Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...

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hernsteiner
2/2021   Schwerpunkt: Unternehmenskultur

{                 REDEN WIR
                  DARÜBER
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
DIE GENERATION Z
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                            D           D E R
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                                        Welche
                                        Assoziationen
                                        haben Sie zu                              Haben Sie Autorität oder sind Sie eine Autorität? Bei den
                                                                                  ­Jägern und Sammlern lag die Macht – so Erich Fromm
                                        Autorität?                                 in „Haben oder Sein“ – bei derjenigen Person, deren
                                                                                   Kompetenz für die jeweilige Aufgabe allgemein anerkannt
                                                                                   wurde. Wer gut im Mammut-Erlegen war, hatte die

                                                                  9%
                                                                                   Mammut-­Autorität. Dann wurden die Dinge kompliziert.
                                                                                   In späteren Gesellschaften ging die Autorität nämlich auf

84 %
                                                                                   äußere Zeichen über, auf Uniformen und Titel. Bist du
                                                                   neutrale        König, hast du recht – und auch die schönsten Kleider,

                                                               7%
                                                                                   sogar wenn du nackt bist.
positive
                                                                                  Damit sind wir auch schon bei der Generation Z. Die geht
                                                               negative           quasi retour zu den Jägern und Sammlern. Diese jungen
                                                                                  Menschen – Prototyp ist Greta Thunberg – hinterfragen so
                                        Welche                                    ziemlich alles und daher auch Hierarchie, Macht und Autori-
                                                                                  tät. Doch Hinterfragen bedeutet nicht unbedingt Ablehnen.
                                        Assoziationen                             Inkompetentes Pseudo-Führen wird die Kündigungsrate
                                        haben Sie zu                              steigen lassen. Doch wer sinnvolle Vorgaben macht und sei-
                                                                                  nen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dadurch hilft, ihren
                                        Macht?                                    Job gut zu erledigen, erntet sogar Dankbarkeit. Wer gut im
                                                                                  Mammut-Erlegen ist, hat die Mammut-Autorität.

                                                                  50 %
                                                                                  Sind die heutigen Führungskräfte bereit für diese ­Challenge?
                                                                                  Die Umfrage des Hernstein Management Reports bietet

20 %
                                                                                  Grund für Optimismus. Das Bewusstsein für die neuen
                                                                   neutrale       Anforderungen scheint vorhanden zu sein, eine konstruktive
                                                                                  Fehler­kultur ist weit verbreitet. Es gilt wieder: Wer Autorität
positive                                                                          hat, muss auch eine Autorität sein.

                                                   30 %
                                                                              33 %
                                                   negative

                                                                              der weiblichen Führungskräfte assoziieren
  Quelle: Hernstein Management Report
  Seit 23 Jahren erhebt der Hernstein Management Report jährlich
  ein Stimmungs- und Meinungsbild unter Führungskräften im
                                                                              negative Eigenschaften (zum Beispiel
  deutschsprachigen Raum. Online-Befragung durch Triple M Matzka
  Markt- und Meinungsforschung. Befragungszeitraum: Mai 2020,                 „Ungerechtigkeit“, „Arroganz“ usw.) mit
  Sample: 1.548 Personen. Aufgrund kaufmännischer Rundungen können
  Prozentwerte zwischen 99 % und 101 % auftreten. Bitte beachten
  Sie, dass die Befragung in der ersten Mai-Hälfte 2020 stattfand, also
                                                                              dem Begriff Macht. Bei Männern sind es
  während des Covid-19-Shutdowns.
  Mehr Infos unter: www.hernstein.at/hmr                                      mit 27 % deutlich weniger.
  2 hernsteiner 2/2021
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Wenn jemand einen
                                                                                                                         Fehler macht, sollte er/sie
                                                                                                                         die Chance bekommen,
                                                                                                56 %                     den Fehler wiedergut­
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                          R            F E H L E RN
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                                                                                                ganz zu
                                                                                                                         zumachen und nicht
                  V               IT
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                                                                                                                         sanktioniert zu werden.
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            Ich fördere                                Dieser Aussage stimmen
                                                                                                38 %
                                                      59 %
            bei meinen
                                                                                                                                  6%
                                                                                                Stimme
                                                                                                eher zu
       Mitarbeitenden
           den offenen                                 voll und ganz zu
                                                                                                                                  Stimme

                                                      35 %
                                                                                                                                  weniger zu
          Umgang mit
         Fehlern, denn
       nur aus Fehlern
                                                       eher zu                                  16 %                     Fehlleistungen

                                                      6%
            kann man                                                                            Stimme überhaupt
                                                                                                                         erfordern rasche
                                                                                                nicht zu
                lernen.                                                                                                  Sanktionen.

                                                                                                                                        46 %
                                                       weniger zu

                                                      1%
                                                       überhaupt nicht zu
                                                                                                10 %
                                                                                                Stimme voll und
                                                                                                ganz zu
                                                                                                                                        Stimme
                                                                                                                                        weniger zu

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                                                   Z
                                                                                                                              28 %
                                                                                                                              Stimme
                  R           F                        U
                          U
                                                                                                                              eher zu
                      T
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                KO
               EN
   C H T U N D
     G E H Ö R

                                       Ohne regelmäßige Kontrolle der Mitarbeitenden kann Führung nicht funktionieren.
                                       24 %                53 %                                   20 %            3%
                                       Eine Führungskraft sollte eine gewisse Distanz zu den Mitarbeitenden haben.
MA

                                       16 %        48 %                                  31 %                   6%
                                       Ich bin der Ansicht, dass Macht zu Führung einfach dazugehört.
                                       15 %       44 %                              33 %                      9%

                                         Stimme voll          Stimme        Stimme          Stimme überhaupt
                                         und ganz zu          eher zu       weniger zu      nicht zu

                                                                                                                                                     3
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
Inhalt

                                                                             {
              6        KU R Z M E L D U N G E N
                       Gold für Hernsteiner / 1,5 Tage Humor /
                       „Cringe“ – das Jugendwort 2021 / Podcast:
                       Was zeichnet eine gute Führungskraft aus? /
                       Innovationspreis für smartes Recycling

              7        L E A D E R S H I P - H AC K S
                       Wer sind Sie?

              2 2      WA S       C E O s    VO N     K A P I TÄ N E N
                       L E R N E N     KÖ N N E N                                8   S C H W E R P U N K T :
                       Kreative Spitzenleistungen trotz hoher Fluktuation            U N T E R N E H M E N S KU LT U R

                                                                                     Was ist der Sinn des Sinns?
                                                                                     Und warum steht er bei
              24       E I N E    W E LT     O H N E        H I E R A RC H I E
                       Inspiration in der Kalahari                                   manchen Pyramiden ganz
                                                                                     oben? Was lässt Hochzeiten
                                                                                     im Himmel scheitern?
              2 6      „ M A N     L ÄU F T ,    KOM M T          A B E R            Und wie geht Unkultur?
                       N I C H T     VO N     D E R    S T E L L E “
                       Christian Jarnig von Fercam Austria
                                                                                     Überraschende Antworten
                                                                                     und frische Impulse.

              2 8      W E R     P U T Z T    D E N    KÜ H L S C H R A N K ?
                       Selbsterfahrung: Marina Barz über den Weg
                       in die Selbstverantwortung

              2 9      I H R E     N ÄC H S T E N      T R A I N I N G S
                       Virtuell führen und humorvoll zusammenarbeiten

              3 0      D I E     R E A L I TÄT      I S T    D E N
                       M E N S C H E N       Z U M U T BA R
                       Das Training „Living Leadership“ hilft,
                       mit Führungsangst umzugehen

4 hernsteiner 2/2021
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
E D I TO R I A L

                                                                                 DIE GUTE GIER
                                                                                 Als Kind haben Sie diesen Spruch vielleicht auch gehört: „Neu­
                                                                                 gierige Leute sterben bald.“ Auf Englisch heißt es: „Curiosity killed
                                                                                 the cat.“ Neugier ist der Katze Tod und jener guten Benehmens
                                                                                 ebenfalls. Zumindest galt das früher. Denn das Image dieses
                                                                                 kleinen Wörtchens hat sich dramatisch gewandelt. Neugier gilt
                                                                                 heute als Treibstoff für positive Veränderung. Natürlich geht es
                                                                                 nicht um das Herumschnüffeln in Privatsphären. Sondern um das
                                                                                 intensive Interesse an Neuem. Für Pulitzer-Preisträger Thomas
                                                                                 L. Friedman ist dies sogar die wichtigste Überlebensfähigkeit
                                                                                 überhaupt, leidenschaftliche Neugier sei heute wichtiger als ein
                                                                                 hoher Intelligenzquotient. Das gilt nicht nur für die individuelle
                                                                                 Karriere: „Über die Neugier der Mitarbeiter wird letztlich die
                                                                                 Innovationsfähigkeit eines Unternehmens definiert“, urteilt das
                                                                                 Zukunftsinstitut.

