QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ

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QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
MAGAZIN

QUEERER PROTEST
         – Protest queeren!
 RÜCKBESINNUNG UND WIDERSTAND
                    50 JAHRE STONEWALL
                28 JAHRE FRAUEN*STREIK
                  25 JAHRE ZURICH PRIDE
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
Inhalt
 Protest und Anpassung                                                                                                                                       Vom Rand in die Mitte
                                                               03 50 Jahre Stonewall
Vieles ist los diesen Frühsommer. Der «warme mai» ist               Vom Rand in die Mitte
                                                                                                                                                                   -----------------------------   Von Nina Seiler   -----------------------------

gerade erst vorbei, und schon stehen die nächsten Ter­         05 50 Jahre Stonewall                                    Dieses Jahr gibt’s gleich zwei Jubiläen: Die Unruhen beim Stonewall Inn jähren sich zum
mine vor der Tür: der Frauen*streik vom 14. Juni und die            Chronologie des Widerstands                         fünfzigsten Mal, die Zürcher Pride wird 25. Während Stonewall ein gewaltvoller Widerstand
Jubiläumsdaten von Pride (25 Jahre) und den Stonewall-         08 Protest queeren                                       vorwiegend von queeren People of Color gegen die Polizeirepression war, gehört es heute
Protesten (50 Jahre). Deshalb widmen wir unser aktuelles            Zum «Frauen*streik» aus trans                                      schon fast zum guten Ton, an der Pride in Zürich dabeizusein.
Heft dem Thema «queerer Protest – Protest queeren». Wir             Sicht
fragen, was vom Geist der Stonewall-Riots übriggeblie­
ben ist, und schauen uns heutige Protestbewegungen und
-formen genauer an – innerhalb der Community und
                                                               10 Politik
                                                                    Asylpraxis – lang erhoffter
                                                                    Durchbruch am Bundesverwal-
                                                                                                                        D    ie Christopher Street Days und
                                                                                                                             Prides, die mittlerweile quer über
                                                                                                                        den Erdball verteilt stattfinden, beziehen
darüber hinaus. Klimaproteste, feministische Ökonomie               tungsgericht                                        sich auf die kollektiven Unruhen an der
oder die Diskriminierung von Menschen mit Behinderun­          14 Nachgefragt                                           Christopher Street in New York vor bald
gen – queere Kritiken entwickeln einen Blick, der all diese         Expertin in Sachen Gleichstel-                      50 Jahren. Das ist ein positiver Rückbezug,
              Dinge letztlich zusammendenkt.                        lung und Diskriminierung                            denn «Stonewall» gilt als Geburtsstunde
                                                               17 Kolumne                                               des Zusammenhalts unter den von der
Für unser Heft konnten wir diesmal die Zürcher Künst­               Save the date!                                      Gesellschaft marginalisierten Queers.
lerin Nastasia Louveau gewinnen, die unser Cover gestal­       17 Agenda
tet hat. Vielen Dank für die kreative Zusammenarbeit, das                                                               Queere Handlungsfähigkeit
                      freut uns sehr!                          18 Protest queeren                                       Die Solidarisierungen, die damals auf­
                                                                    Natürlich unnatürlich
                                                                                                                        flammten, und das gemeinsame Han­
Vielleicht ist es euch gleich auf den ersten Blick auf­        20 Protest queeren                                       deln ermöglichten den Revoltierenden,
gefallen, vielleicht hättet ihr gar nichts gemerkt: Wir             «Whose Streets? Our Streets!»                       ein Zugehörigkeitsgefühl und kollektives
haben unser Layout leicht angepasst. Und das nicht             22 Sexfragen                                             Identitätsangebot zu entwickeln – das,
einfach aus einer Laune heraus, sondern weil unsere                                                                     was wir heute Community nennen. Erst
                                                               23 Musik
Blattkritikerin Ruth – auch dir vielen Dank! – uns                  Lafawndah
                                                                                                                        dank dieser Gruppenidentität konnte die
darauf aufmerksam gemacht hat, dass einige Schrift­                                                                     queere Minderheit auf Ungerechtigkeiten
grössen für Menschen mit geringerer Sehkraft oder              24 Serie                                                 aufmerksam machen und sich Schritt für
                                                                    Sex Education
mit Leseschwierigkeiten kaum entzifferbar sind. Dem                                                                     Schritt eine Stimme in der Gesellschaft
haben wir entgegenzuwirken versucht. Mehr Platz,               26 HAZ News-Update                                       erarbeiten. An einer Pride gemeinsam
grössere Schriften – und vielleicht kann jetzt die eine oder        Warme HAZ-News                                      zu feiern und sich zu zeigen verdeut­
                      andere Person die Lupe weglegen.                                                                  licht auch, dass der heutige Umgang mit
                                                               IMPRESSUM Nr. 2 / Juni 2019                              sexueller und geschlechtlicher Vielfalt durch
                                                               erscheint 4 mal jährlich HAZ Magazin,
                                                               HAZ, Sihlquai 67, 8005 Zürich redak­
                                                                                                                        queeren Aktivismus erkämpft wurde.                                                   Das Stonewall Inn in New York, 1969. Eine Razzia löste
                                                                                                                                                                                                             hier die Unruhen aus (Foto: Diana Davies / NYPL)
                                                               tion@hazmagazin.ch Redaktions­team:
                                                               Nina Seiler, Antonia Jensen, Siméon                      Aufstand gegen die Repression
                                                               Seiler, Natalie Perino-Bowman, Sandra
                                                               Bienek, Anna Sophie Wendel, Rico
                                                                                                                        Die queere Handlungsfähigkeit wurde                                                 nierungen und Stigmatisierungen durch
                                                               Schüpbach, rebellious Queer, Katrin                      in einer Eruption der Gewalt geboren.                                               die Gesellschaft und polizeiliche Gewalt
                                                               Lukas, Julia Kantner, Hannes Rudolph,                    Genau das ist es, was die bunten Paraden                                            lange genug angedauert hatten. Eine
                                                               Silly Sil, Ladina Cavelti Cover: Nastasia
                                                               Louveau       Illu­stra­tionen: Claudio Näf,                             möglicherweise vergessen                                            grosse Zahl Unzufriedener reagierte mit
                                                               Nina Seiler Layout: Brigitte Schüepp                                     machen: Stonewall war                                               Gegengewalt auf die Repression, um ihrer
                                                                  Aufl.: 2200 Ex.         Nächste Nummer:
                                                                                                                                        kein Fest, sondern ein                                              Ausgrenzung Ausdruck zu verleihen.
                                                               13. September 2019               Redak­tions­             Stonewall war
                                                               schluss: 16. August 2019             Kontakt                             gewaltvoller Aufstand gegen
                                                               Inserate: info@haz.ch               Inse­rate-                 kein Fest die Repression. Die Aus­                                            Subtilere Diskriminierungen
                                      Nina Seiler              Annahmeschluss: 9. August 2019
                                                               Druck: ROPRESS Zürich (klima­neutral)
                                                                                                                                        einandersetzungen von 1969                                          Eine Pride ist deshalb auch ein Mahn­
                                      Chefredaktorin             Homepage: www.haz.ch                                                   passierten, weil Diskrimi­                                          mal an die umfassende gesellschaftliche

                                                                      l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                                                      3
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
und staatliche Repression. Diese ist seit­
her zwar subtiler geworden, wendet aber                                                                                                      Chronologie des Widerstands
immer noch – und vor allem an den sozia­
len Rändern – institutionalisierte Gewalt                                                                                                                           -----------------------------   Von Antonia Jensen   -----------------------------

