogisches Begleitmaterial
Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial                       2

Wissenschaft, Kino und Schule

                                                                                                                                                                                       Der Film
Mit dem Filmprogramm zum Wissenschaftsjahr 2016*17 stellt VISION KINO umfangreiche
Unterrichtsmaterialien zu drei Dokumentarfilmen und einem Animationsfilm zur Verfügung.

                                                                                                                                                                                      Hinweise für Lehrer/innen
Folgende Filme stehen zum Rahmenthema „Meere und Ozeane“ zur Auswahl: ZWISCHEN HIMMEL
UND EIS (Dokumentarfilm, 2014, ab 9. Klasse), THULETUVALU (Dokumentarfilm, 2014, ab 9. Klasse),
DIE MELODIE DES MEERES (Animationsfilm, 2014, ab 2. Klasse), TORTUGA – DIE UNGLAUBLICHE
REISE DER MEERESSCHILDKRÖTE (Dokumentarfilm, 2008, ab 1. Klasse)

Moderne Kameratechnik, faszinierende Ästhetik und eine spannende Erzählweise – mit ihren ganz
eigenen Mitteln gelingt es den Filmen, den Zuschauer/innen faszinierende Natur- und Lebensräume
nahezubringen. Immer ist auch der Mensch im Spiel: Er nutzt den Reichtum der Ozeane und bedroht
sie durch tiefgreifende Veränderungen mittlerweile substanziell.

                                                                                                                                                                                      Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Wie funktionieren die komplexen ökologischen Systeme in den Tiefen der Meere? Was verändert sich
durch den Klimawandel? Die Filme beantworten viele Fragen und werfen neue auf. Sie berühren auch
Lernbereiche jenseits von Sachunterricht und Naturwissenschaften.

Die Unterrichtsmaterialien vertiefen und erweitern die filmischen Inhalte und begleiten die inhalt­
liche und filmische Analyse. Sie wurden in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen
erstellt und beziehen aktuelle Forschungsfragen mit ein. Der Aufbau der Materialpakete ist jeweils der
gleiche: Im Einführungsteil „Der Film“ finden sich Informationen zu Inhalt und filmischer Realisierung.
Die „Hinweise für Lehrer/innen“ enthalten didaktische Kommentare sowie Lösungsvorschläge zu den
Arbeitsmaterialien.

Die Arbeitsmaterialien gliedern sich in einen Teil mit allgemeinem Bezug zum Oberthema „Ozeane
und Meere“ sowie einen Teil mit filmbezogenen Materialien und Aufgaben.

                                                                                                                                                                                       Arbeitsmaterialien zum Film
Wir wünschen Ihnen eindrückliche Kinoerlebnisse sowie eine produktive Vor- und Nachbereitung
unseres Filmprogramms!

    Inhaltsverzeichnis

Der Film .................................................................................................................................................................... 3

Hinweise für Lehrer/innen .......................................................................................................................... 6

Arbeitsmaterialien "Meeresforschung" ............................................................................................. 15

Arbeitsmaterialien zum Film ..................................................................................................................... 35

Impressum .............................................................................................................................................................. 50
Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
3
Pädagogisches Begleitmaterial zu den SchulKinoWochen
im Wissenschaftsjahr 2016 – Meere und Ozeane

                                                                                                          Der Film
ThuleTuvalu

                                                                                                         Hinweise für Lehrer/innen
                                                ThuleTuvalu
                                                Schweiz, Grönland, Tuvalu 2014

                                                Genre: Dokumentarfilm

                                                Regie und Drehbuch: Matthias von Gunten

                                                Darsteller/innen: Takuao Malaki, Lars Jeremiassen,
                                                Rasmus Avike, Patrick Malaki, Vevea Tepou,

                                                                                                         Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
                                                Foni Tulafono, Kaipati Vevea u. a.

                                                Laufzeit: 96 Min., Original mit Untertiteln

                                                FSK: Ohne Altersbeschränkung

                                                Altersempfehlung: ab 14 Jahren

                                                Klassenstufen: ab 9. Klasse

                                                                                                          Arbeitsmaterialien zum Film
 Themen:
 Mensch und Natur, Ökologie, Meere und Ozeane, Klimawandel, traditionelle Jagd und Fischerei,
 Volkskultur

 Unterrichtsfächer:
 Erdkunde/Geografie, Sozial- und Gemeinschaftskunde, Politik/Wirtschaft, Religion, Ethik,
 Philosophie, Deutsch
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ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   4

  Inhalt des Films

                                                                                                                   Der Film
THULETUVALU folgt einem einfachen Erzählan­           Auch die Jäger im Norden Grönlands spüren den
satz: Der Filmemacher Matthias von Gunten             Klimawandel: Während man früher im Herbst

                                                                                                                  Hinweise für Lehrer/innen
dokumentiert an zwei Orten dieser Erde, wie           mit einer stabilen Eisdecke rechnen konnte, ist
es Menschen geht, deren traditionelle Lebens­         der Fjord nun immer länger eisfrei. Tiere ziehen
weise von dem abhängt, was ihnen das Meer             sich zurück und die Jäger haben keine Möglich­
bietet. Auf der einen Seite sind das die Jäger, die   keit mehr, von der Eiskante aus Narwale zu
in einer der nördlichsten Siedlungen der Erde         jagen. Andererseits verbessern sich die Chancen
leben, in Thule (oder Qaanaaq, wie der Ort auf        für den Fischfang – aber für einen traditio­
grönländisch heißt). Auf der anderen Seite der        nellen Jäger ist der Wechsel des Gewerbes eine
Erde pflegen die Einwohner/innen des Pazifik­         schwierige Entscheidung.
staates Tuvalu einen ähnlich naturnahen Lebens­
stil: Viele von ihnen sind im Wesentlichen            In einer kurzen Sequenz werden Bilder von der

                                                                                                                  Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Selbstversorger/innen, sie ernähren sich vom          Weltklimakonferenz 2009 gezeigt, als tuva­
Fischfang und ernten Kokosnüsse und selbst            lesische Politiker vergeblich konsequentere
angebautes Gemüse. Einer der Protagonisten            Beschlüsse forderten. Aber eindrucksvoller als
des Films ist Bootsbauer und fertigt die traditi­     die große Politik ist das, was an den eigent­
onellen Holzboote, von denen aus er mit einer         lichen Schauplätzen passiert. Die Menschen
einfachen Angelschnur auf Fischfang geht.             beobachten die allmählichen Veränderungen
                                                               der Natur mit Sorge und begreifen,
                                                               dass ihre Existenz von diesen Verände­
                                                               rungen in Frage gestellt wird. Manche
                                                               reagieren trotzig, wollen es nicht
                                                               wahrhaben, dass für sie alles auf dem
                                                               Spiel steht, andere geben sich pragma­
                                                               tisch und wieder andere haben bereits
                                                               reagiert. Die Zuschauer/innen sehen

                                                                                                                   Arbeitsmaterialien zum Film
Der Film begleitet die Menschen in Thule und          eine Familie, die aus Tuvalu ausgewandert ist
auf Tuvalu eine Weile in ihrem Alltag, bevor er       und in Neuseeland in einem gepflegten Einfa­
das Thema ins Spiel bringt, das die beiden Orte       milienhaus lebt. Es ist ein anrührender Exkurs,
auf dramatische Weise verbindet. Das Glet­            denn man spürt, wie sehr die Menschen, denen
schereis, das in Grönland ins Meer stürzt, trägt      es doch scheinbar gut geht, dem Leben auf dem
dazu bei, dass die Tuvalesen am anderen Ende          Atoll nachtrauern.
der Welt um ihre Existenzgrundlage fürchten
müssen. Ein steigender Meeresspiegel und              Die beeindruckenden Naturkulissen prägen den
gehäuft auftretende Stürme machen den                 Film ebenso wie die geduldige Beobachtung der
flachen Pazifikinseln zu schaffen. Der Untergang      Protagonisten/innen in ihrem Alltag. Matthias
dieser Paradiese vollzieht sich schleichend, aber     von Gunten nimmt sich viel Zeit für die
sichtbar: Die Ufer werden unterspült, Bäume           Menschen – Zeit, die Tuvalu nicht hat. Der Film
stürzen um und das Fehlen ihrer Wurzeln führt         kann kein Happy End liefern, aber wenigstens
zu einer weiteren Bodenerosion. Im Innern der         einen Hoffnungsschimmer. In einem Treibhaus
Inseln zerstört die fortschreitende Versalzung        stehen Baumsetzlinge – eine schnell wachsende
lebenswichtige Pflanzungen, wegen des ausblei­        und gegen Meerwasser resistente Baumart, die
benden Regens muss Trinkwasser mit Fracht­            helfen soll, die Ufer des Atolls zu stabilisieren.
schiffen herangeschafft werden.                       Aber am Ende steht doch die Frage im Raum, ob
                                                      das nicht alles zu wenig ist und zu spät kommt.
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   Filmische Realisierung

