GROẞFORSCHUNG Zukunftsfragen und ungelösten Rätseln auf der Spur - SEK
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DAS MAGAZIN FÜR FORSCHUNG, LEHRE, INNOVATION THE MAGAZINE FOR RESEARCH, TEACHING, INNOVATION AUSGABE/ISSUE #04/2021 ISSN 1869-2311 Zukunftsfragen und ungelösten Rätseln auf der Spur GROẞFORSCHUNG SPITZENFORSCHUNG: BESCHLEUNIGER DESIGNED @ KIT TOP RESEARCH: ACCELERATORS DESIGNED @ KIT SPITZENWERTE: SUPERCOMPUTER HOREKA TOP VALUES: SUPERCOMPUTER HOREKA SPITZENPRÄZISION: GROSSEXPERIMENT KATRIN TOP PRECISION: LARGE-SCALE EXPERIMENT KATRIN KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu
MOVE THE WORLD. MOVE YOUR FUTURE. WIR BIETEN EINE VIELZAHL AN IT-STELLEN, DARUNTER: n SOFTWARE ENGINEER (m/w/d) Logistik-Systeme n REQUIREMENTS ENGINEER (m/w/d) Logistik-Systeme n IMPLEMENTATION ENGINEER (m/w/d) EDI IN MALSCH GEMEINSAM DIE WELT VERNETZEN. IT-Kompetenz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unseres Unternehmens. Über 800 IT-Spezialisten bilden unsere leistungsstarke und globale IT. Mit ihrem Know-how tragen sie Tag für Tag zu einem gesunden Wachstum bei – auch hier vor Ort in Malsch. Die vielfältigen Aufgaben, die umfangreichen Weiterbildungsprogramme und die Möglichkeit eigene Ideen einbringen zu können, machen unsere IT zu einem attraktiven Arbeitgeber. Gestalte aktiv deine berufliche Zukunft und werde mit uns Taktgeber der Weltwirtschaft. Gemeinsam vernetzen wir die Welt – und dafür brauchen wir dich! BEWIRB DICH JETZT IN UNSERER CORPORATE IT Alle offenen IT-Stellen findest du unter: dachser.de/karriere DACHSER SE • Head Office • Andre Franke Thomas-Dachser-Straße 2 • 87439 Kempten • Tel.: +49 831 5916 1541 • andre.franke@dachser.com
> 0421 EDITORIAL Holger Hanselka, Foto/Photograph: Markus Breig LIEBE LESERINNEN UND LESER, Als eine der größten Wissenschaftseinrichtungen Europas vereint das KIT – „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemein- schaft“ universitäre Tradition mit programmorientierter For- schung. Dadurch bietet das KIT Forscherinnen und Forschern Rahmenbedingungen, die im deutschen Wissenschaftssystem einzigartig sind: Nirgendwo sonst können sie die Infrastruktur einer Großforschungseinrichtung nutzen und dabei an einer Exzellenzuniversität über alle disziplinären Grenzen von Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts-, Geistes- und Sozialwissenschaften hin- weg zusammenarbeiten. Im Interview berichtet Professor Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung des KIT, über die Geschichte der „Big Science“ in Karlsruhe. Er erzählt, was sie heute ausmacht und welche Ideen DEAR READER, er für die Zukunft hat (Seite 10). As one of the biggest science institutions in Europe, KIT – The Re- Der von Professorin Anke-Susanne Müller, Leiterin des Instituts für search University in the Helmholtz Association combines university Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT, initiierte For- tradition with program-oriented research. The opportunities of- schungsverbund „Accelerator Technology Platform“ (ATP) am KIT fered to KIT’s researchers are accordingly unique in the German vereint erfolgreich die Stärken von Großforschungseinrichtung science system: Nowhere else can researchers use the infrastruc- und Universität, um die großen Forschungsinfrastrukturen von ture of a large-scale research center and collaborate at a University morgen zu entwickeln. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und of Excellence across the disciplines of natural sciences, engineer- Wissenschaftler arbeiten an neuen Beschleunigertechnologien – ing, economics, the humanities, and social sciences. von den Komponenten bis zum kompletten System (Seite 14). In an interview, Professor Oliver Kraft, KIT’s Vice-President for Re- search, speaks about the history of big science in Karlsruhe, big Ab Seite 20 stellen wir Ihnen den neuen Hochleistungsrechner science today, and his ideas for the future (see page 13). Karlsruhe, HoreKa, am KIT vor. Der Supercomputer gehört zu The “Accelerator Technology Platform” (ATP) initiated by Professor den 15 schnellsten Rechnern Europas. Mit seiner Leistung ermög- Anke-Susanne Müller, Head of KIT’s Institute for Beam Physics and licht er es, Lösungen für drängende Herausforderungen in der Technology (IBPT), successfully pools the strengths of a large-scale Energie- und Klimaforschung, in der Forschung für die nachhalti- research institution and a university to develop tomorrow’s big re- ge Mobilität oder in der Medizin zu finden. search infrastructures. ATP’s scientists are working on new accel- erator technologies, from components to a complete system (see Um unser Klima geht es auch in der Großforschungsanlage AIDA. page 19). Auf Seite 32 lesen Sie davon, wie Dr. Ottmar Möhler und On page 22, we present the new Karlsruhe High-performance Dr. K ristina Höhler vom Institut für Meteorologie und Klimafor- Computer, HoreKa. At the time of its commissioning, this super- schung (IMK) des KIT in der Wolkenkammer die Auswirkungen computer was among the 15 fastest computers in Europe. Its ca- von Aerosolen auf Wetter und Klima untersuchen. pacity enables us to find solutions for pressing challenges in energy and climate research, sustainable mobility research, and medical Das weltweit einzigartige Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment research. KATRIN liefert wichtige Erkenntnisse in der Grundlagenforschung Climate also is the focus of the AIDA large-scale research facility. zu Neutrinos. Ab Seite 24 erhalten Sie einen Einblick, wie die Read on page 30 how Dr. Ottmar Möhler and Dr. Kristina Höhler präziseste Waage der Welt die Masse der geheimnisvollen Ele- from KIT’s Institute of Meteorology and Climate Research (IMK) mentarteilchen bestimmt. study the impacts of aerosols on weather and climate in this cloud chamber. Viel Vergnügen bei der Lektüre! The unique Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment, KATRIN, pro- vides important findings in fundamental research relating to neu- Ihr trinos. On page 26, you will obtain insight into how the most pre- cise scales in the world measure the mass of these mysterious el- ementary particles. Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka Enjoy reading! Präsident des KIT // President of KIT Yours,