gegen queere Menschen an.                                                                                                    Stonewall war ein sechs Tage andauernder gewalttätiger Aufstand von queeren Menschen
Das kollektive politische Statement einer                                                                                    gegen Polizeibeamte in New York. Er gilt als erstmaliges gemeinsames Handeln gegen die
Pride droht jedoch genau die am stärks­                                                                                      repressiven und diskriminierenden Massnahmen der Polizei und damit als Beginn der moder-
ten von Diskriminierungen Betroffenen                                                                                                                         nen LGBTQ-Bewegung.
erneut auszuschliessen, wenn vor allem
das Ankommen in der «angesehenen»
Gesellschaft als errungenes Ziel zelebriert
wird.
                                                                                                                             1969        waren queere Bars zwar legal,
                                                                                                                                         aber dennoch wurde im
                                                                                                                             Stonewall Inn in der Nacht vom 28. Juni
                                                Vielfalt als Motto für die Zurich Pride 2019: Heisst das                     eine Razzia durchgeführt. Das Stonewall
Machtpositionen                                 auch Offenheit für den Dialog?                                               Inn sei eine schreckliche Bar gewesen: Die
So wird in der Community beispielsweise                                                                                      Mafia hatte sich das Lokal ausgesucht, um
diskutiert, welche Stimmen an einer Pride      Toleranz als Lifestyle                                                        mit Menschen am Rande der Gesellschaft
gehört werden sollen. Menschen, die            Zugleich fällt an der Pride die Präsenz                                       Geld zu machen. Hier verkehrten Men­
institutionelle und soziale Machtpositio­      internationaler Unternehmen und deren                                         schen, die in den etablierten Lokalen kei­
nen besetzen, haben es auch hier leich­        Unterstützung der LGBTQ-Anliegen auf.                                         nen Zugang hatten: obdachlose Jugend­
ter, Raum einzunehmen und gesehen zu           In der Inszenierung eines «westlichen                                         liche, lateinamerikanische und schwarze
werden.                                        Liberalismus» können queere Menschen                                          Dragqueens, schwule Sexarbeiter, Butches
Es ist natürlich verlockend, sich an einer     und Ästhetiken wie ein Lifestyle-Etikett                                      und ihre Lieb­haberinnen – in den Augen
derart grossen Veranstaltung zu positio­       ans Firmenrevers geheftet werden, um                                          der Polizei und der Mehrheitsgesellschaft
nieren – das haben auch Politiker*innen        Toleranz zu signalisieren.                                                    allesamt besonders verachtenswerte Men­
gemerkt. Im Vordergrund einer Pride                                                                                          schen. Bei der Razzia in dieser Nacht
sollte aber nicht das politische Programm      Dialog oder Monolog?                                                          wurde einmal mehr versucht, zahlreiche
und die Karriere einzelner Menschen            2018 protestierten Aktivist*innen gegen                                       dieser Menschen zu verhaften.
stehen, sondern die Solidarität innerhalb      die Teilnahme der Polizei am Umzug und
der Community und der Kampf gegen              die konsumfreundliche, zunehmend bür­                                         Wer warf den ersten Stein?
weitere Ausschlüsse – auch im Jubiläums-       gerliche Ausrichtung der Pride mit Trans­                                     Viele, die Widerstand leisteten, waren
                 und Wahljahr 2019.            parenten und Flugblättern – und wurden                                        Afroamerikaner*innen und People of
                 Genauso ist es eine schwie­   prompt polizeilich wegtransportiert. Nur                                      Color, unter ihnen die beiden non-binären
                 rige – und schwierig zu       vereinzelte Stimmen aus der Pride-Masse                                       trans Frauen Sylvia Rivera und Marsha
        Gerade
                 verhandelnde – Frage,         wiederum protestierten gegen diese                                            P. Johnson. Die Details, wie genau der
     mehrfach wie sich die Teilnahme           Auflösung der Aktion, der Grossteil zog                                       Aufstand entflammte, sind uneinheitlich
 Diskriminierte von Polizist*innen an der      unbeteiligt vorüber.                                                          überliefert.                                                                       Marsha P. Johnson (l.) und Sylvia Rivera (r.) an einer Gay
                                               Die Pride-Organisation hat sich in                                            Eine Quelle behauptet, die 17-jährige Syl­                                         Pride 1973. (Foto: Leonard Fink / The LGBT Community Center
    sollten sich Pride mit der Solidarität                                                                                                                                                                      National History Archive)
                 gegenüber queeren Sans-       ihrem Jahresbericht gegen die Kritik am                                       via Rivera habe eine Flasche nach einem
  sicher fühlen
                 Papiers vereinbaren lässt.    Polizeieinsatz gewehrt, aber weder an                                         Polizisten geworfen, nachdem sie von
        können Von intersektionellen Dis­      ihrer GV noch in einer offiziellen Kom­                                       dessen Schlagstock getroffen worden sei.                                         Solidarisierungen
                 kriminierungen betroffene     munikation Stellung bezogen zum                                               Weitere erzählen, dass eine Lesbe sich                                           Fakt ist, dass eine Person begann, sich
                 Menschen ohne gesicher­       Geschehen.                                                                    gewehrt habe, in ein Polizeiauto gesteckt                                        gegen die Gewalt zur Wehr zu setzen, und
                 ten Aufenthaltsstatus wer­    Vorfälle wie dieser werfen Fragen auf:                                        zu werden, und die umstehende Menge                                              dass sich daraufhin Umstehende solidari­
den im Alltag oft von Racial Profiling und     Welchen Raum hat eigentlich der Dialog                                        angespornt habe, sich zu wehren. Andere                                          sierten, bis eine ganze Bar und eine ganze
sozia­lem Argwohn behindert. Doch auch         zwischen den Menschen innerhalb der                                           wiederum sagen, es sei Marsha P. Johnson                                         Strasse angesteckt wurden. Es begann
und vor allem sie sollen sich an einer Pride   Community an solchen Veranstaltungen                                          gewesen, die den ersten Stein geworfen                                           eine Schlägerei, in der die Polizei schnell
sicher fühlen können.                          und darüber hinaus?                                                           habe.                                                                            überwältigt wurde. Immer mehr Anwoh­

4                                                                          l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                                                      5
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
nende und Kund*innen                       die den idealen Nährboden für eine                                                                   Obdachlose         trans   Men-   Gedenken an mutige Menschen
                nahe gelegener Bars ström­                 offene queere Befreiungsbewegung bot.                                                                schen                             Mit dem Jubiläum dieses Jahr geden­
                ten zum Ort des Gesche­                    Ende Juli 1969 formierte sich nun die Gay                                              Sylvia Rivera kam immer                         ken wir mutigen Menschen wie Marsha
  Unruhen auf
                hens. Sie warfen Steine                    Liberation Front (GLF) in New York, und                                                wieder in Konflikt mit dem                      P. Johnson und erinnern uns an die Kraft
   der ganzen und Flaschen und riefen                                                                                                 Im Konflikt
                                                           Ende des Jahres war sie in vielen Städten                                              Mainstream der LGBTQ-                           von aufgestautem Zorn über die Art, wie
   Christopher «Gay Power» oder «Gay is                    und Universitäten des Landes präsent. In                                     mit dem Bewegung. Ursprünglich                            Queers damals seit Jahrzehnten von der
         Street
                good».                                     den folgenden Jahren wurden weltweit                                     Mainstream in der GAA involviert, zog                         Polizei behandelt worden waren. Betei­
                Während dieser Nacht griff                 ähnliche Organisationen gegründet.                                                     sie sich frustriert zurück,                     ligte des Aufstandes sagen heute, dass ihr
                                                                                                                                     der LGBTQ-
                sich die Polizei zahlreiche                1970 organisierte die New Yorker GLF im                                                als diese sich bewusst                          Wunsch damals ein ganz simpler gewesen
                «zu weiblich aus­ sehende»                 Gedenken an den Stonewall-Aufstand                                        Bewegung gegen die Verteidigung von                          sei: in Frieden Zeit miteinander verbrin­
                Männer und misshandelte                    einen Marsch vom Greenwich Village zum                                                 trans Rechten entschied.                        gen zu können, offen und frei leben zu
sie, es gab 13 Festnahmen, vier Polizisten                 Central Park. Zwischen 5000 und 10 000                                                 Auch Marsha P. Johnson                          können, ohne Angst vor Bedrohung oder
wurden verletzt. Die genaue Zahl der ver­                  Menschen nahmen teil und begründeten                                                   war als Schwarze trans                          Gewalt.
letzten Protestierenden ist nicht bekannt,                 damit die Tradition des Christopher Street                                             Frau an vorderster Front
mindestens zwei wurden jedoch von der                      Days (CSD), mit der viele Gay-Pride-                                  aktiv, egal ob sie nun beim Stonewall Inn
Polizei schwer verletzt.                                   Bewegungen seither im Sommer das                                      den ersten Stein geworfen hat oder nicht.
Die Zahl der Protestierenden wurde auf                     Andenken an diesen Wendepunkt in                                      1970 gründeten Johnson und Rivera
2000 Personen geschätzt, gegen die 400                     der Geschichte der Diskriminierung von                                gemeinsam die Aktivist*innengruppe
Polizisten eingesetzt wurden. In der kom­                  Queers feiern. Stonewall brachte ein neues                            Street Transvestite Action Revolutionaries
menden Nacht kehrten die Skandierenden                     Selbstbewusstsein zum Vorschein, einen                                (STAR), um obdachlose trans Menschen
zurück. Die Proteste waren jedoch weni­                    Stolz auf die eigene sexuelle Orientierung                            und Drag Queens zu unterstützen. Mit
ger gewalttätig. Fünf Tage nach der Razzia                 und/oder Geschlechtsidentität und den                                 dem Geld, das sie als Strassenprostituierte
kam es erneut zu Protesten beim Stone­                     damit verbundenen Lebensstil.                                         verdienten, mieteten sie ein Apartment
wall Inn, rund 1000 Menschen versam­                                                                                             und öffneten die Türen für obdachlose
melten sich und verursachten erheblichen                   Mehrfachdiskriminierung                                               queere Jugendliche. Johnson engagierte
Sachschaden.                                               Es handelt sich aber nicht um eine makel­                             sich in ihren letzten Lebensjahren mit Act
                                                           lose Erfolgsgeschichte, denn schon bald                               Up in der Bewusstseinsbildung zu AIDS.
Beginn einer organisierten Bewegung                        wurden People of Color und trans Perso­                               Mit ihrer hohen Sichtbarkeit gehörte
Schon in den Jahrzehnten zuvor war                         nen wie Sylvia Rivera von Schwulen und                                Marsha P. Johnson zu einer Risikogruppe.
durch queer-freundliche Organisationen                     Lesben des Mainstreams ausgeschlossen.                                Bereits als Kind erlebte sie verschiedene
eine Gemeinschaft geschaffen worden,                       Seit 1973 durften trans Personen nicht                                (sexuelle) Übergriffe, später auch als
                                                           mehr Mitglied der Gay Activists Alliance                              Schwarze trans Frau, Prostituierte und
                                                           (GAA) sein, der Nachfolgeorganisation                                 HIV-positiver Mensch. Als Prostituierte
                                                           der GLF. Die eindeutig geschlechtlich                                 wurde sie nach eigenen Angaben hun-
                                                           identifizierten Schwulen und Lesben ver­                              derte Male verhaftet und 1990 sogar
                                                           sprachen sich so bessere Chancen für ein                              angeschossen.                                                     Die Aktivistinnen Kady Van Deurs und Marsha P. Johnson
                                                           Antidiskriminierungsgesetz (Gay Rights                                                                                                  an einem Protest vor der City Hall, New York 1973 (Foto:
                                                                                                                                                                                                   Diana Davies / NYPL)
                                                           Bill).                                                                Rivera und Johnson lebten beide die
                                                           Die offene Diskriminierung innerhalb                                  letzten Jahre ihres Lebens mehrheitlich
                                                           der Community gegenüber trans Men­                                    obdachlos. Johnson wurde am 6. Juli 1992
                                                           schen und People of Color stand in                                    tot im Hudson River gefunden. Die Poli-
                                                           Widerspruch mit dem eigentlichen                                      zei ging von einem Suizid aus – doch
                                                           Anliegen der Bewegung, gilt doch der                                  nachdem Freund*innen und Bekannte
                                                           Gay-Pride-Regenbogen als Zeichen der                                  lautstark ihre Zweifel daran äusserten,
                                                                                                                                                                                                  -------------------------------------------------------------------------
                                                           Toleranz und Akzeptanz gegenüber                                      wurde der Fall 2002 erneut aufgerollt                                          Gekürzte Fassung des Originalbeitrags im
    Christopher Street Day 1970 in New York (Foto: Diana   der Vielfalt von verschiedenen Lebens­                                und die Todesursache als «ungeklärt»                                                 Queeramnesty-Magazin Nr. 14.
    Davies / NYPL)                                         formen.                                                               deklariert.                                                      -------------------------------------------------------------------------

