Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg

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Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Standpunkte

Auf Leistung setzen –
Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
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Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Auf Leistung setzen –
Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Bearbeitung:
Geschäftsbereiche Infrastruktur und Wirtschaftspolitik
Dorit Deeken, Philipp Detjen, Dr. Malte Heyne, Reinhard Wolf
Telefon 040 36138-138
Fax 040 36138-401
service@hk24.de

Grafiken: Die Elbgraphen, Handelskammer Hamburg
Fotos: Wilfried Witters, Sport-Presse-Fotos-GmbH

Alle Grafiken ©Handelskammer Hamburg

Weitere Publikationen dieser Reihe finden Sie auf den Seiten 63 und 64.

Stand: November 2010
Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Vorwort

Hamburg ist eine sportbegeisterte Stadt, wahrscheinlich die sportbegeistertste Stadt Deutsch-
lands. Über 80 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger treiben Sport, über 60 Prozent sogar
regelmäßig. Gut 1,7 Millionen Besucher jährlich verzeichnen die vier Profi-Sportvereine bei ihren
Liga-Heimspielen, einschließlich der Pokalspiele und internationaler Wettbewerbe sogar weit über
zwei Millionen. Wenn Marathon, Cyclassics oder Triathlon anstehen, kommen viele Hunderttau-
send Hamburger an die Strecke und machen die ganze Stadt zum Stadion. Hamburg ist Sportstadt!

Sport ist aber ebenso ein wesentlicher Faktor in der Hamburger Wirtschaft. In ihrer Bedeutung
stehen die Unternehmer der Sportwirtschaft zwischen dem Maschinenbau, Verlags- und Rund-
funkwesen und der Bauwirtschaft. Fast 15 600 Menschen arbeiten direkt in der Sportwirtschaft,
die einschließlich der Multiplikatoreffekte 1,2 Milliarden Euro zur Hamburger Wertschöpfung
beiträgt. Rund 120 Millionen Euro fließen dem Hamburger Fiskus aus der Sportwirtschaft zu. Die
Förderung des Sports ist deshalb auch unmittelbar Wirtschaftsförderung. Sport prägt zudem das
Image Hamburgs. In unseren Arenen und Stadien sowie beim Anfeuern der Marathonläufer ist der
Hamburger alles andere als steif; Hamburg feiert Sport, wie es sonst nur seinen Hafen feiert. Und
dieses Image zeigt Wirkung. Eine lebendige Sportstadt schafft Identität, bindet Talente und wirkt
anziehend auf junge Menschen aus ganz Deutschland und über unsere Grenzen hinaus; Menschen,
auf die auch die Hamburger Wirtschaft dringend angewiesen ist.

Doch trotz aller positiver Faktoren assoziiert Deutschland mit Sport nicht zuallererst Hamburg. Zu
lange hat der Leistungssport ein Schattendasein in unserer Stadt geführt, erst mit der 2001
einsetzenden Olympia-Bewerbung für 2012 ist die Sportstadt erwacht. Seitdem dieses Ziel nicht
direkt erreichbar war, sucht die Sportpolitik nach einem Ersatz. Denn ohne Ziel und Ehrgeiz kommt
man nicht auf das Siegertreppchen – als Sportler ebenso wenig wie als Sportstadt. Als Stimme von
rund 160 000 Unternehmen mit zusammen 800 000 Erwerbstätigen, darunter über 3 000 Unter-
nehmen, in denen rund 230 000 Menschen Sport treiben, ist unsere Handelskammer berufen, eine
aktive Rolle im Sport einzunehmen und den Leistungsgedanken auch im Sport zu befördern. Die
Hamburger Wirtschaft plädiert dafür, die Anstrengungen im Sport auf den Leistungssport zu kon-
zentrieren. In der Dekade 2011 bis 2020 müssen die Rahmenbedingungen für die Sportförderung
optimiert, die Sportinfrastruktur ausgebaut und Sportgroßveranstaltungen in Hamburg weiterent-
wickelt und ergänzt werden, dann könnte in der folgenden Dekade auch eine Olympia-Bewerbung
mit Erfolg angegangen werden. Wie die Beispiele der anderen Olympiastädte eindrucksvoll zeigen,
hätte dies einen Sprung in der Standortattraktivität und in der wirtschaftlichen Entwicklung der
ganzen Region zur Folge.

Sich auf den Leistungssport zu konzentrieren, heißt nicht, den Breitensport zu vernachlässigen:
Erfolgreiche Sportler sind gerade für Kinder und Jugendliche der beste Motivator, große Wett-
bewerbe schaffen internationale Aufmerksamkeit und ziehen die Hamburger in ihren Bann, gute
Sportstätten schließlich kommen allen zugute: den Medaillenaspiranten ebenso wie den Freizeit-
sportlern. Bei Sportförderung, Sportveranstaltungen und Sportstätten einen Hamburger Weg zu
prägen, der deutschlandweit für Aufmerksamkeit sorgt, und diesen mit einer effizienten Sport-
organisation auf Dauer sicherzustellen – so könnte Hamburg eine wirklich europäische Sportstadt
werden und die Sportwirtschaft nachhaltig stärken. Zudem hat Hamburg schon heute dank der
unternehmerischen Aktivitäten in unserer Stadt das Potenzial, ein Sportcluster zu bilden, durch
das sich die wirtschaftliche Bedeutung des Sports nachhaltig steigern ließe.
Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Mit dem vorliegenden Standpunkt zeigt unsere Handelskammer die Wege auf, wie sich Sportstadt
und Sportwirtschaft weiter entfalten können. Wir laden Politik und Verwaltung, aber ebenso
Vereine und Verbände ein, sich dem Wettbewerb um die besten Ideen für unsere Sportstadt zu
stellen.

                               HANDELSKAMMER HAMBURG

                 Frank Horch                        Prof. Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz
                    Präses                                 Hauptgeschäftsführer
Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
Inhaltsverzeichnis

A. Einführung                                                     7

B. Wirtschaftliche Bedeutung des Sports für Hamburg               9
     I.   Sportwirtschaft in Hamburg                             11
     II. Wirtschaftliche Effekte von Sportgroßveranstaltungen    16
     III. Externe Effekte des Sports                             20
     IV. Zwischenfazit                                           23

C. Unternehmerische Sportförderung in Hamburg                    24
     I.   Das Engagement Hamburger Unternehmen                   24
     II. Die Aktivitäten der Handelskammer                       25

D. Hamburger Sportsystem                                         29
     I.   Sportselbstverwaltung                                  30
     II. Öffentliche Sportverwaltung                             34
     III. Die Erfolge im Sport                                   36
     IV. Zwischenfazit                                           38

E. Zielsetzungen für die Sportstadt Hamburg                      40
     I.   Das Ziel für die Sportstadt 2011 bis 2020              41
     II. Die Unterziele für die Sportstadt                       42

F. Maßnahmen für den Erfolg                                      44
     I.   Maßnahmen im Bereich Sportförderung                    44
     II. Maßnahmen im Bereich Sportveranstaltungen               47
     III. Maßnahmen im Bereich Sportinfrastruktur                53
     IV. Maßnahmen im Bereich Sportorganisation                  55
     V. Sportcluster Hamburg                                     58

G. Fazit                                                         61

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Auf Leistung setzen - Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs - Standpunkte - Handelskammer Hamburg
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A.       Einführung