> 0421 INHALT AUSGABE / ISSUE # 04 /2021 INHALT / CONTENT BLICKPUNKT / FOCUS 10 – 13 INTERVIEW MIT DEM VIZEPRÄSIDENTEN FÜR FORSCHUNG, OLIVER KRAFT: GROSSFORSCHUNG. DEN WANDEL GESTALTEN Interview with Vice-President Research Oliver Kraft: Big Science. 24 Shaping the Change 34 – 39 14 – 19 WASSERSTOFFTECHNOLOGIEN FORSCHUNGSPLATTFORM ATP: FÜR DIE ENERGIEWENDE BESCHLEUNIGER FÜR EXZELLENTE Hydrogen Technologies for the FORSCHUNG – DESIGNED @ KIT 10 Research Platform ATP: Accelerators Energy Transition for Excellent Research Designed @ KIT 40 – 41 NACHRICHTEN 20 – 23 News SUPERCOMPUTER HOREKA: SPITZE BEI GESCHWINDIGKEIT UND ENERGIEEFFIZIENZ GESICHTER / FACES Supercomputer HoreKa: Highest Values in Speed and Energy Efficiency 42 – 46 FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR 24 – 28 KNMFI: VANESSA TROUILLET MACHT GROSSEXPERIMENT KATRIN: UNSICHTBARES SICHTBAR GEISTERTEILCHEN AUF DER WAAGE Research Infrastructure KNMFi: Large-scale Experiment KATRIN: Vanessa Trouillet Makes the Invisible Ghost Particles on the Scales Visible 29 AUSGRÜNDUNG: DAS START-UP C ATAVIS ENTWICKELT BIOKATALYSATOREN FÜR EINE 42 NACHHALTIGERE CHEMIE Startup: Startup Catavis Develops Biocatalysts for a Sustainable Chemistry 30 – 33 CLOUD CHAMBER AIDA: A PIECE OF SKY UNDER OBSERVATION Wolkenkammer AIDA: Ein Stück Himmel unter Beobachtung
> 0421 CONTENT ILLUSTR ATION TITEL: DOMINIK A ROGOCK A 48 47 : KIT SCIENCE WEEK – KARLSRUHE IM ZEICHEN VON KI : KIT Science Week – AI Takes Center Stage in Karlsruhe ORTE / PLACES 48 – 52 INSTITUT FÜR BIOLOGISCHE UND CHEMISCHE SYSTEME: SUCHE NACH DEM PASSENDEN WIRKSTOFF Institute of Biological and Chemical Systems: The Search for Suitable Active Substances HORIZONTE / HORIZONS 53 AUF EINE FRAGE: HYPERLOOP – 58 – 62 MOBILITÄT DER ZUKUNFT ODER GEOWISSENSCHAFTEN: AUFBRUCH SCIENCE FICTION? ZUM ENERGIESYSTEM DER ZUKUNFT Just a Question: Hyperloop – Mobility Geosciences: Departure to the Energy of the Future or Science Fiction? System of the Future 63 WEGE / WAYS UND SONST: EMISSIONS-HOTSPOTS 54 – 56 AUF DER SPUR What Else: Tracking Emission Hotspots 54 DEEPFAKES: ZU GUT GEFAKT, UM WAHR ZU SEIN Deepfakes: Too Good to Be True Unser Online-Dossier zur Ausgabe finden Sie unter: 57 https://www.kit.edu/kit/grossforschung.php INTERNATIONAL NEWS For our online dossier relating to this issue, click: Internationale Nachrichten https://www.kit.edu/kit/grossforschung.php
> 0421 FOCUS 7 Großes Bauprojekt Der Assuan-Staudamm versorgt Ägypten seit 50 Jahren mit Strom. Bis zu seiner Einweihung im Januar 1971 bauten über 30 000 Arbeiterinnen und Arbeiter zehn Jahre lang an dem fast zwei Kilometer langen und an der Basis über 30 Meter breiten Jahrhundertbauwerk. Der Damm staut den Nil zum 500 Kilometer langen Nassersee auf, dessen Fläche zehnmal so groß ist wie die des Bodensees. Durch die Staumauer können die Ackerflächen in der Region ganzjährig bewässert werden. Die Auswirkungen von Dürreperioden und Überflutungen werden abgemildert. Der massive Eingriff in den Kreislauf der Natur hat jedoch auch negative Folgen: Die Böden versalzen und laugen aus, die Ernteerträge werden geringer, was künst- liches Düngen unumgänglich macht. Erosion, schlechte Was- serqualität und ein steigender Druck auf das Grundwasser sind weitere unerwünschte Konsequenzen. Zudem erzeugt der riesige Stausee Spannungen in der Erdkruste, durch die Erdbeben entstehen. Big Construction Project For 50 years now, the Aswan High Dam has supplied Egypt with electricity. Before it was opened in January 1971, more than 30,000 workers had been involved in building the dam that is nearly two kilometers long and more than 30 meters wide at its base. Aswan High Dam dams the river Nile to create Lake Nasser, which is 500 kilometers long and with a surface area that is ten times that of Lake Constance. The dam allows cropland in the region to be irrigated throughout the year. It also mitigates the impact of droughts and floods. Massive in- terference with nature, however, also has negative conse- quences: Soils are subject to salinization and leaching, harvest yields decrease and make artificial fertilization indispensable. Other undesired consequences are erosion, poor water quali- ty, and increasing pressure on the groundwater. In addition, the huge reservoir creates stress in the earth’s crust that cause earthquakes.
Großes Forschungsprojekt Staudämme spielen in vielen Regionen der Erde eine wichtige Rolle für Stromproduktion und Wasserversorgung. Jedoch können Erdbeben, insbesondere zusammen mit Starknieder- schlägen oder Hangrutschen, die Stabilität von Staumauern beeinträchtigen, was sie zu einer Gefahr macht. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte CLIENT II-Projekt DAMAST, welches vom Institut für Ange- wandte Geowissenschaften des KIT koordiniert wird, unter- sucht am Enguri-Staudamm in Georgien die zugrundeliegen- den Prozesse und identifiziert Schlüsselparameter für einen sicheren und effizienten Betrieb von Stauanlagen. Die For- schenden führen Monitorings der seismischen Aktivität und der geologischen Strukturen durch und untersuchen das Sedi- ment des Stausees unter anderem mithilfe von Unterwasser- Drohnen und Multifrequenz-Echolotung. Auf Basis der Daten entwickeln die Forschenden übertragbare Monitoringkonzep- te für Stauanlagen in tektonisch aktiven Regionen. Auch die Betreiber des A ssuan-Staudamms wenden das im Kaukasus generierte Wissen an und stehen im Austausch mit dem DAMAST-Projektteam. Big Research Project Dams play an important role for electricity production and wa- ter supply in many regions of the planet. However, earth- quakes, especially in combination with strong precipitation or landslides, may reduce the stability of dams, turning them into a risk. The CLIENT II-DAMAST project funded by the Federal Ministry of Education and Research and coordinated by KIT’s Institute of Applied Geosciences studies basic processes at the Enguri Dam in Georgia and identifies key parameters for a safe and efficient operation of dams. For this purpose, the research- ers monitor seismic activity and geological structures and study the sediment of the reservoir with the help of technolo- gies such as underwater drones and multi-frequency echoloca- tion. The data are then used to develop monitoring concepts that can be transferred to dams and reservoirs in other tec- tonically active regions. The operators of the Aswan High Dam are already applying the knowledge generated in the Cauca- sus and are in discussions with the DAMAST project team.