6                                                                              l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                                                              7
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
ner    Meinung    nach           gleichnamige und ebenso historisch
    Zum «Frauen*streik» aus trans Sicht                                                                                                     Wer sich als
                                                                                                                                                          überhaupt keine befrie­          gewachsene Bewegung. Die Bezeichnung
                                                                                                                                                          digende Lösung. Wer              «Frauen*streik» betont also die historische
                       -------------------------- Von Siméon Seiler --------------------------                                                Frau fühlt, «Frau*» verwendet, ver-          Kontinuität der Missstände und die histo­
Trans und inter Menschen sind am «Frauen*streik» vom 14. Juni ganz explizit willkommen und                                                 braucht kein   steht darunter in der            rische Kontinuität der Bewegung gegen
mit aller Selbstverständlichkeit dabei – so versuche ich das «Sterndli» bei «Frauen*» zu lesen.                                                 Sterndli  Regel cis Frauen sowie           selbige Missstände. Die Bezeichnung
                        Die Bezeichnung animiert dennoch zur Debatte.                                                                                     trans und inter Men­             betont auch die Einbettung in eine globale
                                                                                                                                                          schen – diese seien              Bewegung. Und mit dem Sterndli schliess­

                                                            I ch bin im Bus auf dem Weg an den
                                                              Besammlungsort für den Umzug zum
                                                            1. Mai. Hinter mir stehen ein paar Men­
                                                                                                                                                          «mitgemeint». Für mich
                                                                                                                                         entspricht bei «Frauen*» angeblich «mit­
                                                                                                                                         gemeint» zu sein dem generischen Mas­
                                                                                                                                                                                           lich betont sie die Einsicht, dass eine Öff­
                                                                                                                                                                                           nung hin zu einer diverseren Beteiligung
                                                                                                                                                                                           nicht nur Sinn ergibt, sondern ein Muss
                                                            schen und freuen sich darüber, dass der                                      kulinum, wo cis Frauen «mitgemeint»               ist.
                                                            «Frauen*streik» thematisch am Tag der                                        sein sollen. Darüber sind wir zum Glück
                                                            Arbeit sehr präsent ist. Ich mich auch.                                      in vielen Bereichen hinweg.                       Wir kämpfen den gleichen Kampf
                                                            Eine Person fragt in die Runde: «Du,                                                                                           Die Beteiligung von trans und inter Men­
                                                            was bedeutet denn jetzt dieses Sterndli                                      Über den cis Tellerrand hinausgeschaut            schen am Frauen*streik ist nicht auf den
                                                            genau?» Ich würde mich liebend gerne in                                      Wieso ich «Frauen*» im Kontext des                ersten Blick sichtbar, wir sind nicht als
                                                            das Gespräch einmischen, aber ich bleibe                                     «Frauen*streiks» doch einigermassen               Gruppe organisiert. Doch als Einzelper­
                                                            stehen, mit dem Rücken zu ihnen, so dass                                     gelten lassen kann (wenn auch mit                 sonen sind wir stark involviert und auch
                                                            mich der visuelle Eindruck nicht ablenkt.                                    Zähne­ knirschen)? Klar hätte ich «Femi­          erkennbar, beteiligen uns an den Kollek­
                                                            «Na eben alle, die sich als Frau fühlen»,                                    nistischer Streik» o.    ä. vorgezogen.           tiven, schreiben Texte, basteln Transpa­
                                                            antwortet eine andere Person.                                                Aber erstens versuche ich jene, die die           rente, werden Reden halten. Gerade
                                                                                                                                         Frauen*streikbewegung in der Schweiz              weil wir geübt im Kämpfen sind, sind
                                                            Wozu das Sterndli?                                                           angestossen haben, wohlwollend zu                 wir wertvoll für die Bewegung. Und wir
                                                            Jetzt möchte ich mich nicht nur ein­                                         lesen. Denn das Sterndli ist ihr Versuch,         kämpfen schlussendlich den gleichen
                                                            mischen, sondern in das Gespräch rein­                                       über den cis Tellerrand hinauszuschauen.          Kampf, nämlich jenen gegen patriarchale
                                                            grätschen, aber irgendwie habe ich gerade                                    Sie haben sich bemüht, und das halte              Ausbeutung, gegen die Vorstellung, dass
                                                            auch keinen Bock darauf, den «Erklär-                                        ich ihnen zu gute. Darum schreibe ich             alles, was nicht ausgeprägt «männlich»
                                                            Bär» zu machen. Ich freue mich auf den                                       im Lead, dass trans und inter Menschen            daher kommt, zweitklassig sei, gegen den
                                                            Umzug, darauf, viele politisch gleich­                                       offensichtlich «explizit» willkommen              daraus resultierenden Missbrauch unserer
                                                            gesinnte Freund*innen wiederzusehen.                                         seien am Frauen*streik. Sogar im Streik­          Arbeitskraft, unserer Ideen, unserer Kör­
                                                              In meinem Inneren aber sage ich ganz                                       manifest (siehe Link im Infokasten) haben         per, unserer Geduld.
                                                                    laut und stampfe dazu heftig                                         sich die Initiant*innen mit trans und inter
                                                                        mit einem mentalen Fuss:                                         Themen auseinander gesetzt. Shout-out to          Darum: See you am 14. Juni 2019 @
                                                                          «Nein! Denn wer sich als                                       that.                                             Frauen*streik!
                                                                           Frau ‹fühlt›, braucht kein
                                                                           Sterndli! Wer sich als Frau                                   «Frauen*streik» als historischer Begriff
                                                                          ‹fühlt› IST ganz einfach eine                                  Zweitens sehe ich den Frauen*streik in sei­            Weitere Infos:
                                                                        Frau!» Und ausserdem, ich                                        nem geschichtlichen Kontext. Am 14. Juni
                                                                   als transmaskuline Person «fühle»                                     1981 wurde der Gleichstellungsartikel              «FRAUEN* als Begriff einmal streichen
                                                             mich überhaupt nicht als Frau, obwohl                                       in der Schweizer Bundesverfassung auf­             bitte!» barrikade.info/article/683
                                                            ich meistens so gelesen werde – darf ich                                     genommen. Weil dem keine Taten folgten,
                                                            dann am «Frauen*streik» dabei sein oder                                      wurde am 14. Juni 1991 gestreikt. Heute            Zum Streikmanifest:
                                                            doch eher nicht?                                                             hat sich wenig gebessert, darum streiken           frauenstreik2019.ch/de
                                                                                                                                         wir am 14. Juni 2019 ein zweites Mal, eben
Unreflektiertes Beigemüse? Das Sterndli bei «Frau*»         Die Schreibweise «Frau*» ist in den                                          am zweiten landesweiten Frauen*streik.             www.14juni.ch
verursacht manchmal Zähneknirschen (Bild: NiS)
                                                            letzten Jahren weit verbreitet, aber mei­                                    Auch auf globaler Ebene besteht eine

8                                                                                      l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                      9
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
stecken, um in ihrem Heimatland nicht
                 Asylpraxis –                                                                                                                                                                           verfolgt zu werden».
                                                                                                                                                                                                        Mit dieser Aussage war die Aufregung
         lang erhoffter Durchbruch am                                                                                                                                                                   um das Argument, man könne der Ver­
                                                                                                                                                                                                        folgung durch Verbergung der sexuellen
           Bundesverwaltungsgericht                                                                                                                                                                     Orientierung entgehen, verschwunden –
                                                                                                                                                                                                        und damit auch das öffentliche Augen­
                -----------------------------   Von Natalie Perino-Bowman   -----------------------------
                                                                                                                                                                                                        merk darauf, was sich in der Asylpraxis
 Die sexuelle Orientierung ist sowohl international als auch in der Schweiz ein seit Jahren                                                                                                             in den darauffolgenden Jahren tatsächlich
 anerkanntes Verfolgungsmotiv. Trotzdem ist homosexuellen Asylsuchenden in der Schweiz                                                                                                                  abspielte.
 – selbst wenn sie ihre sexuelle Orientierung glaubhaft machen vermögen – betreffend Asyl in
              der Regel keinen Erfolg beschieden. Vielleicht ändert sich das nun.                                                                                                                       Keine Aufgabe des Diskretionserforder-
                                                                                                                                                                                                        nisses

