GROSS BORSTELER BOTE KOMMUNAL-VEREIN VON 1889 IN GROSS-BORSTEL R.V.
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NUMMER 06 | JUNI 2020
102. Jahrgang
5.500 Exemplare
Redaktionsschluss: 10. des Monats
www.grossborstel.de
GROSS BORSTELER BOTE
KOMMUNAL-VEREIN VON 1889 IN GROSS-BORSTEL R.V.
Selten geworden, aber in Groß Borstel noch zu sehen: die Metro-Fassadenfliese. Siehe dazu auch Seite 19.
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EDITORIAL
Liebe Borsteler,
nun läuft das „normale“ Leben wieder an. Nun also Lockerungen fast überall. Der
Allerdings gaaanz langsam! Als erstes wa- Staat setzt unsere Grundrechte Stück für
ren wieder mehr Autos auf den Straßen Stück wieder in Kraft. Und damit verschiebt
zu sehen. Wohl auch, weil viele Menschen sich die Verantwortung wesentlich stärker
noch unsicher sind, ob sie den Platz und die auf jeden Einzelnen. Mit wie vielen Leuten
Luft in Bus und Bahn mit all den anderen treffe ich mich, traue ich mich wieder zum
Mitfahrern teilen wollen. Viele Radfahrer, Friseur und zur Kosmetikerin, gehe ich mal
natürlich, auch dank des schönen Wetters, ins Restaurant zum Essen, besuche ich die
das uns seit Wochen den Lockdown sehr er- Großeltern wieder, plane ich einen Som-
leichtert hat. So konnten wir – im Gegensatz merurlaub? Und wenn ja: Ostsee oder Harz?
zu den Menschen in Italien, Spanien und Griechenland oder Dänemark? Ferienwoh-
Frankreich – jederzeit raus für einen Spa- nung, Hotel oder Camping? Flugzeug, Bahn
ziergang, für Sport draußen, allein oder zu oder lieber doch das Auto – damit ich im
zweit, für Gassi gehen und für Radtouren. Zweifel schnell nach Hause kann?
Hätten wir in den letzten zwei Monaten den
Oder lieber doch zu Hause bleiben? Wenn
Dauerregen vom Februar gehabt, wäre alles
das Wetter so mitspielt, wie die letzten Wo-
noch viel härter gewesen.
chen, haben wir es hier in Hamburg doch
Am stärksten persönlich betroffen waren die auch sehr schön! Und man darf nach und
älteren Menschen in den Heimen, die plötz- nach sicher wieder mehr ins Umland zu ei-
lich mit Kontaktsperre und Isolation von ih- nem Ausflug starten.
ren Angehörigen fertig werden mussten und
Mit der individuellen Verantwortung gehen
müssen. Und bei denen trotzdem die Aus-
die Menschen in Deutschland und anders-
breitung und die Ansteckung mit dem Virus
wo allerdings sehr unterschiedlich um. Liest
zum Teil gehäuft auftrat, weil der Fokus lan-
man von den Fake News und Morddrohun-
ge ausschließlich auf Schutzmaßnahmen für
gen gegen Virologen im Internet und den
Krankenhaus- und Praxispersonal und nicht
Demonstrationen in vielen Städten, so hört
bei den Alters- und Pflegeheimen lag. Dieses
man neben berechtigten Fragen zu Corona
Elend hat mich sehr betroffen gemacht.
sehr viel Wut, Spaltung, Angst und Recht-
Die zweite Gruppe, die persönlich stark un- haberei darüber, was „falsch“ gelaufen und
ter den Folgen des Lockdowns gelitten hat entschieden wurde von Politik und Wissen-
und bis heute zum Teil weiter leidet, sind die schaftlern. Und das, trotz der Tatsache, dass
Kinder und deren Eltern. Keine Schule, kei- wir in Deutschland im Verhältnis zu prak-
ne Kita seit Mitte März. Dafür Doppel- und tisch allen vergleichbaren Ländern bisher
Dreifachbelastung der Eltern im Homeof- ausgesprochen glimpflich durch diese Krise
fice, Kinderbetreuung, Kinderbeschulung gekommen sind. Aber das Besondere an Co-
und zusätzlich mittägliches Kochen. Wenn rona ist eben, dass es nicht nur bestimmte
es denn überall stattfindet. Gruppen von Menschen in bestimmten Ge-
genden der Welt gesundheitlich betrifft, wie
Und über die weggesperrten Kinder wissen
es zum Beispiel mit HIV, Ebola oder SARS
wir leider nicht, ob sie überhaupt gefährdet
1 war, sondern dass es uns alle, und somit
oder gefährlich sind. Und wenn ja, für wen.
unser globales Wirtschaftssystem, in Frage
Das ist, bei allem Verständnis und auch Re-
stellt. Und unseren sehr hohen Lebensstan-
spekt für die Politik, die erstmals eine sol-
dard bedroht. Je mehr Angst vor materiellem
che Pandemie händeln musste, doch recht
Verlust besteht, umso erbitterter wird für
traurig. Warum der Hamburger Senat das
die „richtige“ Sicht der Dinge gekämpft.
Angebot der UKE, 10 000 Kinder schon An-
fang April 2020 zu testen, unterbunden hat, „Es gibt nur eine Wahrheit, doch leider ver-
erschließt sich mir immer noch nicht. teilt in viele Köpfe“, las ich neulich irgend-
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wo. Die (vermeintlich) wichtigste Frage, wer Erziehung. Sein vorhandener Wissensstand,
Recht hat, was dieses neue Virus und vor al- sein Grundwesen bestimmen maßgeblich
lem die erforderlichen Maßnahmen betrifft, das, was er sieht und sehen kann.
ist noch nicht objektiv beantwortet.