Sport bewegt Menschen, ganz besonders in                         im Sport engagiert. Der Umfang dieses Enga-
Hamburg. Hierfür die richtigen Rahmen-                           gements wird vorgestellt, ebenso die Bedeu-
bedingungen zu setzen, ist eine öffentliche                      tung, die Hamburger Unternehmen den Sport-
Aufgabe, die in bestimmten Bereichen durch                       großveranstaltungen beimessen, die durch eine
die Sportselbstverwaltung wahrgenommen                           empirische Umfrage ermittelt wurde. Ergänzt
wird. Sport ist aber auch ein wichtiges Thema                    wird das unternehmerische Engagement durch
für die Wirtschaft. Zunächst ist die Sport-                      die Aktivitäten unserer Handelskammer. Seit
wirtschaft ein relevanter Bereich innerhalb                      2001 nimmt sich die Handelskammer dieses
der Hamburger Wirtschaft mit Auswirkungen                        Themas an, um Unternehmen zu einem noch
auf viele angrenzende Branchen. Sport ist –                      stärkeren Engagement im Sport zu bewegen,
ebenso wie z. B. die Kultur – zugleich ein                       aber auch um die Sportorganisation hinsicht-
wichtiger Imagefaktor für eine Stadt mit                         lich der Anforderungen von sponsoringberei-
hohem Medienwert, also ein Standortfaktor,                       ten Unternehmen zu beraten.
der vor allem junge Menschen anzieht. Und
schließlich sind Hamburger Unternehmen                           So vielfältig wie der Sport ist, so vielfältig ist
wichtige Akteure im Sport: Etwa 230 000                          das Hamburger Sportsystem. Die traditionelle
Menschen treiben ihren Sport in kommer-                          Rolle des Sportvereins als Ort der sportlichen
ziellen Einrichtungen, nahezu alle Sportgroß-                    Betätigung nimmt ab. Sie wird häufig durch
veranstaltungen werden durch kommerzielle                        kommerzielle Sportstudios ersetzt, überwie-
Agenturen ausgerichtet. Drei gute Gründe,                        gend wird Sport jedoch individuell im öffent-
dass sich unsere Handelskammer mit der Frage                     lichen Raum ausgeübt. Gleichwohl ist der ge-
beschäftigt, wie das Sportgeschehen in Ham-                      meinnützig organisierte Sport mit Vereinen,
burg intensiviert werden kann. Dabei wird                        Fachverbänden und dem Hamburger Sport-
zunächst die Situation analysiert, darauf auf-                   bund als Dachverband wichtig und somit
bauend die Ziele für die weitere Entwicklung                     Gegenstand der Betrachtung. Als Pendant
bestimmt und schließlich ein Maßnahmen-                          hierzu ist die öffentliche Sportverwaltung zu
katalog erarbeitet. Der Betrachtung liegt das                    sehen, die vielfältige Schnittstellen zur Sport-
Selbstverständnis der Wirtschaft zugrunde,                       selbstverwaltung hat. Sie ist auch für die Ge-
dass Leistungsorientierung und Wettbewerb                        staltung des öffentlichen Raums als Erlebnis-
Motor des Fortschritts sind. Deshalb sollte                      raum für den Sport verantwortlich. Für den
grade auch im Sport eine solche Ausrichtung                      Bereich des Leistungssports rundet der Olym-
Platz greifen.                                                   pia-Stützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein
                                                                 die Sportorganisation in Hamburg ab.
Die Ergebnisse des Sports werden üblicher-
weise in Toren, Punkten oder Medaillen ge-                       Abschließend im analytischen Teil dieses
messen, die wirtschaftliche Seite des Sports                     Standpunkts werden die Erfolge im Sport be-
ist aber ebenso interessant. Um die Bedeutung                    trachtet. Auf dem sportlichen Sektor stehen
des Sports für die Hamburger Wirtschaft zu                       die Hamburger Bundesliga-Mannschaften im
ermitteln, werden in diesem Standpunkt erst-                     Fokus. Im Bereich der Individualsportarten
mals die direkten und die indirekten ökono-                      verdient die Entwicklung der Kaderzahlen
mischen Effekte für Hamburg berechnet. Zu-                       Aufmerksamkeit. Bei den Sportgroßveranstal-
sätzlich werden die wirtschaftlichen Wirkun-                     tungen werden die Traditionsveranstaltungen
gen von Sportgroßveranstaltungen dargestellt                     ebenso wie die Veranstaltungen mit breiter
sowie – erstmals im Bereich des Sports in                        öffentlicher Beteiligung betrachtet. Schließ-
Hamburg – der öffentliche Nutzen („civic pride“)                 lich wird die Entwicklung im Bereich Sport-
von Sportveranstaltungen am Beispiel des Ten-                    stätten kritisch gewürdigt.
nisturniers German Open empirisch ermittelt.
                                                                 Ohne Ziel ist jeder Weg beliebig – für kaum
Die Hamburger Unternehmen außerhalb der                          einen Bereich gilt dies so wie für den Sport. Als
Sportwirtschaft sind vielfältig als Sponsoren                    zweitgrößte Stadt Deutschlands und als Stadt

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mit einer sportbegeisterten Bevölkerung kann           Vorschläge für neue Wettbewerbe gemacht.
es langfristig nur das Ziel geben, Olympische          Schließlich wird auf die Finanzierung solcher
Sommerspiele in Hamburg auszurichten. Weil             Veranstaltungen eingegangen.
eine Entscheidung hierüber vom Deutschen
Sport aber erst in der nächsten Dekade zu              Sport ist vielfältig, die Sportorganisation in
treffen ist, braucht Hamburg ein Ziel, auf das         Hamburg ebenfalls. Die vielfältigen Aufgaben
es konsequent in den nächsten Jahren hin-              erfordern eine differenzierte Organisation.
arbeitet. Dieses Ziel und die daraus abzulei-          Hierbei entstehen jedoch zwangsläufig viele
tenden Unterziele werden in Kapitel E ausge-           Schnittstellen. Um keine Reibungsverluste zu
arbeitet.                                              erleiden, werden Vorschläge unterbreitet, wie
                                                       die Aufgabenzuordnung in der Hamburger
Der darauf folgende Abschnitt beschäftigt              Sportorganisation optimiert werden kann
sich mit konkreten Maßnahmen, die für die              und wie wichtige, bisher nicht wahrgenom-
Zielerreichung anzugehen sind. Weil Hamburg            mene Aufgaben zu erledigen sind. Außerdem
nicht in allen Sportarten gleichzeitig Spit-           wird der Frage nachgegangen, wie die Unter-
zenleistungen erbringen kann, sind Schwer-             nehmen der Sportwirtschaft über die direkte
punktsportarten zu bestimmen, auf die die              Sportentwicklung hinausgehend gefördert
Konzentration zu richten ist.                          werden können. Hamburg hat gute Erfahrung
                                                       mit der Clusterpolitik als Element der Wirt-
Hierauf abgestellt wird schließlich der Hand-          schaftsförderung gemacht. Deshalb werden die
lungsbedarf im Bereich der Sportstätten dar-           Voraussetzungen für ein Sportwirtschafts-
gestellt sowie Vorschläge für deren Betrieb            cluster erörtert und die Einrichtung eines
und Finanzierung gemacht.                              solchen als Aufgabe der Handelskammer vor-
                                                       gestellt.
Der Bereich der Sportförderung hat sich in
den vergangenen Jahren sehr positiv entwi-             Der Standpunkt mündet in einem Handlungs-
ckelt, sowohl für die Sportler als auch für            katalog, in dem für die Bereiche Sportförde-
Verbände. Die noch erforderlichen Schritte             rung, Sportveranstaltungen, Sportinfrastruk-
für eine wirklich beispielgebende Sportförde-          tur und Sportorganisation die „To-do-Liste“
rung als „Hamburger Modell“ werden darge-              für Hamburgs Weg an die europäische Spitze
stellt. Ebenso werden Anregungen gegeben,              aufgelistet ist. Die Imagewirkung für Ham-
wie die Wirksamkeit der Sportförderung noch            burg, die gesundheitliche Bedeutung einer in-
besser evaluiert werden kann.                          tensiven Sportbeteiligung, die wirtschaftliche
                                                       Bedeutung des Sports, der „Wohlfühlfaktor“
Im Bereich der Sportgroßveranstaltungen                für die Hamburger, wenn ihre Athleten auf
wird dargelegt, wie sich Hamburg zu den                dem Treppchen oder dem Rathausbalkon ste-
klassischen Verbandswettbewerben aufstel-              hen – es gibt viele gute Gründe, dass sich die
len sollte. Für den besonders attraktiven Be-          Sportstadt ins Trainingslager begibt und an
reich der besonderen Sportgroßveranstaltun-            sich arbeitet. Der Entwurf für einen ehrgeizi-
gen im „Hamburger Format“ werden konkrete              gen Trainingsplan liegt hiermit vor.