 I n diesem Beitrag beleuchte ich die
   rechtliche Entwicklung und Argu­
 mentation hinter den Asylabweisungen
                                                               Als Flüchtling anerkannt wird und
                                                               Asyl erhält nur eine Person, die wegen
                                                                                                                                                                                                        Für homosexuelle Flüchtlinge wendete
                                                                                                                                                                                                        sich kaum etwas zum Besseren. Zwar
                                                                                                                                                                                                        wurde es für Personen, die bereits erlittene
 bis hin zu einem kürzlich ergangenen                          der Rasse, Religion, Nationa­       lität,                                                                                               asylrelevante Verfolgung glaubhaft ver­
 Urteil, das den Beginn einer neuen Ära                        Zugehörigkeit zu einer bestimmten                                                                                                        machen mochten, einfacher, Asyl zu erhal­
 bedeuten könnte. Die Geschehnisse der                         sozialen Gruppe oder wegen ihrer                                                                                                         ten. Das SEM ging gestützt auf die glaub­
 Vergangenheit zeigen, dass die Com­                           politischen Anschauungen ernsthaften                                                                                                     haft gemachten erlittenen Nachteile davon
 munity und ihre Organi­     sationen es                       Nachteilen ausgesetzt ist oder begrün­                                                                                                   aus, dass eine beachtliche Wahrscheinlich­
 verschlafen haben, sich im Asylrecht                          dete Furcht hat, solchen Nachteilen                                              Trotz rechtlicher Grundlagen haben LGBTQ-Asylsuchende   keit bestehe, dass diese Nachteile bei einer
                                                                                                                                                in der Schweiz oft keinen Erfolg (Bild: NiS)
 für die Verletzlichsten von uns wirksam                       ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1                                                                                                      Rückkehr ins Heimatland erneut drohen
 einzusetzen.                                                  AsylG). Homosexuelle Personen wer­                                                                                                       würden.
                                                               den unter eine sogenannte bestimmte                                            das heutige SEM (Staatssekretariat für                    Weil man nicht mehr zum diskreten Leben
 Ausgangslage                                                  soziale Gruppe subsumiert.                                                     Migration) nun davon Abstand nehme,                       oder Verstecken der sexuellen Orientie­
 Den negativen Asylentscheiden liegt die                       Als ernsthafte Nachteile gelten                                                Asylgesuche mit der Empfehlung zu                         rung anhalten wollte, fiel das Argument
 Annahme zugrunde, dass eine homo­                             nament­ lich die Gefährdung des Lei­                                           diskretem Verhalten abzulehnen.                           des zumutbaren innerstaat­   lichen Wohn­
 sexuelle Person in einem Staat, in dem                        bes, des Lebens oder der Freiheit sowie                                        Bundesrätin Simonetta Sommaruga gab                       sitzwechsels ausser Betracht.
 homosexuelle Handlungen bestraft wer­                         Massnahmen, die einen unerträglichen                                           zur Auskunft, dass die Praxis BMF-intern                  Umgekehrt kam das SEM regelmässig
 den, nicht in asylrelevanter Weise gefähr­                    psychischen Druck bewirken, wobei                                              bereits 2009 dahin­gehend angepasst wor­                  zum Schluss, dass homosexuellen Per­
 det ist, solange ihre sexuelle Orientierung                   frauenspezifischen Fluchtgründen Rech­                                         den sei und in jedem Einzelfall das Vorlie­               sonen, die noch keine asylrelevante Ver­
 geheim bleibt (Diskretionsargument).                          nung zu tragen ist (Art. 3 Abs. 2 AsylG).                                      gen einer begründeten Furcht vor Verfol­                  folgung erlitten hatten, auch in Zukunft
 Selbst wenn die sexuelle Orientierung                                                                                                        gung geprüft werde.3                                      keine Verfolgung drohe. Somit beurteilte
 bekannt und die Person deshalb ver­                                                                                                          Doch auch nach 2009 wurde homosexuel­                     das SEM die zukünftige Verfolgungs­
 folgt wurde, war dies früher nicht Grund                     EuGH-Urteil und Schweizer Antworten                                             len Asylsuchenden der Schutz gestützt                     gefahr anhand einer nicht geouteteten
 genug, der Person Schutz zu gewähren.                        Der Europäische Gerichtshof (EuGH) als                                          auf das Diskretionsargument verwehrt.                     oder äusserst diskret lebenden homo­
 Schliesslich kommt die Gewährung des                         oberster Gerichtshof der EU entschied im                                        Nationalrat Martin Naef hakte deshalb                     sexuellen Person im Heimatstaat – auch,
 Asyls nur in Frage, wenn keine inner­                        Jahr 2013, dass von keiner Person ver­                                          Ende 2013 mit einer Interpellation nach,                  wenn die geflüchtete Person ihre sexuelle
 staatliche Fluchtalternative vorliegt. Einer                 langt werden dürfe, dass sie ihre sexuelle                                      ob nicht nur auf «Hinweise zu diskretem                   Orientierung nicht länger geheim halten
 homosexuellen Person stehe grundsätz­                        Orientierung verstecke, um Verfolgung                                           Verhalten» verzichtet werde, sondern                      wollte – anstatt potentielle Verfolgungen
 lich ein solcher innerstaatlicher Wohn­                      zu entgehen.1 Daraufhin fragte National­                                        auch auf Rückführungen in die Herkunfts­                  zu prüfen.
 sitzwechsel in eine grössere Stadt, in der                   rätin Silvia Schenker, welche Schlüsse aus                                      länder. In seiner Antwort vom 12. Februar                 Dadurch werden homosexuelle Asyl­
 niemand von der sexuellen Orientierung                       dem für die Schweiz nicht verbindlichen                                         2014 erklärte nun auch der Bundesrat,                     suchende faktisch auch zehn Jahre nach
 wisse und wo sie anonym leben könne                          Urteil des EuGH für die hiesige Praxis                                          dass von homosexuellen Menschen nicht                     der angeblichen Anpassung der Asyl­
 offen, um erneuter Verfolgung zu ent­                        gezogen werden. Sie wollte wissen, ob                                           verlangt werden dürfe, «dass sie ihre                     praxis zum Verbergen der sexuellen
 gehen.2                                                      das BFM (Bundesamt für Migration) bzw.                                          sexuelle Identität verstellen oder ver­                   Orientierung gezwungen.