Wirklich neutral und förderlich wäre: Es
Die Frage, die zählt, ist eher: Wie kommt es handelt sich um ein neues, weltweit extrem
dazu, dass wir so unterschiedliche Perspekti- ansteckendes Virus. Mal sehen, was es für ei-
ven einnehmen? Sobald etwas Unbekanntes nes ist, wie es sich verhält und wie man sich
von außen auf uns zu kommt, gleichen wir am besten schützen kann. Und so lange all
es ab mit dem in uns schon vorhandenen, das nicht wirklich klar ist: Obacht! Und Vor-
gespeicherten Wissen. Jeder Mensch re- sicht, Kooperation und planvolles Handeln
agiert also erst einmal nicht neutral und ob- wären extrem förderlich, um die Weltwirt-
jektiv, sondern auf Grund seiner Geschichte, schaft in gesündere, nachhaltigere Bahnen
seinem Umfeld, seiner Erfahrungen, seiner zu lenken, anstatt Sündenböcke zu suchen.
INHALT
5 Keine Mitgliederversammlung im Juni 32 Spatzenretter
6 Borsteler Backshop hat wieder geöffnet 34 Leserbrief
6 Danke, Marina Klessny 36 Gegen die Krise: Märchen
7 „Adressbuch“ von Antje Thietz-Bartram 37 Hilferuf wegen BurgerMe
8 Häuser, die Geschichten erzählen: 38 Soforthilfe in Togo
Die Schule am Lokstedter Damm 40 Neue Mitglieder | Beitrittserklärung
18 Persönlich gesehen: Nicolas Moumouni 41 Wichtige Rufnummern
19 Der Charme der Fliese 42 Aus dem neuen Archiv:
20 Neue Wege gehen | Weniger ist mehr Wir suchen eine Braut und
M Die Cartoons in Borstels Schaufenstern haben Post bekommen
Kleinanzeigen | „Das versteh ich nicht!“ 43 Aus den Kirchengemeinden
26 „Regenbogen“ von Jürgen Huwil Wahlen 44 Rätsel | Cpt. Obvious fragt: Wer ist es?
27 Der Blick auf Groß Borstel: 45 Rätsel des Botanischen Vereins
28 Hausmeister Roland Kiepe 46 Tarpenbeker Ufer:
31 Falsche Fütterung Baustellenbesichtigung
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Eines bleibt darum vorerst trotz aller Lo- sind wir der Wahrheit über Corona bis dahin
ckerungen unterbunden: keine größeren etwas nähergekommen!
Versammlungen und Veranstaltungen. Und
Herzlich
schon gar nicht in geschlossenen Räumen.
Ihre Ulrike Zeising
Und das betrifft auch Groß Borstel mit un-
serem Stavenhagenhaus. Es ist ab dieser
Woche zwar für kleine Gruppen – jeweils
nur eine pro Stockwerk! – geöffnet. Aber
die monatlichen Mitgliederversammlungen
und Veranstaltungen vom Kommunalverein
müssen leider weiterhin ausfallen.
Schauen wir mal, wie es nach den Sommer-
ferien, im September, aussieht. Vielleicht
AUCH IM JUNI: KEINE MITGLIEDERVERSAMMLUNGEN!
ES BLEIBT ZEIT ZUM HOFFEN.
Die Allgemeinverfügungen in Folge der Coronakrise sehen zwar Lockerungen in vielen
Bereichen vor, aber Mitgliederversammlungen sind im Stavenhagenhaus leider nach
wie vor nicht möglich. Das Bezirksamt teilte uns mit, dass wegen der notwendigen Ab-
standsregeln im großen Saal maximal 14 Personen anwesend sein dürfen, in den an-
deren Räumen leider noch weniger. Somit bleibt uns nur, auf bessere Zeiten zu hoffen.
Der Kommunalvereinsverstand ist jedoch weiterhin für Sie zu erreichen. Per E-Mail unter
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BORSTELER BACKSHOP
EINE INSTITUTION HAT WIEDER GEÖFFNET
Bei schönem Wetter sitzt man draußen vor
den Schaufenstern in der Sonne. Gegen-
über auf der anderen Seite der Borsteler
Chaussee die – Gott sei dank – geschlosse-
ne Spielhalle und die beliebte Fruchtoase.
Man beobachtet das lustige Treiben der
Borsteler Ureinwohner. Es ist wieder wie
immer. Thomas erzählt aus seinem bunten
Leben, der Schornsteinfeger macht mal Pau-
se, Hündin Pippa (Zwergschnauzer) leckt an
einer Scheibe Mortadella, die zufällig vom
Teller geflogen kam, und Babsi (Offiziell:
Barbara Kunze, auch Mutti von Groß Borstel
genannt) bringt frischen Kaffee vorbei.
Babsi war schon immer dabei und in vor-
derster Front im Borsteler Backshop, der
jetzt wieder neu geöffnet hat. Neuer Chef:
Horst Schnurre. Liebe Grüße von ihm.
Und von uns die allerbesten Wünsche. Auf
ein frohes Gelingen, einen guten Start und
immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel
im Kampf gegen die Filialisten!
Euer Borsteler-Bote-Team
Babsi Kunze und Kai Milkowski
DANKE, MARINA KLESSNY
RUHESTAND FÜR DIE BELIEBTE POLIZISTIN
Ein Gesicht, das jeder kennt in Groß Borstel, Carl-Götze-Schule kennen sie, denn beim je-
ist das von Marina Klessny. Schwarze Uni- weiligen Schulbeginn sorgte Marina Klessny
form, schwarze Polizeimütze, freundliches für sichere Fußgängerüberwege zur Schule.
Gesicht – fertig ist die Bürgernahe Polizei- Sie hielt auch mal den Autoverkehr auf, wenn
beamtin. die Ampelphase für die Kleinen mal wieder zu
kurz war.
Bürgernahe Beamte nennt man in Hamburg
die sogenannten Kontaktbereichsbeamten Jetzt geht Marina Klessny in den wohlver-
(KOB) der Polizei. Sie sorgen für Ordnung im dienten Ruhestand. Danke, liebe Frau Kless-
Stadtteil. Ihre Aufgabe ist es, weitgehend los- ny, für Ihre tolle Arbeit in unserem beschau-
gelöst von exekutiven Aufgaben, den Kontakt lichen Stadtteil!
zwischen Bürgern mit der Polizei zu pflegen
und Ansprechpartner bei Problemen zu sein.
