Hybridleichtbau leichtgemacht - Institut für Leichtbau mit ...
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Hybridleichtbau leichtgemacht. Am Institut für Leichtbau mit Hybridsystemen (ILH) der Universität Paderborn forschen mehr als 170 Wissenschaftler*innen an neuartigen Leichtbautechnologien. Im Rahmen des HyOpt Projektes widmet sich ein Team aus ILH Forscher*innen und Industrieunternehmen der Entwicklung eines automatisierten Ansatzes zur Auslegung und Fertigung von hybriden Mehrschichtverbunden mit maßgeschneiderten Funktionseigenschaften. Erneuerbare Energien und eine Steigerung der Aluminiumlegierungen eine wichtige Rolle bei der Energieeffizienz sind wesentliche Handlungsfelder Entwicklung sicherer und leichter Karosserie- heutiger Maßnahmenpläne zur Reduktion von strukturen. Doch die hohe Dichte von Stahl sowie der Treibhausgasemissionen. Beim Letzterern steht verhältnismäßig niedrige E-Modul von Aluminium insbesondere der Leichtbau im Fokus, denn durch limitieren das Leichtbaupotential dieser Werkstoff- eine Gewichtsreduktion und Funktionsintegration klassen. Eine Alternative zu Metallen bilden kann dieser zur Einsparung von Ressourcen und Faserverbundkunststoffe (FVK), die durch ihre Verringerung von Emissionen beitragen. Eine herausragenden Leichtbaueigenschaften zu- Maßnahme, die zukünftig immer mehr an Bedeutung nehmend in den Fokus der Automobilhersteller gewinnen wird, denn vor dem Hintergrund einer gerückt sind. Jedoch begrenzen hohe Werkstoff- und raschen Industrialisierung von Schwellenländern Produktionskosten sowie eine komplexe Bauteil- sowie eines ununterbrochen hohen Konsums in auslegung den Einsatz von FVK zumeist auf entwickelten Märkten kommt es bis 2060, so die Fahrzeuge des Premiumsegments. Eine aktuelle Prognose der Organisation für wirtschaftliche Studie des HyOpt Projektes ergab, dass bei lediglich Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zu einer 16 von 138 analysierten Karosserien Bauteile aus nahezu Verdopplung des weltweiten Rohstoffbedarfs Faserverbundkunststoffen verbaut wurden. Der [1]. Gewichtsanteil von FVK pro Karosserie liegt dabei im Durchschnitt unterhalb von 2 Prozent. Einen nicht zu vernachlässigenden Faktor für die Ressourcenbindung stellt auch zukünftig der Einen Paradigmenwechsel verspricht der motorisierte Indivduallverkehr dar. Zwar bildet die Hybridleichtbau, der durch eine gezielte Kombination Elektromobilität in Verbindung mit erneuerbaren von Metall und FVK hohe gewichtsspezifische Energiequellen eine Schlüsseltechnologie zur Bauteileigenschaften zu wirtschaftlich vertretbaren Senkung der Treibhausgasemissionen im Mehrkosten beabsichtigt . Beispiele aus der Praxis Verkehrssektor, doch aufgrund der schweren belegen, dass Gewichteinsparungen durch eine Antriebsbatterien und hohen Sicherheits- gezielte Anpassung der Beanspruchbarkeit anforderungen bringen heutige Elektrofahrzeuge dünnwandiger Hohlstrukturen mittels lokaler FVK- nicht selten mehr als zwei Tonnen auf die Waage, Verstärkungen auch unter Serienbedingungen erzielt wodurch neue Leichtbauansätze mehr denn je werden können. Der hybride Dachquerträger des gefragt sind. Audi A6 von 2004 gilt als Vorreiter auf diesem Gebiet. Heute kommen hybride Strukturen speziell bei Aufhebung von Nachteilen durch Karosserien von BMW zum Einsatz, wie Werkstoffkombinationen beispielsweise im 7er, 8er oder auch bei dem Der Bedarf nach leichteren Werkstoffen führte neusten E-Fahrzeug von BMW, dem iX. Porsche innerhalb der vergangenen Jahre zu einer setzt bei dem aktuellen Modell des 911 Cabrio bedeutenden Weiterentwicklung konventioneller ebenfalls auf eine A-Säule in Hybridbauweise. Tesla Konstruktionswerkstoffe. Insbesondere spielen hingegen nutzt die Vorteile des Hybridleichtbaus bei hoch- und höchstfeste Stähle sowie moderne Fahrwerksteilen des Model 3, X und Y. 1