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                                                                                                                                                                                                                                                   11
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
Beschwerden erfolglos                                Geplante Interpellation
 Die Asylpraxis sich liess über Jahre hin­            Ich war zunehmend frustriert darüber,
 weg weder mittels Beschwerden an das                 dass sich die Asylpraxis nicht zum Bes­
 Bundesverwaltungsgericht (BVGer) in der              seren wenden wollte und sich niemand
 Schweiz noch durch Beschwerden an den                darum zu scheren schien. Als ich reali­
 Europäischen Gerichtshof für Menschen­               sierte, dass das Thema Asyl bei LGBTQ-
 rechte (EGMR) und den UNO Anti-Folter-               Organisationen überhaupt nicht auf der
 Ausschuss ändern. Vielmehr stützte das               Agenda stand, begann ich eine Interpel-
 BVGer die Praxis des SEM, in negativen               lation zu formulieren. Die Interpellation
 Asylentscheiden überzeugend zu argumen-              fand nach vielen Umwegen zu
 tieren, weshalb noch niemand von der                 einem Nationalrat, der bereit
 sexuellen Orientierung erfahren habe,                war, diese im Parlament ein­
 anstatt die Folgen eines Bekanntwerdens              zubringen.
 der sexuellen Orientierung zu prüfen.                Die Interpellation sollte anhand der
 Auch der vom BVGer etablierten Recht­                Nennung von BVGer-Urteilen (aus dem
 sprechung, wonach der Verzicht auf                   Jahre 20184) schwarz auf weiss auf­zeigen,                            Richter*innen sich vom Diskre­
 Familie, Partnerschaft und Liebe zwar                dass homosexuellen Asylsuchenden nach                                 tionsargument abwenden und die
 ein Nachteil sei, aber kein ernsthafter,             wie vor gestützt auf das Diskretions­                                 neue Argumentationslinie überneh­
 asyl­relevanter Nachteil darstelle, ist die          argument der Schutz verwehrt wird.                                    men. Es ist deshalb wichtiger denn je, die
 Diskretionslogik inhärent. Das oft vor­              Gleichzeitig forderte die Interpellation                              Praxis in der nahen Zukunft genau zu               Das neue Urteil vom 2. April 2019 könnte die Asylpraxis
                                                                                                                                                                               endlich verändern (Bild: NiS)
 gebrachte Argument, dass die unerträg­               die vollständige Aufgabe des Diskretions­                             beobachten und gegebenenfalls zu han­
 liche psychische Belastung und Angst                 erfordernisses und dass beurteilt werden                              deln, weshalb ich mit folgenden Gedan­
 beim Verbergen der sexuellen Orientie­               müsse, ob der Person Verfolgung drohe,                                ken verbleibe:
 rung einem ernsthaften, asylrelevanten               wüssten Heimatstaat und/oder nicht-                                                                                     Weshalb sind wir als Community nicht
 Nachteil gleichkomme, wollte das BVGer               staatliche Akteure um die sexuelle Orien­                             An die Community                                  besser darüber informiert, wie es um unsere
 nicht anerkennen.                                    tierung.                                                              Wie war es möglich, dass eine derartige           LGBTQ-Refugees tatsächlich steht? Wie ist
 Auch die Gefahr des Zwangsoutings                                                                                          Diskrepanz zwischen der vom Bundes­               es möglich, dass Queer­amnesty Schweiz,
 und die zur Geheimhaltung der sexuellen              Bahnbrechendes Urteil                                                 rat bzw. vom SEM vorgegaukelten und               welche die Flüchtlinge an Asylanhörungen
 Orientierung nötigen Vorsichtsmassnah­               Medial unbeachtet erging am 2. April                                  der tatsächlichen Praxis über so viele            begleitet, vernetzt und integriert, Infor­
 men, welche bspw. im Falle einer Heirat              2019 unter dem Vorsitz der grünen Rich­                               Jahre Bestand haben konnte? Wo blieb              mationen zur Prüfung der Verfolgungs­
 mit einer Person des anderen Geschlechts             terin Contessina Theiss ein bahnbrechen­                              die in öffentlichen Protesten geübte Com­         gefahr auf ihrer Website publiziert, die aus
 durch den nach sich ziehenden forcierten             des Urteil (BVGer D-6539/2018). Das                                   munity, als es um die Verletzbarsten von          der UK-Rechtssprechung stammen und in
 Geschlechtsverkehr bereits an sich asyl­             BVGer anerkennt darin zum ersten Mal                                  uns ging? Wo blieb das politische Engage­         der Schweiz nie angewandt wurden?
 relevante Nachteile darstellen, zog das              überhaupt, dass das Verheimlichen der                                 ment von der Community nahestehenden              Warum werden diese Fehlinformatio­
 BVGer nicht in Erwägung.                             sexuel­len Orientierung aufgrund von                                  Politiker*innen?                                  nen unreflektiert von einem gewichtigen
                                                      Furcht vor Verfolgung unerträglichen                                  Wie ist es möglich, dass nach einer Pride         Verein wie Pink Cross copy-paste-mässig
                                                      psychischen Druck im Sinne von Art. 3                                 unter dem Motto «No Fear To Be You –              übernommen?
                                                      Abs. 2 AsylG darstelle und gewährte                                   Safety For LGBT Refugees» weder die               Warum schiebt man das Thema Asyl mit
                                                      darauf gestützt einem irakischen Homo­                                Öffentlichkeit noch die Community                 dem Argument der fehlenden Expertise
                                                      sexuellen Asyl. Es ist zu hoffen, dass                                über die weitere (indirekte) Anwen­               von sich, scheut in anderen Bereichen aber
 1
   Urteil des EuGH, X, Y und Z v. Minister voor
   Immigratie en Asiel vom 7. November 2013,          sich diese neue Rechtsprechung durch­                                 dung      des    Diskretionserfordernisses        keinen Aufwand? Warum kämpfen wir
   Rs. C-199/12 und C-201/12.                         zusetzen vermag und die Interpellation                                informiert waren? (Engagement für                 für die Ehe für Alle und die Erweite­
 2
   Amtliches Bulletin, Wintersession 2013,            hinfällig geworden ist.                                               sichere Asylunterkünfte, Schulung von             rung der Anti-Rassismusstrafnorm, nicht
   5. Sitzung, Geschäftsnr. 13.5496.                  Sicher ist dies jedoch keinesfalls. Es ist                            SEM-Mitarbeiter*innen usw. sind wich­             aber um das Leben unserer LGBTQ-
 3
   Antwort des BR vom 12.02.2014 auf die Interpel­
   lation von NR Martin Naef, Geschäftsnr. 13.4211.   unklar, ob das SEM gestützt auf die­                                  tige Themen – aber hinfällig, wenn die            Freund*innen?
 4
   z.B. Urteil des BVGer E-3719/2018 vom              ses eine Urteil eine holistische Praxis­                              Geflüchteten aufgrund der oben auf­
   13.07.2018                                         änderung vollziehen wird und ob andere                                gezeigten Praxis kein Asyl erhalten.)

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                                                                                                                                                                                                                                         13
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
Weshalb gerade LGBTQIA+?
     Expertin in Sachen Diskriminierung                                                                                                                 Die LGBTQIA+-Bewegung ist für uns
                                                                                                                                                        sehr spannend, weil sie in Selbstver­
             und Gleichstellung                                                                                                                         tretung und gegenseitiger Unterstützung
                                                                                                                                                        in den letzten 50 Jahren weltweit viel
                           -----------------------------   Von Sandra Bienek   -----------------------------
                                                                                                                                                        erreichen konnte. Ausserdem fasziniert
 Der Verein Selbstbestimmung.ch setzt sich für die Interessen von Personen mit einer                                                                    es mich, dass LGBTQIA+-Personen und
 chronischen Krankheit oder einer Behinderung ein und ist auch an der Pride mit dabei.                                                                  ihr Umfeld ihre Andersartigkeit jährlich
 Selbstbestimmtheit und Selbstvertretung stehen für den Verein im Vordergrund. Ein Gespräch                                                             an verschiedenen Prides farbenprächtig
                      mit Christina Heer, Co-Präsidentin des Vereins.                                                                                   und voller Stolz zelebrieren.
                                                                                                                                                        Dieser Stolz fehlt leider vielen Menschen

                                                                                           S   eit 2016 setzen sich
                                                                                               Menschen mit Behin­
                                                                                            derungen offiziell an der
                                                                                                                                                        mit Behinderungen und chronischen
                                                                                                                                                        Erkrankungen. Hier wollen wir ansetzen
                                                                                                                                                        und die Botschaft verbreiten, dass nie­
                                                                                                                                                                                                           Mut zur Sichtbarkeit: Christina Heer am Zurich Pride Umzug 2017

                                                                                            Zurich Pride gemeinsam                                      mand sich verstecken muss für etwas,              den. Sie erwerben Kompetenzen, welche
                                                                                            mit Schwulen, Lesben,                                       womit diese Person geboren wurde, oder            Bücher und Theorien niemals vermitteln
                                                                                            Bisexuellen und Transmen­                                   für etwas, das ihr schicksalsartig wider­         können. Das sollte anerkannt werden,
                                                                                            schen für Gleichstellung                                    fahren ist. Denn es kann jede Person jeder­       wenn es um Stellenbesetzungen in diesen
                                                                                            ein.                                                        zeit treffen. Die Gesellschaft sollte auch        Bereichen geht.
                                                                                            In der Zwischenzeit hat sich                                diesen Menschen ein würdiges, selbst­
                                                                                            die Allianz einen Schritt                                   bestimmtes Leben ermöglichen.                     In der Behindertenkonferenz des Kantons
                                                                                            weiterentwickelt: Seit 2018                                 Das Schöne dabei ist, dass wir Teil               Zürich (BKZ) bist du seit 9 Jahren dabei,
                                                                                            werden nämlich Selbst­                                      der Gesellschaft sind und es somit weit­          seit 4 Jahren als Vizepräsidentin. Was
                                                                                            vertreter*innen mit einer                                   gehend auch selbst in der Hand haben              hast du erreicht?
                                                                                            Behinderung von der Zurich                                  (lacht).                                          Die BKZ hat mir eine Einstiegsplatt-
                                                                                            Pride hinzugezogen, um                                                                                        form geboten, mich an die relevanten
                                                                                            die Zugänglichkeit der Ver-                                 Du hast an der Universität Zürich Rechts-         Themen der Behindertengleichstellung
                                                                                            anstaltung zu verbessern.                                   wissenschaften studiert. Inwiefern profi-         heranzutasten und mich mit den hiesigen
                                                                                            Der Verein Selbst­  bestim-                                 tierst du von deinen juristischen                 Protagonist*innen zu vernetzen.
                                                                                            mung ist hierbei mass­                                      Kenntnissen für dein Engagement bei               Ich vertrete die BKZ beispielsweise in
                                                                                            gebend.                                                     Selbstbestimmung.ch?                              der VBZ-Kommission für «hindernis-
                                                                                                                                                        An der Universität Zürich wurden mir              freie Mobilität» – bis vor kurzem noch
                                                                                            Christina, welche Ziele hast                                nicht nur die Grundlagen des Rechts               «Sondermobilität» genannt – und konnte
                                                                                            du dir als Co-Präsidentin                                   selbst beigebracht, sondern auch, wie             mit Bestimmtheit und Nachdruck
                                                                                            von Selbstbestimmung.ch                                     Recht entsteht und im politischen, sozia­         erreichen, dass die Rollstuhlplätze in den
                                                                                            gesetzt?                                                    len und historischen Kontext funktioniert.        neuen Trams grösser und für alle sicht­
                                                                                            Ich möchte noch mehr                                        Von diesem Wissen und Verständnis profi­          barer beschriftet werden.
                                                                                            Menschen mit Behinde­                                       tiere ich täglich.                                In der Kommission «Studium und
                                                                                            rungen ansprechen, die                                      Ausserdem stärkte der Abschluss des               Behinderung» hat die BKZ einen beraten­
                                                                                            sich mit uns gemeinsam                                      Studiums mein persönliches Selbst­                den Sitz inne, der mit mir besetzt wurde.
                                                                                            für Gleichstellung ein­                                     bewusstsein und erhöhte meine Glaub­              In diesem Rahmen habe ich heftig
                                                                                            setzen wollen. Dabei ist                                    würdigkeit als Aktivistin. Letzteres «lei­        dafür plädiert, dass das Wort Behinderung
                                                                                            mir die Offenheit, mit                                      der», denn was Nicht-Betroffene nicht             im Rahmen der neu eingeführten Diver­
                                                                                            der LGBTQIA+-Bewegung                                       verstehen, ist die Tatsache, dass Betrof­         sity Policy explizit erwähnt wird und
                                                                                            zusammenzuarbeiten, beson-                                  fene durch ihre ganz normalen Alltags­            Menschen mit Behinderung damit
                                                                                            ders wichtig.                                               erfahrungen zu Expert*innen in Sachen             auch angesprochen und sichtbar gemacht
 Christina Heer am Kweer Ball in Zürich im April 2019                                                                                                   Dis­kriminierung und Gleichstellung wer­          werden.