Professor Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung > 0421 des KIT Professor Oliver Kraft, FOCUS 11 KIT Vice-President for Research FOTO : MARKUS BREIG PROFESSOR OLIVER KRAFT, VIZEPRÄSIDENT FÜR FORSCHUNG DES KIT, ÜBER CHANCEN UND ZUKUNFT DER „BIG SCIENCE“ AM KIT VON DR. JUT TA WIT TE Er ist überzeugt: Die Großforschung leistet santerweise alles Themen, die ihren Ursprung weiterhin wichtige Beiträge zur Beantwortung im ehemaligen Kernforschungszentrum ha- drängender Fragen der Gesellschaft und muss ben. Energie macht heute noch die Hälfte un- dafür langfristig denken, zugleich aber auch serer Großforschung aus. Mit dem Energy agiler werden. Im Interview berichtet Professor Lab 2.0 stellen wir am KIT Europas größte For- Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung des schungsinfrastruktur für erneuerbare Energi- KIT, über die Geschichte der „Big Science“ in en zur Verfügung. Aber auch unsere For- Karlsruhe; er erzählt, was sie heute ausmacht schungen im Bereich Information oder Klima- und welche Ideen er für die Zukunft hat. und Atmosphäre sowie Materie haben sich zu echten Aushängeschildern entwickelt. Unser lookKIT: Herr Professor Kraft, wie defi- Rechen- und Datenzentrum GridKa wertet nieren Sie Großforschung und wie hat sie zum Beispiel die riesigen Datenmengen mit sich in Karlsruhe entwickelt? aus, die der „Large Hadron Collider“ am Eu- Großforschung erfüllt immer Aufgaben, die ropäischen Forschungszentrum CERN er- einen gesellschaftlichen Nutzen haben und zeugt. Wissenschaftlerinnen und Wissen- sehr langfristig angelegt sind. In Karlsruhe schaftler aus der ganzen Welt nutzen es. FOTO : L AIL A TKOTZ, COLL AGE: DOMINIK A ROGOCK A sind wir 1956 in die Großforschung gestartet – mit dem klaren Auftrag, Kernkraft für die Das KIT ist einen besonderen Weg gegan- zivile Nutzung zu entwickeln. Der erste in gen, um Groß- und universitäre For- Deutschland designte Forschungsreaktor ist schung besser zu verzahnen. hier, auf dem heutigen Campus Nord, ent- Das ist richtig. Wie viele Helmholtz-Zentren ha- standen. Als die Politik sich in den 1990er ben wir schnell erkannt, dass es große Chan- Jahren gegen die Weiterentwicklung der cen eröffnet, die Zusammenarbeit zwischen Kernkraft in Deutschland entschieden hat, ist Großforschung und Universität zu verstärken. das damalige Kernforschungszentrum in ein In Karlsruhe haben wir diese Idee konsequent multidisziplinäres Forschungszentrum umge- zu Ende gedacht und 2009 das KIT gegründet. wandelt worden, das sich Energie- und Um- Es war eine Fusion auf Augenhöhe, die die welttechnik sowie physikalischer Grundlagen- Stärken eines nationalen Forschungszentrums forschung zugewandt hat. Seit 2003 ist die mit denen einer Landesuniversität verknüpfte. Großforschung am KIT eingebettet in die So ist „Die Forschungsuniversität in der Helm- Helmholtz-Programmforschung. holtz-Gemeinschaft“ entstanden. In welchen Helmholtz-Forschungsberei- Viele Menschen verbinden mit „Big S cience“ chen ist das KIT derzeit unterwegs? vor allem Großgeräte und riesige Infra- Wir sind insgesamt an elf Forschungspro- strukturen. Welche Facetten hat Großfor- grammen der Helmholtz-Gemeinschaft in schung noch? den Bereichen Energie, Erde und Umwelt, In- Der Betrieb von Großforschungsanlagen wie formation sowie Materie beteiligt – interes- GridKa oder das Energy Lab gehört zu den
> 0421 12 BLICKPUNKT Kernaufgaben von Helmholtz. Sie sind auch viele promovierte Wissenschaftlerinnen und um Anlagen anbieten, die noch im Aufbau für die jeweilige internationale Wissenschafts- Wissenschaftler haben, die im Großfor- sind, die die Studierenden mit designen oder community echte Magneten. Aber Großfor- schungsbereich tätig sind und sich zum Bei- für die sie neue Experimente entwickeln kön- schung beinhaltet für mich weitere Facetten, spiel in die die Begleitung der Abschlussarbei- nen. Darin sehe ich einen wichtigen Beitrag die wir auch in unserer Exzellenzstrategie ten einbringen können. der Großforschung zu unserem forschungs- stark gemacht haben: den Austausch mit der orientierten Lehrkonzept. Gesellschaft, um Forschungsbedarfe zu iden- Ist es möglich, solche Angebote auch für tifizieren, durch Wissenschaftskommunika die Lehre zu öffnen? Welche Herausforderungen kommen in tion die Akzeptanz zu erhöhen und das Be- Damit haben wir tatsächlich schon begonnen. Zukunft auf die Großforschung zu? wusstsein für Verantwortung von Wissen- Wir wollen diese Geräte und Anlagen noch Das ist eine gute Frage. Großforschungspro- schaft zu schärfen. Das ist nicht nur für die gezielter nutzbar machen – gerade für Lehr- jekte werden weiter langfristig angelegt sein. Großforschung wichtig, sondern auch für veranstaltungen im Masterbereich. Wir kön- Das ist, glaube ich, immer noch ein wichtiger eine technische Universität mit starken Inge- nen hier neue Formate schaffen, zum Beispiel Punkt. Auf der anderen Seite erleben wir in nieurwissenschaften. Wie misst man den Er- eine Kombination aus Seminar und Prakti- den letzten zwanzig Jahren eine enorme Be- folg einer Ingenieurin oder eines Ingenieurs? kum. Wir können auch Veranstaltungen rund schleunigung und damit auch einen schnelle- Doch daran, dass sie oder er echte Innovatio- nen schafft, die der Gesellschaft nutzen, und dass er oder sie dies verantwortungsvoll tut. Wie können die Studierenden von der Ein schneller werdender Wechsel von gesellschaftlichen Themen braucht Großforschung am KIT profitieren? nach Ansicht von Vizepräsident Oliver Kraft eine agile Großforschung Wir bieten Infrastrukturen und Forschungs- According to Vice-President Oliver Kraft, a more rapid einrichtungen, die man nicht an jeder Ecke change in societal topics requires agile Big Science findet, und können Studierenden so Angebo- te für ihre Abschlussarbeiten machen, die zum Teil einzigartig sind, zum Beispiel die Nutzung der Klimakammer am Campus Nord, wo Forschende die Zusammenhänge von At- mosphäre und Wolkenbildung sowie deren Auswirkung auf Wetter und Klima untersu- chen. In dieser Breite gibt es so ein Angebot an keiner anderen deutschen Universität. Hin- zu kommt: Auch die Zahl der potenziellen Be- treuungspersonen ist am KIT größer, weil wir FOTOS: MARKUS BREIG