Hybride Mehrschichtverbunde Toolbox, die dem Design und der Herstellung neuer als neuartige Werkstoffklasse Hybridwerkstoffe dient. Getreu dem Kredo „der Einen konsequenten Schritt zur Erschließung richtige Werkstoff an der richtigen Stelle“ wird das weiterer Leichtbaupotentiale bilden die aus der Luft- Eigenschaftsprofil des zu entwickelnden Werkstoffes und Raumfahrt bekannten Mehrschichtverbunde. direkt aus Simulationen abgeleitet und berücksichtigt Diese kombinieren Werkstoffe mit unterschiedlichen neben den Strukturanforderungen an das fertige Eigenschaften zu einem flächigen Halbzeug und Bauteil auch Fertigungsrestriktionen an das stellen eine besondere Ausprägung des hybriden umzuformende Halbzeug. Die Vorteile dieser Leichtbaus dar. Der wohl bekannteste Vertreter Strategie liegen in der einfachen Handhabung des dieser Werkstoffklasse - Glare - kommt als Verbund Prozesses sowie in der Nutzung bereits aus der Blechumformung bewährter Anlagentechnik. Die erzielbare Senkung gegenüber konventionellen Blechformteilen liegt dabei zwischen 25 bis 30 %. Die konsequente Übertragung des Multi-Material- ansatzes auf die Halbzeugebene erfordert jedoch eine ganzheitliche Betrachtung des Werkstoff- verbundes. Hierzu zählen neben den Grund- werkstoffen auch entsprechende Oberflächen- eigenschaften und Haftvermittlersysteme, öko- logische Aspekte, Wirtschaftlichkeit und gesell- schaftliche Akzeptanz, welche innerhalb von mehreren Querschnittsprojekten von den Wissen- Fig. 1 Einsatz von Glare (gelb) im Rumpfbereich des Airbus schaftler*innen entsprechend adressiert werden. A380, aus [1] aus mehreren alternierenden Schichten aus Von der Simulation zum Aluminium und glasfaserverstärktem Kunststoff für Werkstoffverbund große Rumpfbereiche des Airbus A380 zur Im Rahmen der CAE Prozess- und Anwendung, siehe Fig. 1. Ein direkter Methodenentwicklung wird in der Arbeitsgruppe Technologietransfer in die Automobilfertigung ist Leichtbau im Automobil (LiA) die ganzheitliche jedoch nicht ohne weiteres möglich, da die Auslegung von Hybridwerkstoffen erforscht. notwendigen Fertigungstechnologien und Ausgehend von der Endgeometrie und den Prozesszeiten den automobiltypischen Kosten- und vorgegebenen Randbedingungen kann zunächst mit Taktzeitvorgaben nicht genügen. Zudem bringt die Hilfe von numerischen Optimierungsalgorithmen aus Kombination von Werkstoffen mit teils konträren der Struktursimulation eine optimale Material- Eigenschaften neue Herausforderungen für den verteilung für die hybriden Mehrschichtverbunde werkstoffgerechten Bauteilentwurf. ermittelt werden. Das umformtechnische Verhalten der werkstoffseitig optimierten Halbzeuge ist Der HyOpt Ansatz allerdings zunächst noch unbekannt. Deshalb wird Um die Vorzüge hybrider Mehrschichtverbunde anschließend die Umformbarkeit der hybriden zukünftig auch für Automobilanwendungen Werkstoffkombinationen evaluiert. Im iterativen zugänglich zu machen, widmet sich das Optimierungsprozess wird durch die Auswahl von interdisziplinäre Forschungsprojekt HyOpt der Materialverteilung und Faserorientierungswinkeln optimierungsbasierten Entwicklung von flächigen ein - hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften Hybridwerkstoffen. Das HyOpt Projekt, welches im und der Umformbarkeit - optimales hybrides Mai 2019 am Institut für Leichtbau mit Halbzeug entworfen. Hybridsystemen gestartet ist und bis Mitte 2022 aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen und der Auf Grund der hohen Anzahl an möglichen Europäischen Union gefördert wird, setzt sich als Ziel Werkstoffparametern und strukturellen Lastfällen den anforderungsgerechten Leichtbau mit erfolgt die werkstoffseitige Auslegung mithilfe von verschiedenartigen Werkstoffen durch numerische Optimierungsalgorithmen und künstlichen Verfahren und Automatisierung voranzutreiben. neuronalen Netzen. Durch die effizienten Dafür entwickelt das Projektkonsortium eine numerischen Verfahren kann der Auslegungs- 2