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B.       Wirtschaftliche Bedeutung des Sports für Hamburg

„Was ist Sport?“ – auf diese Frage findet sich                   Freizeit- und Gelegenheitssports berücksich-
in der sportwissenschaftlichen Diskussion                        tigt und in die Analyse der gesamtwirtschaft-
keine allgemeingültige Antwort. Eine ver-                        lichen Bedeutung des Sports einbezieht. Mit
bindliche Begriffsdefinition von Sport und                       der wachsenden Nachfrage nach unter-
zur Abgrenzung von sportlichen und nicht-                        schiedlichen Sportangeboten und durch die
sportlichen Aktivitäten liegt nicht vor. Das                     wechselseitig förderlichen Beziehungen zwi-
Sportverständnis in der Gesellschaft hat sich                    schen Sport, Medien und Unternehmen hat
außerdem in den letzten Jahrzehnten stark                        sich Sport zu einem bedeutenden Wirt-
gewandelt. Stand früher beim Sport noch der                      schaftsfaktor entwickelt. Die Sportwirtschaft
Leistungs- und Wettkampfgedanke im Vor-                          ist jedoch kein herkömmlicher Wirtschafts-
dergrund, präsentiert sich heute die gesamte                     zweig, dessen Umsatz-, Beschäftigungs- und
Sportwelt differenzierter und facettenrei-                       Wertschöpfungswirkungen direkt aus der
cher. Die zunehmende Pluralisierung von                          Wirtschaftsstatistik abgeleitet werden kön-
möglichen sportlichen Aktivitäten, sei es bei                    nen, wie dies zum Beispiel bei der Bauwirt-
einem sportlichen Wettkampf, in einem                            schaft oder der Maschinenbauindustrie mög-
Sportverein, in einem Fitness-Studio oder                        lich ist. Die Sportwirtschaft ist vielmehr eine
beim individuellen Jogging und Wandern,                          Querschnittsbranche, die sich aus vielen ver-
lässt daher ein breites und modernes Sport-                      schiedenen Sportbereichen und Wirtschafts-
verständnis als zweckmäßig erscheinen. Un-                       zweigen zusammensetzt. Die einzelnen Bran-
ser Standpunkt-Papier basiert auf einem sol-                     chen und Unternehmen der Sportwirtschaft
chen breiten Sportverständnis, das neben                         weisen unterschiedliche Grade von Sportbe-
dem Leistungssport grundsätzlich alle bewe-                      zug auf.
gungsorientierten Aktivitäten des Breiten-,

Abbildung 1

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Mit Sport wird eine Dienstleistung nachge-              produkten.2 Hierunter ist die Nachfrage von
fragt und angeboten. Die Nachfrage nach                 Unternehmen des Sportsektors nach Güter-
Sport unterscheidet zwischen der aktiven                und Dienstleistungen zu verstehen, die für
und der passiven Sportnachfrage. Von der ak-            sich genommen keinen Sportbezug haben.
tiven Nachfrageseite aus ist Sport eine inter-          Also zum Beispiel der Computer, den der FC
aktive Dienstleistung. Anbieter sind einer-             St. Pauli für seine Geschäftsstelle kauft, das
seits der Staat (Schulsport, Bereitstellung von         Bier, das ein Sportfan nach Erfolg seiner
Sportinfrastruktur), „gemeinnützige“ Vereine            Mannschaft in der Kneipe trinkt, oder der Ze-
sowie andererseits auch privatwirtschaftlich            ment, den ein Bauunternehmer für den Aus-
betriebene Unternehmen (z. B. Sportstudios).            bau einer Stadiontribüne einkauft. Abbildung
Für die Ausübung der interaktiven Dienstleis-           2 grenzt den direkten vom indirekten Sport-
tung werden vor allem Sportartikel, Geräte              sektor ab und gibt einen Überblick über die
und bedarfsgerechte Sportstätten nachge-                gesamtwirtschaftliche Wirkungsweise des
fragt. Die passive Nachfrageseite konsumiert            Sektors.
Sport hingegen als Unterhaltung. Anbieter
sind hier Ligavereine/Spitzensportler, Sport-           Für Sportgroßveranstaltungen ist in der Regel
marketingagenturen und Sponsoren. Erfor-                ein gewisses Maß an Infrastrukturinvestitio-
derlich hierfür ist ebenfalls eine entspre-             nen erforderlich und sie ziehen eine teilweise
chende Infrastruktur (Hallen, Stadien etc.).            beachtliche Besucherzahl an, was positive
                                                        Wirkungen beispielsweise auf das Hotel- und
Dieser ausgeprägte Querschnittscharakter                Gaststättengewerbe oder den Einzelhandel
und die Heterogenität der Sportwirtschaft               zeitigen kann. Öffentliche Nutzen des Sports
sind Gründe, weshalb die wirtschaftliche Be-            entlasten oftmals das staatliche Budget, bei-
deutung des Sports noch nicht ausreichend               spielsweise kann Sport den gesellschaftli-
wahrgenommen wird, obwohl Sport in der                  chen Zusammenhalt steigern, ist Teil der Ge-
Gesellschaft breit verankert ist. Die gesamt-           sundheitsvorsorge und kann das Image einer
wirtschaftliche Bedeutung des Sports setzt              Stadt prägen.
sich aus vier Teilbereichen zusammen (siehe
Abbildung 1).                                           Es gilt:

Zum direkten Sportsektor gehören alle Unter-
nehmen, die in ihrer Wertschöpfungskette                      (Direkter + Indirekter Sportsektor)
einen unmittelbaren Zusammenhang zum                                    x Multiplikator
Sport aufweisen. Dies sind die so genannten                        + Effekte von Sportgroß-
reinen Sportunternehmen, wie zum Beispiel                              veranstaltungen
Fitnessstudios, Sportgerätehersteller oder                      + Entlastung durch öffentliche
Profisportbetriebe, die ausschließlich sport-                         Nutzen des Sports
bezogene Produkte anbieten. Zum indirekten                    = Gesamtwirtschaftliche Bedeutung
Sportsektor hingegen werden die Unter-                                 des Sportsektors
nehmen gezählt, die neben vielen anderen
Bereichen auch einen Sportbezug haben. Bei-
spielhaft ist hier ein Lebensmittelproduzent,
der unter anderem auch Sportlernahrung
herstellt, oder ein Reisebüro, das neben klas-          1   Erläuterung Akzeleratoreffekt: Die Nachfrage der Unterneh-
                                                            men nach Investitionsgütern (I) entwickelt sich proportional
sischen Reiseangeboten auch Angebote im                     zu der von den Unternehmen geplanten Produktionsaus-
Sporttourismus (Events oder aktive Sportur-                 weitung (dY), die von der erwarteten Nachfrage nach den
laube) bereithält. Darüber hinaus stimuliert                produzierten Gütern bestimmt wird. Weil diese Proportion
                                                            auch als Koeffizient bezeichnet wird, spricht man auch
die Wertschöpfung des direkten und indirek-                 vom Akzelerationskoeffizienten.
ten Sportsektors die gesamte allgemeine                 2   Multiplikatoreffekt: Der Multiplikator ist eine Messzahl,
                                                            die angibt, um wie viel Einheiten sich das Volkseinkommen
Wirtschaft an einem Standort durch erhöhte                  erhöht, wenn die Wertschöpfung (Investitionsausgaben,
wirtschaftliche Aktivität in Form von Multi-                Staatsausgaben, autonome Konsumausgaben) um eine
                                                            Einheit steigt. Der ökonomische Effekt einer Wertschöpfung
plikator- und Akzeleratoreffekten1, zum Bei-                ist nicht nur der produzierte Wert, sondern dieses Geld
spiel über die Nachfrage nach Vorleistungs-                 stimuliert die Aktivität an einem Standort zusätzlich.