                                                                                 Die gute Nachricht: Neugier kann man lernen. Das Onlineportal
                                                                                 karrierebibel.de gibt dafür einige ganz konkrete Tipps: Probieren
                                          Die Redaktion des Hernsteiners:
                                          Michaela Kreitmayer, Leiterin          Sie zum Beispiel jeden Tag etwas Neues aus – essen Sie mittags
                                          Hernstein Institut (oben),             in einem neuen Lokal, gehen Sie einen neuen Weg als Alternative
                                          und Sibylle Wachter-Benedikt,
                                                                                 zu Ihren bekannten Pfaden. Lesen Sie mehr – viele erfolgreiche
                                          Gesamtredaktion
                                                                                 Menschen lesen jede Woche ein neues Buch. Hinterfragen Sie
                                                                                 Bekanntes: Das haben wir schon immer so gemacht? Ein Grund
                                                                                 mehr, es mal anders zu versuchen!

                                                                                 Die Unternehmenskultur kann Innovation fördern, indem sie
                                                                                 Neugier ermöglicht und sogar belohnt. Dabei ist aber darauf zu
                                                                                 achten, dass bei all den Experimenten und neuen Wegen das
I M P R E S S U M
Hernsteiner – Fachzeitschrift für Management- und Leadership-
                                                                                 Gemeinsame nicht verloren geht. Daher betont der Autor unserer
Entwicklung Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Hernstein                  Coverstory, dass eine neue Qualität des Dialogs notwendig ist.
Institut für Management und Leadership der Wirtschaftskammer
Wien, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, T: +43/1/514 50-5600,                      Gehen wir neue Wege – und erzählen wir einander, was wir dabei
hernstein@hernstein.at, www.hernstein.at Copyright: alle Rechte bei              entdecken!
Hernstein Institut für Management und Leadership der Wirtschafts­
kammer Wien. Redaktion: Mag. (FH) Michaela Kreitmayer (Leitung
Hernstein Institut), Sibylle Wachter-Benedikt, BSc (Gesamt­redaktion),
Mag. Gerhard Mészáros, MA. Corporate Publishing: Egger & Lerch,
                                                                                 Quellen
1030 Wien (Artdirektion und Layout: Anika Reissner, Sabine Peter).
Fotos/Illustrationen: Philipp Tomsich (S. 5, 9), Peter Bauer (S. 7),             A. Steinle und C. Naughton: Neugier-Management. Zukunftsinstitut, 2014
Daniel Waschnig (S. 12), Isabella Kubitza Fotografie (S. 15), Reinhard           John Hagel III (31. 7. 2017): “Radically open: Tom Friedman on jobs, learning, and the future
Lang (S. 16, 21), Val Sedounik (S. 19), AIDA Cruises (S. 22), Fotostudio         of work”. Deloitte Review
Wilke (S. 23), Digitalwerk (S. 25), Fercam Austria (S. 27), Inga Haar
                                                                                 https://www2.deloitte.com/us/en/insights/deloitte-review/issue-21/tom-friedman-
(S. 28), Kirstin Tödtling (S. 30); stock.adobe.com: FotoRequest (S. 1, 8),
                                                                                 interview-jobs-learning-future-of-work.html
Alex (S. 1, 12, 18, 19), Tatiana Atamaniuk (S. 1, 8, 16), ryanking999 (S. 10),
onkachura (S. 10, 12, 13), Mircea Costina (S. 14), emuck (S. 16), oldesign       Jochen Mai (19. 11. 2020): „Neugier: Die unterschätzte Erfolgseigenschaft“
(S. 17), De_silVA (S. 20), gqxue (S. 21). Hersteller: Druckerei Berger,          https://karrierebibel.de/neugier/
3580 Horn. Offenlegung der Eigentumsver­hältnisse nach dem
Mediengesetz: Hernstein Institut für Management und Leadership
der Wirtschafts­kammer Wien, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien. Der
Hernsteiner erscheint 2-mal pro Jahr. Der Inhalt der Beiträge spiegelt
die Meinung der Autorinnen und Autoren wider, deckt sich aber
nicht unbedingt mit der Meinung des Herausgebers.

                                                                                                                                                                                 5
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
Kurzmeldungen

                         GOLD FÜR HERNSTEINER

ELDUNGE
                         Der Hernsteiner wurde 2021 das dritte Mal
                         in Folge bei den Fox Awards des renommier-
                         ten Branchenmagazins „Lout.plus“ in der
                         Kategorie Weiterbildung mit Gold prämiert.
                         Eine Auszeichnung, die mittlerweile seit
                         11 Jahren an die wirksamsten und effizientes-
                         ten Kunden- und Mitarbeitermagazine des           PODCAST: WAS ZEICHNET
                         D-A-CH-Raums vergeben wird. Die Fachjury          EINE GUTE FÜHRUNGS-
                         beurteilte den Hernsteiner als „didaktisch        KRAFT AUS?
                         vorbildlich“, inhaltlich „inspirierend“ und
                         „konstruktiv-provokant“. Wir freuen uns sehr!     Sie möchten wissen, was eine gute
                         https://lout.plus/news/FOX-AWARDS-2021-           ­Führungskraft ausmacht, welche Fehler
                         Die-Jury-hat-entschieden.html                      Sie in dieser Rolle unbedingt vermeiden
                                                                            sollten und wie Sie am besten mit K
                                                                                                              ­ ritik um-
 KURZ
                                                                           gehen? Dann lassen Sie sich das ­Interview
                                                                           mit Michaela Kreitmayer nicht entgehen,
                         1,5 TAGE HUMOR                                    das Johannes Pracher im Rahmen der
                                                                           #glaubandich-Podcasts mit der Leiterin
                         Der Humor und seine Bedeutung für das             des Hernstein Instituts geführt hat. Pracher
                         Wirtschaften stehen im Zentrum der                leitet die Startrampe, den großen ­Working-
                         HumorEXPO. 1,5 Tage lang bieten Keynote-          & Creative-Space der Sparkasse OÖ in
                         Vorträge, Diskussionen und Workshops              der Linzer Tabakfabrik. Dort können sich
                         Inspiration und Unterhaltung. Denn Humor          Gründerinnen und Gründer sowie Start-
                         macht nicht nur Spaß, sondern auch leis­          ups unternehmerisch und organisatorisch
                         tungsfähiger. Am 20. und 21. April in Wien.       weiterentwickeln und langfristige Geschäfts­
                         www.lsz-consulting.at/events/humorexpo-2021       verbindungen aufbauen.
                                                                           www.hernstein.at/newsroom/blog/
                                                                           was-zeichnet-eine-gute-fuehrungskraft-aus

                         „CRINGE“ –
                         DAS JUGENDWORT 2021
                                                                           INNOVATIONSPREIS FÜR
                         Vielleicht haben Sie es schon gehört: „cringe“.   SMARTES RECYCLING
                         Das ist das österreichische und deutsche
                         Jugendwort des Jahres 2021, das ein Gefühl        Dieses Jahr hat das Projekt „Hawkeye“ von
                         des Fremdschämens ausdrückt. Achtung:             Brantner Green Solutions den ersten Platz
                         Teenager bezeichnen mit diesem Wort               beim Iceberg Innovation Leadership Award
                         auch gern Erwachsene, die Jugendsprache           erreicht. Das Unternehmen nutzt künstliche
                         verwenden, weil sie cool wirken wollen. Aber      Intelligenz unter anderem, um Abfallströme
                         hey – wir finden, es ist wichtig, die nächste     optimal zu trennen und somit nachhaltig
                         Generation, die den Arbeitsmarkt stürmen          wiederzuverwerten. Hawkeye wird bei-
                         wird, zu verstehen!                               spielsweise eingesetzt, um bei der Produk-
                         www.langenscheidt.com/jugendwort-des-jahres       tion von Bio-Kompost keine schädlichen
                                                                           Störstoffe in den Kreislauf der Nahrungskette
                                                                           zurückzuführen. Wir gratulieren!
                                                                           www.austrian-innovation-forum.at/
                                                                           iceberg-award

  6 hernsteiner 2/2021
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
Leadership-Hacks

