HPV-assoziierte Erkrankungen

 
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HPV-assoziierte Erkrankungen
HPV-assoziierte Erkrankungen

                   Sönke Weißenborn

                        Mai 2010

                      Lernziele

HPV
      •   wichtigste assoziierte Erkrankungen u. Haupttypen
      •   Entstehung des Zervixkarzinoms
      •   Diagnostik und Vorsorgeuntersuchungen
      •   Impfstoff (Herstellung, Effizienz)
      •   Einfluss von Immunsuppression

                                                              1
Molekularbiologische und epidemiologische Untersuchungen
  haben gezeigt, daß 15-20% der Krebserkrankungen des
    Menschen eine Spätfolge von Virusinfektionen sind.

  •   Leberzellkarzinom          - Hepatitis-B-oder -C-Virus
  •   Nasopharynxkarzinom        - Epstein-Barr-Virus
  •   Kaposi-Sarkom              - Humanes Herpesvirus 8
  •   Adulte T-Zell-Leukämie     - hum. T-Zell-Leukämievirus 1
  •   Gebärmutterhalskrebs       - Papillomviren
      (Zervixkarzinom)

   2. hä
      häufigste Krebs bei Frauen weltweit
   470.000 neue Fä
                 Fälle u. 230.000 Todesfä
                                  Todesfälle/a
   D. ca. 7000 Fälle; 30% Mortalität

                                                                 2
Human Papillomaviruses (HPV)
Familie:             Papillomaviridae, unbehüllt

Genom:               ds DNA, ~8000bp

Einteilung: >118 Genotypen
     hoch- und niedrig-Risiko-Typen

Infektionen können zu proliferativen
Läsionen führen, die in manchen Fällen                                                                    de Villiers et al., 2004

maligne entarten

  HPV16 Genom (7906 bp)
                                       Wachstums-                      dsDNA
 Onkogene                              stimulation
         E7    Replikation/Transkription   E5        Kapsidproteine
                      E1                             L2

                                     E2                           L1
                                                                              NCR
    E6                                    E4

              1000                3000               5000              7000         bp

  Zielzellen: nur Keratinozyten der Haut und Schleimhaut

  Replikation und Proteinexpression sind streng an den
  Differenzierungsstatus der infizierten Zellen gekoppelt

                                                Str. corneum           Freisetzung v. Virionen

                                                Str. granulosom        reife Virione

                                                oberes                 viele virale Genome (vegitat. DNA Replikation)
                                                Str. spinosum          Expression der Kapsidproteine L1 & L2
                                                                       Expression von E1 - E7
                                                                       Virion-Zusammenbau

                                                unteres                wenige virale Genome - aufrechterh. Replikation
                                                Str. spinosum          Transkription der frühen Gene
                                                                       (E1, E2, E4, E5, E6, E7)

                                                Str. basale            primäre Infektion (Mikroläsionen)
                                                                       sehr wenige virale Genome
                                                                       niedriggradige Transkription der frühen Gene
                                                                       (E1, E2, (E5))

                                                                                                                                     3
HPV Typen in Warzen

  Warzen                                   HPV Typen

  Verrucae vulgares                2, 4, 27, 1, 26-29,
                                   41, 49, 57, 75-77
  Tiefe Plantarwarzen              1, 2, 4, 63
  Mosaikwarzen                     2
  Metzgerwarzen                    7
  Verrucae planae juveniles        3, 10, 28, 29
  Pigmentierte Warzen              4, 60, 65

  Infektion:
  per Kontaktinfektion bzw. Schmierinfektion
  über kleinste Verletzungen der Haut

            Epidermodysplasia verruciformis (EV)
• seltene, autosomal rezessiv vererbte Genodermatose (Mutationen in EVER1
  oder EVER2, 17qtr)

• -> Prädisposition für klinisch apparente Infektionen mit Beta-HPV-Typen

• anfangs Auftreten disseminierter, flacher, warzenähnlicher Effloreszenzen
  (HPV3, HPV10) und rötlicher oder hypopigmentierter Maculae (HPV5, 8, 9,
  12, 14, 15, 17 und 19–25)

• benigne Läsionen verbunden mit 30-60%igem Risiko für die Entwicklung
  von SCC nach 10-30 Jahren

• hohe Kopienzahlen der onkogenen Typen HPV5 and HPV8 (selten HPV14,
  17, 20, 47) in > 90%