> 0421 FOCUS 13 ren Wechsel der großen und wichtigen The- men. Wenn früher eine große gesellschaftli- che Veränderung vielleicht fünfzig Jahre ge- dauert hat, braucht sie heute nur noch fünf- zehn oder zwanzig Jahre. Die Fragen, die ich mir stelle, sind: Sind wir in der Großforschung agil genug aufgestellt, um dieser Herausfor- FOTO : TANJA MEISSNER derung gerecht werden zu können? Sind wir vorbereitet genug? Und wie identifizieren wir künftig die Themen, die wir in der Großfor- schung angehen möchten – und auch können –, ohne dabei auf jeden aktuellen Hype auf- zuspringen? Anfang 2022 beginnt Ihre zweite Amts- zeit. Was haben Sie sich vorgenommen für die nächsten sechs Jahre? Wir wollen als KIT mehr junge Leute in Ver- antwortung bringen. Ein wesentliches Ele- Big Science – Shaping the Change ment unserer Strategie ist deswegen das Hundert-Professuren-Programm. Mit insge- Professor Oliver Kraft, KIT Vice-President for Research, samt 60 neu eingerichteten Juniorprofessuren on the Possibilities and Future of Big Science at KIT wollen wir nicht nur die Zahl der Köpfe erhö- TR ANSL ATION : BENNO STOPPE hen, sondern auch unsere Anziehungskraft für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wis- The Energy Lab 2.0, the Grid Computing Centre GridKa, the large-scale experiment senschaftler steigern und Diversität fördern. K ATRIN: Big Science at KIT makes the Research University in the Helmholtz Association Ein weiteres wichtiges Anliegen ist für mich, a unique institution. “The Energy Lab 2.0 that is available at the KIT is the largest re- noch mehr Professorinnen und Professoren search infrastructure for renewable energy in Europe and our research activities in areas aus der universitären Forschung mit der Groß- such as information, climate and atmosphere, and materials have developed into true forschung zusammenzubringen – und damit flagships. Our Grid Computing Centre GridKa, for instance, is evaluating the vast die vorhandene Expertise besser zu nutzen amounts of data that are produced by the Large Hadron Collider, operated by the Euro- sowie Interdisziplinarität und Agilität zu erhö- pean Organization for Nuclear Research CERN,” explains Professor Oliver Kraft, KIT Vice- hen. Und inhaltlich betrachtet müssen wir mit President for Research. Blick auf die nächste Förderperiode unsere thematische und programmatische Positionie- Big Science performs tasks with long-term social benefits. “Furthermore, Big Science rung sowohl als Teil der Helmholtz-Gemein- needs an exchange with society to identify research demand, as well as an increased schaft als auch im Rahmen der Exzellenz awareness for the responsibility of science,” says Kraft. The KIT is unique the way it com- strategie weiterentwickeln. bines the strengths of a national research center with those of a state university. “The infrastructure and research facilities we offer are certainly not found on every corner. We Und wo soll die Reise hingehen? can provide completely new course formats and high-level thesis supervision due to the Energieforschung und Klimaschutz sind weiter large number of potential supervisors,” Kraft states. gesetzt und wichtiger denn je. Keine Frage. In der aktuellen Förderperiode stehen auch die The Vice-President sees the biggest challenge in the fact that major and important topics Materialforschung und ihre Digitalisierung im change faster and faster. “Are we in Big Science agile enough to adapt to this? What are Fokus. Forschungsfelder, in denen wir uns in the next topics in Big Science – of scientific interest and relevant – without following Zukunft noch besser aufstellen wollen, sind every new hype?” he asks. In his second term in office, Kraft believes it is important to die Life Sciences sowie die Quantentechnolo- hand more responsibility to young people. “A significant part of this is the Program of gie und im Speziellen das Quantencomputing. One Hundred Professors. In this Tenure Track program, we aim to increase the number Auch, wenn ich heute noch kein ganz klares of young minds and the diversity in our ranks,” Kraft explains. “Another goal is to get Bild vor Augen habe, wohin die Reise genau more professors from university research involved in large-scale research to make better gehen wird, müssen wir uns als KIT auf alle use of the existing expertise as well as to increase interdisciplinarity and agility.” “In the Fälle zu diesen Themen positionieren. Ich bin future,” the Vice-President continues, “the KIT plans to be even better positioned in life sehr zuversichtlich, dass uns das gemeinsam sciences. Quantum technology and especially quantum computing are also becoming gelingt – und ich freue mich darüber, weiter- more important.” n hin ein Teil dieser Erfolgsgeschichte zu sein. n Read more: www.kit.edu/research Weitere Informationen: www.kit.edu/forschen For a video (in German) with Vice-President Oliver Kraft on the topic Big Science, click: Ein Video mit Vizepräsident Oliver Kraft zum www.kit.edu/kit/grossforschung.php Thema Großforschung finden Sie unter: www.kit.edu/kit/grossforschung.php
> 0421 14 BLICKPUNKT Beschleuniger für exzellente Forschung – designed @ KIT DIE ACCELERATOR TECHNOLOGY PLATFORM AM KIT ENTWICKELT BAUSTEINE FÜR DIE GROSSEN FORSCHUNGSINFRASTRUKTUREN DER ZUKUNFT VON : HEIKE MARBURGER