Marina Klessny half mit bei der Organisati-
on des Stadtteilfestes, sie war zusammen mit
ihrem Kollegen Bernhard Schumacher stets
Gast der Stadtteilkonferenz und häufig auch
auf den Mitgliederversammlungen des Kom-
munalvereins. Eltern und Schulanfänger der
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ADRESSBUCH
Der Mai ist gekommen, Ich greife zum Hörer, rufe an
die Bäume schlagen aus, und höre vertraute Töne.
was soll es uns frommen, Der Gedanke, dass ich dies kann
wir bleiben weiter zu Haus. schenkt mir, dass ich mich versöhne
In dieser langen Corona-Krise mit dieser Situation im Mai,
ist man allein in den vier Wänden. wo es blüht in allen Farben.
Brav sein ist jetzt die Devise. Meine Seele jubelt und bleibt frei,
Wann wird das einmal enden? so vergehen die kleinen Narben
Da es uns allen gleich ergeht
werden wir es überstehen,
in der Hoffnung auf bessere Zeiten.
fast haben wir uns so eingelebt.
Wie wird nun es weitergehen?
Antje Thietz-Bartram
Mein Adressbuch liegt neben mir,
ich lese die Nummern und Namen.
Ich fühle Gemeinschaft und ein Wir
in einem ganz anderen Rahmen.
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9 HÄUSER, DIE GESCHICHTEN ERZÄHLEN DIE
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Das renovierte Stammhaus
Neben der staatlichen Carl-Götze-Schule lände der Schule Lokstedter Damm ahnt
und der privaten Modernen Schule, beide man noch nicht, wie weitläufig das Schul-
an der Borsteler Chaussee gelegen, gibt es gelände ist. Auf dem Grundstück befinden
in Groß Borstel eine weitere Schule. Sie liegt sich heute vier Schulgebäude. Drei Erwei-
nicht ganz so zentral am Lokstedter Damm. terungsbauten wurden 1964, 1982 und 1997
errichtet.
Seit 1964 ist hier eine Schule für behinderte
Kinder untergebracht. Zu Anfang hieß die
Schule noch „Heilpädagogische Tagesschu-
le Lokstedter Damm“, jetzt einfach „Schule
Lokstedter Damm“. Das Schulgelände liegt
recht idyllisch inmitten der Gärten der um-
gebenden Wohnstraßen Lokstedter Damm,
Schrödersweg, Holunderweg und Bröder-
mannsweg. An der Einfahrt zum Schulge-
Erweiterungsbau Der Neubau von 201711
Das Haus aus den 1960er Jahren wurde 2017
durch einen Neubau ersetzt. Das Stamm-
haus entstand 1898 und wird immer noch
genutzt.
2009 wurde es saniert und modernisiert. Auf
dem Gelände befinden sich einige alte Bäu-
me, stattliche Kastanien und eine prächtige
Rotbuche, die vermutlich gepflanzt wurde,
als das Stammhaus der Schule entstand.
Die Schule Lokstedter Damm ist eine Son-
derschule für den Förderschwerpunkt geis-
tige Entwicklung. In Hamburg gibt es sieben
Schulen dieser Art. Die Groß Borsteler Schu-
le hat ein recht großes Einzugsgebiet, das
über die Grenzen des Bezirks Nord noch hi-
nausgeht. Derzeit besuchen hier 109 Schüler
mit dem Förderschwerpunkt geistige Ent-
wicklung die Schule. 25 Sonderpädagogen
sowie 30 Erzieherinnen und Erzieher, The-
rapeutinnen und Therapeuten und sozialpä-
dagogische Assistenten (SPA) kümmern sich
um die Kinder, von denen fast 50 % nicht-
sprechend sind.
Zu den Schulzeiten werden die Schüler kurz
vor acht Uhr in dreizehn Schulbussen von
ihrem Wohnort zur Schule gebracht. Eine
Reihe von Schülern leben nicht weit von der
Schule entfernt, in der Stiftung Anscharhö-
he in Eppendorf. Um fünfzehn Uhr werden
die Schüler wieder abgeholt. Einige Schüler Möglichkeit für Sportunterricht. Auf dem
bleiben länger und werden in dem der Schu- Gelände befinden sich außerdem mehrere
le angeschlossenen Hort betreut. Spielplätze und eine Go-Kart-Bahn.
Die Kinder erhalten ihren Unterricht in Die Klassenräume sind großzügig und
kleinen Gruppen von acht bis zehn Schü- freundlich konzipiert. Zu jedem Unter-
lern in Fächern wie Deutsch, Rechnen oder richtsraum gehört noch ein Nebenraum, in
Sachkunde. In der schuleigenen Turnhalle dem man in einer Küchenzeile auch einmal
oder auf einem kleinen Bolzplatz gibt es die etwas kochen und abwaschen kann. In den
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Der Snoezelen-Raum
Gebäuden befinden sich außerdem Räume Die überwiegende Anzahl der Schüler wird
zur medizinischen Versorgung und Pflege. nach der Schulzeit trotzdem dauerhaft auf
Hilfe angewiesen sein. Einige Kinder sind
Eine Besonderheit ist der Snoezelen-Raum
von sehr schwacher Konstitution, sodass
(aus dem Niederländischen aus „snuffelen“
sie schon während der Schulzeit versterben.
= kuscheln und „doezelen“ = dösen zusam-
Für sie existiert auf dem Schulgelände ein
mengesetzt). Eine Sitz- und Liegelandschaft
Gedenkstein, der auf Anregung einer Schü-
sowie Licht- und Toneffekte erzeugen in
lerinneninitiative des Gymnasiums Kloster-
diesem Raum eine entspannte Atmosphäre.
schule vor Jahren durch Spendengelder von
Die therapeutische Wirkung solcher Snoe-
Radio Hamburg errichtet werden konnte.
zelen-Räume ist auch in der Altenpflege
nachgewiesen.