                                                                                                               Der Film
Die Dramaturgie ist einfach und doch raffi­       aufgegriffen wird (vgl. Arbeitsmaterial F 8).
niert: Vom Anfang bis zum Ende erzählt der        Zwischen den beiden Erzählsträngen gibt

                                                                                                              Hinweise für Lehrer/innen
Film in zwei parallelen Strängen. Dabei nähert    es Parallelen und schroffe Gegensätze – das
er sich zunächst behutsam den Schauplätzen        macht den Film interessant. Auf der einen Seite
und erkundet das Leben seiner Protagonisten/      ist die Luft kalt und das Klima lebensfeind­
innen in Thule und Tuvalu. Nach den ersten        lich, auf der anderen Seite herrscht scheinbar
Alltagsbeobachtungen dringt der Film dann         ewiger Sommer. Jenseits dieses oberflächli­
weiter vor zu den aktuellen und drängenden        chen Kontrastes ähneln sich die Bilder und
                                                             Haltungen: Menschen, die mit der
                                                             natürlichen Umgebung eng verbunden
                                                             sind, die Naturphänomene mit glei­
                                                             cher Aufmerksamkeit beobachten,

                                                                                                              Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
                                                             die über Tiere und Pflanzen Bescheid
                                                             wissen, sie mit ihren eigenen Händen
                                                             jagen, töten und verarbeiten. Die
                                                             parallele Filmerzählung führt immer
                                                             wieder zu Momenten, in denen das
                                                             globale Problem symbolhaft verdichtet
                                                             erkennbar wird: Etwa wenn die
                                                             Kante der zurückgehenden Eisfläche
                                                             verknüpft wird mit dem Blick auf die
                                                             Pazifikwellen, die den Ufersaum auf
                                                             Nanumea unterspülen.

Fragen: Wie macht sich der Klimawandel jeweils    Musik wird sparsam eingesetzt; sie unter­
bemerkbar? Wie gehen die Protagonisten/innen      streicht die Atmosphäre der Naturaufnahmen

                                                                                                               Arbeitsmaterialien zum Film
mit den Veränderungen um? Risse im Eis, unter­    und stärkt den Zusammenhang an den Sequenz­
spülte Ufer, vom eindringenden Salzwasser         übergängen. Auf der akustischen Ebene nehmen
zerstörte Pflanzungen. Menschen beschreiben       Naturgeräusche einen großen Raum ein: das
ihre Einstellung zur Zukunft ihrer Familie und    Rauschen der Wellen, Tierstimmen, das Knir­
zur Bedrohung ihrer Existenz – unterlegt und      schen von Schritten im Eis. Die Äußerungen
konterkariert durch beeindruckende Land­          der Protagonisten/innen werden nicht von
schaftsaufnahmen. Der Film erkundet Traditi­      Synchronstimmen übersetzt, sondern durch
onen und Haltungen. Ein Exkurs mit Bildern von    Texteinblendungen – so bleibt der authenti­
der Weltklimakonferenz in Kopenhagen stellt       sche Klang der Stimmen vollständig erhalten. Es
einen großen Zusammenhang her, die Sequenz        gibt keinen Off-Kommentar, aber immer wieder
über die ausgewanderten Tuvalesen zeigt, was      Texteinblendungen, die die Bilder mit Fakten zu
vielen anderen wohl noch bevorsteht – ein         globalen Entwicklungen oder Erläuterungen zu
Leben ohne das Inselparadies.                     den Handlungsorten ergänzen.

Eine wichtige Funktion für das „Zusammen­
denken“ der beiden Stränge haben die Über­
gänge, die auf unterschiedliche Weise gestaltet
werden. Oft endet eine Episode mit einem
Bildmotiv, das dann am anderen Schauplatz
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ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   6

Hinweise für Lehrer/innen

                                                                                                                 Der Film
   Einführung zum Modul

                                                                                                                Hinweise für Lehrer/innen
   „Meeresforschung im Zeichen des Klimawandels“
Das Modul kann zur Vorbereitung auf die Beschäftigung mit den Filmen ZWISCHEN HIMMEL UND EIS und
THULETUVALU eingesetzt werden.

Zielsetzung des Moduls:
   ▸ Einblicke in Themen und Ausrichtung der gegenwärtigen Meeresforschung erhalten
      (Arbeitsmaterial D 1)
   ▸ Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane verstehen (Arbeitsmaterial D 2)
   ▸ Exemplarisch die Veränderungen innerhalb eines Ökosystems nachvollziehen (Arbeitsmaterial D 3)

                                                                                                                Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
   ▸ Das Verhältnis von Wissenschaft und Politik anhand eines Interviews verstehen und problemati­
      sieren (Arbeitsmaterial D 4)
   ▸ Einen Überblick über die internationale Klimapolitik bekommen (Arbeitsmaterial D 5)
   ▸ Entwicklung und Ziele bezüglich der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland analysieren und
      diskutieren (Arbeitsmaterial D 6)

Zielgruppe: Schülerinnen und Schüler ab Klasse 10

Didaktische                                          wie CO2, Temperatur, Sauerstoffgehalt, Säure­
                                                     grad und Salzgehalt auf Pflanzen und Tiere in
Vorüberlegungen                                      den Meeren? Welche Folgen hat es, dass der
                                                     Mensch an grundlegenden Stellschrauben dreht
Selbst in den entlegensten Orten der Welt sind       – und das seit Beginn der Industrialisierung?

                                                                                                                 Arbeitsmaterialien zum Film
heute die Spuren der menschlichen Zivilisa­
tion tief eingegraben. Diese Erkenntnis vermit­      In der Meeres- und Polarforschung fließt im
teln die beiden Dokumentarfilme ZWISCHEN             wahrsten Sinne vieles zusammen: Ursprünglich
HIMMEL UND EIS und THULETUVALU auf sehr              naturwissenschaftlich ausgerichtet, muss sie
unterschiedliche und nachdrückliche Weise.           heute die Grenzen ihrer traditionellen Fachlich­
Sie zeigen die Natur in eindrucksvollen Bildern      keit überschreiten. Etwas zugespitzt ausgedrückt:
und rücken sie in einen sozialen Zusammen­           Über Austern, Meerestemperatur und Laich-
hang: Wie leben Menschen an fernen Orten,            verhalten zu sprechen, ist zu einem Politikum
wie reagieren sie auf Veränderungen, wie gehen       geworden. Es ist eines der größten politischen
sie mit der Erkenntnis um, dass sich etwas sehr      Verfahren in Gang gekommen, die es jemals
Grundlegendes mit der sie umgebenden Natur           gegeben hat: Der Versuch einer global abge­
verändert?                                           stimmten Klimapolitik auf der Basis regelmäßig
                                                     aktualisierter wissenschaftlicher Expertisen.
Das Verhältnis von Mensch und Natur prägt
auch die Themen der Meeres- und Polarfor­            Es wäre also naiv, die heutige Meeres- und
schung. Es geht darum, die großen geophysika­        Polarforschung nur als das Erkunden von
lischen und ökologischen Systeme zu verstehen,       biologischen, physikalischen und chemischen
um den Einfluss des Menschen abschätzen zu           Prozessen zu beschreiben. Diese Arbeit erle­
können. Welche Wirkung haben Einflussgrößen          digt sie mit wissenschaftlicher Präzision und
Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   7