WER SIND SIE?
Eine gute Basis für den Aufbruch nach der
Krise: Unterziehen Sie Ihre Ich-Marke einem
gründlichen Check!
MO N I K A   H E R B S T R I T H - L A P P E                                                 Botschaften ein stimmiges Ganzes ­ergeben. In
                                                                                             Anbetracht der Reichweite und des Gedächtnisses
                                                                                             des Internets und der sozialen Medien ist dies
                                                                                             wichtiger denn je.
                                   Gegen eine Pandemie kann ein Einzelner nur wenig
                                   ausrichten. Das macht Angst – und viele verharren         Seien Sie merk-würdig
                                   weiter in einer Art Schockstarre. Doch es gibt viel,      Früher bevorzugte man im Theater Heldinnen und
                                   das wir selbst in der Hand haben, und genau darauf        Helden. Jetzt stehen Protagonistinnen und Prota­
                                   sollten wir uns nun besinnen. Dazu zählen vor             gonisten im Mittelpunkt. Ambivalenzen machen sie
                                   allem: wir selbst und unser Selbstverständnis. Daher      für uns so faszinierend. Erlauben Sie sich, in einer
                                   ist jetzt die richtige Zeit, sich um ein paar Basics zu   für Sie passenden Dosis merk-würdig zu sein. Die
                                   kümmern. Und unsere Personal-Branding-Strategie           deutsche Sprache bringt es auf den Punkt: Wenn Sie
                                   einem gründlichen Check zu unterziehen. Oder sie          sich mit Ecken und Kanten zeigen, können Menschen
                                   gleich ganz neu aufzusetzen. So gelingt der Auf-          Vertrauen fassen. Bei aalglatten Menschen oder
M AG . MO N I K A
H E R B S T R I T H -              bruch nach der Krise!                                     formlosen Wesen können wir das nicht.
L A P P E
                                   Stellen Sie sich die richtigen Fragen                     Zeigen Sie, wer Sie sind
ist seit 1984 selbst­
                                   Wer unverwechselbar ist und aus der Masse heraus-         Worte zeigen, wie jemand sein möchte. Taten
ständige Trainerin,
Autorin mehrerer                   sticht, hat größere Chancen auf Erfolg. Die Grund-        zeigen, wie jemand tatsächlich ist. Wenn wir zum
Bücher und ehemalige               idee von Personal Branding ist, dass die Persönlich-      Beispiel in sozialen Medien etwas über das Handeln
Lektorin an mehreren               keit zu einer attraktiven Marke wird. Die Basis dafür     von Persönlichkeiten miterleben, so erfüllt dies
Fachhochschulen. Sie
                                   sind einige grundlegende Fragen:                          einen Namen mit Leben. Reden Sie nicht nur über
hat Mathematik und
Physik studiert sowie                    Welcher Mensch möchte ich sein?                     Ihre guten Eigenschaften, sondern machen Sie diese
zahlreiche Aus- und                      Was charakterisiert mich?                           sichtbar.
Weiterbildungen in den                   Wofür engagiere ich mich?
Bereichen Management,
                                         Was ist mein Beitrag für die Gemeinschaft?          Achten Sie auf die Spannung
Psychologie und
Neurowissenschaft                        Wie möchte ich gesehen werden?                      Spannende Geschichten leben von der Balance
absolviert.                                                                                  zwischen Erfüllung von Erwartungen und überra-
                                   Je besser es Ihnen gelingt, diese Fragen individuell      schenden Wendungen. Wenn Sie in unterschiedli-
                                   zu beantworten, desto unverwechselbarer werden            chen Ausprägungen Einblicke in Ihre Persönlichkeit
                                   Sie. Besonders wichtig ist, dabei stets die überge­       gewähren, wird Ihre Ich-Marke facettenreich und
                                   ordnete Frage mitzudenken:                                mit positiven Emotionen aufgeladen.
                                        Was kann ich über mich sagen, was andere
                                   nicht so über sich sagen können?

                                   Bleiben Sie konsistent
                                   Marken wecken Erwartungen. Vertrauensbruch
                                   und Enttäuschungen sind nur schwer wieder ­auszu­
                                   bügeln. Für unsere Vorfahren war es lebenswichtig
                                   zu erkennen, wem sie trauen ­können. Daher ist
                                   unser Hirn hochsensibel dafür, ob unterschiedliche

                                                                                                                                                  7
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
10     D E R    W E G     E N T S T E H T   B E I M    R E D E N
       Leadership mit Sinn und eine neue Kultur des Dialogs

14     WA S      R E MOT E        L E A D E R   VO N    S C R U M
       L E R N E N       KÖ N N E N
       Experten-Interview mit Max Winkler: Welche Teams
       im Homeoffice gut funktionieren

                                                                    {
16     D E R    W E G     Z U M    A N D E R E N   B E G I N N T
       B E I    E I N E M   S E L B S T
       Über den Tellerrand: Wie man das Unsichtbare respektiert

17     S O     G E H T    U N KU LT U R
       Erfahrungsschatz: Wie Führungskräfte garantiert
       schlechte Stimmung schaffen
                                                                        Was dieser
                                                                        Blauhäher da
                                                                        macht? Das
                                                                        erklären wir auf
                                                                        der letzten Seite.
18     D I E    G R E N Z E N     D E R   F L E X I B I L I TÄT
       Im Brennpunkt: Wenn Selbstverantwortung
       zur Überforderung wird

20     Z I TAT E R ÄT S E L

21     D I AG N O S E :      Z E I C H E N Z Ä H L E R
       Florian Streb über Unternehmenskultur und -medien

8 hernsteiner 2/2021
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
Unternehmenskultur

                                          L E I TA R T I K E L

77 %                                      ENGAGEMENT LÄSST
                                          SICH NICHT KAUFEN
der Führungskräfte fühlen
sich dem Unternehmenszweck                Sie wollen, dass sich etwas im Unternehmen ändert? Dann leben
verbunden, aber nur 54 % der              Sie die Veränderung. Denn Engagement lässt sich nicht kaufen,
restlichen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter.*
                                          nur vorleben. Egal ob in Ihrem Unternehmen das Unternehmens-
                                          kulturmodell von Hofstede eine Rolle spielt, wo es um einen
                                          gemeinschaftlichen Prozess aus Werten, Ritualen, Helden und

67 %
                                          Symbolen geht, oder das Modell nach Schein, wo mit selbstver-
                                          ständlichen Annahmen gearbeitet wird, die nicht hinterfragt
                                          werden, oder das Eisbergmodell oder, oder, oder – seien Sie sich
                                          in jedem Fall bewusst, dass Ihr Verhalten als Führungskraft der
                                          springende Punkt ist.

                                                                                                                Mag. (FH) Michaela
von über 3.200 Befragten                  Denn Ihre Mitarbeitenden ziehen tagtäglich ihre Schlüsse aus
                                                                                                                Kreitmayer
aus 42 Ländern glauben,                   ­Ihrem Tun und hinterfragen dann ihr eigenes Verhalten. Soll im       ist Leiterin des
dass die Unternehmenskultur                Klartext heißen: Wer Wein trinkt und Wasser predigt, wird nicht      Hernstein Instituts.
ein wichtiges Thema auf der
                                           das gewünschte Ergebnis erzielen. Sie bestimmen durch Ihr Auf-
Agenda des Topmanagements
ist. 2018 stimmten nur 61 % der            treten und Ihr Verhalten maßgeblich mit, wie die Unternehmens-
Aussage zu, 2013 53 %.**                   kultur in der Praxis aussieht.

72 %
                                          Nur engagierte Mitarbeitende liefern überdurchschnittliche
                                          Leistungen und tragen damit entscheidend zum Unternehmens-
                                          erfolg bei. Wenn Führungskräfte vorleben, was sie sich vom Team
                                          wünschen, ist das bereits die halbe Miete. Engagement entsteht
                                          nicht durch einzelne Maßnahmen, sondern durch eine insgesamt
                                          positive Unternehmenskultur, mit einer Führungskraft an der
                                          Spitze, die mehr fragt als antwortet und die mehr zuhört als redet.
der Topmanager berichten, dass            Und die vor allem ihre Mitarbeitenden sieht und anerkennt sowie
die Kultur in ihrem Unternehmen
                                          deren Leistung nicht als selbstverständlich abtut, sondern wirklich
dabei hilft, Change-Projekte
erfolgreich umzusetzen.*                  wertschätzt.

                                          Ohne Mitarbeitende wäre kein Unternehmen erfolgreich, daher
                                          sollte die Wertschätzung des wichtigsten Schatzes im Unternehmen
                                          unser Handeln als Führungskräfte leiten. Wenn Führungskräfte
Quelle:                                   den wertschätzenden Aspekt verinnerlicht haben und dann noch
*„PwC Global Culture Survey 2021“.        authentisch führen, kann fast nichts mehr schiefgehen.
Befragt wurden 3.243 Personen aus
Unternehmen in 42 Ländern im März 2021.
www.pwc.com/gx/en/issues/upskilling/
global-culture-survey-2021.html
** „PwC Global Culture Survey 2021“,
„PwC Global Culture Survey 2018” mit
1.204 Befragten, „PwC Global Culture
Survey 2013” mit 2.219 Befragten.

                                                                                                                                       9
Hernsteiner - REDEN WIR DARÜBER - Hernstein Institut für Management ...
&

10 hernsteiner 2/2021
Unternehmenskultur

Sind wir auf dem
richtigen Weg? Um das
herauszufinden, braucht
es eine engmaschige
Abstimmung. Wir
müssen miteinander
reden – mehr denn je,
intensiver denn je.