Der Gedenkstein für die verstorbenen Mitschüler
Mehr als das Lernniveau der 4. Klasse einer
Grundschule lässt sich für die meisten Schü-
lerinnen und Schüler trotz differenziertem
und handlungsorientiertem Unterricht und
intensiver Betreuung in der Regel nicht er-
reichen, erläutert Volker Eikermann, seit 20
Jahren Schulleiter der Schule. Der Unter-
richt bereitet die Kinder auf die Lebenspra-
xis vor.13
Art im Gut Hohenbuchen bei Poppenbüttel
(Poppenbüttler Landstraße) und ein Erho-
lungsheim für berufstätige Mütter in Pop-
penbüttel (Poppenbüttler Hauptstraße 25,
das Haus ist noch erhalten) gegründet. Da
er sich außerdem für die Astronomie be-
geisterte, unterstützte er die nach Bergedorf
verlegte Sternwarte 1903 durch die Anschaf-
fung eines Teleskops. Das von der Firma Carl
Zeiss angefertigte Instrument wurde zu Eh-
ren des Stifters Lippert-Astrograph genannt.
Marie und Eduard Lippert
Die Schule am Lokstedter Damm geht auf
ein Kinderheim zurück, das 1898 vom Ham-
burger Kaufmann Eduard Lippert gestiftet
wurde. Er nannte es in Gedenken an seine
früh an Krebs verstorbene Frau „Marienruh“.
Das Heim nahm Säuglinge und Kinder auf,
deren Eltern nicht in der Lage waren, die
Kinder selber aufzuziehen. Nach dem sechs-
ten Lebensjahr kamen die Kinder zurück zu Der Lippert-Astrograph in der Sternwarte Bergedorf
ihren Eltern, oder es wurden Pflegefamilien
Seinen Wohlstand hatte Eduard Lippert
für sie gesucht. Vier Schwestern und vier
mit Geschäften weit weg von Hamburg und
Dienstmädchen kümmerten sich um etwa
Groß Borstel, nämlich im südlichen Afrika
50 Kinder.
erworben. Lipperts Vater hatte die Wollhan-
Das Kinderheim im Lokstedter Damm war delsfirma David Lippert & Co gegründet und
nicht die einzige Stiftung von Eduard Lip- war bereits mit Handelsstationen in Südaf-
pert. Er hatte noch ein Kinderheim gleicher rika vertreten.
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Stereofotografie von Port Elisabeth, Südafrika aus dem Jahre 1901
Nach dem Tod des Vaters 1858 führten seine Eduard Lippert zog nun nach Pretoria und
drei Söhne das Geschäft weiter. Eduard Lip- gründete eine eigene Firma, mit der er rasch
pert ging nach Südafrika und übernahm Auf- wieder zu Wohlstand kam.
gaben in einer Dependance in der Kap-Kolonie
1886 wurde in Südafrika auch Gold gefun-
Port Elisabeth. Mit Beginn des Deutsch-Fran-
den. Eduard Lippert mehrte sein Vermögen
zösischen Krieges kehrte er 1870 nach Ham-
durch die Finanzierung von Goldminen
burg zurück, diente im Krieg als Krankenpfle-
und arbeitete eng mit einigen anderen Ge-
ger und blieb einige Jahre in Hamburg.
schäftsleuten am Kap zusammen, so mit der
Nachdem man 1866 in Südafrika den ersten Familie Beit und mit dem umtriebigen Cecil
Diamanten gefunden hatte, setzte 1871 ein Rhodes, nach dem später die Kolonie Rho-
wahrer Diamantenboom ein. Die Firma Lip- desien benannt wurde. Zeitweise besaß Lip-
pert verdiente mit Finanzgeschäften und beim pert ein Monopol auf die Herstellung von
Handel von Diamanten mit. Eduard Lippert Dynamit am Kap.
war in der Hamburger Kaufmannschaft gut
Als Cecil Rhodes begann, mit Unterstützung
vernetzt. Der spätere Diamantenmagnat Alf-
der britischen Regierung, die Grenzen der
red Beit lernte bei Lippert, ebenso Carl Cohn,
britischen Kolonie im südli-
der in den 1920er Jahren Hamburger Senator
chen Afrika zu erweitern, er-
wurde. Von 1879-1883 gehörte auch Eduard
warb er mit seiner Firma von
Lippert der Hamburger Bürgerschaft an.
König Lobengula (1833-1894)
Nach einem Börsencrash 1882 geriet die Fir- Schürfrechte in Matabeleland,
ma Lippert unverschuldet in Schwierigkei- das sich im Süden des heuti-
ten und wurde schließlich liquidiert. gen Simbabwe erstreckte.
Fleisch- und Wurstwaren aus der Region, nach alter Hand-
werkstradition hergestellt, finden Sie bei uns – und das
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GUT ZU WISSEN:
Von Sklaven per Hand
gegraben: Kimberly Hole
Welche Ausmaße die Diamantengier und
die gnadenlose Ausbeutung der Urbevöl-
kerung ab den 1870er Jahren angenom-
men hatte, verdeutlicht diese Grafik eines
Diamantentagebaus. Das New Yorker
Karte von 1870 Chrysler Building (319 m) passt fast ganz
hinein. Von den Gewinnen des Diamant-
handels bekamen die Sklaven nichts.
Mangels Wasser wurden die Diamanten auf Tischen
mit der Hand aus dem trockenen Schürfgut gepult.
Eduard Lippert hingegen hatte vom König
Handelsrechte erworben, die er mit Gewinn
an Rhodes weiterverkaufte. Zuvor unter-
nahm Eduard Lippert mit seiner Frau Marie
eine abenteuerliche zweimonatige Reise im
Planwagen durch das südliche Afrika, um
mit König Lobengula persönlich die Ver-
handlungen abzuschließen. Über diese Reise
hat Marie Lippert in Briefen einige lebendi-
ge Berichte verfasst.
Alexander Fuchs Dr. Jean Dibs-Laban Julia Gerstein-Thole Torben Fuchs
Rechtsanwalt Rechtsanwalt Rechtsanwältin Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwältin für
Bankenrecht
Familienrecht
Kündigungsschutz Steuerrecht Anlegerrecht
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Zum Zeitpunkt dieser Reise war Marie Lip-
pert bereits an Krebs erkrankt. Sie starb bald
nach der Rückkehr nach Hamburg im Jahr
1897, erst 42 Jahre alt. Auf dem Ohlsdor-
fer Friedhof ließ Eduard Lippert für seine
Frau ein prächtiges Familiengrab errichten
(Planquadrat U 23, 21-35 / V 23, 17-25.). Das
Grabmal wurde vor einigen Jahren sorgfältig
restauriert.