                                                                                                                Der Film
moderner Technik. Aber längst ist die Wissen­       politische Entscheidungen zu bewerten.
schaft auch zu einem Baustein regionaler, natio­    Dieses Verhältnis zwischen Wissenschaft und
naler und internationaler Politik geworden. Wie     Politik wiederum ist dann Schwerpunkt des
verändert sie sich unter diesen Rahmenbedin­        Gesprächs mit Marie-Luise Beck, der Geschäfts­
gungen? Wie organisiert sie sich? Was heißt hier    führerin des deutschen Klima-Konsortiums,

                                                                                                               Hinweise für Lehrer/innen
noch wissenschaftliche Neutralität?                 einem Zusammenschluss führender wissen­
Die Materialien zur Meeresforschung sollen          schaftlicher Einrichtungen. Welche Möglich­
beide Seiten abbilden: naturwissenschaft­           keiten und Grenzen der Einflussnahme von
liche Aspekte, aber auch die Frage nach dem         Wissenschaft gibt es? Inwieweit ist die Arbeit
gesellschaftlichen Zusammenhang, nach dem           des Weltklimarates beispielhaft? Wie verändert
Verhältnis zur Politik und die Grenzen wissen­      sich Wissenschaft, wenn sie in interessengelei­
schaftlicher Neutralität. So drängend die Prob­     tete Konflikte hineingezogen wird, wie sie in der
leme sind, die mit dem Klimawandel einher­          Politik an der Tagesordnung sind?
gehen, so spannend und anregend stellt sich

                                                                                                               Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
dieser grenzüberschreitende Charakter von           Die Materialien zwischen diesen beiden
Wissenschaft dar.                                   größeren Textbausteinen dienen der Vertiefung
                                                    und Problematisierung einzelner Aspekte. Das
Er ist im direkten Austausch mit profilierten       gilt sowohl für naturwissenschaftliche Zusam­
Wissenschaftlern/innen vermutlich am besten         menhänge wie auch für die Entwicklung der
nachvollziehbar – deshalb bilden zwei Inter­        internationalen und nationalen Klimapolitik.
views mit jeweils unterschiedlicher Schwer­         Aus der Komplexität der Thematik ergeben sich
punktsetzung den Kern der Unterrichtsmate­          zwei Folgerungen: Erstens beschränken sich die
rialien. Im Gespräch mit dem Meeresforscher         Materialien auf exemplarische Einblicke. Und
Hans-Otto Pörtner, der kürzlich in eine             zweitens hat die Erarbeitung dieses Themen­
führende Position im Weltklimarat gewählt           komplexes notwendigerweise einen fächerver­
wurde, geht es um konkrete Auswirkungen des         bindenden Charakter. Die naturwissenschaftli­
Klimawandels auf die Ozeane, um Verlässlich­        chen Grundlagen berühren die Fächer Biologie,
keit von Vorhersagen und Szenarien für die          Physik und Chemie, die politischen Implikati­
Zukunft der Meere. Pörtner bezieht als Klima­       onen führen in die gesellschaftswissenschaftli­

                                                                                                                Arbeitsmaterialien zum Film
forscher deutlich Position und scheut sich nicht,   chen Fächer hinein.
Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
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                                                                                                               Der Film
Die Unterrichtsmaterialien
Das Interview mit Hans-Otto Pörtner (Arbeits­     Fünf wesentliche Folgen des Klimawandels für
material D 1) thematisiert zunächst die Folgen    die Ozeane werden auf Arbeitsmaterial D 2

                                                                                                              Hinweise für Lehrer/innen
des Klimawandels für den Bereich der Ozeane       ausführlicher dargestellt und mit Daten unterlegt.
und Meere. Es werden globale Auswirkungen
erwähnt, mit dem Beispiel der Warmwasserko­          Größte Temperaturdifferenzen: Nördlicher
rallen aber auch ganz konkrete Risiken benannt.      Atlantik, bis zu 0,3 Grad pro Dekade
Pörtner ordnet die geophysischen Daten               Ursachen für den sinkenden Sauerstoffgehalt:
ein in den Prozess der globalen Klimapolitik         Erwärmung des Wassers und Schichtbildung
und bezieht persönlich Stellung zu einzelnen
Maßnahmen, die er für sinnvoll und notwendig         Thermohaline Strömung: Die Kombination
hält. Die Aufgaben folgen dem Gesprächsverlauf       aus Temperatur (je kälter, desto schwerer)

                                                                                                              Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
und zielen darauf ab, Inhalte zu sichern und zu      und Salzgehalt (je salziger, desto schwerer)
problematisieren.                                    bildet einen wesentlichen Antrieb für die
                                                     globalen Meeresströmungen.
   Betrachtung des gesamten Ozeansystems: Am
   Beispiel der Warmwasserkorallen erläutert         Ursachen für den Anstieg des Meeresspiegels:
   Pörtner systemische Zusammenhänge. Die            Das Abschmelzen von Festlandeis, die Ausdeh­
   Erwärmung führt zu einer Auflösung einer          nung des Wassers infolge der Erwärmung
   symbiotischen Verbindung zwischen Korallen
   und Algen (Ausbleichung); die Korallen         Arbeitsmaterial D 3 zeigt am Beispiel der Pazi­
   haben eine wichtige Funktion für andere        fischen Auster, wie sich eine neu eingewanderte
   Meereslebewesen und auch für Menschen          Art etabliert.
   (Schutz vor Stürmen, Fischerei). Insofern
   ist es wichtig, die veränderten Lebensbe­         Auswirkungen auf bestehende Ökosysteme:
   dingungen nicht nur in ihren konkreten            Verdrängung angestammter Arten, dadurch
   Auswirkungen zu analysieren, sondern auch         evtl. Unterbrechung/Störung von Nahrungs­

                                                                                                               Arbeitsmaterialien zum Film
   Folgewirkungen und Kettenreaktionen einzu­        ketten; ungebremstes Wachstum bei
   beziehen. Verschiedene Faktoren wie Tempe­        fehlenden Fressfeinden; Etablierung neuer
   raturerhöhung, Versauerung und Sauerstoff­        Nahrungsketten
   reduktion verstärken sich gegenseitig.
                                                     Gründe für die hohe Zahl neuer Arten: Die
   Mögliche Maßnahmen: Der Schlüssel dürfte          Nordsee ist ein Gebiet mit sehr viel Schiff­
   in der Reduktion des wichtigsten Treibhaus­       fahrt, der Haupteinwanderungsweg. Tempe­
   gases Kohlendioxid liegen. Pörtner erwähnt        raturanstieg begünstigt die Ansiedlung von
   als Beispiele das Verbot, Fahrzeuge mit           Arten aus wärmeren Gegenden.
   Verbrennungsmotor neu in den Verkehr zu
   bringen, und den Ausbau der Energieinfra­         Andere Neozoen und Neophyten: z.B. Riesen­
   struktur in den Entwicklungsländern.              bärlauch, Nutria
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                                                                                                                Der Film
Das Interview mit Marie-Luise Beck (Arbeits­          Psychologen und Soziologen: Klimapolitik
material D 4) thematisiert in erster Linie das        verändert den Alltag, es muss eine hohe
Verhältnis von (Klima)wissenschaft und Politik        Akzeptanz erzielt werden und die Bereit­
bzw. die Rolle der Wissenschaft in der Gesell­        schaft, Lebensgewohnheiten zu verändern.
schaft des 21. Jahrhunderts.

                                                                                                               Hinweise für Lehrer/innen
                                                   Grundlegende Informationen über die
   Wissenschaft als Grundlage für politische       Entwicklung der internationalen Klimapolitik
   Entscheidungen: Viele Politikbereiche sind      (Arbeitsmaterial D 5) und eine Übersicht
   auf wissenschaftliche Beratung angewiesen;      über Treibhausgas-Emissionen in Deutschland
   durch komplexer werdende Problemlagen,          (Arbeitsmaterial D 6) verdeutlichen, dass
   aber auch verbesserte wissenschaftliche         der Umgang mit dem Klimawandel ein kompli­
   Methodik nimmt die Notwendigkeit wissen­        zierter politischer Prozess ist, in dem widerstrei­
   schaftsbasierter Politikentscheidungen zu.      tende Interessen aufeinander treffen und ein
                                                   entschlossenes Handeln blockieren.