• Modell für die virale Onkogenese und nicht-melanozytären Hautkrebs

                                                                              4
HPV in benignen Kopf- und Halstumoren
                               häufig         selten
  Orale Papillome              2,6,11,16      7,57,72,73
  Fokale epitheliale Hyper-    13, 32
  plasie (Morbus Heck)
  Larynxpapillome              6, 11
  Konjunktivapapillome         6, 11
  Nasale Papillome                            6, 11, 57

                       HPV in benignen Anogenitaltumoren

                                       häufig    selten
Condyloma acuminatum                   6,11      2,16,30,40,41,44
        (Feigwarzen)                             45,54,55,61,70
Buschke-Löwenstein Tumor               6,11

CIN, VAIN, VIN, PIN, PAIN              6,11,16, 30,33-35,39,40
                                       18,31 42-45,51,52, 56-
                                                59,61,62,64,66-
                                                74,79,82-86

Infektion:
Hauptsächlich durch
Sexualkontakt
über kleinste
Verletzungen der Schleimhaut

                                                                    5
Papillomaviridae: maligne Tumoren

    Virustypen                  Tumor(en)                 %Virus-positiv
    HPV 16,18 et al.            Zervixkarzinom                      >95
    HPV 6,16,18 et al.          Penis-, Vulvakarzinome              30
    HPV 16,18                   Analkarzinom                        60
    HPV 16,33                   Tonsillenkarzinom                   60
    HPV 2,16,18,27,57           Karzinome der Nase, der Zunge,
                                des Oropharynx, desLarynx           10-60
    HPV 6,11,16                 Lungenkarzinom                   sporadisch
    HPV 16                      periunguale Karzinome               ≈100
    HPV 5,8 et al.              PEC der Haut bei EV                 ≈100
    HPV 15,41 et al.            PEC der Haut bei Immun-
                                supprimierten                       >60

   Progression von HPV-Infektion zu zervikalen
   intraepithelialen Neoplasien (CIN) und Krebs
• Durchseuchung sehr hoch;
15-30% gemäß Einzeltests,
>60% bei wiederholten
Untersuchungen

•10-20% der HPV-positiven
Patientinnen entwickeln
niedriggradige Neoplasien

•
Rolle der Papillomavirus Onkoproteine
             E6 und E7 bei der Onkogenese
    •   Stimulation der Zellproliferation
    •   Verzögerung der Zelldifferenzierung
    •   Verzögerung der Zellalterung
    •   verantwortlich für genetische Instabilität der infizierten Zellen

                                                                E7 bindet pRb

                                                                setzt den Transkriptionsfaktor
                                     E7 pRB
                      E7                                        E2F frei
          E2F-1

           pRB
                                                                unkontrollierte Zell-Proliferation

                       cdk
                                       pRB
                                                    E2F-1       E6 komplexiert mit p53
           p21        cyclin
                                      P   P

           p53                 p53
                                              Stimulation yon   schnelle proteolytische Degradation
                                                myc, pol-αα
                                                myb, etc.       von p53
                               E6
                 E6

                                                                Verlust der Zellzykluskontrolle

                                          HeLa-Zellen
•   menschliche Zellen eines Zervixkarzinoms

•   1951 der Patientin Henrietta Lange entnommen, die 8 Monate später
    verstarb.

•   Zellen mit HPV18 befallen und dadurch zu Tumorzellen entartet.

•   Zellen gut kultivierbar, welt-
    weit in Forschung eingesetzt

•   Hochrechnungen vermuten bis
    heute eine kumulative Zell-
    Masse von mehreren Tonnen

                                                                                                      7
Diagnostik
   Direkter Nachweis

   •      Methoden zum Nachweis von HPV-spezifischer Nukleinsäuren
           guter neg. Vorhersagewert - ohne DNA keine [persistierende] Infektion, ohne diese kein Krebs -
           aber
           schlechter pos. Vorhersagewert - Detektion von DNA erlaubt nicht, auf die Entstehung von Krebs zu
                                                                                                 schließen

   •      Elektronenmikroskopische Methoden

   •      Immunozytochemische Methoden

   Indirekter Nachweis

   •      Serologische Untersuchungen
          schlechter neg. Vorhersagewert - Abwesenheit von Antikörpern bedeutet nicht, dass nicht trotzdem
          Krebs entstanden sein kann
          pos. Vorhersagewert eingeschränkt, da auch zurückliegende Infektionen dargestellt werden.