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                                                                                                                                                                                                                                                                    15
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
Selbstvertreter*innen bei offiziellen Stel­
                                                                                                          len und in leitenden Funktionen hiesiger                                                                Save the date!
                                                                                                          Behindertenorganisationen sind enorm
                                                                                                          wichtig, weil sie wie bereits erwähnt                                                            Dieses Jahr hat meine Freundin zwei
                                                                                                          Expert*innen in Alltagsdiskriminierungen                                                         Daten fett in unserem gemeinsamen Kalen-        AGENDA
                                                                                                          und Lifehacks sind. Nur Betroffene wissen,                                                       der markiert: Den Frauen*streik am
                                                                                                          wo genau die Umwelt und Gesellschaft                                                             14. Juni und die Pride in Zürich einen Tag      HAZ-EVENT
                                                                                                          verändert werden muss, um ihr Leben                                                              danach. Sie erinnert mich seit mindestens
                                                                                                          hindernisfreier zu gestalten.                                                                    Anfang des Jahres daran und sorgt vor           SO 16.6.19
                                                                                                          Verzichtet eine sogenannte Fachstelle                                                            allem dafür, dass ich an diesen Daten nicht     HAZ Pride Brunch
                                                                                                          oder Organisation aktiv auf dieses einzig­                                                       aus Versehen etwas anders plane (was mir        Restaurant Zeughaushof
                                                                                                          artige praktische Wissen, deutet das dar­                                                        ähnlichsehen würde) – und dann sozusa­          10.00 – 14.00 Uhr
                                                                                                          auf hin, dass man bloss Augenwischerei                                                           gen auf zwei Hochzeiten tanze, ohne hei­        M O N AT L I C H I M
                                                                                                          betreibt, anstatt die gegebenen Probleme                                                         raten zu dürfen. Apropos Hochzeiten: Ich
 Christina Heer setzt sich aktiv für die Selbstbestimmungs-                                               anzupacken.                                                                                      tanze dieses Jahr tatsächlich auf zweien,       HAZ-CENTRO
 rechte von Menschen mit Behinderung ein                                                                  Das aktuellste Beispiel: Die Stadt Zürich                                                        ohne heiraten zu dürfen. Auf einer sogar
                                                                                                          schreibt einen Gleichstellungspreis aus,                                                                        als Trauzeugin.                  1. DONNERSTAG
 Warum ist es wichtig, dass Menschen mit                                                                  ohne Menschen mit Behinderungen                                                                                                                  Bi-Gruppe | 19.00 Uhr
 Behinderung sich selbst vertreten und                                                                    anzusprechen, obwohl ihre Stelle für die                                                         Hätte man mich vor ein paar Jahren              Treffpunkt: Restaurant Subito
 nicht vertreten werden? Würde dir nicht                                                                  Gleichstellung von Menschen mit Behin­                                                           gefragt, ob ich mich diskriminiert fühle,
 Arbeit abgenommen?                                                                                       derungen demselben Departement – dem                                                             hätte ich wahrscheinlich gesagt: «Nicht wirk-
                                                                                                                                                                                                                                                           2. FREITAG
                                                                                                                                                                                                                                                           Freitags-Centro | 19.30 Uhr
 (lacht) Meine Arbeit wird nicht aus­gehen,                                                               Präsidialdepartement – angehört, wie die­                                                        lich.» Klar: die Blicke, die Kommentare, die     Frauen*Stammtisch
 aber es wäre erleichternd, wenn wenigs­                                                                  jenige, welche den Preis ausschreibt.                                                            unangenehmen Situationen – das waren für         gay: my way (20 Uhr)
 tens ein Teil meines Einsatzes für die                                                                                                                                                                    mich aber eher Charakterschwächen ande­
 Gleichstellung bezahlt werden würde.                                                                                                                                                                        rer Leute als wirkliche Diskriminierung.      3. FREITAG
                                                                                                                                                                                                                                                           Poly-Gespräch | 19.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                           Jetzt aber, wo ich die rauschenden Hoch­
     ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
          Das Interview ist eine Fortsetzung des Artikels «Grosser Auftritt für LGBTQ-Menschen mit Behinderung» im HAZ-Magazin Nr. 1/2019.                                                                 zeitsfeste meiner Freunde mitplane, wo          4. MONTAG
     ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------                                             ich zu Geburten gratuliere und schlafende       Coexist+ | 20.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                           Babys im Arm wiege, wo ich meinem
                                                                                                                                                                                                           Vater bis zu seinem Tod die Hand halten
                                                                                                                                                                                                                                                           4. MITTWOCH
                                                                                                                                                                                                                                                           Trans-Selbsthilfegruppe | 19 Uhr
                                                                                                                                                                                                           darf und erfahre, wie wichtig es ist, dass
                                                                                                                                                                                                           meine Mutter durch einen Ehevertrag             jeden MI + FR
                                                                                                                                                                                                           finanziell richtig abgesichert ist –            Schwubliothek
     --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige ---------------------------------------------------------------------------------------------   jetzt macht es mich sauer, dass                 MI 18.30 – 20.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                           ich die gute Freundin, Tante                    FR 20.00 – 21.30 Uhr
      HÜSLER NEST CENTER
                                                                                                                                                www.indigo-betten.ch                                       oder Tochter sein darf, aber
      Löwenstrasse 9
      8001 Zürich
                                                                                                                                                                                                           nicht die vollwertige Partne­                   alle 2 Wochen,
      Telefon 044 212 57 12                                                                                                                                                                                rin oder angemessene Mut­                       ab DI 11.6.19
                                                                                                                                                                                                           ter. Was auch immer euch                        spot25 | 19.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                           motiviert – ich hoffe, ich
                                                                                                                                                                                                           sehe euch am 14. und 15.                         unregelmässig
                                                                                                                                                                                                                      Juni.                                   Queer Migs und andere
                                                                                                                                                                                                                                                                Veranstaltungen
      INDIGO BETTEN                                                                                                                                                                                                                                             weitere Infos siehe
      Schaffhauserstrasse 119                                                                                                                                                                              Anna Sophie                                          www.haz/agenda
      8057 Zürich
      Telefon 044 350 53 90                   natürlich schön schlafen                                                                                                                                     Wendel

16                                                                                                                                                     l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l     l 2/2019 l HAZ l
                                                                                                                                                                                                                                                                                               17
QUEERER PROTEST - MAGAZIN - HAZ
sexuellen Fortpflanzung und der Gebär­                                                               zusammengehören. Sie hat
                       Natürlich unnatürlich                                                                                                        fähigkeit der Frauen begründet», so                                                                  zum Frauen*tag ein klares
                                                                                                                                                    Christine Bauhardt. Die Ausbeutung von                                                               Statement getwittert: «No-                                       Der
                       -----------------------------   Von Rico Schüpbach   -----------------------------
                                                                                                                                                    natürlichen Ressourcen ist also stark mit                                                            where in the world today
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Kapitalismus
 Die Jugend fordert ein sofortiges Handeln, um den Klimawandel einzudämmen. Die Rettung                                                             gesellschaftlichen Geschlechterverhältnis-                                                           women and men are equal.
 des Planeten und der Schutz von natürlichen Ressourcen stehen dabei im Zentrum. Ich habe                                                           ­sen verknüpft. Und hier greift die queere                                                           The more I read about the                                        benötigt
 mich gefragt, welche Rolle LGBTIQ-Themen in diesem Zusammenhang spielen, denn wie wir                                                               Kritik, die diese Verhältnisse sichtbar macht.                                                      climate crisis the more I                                        auch
 wissen, hängt doch alles irgendwie zusammen. Bei meiner Recherche habe ich das inter­                                                                                                                                                                   realize how crucial femi­                                        humane
                     disziplinäre Konzept der Queer Ecologies entdeckt.                                                                             Feministische Ökonominnen und Akteur*­                                                               nism is. We can’t live in a
                                                                                                                                                    innen der Queer Ecologies weisen darauf                                                              sustainable world unless                                         «Ressourcen»
                                                                             gesellschaftlichen Naturver-                                           hin, dass wir unser Wirtschaften und die                                                             all genders and people are
                                                                             hältnisse eine Krise der                                               heutige Arbeitsteilung grundsätzlich                                                                 treated equally.»
                                                                             gesellschaftlichen Reproduk-                                           überdenken sollten, wenn wir die Ausbeu­
                                                                             tionsverhältnisse.» Doch was                                           tung der natürlichen Ressourcen eindäm­                                                              Machtstrukturen funktionieren nicht ein­
                                                                             heisst das genau? Unsere                                               men wollen. Ziel müsse ein gutes Leben                                                               dimensional, sondern mehrschichtig. Das
                                                                             heutige      vorherrschende                                            sein und nicht mehr Wachstum – da hilft                                                              gilt im Übrigen auch für rassistische und
                                                                             Wirtschaftsideologie basiert                                           es auch wenig, wenn die Zielgruppe der                                                               koloniale Ausbeutungsmechanismen, die
                                                                             auf unaufhör­lichem Wachs-                                             Queers für den Markt plötzlich sexy wird,                                                            bis heute bestehen. Eigentlich kein Wun­
                                                                             tum, und dieses ist logischer­-                                        wenn damit nur der Konsum angekurbelt                                                                der, dass Jugendliche auf der ganzen Welt
                                                                             weise nur möglich mit mehr                                             werden soll.                                                                                         unter diesen Umständen immer lauter
                                                                             konsumierenden Menschen                                                                                                                                                     einen Systemwandel anstelle von Symp­
                                                                             oder mehr «human resour­                                               Systemwandel statt Symptombekämpfung                                                                 tom­bekämpfung fordern. Macht Sinn, denn
                                                                             ces» und «prosumers», wie                                              Für Umweltaktivistin Greta Thunberg                                                                  wie sagte es Nationalrat Balthasar Glättli
                                                                             das im Business-Jargon heisst.                                         ist ebenfalls klar, dass die Befreiung aller                                                         so schön: «Wenn alles so bleibt, wie es ist,
                                                                             Praktischerweise werden                                                Geschlechter und eine nachhaltige Welt                                                               bleibt bald nichts mehr, wie es ist.»
  Regenbogenkapitalismus ist nicht die Lösung: Pride in Dublin, Irland 2016  diese «Ressourcen» im
  (Bild: Wikimedia Commons)                                                  Kapitalismus gratis repro­
                                                                             duziert.                                                                 Zum Weiterlesen:

 W       enn die Rettung des Planeten dis­ Die Erziehung und Betreuung der zukünf­
         kutiert wird, geht es oft um indivi­ tigen Konsumie­
 duelles Verhalten. Was kann man selber kostenlos übernommen – nach wie vor
                                                                                renden wird ebenfalls
                                                                                                                                                      • Christine Bauhardt: Feministische Ökonomie, Ökofeminismus und Queer Ecolo­
                                                                                                                                                        gies – feministisch-materialistische Perspektiven auf gesellschaftliche Naturverhält­
                                                                                                                                                        nisse, 2012 (in: Gender Politik Online)
 besser machen? Sich vegan ernähren, den mehrheitlich von Frauen. «Allein Frauen                                                                      • Mascha Madörin: Care Ökonomie – eine Herausforderung für die Wirtschafts­
 Müll trennen, mit dem Fahrrad unterwegs haben mit ihrer unbezahlten Care-Arbeit                                                                        wissenschaften, 2010 (in: Bauhardt/Çağlar (Hg.), Gender and Economics)
 sein? Solche Fragen sind enorm wichtig, für Kinder und betreuungsbedürftige
 den Forschenden und Künstler*innen der Erwachsene eine Bruttowertschöpfung                                                                          --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige ---------------------------------------------------------------------------------------------
 Queer Ecologies geht das aber nicht weit erzielt, die ungefähr der gesamten

                                                                                                                                                        Nacht
 genug. Sie fordern uns auf, bestehende Bruttowertschöpfung des Finanzsektors
 Machtstrukturen und Dichotomien wie in der Schweiz entspricht», so die Öko­
 Mann/Frau, homo/hetero, Natur/Kultur nomin Mascha Madörin.

                                                                                                                                                        sauNa
                                                                                                                                                                                                                                                                                 EN
                                                                                                                                                                                                                                                                            JED taG
 kritisch zu beleuchten, um dadurch einen                                                                                                                                                                                                                                      EI
                                                                                                                                                                                                                                                                            FR    D
 tiefgreifenden Wandel zu erreichen.                            Problematisches Denken in Dichotomien                                                                                                                                                                          uN aG
                                                                                                                                                                                                                                                                                  t
                                                                                                                                                                                                                                                                               Ms
                                                                So wird Weiblichkeit eher mit Natur                                                                                                                                                                         sa 7 uhR
                                                                                                                                                                                                                                                                             BIs Üh!
 Die Wachstumsideologie basiert auf                             («Mutter Erde») und Männlichkeit mit                                                     Chill-Out Lounge Music. Men only.                                                                                     FR
 Ausbeutung                                                     Kultur assoziiert. Und genau das ist
 Auch für die deutsche Politikwissen­ die heteronormative Krux, denn «die
                                                                                                                                                                                                                             Engelstrasse 4, 8004 Zürich
 schaftlerin Christine Bauhardt liegt das geschlechtshierarchische Arbeitsteilung                                                                                                                                            +41 44 241 10 80, www.moustache.ch
 Problem tiefer. Für sie ist «die Krise der wird mit der ‹Natürlichkeit› der hetero­

18                                                                                                l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           19
tisch überrumpeln. Drag, die Farben Pink           formen wird strategisch
                 «Whose Streets? Our Streets!»                                                                                                            und Silber oder frivoles Cheerleading              durch inszenierte Fri­
                                                                                                                                                          ermöglichen es den Demonstrierenden                volität deeskaliert, da
                           -----------------------------   Von rebellious Queer   -----------------------------
                                                                                                                                                          oft, physisch sehr nahe an Konferenzzen­           prinzipiell auf Macker­
 Wie sehen eigentlich queere Protestformen jenseits der akademischen und künstlerischen                                                                   tren, Bühnen oder sonstige «Sperrzonen»            militanz und aggressives                                        Deeskalation
       Auseinandersetzung aus? Wie wird queerer Protest auf die Strasse getragen?                                                                         heranzukommen, ohne mit Polizeigewalt              Auftreten verzichtet wird.                                      durch
                                                                                                                                                          rechnen zu müssen. Diese Formen des                Gewollt ist also auch
                                                                                                                                                                                                                                                                             strategische
                                                                                             schlechtlichkeit und Hetero-                                 queeren Widerstands nutzen Musik, Fröh­            immer ein Angriff auf die
                                                                                             sexualität als Regulations­                                  lichkeit und bunte Verwirrungstaktiken,            heterosexistische Kleider-                                      Frivolität
                                                                                             system ins Zentrum der                                       um eine gute Stimmung anzuheizen. So               und      Benimmordnung
                                                                                             Analyse.                                                     soll auch die Teilnahme an Demon-                  sowohl nach innen wie
                                                                                                                                                          stra­tionen ermöglicht werden, die indivi­         auch nach aussen, als
                                                                                             Die Aktionsformen greifen                                    duelle psychische und physische Grenzen            Wirkung auf die Nicht-
                                                                                             deshalb den Zwang zur                                        und Fähigkeiten respektieren.                      Beteiligten.
                                                                                             geschlechtlichen Selbstdefi­
                                                                                             nition und die Heterosexua­                                  Verschiebungen in der Konfrontation                Pink, Rosa und Silber steht für Bravheit,
                                                                                             lisierung des Begehrens auf,                                 Queerfeministischer Protest ist oft absicht­       Kitsch und Glamour, nicht für Radika­
                                                                                             das so prominent vermark­                                    lich anstössig, sucht aber nicht automa­           lität und politischen Aktivismus. Die
                                                                                             tet wird. Sie stellen sich gän­                              tisch frontale Konfrontation und Druck­            Sub­ version von Farbsymboliken oder
                                                                                             gigen konstruierten Iden-                                    aufbau. Tanzende und parolenrufende                eines amerikanischen Mittelklassemäd­
                                                                                             titäten – etwa der Katego­                                   Radical Cheerleader befreien das tradi­            chensports wie Cheerleading hat das
                                                                                             rie «Frau» – entgegen, die                                   tionell sexistische Bild des Cheerleading          Potential, kämpferische Militanz auf neue,
     Radical Cheerleaders verschieben sexistische Symboliken. Protest am World               immer wieder als Ausgangs­                                   mit selbstgemachten Outfits und Körper­            ungewohnte Art zu verkörpern.
     Dairy Summit in Neuseeland 2010. (Bild: indymedia.org)                                  punkt politischen Handelns                                   vielfalt von Geschlechterstereotypen und
                                                                                             gebraucht werden.                                            beanspruchen ungefragt den Raum auf

 S  chon Mitte der 1990er Jahre sind radi-
    kale queerfeministische Aktionsformen
 entstanden. Sie versuchen, öffentlichen
                                                                       Somit    kritisieren  queer­feministische
                                                                       Aktionsformen das Reproduzieren von
                                                                                                                                                          der Strasse für sich. Gemeinsam mit Trom­
                                                                                                                                                          melgruppen nehmen sie auch akustisch
                                                                                                                                                          Raum ein, was ein weiteres Instrument
 Protest und Demonstrationen für queere                                Herrschaftsmechanismen, die Individuen                                             der Machtuntergrabung und Grenz­
 Menschen zugänglicher und sicherer zu                                 zwingt, sich bestimmten Normen zu                                                  verschiebung sein kann.                           ------------------------------------------- anzeige -------------------------------------------
 machen.                                                               unterwerfen. Queerer Protest ist eine Form
 Die Verschränkungen unterschiedlicher                                 von Widerstand gegen das Regime der                                                Konfrontationsformen können angeeignet
 Diskriminierungsformen und Ausschlüsse                                gewaltvollen Normalisierung von Körpern,                                           und verqueert werden, etwa wenn eine in
 wie Rassifizierung, Klasse, Körper und                                psychischer Gesundheit und Sexualität.                                             rosa Drag gekleidete Gruppe an vorders­
 Geschlecht sind das Aktionsfeld dieser                                                                                                                   ter Front eines Protests Polizist*innen mit
 Proteste. Und die richten sich als Kri­                               Einladende Protestformen                                                           Wattebällchen und Glitzer bewirft und
 tik nicht nur an die breite Gesellschaft,                             Die ursprüngliche Idee                                                             so die «Ordnungshüter*innen» rat- und
 sondern auch an die politischen Gruppen,                              des Radical Cheerleadings                                                          tatenlos zurücklässt. Die Strategien beru­
 denen sie angehören.                                                  und des Pink  &  Silver                                                            hen somit auf ständiger Verschiebung und
                                                                       Blocks war auch, mit                               Mit dem                         Vermeidung.
 Queer Theory als Kritik der Normierung                                dem gängigen Bild der                              Bild des
 Wie kann eine queerfeministische Aus­                                 ano­nymen     Schwarzen-                           Schwarzen                       Subversion der heterosexistischen
 einandersetzung in Aktivismen übersetzt                               Block-Masse zu brechen                                                             Ordnung
                                                                                                                          Blocks
 werden? Aktionsformen wie Pink & Silver                               und Formen zu finden,                                                              Die    Konfrontation  zwischen     sich