                                                                                                               Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
   Arbeitsweise des IPCC: Keine Forschungstätig­
   keit, sondern Zusammenstellung der aktuellen       Zentrale Themen und Streitpunkte: Fehlende
   wissenschaftlichen Erkenntnisse; Entwick­          Einsicht einer grundsätzlichen Handlungs­
   lung von Lösungsszenarien; Zusammenwirken          notwendigkeit; Disput zwischen Industrie­
   von Wissenschaft, Regierungsvertretern/            ländern und Entwicklungsländern über
   innen und Nichtregierungsorganisationen            Verantwortlichkeit und individuellen Beitrag
   bei der Formulierung der entscheidenden            zur Treibhausgas-Reduktion; Finanzierung
   Empfehlungen → Kombination aus hohem               von Ausgleichsmaßnahmen.
   wissenschaftlichem Niveau und Einbeziehung
   verschiedener Blickwinkel → gute Voraus­           Bewertung des Abkommens von Paris: Das
   setzung für hochwertige Ergebnisse; Kritiker       Abkommen wird von allen Staaten getragen
   merken an, dass politische Entscheidungs­          und auch von bisherigen „Blockierern“ ohne
   träger die Zusammenfassungen zu beein­             Zeitverzug ratifiziert. Es enthält ehrgeizige
   flussen versuchen.                                 Ziele, auch auf lange Sicht. Die stärkere
                                                      Individualisierung und das Prinzip selbst-

                                                                                                                Arbeitsmaterialien zum Film
   Einmischung von Wissenschaft in Politik: Pro-      gesetzter Klimaziele entschärfen die o.g.
   Argumente: Wissenschaftler/innen sind auch         Konflikte, bergen aber die Gefahr, dass
   Bürger/innen; es gilt für alle Meinungsfrei­       die einzelnen Festlegungen insgesamt zu
   heit; sie können ihr Handeln gut begründen;        geringe Effekte erzeugen.
   Contra-Argumente: die wissenschaft­
   liche Arbeit wird weniger glaubwürdig; es          Entwicklung in Deutschland: Auf den ersten
   entstehen Interessenskonflikte, wenn wissen­       Blick eine beachtliche Reduktion in den Jahren
   schaftliche Untersuchungen die „falschen“          nach 1990; ohne den Effekt durch die Still­
   Ergebnisse erbringen; Wissenschaft soll            legung ostdeutscher Industriebetriebe nur
   Fakten für eine sachliche Diskussion bereit­       geringe Reduktion. Starke Reduktion im Jahr
   stellen, aber nur Politiker sind demokratisch      2009 ist v.a. durch Wirtschaftskrise zu erklären.
   legitimiert Entscheidungen zu treffen.
                                                      Klimaziele der Bundesregierung: Bei Fort­
   Betroffene gesellschaftliche Bereiche: In          schreibung der Entwicklung der letzten
   erster Linie Verkehr, Industrie und Wohnen.        Jahre wird das Ziel für 2020 verfehlt. Jüngste
   In einer hochgradig ausdifferenzierten             Entwicklungen (EEG-Novelle, Verzögerungen
   Gesellschaft bedeutet das, dass nahezu jede        beim Leitungsausbau, wachsender Straßenver­
   Handlung des täglichen Lebens mit Energie­         kehr, geringe Zahl von energetischen Haussa­
   verbrauch und damit auch mit Klimapolitik          nierungen) lassen vermuten, dass die Redukti­
   verknüpft ist.                                     onsziele nicht mehr erreicht werden können.
Das Filmprogramm zum WISSENSCHAFTSJAHR 2016*17 MEERE UND OZEANE - ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial - Kinofenster
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   10

Hinweise für Lehrer/innen

                                                                                                                Der Film
   Einführung zu den Unterrichtsmaterialien zum Film

                                                                                                               Hinweise für Lehrer/innen
   THULETUVALU

Arbeitsmaterial F 1 dient der Vorbereitung auf     Die Hintergrundinformationen zu den beiden
den Film. Die Schülerinnen und Schüler formu­      Schauplätzen (Arbeitsmaterial F 3) sind nicht
lieren Erwartungen auf der Basis grundlegender     unbedingt erforderlich, um den Film THULETU­
Informationen. Dabei lenken die Aufgabenstel­      VALU verstehen und einordnen zu können. Sie
lungen die Aufmerksamkeit auf die Erzählidee       eignen sich vor allem, um auf das möglicher­
des Films und mögliche Konsequenzen für die        weise angeregte Interesse an den beiden exoti­

                                                                                                               Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
filmische Dramaturgie, z.B. Herausheben von        schen Orten mit einem Informationsangebot
Kontrasten und Ähnlichkeiten. Denkbar (aber        antworten zu können.
im Film nicht eingesetzt) wäre die Arbeit mit
Split Screens oder eine direkte Kommunikation      Der Auswertungsbogen (Arbeitsmaterial F 4)
zwischen Akteuren beider Orte über Skype o.ä.      dient dem Festhalten spontaner Eindrücke und
                                                   Erinnerungen an einzelne filmische Momente.
Matthias von Guntens Film ist geprägt von einer    Werden diese unmittelbar nach der Filmbe­
originellen filmischen Idee. In Arbeitsmaterial    trachtung notiert, entsteht eine Grundlage für
F 2 erhalten die Schülerinnen und Schüler Infor­   die weitere Auseinandersetzung mit dem Film.
mationen über den Filmemacher und einen
weiteren Dokumentarfilm, der eine sehr grund­      Die beiden Schauplätze des Films sind äußer­
legende Ausgangsfrage stellt: Woher kommt          lich von Gegensätzen geprägt, die Lebensweise
eigentlich der Mensch? Die wenigen Zeilen          der Menschen weist aber viele Parallelen auf
verraten, dass von Gunten existenzielle Fragen     – um dazu einen systematischen Überblick zu
schätzt und versucht, mit den Mitteln des Films    bekommen, kann Arbeitsmaterial F 5 einge­

                                                                                                                Arbeitsmaterialien zum Film
darauf ganz eigene Antworten zu geben. Dieser      setzt werden. Im Bereich der Zukunftsperspek­
forschende und zugleich subjektive Ansatz liegt    tiven zeigen sich größere Unterschiede: Tuvalu
auch THULETUVALU zugrunde.                         ist vom Klimawandel existenzieller getroffen,
                                                   eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels
   Ziele eines Dokumentarfilms: Ohne allzu         langfristig kaum möglich.
   sehr zu verallgemeinern, lässt sich sagen,
   dass Dokumentarfilme nicht – wie man viel­
   leicht meinen könnte – vor allem neutral
   „dokumentieren“ wollen. Sie stellen zwar
   Menschen und Gegenstände meist unkom­
   mentiert in den Raum, haben aber im Kern
   oft auch einen appellativen Charakter:
   Sie wollen auf Menschen oder ein Thema
   aufmerksam machen, wollen Sympathien
   wecken oder die Dringlichkeit von Prob­
   lemen verdeutlichen.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   11

                                                                                                                     Der Film
Mögliche Lösung für die Tabelle in Arbeitsmaterial F 4:

 Was erfährt man über …      Thule                                Tuvalu

                                                                                                                    Hinweise für Lehrer/innen
 … das tägliche Leben        Hauptbeschäftigung Nahrungs­         Geprägt durch Nahrungsbeschaf­
                             beschaffung, gut angepasst an        fung, sehr einfach, kaum moderne
                             das schwierige Klima, Nutzung        Geräte, viel Handarbeit
                             moderner Geräte in gewissem
                             Umfang (Motorboot, Gewehr)

 … Berufe / Qualifika­       Jäger und Fischer als Hauptberufe,   Fischer, Bootsbauer, kaum
 tionen / ökonomische        geringe Einnahmen aus Fleisch­       Einnahmen, kaum Abhängigkeit von
 Situation                   verkauf, Wohnungsausstattung         Handel mit anderen; sehr einfache
                             einfach, aber mit elektr. Geräten    Hütten, alles weitgehend selbst