10                                                Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Abbildung 2

Eine Quantifizierung der ökonomischen Wirkun-                    I.   Sportwirtschaft in Hamburg
gen des Sports auf den Standort Hamburg –
einschließlich der Multiplikatorwirkungen                        Der wichtigste Referenzrahmen der in der
auf die allgemeine Wirtschaft – wird umfas-                      Literatur existierenden Studien zur Erfassung
send für den direkten und den indirekten                         des Sports und zur Ermittlung seiner wirt-
Sportsektor vorgenommen (Kapitel B. I). Die                      schaftlichen Bedeutung ist die amtliche
Wirkungen von Sportgroßveranstaltungen                           Wirtschaftszweigsystematik eines Landes.
nehmen eine Sonderrolle im ökonomischen                          Diese erlaubt es, die Ergebnisse des Sportsys-
System des Sports ein, da sie unabhängig                         tems in Relation zur Gesamtwirtschaft zu
vom „laufenden Betrieb“ der Sportwirtschaft                      setzen. Auch die Europäische Kommission
isoliert auf die Wirtschaftsstruktur wirken und                  folgt diesem Ansatz bei ihren Bemühungen
somit immer eine Einzelfallbetrachtung er-                       zur Erfassung der wirtschaftlichen Bedeu-
fordern. Dies gilt besonders für einmalig statt-                 tung des Sports für Europa. Jedoch ist die
findende Veranstaltungen. Die vielfältigen wirt-                 Aussagefähigkeit der bestehenden Studien
schaftlichen Wirkungen von Sportgroßveran-                       dadurch begrenzt, dass die Wirtschafts-
staltungen werden in dieser Arbeit daher an-                     zweigsystematik nicht in allen Fällen den tat-
hand von ausgewählten Beispielen dargestellt,                    sächlichen Sportanteil einer Branche angibt.
eine pauschale Bewertung ist nicht für alle                      Zum Beispiel ist die Branche „Herstellung von
Veranstaltungen möglich (Kapitel B. II). Ihre                    Sportgeräten“ (WZ-Nummer 32300) eindeu-
Effekte zählen aber ebenso zum Ergebnis der                      tig dem Sportsektor zurechenbar. In einer
gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Sports,                     Vielzahl so genannter Mischbranchen, wie
wie die Einflüsse des öffentlichen Sportnut-                     z. B. dem „Wett-, Toto- und Lotteriewesen“
zens. Da eine Messung dieser öffentlichen                        (WZ-Nummer 92003) ist hingegen ein nen-
Nutzen nur bedingt und mit hohem Aufwand                         nenswerter Anteil der Wertschöpfung vom
möglich ist, werden diese Effekte in dieser Ar-                  Sport abhängig (Sportwetten), aber nicht die
beit qualitativ erläutert (Kapitel B. III).                      gesamte Branche. Auch bei einzelnen Unter-

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs                                              11
nehmen kann der Grad des Sportbezugs vari-                            gen für einen starken Wertschöpfungseffekt
ieren. Im Gegensatz zu einem Sportfachge-                             (Anzahl Beschäftigte eines Sektors x durch-
schäft, das 100 Prozent seiner Wertschöp-                             schnittliche Bruttowertschöpfung pro Be-
fung mit Sport herstellt (z. B. Lunge Lauf- und                       schäftigten). Mangels differenzierter Unter-
Sportschuh GmbH), entsteht bei einem Wa-                              suchungen zur Sportwirtschaft wird bei den
renhaus wie der Karstadt AG nur ein – wenn                            weiteren Betrachtungen ein durchschnitt-
auch beträchtlicher – Teil der Wertschöpfung                          licher Wert der Bruttowertschöpfung pro
durch Sport. Bisherige Studien zur Sportwirt-                         Arbeitnehmer angenommen, der den jeweils
schaft konnten den Sportanteil in den Misch-                          vergleichbaren Wirtschaftsbereichen (Produk-
branchen und in der Wertschöpfung von ein-                            tion, Dienstleistungen etc.) entspricht (siehe
zelnen Unternehmen nur abschätzen oder                                Tabelle 1 und Abbildung 4).
qualitativ beschreiben.3 Diesem bislang nicht
gelösten statistischen Problem wird in un-                            Die primäre Wertschöpfung der Sportwirt-
serer Untersuchung durch die Mitglieder-                              schaft (direkter + indirekter Sektor) in Ham-
datenbank der Handelskammer Hamburg be-                               burg beträgt insgesamt knapp 820 Millionen
gegnet. Diese enthält detaillierte Informatio-                        Euro pro Jahr – ohne den Wertschöpfungs-
nen über sämtliche Unternehmen am Stand-                              beitrag von Sportgroßveranstaltungen und
ort Hamburg und ist nach der amtlichen Wirt-                          die oftmals kostenvermeidenden öffentlichen
schaftszweigsystematik des Statistischen Bun-                         Nutzen des Sports. Die prognos AG hat für
desamtes strukturiert. Es ist möglich, aus                            Hamburg im Zusammenhang mit der Berech-
dieser Datenbank genau die Unternehmen                                nung der Wirkungen des Hamburger Kon-
innerhalb einer Branche inklusive Anzahl                              junkturpakets einen effektiven Multiplikator
der Beschäftigten und Umsatzgrößenklassen                             (unter Berücksichtigung möglicher Abgänge
(manuell) herauszusuchen, deren Wertschöp-                            durch Importe und Steuern) in Höhe von 1,47
fung vollständig oder teilweise vom Sport ab-                         ermittelt.4 Damit gibt der Sportsektor dem
hängig ist. Diese gehen mit entsprechender                            Wirtschaftsstandort Hamburg insgesamt ei-
Gewichtung in die Analyse ein. Auf Basis der                          nen Impuls von:
Anzahl der Beschäftigten und Umsatzgrö-
ßenklassen lassen sich wiederum Wertschöp-
fungs- und Fiskaleffekte des Sports berech-                                     817,13 Millionen Euro x 1,47
nen.                                                                              = 1,201 Milliarden Euro5

In der Hamburger Sportwirtschaft finden et-
wa 15 600 Menschen in über 3 000 Unter-
nehmen Beschäftigung, hiervon gut ein Drit-
tel im direkten Sportsektor und zwei Drittel
im indirekten Sportsektor (siehe Tabelle 1 und
Abbildung 3). Das Beschäftigungsvolumen ist
damit in etwa so groß wie im Hamburger
Maschinenbau und halb so groß wie in der
Hamburger Luftfahrtindustrie. Besondere Be-
deutung innerhalb der Sportwirtschaft kommt
dem Handel mit über 1 000 Unternehmen                                 4   Natürlich stellt die Verwendung eines allgemeinen Multipli-
und den von Vereinen und Verbänden initi-                                 kators immer auch eine Pauschalisierung der multiplikativen
                                                                          Wirkungen von Wertschöpfungsimpulsen dar. In einzelnen
ierten kommerziellen Unternehmen zu, bei-                                 Branchen können sowohl höhere als auch geringere Wirkun-
spielsweise im Bereich Marketing und Betrieb                              gen auftreten. Der hier verwendete, speziell für Hamburg
von Sportanlagen. Diese Beschäftigten sor-                                entwickelte Multiplikator stellt einen sinnvollen Durch-
                                                                          schnittswert belastbarer Zahlen dar und berücksichtigt
                                                                          selbstverständlich Abflüsse in den regionalen Wirtschafts-
                                                                          kreislauf, wie Steuern, Importe etc. Quelle: prognos AG:
3   Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung: „Die             Ökonomische Bewertung der „Hamburger Konjunkturoffen-
    Sportwirtschaft in Niedersachsen“, 2003; Helmenstein,                 sive“, 2009.
    Kleissner und Moser (SportsEconAustria): „Sportwirtschaft         5   Gemäß der Formel (Direkter + Indirekter Sportsektor)
    in Österreich“, 2006 oder Rütter+Partner im Auftrag des               x Multiplikator = Gesamtwirtschaftliche Bedeutung des
    Bundesamts für Sports: „Wirtschaftliche Bedeutung des                 Sportsektors ohne die Effekte von Sportgroßveranstaltungen
    Sports in der Schweiz“, 2007.                                         und öffentliche Nutzen des Sports.