&
                          DER WEG ENTSTEHT
                          BEIM REDEN
                          Unternehmen müssen neue Wege gehen, dabei aber die Menschen
                          mitnehmen. Daher braucht es eine neue Kultur des Dialogs – und ein
                          Leadership, das den Sinn des Ganzen verständlich macht.
                          RO B E R T   U KOW I T Z

                          Wer in feuchten Herbstwäldern gemeinsam mit             treffen – hinein in einen Hoffnungsraum, ohne
                          einigen Freundinnen und Freunden Pilze sammelt,         zu wissen, was richtig ist. Die gute Nachricht: Der
                          braucht mehr als Fachwissen. Hilfreich ist auch         Mensch ist gut darin, intuitive Entscheidungen zu
                          gutes Teamwork: Alle kennen den Sinn des Unter­         treffen. Dafür braucht er aber Futter, im Sinne von
                          fangens, verständigen sich auf ein grobes Ziel, zum     laufenden Informationen darüber, welche Erfahrun-
                          Beispiel bestimmte Pilzarten zu finden, und auf einen   gen im Unternehmen auf welchen Ebenen gerade
                          möglichen Weg dorthin. Die Person mit den meisten       gemacht werden. Und dafür braucht es wiederum
                          Informationen geht voran. Die anderen schwärmen         Dialog – mehr denn je, intensiver denn je, das
                          links und rechts von ihr aus. Dann stimmt man sich      gesamte Unternehmen umfassend. Die Kommuni-
                          idealerweise laufend durch Zurufe im Wald über          kation darf nicht nur bei den offiziellen Terminen
                          die aktuellen Erfolge und Misserfolge beim Suchen       stattfinden, sondern auch spielerisch während des
                          ab. Die Summe dieser einzelnen Erzählungen ergibt       Tuns. Es ist wie beim Pilzesammeln: Man ruft sich
                          ein Gesamtbild der Gruppe, das beim laufenden           ständig zu, was man gerade sieht und welcher Weg
                          Anpassen der Suchstrategie hilft. Und am Ende steht     Erfolg versprechend aussieht. Dabei geht es nicht
                          hoffentlich ein Korb voller frischer Waldpilze.         um Selbstdarstellung, sondern um eine möglichst
                                                                                  engmaschige Abstimmung, um den Wunsch, das
                          Tut Gutes und redet möglichst viel darüber              große Ganze zu verstehen – zu verstehen, ob die ge-
                          Der Wald, in dem sich Unternehmen bewegen,              samte Gruppe auf dem richtigen Weg ist. Beginnen
                          wurde seit der Coronapandemie immer dichter und         Sie bewusst damit, sich häufiger auszutauschen. Tut
                          unwegsamer. Es wird immer schwieriger, ­Aussagen        Gutes und redet möglichst viel darüber! Und zwar in
                          über die Zukunft zu machen. Warten ist aber die         unterschiedlichsten Konstellationen. Der Zufall im
                          falsche Strategie. Wir müssen Entscheidungen            Austausch sollte bewusst genährt werden.

                                                                                                                                   11
RO B E R T    U KOW I T Z

                                                                   ist selbstständiger Unternehmensberater. Der studierte
                                                                   Jurist und ausgebildete Rechtsanwalt hat ein Masterstudium
                                                                   in Mediation sowie Ausbildungen in systemischer Arbeit,
                                                                   Gruppendynamik und NLP absolviert.

                        Narrativ + Strategie = Kultur                            Diese Transmissionsfunktion des mittleren Mana­
                        Dieses mannigfaltige Stimmengewirr ist die eine          gements ist essenziell, um den großen aktuellen
                        Hälfte der Unternehmenskultur – das tatsächliche         Widerspruch aufzulösen: Die Unternehmen müssen
                        Narrativ des Unternehmens, die vielen Menschen,          neue Wege gehen, aber zugleich wird es immer
                        die ihrer Arbeit nachgehen und darüber reden, sei es     schwieriger, die Menschen auf diese Reise mitzu-
                        am Schreibtisch, in der Teeküche oder daheim. Der        nehmen. Menschen fühlen sich in Unsicherheits-
                        andere Teil der Unternehmenskultur ist die Strate-       welten nicht wohl. Sie empfinden Angst, fürchten
                        gie von oben, die offizielle Mission und der Sinn, die   um ihren Job, ziehen sich daher zurück und gehen
                        vom Topmanagement vorgegeben werden. Diese               auf Nummer sicher. Sie verrichten lieber Dienst
                        beiden Ebenen sollten sich in einem p ­ ermanenten       nach Vorschrift und vermeiden mögliche Fehler, als
                        Dialog miteinander befinden. Eine besondere              Experimente zu wagen – dabei wäre gerade das jetzt
                        Verantwortung kommt dabei den Führungskräften            notwendig. Gleichzeitig verfällt das Topmanage-
                        auf den mittleren Hierarchieebenen zu. Sie müssen        ment oft in einen Panikmodus und Kontrollwahn,
                        das „Big Picture“, das sie von oben bekommen, in         versucht, noch mehr und noch genauer zu steuern,
                        die unterschiedlichen Sprachen übersetzen, die im        anstatt zuzuhören – dabei wäre genau das jetzt
                        Unternehmen gesprochen werden, und auf diese Art         notwendig. Ein intensiver Dialog neuer Qualität
                        weitergeben. Umgekehrt müssen sie das tatsächlich        kann 2 Funktionen erfüllen: Informationen und
                                       erzählte, vielstimmige Narrativ aus       Erfahrungen nach oben weiterleiten und ein Ver-
                                                 dem Unternehmen auf-            ständnis für den Sinn des Ganzen im Unternehmen
                                                     greifen und nach oben       verankern. Auf Basis dieses Dialogs kann sich Kultur
                                                        transportieren.          entwickeln. Und dieser Dialog braucht völlig neue
                                                                                 Informations- und Kommunikationswege in alle
                                                                                 Richtungen.

                                                                                 Aber bitte mit Sinn
                                                                                 Wenn alle Menschen wissen und spüren, was
                                                                                 genau ihr Beitrag zu Sinn und Zweck des Gesamt-
                                                                                 unternehmens ist („Common Purpose“), stellen sich
                                                                                 kaum mehr Verantwortungs- oder Zuständigkeits-
                                                                                 fragen, sie sind motivierter und verhalten sich von
                                                                                 selbst richtig. Dazu muss dieser Sinn transparent
                                                                                 und einfach dargestellt werden. Neue Strategien
                                                                                 brauchen zur Umsetzung sinnvolles Leadership, das
                                                                                 den Sinn spürbar macht und zu geeigneter Ver-
                                                                                 änderung einlädt. Darauf hat bereits Robert Dilts
                                                                                 mit seinem „Modell der logischen Ebenen“ (­siehe
                                                                                 ­Abbildung) hingewiesen. Führen ist ein wenig

12 hernsteiner 2/2021
Unternehmenskultur

                                                                           „WENN ALLE WISSEN, WAS IHR
                                                                            BEITRAG ZU SINN UND ZWECK
                                                                            DES GESAMT­UNTERNEHMENS
                                                                            IST, STELLEN SICH KAUM MEHR
                                                                            VERANTWORTUNGS- ODER
                                                                            ZUSTÄNDIGKEITSFRAGEN.“
D I E   D I LT S - PY R A M I D E