                                                                                                                    Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
                                                                  gefertigt; nahe am Selbstversorger­
                                                                  status

 Familie, soziales Leben     Familie hat hohen Stellenwert,       Familie hat hohen Stellenwert,
                             Kontakt zu anderen v.a. über         enger Kontakt der Dorfbewohner/
                             gemeinsames Jagen                    innen

 Religion / Tradition        Im Film wenig Information; Tradi­    Hoher Stellenwert der Religion,
                             tion wird v.a. im Hinblick auf       kulturelles Leben (Schulvorführung,
                             Jagdausübung erwähnt                 gemeinsames Singen)

 Absehbare                   Eis geht immer weiter zurück,        Wasser droht die Insel zu über­
 Auswirkungen des            deshalb Verschlechterung der         spülen, Mangel an Regen, Grund­
 Klimawandels                Jagdbedingungen; Fischen evtl.       wasser wird salzig; Pflanzen sterben

                                                                                                                     Arbeitsmaterialien zum Film
                             besser möglich                       → Lebensgrundlagen werden in der
                                                                  Zukunft vermutlich zerstört sein

 Reaktion auf die Folgen     Überlegungen zur beruflichen         Viel Hilflosigkeit, zw. Hoffnung und
 des Klimawandels /          Umorientierung, Unsicherheit,        Verzweiflung; vermutlich Aufgabe
 Zukunftsperspektiven        Aufgabe traditioneller Berufe in     der Insel spätestens in der nächsten
                             der nächsten Generation; keine       Generation
                             oder geringe grundlegende Exis­
                             tenzangst

 Unterstützung von           Nicht erkennbar                      Lieferung von Wassertanks durch
 außen (Regierung,                                                Regierung; keine grundsätzliche
 Hilfsorganisationen)                                             Lösung

 Anpassungs­                 Jagdzeiten ändern; berufliche        Pflanzung von Baumarten, die das
 maßnahmen                   Umorientierung denkbar               Ufer stabilisieren und gegen Salz­
                                                                  wasser resistent sind; keine grund­
                                                                  sätzliche Lösung
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   12

                                                                                                                 Der Film
Insbesondere die Zukunft der Menschen aus              Staat mit korrupter Regierung: Die Hand­
Tuvalu führt zwangsläufig zur Frage nach der           lungsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt,
politischen Situation und nach Verantwortlich­         weil internationale Hilfe an Regierungs­
keiten. Diese Thematik wird in Arbeitsmaterial         stellen vorbei einen Eingriff in die Hoheits­
F 6 vertieft. Der Text der Politologin Kira Vinke      rechte des jeweiligen Staates darstellen. Oft

                                                                                                                Hinweise für Lehrer/innen
geht auf den Umstand ein, dass diejenigen, die         kann effiziente Hilfe nur über nichtstaatliche
am stärksten vom Klimawandel betroffen sind,           Organisationen geleistet werden. Oder es
oft zu Bevölkerungsgruppen gehören, die über           werden Kooperationsformen vereinbart, bei
wenige Ressourcen und Fähigkeiten verfügen,            denen Geldflüsse von außen kontrolliert und
sich eine alternative Existenz aufzubauen. Der         Hilfsleistungen in gemeinsamer Verantwor­
Text erweitert die Perspektive und geht vor            tung abgewickelt werden.
allem auf das Land Bangladesch ein, das beson­
ders schwer von den Folgen des Klimawandels            Informationen im Kartenausschnitt: Der
getroffen ist. Viele der Aussagen gelten auch für      südliche Teil Bangladeschs ist Mündungsge­

                                                                                                                Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
die Menschen aus Tuvalu.                               biet großer Flüsse und sehr flach. Die Grafik
                                                       zeigt, dass ein etwa 100 Kilometer breiter
   Umweltveränderungen als Fluchtursache:              Streifen Land bei einem Meeresspiegelan­
   Überflutung und damit einhergehend Zerstö­          stieg um einen Meter stark gefährdet ist. Die
   rung von Siedlungen, Äckern und Infra­              Versalzung des Bodens hat sich im Laufe von
   struktur, Häufung extremer Wetterereignisse         dreißig Jahren bis zu 50 Kilometer weit ins
   wie Dürren oder Stürme; oft sind Umwelt­            Innere ausgebreitet, vor allem im Südwesten
   veränderungen nicht alleiniger Auslöser von         des Landes.
   Migration, sondern in Verbindung mit politi­
   schen, wirtschaftlichen oder sozialen Prob­      Ein Aspekt, der für die Wahrnehmung des Films
   lemen.                                           THULETUVALU vermutlich eine große Rolle
                                                    spielt, wird in Arbeitsmaterial F 7 aufgegriffen:
   Gerechtigkeitsprobleme: In den Breiten,          Die außergewöhnlichen Landschaftsräume,
   in denen die Folgen des Klimawandels am          die Präsenz der Natur. Die Natur sorgt für eine
   stärksten ausgeprägt sind, liegen viele          emotionale Unterlegung des Geschehens, weil

                                                                                                                 Arbeitsmaterialien zum Film
   Länder, die nicht zu den Hauptverursa­           sie bei vielen Zuschauern/innen mehr oder
   chern zählen. Aber auch innerhalb einzelner      weniger bewusst Sehnsüchte und Ängste weckt.
   Staaten und Gesellschaften gibt es eine          Die Kargheit des nördlichen Grönland, die Kälte
   ungerechte Lastenverteilung: Ärmere Bevöl­       und Abgeschiedenheit stehen in einem sonder­
   kerungskreise siedeln oft an Orten, die          baren Kontrast zu den Bildern von Tuvalu, das
   besonders stark durch extreme Unwetter,          auf den ersten Blick in Erscheinung tritt wie das
   Überschwemmungen, Erdrutsche usw.                Klischee eines Inselparadieses.
   gefährdet sind. Oft sind diese Menschen in
   besonderer Weise von Landwirtschaft und          Um die Schüler/innen dafür zu sensibilisieren,
   Fischerei abhängig, ein weiterer Risikofaktor    dass mit „Natur“ verschiedenste, kulturell und
   mit Blick auf die Folgen des Klimawandels.       politisch geprägte Vorstellungen verknüpft
                                                    sein können, werden sie zunächst aufgefordert,
   Menschen, die aus Tuvalu auswandern wollen:      eigene Vorstellungen von Natur zu formulieren
   Nach dem geltendem Recht sind sie keine          und zu ordnen. Zudem werden sie mit drei
   Flüchtlinge, weil die Fluchtgründe (Verfol­      markanten Beispielen konfrontiert, die jeweils
   gung) in Tuvalu nicht vorliegen.                 eigene Naturideale einschließen:
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   13

                                                                                                                  Der Film
   Ein Reisekatalog verspricht ein hochwer­         Töten von Tieren für den eigenen Unterhalt zu
   tiges Naturerlebnis auf einer Südseeinsel        sorgen. Anzeichen für eine emotionale Über­
   und appelliert damit an die Sehnsucht nach       höhung, wie sie in den Textbeispielen zum
   Einsamkeit, Exotik, Ursprünglichkeit. Der        Ausdruck kommt, sind bei den Protagonisten/
   Hinweis auf den hohen Preis verweist darauf,     innen des Films kaum zu entdecken.