12                                                              Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Abbildung 3

Abbildung 4

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs   13
Anzahl Unternehmen indirekter Sportsektor

                                                                                                                                                                                                                                                                                     Erwerbstätigem in Anlehnung an vergleich-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  indirekten Sportsektors (in Millionen Euro)
                                                                                                                                                                    Anzahl Beschäftigte indirekter Sportsektor

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    für die Stadt Hamburg (in Millionen Euro)
                          Anzahl Unternehmen direkter Sportsektor

                                                                                                                                                                                                                                                                                     durchschnittliche Bruttowertschöpfung je
                                                                       Anzahl Beschäftigte direkter Sportsektor

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    jährliches generiertes Steueraufkommen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           mittleres generiertes Steueraufkommen
                                                                                                                                                                                                                                                                                     bare Branchen in HH (in Tausend Euro)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Bruttowertschöpfung des direkten und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Nachfrageeffekte auf die allgemeine

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bruttowertschöpfung insgesamt
                                                                                                                                                                                                                    Anzahl Unternehmen insgesamt

                                                                                                                                                                                                                                                     Anzahl Beschäftigte insgesamt

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           insgesamt (in Millionen Euro)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Wirtschaft
    Teilbranche

    Sportanlagen        231                                         1 667                                           59                                            325                                             290                              1 992 46 434                                                                  92,50                                          43,47 135,97                                                              35,35                                    13,60

    Sportdienst-
    leistungen          152                                          320                                           378                                           2 485                                            530                              2 805 46 174 129,52                                                                                                          60,87 190,39                                                              49,50                                    19,04

    Öffentliche
    Verwaltung,
    Vereine/Ver-
    bände, Sport-
    ausbildung,
    Forschung           651                                         2 244                                          145                                            922                                             796                              3 166 46 174 146,19                                                                                                          68,71 214,89                                                              55,87                                    21,49

    Sport-
    produktion           31                                           83                                            39                                            157                                              70                               240 86 783                                                                   20,83                                           9,79                                  30,62                               7,96                                     3,06

    Sporthandel         331                                         1 509                                          688                                           2 851                                           1 019                             4 360 61 232 266,97 125,48 392,45 102,04                                                                                                                                                                                                        39,24

    Sportmedien          63                                          289                                           161                                            789                                             224                              1 078 61 232                                                                  66,01                                          31,02                                  97,03                              25,23                                      9,70

    Sportmedizin         41                                          239                                           103                                           1 717                                            144                              1 956 46 174                                                                  90,32                                          42,45 132,77                                                              34,52                                    13,28

    Insgesamt         1 500                                         6 351                                         1 573                                          9 246                                           3 073 15 597 52 390 817,13 384,05 1201,18 312,31 120,12

Tabelle 1                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Quelle: Eigene Berechnungen

Dies entspricht knapp 1,6 Prozent der gesam-                                                                                                                                                                                                         Hamburger Sportwirtschaft insgesamt ein
ten Hamburger Wertschöpfung. Damit liegt                                                                                                                                                                                                             Steueraufkommen von 264 bis 360 Millionen
die Sportwirtschaft in ihrer Bedeutung für                                                                                                                                                                                                           Euro jährlich. In Hamburg verbleibt von der
die Hamburger Wirtschaft zwischen dem                                                                                                                                                                                                                Bruttowertschöpfung eine Steuerquote von
Maschinenbau, Verlags- und Rundfunkwesen                                                                                                                                                                                                             mehr als 10 Prozent. Der Sportsektor erwirt-
und der Bauwirtschaft. Darüber hinaus liegt                                                                                                                                                                                                          schaftet für die Stadt Hamburg also jedes
der Sportanteil deutlich über dem Bundes-                                                                                                                                                                                                            Jahr im Mittel ein Steueraufkommen von
durchschnitt, der berechnet auf das Jahr                                                                                                                                                                                                             etwa 120 Millionen Euro (vgl. Tabelle 1).
1998 bei 1,4 Prozent liegt.6 Schätzungen zu
den fiskalischen Effekten von Beschäftigung
und deren Bruttowertschöpfung besagen,
dass – unter konservativen Annahmen – zwi-
schen 22 und 30 Prozent der Bruttowert-
schöpfung einer Branche als Steueraufkom-
men anfallen. Demnach erwirtschaftet die

6   Meyer, Bernd; Ahlert, Gerd: „Die ökonomischen
    Perspektiven des Sports: Eine empirische Analyse für die
    Bundesrepublik Deutschland“, Schöndorf: Hofmann, 2000.

14                                                                                                                                                                                                                               Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Kasten 1: Wirkung von Investitionen in Sportinfrastruktur

    Zur Ausrichtung von Sportgroßveranstaltun-
                                                                     Baumaßnahme            Investitions-  Jahr der
    gen sind Städte auf eine leistungsfähige
                                                                                           summe (Mio.) Fertigstellung
    (Sport)Infrastruktur angewiesen. In Hamburg
    wurde in den letzten zehn Jahren viel in die                     Imtech Arena                64,0           1999
    Sportinfrastruktur investiert (Tabelle 2).
                                                                     O2 Arena                    80,0           2002

    Hinzu kommen noch erhebliche Investitionen                       Leichtathletikhalle
    in die Schulsportanlagen und die vereinsei-                      Alsterdorf                  12,1           2006
    genen Sportstätten. Sofern solche Investitio-
                                                                     Sportpark Dulsberg:         17,0           2013
    nen öffentlich finanziert werden, treten sie
                                                                      Beachvolleyball-
    zunächst als Kostenfaktor für einen Standort
                                                                      halle
    auf.7 In Folgeperioden aber stimulieren Bau-
                                                                      Schwimmhalle
    investitionen über Multiplikatoreffekte den
                                                                      Handball- und
    gesamten Wirtschaftskreislauf, und fertige
                                                                      Judohalle
    Sportstätten stiften regelmäßig Nutzenrück-
    flüsse durch ihren Betrieb.                                      Volksbank Arena             12,0           2008

                                                                     Millerntorstadion:
    Multiplikatorenwirkung
                                                                      Südtribüne                 14,8           2008
    Sportinfrastruktur
                                                                      Haupttribüne               20,0           2010

    Gemäß obiger Argumentation löste die In-                         Gesamtsumme               254,6
    vestitionssumme in die heutige Imtech Arena
                                                                    Tabelle 2: Investitionen in Hamburger Sportstätten
    von 64 Millionen einen multiplikatorbeding-
    ten Impuls von 64 x 1,47 = 94,08 Millionen
    Euro aus.8

    Hinzu kommen laufende Einnahmen aus dem Stadionbetrieb. Auch ist zu berücksichtigen,
    dass international herausragende Veranstaltungen wie die Ausrichtung der FIFA Fußball-
    Weltmeisterschaft 2006 oder das Finale der UEFA Europa League 2010 ohne das neue Stadi-
    on sicherlich nicht in Hamburg stattgefunden hätten. Die Infrastruktur ist also Grundvoraus-
    setzung dafür, dass weitere mit der Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen verbundene
    volkswirtschaftliche Gewinne erzielt werden können.

7   In öffentliche Sportstätten hat die Freie und Hansestadt
    Hamburg zwischen 2005 und 2007 durchschnittlich
    10,3 Millionen Euro investiert.
8   Nicht jede Bautätigkeit löst automatisch eine entsprechend
    lineare Multiplikatorwirkung aus. In konjunkturellen Hoch-
    phasen etwa kann es zu Verdrängungseffekten anderer
    Bauvorhaben kommen, da die Kapazitäten ohnehin aus-
    gelastet gewesen wären. Dies war im betrachteten Zeitraum
    allerdings nicht der Fall (z. B. wirtschaftliche Probleme bei
    der Philipp Holzmann AG 1999).

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs                                                           15
II. Wirtschaftliche Effekte                                              Vereine             Anzahl der    Zuschauer-
    von Sportgroßveranstaltungen                                                          Liga-Heimspiele schnitt Saison
                                                                                             pro Saison    2009/2010
Sportgroßveranstaltungen nehmen eine Son-
derrolle im ökonomischen System des Sports                               HSV Fußball             17                55 242
ein, da sie nicht in den laufenden Betrieb des
                                                                         FC St. Pauli            17                20 870
Sports und damit nur teilweise in den di-
rekten Sportsektor integriert sind (z. B. über                           HSV Handball            17                10 372
die spezifischen Leistungen der Sport-Event-
                                                                         Freezers                30                  7 113
agenturen). Vielmehr erzeugen sie außer-
ordentliche Effekte und wirken teilweise iso-                            Summe                   81             1 683 528
liert auf die Wirtschaftsstruktur. Dies gilt
                                                                       Tabelle 3: Zuschauerzahlen der Hamburger
besonders für einmalig stattfindende Veran-                                       Profisportvereine
staltungen.

Eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse für                              impuls für die Hamburger Wirtschaft, der als
jede einzelne Veranstaltung könnte in Sum-                             Sondereffekt der ökonomischen Bedeutung
me den Wert aller Sportgroßveranstaltungen                             des Sportsektors hinzuzurechnen ist. Sport-
für den Standort Hamburg genau quantifizie-                            großveranstaltungen sind damit wichtiger
ren. Allerdings ist dies im Rahmen dieses                              Teil der Sportwirtschaft mit erheblichem Po-
Standpunkts nicht leistbar. Anhand von ver-                            tenzial für die Standortentwicklung.
schiedenen Beispielen wird die Bedeutung
von Sportgroßveranstaltungen für den Stand-                            Wichtiger Teil der Sportgroßveranstaltungen
ort Hamburg deshalb exemplarisch darge-                                sind die regelmäßig stattfindenden Heimspie-
stellt.                                                                le von Hamburger Bundesliga-Mannschaf-
                                                                       ten. Alle Profisportvereine tragen durch ihren
Am Standort Hamburg findet – regelmäßig oder                           Spielbetrieb während der jeweiligen Saison
einmalig – eine Vielzahl attraktiver Sportver-                         dazu bei, dass bei den Heimspielen Zuschauer
anstaltungen statt. Jährlich sind es mehr als                          sportbezogene Ausgaben tätigen. Aus touris-
80 offizielle Events, zu denen sich weitere,                           tischer Sicht sind vor allem die Fans der geg-
vollständig privat organisierte Veranstaltungen                        nerischen Mannschaften interessant.
mit Sportbezug gesellen. Eine Untersuchung
der Fachhochschule Gelsenkirchen über Sport-                           Die Effekte von Sportgroßveranstaltungen
großveranstaltungen in 17 deutschen Groß-                              lassen sich in direkte und indirekte Kosten
städten9 kommt zu dem Ergebnis, dass Ham-                              und Nutzen unterscheiden. Direkte Kosten
burg die Stadt mit den meisten bedeutenden                             und Nutzen stehen im unmittelbaren Zusam-
Sportgroßveranstaltungen in Deutschland ist.                           menhang mit dem Projekt und sind daher
                                                                       leicht zuzuordnen, während indirekte Kosten
Es gibt unterschiedliche Arten von Sportver-                           und Nutzen als Nebenprodukt der Veranstal-
anstaltungen. Hierzu zählen die regelmäßig                             tung entstehen. Indirekte Kosten werden
stattfindenden Heimspiele von Profisportver-                           wiederum unterschieden in direkt in Geldein-
einen, jährlich wiederkehrend stattfindende                            heiten messbare (pekuniäre) und nicht oder
Veranstaltungen sowie einmalig stattfinden-                            nur unzureichend monetarisierbare (nichtpe-
de Veranstaltungen. In ihrer Gesamtheit sind                           kuniäre) Effekte. Hieraus ergeben sich drei
sie wesentlicher und attraktiver Bestandteil                           Kategorien von Kosten und Nutzen (siehe Ta-
der „Marke Hamburg“. Gleichzeitig generie-                             belle 4).
ren sie einen zusätzlichen Wertschöpfungs-

9   Quelle: Behörde für Kultur, Sport und Medien; Prof. Jürgen
    Schwark, FH Gelsenkirchen „Städteranking Sportgroß-
    veranstaltungen – Eine vergleichende Untersuchung“, 2009.
    Hamburg wird in diesem Ranking lediglich vom Ruhrgebiet
    (Mülheim, Dortmund, Duisburg, Oberhausen, Essen,
    Gelsenkirchen und Bochum) insgesamt übertroffen.

16                                                               Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Kosten                                                Nutzen

 direkt      • Investitionen (AfA) für Infrastruktur               • Einnahmen aus dem Stadionbetrieb
               (Sportstätten, Verkehrswege)                          (Werbung), Einkommenswirkungen aus
             • eingeschränkte Nutzung der vorhandenen                erhöhter Beschäftigung
               Infrastruktur während der Baumaßnahmen              • Einnahmen aus dem Verkauf von TV-Rechten
             • Betriebs- und Kapitalkosten der Einrichtungen       • Tickets und Sponsorlizenzen
             • Verwaltungsaufwand der Veranstaltungs-              • direkte Steuermehreinnahmen und
               organisation durch das Organisationskomitee           Beschäftigungswirkungen
               und den Staat (z. B. Ausgaben für Sicherheits-
               kräfte, PR-Maßnahmen und Personalaufwand)

 indirekt, • Verdrängungseffekte im Tourismusbereich               • Tourismusausgaben im Gaststättengewerbe
 pekuniär    und bei den privaten Konsumausgaben                   • Dienstleistungsausgaben für Transport oder
           • Preissteigerungen                                       Ähnliches
             (z. B. im Dienstleistungs- und Immobilien-            • Umsatzsteigerungen im Medienbereich
             sektor infolge der Veranstaltung)                     • resultierende Einkommenswirkungen aus
                                                                     zusätzlicher Beschäftigung
                                                                   • induzierte Einkommen aus Multiplikator-
                                                                     und Akzeleratorwirkungen

 indirekt, • ökologische und akustische Beeinträch-                • regionale oder nationale Image- und
 nicht-      tigungen durch eventbezogene                            Werbeeffekte
 pekuniär    Baumaßnahmen                                          • politische Sendungsgewinne
           • Emissionsbelastungen durch erhöhte Ver-               • Erlebnis- und Freizeitnutzen
             kehrsaktivitäten                                      • Sozialisations- und Integrationsgewinne
           • Belästigung durch Überfüllung der Stadt                 innerhalb der Gesellschaft
             und Hooligans während der Veranstaltung               • (individuelle) Stolz- und Glücksgefühle
           • (individuelle) Trauer und Enttäuschung                  aufgrund einer gelungenen Veranstaltungs-
             im Fall einer schlechten Veranstaltungs-                organisation
             organisation oder einem frühzeitigen                  • Unterstützung des Strukturwandels hin zu
             Ausscheiden der unterstützten Mannschaft                einer Dienstleistungsgesellschaft
           • soziale Kosten durch eine potenzielle                 • ökonomische und psychologische
             Polarisierung innerhalb gesellschaftlicher              Wachstums- und Impulswirkungen
             Einheiten                                             • Exportförderung
           • Opportunitätskosten durch den Verzicht                • Attraktion von ausländischen Unternehmen
             auf eine alternative Verwendung staatlicher           • Technologieförderung und –darstellung
             Mittel                                                • Aufbau und Erweiterung des Tourismus-
                                                                     potenzials

Tabelle 4: Mögliche Effekte von Sportgroßveranstaltungen

Hamburg Marathon                                                 15 Prozent. Parallel finden Wettbewerbe für
                                                                 Handbiker, Geher und Schüler statt. Der
Der Hamburg Marathon blickt inzwischen auf                       Schülerlauf „Das Zehntel“ über ein Zehntel
eine 25-jährige Tradition zurück. Der 1986                       der Marathondistanz fand 2009 über 6000
initiierte Lauf lockt mittlerweile mehr als                      Teilnehmer im Alter zwischen 8 und 17
850 000 Zuschauer an die Laufstrecke, davon                      Jahren. Diese Einbindung von Nachwuchs-
über 200 000 von außerhalb Hamburgs. 2008                        sportlern ist beispielhaft für den Hamburger
gab es den bisherigen Teilnehmerrekord:                          Weg der Verbindung aus Leistungs-, Breiten-
23 320 Athleten aus 85 Nationen starteten                        und Nachwuchssport.
erstmalig auf der Reeperbahn, bei einem
Anteil ausländischer Athleten von knapp

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs                                                    17
sich ein Gesamtwert zwischen 15 und 35
                                                       Millionen Euro, den der Hamburg Marathon
                                                       der Hamburger Wirtschaft jedes Jahr zuführt.
                                                       Hinzu kommt der Imagewert des Marathons:
                                                       Der Medien-Äquivalenzwert, also der Betrag,
                                                       den Hamburg für eine mediale Werbebericht-
                                                       erstattung gleichen Ausmaßes alternativ hätte
                                                       aufbringen müssen, liegt bei 900 000 Euro. Die
                                                       Stadt Hamburg unterstützte den Hamburg-
                                                       Marathon im Jahr 2010 mit 50 000 Euro.10