prozess signifikant beschleunigt und automatisiert Angepasste Fertigungstechnik werden. Die Bewertung der Umformbarkeit erfolgt Am Lehrstuhl für Umformende und Spanende mit der Finite-Elemente-Methode (FEM), welche Fertigungstechnik (LUF) wird im Rahmen des heutzutage ein weit verbreitetes Werkzeug in der Forschungsvorhabens HyOpt ein kombinierter Umformsimulation darstellt. Ausgehend von der Umform- und Aushärteprozess zur Herstellung von Endgeometrie erfolgt die Ermittlung der Bauteilen aus hybriden Platinen, basierend auf Faser abgewickelten Platine. Hierzu wird eine Metall Laminaten (FML), entwickelt. Diese flächigen eigenständige inverse FE-Methodik entwickelt, die Hybridplatinen bestehen dabei aus zwei dünnen die Orientierung von Fasern in der Endgeometrie Stahldeckblechen und einem Kern aus prognostiziert und somit Aussagen über die unidirektionalem CFK-Prepreg (-Lagen) mit duro- Umformbarkeit von hybriden Werkstoffsystemen merem Matrixsystem. Die umformgerechte trifft. Zur Vermeidung von Umformfehlern, wie Auslegung der Faser Metall Laminate und die Faltenbildung oder Materialversagen, werden die Entwicklung die für deren Weiterverarbeitung Faserorientierungen in umformkritischen Bereichen notwendigen Fertigungsprozesse ist für die der einzelnen Laminatschichten angepasst, siehe Herstellung hochfester, genauer und Fig. 2. Die umformtechnisch optimierten Faserlagen kosteneffizienter Bauteile von essentieller werden in einem automatisierten Faser-Ablegungs- Bedeutung. Dabei stehen oftmals die Betriebs- Verfahren anschließend auf den Blechplatinen anforderungen der Hybridbauteile in Konflikt mit den abgelegt. Die einzelnen Teilaspekte der umformtechnischen Fertigungsanforderungen. ganzheitlichen optimierungsbasierten Auslegung von Hybridwerkstoffen werden letztendlich in einer Die umformtechnische Fertigung von Hybrid- benutzerfreundlichen Software zusammengeführt – bauteilen aus Faser Metall Laminaten hat je nach der HyOpt App. Die Software wird dabei so Spannungszustand unkontrollierte Faser- konzipiert, dass die Eingabe keine speziellen verzerrungen und -verschiebungen, Stauchung von Anwenderkenntnisse benötigt und die einzelnen Fasern und Fasersträngen sowie Extrusion des Funktionen im Hintergrund ablaufen. Die Matrixmaterials der CFK-Patches (Prepeg) zur gewonnenen Forschungsergebnisse können somit Folge. Diese Verformungsmechanismen führen zu einem breiten Anwenderkreis zur Verfügung gestellt verschiedenen Schadensfällen, in der Regel zu einer werden. ausgeprägten Faltenbildung auf der Innenseite des umgeformten Hybridbauteils. Um diesen entgegenzuwirken, werden die Einflüsse von wesentlichen Prozessparametern auf das Umformverhalten von FML-Platinen erforscht sowie im Rahmen des Prozessdesigns verschiedene Maßnahmen entwickelt und realisiert. Zum einen werden daher vorteilhafte Patchgeometrien entwickelt, die sich durch multiple Faserausrichtungen auszeichnen. Hierfür werden bspw. die Fasern der CFK-Patches in Abhängigkeit vom Spannungszustand in der Umformzone ausgerichtet. Diese Patchdesigns ermöglichen somit eine Steuerung des Materialflusses und der Faserverschiebung während des Umformprozesses. Durch Einsatz sogenannter Zwischenelemente, die eine ungewollte Verringerung des Abstandes der Deckbleche verhindern sollen, kann zum anderen ein weiteres limitierendes Problem, die Extrusion des Matrixwerkstoffes wirkungsvoll verhindert werden. Fig. 2 Ablauf zur ganzheitlichen optimierungsbasierten Entwicklung von Hybridwerkstoffen (© LiA, Universität Der Einsatz von prozessspezifischen Paderborn) Zwischenelementen und die Entwicklung von belastungsorientierten Patchdesigns haben bspw. 3
Fig. 3 Links: umgeformter Hybridverbund ohne gesonderte Maßnahmen, Rechts: Umformergebnis eines hybriden Mehrschichtverbunds mit HyOpt Technologie vor dem Besäumen (© LUF, Universität Paderborn) eine signifikante Verringerung der Faltenbildung zur reversible Vernetzung. Der Ansatz sieht vor, das Folge und die Form und Maßgenauigkeit der Cross-Linking zwischen dem Epoxidharz und dem hybriden Bauteile nehmen deutlich zu, siehe Fig. 3. Härter über die sogenannte „Click-Chemie“ zu steuern. Schwerpunkt ist die Herstellung neuartiger Schließlich wird gemeinsam mit der Firma ESM aminische Härter. GmbH & Co. KG an einer automatisierten