Wie funktionieren Veränderungen in
Organisationen? Der amerikanische Trainer
und Berater Robert Dilts hat ein Modell dafür
entwickelt. Dieses „Modell der logischen
Ebenen“ sagt zunächst aus, dass es bei
Veränderungen nicht nur um das Verhalten von
Menschen geht. Die unterschiedlichen Bereiche,
die es zu berücksichtigen gilt, kann man in Form
einer Pyramide darstellen (siehe Abbildung).
Die Ebenen wirken dabei von oben nach unten.
Das heißt zum Beispiel: Die Fähigkeiten einer
Person beeinflussen ihr mögliches Verhalten.
Aber ihre Werte beeinflussen sowohl, welche
Fähigkeiten sie erwirbt, als auch, wie sie sich
verhält. An der Spitze der Pyramide steht der
Sinn. Warum ist eine Veränderung wichtig und
welche Ziele werden damit verfolgt? Wenn das
Team die Zielsetzung einer Maßnahme versteht
und akzeptiert, wird sich auch das Verhalten
ändern. Wenn nur bestimmte Verhaltensweisen
geschult werden, aber der Sinn dahinter nicht      wie Ver-Führen im Sinne von laufenden Impulsen
klar wird, wird sich auch das Verhalten nicht
dauerhaft ändern. Der Sinn ist entscheidend für
                                                   zu einer Verhaltensänderung der Menschen. Die
sämtliche anderen Ebenen – und damit letztlich     ­Einleitung einer Veränderung in der Unternehmens-
für das Gelingen von Veränderungsprozessen.         kultur selbst braucht neben der klaren Kommu-
                                                    nikation neue Signale und Symbole für den Sinn.
                                                    Dazu kann eine neue Funktion, wie etwa ein „Head
                                                    of Transformation“, als ein „institutionalisierter
                                                    First-Mover“ dienen, der den angestrebten Sinn des
                      Ziel &
                                                    großen Ganzen verkörpert. Er ist eine Art Kulturbot-
                       Sinn                         schafter, der das Wofür der Veränderung auf allen
                                                    Unternehmensebenen erklärt und das Wie vorlebt.
                    Identität
                                                    Quasi Veränderung zum Angreifen. Wenn es dann
                    Werte &                         gelingt, möglichst rasch eine kritische Menge von
                 Glaubenssätze                      weiteren Führungskräften dazu zu bewegen, im
                   Fähigkeiten
                                                    ­Sinne des neuen großen Ganzen ebenfalls mit gutem
                                                     Beispiel voranzugehen, dann werden destruktive
                    Verhalten                        Bewahrerinnen und Bewahrer tendenziell schnell
                                                     zu Außenseitern. Ein solcher Kipp-Punkt („Tipping-­
                     Umwelt                          Point“) bewirkt sehr rasch, dass der alte Weg gar
                                                     nicht mehr vermisst wird. Und sich eine neue Kultur
                                                     etabliert – und das Unternehmen erfolgreich neue
                                                     Wege beschreitet.
                                                                                                             13
WAS REMOTE LEADER VON
SCRUM LERNEN KÖNNEN
Experten-Interview mit Max Winkler: Scrum-Teams
wurden mit dem Umstieg aufs Homeoffice besser fertig.
                                                                                                  Beeinflusst die Unternehmenskultur die
Das lag vor allem an den zugrunde liegenden Werten.
                                                                                                  Erfolgsaussichten von Remote Leadership?
I N T E RV I E W :   G E R H A R D   M É S Z Á RO S
                                                                                                  Ja, wobei Führungskräfte die ­Unternehmenskultur
                                                                                                  auch maßgeblich selbst beeinflussen, indem sie
                                                                                                  als Vorbild dienen. Ich habe gemerkt, dass gut
                                                                                                  eingespielte Scrum-Teams besser mit der Situation
                                          Sie erklären im Hernstein Training „New normal          umgehen und auch auf Distanz reibungsfrei wei-
                                          Leadership“ gemeinsam mit Stefan Doblhofer,             terarbeiten konnten. Denn Scrum ist nicht nur eine
                                          wie Führung auf Distanz funktionieren kann.             Methode für agiles Projektmanagement, sondern
                                          Was benötigen Teams, um einen Umstieg ins               beruht auf einer bestimmten Kultur: Führungskräfte
                                          Homeoffice gut zu bewältigen?                           sind es gewohnt, dem Team einen großen Entschei-
                                          Max Winkler: Im ersten Seminar hatten wir mit           dungsspielraum zu lassen und sich selbst ein wenig
                                     ­großen technischen Problemen zu kämpfen.                    zurückzuziehen. Agile Teams arbeiten selbstver-
                                      ­Manche Teilnehmenden konnten aufgrund ihrer                antwortlich und managen sich selbst. Und genau
                                       ­Sicherheitseinstellungen nicht einmal ihre Kame-          das ist auch notwendig, wenn alle im Homeoffice
                                        ra öffnen. Ich war Unternehmen wie Runtastic              arbeiten. Denn auf Distanz hat man noch weniger
                                        gewohnt, die schon davor regelmäßig Video­                Kontrolle als im Büro. Außerdem ist das Führen mit
                                        konferenzen abgehalten hatten. Doch auch solche           mehr Aufwand verbunden: Jedes Gespräch muss
                                        technisch fitten Unternehmen mussten neue Dinge           extra geplant werden. Ich muss mich mehr um den
                                        lernen. Denn die Technik ist wichtig, aber nicht          einzelnen Mitarbeitenden kümmern, ob er einen
                                        alles: Emotionen können online nur schwer geteilt         vernünftigen Arbeitsplatz hat, ob er mit der neuen
                                        werden, das ist aber notwendig, damit ein Team aus        Situation zurechtkommt. Das lässt weniger Zeit für
                                        Menschen gut zusammenarbeitet. Online-Meetings            die Mitarbeit im operativen Geschäft.
                                        benötigen daher eine professionelle Moderation,
                                        die das ermöglicht, was im Büro von selbst passiert:      Macht der Wechsel ins Homeoffice Unternehmen
                                        neben dem zweckorientierten Zusammenarbeiten              automatisch agiler?
                                        auch menschliche Nähe und echten Austausch.               Nein, aber sie sollten eine agile Kultur vorantreiben,
                                        ­Agile Teams bei Runtastic haben während der              um weiterhin erfolgreich zu sein. Dabei können
                                         Pandemie sogar einen eigenen Online-Termin               sie sich an den 5 grundlegenden Scrum-Werten
                                         ­eingeführt, der dem bloßen Plaudern dient. Jeden        ­orientieren, die das eigenverantwortliche Arbeiten
                                          Tag eine halbe Stunde, die Teilnahme ist freiwillig –    erst ermöglichen:
                                          aber die Möglichkeit wird gern genutzt.
                                                                                                  1. Commitment oder Engagement: Als Führungs-
                                                                                                  kraft muss ich alle Teammitglieder dazu einladen,
                                                                                                  bereitwillig ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Wir
                                                                                                  werden in Zukunft immer weniger Mitarbeitende

14 hernsteiner 2/2021
Unternehmenskultur

                                                                           M AG .   M A X    W I N K L E R

                                                                           arbeitete zunächst als Tierarzt, bevor
                                                                           er als zertifizierter Scrum-Master in
                                                                           die IT-Branche wechselte. Heute ist
                                                                           er Agile Coach und arbeitet unter
                                                                           anderem für das Servicecenter der
                                                                           Erste Bank und Sparkassen.

                                                                           4. Offenheit und Transparenz: Ich bin offen für Vor-
                                                                           schläge und Experimente, für Veränderungen und
                                                                           neue Tools – und alle haben die Möglichkeit, neue
                                                                           Vorschläge einzubringen. Homeoffice reduziert die
                                                                           Möglichkeiten für „stille Post“, die Kommunikation
                                                                           ist tendenziell formaler und direkter.

                                                                           5. Mut: Ich bin bereit, neue Ideen einfach mal
                                                                           ­ uszuprobieren, zu experimentieren, auch ohne
                                                                           a
                                                                           Garantie auf Erfolg.

                                                                           Was können sich Remote Leader noch von Scrum
                                                                           abschauen?
                                                                           Sowohl in Scrum- als auch in verteilten Teams ist es
                                                                           wichtig, klare Ziele vorzugeben. Aber mit 2 Beson-
 „RUNTASTIC HAT    haben, die sich einfach etwas anschaffen lassen.        derheiten: Zum einen sollte man in kürzeren Zyklen
   EINEN EIGENEN   Gerade auf Distanz sollte ich das beachten: Denn im     denken, also etwa Ziele für die nächsten 2 Wochen
  ONLINE-TERMIN    Homeoffice ist es im Fall eines Streits schwieriger,    definieren, nicht für das nächste halbe Jahr. So kann
                   wieder einen Konsens herzustellen.                      ich als Führungskraft besser im Auge behalten, was
EINGEFÜHRT, DER
                                                                           mein Team im Homeoffice wirklich macht. Zum
    DEM BLOSSEN
                   2. Respekt: Ich nehme den anderen ernst und höre        anderen sollte ich das Was sehr gut definieren, aber
PLAUDERN DIENT.“
                   ihm wirklich zu, anstatt Vermutungen anzustellen,       den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zutrauen,
                   was in ihm vorgeht. Gerade im Homeoffice weiß           das Wie selbst zu bestimmen. Auch regelmäßige
                   ich schlicht nicht genau, was die Teammitglieder        Retrospektiven sind hilfreich: also gemeinsam zu
                   wirklich machen.                                        ­reflektieren, was in den vergangenen 2 Wochen gut
                                                                            gelungen ist und was man besser machen könnte.
                   3. Fokus: Ich muss mich auf das Wesentliche konzen-
                   trieren. In Meetings zu sitzen, die mit meiner Arbeit
                   nichts zu tun haben, ist Zeitverschwendung – und
                   im Homeoffice besonders ermüdend.

                                                                                                                                  15
DER WEG ZUM
ANDEREN BEGINNT                                                                           ebenso wie Unternehmenskulturen (zum Beispiel
                                                                                          Chrysler, Daimler), aber auch Kultur auf einer per-

BEI EINEM SELBST
                                                                                          sönlichen Ebene (zum Beispiel Showmaster, Spaß-
                                                                                          bremse). „Schließlich hat j­ eder Mensch eine andere
                                                                                          Biografie, die sein Verhalten prägt“, so Schreiner.

                                                                                          Die Kunst besteht darin, auch jene Dinge zu sehen,
Über den Tellerrand: Interkulturelle Sensibilität                                         die nicht offensichtlich sind – etwa wie wichtig einer
hilft dabei, Unterschiede zwischen Menschen zu                                            Person Pünktlichkeit oder das offene Aussprechen
erkennen und zu respektieren.                                                             von Problemen sind. Dadurch kann man sich in
G E R H A R D   M É S Z Á RO S                                                            unterschiedlichen Kontexten angemessen verhalten.
                                                                                          Diese Skills helfen nicht nur im Ausland oder bei
                                                                                          Fusionen, sondern auch, wenn man diverse Teams
                                                                                          inklusiv führen will. „Inclusive Leadership bedeu-
                                 Es war eine „Hochzeit im Himmel“, die als wirt-          tet, dass man möglichst alle Unterschiede berück-
                                 schaftliche Katastrophe endete. Als sich Daimler         sichtigt, respektvoll mit ihnen umgeht und sie als
                                 und Chrysler 2007 – 9 Jahre nach ihrer Fusion –          Ressource nutzt“, sagt Schreiner. Die Voraussetzung
                                 wieder trennten, waren Dutzende Milliarden an            ist stets, sich möglicher Unterschiede überhaupt
                                 Kapital vernichtet worden. Kulturelle Differenzen        erst bewusst zu sein. Und dafür muss man zunächst
                                 hatten eine wichtige Rolle gespielt. Amerikaner ver-     ­seine eigenen Werte und Annahmen erforschen.
                                 sus Deutsche, Daimler versus Chrysler, „­ unseriöse       Denn dabei erkennt man, dass diese auch anders
                                 Showmaster“ versus „steife Spaßbremsen“. Waren            aussehen könnten. Der Weg zum anderen beginnt
DIE VORAUS­                      diese Differenzen nicht vorherzusehen? Das ist eben       bei einem selbst.
SETZUNG IST                      das Schwierige an „Kultur“. Wir denken bei dem
STETS, SICH                      Begriff oft an Dinge, die man beobachten kann.
MÖGLICHER                        Etwa an ein Gemälde oder an eine bestimmte Art,
UNTERSCHIEDE                     sich zu begrüßen. Doch er beinhaltet auch einen
ÜBERHAUPT                        ­unsichtbaren Teil: Annahmen, die uns meist selbst
ERST BEWUSST                      gar nicht bewusst sind, die aber doch beeinflussen,
ZU SEIN.                          wie wir auf die Umwelt reagieren. Antworten auf
                                  Fragen wie: Wer bin ich? Was ist wichtig?