                                                                                                                 Hinweise für Lehrer/innen
   dass Naturerlebnisse im Kontext einer
   erlebnisorientierten Gesellschaft Teil von       Arbeitsmaterial F 8 geht auf die filmische
   Geschäftsprozessen geworden sind; zudem          Dramaturgie von THULETUVALU ein. Sie ist von
   kann hier auch auf die Widersprüchlichkeit       der parallelen Erzählung an zwei Schauplätzen
   zwischen vermeintlicher Naturnähe und den        geprägt. Dieser Wechsel wird überlagert vom
   hohen Umweltkosten der Anreise hinge­            inhaltlichen Fortgang der Filmerzählung, die sich
   wiesen werden.                                   dem Thema Klimawandel langsam nähert und
                                                    es behutsam einkreist: Erst nach etwa zwanzig
   Der Abenteurer steht für eine andere Art von     Minuten wird das Thema in den Film eingeführt;

                                                                                                                 Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
   Ideal, das oft mit Natur verbunden wird: die     es werden zunächst die sichtbaren Auswir­
   Eroberung abgeschiedener und menschen­           kungen von Naturveränderungen beschrieben,
   feindlicher Orte, Kampf mit den Naturge­         ein politischer Kontext hergestellt und schließ­
   walten, körperliche Extremerfahrung. Die         lich der Blick in die Zukunft gerichtet.
   klischeehafte Formulierung von den „letzten
   Abenteuern“ mag auch Zweifel an dieser           Mit Blick auf die filmische Dramaturgie sind
   Art von Naturerlebnis aufkommen lassen:          vor allem die Übergänge zwischen den beiden
   Es handelt sich zumeist um nachgestellte         Schauplätzen interessant: Sie entscheiden mit
   Touren (z.B. „auf den Spuren von …“), die in     darüber, auf welche Weise die Zuschauer/innen
   einer komplett vermessenen und durchtech­        eine Verbindung zwischen beiden weit ausein­
   nisierten Welt keine äußere Funktion haben,      ander liegenden Welten herstellen. Am Beispiel
   sondern nur der subjektiven Grenzerfahrung       eines solchen Übergangs können die Schüler/
   dienen.                                          innen darüber nachdenken, wie Zuschauer/
                                                    innen durch den Schnitt Geschehnisse interpre­
   Der Heimatverein steht für einen dritten         tieren und Zusammenhänge herstellen.

                                                                                                                  Arbeitsmaterialien zum Film
   Blick auf die Natur: Das Interesse an ökologi­
   schen und naturgeschichtlichen Zusammen­            Sollte ein Dokumentarfilm „spannend“ sein?
   hängen in der eigenen Umgebung, Wissen              Sicher ist die Spannung nicht vergleichbar
   über bedrohte Tier- und Pflanzenarten und           mit der eines Thrillers, aber es ist für einen
   Veränderungen in der Naturlandschaft. Diese         Dokumentarfilm selbstverständlich wichtig,
   Haltung kann als Gegenbewegung zur Verun­           über die gesamte Dauer die Neugier und
   sicherung durch eine komplexe und globali­          das Interesse der Zuschauer/innen aufrecht
   sierte Welt betrachtet werden.                      zu erhalten. THULETUVALU lässt sich viel
                                                       Zeit, sein Thema zu entfalten. Der Film hält
In einem weiteren Schritt können die Schüler/          Antworten zurück und zeigt erst nach und
innen reflektieren, welche Rolle die Natur für         nach, wie sehr die Folgen des Klimawan­
die Protagonisten/innen des Films THULETU­             dels das Leben in Tuvalu bereits beeinträch­
VALU spielt. Sie leben in einem sehr engen             tigen. Einzelne Sequenzen, wie der Besuch
Verhältnis zur Natur, sie beobachten sie sehr          einer von Meerwasser überspülten Senke
intensiv und nutzen sie. Das gilt für beide            auf Nanumea oder der Jagdausflug auf
Schauplätze in gleicher Weise. Es zeigt sich           dem labilen Eisuntergrund, bilden in sich
einerseits eine Haltung des Respekts, aber             geschlossene Episoden mit einem eigenen
andererseits auch die Bereitschaft, durch das          Spannungsbogen.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   14

                                                                                                          Der Film
                                                                                                         Hinweise für Lehrer/innen
                                                                                                         Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Kombination der beiden Schauplätze: In          Szenenübergang: Der Übergang verbindet
den beiden Erzählsträngen gibt es Paral­        die beiden Sequenzen durch die große
lelen und extreme Gegensätze. Das macht         Ähnlichkeit des Bildaufbaus und des Motivs.
die Erzählung insgesamt interessant. Der        Beide Männer bewegen sich im flachen
Film ist so angelegt, dass sich die beiden      Wasser, sie tun etwas, das zu ihrem tägli­
Erzählstränge gegenseitig spiegeln. Indem       chen Leben gehört und das ihre Vertraut­
sie eine Geschichte doppelt erzählen,           heit mit dem Meer zum Ausdruck bringt. Der
verweisen sie auf das große Ganze. Der          Übergang kann als Match Cut bezeichnet
Film erzählt zwar von den Rändern der Welt,     werden; die Ähnlichkeit der Bildmotive ist so
aber in Wirklichkeit führt er geradewegs        groß, dass diese durch die Doppelung einen
ins Zentrum. Es geht um Veränderungen           symbolhaften Charakter erhalten. Zudem
von globalen Ausmaßen – und sie werden          kennzeichnet dieser Schnitt auf subtile
gerade deswegen so anschaulich, weil der        Art die Beziehung zwischen den Schau­
Filmemacher die Zuschauer/innen in die          plätzen: Soweit die Männer auch vonein­

                                                                                                          Arbeitsmaterialien zum Film
absolute Peripherie der modernen Zivilisa­      ander entfernt sind, sie stehen beide in dem
tion mitnimmt. Der Filmtitel THULETUVALU        Wasser, das überall auf der Erde ansteigt.
verdeutlicht das Erzählprinzip des Films: Er
lässt die beiden Namen eng zusammenrü­
cken und setzt so die Orte in eine Beziehung;
es entsteht ein neues, rätselhaft klingendes
Wort, in dem die beiden Bestandteile aber
noch erkennbar sind.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   15

Arbeitsmaterial D1 "Meeresforschung und Klimawandel"

                                                                                                                   Der Film
   „Der Klimawandel läuft“

                                                                                                                  Hinweise für Lehrer/innen
Interview mit dem Meeresforscher Hans-Otto Pörtner

                                               Hans-Otto Pörtner ist einer der renommiertesten
                                               deutschen Meeresbiologen und Klimaforscher. Seit
                                               2005 arbeitet er am Alfred-Wegener-Institut, Helm­
                                               holtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, in
                                               Bremerhaven. Dort erforscht er unter anderem die
                                               Auswirkungen des Klimawandels auf die marinen

                                                                                                                  Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
                                               Ökosysteme und einzelne Organismen. Auch mit der
                                               Rekonstruktion von Klimaveränderungen in früheren
                                               Epochen der Erdgeschichte beschäftigt er sich.

   2015 wurde Pörtner zusammen mit Debra Roberts aus Südafrika zum Vorsitzenden der Arbeits­
   gruppe II beim Weltklimarat (IPCC) gewählt. Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit den Risiken
   und Folgen des Klimawandels sowie mit Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel. Die
   Arbeitsgruppe wird den entsprechenden Abschnitt im nächsten Weltklimabericht erstellen, der
   bis zum Jahr 2022 erscheinen soll.

Meeresforschung ist ja ein weites Feld mit            In der Öffentlichkeit werden die Ozeane vor
vielen verschiedenen Disziplinen – Biologie,          allem mit Blick auf den Meeresspiegelan­
Geowissenschaften, Chemie, Physik - wie               stieg wahrgenommen. Sind die Verände­

                                                                                                                   Arbeitsmaterialien zum Film
wichtig ist das Thema Klimawandel in der              rungen, die Sie gerade genannt haben, in der
Meeresforschung?                                      allgemeinen Wahrnehmung bislang unter­
Das Thema hat einen sehr hohen Stellenwert,           schätzt worden?
weil sich letztendlich das gesamte Funktionsge­       Das ist sicherlich so. Unterschätzt wird zum
füge der Ozeane unter dem Klimawandel verän­          einen die Bedeutung der Ozeane für die Klima­
dert: Wir haben Veränderungen in den Ozean­           regulation. Ohne die großen Wasserflächen
strömungen, in der Temperatur, im CO2-Gehalt          hätten wir sehr viel extremere Ausschläge bei
und im Sauerstoff-Gehalt; an den Stellen, an          den Klimaveränderungen. Die Ozeane puffern
denen die Ozeane mit Eisflächen in Berührung          sehr viel ab, sie verzögern den Klimawandel. Die
sind, sinkt der Salzgehalt und wir haben eine         zusätzlich aufgenommene Wärme ist bislang zu
Aussüßung; vor allem in den Sommermonaten             93 Prozent in die Ozeane gegangen. Die Ozeane
verschwindet die Meereisdecke in der Arktis.          verlangsamen auch den CO2-Anstieg in der
Um wieder eine Situation zu erreichen, die vom        Atmosphäre, sie haben bislang schon ein Viertel
Menschen unbeeinflusst ist, müssen wir zwei           des menschengemachten CO2 aufgenommen –
Jahrhunderte, also vor den Beginn der Industria­      um den Preis der Ozeanversauerung.
lisierung, zurückgehen.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   16