Professorin Anke-Susanne Müller, Leiterin des Instituts für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT und Sprecherin der Accelerator Technology Platform (ATP) am KIT, und Professor Holger Hanselka, Präsident des KIT, im Tunnel des CERN Proton Synchrotrons Professor Anke-Susanne Müller, Head of KIT‘s Institute for Beam Physics and Technology (IBPT) and spokesperson of the Accelerator Technology Platform (ATP) at KIT, and Professor Holger Hanselka, P resident of KIT, in the tunnel of the CERN Proton Synchrotron FOTO : IBPT Teilchenbeschleuniger sind Motoren für F orschungsverbund „Accelerator Technology Entdeckungen. Viele Nobelpreise gehen Platform“ (ATP) am KIT arbeitet mit gebün- auf die Großforschung an und mit diesen delten Kompetenzen daran, die Beschleuni- komplexen Anlagen zurück. Der größte gertechnologien von morgen zu entwickeln: und bekannteste Teilchenbeschleuniger von den Komponenten, die die Bausteine für der Welt, der 27 Kilometer lange Large einen Beschleuniger ausmachen, bis zum Hadron Collider, befindet sich am Euro- kompletten System. Das Know-how dazu päischen Laboratorium für Elementarteil- fließt von Wissenschaftlerinnen und Wissen- chenphysik (CERN) in der Schweiz. Mit schaftlern aus den unterschiedlichsten Diszi der Anlage erforschen Wissenschaftlerin- plinen am KIT in die Plattform ein. So entwi- nen und Wissenschaftler den Aufbau der ckeln die Forschenden in multidisziplinären Materie und den Code des Universums. Projekten gemeinsam innovative Technolo Ein Beschleuniger kann elektrisch gelade- gien, von Strahlendiagnosesystemen und Sen- ne kleine Teilchen wie Elektronen und so- sornetzwerken für höchste Datenraten über gar Atomkerne auf Hochtouren bis hin spezielle Magnete aus Hochtemperatursupra- zur Lichtgeschwindigkeit bringen. leitern bis hin zu autonomen Systemen und Robotik für künftige Superbeschleuniger. Auch am KIT arbeiten Expertinnen und Exper- Hocheffiziente Komponenten und intelligen- ten mit Hochdruck an der Weiterentwicklung tes Systemdesign erlauben es, solche Anlagen dieser komplexen Maschinen. Hierfür stehen in Zukunft wesentlich energieeffizienter aus- modernste Infrastrukturen und Testanlagen zulegen. Eine systemumfassende Modellie- zur Verfügung. Dazu zählen die Teilchenbe- rung der gesamten Beschleunigerinfrastruk- FOTO : MARKUS BREIG schleuniger KARA (Karlsruhe Research Acce- tur wird durch digitale Zwillinge ermöglicht. lerator) und FLUTE (Ferninfrarot Linac- und Test-Experiment). Dabei sind diese Anlagen „Es geht in der ATP darum, die großen For- selbst Schlüsselinstrumente der Spitzenfor- schungsinfrastrukturen von morgen neu zu schung in Physik, Chemie, Biologie, Medizin gestalten und zu betreiben. In der Kollaborati- und in den Materialwissenschaften. Der on kommen Forschung, Lehre und Innovation
> 0421 16 BLICKPUNKT FOTO : ANKE-SUSANNE MÜLLER Zielgerichtet und agil ist der Forschungsverbund ATP am KIT, den Professorin Anke-Susanne Müller initiiert hat FOTO : PRIVAT The ATP research network at KIT, initiated by Professor Anke-Susanne Müller, is target-oriented, and agile zusammen. Der Ansatz der ATP ist einmalig, Wissen von 14 Instituten des KIT aus vier Be- den. Die ATP ist schlagkräftig genug, um gro- da nur am KIT die Organisation, die Ressour- reichen und sechs KIT-Fakultäten zur Entwick- ße Fragestellungen anzugehen. Wir haben cen und die interdisziplinären Kompetenzen lung der Beschleunigertechnologie von mor- die richtigen Leute, kurze Abstimmungswege für eine solche Plattform vorhanden sind. Die gen in der ATP eine Symbiose ein. und vor allem fachliche Diversität. Unsere Ex- ATP vereint in perfekter Weise Großfor- pertinnen und Experten sind Koryphäen auf schungs- und universitäre Aspekte“, sagt Pro- Zentrale Anlaufstelle für Beschleuniger- ihren jeweiligen Gebieten, die bereit und in fessor Holger Hanselka, Präsident des KIT, die technologien der Lage sind, Technologien radikal neu zu weltweite Einzigartigkeit der Plattform. Die Initiatorin und Sprecherin des Verbundes ist denken“, ergänzt die Professorin. Die in der besondere Herausforderung, einen kompak- Professorin Anke-Susanne Müller, Leiterin des ATP vereinten Kompetenzen können modular ten, modernen Teilchenbeschleuniger zu ent- Instituts für Beschleunigerphysik und Techno- je nach Anwendungsgebiet zusammenge- wickeln, dessen Energie- und Ressourcenver- logie (IBPT) des KIT. In der Plattform arbeite- setzt werden. „Eine Arbeitsweise, die ganz brauch darüber hinaus möglichst gering ist, ten mittlerweile 16, bald 17 Professorinnen typisch für das KIT ist: Wir können sehr flexi- hat der Plattform ihre multidisziplinäre Form und Professoren zusammen, berichtet die bel agieren“, betont Müller. Dass die Techno- gegeben. Denn innovative Beschleunigeranla- Physikerin. Insgesamt seien über 200 Perso- logieplattform international angekommen sei, gen profitieren von einem Zusammenspiel nen an dem Forschungsverbund beteiligt. zeige sich unter anderem in der sehr guten verschiedener Technologien und Methoden, „Ich sehe die Aufgabe der Plattform darin, Kooperation mit dem CERN. Dadurch bekom- darunter genau jene Technologien wie Künst- eine zentrale Anlaufstelle für Wissenschaft men insbesondere auch Nachwuchsforschen- liche Intelligenz, moderne Energieforschung, und Industrie zu schaffen und auf Anfragen de die Möglichkeit, sich früh auf internatio Hochfrequenz- und Mikrowellentechnologie, zu beschleunigerrelevanten Technologien nalem Parkett zu bewähren. „Von diesen Ko- Elektrotechnik, Automatisierung und Robotik, zielgerichtet und effizient zu reagieren“, sagt operationen profitieren auch unsere Industrie- in denen das KIT auch für ganz andere An- Müller. „Die Beschleunigerforschung am KIT partner“, sagt Professor Bernhard Holzapfel, wendungen herausragende Forschung und hat jetzt ‚one face to the customer‘, wir kön- Gründungsmitglied der ATP und Direktor am Entwicklungen bietet. Insgesamt geht das nen gemeinsam auftreten und sichtbar wer- Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT.