Das restaurierte Grabmal von Marie Anne und Eduard
Amandes Lippert. Es zeigt das Paar in großer Zugeneigtheit,
die wohl der tatsächlichen Beziehung entspricht.
Marie Anne Lippert wird auf dem Grab als schreibende
oder zeichnende Frau gezeigt. Tatsächlich sind von ihr zahl-
reiche Zeichnungen und Texte über Afrika erhalten.
HÄUSER UND GESCHICHTEN
In Groß Borstel gibt es sicher noch viele
Häuser, an denen sich Geschichten ran-
ken, vielleicht auch bei Ihrem Haus. Falls
Sie meinen, diese Geschichte sollte er-
zählt werden, dann setzen Sie sich doch
mit mir in Verbindung: andreschulz@
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E-Mail: Info@zahnmedizin-hamburg.dental
Öffnungszeiten: Mo, Di + Do: 8 - 18 Uhr | Mi + Fr: 8 - 13 Uhr und nach Terminvereinbarung17 Der Erste Weltkrieg und die anschließen- Ab 1935 wurde das Stammhaus als Außen- de Inflation fraßen Lipperts Vermögen fast stelle der heutigen Carl-Götze-Schule ge- vollständig auf. Er starb 1925. Nach Lipperts nutzt, bis es 1964 zur jetzigen Schule wurde. Tod wurde das Waisenhaus vom Staat zu- nächst weitergeführt. André Schulz
18
PERSÖNLICH GESEHEN:
NICOLAS MOUMOUNI (37)
VORSTANDSVORSITZENDER DES VEREINS OSSARA E.V.
und Studium verholfen, so dass es mich später
mit einem Stipendium nach Deutschland zog
und ich nach Abschluss meines Germanistik-
und Anthropologie-Studiums anschließend in
Mainz ein Masterstudium absolvieren konnte.
Zu diesem Zeitpunkt wuchs in mir der Gedan-
ke und Wunsch, irgendwann einen Verein zu
gründen, der sich um nachhaltige Entwick-
lung in Form von Hilfe zur Selbsthilfe in Togo,
aber auch um Integration von Migrantinnen
und Migranten hier zum Ziel setzt. Und im
Jahr 2017 war es dann soweit. Übrigens ist
Togo zunächst unser ausländisches Pilotpro-
jekt. Wir sind durchaus offen für Hilfsprojekte
in anderen Ländern, solange es die Strukturen
dort zulassen.
GBB: Jetzt müssen Sie uns aber bitte verra-
ten, was der SV Groß Borstel mit Ossara zu
tun hat.
N.M.: Ich hatte im Februar 2018 für unseren
Verein Ossara etwa 60 Hamburger Sport-
Foto: Christian Fraude vereine mit der Bitte um einige ausrangierte
„Ossara“, aus Lamba – einer der togoischen Trikots für Schülerinnen und Schüler aus
Nationalsprachen – ins Deutsche übersetzt, Togo angeschrieben. Und genau ein Verein
bedeutet: „Alles wird gut.“, und genau dafür aus Hamburg gab uns ein positives Feedback,
setzt sich Nicolas Moumouni ein. Zum ei- das war der SV Groß Borstel. So kamen wir in
nen in Togo, dem Land, in dem der studier- Kontakt. Als dann das neue Clubhaus einge-
te Germanist und Anthropologe aufwuchs, weiht wurde, bekamen wir das sensationelle
und zum anderen hier bei uns in Groß Bors- Angebot, hier die Räumlichkeiten für unsere
tel und Umgebung. Bürotätigkeiten und diversen Kurse nutzen
zu dürfen. In unseren Kursen lernen und be-
GBB: Lieber Herr Moumouni, das ist ja
gegnen sich übrigens Menschen aus mehr als
wirklich bewundernswert, dass Sie sich ne-
einem Dutzend verschiedener Ländern.
ben Ihrem Vollzeit-Job und Ihrer Familie so
intensiv um die Bildung und Gesundheit der GBB: Und wie können wir Groß Borsteler bei
Menschen in Togo, aber auch gerade hier bei Interesse Ihrem Verein beitreten oder Ossara
uns in Groß Borstel und Umgebung küm- anderweitig unterstützen?
mern. In dem neuen Clubhaus des Sport-
N.M.: Am 13. Juni 2020 findet ganztägig auf
vereins Groß Borstel von 1908 e.V. bieten Sie
dem Sportplatz des SV Groß Borstel ein großes
und Ihr Team Kurse zur Sprachförderung,
Sport- und Integrationsfest statt. (Fällt aller
Hausaufgabenhilfe, Sozialberatung, aber
Voraussicht nach wegen Corona aus) Da sind
auch kulturelle Veranstaltungen für neue
auch einige aktive Mitglieder von Ossara vor
Bürgerinnen und Bürger an. Wie sind Sie zu
Ort, so dass sich alle Interessierte dort infor-
dieser Aufgabe gekommen?
mieren und uns kennenlernen können. Wir
N.M.: Mir haben als Vollwaise in meiner Jugend haben natürlich immer noch großen Bedarf an
einige Steyler Missionsschwestern in Togo Förderern, ehrenamtliche Kursleiterinnen und
sehr engagiert zu einer guten Schulbildung Kursleitern sowie Helfern aller Art.19
GBB: Zu guter Letzt würden wir nun auch
noch sehr gern drei Ihrer Wünsche erfahren.
N.M.: Wie schon gesagt, gibt es für die gro-
ße Menge an Aufgaben, denen wir uns wid- Einzel-, Paar-, Familientherapie und -beratung ·
men, derzeit viel zu wenige Ehrenamtliche. Coaching · Supervision · Seminare
Mein großer Wunsch ist, dass unser Verein
kurzfristig wächst. Außerdem wäre eine
Schirmfrau oder ein Schirmherr gerade aus
Groß Borstel für Ossara klasse. Ich konn-
te hier schon so viele engagierte und offene
Stadtteilbewohnerinnen und -bewohner
kennenlernen. Na, ja und dann habe ich noch
den Wunsch nach der einen oder anderen
kleinen Spende. Schon für sieben Euro ist es
uns nämlich möglich, eine Schuluniform für
ein togoisches Kind zu erwerben, und so eine
Uniform ist Pflicht an den staatlichen Schu- Inga Herden Kristina Puhlmann
len vor Ort. Diplom-Sozialpädagogin Diplom-Sozialarbeiterin
Systemische Therapeutin (DGSF) Systemische Therapeutin (SG)
GBB: Herzlichen Dank, lieber Herr Mou- Heilpraktikerin für Psychotherapie Heilpraktikerin für Psychotherapie
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zu bewundern, ist sie heute fast über-
all aus dem Stadtbild verschwunden.