  Arbeitsmaterial D1 "Meeresforschung und Klimawandel"

                                                                                                                   Der Film
  Diese Details werden in der Öffentlichkeit noch    wärmer wird. Das passiert in immer größeren

                                                                                                                  Hinweise für Lehrer/innen
  viel zu wenig gesehen. Aber auch beim Meeres­      Zeiträumen und immer großflächiger. Das Great
  spiegel zeigen die jüngeren Ergebnisse, dass da    Barrier Reef vor Australien hat durch diesen
  eine Dimension denkbar ist, die wir uns bisher     Effekt und durch andere menschliche Einflüsse
  noch nicht vorgestellt haben. Wir sprechen         bereits 50 Prozent seiner lebenden Korallen
  bisher vom Meeresspiegelanstieg zwischen 40        verloren. Gerade in letzter Zeit hat es durch
  und 70 Zentimeter bis zum Ende des Jahrhun­        den El Niño-Effekt¹ noch einmal einen größeren
  derts. Aber wenn wir erdgeschichtliche Perioden    Schub gegeben. Kurzfristig können sich die
  betrachten, die vergleichbare Temperaturen         Korallen von solchen Bleichen erholen, aber
  oder CO2-Konzentrationen hatten, dann sehen        langfristig sterben sie ab.
  wir, dass die Erde auch höhere Meeresspiegel

                                                                                                                  Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
  realisieren kann. Die Eismengen, die noch auf      Welche Bedeutung haben die Korallen im
  den Kontinenten dieses Planeten lagern, reichen    gesamten System des Ozeans?
  aus, um einen Meeresspiegelanstieg von über        Die Warmwasserkorallen finden wir zwischen
  60 Metern zu ermöglichen.                          30° nördlicher Breite und 30° südlicher Breite,
                                                     dort, wo die Sonneneinstrahlung besonders
  Sie können sich vorstellen, dass das für die       hoch und das Wasser besonders klar ist. Korallen
  menschliche Zivilisation, die sich überwiegend     sind so genannte Ökosystem-Ingenieure – die
  in Küstennähe angesiedelt hat, nicht wünschens­    bauen ein ganzes Ökosystem. Und in diesen
  wert ist. Wir müssen heute Entscheidungen          Riffen findet sich eine Vielfalt an Lebewesen,
  darüber treffen, welches Ausmaß die Probleme       vergleichbar mit der Vielfalt der tropischen
  für zukünftige Generationen haben werden.          Regenwälder, an deren Schicksal wir ja auch
                                                     kräftig arbeiten.

                                                                 Wir werden, je nachdem, welche
„Wir werden, je nachdem, welche globale

                                                                                                                   Arbeitsmaterialien zum Film
                                                                 globale Temperaturentwicklung wir
Temperaturentwicklung wir erreichen,                             erreichen, die Korallenriffe groß­
die Korallenriffe großflächig verlieren.“                        flächig verlieren. Wenn wir das
                                                                 ehrgeizige 1,5-Grad-Ziel² erreichen,
                                                                 das Paris sich Ende letzten Jahres
  Können Sie ein Beispiel nennen, wo die             gesetzt hat, würden wir trotzdem 90 Prozent
  Folgen dieser Veränderungen jetzt schon            der Warmwasserkorallenriffe gefährden. Diese
  sichtbar sind?                                     Systeme werden nicht komplett aussterben,
  Ein wichtiges Ökosystem, das vom Klimawandel       aber sie werden da, wo sie verschwinden,
  massiv beeinträchtigt ist, ist das der Warmwas­    auch ihre Dienstleistungen für den Menschen
  serkorallenriffe. Wir haben dort einen zentralen   einstellen. Der Mensch ernährt sich von den
  Prozess, der unter Erwärmung stattfindet: das      Fischen, die mit diesen Riffen assoziiert sind.
  ist die Korallenbleiche. In den Korallen leben     Die Riffe haben auch oft eine Schutzfunktion
  symbiontische Algen, die Sonnenlicht einfangen     vor Stürmen und Wellen. Nicht zuletzt haben
  und die Korallen mit organischem Material, also    diese Riffe auch eine wichtige Funktion im
  mit Energie versorgen. Diese Algen werden          Tourismus, was gerade in den Entwicklungslän­
  von ihrem Wirt abgestoßen, wenn das Wasser         dern eine große Rolle spielt.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   17

Arbeitsmaterial D1 "Meeresforschung und Klimawandel"

                                                                                                                        Der Film
                                                                                                                       Hinweise für Lehrer/innen
                                                                                                                       Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Gesunde Korallen (links) bilden das Zentrum ganzer Ökosysteme. Bei zu hohen Wassertemperaturen stoßen
sie die Algen ab, mit denen sie in einer Symbiose leben. Es kommt zur so genannten Korallenbleiche (rechts)
und zum Absterben der Korallen.

                                                         Das sind Organismen, die für die Nahrungsketten
„Wir sehen den Beginn eines                              eine wichtige Funktion haben und auch vom
weiteren Massensterbens.“                                Menschen an den Küsten durch Fischerei genutzt
                                                         werden.
Sie haben eine ganze Reihe von Verände­
rungen genannt, die unmittelbare oder                    Wenn es um den Bereich des abschmelzenden
mittelbare Folge des vom Menschen verur­                 Meereises in der Arktis geht, dann gibt es da
sachten Klimawandels sind. Wie gut                       sicher auch Ungewissheiten, aber wir haben

                                                                                                                        Arbeitsmaterialien zum Film
verstehen Sie denn heute das gesamte System              beispielsweise eine recht zuverlässige Prog­
Ozean, um präzise Vorhersagen zu machen?                 nose, dass wir in den Sommermonaten irgend­
Die Sicherheit der Prognosen unterscheidet               wann eine eisfreie Arktis haben werden, wenn
sich hinsichtlich der einzelnen Phänomene. Eine          wir über das 1,5-Grad-Ziel deutlich hinaus­
sehr sichere Prognose haben wir im Bereich der           gehen werden. Dieses System wird dann
Ozeanversauerung, weil die Versauerung direkt            verschwinden – und das wiederum hat Rück­
davon abhängt, wie viel CO2 wir in der Atmo­             kopplungseffekte in das globale Klimasystem:
sphäre anreichern. Bisher sind wir auf einer             Wenn der arktische Ozean mit Eis bedeckt
Linie, die einer ungebremsten CO2-Zunahme                ist, dann ist die Wärmeaufnahme sehr viel
entspricht – und da kann man berechnen, wie              geringer, als wenn er eisfrei ist.
sich der Säuregrad im Ozean verändern wird.
                                                         Kurz gesagt: Es gibt unterschiedliche Unsicher­
Etwas unsicherer – aber auch noch relativ präg­          heiten, je nachdem, welches Phänomen man sich
nant – ist die Prognose darüber, welche Auswir­          ansieht. Was man mit Sicherheit sagen kann, ist,
kungen dieses CO2 auf die einzelnen Orga­                dass der Mensch gut beraten ist, nicht zu warten,
nismen hat. Da sehen wir unterschiedliche                bis die Unsicherheiten verschwinden. Er wäre gut
Empfindlichkeiten. Kalkbildner – Muscheln,               beraten, Entscheidungen zu fällen, die Vorsorge
Schnecken und auch wieder die Korallen – sind            treffen, damit die prognostizierten Extreme nicht
besonders betroffen, auch Seeigel und Seesterne.         eintreffen. Der Klimawandel läuft – wir sehen
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   18

Arbeitsmaterial D1 "Meeresforschung und Klimawandel"

                                                                                                                 Der Film
Auswirkungen auf allen Kontinenten und in allen     wird, in einem anderen Licht erscheinen lassen.