> 0421 FOCUS 17 „In enger Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft bauen wir beispielsweise aktuell eine Pilotproduktion von extrem effizienten beschichteten Leitern auf Basis von Hochtem- peratursupraleitern auf, die auch bei künfti- gen Beschleunigern am CERN zum Einsatz kommen werden“, ergänzt Holzapfel. „Ein Ziel der ATP ist es, Beschleuniger und In- frastrukturen möglichst energieverantwort- lich zu gestalten. Diese sind meist nur auf höchste Leistungsfähigkeit, nicht aber auf Energieeffizienz ausgerichtet“, erklärt Anke- Susanne Müller. „Um den Fußabdruck solcher Anlagen zu optimieren und das im realen Be- trieb zu demonstrieren, haben wir die KARA- Beschleunigertestanlage in einem Testfeld mit FOTO : MARKUS BREIG dem Energy Lab 2.0 am KIT zusammenge- bracht. Verantwortliches Handeln bedeutet, dass Konzepte der Energieeffizienz und Nach- haltigkeit integraler Bestandteil aller derzeit laufenden und neuen Komponenten und Anlagen werden.“ Bestandteil des gemeinsa- men Testfelds für Energieeffizienz und Netz- stabilität in großen Forschungsinfrastrukturen Bestandteil des gemeinsamen (KITTEN) am KIT sind unter anderem eine KIT Testfelds für Energieeffizienz Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Be- und Netzstabilität in großen schleunigerhalle in Kombination mit innovati- Forschungsinfrastrukturen (KITTEN) ven Kühlkonzepten und einer KI-gestützten FOTO : NICOLE HILLER ist eine Photovoltaik-Anlage auf Echtzeitoptimierung des Betriebs. Dabei wer- dem Dach der Beschleunigerhalle den Energiesystem-informierte digitale Zwil- A photovolataic system on the roof linge eine zentrale Rolle spielen. „Wir werden of the accelerator hall is part of the joint KIT Test Field for Energy mit diesem Testfeld so viel Energie sparen, Efficiency and Grid Stability in Big wie 650 Haushalte im Jahr verbrauchen“, be- Research Infrastructures (KITTEN) richtet die Professorin. ANZEIGE Unser Papierkram Wir bauen Hesse n: hinterlässt einen rojekte – spannende Baup inikum bis hin zu vom Universitätskl en Ku ltu rbauten des bedeutend bleibenden Eindruck. Landes. Bauen Sie mit: itekten, Wir suchen Arch r ure un d Ingenieure de Bauingenie ) hnik (m /w /d Versorgungstec t. udemanagemen im Bau- und Gebä Bauen. Betreiben. Für Hessen. Mit Ihnen. JETZT BEWERBEN: lbih-karriere.de
> 0421 18 BLICKPUNKT Exzellente Forschung am Karlsruher For- zin. „Bereits wenn wir einzelne Komponenten sich derweil auch an den mit internationalen schungsbeschleuniger KARA dieser Anlagen verbessern können, hat das Preisen, mit denen sie geehrt wurden. Re- Das kommt auch den einigen hundert Nutze- einen Impact auf sehr viele Bereiche des All- nommierte Auszeichnungen wie der Faraday rinnen und Nutzern aus verschiedenen Insti- tags“, so Müller. Auch in der Tumortherapie Cup Award, ein weltweit anerkannter Innova- tuten des KIT, Unternehmen und Wissen- will das Team aus Expertinnen und Experten tionspreis für die Instrumentierung von Be- schaftsorganisationen zugute: Als eine zen der ATP Entwicklungen beim Einsatz von Teil- schleunigern, oder der Helmholtz-Doktoran- trale Forschungsinfrastruktur des KIT ist die chenbeschleunigern voranbringen. Gemein- denpreis gingen an junge Forscherinnen aus vom Beschleuniger KARA erzeugte Synchro sam mit Wissenschaftlerinnen und Wissen- der Kollaboration. n tronstrahlung der KIT Light Source nun seit schaftlern vom Universitätsklinikum Heidel- mehr als 20 Jahren Basis für exzellente For- berg und dem Deutschen Krebsforschungs- Kontakt: anke-susanne.mueller@kit.edu schung in den verschiedensten Anwendungs- zentrum in Heidelberg eröffnen die Forschen- feldern. Jüngstes Beispiel hierfür ist unter an- den des KIT auf diesem Gebiet neue Wege. Weitere Informationen: derem der DFG-geförderte Sonderfor- Dabei sollen spezialisierte Detektoren zusam- www.ibpt.kit.edu/atp.php schungsbereich „TrackAct“ unter der Leitung men mit maßgeschneiderten Beschleuniger- von Professor Jan-Dierk Grunwaldt, Mitglied systemen neue Ansätze in der Strahlenthera- Ein Video zur Beschleunigertechnologie am der Institutsleitung des Instituts für Techni- pie ermöglichen. Der Erfolg der Wissenschaft- KIT (auf Englisch) finden Sie unter: https://pu- sche Chemie und Polymerchemie (ITCP) des lerinnen und Wissenschaftler in der ATP zeigt blikationen.bibliothek.kit.edu/1000138290 KIT, in welchem erforscht wird, wie Katalysa- toren effizienter arbeiten können. Ein weite- res Beispiel ist der vom Europäischen For- schungsrat vergebene ERC Consolidator Grant „The Actinide Bond“ von Dr. Tonya Vitova vom Institut für Nukleare Entsorgung (INE) des KIT. In diesem werden mit innovativen spektroskopischen Methoden Verbindungen der Actinoide untersucht, um unter anderem das Umweltverhalten solcher Elemente besser zu verstehen. „Die Weiterentwicklung der Beschleuniger- technologie ist von gesellschaftlicher Rele- vanz und ein wichtiger Teil des Auftrags der ATP“, sagt Anke-Susanne Müller. Tatsächlich werden nur die wenigsten Beschleuniger von wissenschaftlichen Institutionen betrieben. Zum größten Teil findet sich diese Technolo- gie in der Industrie und vor allem in der Medi- FOTO : MA XIMILIEN BRICE, CERN Die Generaldirektorin des CERN, Fabiola Gianotti, und der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka, unterzeichneten 2019 am CERN einen Letter of Intent zur erweiterten Zusammenarbeit bei Beschleunigertechnologien The Director General of CERN, Fabiola Gianotti, and the President of KIT, Professor Holger Hanselka, signed a letter of intent on extended cooperation in accelerator technologies at CERN in 2019
> 0421 FOCUS 19 Accelerators for Excellent Research Designed @ KIT KIT’s Accelerator Technology Platform Develops Building Blocks for the Large-Scale Research Infrastructures of the Future TR ANSL ATION : MAIKE SCHRÖDER In Testfeld KITTEN am KIT untersuchen At KIT’s Accelerator Technology Platform (ATP), scientists from 14 KIT institutes are working on das Energy Lab 2.0 und der Karlsruhe developing tomorrow’s accelerator technologies, from components to be used as building blocks Research Accelerator KARA gemeinsam, of an accelerator to the complete system. For this purpose, the latest infrastructures and test fa- wie energieverantwortliche cilities are available at KIT, including the Karlsruhe Research Accelerator (KARA) and the short- Großforschung mit Beschleunigern in pulse Far-infrared Linac and Test Experiment (FLUTE). Within multidisciplinary projects, research- Zukunft aussehen könnte ers of ATP develop innovative technologies, ranging from radiation diagnosis systems to sensor In the joint Test Field KITTEN at KIT, networks with high data rates, from special magnets based on high-temperature superconductors the