                                                                                                                                                                                                                 LETZI JUNXX
                                                                                                                                                                                                                                                                                       queer
 Blocks, Drag oder Radical Cheerleading                                die Aussen­stehende mit­                           brechen                         empörenden Zuschauenden oder der                                                                                             FC Zürich
 basieren auf Queer Theory. Diese stellt                               einbeziehen und gleich­                                                            Polizei und bunten, glitzrigen Teilneh­                                                                                      Fanclub
 die gesellschaftliche Funktion von Zweige­                            zeitig Polizeikräfte tak­                                                          menden queerfeministischer Aktions­

20                                                                                                      l 2/2019 l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l   l Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich l 2/2019 l
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              21
Sexfragen                                                                                                     Ahnenforschung mit Zukunftsmusik
                        -----------------------------   Katrin Lukas   -----------------------------                                                                                        -----------------------------   Von Julia Kantner   -----------------------------

 G   uten Tag. Es ist mir sehr unangenehm,
     aber mein Problem ist, dass ich oft den
 Gedanken habe, mein Genital anzufassen,
                                                                 Die Ratgebenden zu Sex, Liebe und
                                                                 Beziehung in den Boulevardblättern –
                                                                                                                                                    Ganz gleich, was man über Lafawndahs Debütalbum «Ancestor Boy» liest – die Kritiker*innen
                                                                                                                                                    scheinen sich in einem Punkt einig zu sein: Sowas wie ihre Musik scheint noch nie
                                                                                                                                                                        dagewesen, schier nicht von dieser Welt, zu sein.
 mich zu erregen und einen Orgasmus zu                           wir kennen sie alle. Hin und wieder
 haben, wenn ich unterwegs bin. Es ist ein                       schaut mensch mal rein und stellt fest:                                                                                                                              suren. Obendrein übernahm sie die Regie
 Zwang und ich such mir eine Gelegenheit, z.B.                   fast ausschliesslich heterosex. Dem                                                                                                                                  für das Musikvideo zu «Joseph» – eines der
 ein WC. Ich möchte das nicht mehr, es schränkt                  wollen wir eine regelmässige Frage-                                                                                                                                  Glanzstücke von «Ancestor Boy». Lafawn­
 mich sehr ein. Kannst du mir da helfen?                         Antwort-Seite zu queerem Sex ent­                                                                                                                                    dah zeigt sich als Gesamtkunstwerk, und
                                                                 gegenstellen.                                                                                                                                                        das mit einem klar feministischen Blick
 Du beschreibst, dass dieses Handeln dir                                                                                                                                                                                              auf die Welt. Besonders zum Ausdruck
 sehr unangenehm ist. Das ist nachvoll­                         Durch den Orgasmus wird eine Anspan­                                                                                                                                  kommt das in besagtem Video, in dem
 ziehbar, weil etwas mit dir passiert, was                      nung, die der Körper während (und auch                                                                                                                                sich ausschliesslich Frauen im Zuge einer
 du nicht mehr unter Kontrolle hast und                         vor) der sexuellen Erregung aufbaut,                                                                                                                                  Geburt stärken und gegenseitig Halt geben.
 das du als Zwang erlebst. Ich möchte dich                      entladen. Viele Menschen spüren ihren                                                 Lafawndah: Gesamtkunstwerk mit feministischem Blick
 einladen zu beobachten, was du in diesen                       Körper nach einem Orgasmus in einem                                                                                                                                   Sprache, für die es keine Worte braucht
 Situationen emotional und körperlich
 erlebst – sowohl vor dem Gedanken, dich
 zu berühren, wie auch nach dem Orgasmus.
                                                                entspannten, angenehmen Zustand, wie
                                                                nach einer sportlichen Anstrengung. Nach
                                                                einer sexuellen Entladung kann es sein,
                                                                                                                                                    S  ie bezeichne ihre Musik nicht als «exo­
                                                                                                                                                       tisch», sagte Yasmin Dubois alias
                                                                                                                                                    Lafawndah einst in einem Interview mit
                                                                                                                                                                                                                                      Gehaucht, gezischt, mit den Händen
                                                                                                                                                                                                                                      getrommelt. Aus den unterschiedlichsten
                                                                                                                                                                                                                                      Klangelementen setzen sich 13 Songs
                                                                dass die Konzentration steigt oder sich                                             dem Guardian, sondern für sie sei es das                                          zusammen, die in keine Genreschublade
 Was passiert kurz vorher? Bist du in einer                     eine Müdigkeit einstellt.                                                           Gegenteil. Als Sängerin mit ägyptischen und                                       passen und mit Dagewesenem brechen.
 Aufregung, die dich dazu anregt, dich                          Folgendes hast du bestimmt schon aus­                                               iranischen Wurzeln wuchs sie mit nicht-                                           Immer wieder mixt sie dabei Unerwarte­
 zu berühren? Erlebst du einen Reiz von                         probiert, das unterstützen kann, aber                                               westlicher Musik auf, Popmusik sei für sie                                        tes – von orientalischen Rhythmen bis zu
 aussen, kommst du in Stress, gibt es eine                      vielleicht nicht ausreicht: Wenn du die                                             daher um einiges ungewöhnlicher. Den­                                             pochenden Bassdrums. Hier geht tanz­
 körperliche Anstrengung oder passieren                         Erregung und die Entladung mit dir selbst                                           noch, so manch popkommerziell geschul­tes                                         bares Getrommel in zarte Gesangshar­
 mehrere Dinge gleichzeitig? Dies zu beob­                      nicht mehr unterwegs erleben möchtest,                                              Ohr wird gleich vernehmen: Was Lafandah                                           monien über. Da reihen sich Dancehall-
 achten ist nicht einfach, aber sehr wichtig                    wäre es eine Variante es zu Hause zu tun,                                           da macht, ist zweifelsfrei ohnegleichen.                                          Beats («Tourist») an Fingerschnippen und
 für dich, denn so kannst du «Zeichen»                          bevor du aus dem Haus gehst. Gut und                                                                                                                                  Xylophon-Sounds («Stormchaser»). Wer
 erkennen und auf diese bewusst reagie­                         sehr klug ist, dass du unterwegs Orte                                               Feministisches Multitalent                                                        Lafawndah als grosse Visionärin anpreist,
 ren. Interessant wäre auch zu beobach­                         aufsuchst, wo du sicher bist. So schützt                                            Sie singt, malt, hat ein aussergewöhnliches                                       die den Zeitgeist treffe, verspricht also
 ten, ob du deine Gedanken nach sexueller                       du dich und andere Menschen, die dies                                               Gespür für extravagante Outfits und Fri­                                          nicht zu viel.
 Erregung manchmal auf die Seite schie­                         nicht miterleben möchten. Eine Sexual­
 ben kannst, und wie du das machst. Gibt                        beratung kann dich dabei unter­   stützen
                                                                                                                                                                                Emma Bunton                                        Melissa Etheridge                            Cage the
 es eine Ersatzhandlung? Beobachte auch                         und mit dir gemeinsam die Kontrolle                                                                             My Happy Place                                     The Medicine Show                            Elephant
 hier, was dein Körper macht.                                   wieder zurückgewinnen.                                                                                                                                                                                          Social Cues

                  Ihr könnt eure Fragen und Anliegen an sexualberatung@sexhelp.ch                                                                    Ohrwurmpotenzial gibt es auf                              Mit donnernden Gitarrensounds,                 «Dance, dance!» lautet die
                   senden und bekommt im nächsten Heft oder per Mail eine Antwort.                                                                   dem neuesten Baby-Spice-Solo­                             aber auch sanften Balladen                     Aufforderung und mit dem
                   Beraterin: Katrin Lukas, Sexologin, Sexual­
                                                             beraterin und Sozial­                                                                   werk zwar nicht, doch bietet                              kommt hier ein deutliches                      perfekten Alternative-Sound­
                   arbeiterin, arbeitet seit einigen Jahren sexualtherapeutisch in                                                                   es angenehme locker-flockige                              Lebenszeichen der Rock-Lady.                   track zum Start in heisse
                   eigener Praxis.                                                                                                                   Berieselung. Input gibt’s von                             In gewohnter Manier mit                        Sommer-Partynächte wird das
                  www.sexhelp.ch | Illustration: www.amrandederprovinz.ch                                                                            Robbie Williams. JKa                                      bedeutungsvollen Lyrics. JKa                   mit Sicherheit klappen. JKa

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                                                                                                                                                                                                                                                                                              23
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