                                                                                                                Hinweise für Lehrer/innen
Weltmeeren. Ich denke, auch wenn die Prognosen      Diese Schutzzonen funktionieren ähnlich
eine gewisse Schwankungsbreite haben, sind sie      wie Naturschutzpark und es ist wichtig, diese
doch sicher genug, um zu einem konsequenten         Schutzgebiete, einzurichten – da möchte ich
Handeln anzuregen.                                  nicht falsch verstanden werden – aber es kann
                                                    durchaus passieren, dass geschützte Arten aus
Wie weit kann sich die Natur im Bereich der         diesen Bereichen auswandern, weil sie es dort
Ozeane an solche deutlichen Veränderungen           temperaturmäßig nicht mehr aushalten.
anpassen – oder führen veränderte Lebens­
bedingungen zwingend zum Aussterben der
betreffenden Arten?                                 „Die Umstellung von alten

                                                                                                                Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Die Veränderungen der Nahrungsketten werden
auch dazu führen, dass Arten verloren gehen. Das
                                                    auf neue Technologien, die
ist ein ganz typisches Phänomen, das wir auch in    keine fossile Energie
allen erdgeschichtlichen Krisensituationen, die
oft von einem Klimawandel ausgelöst wurden,
                                                    einsetzen, ist essenziell.“
beobachten können. Hier ist es schon durchaus
berechtigt, den jetzigen Klimawandel, der ja erst   Sind das die Probleme, die Sie auch in Ihrer
am Anfang steht, als den Beginn eines weiteren      Tätigkeit als Ko-Vorsitzender einer Arbeits­
Massensterbens der Erdgeschichte zu sehen –         gruppe für den nächsten IPCC-Bericht
auch wenn wir das Ausmaß noch nicht erreicht        beschäftigen?
haben und es noch in der Hand haben, ob wir         Das ist so. Wir werden im Rahmen des
dieses Ausmaß wirklich erreichen werden.            nächsten Weltklimaberichtes auch einen
                                                    Sonderbericht zu den Ozeanen und zur Kryo­
Man muss sehen, dass die gesamte Biosphäre          sphäre³ erstellen. Wir werden uns dabei auch

                                                                                                                 Arbeitsmaterialien zum Film
durch den Klimawandel umgewälzt wird. Das           anschauen, wie sich diese Bereiche bei unter­
betrifft die Ozeane, aber natürlich auch die        schiedlichen Szenarien verändern werden – in
Ökosysteme an Land. Organismen wandern aus          der Annahme, dass der Mensch jetzt wirklich
ihren angestammten Lebensräumen ab, weil            entschlossen beginnt, seinen Einfluss auf das
die Temperaturen dort nicht mehr tolerierbar        Weltklima zurückzuführen und bestimmte
sind. Sie folgen ihren bevorzugten Temperatur­      Klimaziele zu erreichen versucht. So wurde das
bereichen – und die verlagern sich im Schnitt       ja 2015 in Paris diskutiert, wo gesagt wurde,
polwärts. Dadurch kommt es zu einer Durch­          wir wollen deutlich unter zwei Grad, möglichst
mischung von Ökosystemen. All diese Umwäl­          auch unter 1,5 Grad bleiben.
zungen führen zu einem massiven Druck auf die
Fitness einzelner Arten, die dabei letztendlich     Die Motivation liegt darin, dass wir sehen, was
unter die Räder kommen können.                      bei noch stärkerem Klimawandel passiert und
                                                    welche Auswirkungen wir vermeiden können,
Insgesamt sind das Umwälzungen, die zum             wenn wir erfolgreich Klimapolitik machen. Diese
Beispiel auch das Einrichten von Meeresschutz­      Fragestellungen werden im nächsten Weltklima­
zonen, was im Augenblick intensiv diskutiert        bericht eine große Rolle spielen.
ThuleTuvalu Pädagogisches Begleitmaterial   19

Arbeitsmaterial D1 "Meeresforschung und Klimawandel"

                                                                                                                  Der Film
Sind Sie seit der Weltklimakonferenz in              geben müssen. Der Infrastrukturaufbau in

                                                                                                                 Hinweise für Lehrer/innen
Paris 2015 optimistischer geworden, dass ein         den Entwicklungsländern muss mit erneuer­
Umschwung bei der weltweiten CO2-Emission            baren Energien erfolgen. Es kann ja nicht sein,
gelingen kann? Bislang hat man ja den                dass dort noch riesige Kohlekraftwerke gebaut
Eindruck, dass trotz lokaler Erfolge eine wirk­      werden – die würden jeden Klimaschutz in den
liche Wende noch nicht gelungen ist.                 Industrieländern ad absurdum führen.
Diese Beobachtung würde ich unterstreichen.
Auf jeden Fall war Paris ein Paukenschlag, weil      Eine Frage zum Schluss, die in eine andere
sich die Welt auf der Basis wissenschaftlicher       Richtung geht: Im Zuge des Klimawandels
Erkenntnisse darauf geeinigt hat, ein Klimaziel      wird Natur zunehmend auch als Bedro­
anzusteuern. Und nun wird es darum gehen, die        hung wahrgenommen. Glauben Sie, dass die

                                                                                                                 Arbeitsmaterialien „Meeresforschung“
Denkstrukturen in den Gesellschaften und die         Menschen in dieser Situation verlernen, die
Investitionsflüsse zu verändern. Man muss sich       Natur in ihrer Vielfalt und Schönheit wahr­
vorstellen, dass die Menschheit die fossilen Ener­   zunehmen?
gieträger noch immer drei- bis viermal so stark      Man könnte es so sehen: Wir haben ein Risiko,
subventioniert wie die erneuerbaren Energie­         das sich abzeichnet und größer wird. Und wir
träger. Wie sollen die erneuerbaren Energieträger    haben die Möglichkeit, dagegen anzusteuern.
sich da durchsetzen?                                 Es bringt ja nichts, die Hände in den Schoß zu
                                                     legen. Man sollte die Risiken als Motivation
Die Umstellung von alten auf neue Technologien,      betrachten, um dagegen etwas zu unternehmen.
die keine fossile Energie einsetzen, ist essen­      Die Schönheit der Natur bleibt uns umso mehr
ziell. Es gibt eine große Trägheit in der Umset­     erhalten, je mehr wir in der Lage sind, diese
zung, aber es gibt jetzt nach Paris auch in vielen   Risiken zu reduzieren, und umso mehr wir
Regierungen ein intensives Bemühen, wie man          uns bewusst machen, was wir dort letztend­
hier vorankommen kann. Denken Sie an anste­          lich riskieren und wie sehr wir die Grundlagen

                                                                                                                  Arbeitsmaterialien zum Film
hende Entscheidungen in den Niederlanden und         menschlichen Lebens gefährden, wenn wir den
Norwegen, Autos mit Verbrennungsmotoren in           Klimawandel ungebremst weiterlaufen lassen.
den nächsten Jahren komplett von der Neuzu­
lassung auszuschließen. Da kann man sagen,           Wir haben es in der Hand – auch wenn der
das ist eine Entscheidung in die richtige Rich­      einzelne vielleicht das Gefühl hat, er sei
tung – die kann natürlich leichter in Ländern        ohnmächtig. Jeder kann durch Mitarbeit in
getroffen werden, die keine Autoindustrie haben      Organisationen, in Vereinen oder in der Politik
und in denen die Autoindustrie nicht durch ihre      dazu beitragen, dass der Wandel, der kommen
Lobbyarbeit auf alten Rezepten beharrt.              muss, schneller erfolgt und damit für die
                                                     Menschheit letztendlich auch eine bessere Welt
Insofern gibt es Bewegung. Es wird einen             gebaut wird.
intensiven Interessensausgleich zwischen
Entwicklungsländern und Industrieländern             Vielen Dank für das Gespräch.
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