                                                       Hamburg Triathlon
Leichtathletik Conergy Marathon Hamburg 2008
                                                       2007 fand zum ersten Mal eine Triathlon-
Eine Expertise zum Economic Impact des                 Weltmeisterschaft auf deutschem Boden statt.
Hamburg Marathons 2008 der IFM Medien-                 Vom 30. August bis zum 2. September kamen
analysen GmbH aus Karlsruhe11 verdeutlicht             Triathleten aus aller Welt in Hamburg zusam-
den wirtschaftlichen Wert der Veranstaltung            men, um in verschiedenen Wettkämpfen ge-
für Hamburg. Im Rahmen von persönlichen                geneinander anzutreten. Die Triathlonwett-
Vor-Ort- und telefonischen Nachbefragungen             bewerbe, bei denen fast 7 000 Starter aus dem
wurden insgesamt mehr als 500 Teilnehmer               Bereich Breiten- und Spitzensport an den Start
und Besucher des Marathons interviewt.                 gingen, lockten 620 000 Zuschauer an die
                                                       Strecke. Parallel zu den Wettkämpfen wurde
Hierbei sind nur die Personen, die nicht aus           die Veranstaltung von einer Verkaufsmesse
Hamburg kamen, in die Bewertung eingeflos-             sowie einer Begrüßungsveranstaltung und
sen. Aus den Befragungen ging hervor, dass             einer Abschlussfeier begleitet.
die nach Hamburg angereisten Besucher über-
durchschnittlich gebildet, jünger als der Bun-         Eine ähnliche Analyse wie zum Marathon
desdurchschnitt und überwiegend weiblich               wurde anlässlich der Triathlon-Weltmeister-
waren. Sie blieben im Schnitt 2,4 Tage in der          schaft 2007 im Rahmen einer Diplomarbeit
Stadt, kamen aus allen Teilen Deutschlands             an der Universität Mainz durchgeführt.11
und gaben – exklusive Anreisekosten – zwi-             Hierbei wurden wiederum lediglich die Aus-
schen 25 und 200 Euro in Hamburg aus. Dies             gaben von Besuchern betrachtet, die nur we-
ergibt – entsprechend der Angaben gewich-              gen der Triathlon-WM nach Hamburg ge-
tet – hochgerechnet auf alle relevanten aus-           kommen sind und damit der Hamburger
wärtigen Besucher einen ökonomischen Pri-              Wirtschaft einen zusätzlichen Impuls brach-
märimpuls für die Hamburger Wirtschaft                 ten (autonome Ausgaben). Über die Hälfte
durch die Marathon-Besucher, der zwischen              der inländischen Besucher und fast 85 Pro-
10 und 25 Millionen Euro liegt. Hinzu kom-             zent der ausländischen Besucher gaben an,
men die Ausgaben der Teilnehmer in Höhe                ausschließlich wegen der Triathlon-WM nach
von 2,2 bis 3,6 Millionen Euro sowie externe           Hamburg gekommen zu sein. Der durch-
Sponsoring-Einnahmen von 300 000 Euro                  schnittliche inländische Besucher der Triath-
und die Einnahmen aus der Standvermietung              lon-WM war 33,8 Jahre alt, hatte mindestens
an externe Aussteller im Rahmen der parallel           Abitur, und verfügte über ein monatliches
stattfindenden Marathon-Messe von 200 000              Nettoeinkommen von durchschnittlich 1 500
Euro. Natürlich lösen diese Ausgaben ebenso            Euro. Nach Hamburg war er mit dem Pkw ge-
wie Investitionen in Sportinfrastruktur multi-         reist und hat während der 3,3 Tage Aufent-
plikative Prozesse in der Hamburger Wirt-              halt im Hotel oder bei Freunden übernachtet.
schaft aus, wegen des weitgehend konsumti-
ven Charakters der Besucherausgaben aller-             10   Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 19/6530, Anlage 1, S. 3.
                                                       11   Mielke, Nadine: „Reise- und Konsummuster der Besucher
dings in geringerer Höhe. Bei einem konser-                 der Triathlon-Weltmeisterschaften 2007 in Hamburg“,
vativ gewählten Multiplikator von 1,2 ergibt                Universität Mainz, 2008.

18                                               Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs
Die Veranstaltung hat er zusammen mit                            Tennisturnier German Open
Freunden oder der Familie besucht und etwa
235 Euro in Hamburg ausgegeben. Hinzu                            Neben den Wertschöpfungseffekten und den
kommt noch der Teil der An- und Abreisekos-                      damit verbundenen fiskalischen Wirkungen
ten, der in Hamburg anfällt.                                     für die Stadt haben Sportgroßveranstaltun-
                                                                 gen noch einen weiteren öffentlichen Nut-
                                                                 zen: Die Hamburger sind stolz, solche Veran-
                                                                 staltungen in ihrer Stadt auszurichten.

                                                                 Dieser Effekt kann durch die Contingent Va-
                                                                 luation Method13 quantifiziert werden. Erst-
                                                                 mals für den Bereich der Sportveranstaltun-
                                                                 gen hat dies unsere Handelskammer 2010 für
                                                                 das Internationale Tennisturnier German Open
                                                                 am Rothenbaum durchgeführt. Im Rahmen
                                                                 der repräsentativen Umfrage erklärten mehr
                                                                 als 80 Prozent der befragten Bürger, dass sie
                                                                 das Turnier für einen Gewinn für den Stand-
                                                                 ort Hamburg hielten. Nahezu jeder zweite Ham-
                                                                 burger ist bereit, für den dauerhaften Ver-
                                                                 bleib des Traditionsturniers in Hamburg einen
                                                                 finanziellen Beitrag zu leisten. Selbst bei He-
                                                                 rausrechnung der direkten Profiteure des Tur-
                                                                 niers, wie Gastronomen und Hoteliers, be-
                                                                 steht nach der Umfrage die Bereitschaft,
                                                                 durchschnittlich 4,64 Euro für den Verbleib
                                                                 des Turniers zu zahlen (siehe Abbildung 5).
                                                                 Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung
                                                                 Hamburgs ergibt sich eine Zahlungsbereit-
                                                                 schaft für den Erhalt des Turniers am Rothen-
Triathlon in Hamburg                                             baum von circa 8,2 Millionen Euro. Bei An-
                                                                 nahme eines zeitlichen Planungshorizonts
Der durchschnittliche ausländische Besucher                      von zehn Jahren ergibt dies einen jährlichen
der Triathlon-WM war 33,7 Jahre alt, hat min-                    Betrag von 820 000 Euro; dies beziffert den
destens das Abitur und verdiente über 3 000                      öffentlichen Nutzen, den die Stadt durch die
Euro netto im Monat. Nach Hamburg war er                         Ausrichtung des Turniers hat. Tatsächlich un-
mit dem Flugzeug gereist und hat während                         terstützte die Stadt das Turnier bis 2010 jähr-
der 5,54 Tage Aufenthalt in einem Hotel                          lich mit 200 000 Euro, für die Zukunft ist die
übernachtet. Er hat im Schnitt 1 277,90 Euro                     Streichung dieser Unterstützung angekündigt.
für die gesamte WM-Reise ausgegeben, wo-
bei gut 500 Euro für die An- und Abreise an-
fallen. Die Besucher haben der Hamburger
Wirtschaft insgesamt einen Impuls von 215                        12   Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 18/7279, S. 1, außerdem
Millionen Euro zugeführt. Die TV-Bilder der                           haben die „Hamburger Stadtentwässerung“ mit 110 250
                                                                      Euro und „Hamburg Wasser“ mit 110 250 Euro den Triathlon
Veranstaltung gingen im wahrsten Sinne des                            2007 gefördert.
Wortes um die Welt und haben die schönsten                       13   Mit der Contingent Valuation Method, einer Bewertungs-
Bilder von Hamburg verbreitet. Exakte Medien-                         methode, die ursprünglich aus der Umweltökonomie
                                                                      stammt, ist es möglich, eine bestimmte Personengruppe
Äquivalenzwerte liegen jedoch nicht vor –                             nach ihrer hypothetischen Zahlungsbereitschaft zu fragen.
diese dürften aber deutlich höher gewesen                             Dabei handelt es sich immer um Güter, die keinen Preis
                                                                      haben, z. B. wie viel es jemandem wert ist, dass eine bestimmte
sein als beim Marathon 2008. Die Stadt Ham-                           Tierart nicht ausstirbt etc. Diese hypothetische finanzielle
burg hat die Triathlon-Weltmeisterschaft 2007                         Leistung kann als Kontingent bezeichnet werden, woraus
                                                                      sich der Name kontingente Bewertungsmethode ableitet.
direkt und über die Hamburg Marketing GmbH                            Weitere Informationen zur Methodik und zu den Ergebnis-
mit 435 000 Euro unterstützt.12                                       sen der Studie finden sich unter www.hk24.de/tennis.