   •      Zytologische und histologische Methoden (morphologische Methoden)

                                    Pap-Test
                        Vorsorgetest nach Papanicolaou
                          Test/Krebsabstrich (1928)
                   Mortalität -74% in
                   USA 1955-1992
                   60-80% d. Frauen mit
                   CC kein Abstrich

Münchner
Nomenklatur II
 Pap I     Normalbefund
Pap II         entzündliche Veränderungen
Pap III        kontrollbedürftige und nicht einschätzbare Zellbilder
               leichte und mäßig stark ausgeprägte Veränderungen oft HPV
Pap IIID
               bedingt - Kontrolle nach 12 w
               schwere Vorstufen („schwere Dysplasie“,„Carcinoma in situ“)
Pap IVa
               -Klärung durch Histologie nach Kolposkopie oder Konisation
Pap V          akuter Verdacht auf eine bösartige Erkrankung

                                                                                                               8
Basis der prophylaktischen Impfstoffe:
DNA-freie, nicht-infektiöse Virus-like Particles (VLP)

      -Morphologisch u. immunologisch ähnlich nativen Partikeln
      - basieren auf dem L1-Hauptkapsidprotein
      --> hohe IgG-Titer

                        Prä
                        Präventive HPV-
                                   HPV-Impfstoffe

Impfstoff      VLP-
               VLP-       Enthaltene        Adjuvanz       Impf-
                                                           Impf-     EU-
                                                                     EU-Zulassung
(Hersteller)   Quelle     HPV-
                          HPV-Typen                        schema

Gardasil®      Hefe       quadrivalent      Aluminium      0-2-6m    September 2006
(Sanofi        S. cere-
                  cere-   6, 11, 16, 18                    0,5 ml    Mädchen/Frauen
Pasteur                   (20/40/40/20µ
                          (20/40/40/20µg)
Merck Sharp    visiae                                      i.m.      9 - 26 a
Dome)

Cervarix®      Baculo-
               Baculo- bivalent             AS04 =         0-1-6m    September 2007
(GlaxoS
   laxoSmith   virus   16, 18               Aluminium/ 3‘
                                                        3‘- 0,5 ml   Mädchen/Frauen
Kline)         Insekten   (20/20µ
                          (20/20µg)         deacacylated
                                                            i.m.     10 - 25 a
               -zellen                      Monop
                                              onophos-
                                                   hos-
                                            phoryl Lipid A

                                                                                      9
Nebenwirkungen der HPV-
                                        HPV-Impfstoffe

   Nebenwirkung                Gardasil         Placebo               Nebenwirkung                Cervarix       Placebo

   Am Injektionsort            84-87%           77-78%                Am Injektionsort            94%            88%
     Schmerz                   83-85%           75-76%                  Schmerz                   91-93%         78-87%
     Schwellung                25-26%           16%                     Schwellung                34,3%          21,0%
     Rötung                    25%              17-18%                  Rötung                    36-44%         24-28%
   Allgemeinsympt.             61-69%           60-69%                Allgemeinsympt.             86,3%          85,9%
   Autoimmun-                  0,076%           0,031%                neue chronische             1,5-3%         1,7-5%
   krankheit                                                          Krankheit
   Schwere
Gardasil (MSD)                                            Cervarix (GSK)
      (HPV6, 11, 16, 18)                                             (16,18)

  Sehr effizienter Schutz vor den in der Vakzine enthaltenen Typen

       Langanhaltende Immunität > 5 Jahre (10+ wahrscheinlich)

• Es gibt keine klaren Hinweise für Schutz vor Erkrankung durch
  HPV-Typen, die die Geimpfte bereits vor der Impfung infizierten.
• Mit einem oder mehreren Vakzine-HPV-Typen Infizierte wurden
  durch Impfung vor Erkrankung durch die verbleibenden Vakzine-
  HPV-Typen geschützt.
• Für Geimpfte besteht unverändert die Notwendigkeit, an der
  gynäkologischen Krebsfrüherkennung teilzunehmen!

 Die bivalente 16/18 Vakzine bietet partiellen Schutz gegen nah
                     verwandte HPV-
                                HPV-Typen

         Schutz gegen persistierende Infektion (6 m)
         HPV45           0.15%         0.37%       59.9%      2.6-85.2 (p=0.0165)
                         10/6724       25/6747

         HPV31           0.71%         1.11%       36.1%      0.5-59.5 (p=0.0173)
                         47/6615       74/6667

         HPV33           0.46%         0.73%       36.5%      -9.9-64.0 (p=0.0560)
                         31/6702       49/6736

         HPV52           1.21%         1.77%       31.6%      3.5-51.9 (p=0.0093)
                         79/6532       116/6573
         Bei 12 m und 3500-3600 Patienten pro Gruppe waren die Werte nicht mehr signifikant.