TankCenter
Überall? Nein, die Metro in der Papenreye
hat zumindest eine Wand – die Ostwand –
Groß Borstel
mit der typischen Metrofliese erhalten. Der
Rest ist mit ausgesprochen langweiligem • Textilwaschanlage
Blech verunschönt worden. • Fahrzeug Innenreinigung
Ästhetisch reißt so eine Art vertikaler 80er- • Ölwechsel
Jahre-Charme der Original-Fassadenfliese • Batterie- & Reifenservice
Denkmalschützer schlicht vom Hocker, und
es wird die Fangruppe der Groß Borsteler TankCenter Groß Borstel Inh. Yavuz Özgen
Fliesentischbesitzer möglicherweise auch Borsteler Chaussee 95 • 22453 Hamburg
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entzücken.20
NEUE WEGE GEHEN
WENIGER IST MEHR
Haben Sie das auch so empfunden? Kristall- München, Stuttgart oder Düsseldorf. Die
klare Luft, keine Staubbelastung, kein Lärm Urlaubsreise geht ins schöne Brandenburg,
rundherum und ein sternenklarer Himmel? an die Mosel oder für Hartgesottene in den
Die Autos standen wochenlang still. Wenige Harz. Hamburger werden wieder von Nord-
Menschen auf der Straße, selbst die Kollau- und Ostsee umschlungen und müssen nicht
straße still. Und noch eines war anders: kein mehr vollklimatisiert in einem Dubaier Flug-
Fluglärm. Nur dann und wann startete eine hafenkaufhaus auf den nächsten internatio-
Maschine, es war fast wie in den fünfziger nalen Anschlussflug nach Brisbane, Bangkok
Jahren. Natürlich auch keine Kondensstrei- oder Hanoi warten.
fen am Himmel, neudeutsch Chemtrails ge-
Nur fünf Prozent Luftverkehr, der Flughafen
nannt.
läuft auf Sparflamme. Ein Zurück-wie-früher
Das, was wirtschaftlich, besonders für die kann nicht die Alternative sein. Es ist die Zeit
Flughafenwirtschaft, eine Katastrophe ist, der Konversion. Die Zeit des Nachdenkens.
ist für die Umwelt eine Wohltat. Schon hop- Die Suche nach dem, was wir uns künftig
peln Feldhasen durch Groß Borstel, Rehe, ersparen können. Einen Gedanken hat der
Füchse, Marder wandern vom Niendorfer BUND Hamburg aufgegriffen: die Anpassung
Gehege herüber. Man hat den Eindruck, die der Betriebszeiten des Flughafens auf ein ver-
Vögel singen in diesem Frühjahr besonders nünftiges Maß.
fröhlich.
„Nachts ist Ruhe“ ist seit 2017 die Forde-
Bliebe es doch immer so. Die Arbeit auf das rung des BUND, also eine Beschränkung der
Notwendige beschränken. Kein Getrieben- Betriebszeiten des Hamburger Flughafens
sein, kein Gehetze von Termin zu Termin. zumindest auf die Zeiten der gesetzlichen
Jitsi- oder Zoom-Konferenzen ersparen den Nachtruhe, also auf 6.00 bis 22.00 Uhr, am
wöchentlichen Flugreisetag des Managers, Wochenende von 8.00 bis 22.00 Uhr. Das
Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts nach war auch die Forderung einer erfolgreichen21
Volkspetition, abgebügelt von der Hambur- Rostock, Hannover und auch Lübeck die
ger Regierungskoalition. gemeinsamen Ressourcen klima-, lärm- und
umweltschonend nutzen.
Tatsächlich ist die innerstädtische Lage des
Flughafens seit Jahrzehnten ein Streitpunkt. Ein in gemeinsamer Initiative gut ausgebau-
Schleswig-Holsteiner, Niedersachsen und tes Schienennetz und eine unter Beachtung
Mecklenburger nutzen den Flughafen in des Gesamtsystems optimierte Slot-Vergabe
Hamburg und verschonen so ihre eigenen für die genannten Flughäfen sollen standort-
Anwohner vor Fluglärm. Der BUND for- bezogene Überlastungen verhindern und da-
dert ein Umdenken in der Verteilung der durch das Gesamtsystem entlasten. Das Luft-
Luftverkehrslasten. Mit einer gemeinsamen verkehrskonzept soll für die Entwicklung,
Initiative soll Hamburg – federführend – zu- den Betrieb und die Rolle des norddeutschen
sammen mit den Bundesländern Bremen, Luftverkehrs unter Berücksichtigung seiner
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen Klima-, Lärm- und Ressourcenbelastung eine
und Schleswig-Holstein das aus dem Jahr verbindliche Richtungsweisung darstellen,
2013 stammende Luftverkehrskonzept der mit regelmäßiger Evaluierung und Anpas-
Nordländer neu verfassen. Hierbei sind Be- sung. (BUND Hamburg)
lastungsreduktionsziele als oberste Prämisse
Nach Recherchen des NDR ist in den Mona-
festzulegen. Dieses neue Konzept soll dann
ten April bis August 2019 jeder dritte Flug ab
eine beispielgebende Rolle für die Fortschrei-
Hamburg ein Inlandsflug. Jeder vierte Flug
bung des nationalen Luftverkehrskonzeptes
überbrückt sogar nur eine Entfernung von
von 2017 einnehmen.