Energy Lab 2.0, and the Karlsruhe Research Accelerator KARA study what to autonomous and robotics systems for future super accelerators. “ATP is about operating the energy-efficient big research with big research infrastructures of tomorrow in a new way. Here, research, academic education, and accelerators may be like in future innovation meet. ATP is the only platform of this kind in the world, as only KIT possesses the or- ganization and ressources needed. The platform perfectly combines large-scale research and uni- versity aspects,” says Professor Holger Hanselka, President of KIT. COLL AGE: ANKE-SUSANNE MÜLLER, FOTO : MARKUS BREIG “The platform represents a central access point for sci- ence and industry that enables us to specifically and FOTOMONTAGE: ANDREAS KOPMANN efficiently respond to inquiries relating to accelerator- relevant technologies,” says Professor Anke-Susanne Müller, initiator and spokesperson of the platform, who also heads KIT’s Institute for Beam Physics and Technology (IBPT). The competencies pooled in the ATP may be composed in a modular way depending on the application. “This working method is typical of KIT. We can act very flexibly,” the professor empha- sizes. International visibility of the technology plat- form is reflected among others by the very good col- laboration with CERN. ”It is one of the goals of ATP to design accelerators and infrastructures that are as en- ergy-responsible as possible. Usually, such systems are designed to reach maximum performance, but not maximum energy efficiency,” Müller adds. “For this purpose, we have linked the accelerator test facility KARA with KIT’s Energy Lab 2.0 in a joint test field for energy efficiency and grid stabil- ity in large-scale research infrastructures (KITTEN).” Awards recently granted to young female researchers, such as the Helmholtz Doctoral Prize and the prestigious international innovation prize, Faraday Cup Award, illustrate the success of ATP and its scientists n More information: www.ibpt.kit.edu/atp.php FOTO : SABINE SCHWAB, WEBSEDGE LTD Contact: anke-susanne.mueller@kit.edu For a video on the accelerator technology at KIT, click: https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000138290 Meghana M. Patil vom Laboratory for Applications of Synchrotron Radiation (LAS) am KIT, Forscherin in der ATP und Trägerin des Faraday Cup Awards, e ntwickelt Beschleunigerinstrumente an Infrastrukturen des KIT Meghana M. Patil from KIT’s Laboratory for A pplications of Synchrotron Radiation (LAS), r esearcher in the ATP and Faraday Cup awardee, develops accelerator diagnostics at KIT’s infrastructures
> 0421 20 BLICKPUNKT Supercomputer HoreKa
> 0421 FOCUS 21 DER NEUE HOCHLEISTUNGSRECHNER AM KIT ERREICHT INTERNATIONAL SPITZENWERTE BEI GESCHWINDIGKEIT UND ENERGIEEFFIZIENZ VON DR. FELIX MESCOLI Der im Sommer in Betrieb genommene ist hier Geschwindigkeit kein Selbstzweck Supercomputer des KIT war zu diesem wie im Autorennsport: Enorm leistungs- Zeitpunkt einer der 15 schnellsten Rech- starke Supercomputer wie HoreKa sind ner in Europa – weltweit gehörte er zur ein unverzichtbares Werkzeug für Wis- Liga der 50 fixesten. Bei der Energieeffizi- senschaftlerinnen und Wissenschaftler, enz landete der neue Hochleistungsrech- wenn es darum geht, wissenschaftliche ner Karlsruhe ( HoreKa) im internationalen Ergebnisse möglichst schnell zu erarbei- Superrechner-Ranking im Juni 2021 sogar ten und Lösungen zu entwickeln. auf Platz 13. Mit seiner Rechenpower er- möglicht HoreKa eine Vielzahl neuer wis- Das Besondere: HoreKa ist ein Hybrid senschaftlicher Erkenntnisse. system und besteht aus zwei Komponen- ten: „ HoreKa-Green“ umfasst den Bereich Insgesamt kann der 15 Millionen Euro mit den auf Grafikprozessoren (GPUs) basie- teure Supercomputer eine Spitzenleis- renden Rechenbeschleunigern, „HoreKa- tung von 17 PetaFLOPS – 17 Billiarden Re- Blue“ den Bereich mit handelsüblichen chenoperationen pro Sekunde – erbrin- Standardprozessoren (CPUs). Die Be gen, was etwa der Leistung von rund schleunigerprozessoren von NVIDIA er- 150 000 Laptops entspricht. Auf der im reichen bei bestimmten, für die Wissen- FOTOS: AMADEUS BR AMSIEPE Juni 2021 erschienenen Top-500-Liste der schaft sehr wichtigen Rechenoperatio- schnellsten Rechner der Welt belegte nen, etwa dem Lösen von Gleichungssys- HoreKa damit Rang 52. „Nur ein Rechner, temen oder dem Trainieren von neurona- der es auf diese Liste schafft, gilt als ech- len Netzen in der Künstlichen Intelligenz, ter Supercomputer“, erklärt Dr. Jennifer eine extrem hohe Leistung. Für andere Buchmüller, Leiterin des Bereichs High Operationen sind hingegen die Standard- Performance Computing am Steinbuch prozessoren von Intel deutlich besser ge- Centre for Computing (SCC) des KIT. Doch eignet. „Die Stärken beider Architekturen
> 0421 22 BLICKPUNKT Dr. Jennifer Buchmüller, Leiterin des Bereichs High Performance Computing am Steinbuch Centre for Computing (SCC) des KIT, und Professorin Corinna Hoose vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenfor- schung (IMK-TRO) des KIT Dr. Jennifer Buchmüller, Head of the High Performance Computing Group of KIT‘s Steinbuch Centre for Computing (SCC) and Professor Corinna Hoose from the Troposphere Research Department of KIT‘s Institute of Meteorology and Climate Research (IMK-TRO) FOTO : AMADEUS BR AMSIEPE FOTO : L AIL A TKOTZ werden geschickt kombiniert; so wird ein Ma- ximum an Leistungsfähigkeit erreicht“, sagt Buchmüller. The HoreKa Supercomputer „Die beeindruckende Rechenleistung von HoreKa ermöglicht uns viele neue Entdeckun- KIT’s New High-performance Computer Achieves Highest gen in der Klima-, Energie- und Materialfor- Values in Speed and Energy Efficiency Internationally schung sowie in den Lebenswissenschaften“, TR ANSL ATION : HEIDI KNIERIM sagt der Vizepräsident für Forschung des KIT, Professor Oliver Kraft. „Denn je schneller With a computing power of 17 PetaFLOPS, i.e. 17 quadrillions of computing operations Hochleistungsrechner Daten verarbeiten, des- per second corresponding to the capacity of about 150,000 laptops, KIT’s supercom- to detailreicher und zuverlässiger werden die puter HoreKa, which began operation during the summer, was one of the 15 fastest Simulationen, die damit gemacht werden computers in Europe at that time. In June 2021, it ranked 52nd on the top 500 list of the können. In vielen wissenschaftlichen Fachbe- world‘s fastest computers. “Only a computer that is on that list is considered a real su- reichen, wie den Erdsystem- und Klimawis- percomputer,” explains Dr. Jennifer Buchmüller, Head of the High Performance Comput- senschaften, der Materialforschung, der Teil- ing Group at KIT‘s Steinbuch Centre for Computing (SCC). The 15-million Euros super- chenphysik und dem Ingenieurwesen, sind computer also sets new standards in energy efficiency and in June 2021 was ranked 13th Supercomputer folglich nicht mehr aus dem on the “Green500” list of the most energy-efficient supercomputers worldwide. HoreKa Alltag der Forschenden wegzudenken.