                                 Jede Person hat ihre eigene Kultur
                                 Karin Schreiner ist Trainerin für i­ nterkulturelle
                                 Kompetenz. Sie bereitet Führungskräfte auf                             M AG . G E R H A R D
                                 Auslandseinsätze vor. Wer nach China geht, sollte                      M É S Z Á RO S , M A
                                 wissen, wie die Chinesinnen und Chinesen ticken.
                                                                                                        entwickelt Content-Strategien für
                                 Man kann sich aber nicht nur Wissen über eine                          Unter­nehmen. Der studierte Volkswirt
                                 bestimmte Kultur aneignen. Man kann auch „kul-                         und gelernte Journalist schrieb
                                 turelle ­Agilität“ oder „interkulturelle Sensibilität“                 u. a. für „Die Presse“, „Der Standard“
                                                                                                        und „Business Punk“.
                                 erlernen, also die Fähigkeit, mit anderen Kulturen
                                 grundsätzlich besser umzugehen. Das betrifft
                                 ­Nationalkulturen (zum Beispiel USA, Deutschland)

16 hernsteiner 2/2021
Unternehmenskultur

                                                                               Unbedingt den Imperativ
                           „Könnten Sie bitte                                    verwenden: „Machen
                             in w
                                ­ eniger Zeit                                   Sie genau das, was ich
                            mehr arbeiten?“                                      sage! Lassen Sie das!
                                                                                    Hören Sie auf!“

                                                                                                                    „Hier wird gelacht?
                                                                                                                      Dann wird wohl
                                                                                                                         nicht genug
                                                                                                                       ­gearbeitet …“

                  Wasser predigen und
                Wein trinken oder: ­zuerst
                  Spielregeln aufstellen
                und sich dann selbst nicht
                                                                 Kritik üben, wann
                       daran halten
                                                                 und wo es geht –
                                                                 am ­besten coram
                                                                       publico
                                                                                                          Den internen Konkurrenz-
                                                                                                             kampf anstacheln

                                                SO GEHT UNKULTUR
 Mehr Infos über den
  ­Flurfunk als in den
­Meetings verbreiten               Erfahrungsschatz: Mit diesen Verhaltensweisen und Sprüchen
                                 schaffen Führungskräfte garantiert schlechte Stimmung im Team.
                                                                                                                          „Nicht geschimpft ist
                                              Don’t try this at home (oder im Office)!                                       genug gelobt!“

                     „Wie meinen Sie das,
                  Sie l­ esen Ihre E-Mails am                        Dem Team nicht
                    ­Wochenende nicht?“                           ­ ertrauen und alles
                                                                  v
                                                                 mehrmals ­kontrollieren                 „Playing favourites“, also die
                                                                                                          Lieblingsmitarbeiterinnen
                                                                                                           und -mitarbeiter fördern
                                                                                                         und die anderen links liegen
                                                                                                                    lassen
                                   Problemfokus aufrecht­
                                erhalten und die Energie nicht
                                mit der Suche nach Lösungen
                                       ­verschwenden

                                                                                                         „Schauen Sie,
                                                                         Hinter ihrem                Herr/Frau XY macht
                                                                      Rücken schlecht                das so toll – könnten
                   Ganz wichtig:                                        über andere                    Sie nicht auch so
               eine solide Basis des                                      reden                              sein?“
              ­Misstrauens schaffen

                                                                                                                                                  17
DIE GRENZEN
                        DER FLEXIBILITÄT
                        Im Brennpunkt: Val Sedounik über
                        Selbstverantwortung und falsche
                        Babyboomer-Klischees.
                        I N T E RV I E W :   G E R H A R D   M É S Z Á RO S

„SATYA NADELLA                                                                   die dunkle Seite der Agilität. Wichtig ist zudem:
 HAT ES BEI                                                                      Wenn ich zu Selbstverantwortung anleite, muss
 MICROSOFT                                                                       ich auch die Leistungsbeurteilung anpassen. Satya
VORGEMACHT:             Sie führen gerade in einem britischen Unternehmen        ­Nadella hat es bei Microsoft vorgemacht: Belohnt
 BELOHNT                ein agiles Mindset ein. Kann es auch zu viel Agilität,    wird nicht der Outcome, sondern das Bemühen.
 WIRD NICHT             zu viel Flexibilität und Selbstbestimmung geben?          Es geht also darum, wie ich Agilität einführe – und
 DER OUTCOME,           Val Sedounik: Die Menschen können sich tatsächlich        auch in welchen Bereichen.
 SONDERN DAS            überfordert fühlen. Das passiert vor allem dann,
                        wenn die Führungskräfte nicht vorab klären, warum        In welchen Unternehmensbereichen ist es denn
 BEMÜHEN.“
                        Agilität überhaupt relevant für das Unternehmen          nicht sinnvoll?
                        ist und was man damit erreichen will. Wenn ich           Wenn ich als Mitarbeiterin dazu aufgerufen bin,
                        einfach einen Berater hole und Veränderungen             Selbstverantwortung zu übernehmen und mit
                        ­durchdrücke, die niemand versteht, werden diese         ­neuen Ansätzen zu experimentieren, das aber in
                         Veränderungen zu einer Belastung. Dann zeigt sich        meiner Arbeit de facto nicht umsetzen kann, dann
                                                                                  fühle ich mich ebenfalls überfordert. Ich brauche
                                                                                  sowohl das Mindset und die Methoden als auch
                                                                                  den Business Case, wo ich die Methoden sinnvoll
                                                                                  anwenden kann. Es gibt Unternehmensbereiche,
                                                                                  in denen Stabilität sehr wichtig ist, in denen ich
                                                                                  bestimmten Prozessen genau folgen muss. Etwa im
                                                                                  Bereich Governance, wo ein Regulator von außen
                                                                                  genaue Vorgaben macht. Diese Parameter kann
                                                                                  man nicht verrücken, daher gibt es auch keinen
                                                                                  Raum, um iterativ neue Lösungen zu erarbeiten.
                                                                                  Manche Teams müssen wiederum sehr reaktiv sein,
                                                                                  etwa weil sie viele Kundenanfragen bekommen.
                                                                                  Da gibt es wenig Raum für aktives, selbstbestimm-
                                                                                 tes Beschreiten neuer Wege.

18 hernsteiner 2/2021
Unternehmenskultur

Gibt es bestimmte Menschen, zum Beispiel ältere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit agilen
Methoden weniger anfangen können?
Diese Frage höre ich oft. Viele stellen die alten
Babyboomer den jungen, aufgeschlossenen Digital                      D R .   VA L   S E D O U N I K
Natives gegenüber. Das ist jedoch ein Mythos. Die
                                                                     hat nach Stationen bei KPMG und Grant Thornton
Lernfähigkeit nimmt mit dem Alter nicht ab. Wer                      die Unternehmensberatung Kairos gegründet. Sie
älteren Menschen die Fähigkeit abspricht, Neues zu                   begleitet Unternehmen in Veränderungsprozessen.
lernen und ihre Haltungen zu ändern, hat selbst ein                  Zudem ist sie unter anderem Fakultätsmitglied
                                                                     der London Business School, Gastdozentin für das
bestimmtes Mindset – nämlich ein Fixed Mindset,
                                                                     Singaporean Institute of Management und Trainerin
das Probleme statt Chancen sieht. Ich kenne ein                      am Hernstein Institut.
­Unternehmen, das zu 2 Dritteln aus ­Babyboomern
 besteht und agil werden wollte. Es war sehr er-
 folgreich, weil es die Belegschaft mit auf die Reise
 genommen hat. Die Botschaft der Unternehmens-
 leitung war: Wir laden euch ein, gemeinsam mit
 uns etwas Neues zu lernen. Die Arbeitnehmerinnen
 und Arbeitnehmer haben mit ihren Führungskräf-
 ten diskutiert, welche Unterstützung sie auf ihrer     Fähigkeit moderner Führungskräfte besteht darin,
 Lernreise benötigen, und diese Unterstützung dann      ihr Team zu kennen und herauszufinden, was ein
 auch bekommen. Lernen bedeutet heute schließlich       Teammitglied möglicherweise daran hindert, sich
 etwas anderes als früher. Es geht nicht darum, dass    weiterzuentwickeln. Manchmal sind viele Einzel­
 jemand irgendeine Predigt hält, sondern um selbst-     gespräche nötig, bis man weiß, wo die Mitarbeite-
 bestimmtes, gemeinsames, stimulierendes Lernen.        rinnen und Mitarbeiter stehen und welche Interven-
                                                        tionen – zum Beispiel Weiterbildungen – notwendig
Gibt es bestimmte Persönlichkeiten, die bei agilen      sind. Als Grundregel gilt: Wenn ein Mensch das
Methoden nicht mitkommen?                               Gefühl hat, dass er gesehen, gehört und unterstützt
Klar gibt es Leute, die einfach keine Lust auf Verän-   wird, dann ist die Chance auf Veränderung und
derung haben. In der Gestalttherapie sagt man, dass     Wachstum sehr groß.
es 2 Prinzipien im Menschen gibt. Zum einen den
Wunsch nach Stabilität, das Festhalten an dem, was
da ist. Und zum anderen den Impuls zur Explora­
tion, den Wunsch nach Neuem. Beide können mehr
oder weniger stark ausgeprägt sein. Eine wichtige