maximal 500 Kilometer. Solche Flugreisen
Die norddeutschen Flughafenstandorte sol- sind laut Verkehrsclub Österreich 50-mal so
len ihre Wettbewerbssituation untereinander klimaschädlich wie Bahnreisen. Der BUND
aufgeben und durch eine enge Zusammen- Hamburg hat für das Jahr 2018 über 23.000
arbeit der Flughäfen in Hamburg, Bremen, Flüge von und nach Hamburg-Fuhlsbüttel22
ermittelt, die ohne Zeit- und Komfortverlust führe nach seiner Logik in eine betriebswirt-
sofort auf die Schiene verlagert werden kön- schaftliche Katastrophe. Eine ganze Kom-
nen. Köln und Düsseldorf, Frankfurt oder munikationsabteilung ist deshalb bei der
Nürnberg sind Flugziele, die innerhalb von Flughafen Hamburg GmbH damit beschäf-
vier Stunden mit dem ICE erreicht werden tigt, Abgeordneten der Bürgerschaft und der
können – heute schon. Öffentlichkeit die These vom dringenden
„menschlichen Bedürfnis nach Mobilität“ als
Die Regierungsparteien in Hamburg und Ber-
Realität darzustellen.
lin verbreiten in der Corona-Krise die Mär
vom ungehemmten Wachstum. So empfiehlt Jedoch sehen moderne Wirtschaftstheoreti-
der CDU-Wirtschaftsrat eine „zeitliche Stre- ker die Zeit des Umdenkens gekommen. Es
ckung der klimapolitischen Zielvorgaben“, um geht um nichts weniger als die Emanzipati-
die deutsche Wirtschaft auf Kurs zu bringen. on unserer Wirtschaftsweise von veralteten
Von der brummenden Autoindustrie bis hin Theorien, Werten und Gewohnheiten. „Um
zur intensiven Landwirtschaft, alles soll so einen bevorstehenden ökologischen Zusam-
weitergehen wie vor der Corona-Pandemie. menbruch abzuwenden“, so die Kultursozi-
Milliardenhilfen für die Luftfahrtwirtschaft. ologin Miriam Meissner, „müssen wir, daran
Ansonsten drohe Deutschland die Deindustri- führt kein Weg vorbei, schnellstmöglich den
alisierung, so der CDU-Wirtschaftsrat. Kurs wenden und ein ökonomisches Modell
entwickeln, das ohne fortlaufendes Wirt-
Flughafenbetriebschef Johannes Scharnberg
schaftswachstum auskommt.“
(Director Strategy, Political and Environmen-
tal Affairs, Prokurist bei Hamburg Airport) Nicht allein das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
begründet die Wachstumsnotwendigkeit mit ist das Maß aller Dinge, auch die Faktoren
den ständig steigenden Kosten – beispiels- Nachhaltigkeit, Umwelt, Gleichstellung müs-
weise infolge von Lohnverhandlungen. Ein sen bewertet werden. Länder wie Neusee-
langfristiger Rückgang der Passagierzahlen land, Island und Schottland legen hier bereits
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vor. Sie haben unter der Initiative Wellbeing
Economy Governments 2019 beschlossen,
Umwelt, Gerechtigkeit und Lebensqualität
höher als das BIP zu bewerten.
Das BIP berücksichtigt nicht, welche Um-
weltschäden mit dem Wachstum einher-
gehen – im Gegenteil. Eine Zunahme an
Autounfällen und Verkehrsopfern steigert
beispielsweise die Zielkennziffer der Wachs-
tumsfetischisten. Verkehrsminister Andre-
as Scheuer (CSU, 45) möchte – aus seiner
verqueren Sicht folgerichtig – die im euro-
päischen Vergleich immer noch laxen Sank-
tionen gegen zu schnelles Fahren wieder
zurückschrauben. Man soll also mit 55 km/h eines Daimler-Logistikzentrums ausgerechnet
durch 30er-Wohngebiete brettern oder mit 75 in einem Moorgebiet. Die A26-Ost soll als Ver-
bzw. 85 km/h durch die Stadt rasen können, bindung zwischen A7 und A1 gebaut werden,
ohne den Führerschein auch nur für einen obwohl die der Planung zugrundeliegenden
Monat abgeben zu müssen. Das ist genau das, utopischen Hafenwachstumszahlen schon vor
was wir nicht brauchen. Jahren nicht erreicht werden konnten. Gerade
Zurzeit laufen die Koalitionsverhandlungen in Zeiten der Krise malt der Senat ein düsteres
zwischen SPD und Grünen in Hamburg. Auf Bild. Er setzt entgegen aller Warnungen mehr
die Einschränkungen der Betriebszeiten des auf Wirtschaftswachstum als auf ökologische
Flughafens zu hoffen, scheint momentan ext- Neubesinnung. Dabei ging das Ergebnis der
rem optimistisch zu sein. Die SPD fordert gar, Bürgerschaftswahl doch eigentlich in die ent-
die Fluglärmschutzbeauftragte von der Um- gegengesetzte Richtung. Schon vergessen?
weltbehörde in die Flughafen-affinere Wirt- Uwe Schröder
Quellen:
schaftsbehörde zu versetzen. Die Hambur- • Neue Wege im Luftverkehr für Hamburg, BUND Hamburg, 13. Mai 2020
• VCÖ-Schriftenreihe „Mobilität mit Zukunft“: „Klimafaktor Reisen“, Wien 2020
gische Landesregierung genehmigt den Bau • Miriam Meissner, Der Freitag, 14. Mai 2020
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Eine kleine Wanderung zum Lachen oder
Schmunzeln, jeder so weit wie er mag. Etwa
einen Kilometer von der Fleischerei Günther,
ein kurzes Stück über den Warnckesweg ent-
lang der Borsteler Chaussee, bis hin zu Body-
works von Lars Thörmer. Und dann auf der
anderen Seite der Chaussee wieder zurück.
Die Schaufensterausstellung Hamburger Strich
in Groß Borstel zeigt sich als voller Erfolg.
Mehrfach mussten wir schon Bücher vom Ver-
lag nachbestellen, die bekanntlich in der ABC-
Apotheke erworben werden können. Das Buch
zur Ausstellung kostet 16 Euro, die in Groß
Borstel von Druckerei Himmelheber produzier-
te Drucke einzelner Cartoons kosten 10 Euro.
Noch sind ausgewählte Cartoons als Drucke
(gelb gekennzeichnet) und Bücher erhältlich.