                                                                Harper et al., 2006, Roden & Wu, 2006, Paavonen et al. 2007

                                                                                                                              11
Kreuzprotektion durch die quadrivalente HPV-Vakzine
                   vor Infektion und Erkrankung
    durch nicht im Impfstoff enthaltene Hochrisiko-HPV-Typen

                                       Vakzine          Plazebo
                                       (n=1036)         (n=1029)
                                     Fälle   Rate*   Fälle   Rate*   Efficacy (%)     95% CI
    HPV31 oder 45                     41      1,4     73      2,6       45,0        (18.3, 63.4)
    HPV31, 33, 45, 52                109      3,9    148      5,4       27,8        (6.9, 44.2)
    o. 58

    * Fälle pro 100 Personenjahren

                  Unterschiede der Immunogenität zw.
                         Cervarix und Gardasil
•   1106 ges. Frauen zwischen 18 und 45 Jahren; auswertbar Cervarix-Gruppe 370,
    Gardasil-Gruppe 364 Protokolle
•   Messmethode: Pseudovirion-Neutralisationstest (National Cancer Institute)

Cervarix induziert wesentlich höhere Immunantworten, gemessen an Konz.
   neutralisierender Antikörper und Gedächtnis-B-Zellen, als Gardasil.
              - über alle Altersgruppen 2x so hohe Titer neutralisierender Antikörpern
              gegen HPV 16, >6x höher gegen HPV 18

              - durch Cervarix induzierte Gedächtnis-B-Zellen für HPV 16 und 18 fast
              dreimal so hoch wie bei Gardasil (p < 0,0001)

    mögliche Ursache: neues Adjuvanssystem AS04 bei Cervarix

Relevanz hoher Titer unklar, zwar Zusammenhang zw. Antikörperkonz. im Blut und
   Zervikovaginalsekret, jedoch notwendige Höhe für langfristigen, effektiven Schutz
   nicht bekannt.
Gesundheitsökonomisch hohe Immunogenität wünschenswert, damit Booster-Impfung
   erst spät oder gar nicht erforderlich wird.
                                                                                    (Einstein et al., 2009)

                                                                                                              12
Virale Onkogenese bei Transplantierten

    •   non-Hodgkin Lymphom                   (50 x)           - EBV
    •   Kaposi Sarkom                         (500 x)          - HHV8
    •   Vulva-/Analkarzinom                   (100 x)          - HPV
    •   Hepatozelluläre Karzinome             (40 x)           - HBV
    •   Zervixkarzinom                        (15 x)           - HPV
    •   Kutanes Plattenepithelkarzinom        (50-
                                              (50-250 x)       - ?HPV

                    HPV bei Transplantierten

• 25 - 42% haben benigne Warzen 3 a nach TPL

• bis zu 92% haben benigne Warzen 5 a nach TPL

• zunächst meist multiple, therapierefraktäre Warzen an Händen und
Fußsohlen, später oft flache Warzen an UV-exponierten Stellen, die oft
Dyplasien aufweisen und zu PE-Ca entarten können.

• kummulative Inzidenz von nicht-melanozytärem Hautkarzinom (Basaliom u.
Plattenepithelkarzinome) nach 15 a Immunsuppression bei -40% -> 50-
                                                                50-250x

                                    Vulva-/Analkarzinom     100x

                                    Zervixkarzinom          15x

                                                                           13
HPV-
                    HPV-Läsionen bei HIV+
Kutan:
• Multiple, therapierefraktäre Verrucae vulgares bei 3-18%, Hand, Gesicht,
Hals (klass. kutane HPVs)
• Filiforme periorale/faciale Warzen (HPV2, 7, 72, 73 u.a.)
• Flache (peri)orale Warzen (HPV13, 32, 18)
• Ausgedehnte (> 50) EV-ähnliche Eruptionen an UV-exponierten Stellen
  (HPV5, 8, 20)

•   oft Resolution/Besserung unter HAART

Genital/Schleimhaut:
• 2 - 10x häufiger Condylomata acuminata (multiple genitale HPVs, auch
  onkogene Typen)
• häufiger anogenital persistierende Infektionen und CIN
  -> 5-13x höheres Risiko für Entwicklung von Zervixkarzinomen als HIV-
• unter HAART wenig Besserung und Risiko bleibt erhöht

                                                                             14
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