                                                                                                                              19
„
WER HAT’S GESAGT?
Jemanden anrufen, raten, googeln
                                                                                    An Lob verträgt
                                                                                    man bekanntlich
                                                                                    ungemessene
                                                                                    Mengen.
                                                                                     2a_ André Heller, Künstler, Dichter und Musiker
                                                                                     2b_ Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse
                                                                                     2c_ Taylor Swift, Popstar

oder es gar selbst wissen – alles ist erlaubt.                                      Wenn über das Grundsätzliche
Geben Sie Ihre Tipps bis 5. Jänner 2022 hier ab:                                    keine Einigung besteht,
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                                                                                    ist es sinnlos, miteinander
Unter allen richtigen Antworten verlosen wir 3 OPTO-
Potenzial­analysen. Der Persönlichkeitsfragebogen misst auf
                                                                                    Pläne zu schmieden.
Basis des Big-Five-Modells die wichtigsten Dimensionen der
                                                                                     3a_ Konfuzius, chinesischer Philosoph
Persönlichkeit für Leistung und beruflichen Erfolg.
                                                                                     3b_ John F. Kennedy, US-Präsident (1961–1963)
Viel Glück!
                                                                                     3c_ Elon Musk, Gründer u. a. von Paypal und Tesla

Die Gewinner der letzten Ausgabe sind Jasmin Mensik
­(Energie-Control Austria), Martina Wirth (AUVA Allgemeine
 Unfallversicherungsanstalt) und Maximilian Albrecht (Voith
 Paper). Wir gratulieren herzlich! Die richtigen Antworten
 waren 1b, 2a, 3c, 4b.

Wer Menschen führen
                                                                                    Die Neugier
will, muss hinter                                                                   steht immer
ihnen gehen.                                                                        an erster Stelle
                                                                                    eines Problems,
    1a_ Jack Ma, Gründer der Alibaba Group
    1b_ Jesus von Nazareth, Sohn Gottes
    1c_ Laotse, Begründer des Taoismus

An diesem Gewinnspiel teilnahmeberechtigt sind alle, die bis zum 5. 1. 2022 am      das gelöst
                                                                                    werden will.
Gewinnspiel teilnehmen. Unter allen Teilnehmenden werden insgesamt 3 Gewinne-
rinnen oder Gewinner mittels Ziehung unter Ausschluss des Rechtswegs ermittelt.
Sie werden unter der von ihnen angegebenen Adresse persönlich über den Gewinn
verständigt. Die Daten der Gewinnerinnen bzw. der Gewinner werden zu diesem
Zweck, nach Maßgabe unserer Datenschutzrichtlinien, gespeichert und ­verarbeitet.
Die Bekanntgabe der Gewinnerinnen oder Gewinner erfolgt ohne Gewähr. Der Gewinn
ist vom Umtausch ausgeschlossen. Der Gewinn ist nicht auf Dritte übertragbar.
                                                                                     4a_ Clayton Christensen, Autor von „The Innovator’s Dilemma”
Die ­Barauszahlung des Gewinns ist ausgeschlossen. Auf den Gewinn gibt es keinen
Gewährleistungs- oder Garantieanspruch. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.            4b_ Eric Kandel, in Wien geborener Medizin-Nobelpreisträger
Über dieses Gewinnspiel kann kein Schriftverkehr geführt werden.                     4c_ Galileo Galilei, italienischer Universalgelehrter

20 hernsteiner 2/2021
U N T E R N E H M E N S KOM M U N I K AT I O N

                        DIAGNOSE:
                        ZEICHENZÄHLEREI
                        „Mit dem Magazin wollen wir zeigen, dass Ihr Unternehmen
                        innovativ ist und nicht dem Stereotyp eines staatsnahen Betriebs
                        entspricht“, sagte ich bei der Präsentation des Konzepts für ein
                        neues Corporate-Publishing-Produkt. „Da kennen Sie uns aber
                        noch nicht gut, Herr Streb“, war die trockene Antwort meines
                        Gegenübers.

                        Tatsächlich ist das einer der Gründe, warum wir langfristige
                        Kundenbeziehungen so schätzen: Als externer Redakteur in der
                        Unternehmenskommunikation kann ich viel effektiver arbeiten,
                        wenn ich die Kultur eines Hauses gut kenne. Wie massiv die
                        kulturellen Unterschiede der Unternehmen und Organisationen
                        sind, für die ich arbeite, wird bei der Arbeit an verschiedenen
                        Kunden- und Mitarbeitermedien immer wieder deutlich.

                        Das beginnt bei der Begrüßung und dem Umgang miteinander,
                        zeigt sich aber noch viel mehr an den Inhalten des Mediums und
                        den Abstimmungsmodalitäten dafür. Sind kritische Worte erlaubt
                        oder gar erwünscht? Fühlt sich eine Abteilung auf den Schlips
                        getreten, weil sie in einer Publikation unterrepräsentiert ist?
                        Wie viele Freigabeschleifen sind bis zur finalen Fassung nötig?
M AG . ( F H )
F LO R I A N
                        Wenn ich ein Vorstandsinterview umgestalten muss, weil Person
S T R E B               A in der ursprünglichen Fassung sieben Antworten hat, aber
                        Person B nur sechs, weiß ich: In diesem Unternehmen steht der
ist stellvertretender   „Common Purpose“ noch nicht im Mittelpunkt. Wenn man sich
Leiter der Corporate-
Publishing-Agentur
                        auf die ausgewogene Zeichenanzahl von Statements aller Betei-
Egger & Lerch           ligten statt auf die eigentliche Botschaft konzentriert, ist das für
in Wien.                sich schon eine Diagnose der Unternehmenskultur.

                        Umso schöner ist es, zu hören und zu sehen, dass wir mit der eige-
                        nen Arbeit auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kultur
                        leisten – speziell bei internen Medien. Das vielleicht schönste Lob
                        in dieser Hinsicht spendete uns einmal eine Geschäftsführerin:
                        „Das gedruckte Magazin selbst ist ja nicht der einzige Output.
                        Wie die verschiedenen Teile unseres Unternehmens durch die
                        gemeinsame Arbeit daran zusammengewachsen sind, ist mindes-
                        tens genauso viel wert!“

                                                                                           21
WAS CEOs VON
              KAPITÄNEN LERNEN
              KÖNNEN
              Führungslabor: Leadership auf einem
              Kreuzfahrtschiff muss mit hoher Fluktuation
              im Team umgehen und trotzdem kreative                                     Hier kommt die nächste Besonderheit der Schiff-
              Höchstleistungen ermöglichen.                                             fahrt ins Spiel: eine extrem hohe Fluktuation im
              V I N C E N T   CO FA L K A   U N D   M A R I A   S P I N D L E R         Team. Während die Gäste alle auf einmal wechseln,
                                                                                        wechselt die Crew rollierend und bleibt 3 bis 5 Mo-
                                                                                        nate an Bord. Bis zu 10 Prozent werden an einem
                                                                                        Tag abgelöst. Ein Team von 5 Personen könnte theo-
                                                                                        retisch in 10 Tagen vollständig ausgetauscht werden.
                                Ein großes Kreuzfahrtschiff ist eine schwimmende        Wie kann man unter diesen erschwerten Bedingun-
                                Stadt mit mehreren Tausend Bewohnerinnen und            gen ein Höchstleistungsteam schaffen, das in der
                                Bewohnern auf Zeit. Der Kapitän als „CEO“ des           Lage ist, schnell und kreativ auf unvorhergesehene
                                Schiffs steht vor einigen besonderen Herausforde-       Ereignisse zu reagieren?
                                rungen. Zum einen ist Artificial Intelligence (AI) in
                                der Schifffahrt Alltag geworden. Das Schiff ist keine   Daten verpflichten
                                Stand-alone-Organisation, sondern hoch vernetzt:        Diese Herausforderung ist fundamental. Denn
                                Es liefert Abertausende Daten – über das Wetter und     durch AI steigt die Vernetzungsanforderung
                                die Strömung ebenso wie technische ­Anlagen – an        innerhalb und zwischen den unterschiedlichen
                                die Landorganisation. Diese Daten werden aus­           Bereichen wie Nautik, Gäste-Service, Technik oder
                                gewertet und die Ergebnisse an das Schiff zurück-       HR. Daten verpflichten und ihre Nicht-Nutzung
                                gespielt. Selbstlernende AI hilft dabei, den Kurs zu    zeigt Wirkung. Denn in der Hochseeschifffahrt
                                halten, die Maschinen optimal zu warten und die         gibt es Instant-­Feedback. Ein Beispiel aus dem
                                maximale Energieeffizienz zu erreichen. AI kann ein     Schiffsalltag: 257 Gäste sind in ihrer Abendrobe
                                Schiff tatsächlich besser von A nach B bringen als      patschnass g ­ eworden. Gedeck, Handtaschen und
                                wir Menschen – außer das Unvorhergesehene und           andere Schätze sind über das West-Deck gewandert,
                                damit Nicht-Berechenbare tritt ein.                     weil der leitende Wachoffizier von der Brücke dem
                                                                                        Restaurantleiter nicht vorausschauend mitgeteilt
                                                                                        hat, dass er durch die Wetterfront fährt und sie doch
                                                                                        nicht umrundet. Solche kleinen Versäumnisse haben
                                                                                        fatale Auswirkungen, denn der Gast hat innerlich
                                                D I D I ( F H )                         die Traumreise auf dem Traumschiff gebucht. Das
                                                V I N C E N T
                                                                                        verursacht nicht nur schlechte Stimmung, sondern
                                                CO FA L K A
                                                                                        auch finanzielle Einbußen: Die Open-Deck-Poolparty
                                                ist Kapitän in der inter­               fällt buchstäblich ins Wasser, die Gäste trocknen
                                                nationalen Passagier- und               sich erst mal in der Kabine, die Bars und Restaurants
                                                Frachtschifffahrt und
                                                                                        müssen sich indoor neu organisieren. Ob die Gäste
                                                Ko-Gründer des Wiener
                                                Clean-Tech-Unternehmens                 an diesem Abend wiederkommen, ist unklar. Kurz:
                                                Reintrieb.                              Jede verpasste Teamkooperation bringt Nachteile
                                                                                        für das Image und Einbrüche im Umsatz.