Herr Berg bittet Interessenten darum, bar zu
bezahlen. Da der Verkauf außerhalb des norma-
len Apothekengeschäfts läuft, kann nicht mit
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Seh‘ ich einen Regenbogen,
glaub ich, Oma hat gelogen.
Denn sie hat mir stets gesagt,
da wo der die Biege macht,
er ganz stumpf im Nichts versackt,
hat der Teufel hingekackt.
Und zwar Gold- und Talerhaufen.
Ja, man braucht nur hinzulaufen
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HAUSMEISTER ROLAND KIEPE
WOHNANLAGE ROSENSTIFT
„Ich kann mir keinen anderen Beruf vor- – und die sich 1723 in England als sogenannte
stellen. Ich liebe die Arbeit als Hausmeis- Loge konstituiert hat, um in Salons und Lese-
ter!“, sagt Roland Kiepe, Hausmeister der gemeinschaften aufklärerisch zu wirken.
Wohnanlage Rosenstift, genauer gesagt der
Freimaurer haben sich verpflichtet, freimau-
Freimaurerischen Senioren-Wohnanlage
rerische Gebräuche und Logenangelegen-
Rosenstift e.V. – so der offizielle Name.
heiten nicht nach außen zu tragen. Diese
Man nimmt es Roland Kiepe ab, dass er gerne Verschwiegenheit soll intern den Austausch
als Hausmeister arbeitet. Er ist seit 2009 die befördern. Die Ursprünge der Freimaurerei
Seele des weitläufigen Hauses am Weg beim reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück und
Jäger 78. Kennt natürlich jede und jeden der sind auf mittelalterliche Steinmetzbruder-
etwa 75 Bewohner beim Namen, grüßt freund- schaften zurückzuführen. Heute widmen
lich, winkt, hat zu jedem ein freundliches Wort sich die Freimaurer vorrangig gemeinnützi-
auf den Lippen. Wir sitzen zum Gespräch in gen Projekten.
der Eingangshalle der Wohnanlage beim Kaf-
Roland Kiepe war, bevor er sich auf den Job
fee. Moin Roland, hallo Roland, tschüs Roland
als Hausmeister bewarb, als Handwerker
– alle nennen ihn beim Vornamen.
beschäftigt. Er war Kürschner. Betrieb auch
Die Handwerker, die mit Werkzeug beladen einen eigenen Laden, der zum Ende jedoch,
vorbeigehen, „kommen von den Freimau- wie viele Kürschnerbetriebe, durch die be-
rern“. Die Wohnanlage gehört der Zinnen- ständig sinkende Nachfrage nach Pelzen (so-
dorf-Stiftung, einer freimaurerischen Ein- genannten Rauchwaren), immer weniger Ge-
richtung, die in Eppendorf ein Pflegeheim winn abwarf. Kiepe musste sich nach einem
für schwerstbehinderte junge Menschen anderen Job umsehen. Da er schon immer
betreibt. Freimaurer sind bekanntlich eine handwerklich geschickt war, kam ihm das
verschwiegene Gemeinschaft, die weltweit Angebot, als Hausmeister zu arbeiten, gerade
nach Schätzungen etwa 2,6 bis 3,2 Millionen recht. Der Vorteil seiner Bewerbung war, dass
Mitglieder hat – in Deutschland etwa 15.000 er im Rosenstift wohnte.29
„Warum das?“, frage ich Roland – wir sind so-
fort beim „Du“ gelandet. „So alt bist du doch
gar nicht?“ Roland Kiepe ist 1951 geboren.
GUT ZU WISSEN:
„Es war schwierig damals für mich, eine Freimaurerei
Wohnung zu finden auf dem freien Markt. Die Freimaurerei versteht sich als ein ethi-
Die Vermieter wollten immer Verdienstbe- scher Bund freier Menschen mit der Über-
scheinigungen sehen, die hatte ich als Selbst- zeugung, dass die ständige Arbeit an sich
ständiger natürlich nicht.“ Roland Kiepe fand selbst zu einem menschlicheren Verhalten
eine Wohnung im Rosenstift und wenig spä- führt.
ter dort den Job. Einer seiner Vorgänger woll- Die fünf Grundideale der Freimaurerei sind
te oder musste gehen, Roland bewarb sich. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Tole-
ranz und Humanität.
„Damals war hier eine ganz merkwürdige
Stimmung. Die Leute waren anders. Irgend- Die Freimaurerei ist ein ethischer, kein
wie gereizt. Es gab auch häufiger mal Stress.“ politischer Bund und beteiligt sich nicht
Kann man sich bei Roland Kiepe gar nicht an politischen oder konfessionellen Par-
vorstellen. Die Stimmung hat sich inzwi- teikämpfen. Sie ist keine Religionsgemein-
schen verbessert. Vielleicht durch die freund- schaft, keine geheime Verbindung, verlangt
liche Art von Roland Kiepe. Vielleicht aber – keine gesetzwidrige Verschwiegenheit und
wie er sagt – durch den Generationswechsel vermittelt keine geheimen Kenntnisse.
bei den Bewohnern. „Die sind jetzt anders Die Freimaurerei hat in Europa eine lange
drauf als früher.“ Es wohnen auch Jüngere im Tradition. Die Anfänge der Geschichte so-
Seniorenheim. Die Jüngste ist gerade mal 25 wie das Brauchtum, Ritual und die verwen-
Jahre alt – die älteste Bewohnerin ist 88. deten Symbole der Freimaurerei gehen auf
die Steinmetzbruderschaft und deren Bau-
„Der Vorteil ist zugleich der Nachteil“, meint
hütten zurück.
Roland Kiepe. „Dadurch, dass ich hier wohne,
bin ich immer ansprechbar.“ Häufiges Prob-
lem: Jemand hat seinen Schlüssel vergessen,
verloren, vertüdelt. Klingelt mitten in der
Nacht bei Roland Kiepe. Einige seiner Kun-
den sind Wiederholungstäter. Verständlich
bei Demenzkranken. Roland Kiepe nimmt es
mit Gelassenheit.
„Für die bin ich Mädchen für alles.“ Oft heißt
es: „Kannst du mich mal nach oben bringen,
Roland?“ Er schiebt dann einen Rollstuhlfah-Sie können auch lesen