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs                                                                    19
mittel angewiesen. In diesem
                                                                                Zusammenhang sind die Wert-
                                                                                schöpfungseffekte der 800
                                                                                Hamburger Sportvereine zu er-
                                                                                wähnen. Das vielfältige eh-
                                                                                renamtliche Engagement von
                                                                                Vereinsmitgliedern für den Sport
                                                                                in Hamburg bewirkt eine
                                                                                nachhaltige Entlastung der
                                                                                öffentlichen Haushalte. Eine
                                                                                Quantifizierung dieses Ent-
                                                                                lastungseffekts ist allerdings
                                                                                im Rahmen dieses Papiers
                                                                                nicht zu leisten und ist bis-
                                                                                lang auch durch die Wissen-
                                                                                schaft auf anderer Ebene
                                                                                nicht erfolgt.14
Abbildung 5

                                                        Sport und Gesundheit

III.    Externe Effekte des Sports                      Sport treiben ist gesund und liegt damit im
                                                        Interesse des Einzelnen. Sport – und körperli-
                                                        che Aktivität allgemein – kann eine wichtige
Öffentlicher Nutzen des Sports                          Rolle spielen, um Menschen mit Gewichts-
                                                        problemen zu helfen, die zum Teil auf einem
Aktives Sporttreiben produziert vielfältige po-         Mangel an körperlicher Bewegung beruhen.
sitive externe Effekte, z. B. Gemeinschafts-            Übergewicht und Adipositas sowie eine Viel-
gefühle, geringeres Krankheitsrisiko (dadurch           zahl dadurch bedingter chronischer Erkran-
geringere Aufwendungen im Gesundheits-                  kungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Dia-
system), Vermittlung von sportlichen Werten             betes usw.) haben sich auch in Deutschland
(Leistungsgedanke, Fair Play, Teamwork) und             zu einem größeren Problem entwickelt. Sie
Integrationsgewinne. Auch passiver Sport-               mindern die Lebensqualität, können zum Tod
konsum kann ähnliche Wirkungen haben. So                führen und belasten Gesundheitsbudgets und
können Sportgroßveranstaltungen als Stand-              insbesondere über Fehlzeiten die Wirtschaft.
ort-Marketinginstrumente genutzt werden,                Eine gesunde Bevölkerung liegt daher auch
sie steigern den „civic pride“, können zu mehr          im öffentlichen Interesse.
sportlicher Betätigung motivieren und gene-
rieren Vorbilder für Kinder.

Diese oftmals präventiven Wirkungen des
Sports entlasten das staatliche Budget in
großem Umfang. Der öffentliche Nutzen                   14   Durch Sport können auch externe Kosten entstehen.
durch die Förderung von Gesundheit und                       Sportausübung und Sportveranstaltung haben zweifellos
                                                             einen Effekt auf die Umwelt. Im Sinne einer nachhaltigen
Wohlbefinden, Erziehung, sozialer Eingliede-                 Entwicklung sind solche Effekte zu minimieren. Durch die
rung und Demokratie ist das grundlegende                     stetig zunehmende Kommerzialisierung des Profisports sind
Argument für die öffentliche Unterstützung                   die Versuchungen zur Leistungssteigerung durch verbotene
                                                             Arzneimittel größer geworden. Doping stellt weltweit eine
des Sportsektors. Chancengleichheit und Zu-                  Bedrohung für den Sport dar. Es widerspricht dem Grundsatz
gang zu Sportaktivitäten sollten daher durch                 des offenen und fairen Wettbewerbs. Doping ist ein Demo-
                                                             tivationsfaktor für den Sport allgemein und setzt die Profis
öffentliche Beteiligung gewährleistet werden.                unter unzumutbaren Druck. Doping beschädigt ernsthaft
Während sich manche Sportorganisationen                      das Image des Sports und stellt ein Gesundheitsrisiko für
                                                             den Einzelnen dar. Doping ist daher unter allen Umständen
wirtschaftlich selbst tragen, sind die meisten               zu bekämpfen, damit der Sport seinen vollen öffentlichen
von ihnen nach wie vor auf öffentliche Finanz-               Nutzen entfalten kann.

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Sport und Integration/
demografischer Wandel
                                                                 Best Practice Beispiele:
Der demografische Wandel stellt den Stand-                       Sport und Integration
ort Hamburg vor große Herausforderungen.
Einerseits wird die Bevölkerung im Mittel zu-
nehmend älter. Um diese Herausforderung                          Hamburger Fußball-Verband
anzunehmen, kommt Sport eine Schlüssel-
rolle zu. Ein aktives Sportleben erhält Gesund-                  Der Hamburger Fußball-Verband arbeitet
heit und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter                   bereits seit vielen Jahren an der Schnitt-
und verschafft der so genannten „Silver Ge-                      stelle Sport und Integration. Im Rahmen
neration“ damit bessere Jobaussichten. Hier-                     des HFV-Sportcamps „miteinander statt
von profitieren gleichzeitig Unternehmen,                        nebeneinander“ wird den Jugendlichen
weil dem sich abzeichnenden Fachkräfte-                          nicht sportlicher Ehrgeiz abverlangt, son-
mangel entgegengewirkt wird.                                     dern soziale Kompetenz vermittelt. Außer-
                                                                 dem werden den Jugendlichen Werte wie
Andererseits wird unsere Gesellschaft durch                      Toleranz, Fair Play u. a. auch über das Me-
die demografisch notwendige Migration                            dium Fußball vermittelt. Dabei war von
bunter. Hier verfügt Sport über erhebliches                      Seiten des Fußball-Verbands die Teilnah-
Potenzial als Instrument zur Förderung der                       me von Kindern mit unterschiedlicher kul-
sozialen Eingliederung und des Zusammen-                         tureller Herkunft ausdrücklich erwünscht.
halts in unserer Gesellschaft. Er bietet Bürge-                  Der Hamburger Fußball-Verband arbeitet
rinnen und Bürgern Möglichkeiten zur Inter-                      in Integrationsfragen eng mit dem Deut-
aktion und zur Bildung von sozialen Netz-                        schen Fußball-Bund zusammen und setzt
werken; er hilft Zuwanderern beim Aufbau                         hierbei auch auf die seit 2007 beim Ver-
von Beziehungen mit anderen Mitgliedern                          band angestellte Integrationsbeauftragte.
der Gesellschaft, und er stellt ein Mittel dar,                  Der HFV veranstaltet regelmäßig Sport-
um Benachteiligte, Risikogruppen oder von                        camps mit Kindern im Kletterwald Ham-
Diskriminierung Betroffene zu erreichen.                         burg. Hierbei lernen die Jugendlichen vor
Durch seinen Beitrag zum wirtschaftlichen                        allem einander zu vertrauen.
Wachstum und zur Schaffung von Arbeits-
plätzen kann er außerdem zur Wiederbele-
bung von benachteiligten Gebieten beitra-                        KiezKick
gen. All diese Aspekte machen Sport auch zu
einem Faktor zur Bekämpfung von Gewalt,                          Kiezkick ist eine vom FC St. Pauli mit-
Rassismus und Kriminalität.                                      getragene Fußball-Schule für Kinder und
                                                                 Jugendliche und als eine feste Größe und
Besonders durch den Mannschaftssport sind                        Anlaufadresse im Stadtteil verankert. Die
Vereine in der Lage, Jugendlichen Werte wie                      Flyer und Plakate hängen in den sozialen
Rücksichtnahme, Teamfähigkeit und Disziplin                      Einrichtungen und Schulen des Viertels
zu vermitteln. Unabdingbar für die Ausübung                      aus. Der Fanladen St. Pauli wurde für das
aller Sportarten sind Werte wie Regelakzep-                      Projekt KiezKick-Fußball der Kulturen im
tanz sowie Toleranz gegenüber den Mit- und                       Rahmen der Preisverleihung zum bundes-
Gegenspielern. Nicht nur die Vermittlung von                     weiten Wettbewerb „Teilhabe und Integra-
Werten kann durch den Sport erfolgen, auch                       tion von Migrantinnen und Migranten
das Erlernen von Sprache wird durch den                          durch bürgerschaftliches Engagement“ der
Umgang untereinander erleichtert, weil in                        Stiftung Bürger für Bürger im Roten Rat-
den Sportvereinen Menschen mit unter-                            haus in Berlin mit dem Annerkennungs-
schiedlicher Herkunft zusammenkommen.                            preis Sportprojekt gewürdigt.

Auf Leistung setzen – Der Sport als Wirtschaftsfaktor Hamburgs                                             21
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