22 hernsteiner 2/2021
Führungslabor

              M AG . D R . M A R I A
              S P I N D L E R

              ist Hernstein Trainerin
              für Gruppen­dynamik,
              internationale Organisations­
              beraterin, Leadership
              Developer, Universitätslektorin,
              Coach, Buchautorin und
              Vortragende. Ihre Themen:
              Hochleistungsteams
              und -organisationen,
              zukunftsweisende Erneuerung,
              Unmögliches möglich machen,              über Verbesserungspotenziale werden möglich,
              Macht neu gestalten.                     wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahr-
                                                       nehmen, dass der Kapitän „approachable“ ist. Das
                                                       oberste Credo der Teamkultur ist: Es dürfen Fehler
                                                       gemacht werden. Mehr noch: Fehler sind ein Team­
Hierarchie und Kreativität                             entwicklungs-Potenzial. Der Kapitän muss leicht
Das Erfolgsgeheimnis besteht darin, einen dop-         verständliche Prinzipien der Fehlerkulturen vermit-
pelten Blick auf das Schiff zu haben – es einerseits   teln, etwa „Fehler fördern Lernen“. Oder „Es gibt
als hoch standardisierte, andererseits als flexible    immer viele Faktoren, die man nachher besprechen
Organisation zu sehen. Der Kapitän und das Füh-        kann. Es ist nie ein Versagen.“ Schuldzuweisungen
rungsteam benötigen ein Bewusstsein für unter-         und Rechtfertigungen sind ein No-Go.
schiedliche Strukturen, Führungskulturen und
Machtordnungen. Zum einen schaffen Standard-           Lernen bei ruhiger See
prozesse, Checklisten und Protokolle die nötige        Reflexion und Neu-Ordnen in ruhigen Zeiten – bei
Stabilität und einen sicheren Rahmen. Gerade           buchstäblich ruhiger See – sind unerlässlich für ein
Übergabeprotokolle sind bei der hohen Fluktuation      Höchstleistungsteam. Dadurch wird die Selbst­
essenziell, um das implizite Wissen von Mensch         erneuerungsfähigkeit laufend gestärkt, die kreative
zu Mensch weiterzugeben. Ein professionelles           Zusammenarbeit in der nächsten Krise – etwa einem
Eskalationsprozedere stellt sicher, dass der Kapitän   Orkan – besser. Auch hier hat der Kapitän funda-
blitzschnell alle Informationen über etwaige Pro-      mentale Aufgaben: Während er in der Krise – im
bleme erhält – und die „CEO-Krankheit“, also ein       „Auge des Orkans“ – Ruhe bewahren und Zuversicht
uninformiertes Entscheiden der Führungskraft, gar      ausstrahlen muss, hat er danach für maßgeschnei-
nicht erst Fuß fassen kann. Diese Rahmenstruktur       derte Bearbeitungsräume zu sorgen, für eine passende
ist extrem hie­rarchisch. Zu ihr gehört eine profes-   Meeting-Architektur und angemessene Vorgaben für
sionelle Grenzziehung: An Bord ist man per Sie –       den Reflexionsprozess. So wird gemeinsames Lernen
man ist nicht eine Person, sondern eine Position       möglich – und auch Teams mit hoher Fluktuation
bzw. Funktion.                                         können das Unvorhergesehene gut managen.

Zum anderen muss der Kapitän die Erneuerungs-
fähigkeit des Teams im Auge behalten. Er trägt die
                                                                    WER HÖCHST­LEISTUNGS­TEAMS
Verantwortung dafür, eine Kultur der Klarheit und
Direktheit vorzuleben und einzufordern, damit
                                                                    SCHAFFEN WILL, MUSS GRUPPEN­
Probleme direkt an- und ausgesprochen werden.                       DYNAMISCHE PROZESSE VERSTEHEN.
Dafür braucht der Kapitän ein professionelles und                   IN DER 5-TÄGIGEN „HERNSTEIN
emotionales inneres Bild des gelungenen Teams. Er                   GRUPPENDYNAMIK“ LERNEN
ist ein Role Model für Zugänglichkeit: Verbindung                   FÜHRUNGSKRÄFTE, GRUPPEN ZUM
zwischen Menschen und damit Kommunikation                           ERFOLG ZU FÜHREN.
                                                                                                                 23
EINE WELT OHNE
              HIERARCHIE
              Im Gespräch: Die Anthropologin Bettina Ludwig
              erklärt, was Führungskräfte von den Jägern und
              Sammlern der Kalahari lernen können.
              I N T E RV I E W :   G E R H A R D   M É S Z Á RO S

                                                                                      Was zeichnet ihre Form des Zusammenlebens aus?
                                                                                      Die Gesellschaft ist egalitär, es gibt keine Hierarchie
                                                                                      und keinen Anführer. Alle Entscheidungen werden
                               Sie leben in den Wäldern Thailands und des Ama-        gemeinsam getroffen. Es gibt keinen Besitz – wenn
                               zonas oder in der Savanne des südlichen Afrika:        ich ein Messer brauche, dann verwende ich es.
                               Weltweit gibt es vielleicht noch eine Handvoll         Wenn ich es nicht mehr brauche, lege ich es weg und
                               Jäger- und Sammlergesellschaften. Also Menschen,       der Nächste nutzt es. Auch die Sprache ist beson-
                               die nomadisch leben und ihren Lebensunterhalt          ders: Sie hat keine Formen für die Vergangenheit
                               bestreiten, indem sie Tiere jagen und Pflanzen         oder die Zukunft. Man lebt also sehr stark im Hier
                               sammeln. Schätzungen zufolge werden in 15 Jahren       und Jetzt. Zahlen gibt es nur bis 5 – dann redet man
                               auch diese wenigen Gruppen verschwunden sein.          von „viele“.
                               Die Anthropologin Bettina Ludwig hat im Rahmen
                               eines Forschungsprojekts mehrmals die Gruppe der       Wie trifft die Gruppe Entscheidungen, wenn es
                               San in der Kalahari besucht – und eine für sie neue    keinen Anführer gibt?
                               Form des Zusammenlebens kennengelernt.                 Gemeinschaftlich. Wenn eine Entscheidung ansteht,
                                                                                      setzen sich die Personen der Gruppe zusammen
                               Können wir von heutigen Jäger- und Sammler­            und reden darüber. Jeder sagt seine Meinung, wirft
                               gesellschaften etwas über die Lebensweise unserer      Gedanken ein – und irgendwann bemerkt man, dass
                               Vorfahren lernen?                                      sich die Aussagen angleichen. Plötzlich sagt jeder
                               Bettina Ludwig: Die Menschen haben die längste         dasselbe, dann wiederholt es jeder noch einmal und
                               Zeit ihrer Geschichte als Jäger und Sammler gelebt,    damit hat die Gruppe entschieden. Es ist jedenfalls
                               bis sie vor circa 20.000 Jahren sesshaft wurden. Die   ein No-Go, dass sich einer hinstellt und einfach ein
                               heutigen Jäger- und Sammlergesellschaften sind         Machtwort spricht. Die Voraussetzung ist, dass viel
                               zum Teil eine Touristenattraktion geworden, inso-      miteinander geredet wird. Aber man lebt ja ständig
                               fern ist es kein unverfälschter Blick in die Vergan-   miteinander. Es gibt nicht einmal Wörter für „Hallo“
                               genheit. Diese Menschen sind keine Relikte aus der     oder „Tschüss“, weil man sich fast nie trennt.
                               Vergangenheit, sondern Individuen des 21. Jahrhun-
                               derts. Aber gewisse Formen der sozialen, politischen
                               und ökonomischen Organisation haben sich bis in
                               die Gegenwart bewahrt. In der Kalahari-Savanne in
                               Namibia leben insgesamt noch rund 2.400 Personen
                               als Jäger und Sammler. Ich selbst habe mit einer
                               Gruppe von 65 Menschen geforscht. Diese leben
                               24/7 outdoor, haben also kein Dach über dem Kopf.

24 hernsteiner 2/2021
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