“ is a hybrid system consisting of two components. “HoreKa Green” comprises the por- tion with computing accelerators based on graphics processing units (GPUs), while Höhere Auflösung für Simulationen “HoreKa Blue” comprises the portion using commercially available standard processors Zwei Forschende, deren Arbeitsalltag die ge- (CPUs). “The strengths of both architectures are cleverly combined to achieve maximum ballte Rechenpower von HoreKa schon einen performance,” says Buchmüller. gehörigen Schub verpasst hat, sind Professo- rin Corinna Hoose und Dr. Christian Barthlott “The impressive computing power of HoreKa enables us to make many new discoveries vom Institut für Meteorologie und Klimafor- in climate, energy, and materials research as well as in the life sciences,” says KIT Vice- schung – Department Troposphärenfor- President for Research Professor Oliver Kraft. The computing power of HoreKa has given schung des KIT. „Wir haben Simulationen von a boost to the daily work of Professor Corinna Hoose and Dr. Christian Barthlott from the Superzellen gemacht, das sind große und dy- Troposphere Research Department of KIT‘s Institute of Meteorology and Climate Re- namische Gewitterwolken“, sagt Hoose. Ne- search. “We have made simulations of supercells, which are large and dynamic thunder- ben einem Durchmesser von 20 bis 50 Kilo- clouds.” Tornadoes, which can have dimensions of up to 200 kilometers and are charac- metern an ihrer Basis und Ausmaßen von 200 terized by rotating updrafts, can form from these cells under certain conditions. “Such Kilometern in höheren Atmosphärenschich- simulations place enormous demands on the computer,” says Hoose. With HoreKa, a ten sind Superzellen vor allem durch ihre particularly high resolution of the simulation has now been achieved. This is a good basis Langlebigkeit (bis zu mehrere Stunden) ge- for further findings and the prediction of supercells. n fährlich. Sie zeichnen sich auch durch rotie- rende Aufwinde aus, die entstehen, wenn sie Contacts: jennifer.buchmueller@kit.edu, corinna.hoose@kit.edu warme Luft aus Bodennähe in das Gewitter ziehen und es mit hoher Geschwindigkeit auf- steigen lassen. Aus Superzellen können bei entsprechenden Bedingungen auch Tornados
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Professor Guido Drexlin vom Institut für Experimentelle Teilchenphysik (ETP) des KIT > 0421 (links), Professor Christian Weinheimer von 24 BLICKPUNKT der Universität Münster (rechts), beide Co-Sprecher des KATRIN-Experiments, und Professorin Kathrin Valerius vom IAP (Mitte) Professor Guido Drexlin of KIT's Institute of Experimental Astroparticle Physics (ETP) (left), Professor Christian Weinheimer from the U niversity of Münster (right), both Co-spokespersons of the KATRIN experiment, and Professor Kathrin Valerius from IAP (middle) IM GROSSEXPERIMENT KATRIN BESTIMMEN FORSCHENDE DIE MASSE VON NEUTRINOS VON DR. JOACHIM HOFFMANN FOTO : AMADEUS BR AMSIEPE FOTO : MARKUS BREIG Kosmische Geisterteilchen auf der Waage
> 0421 FOCUS 25 Das Karlsruhe Tritium Neutrino Experi- als „kosmische Architekten“ bei der Entste- Elektron erhält dabei fast die gesamte Ener- ment KATRIN hat in diesem Jahr einen hung von Galaxien und anderen großen gie, und das Neutrino geht „leer“ aus. Genau wichtigen Meilenstein in der Erforschung Strukturen im Universum. „Mit dem Großex- diese Zerfälle untersucht KATRIN. Gemäß Ein- der Neutrinos und ihrer Eigenschaften er- periment KATRIN sind wir angetreten, diesen steins berühmter Formel E=mc² ist der kleins- reicht: Die weltweit empfindlichste Waa- Schlüsselteilchen der Kosmologie und Teil- te Energiebetrag E, den ein Neutrino erhalten ge konnte für die Neutrinomasse eine chenphysik einige ihrer Geheimnisse zu entlo- kann, identisch mit seiner Ruhemasse m. Die- neue experimentelle Obergrenze von un- cken“, sagt Professor Guido Drexlin vom Insti- ser winzige Energiebetrag, der dem Elektron ter einem Elektronenvolt aufstellen. In tut für Experimentelle Teilchenphysik des KIT, fehlt, ist die Signatur der Neutrinomasse. Im einer neuen Virtual-Reality-Anwendung einer der beiden Co-Sprecher des Experiments. Großexperiment KATRIN kann die Neutrino- können Neugierige nun außerdem selbst „Insbesondere möchten wir ihre Masse mit masse allein aus der Form des Energiespek Neutrinos auf die Waagschale legen. bisher unerreichter Empfindlichkeit messen.“ trums der Elektronen aus dem Beta-Zerfall gemessen werden, ohne die Neutrinos direkt Neutrinos sind die wohl faszinierendsten und Das Messprinzip zu beobachten. geheimnisvollsten Elementarteilchen, die wir Um die Masse des Neutrinos zu bestimmen, kennen. Ein Neutrino ist nicht nur viele Grö- untersucht KATRIN den Beta-Zerfall von Tri „Aufgrund der Winzigkeit des Effekts müssen ßenordnungen leichter als ein Elektron, es tium, einem schweren, radioaktiven Isotop wir das Energiespektrum der Elektronen an wechselwirkt aufgrund seiner Natur als unge- von Wasserstoff. Zerfällt ein Tritium-Atom, seinem oberen Ende mit einer nie dagewese- ladenes Teilchen praktisch nicht mit Materie wandelt sich in dessen Kern ein Neutron in nen Präzision und Stabilität über lange Zeit und ist in Experimenten kaum zu fassen (da- ein Proton um. Dabei wird eine Energiemenge messen. Wie bei vielen Experimenten sind her der Name „Geisterteilchen“). Dabei wird von 18,6 Kiloelektronenvolt (keV) freigesetzt. diese Messungen umso genauer, je größer die jeder Quadratzentimeter unserer Haut pro Diese Energie teilt sich auf das beim Zerfall Dimensionen des Experimentes sind“, erläu- Sekunde von 60 Milliarden Neutrinos aus den emittierte Elektron und das Neutrino auf. Da- tert Professor Christian Weinheimer von der Fusionsreaktionen im Sonneninnern durch- bei wird die Energie meist nicht hälftig geteilt, Universität Münster, ebenfalls Co-Sprecher drungen – ohne dass wir dies bemerken. sondern die Verteilung genügt einer genau des KATRIN-Experiments. bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilung. Aufgrund ihrer enormen Häufigkeit spielen Aufbau des Experiments die im Urknall erzeugten Neutrinos trotz ihrer In extrem seltenen Fällen ist die Aufteilung Der 70 Meter lange Experimentaufbau am winzig kleinen Ruhemasse eine wichtige Rolle der Zerfallsenergie sehr unterschiedlich: Das Tritiumlabor Karlsruhe (TLK) gliedert sich in FOTO : MARKUS BREIG
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