und robotergeführten Fertigung der maßgeschneiderten Fig. 4 zeigt schematisch ein Epoxidmonomer sowie Hybridhalbzeuge geforscht, die eine industrielle und einen konventionellen Härter. Die Epoxidringe des wirtschaftliche Nutzbarkeit des Verfahrens Epoxidharzes werden durch ein H-Atom des sicherstellen soll. aminischen Härters, bei Temperaturen zwischen 120 °C und 160 °C, geöffnet, sodass eine Klick-Chemie als Ansatz zur Additionsreaktion erfolgen kann (Fig. 4b). Anders als Entwicklung maßgeschneiderter bei herkömmlichen Härtern wird am CMP ein Härter Matrix- und Klebstoffsysteme entwickelt, der aus zwei aminbasierten Komponenten besteht, die in einer Click-Chemie Werden artverschiedene Werkstoffe zu einem thermoreversibel verbunden oder getrennt werden flächigen Hybridwerkstoff miteinander verbunden, so können. Realisiert wird dieser Ansatz durch eine wird vor allem auf das Kleben als Fügetechnologie chemische Ringschlussmethode die als Diels-Alder- zurückgegriffen. Klebstoffe leisten in der Entwicklung Verknüpfung bekannt ist. von Leichtbaustrukturen einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtperformance des Bauteils. Werden Furane und Maleimide stellen für die Click-Chemie solche Sandwichlaminate zu einem Bauteil geeignete funktionelle Gruppen dar. Um die umgeformt, wirken anisotrope Kräfte, durch gezielte Fließfähigkeit einzustellen werden im Projekt Strukturverformung, auf das Bauteil ein. In Zonen mehrfach funktionalisierte Maleimide hergestellt die hoher Flächenpressung wird der Klebstoff, zwischen vielen Verknüpfungspunkte gleichzeitig öffnen und den Komponenten, in Bereiche niedriger wieder schließen können. Wird der hybride Werkstoff Flächenpressung verdrängt. Dies führt letztendlich nun bei Temperaturen zwischen 120 °C und 160 °C zu inhomogenen Wandstärken des Bauteils und umgeformt, können die Verknüpfungspunkte schnell erhöht das Risiko der Faltenbildung. Um diesen in einer Retro-Diels-Alter-Reaktion geöffnet und nach negativen Effekt entgegenzuwirken widmet sich der dem Umformen bei Temperaturen unterhalb wieder Arbeitskreis Coatings, Materials and Polymers geschlossen werden. So erhält das Epoxidharz bei (CMP) der Entwicklung von Klebstoffen mit Raumtemperatur die Eigenschaften eines einstellbarer Fließfähigkeit durch thermisch duroplastischen Systems mit dem Vorteil, der 4
thermischen Erweichung bei Temperaturerhöhung. Je mehr Verknüpfungsunkte ein Mutli-Maleimid zur Die Einstellung der Fließfähigkeit über die Click- Bindung bereitstellt, desto mehr Verknüpfungen Chemie ist auch für die polymere Matrix von können zeitgleich an einem Verknüpfungspunkt Faserverbunden wichtig. Sie kann das Fasergleiten gebildet oder gelöst werden. Dies kann die während eines Umformprozesses positiv Vernetzungs- und Trennrate erhöhen. Vorstellbar beeinflussten. sind Strukturen mit bis zu sechs Maleimideinheiten wie Fig. 5c zeigt. Die Kettenlänge, die die Um den Härter effizient in der Verknüpfung Maleimideinheit mit dem Zentrum des Multi- auszulegen ist es vorteilhaft Maleimid-Strukturen Maleimids aufweist, kann entscheidend die einzusetzen, die mehr als eine Maleimideinheit Fließfähigkeit beeinflussen. Auf diese Weise lässt aufweisen. Die Verfügbarkeit solcher Maleimide ist sich ein thermoplastisches Harz während der Umformung erreichen das duroplastische Eigenschaften bei Raumtemperatur aufweist. Gradierte Oberflächen Die Verarbeitung von Hybridwerkstoffen durch umformende Fertigungsverfahren kann durch eine gradierte Oberflächenstrukturierung der metallischen Komponente mit Verfahren wie Anodisieren, Laserstrukturieren oder Sandstrahlen optimiert werden. Durch Variation der Prozessparameter lassen sich verschiedene Oberflächenstrukturen auf Mikro- und Nanoebene erzeugen, die wiederum in unterschiedlichen Materialeigenschaften resultieren. Beispielsweise kann so beim Tiefziehen das Fließverhalten zwischen Stahl und Faserverbundkunststoff beeinflusst werden. Der Lehrstuhl für Werkstoffkunde (LWK) entwickelt im Rahmen des HyOpt-Projekts verschiedene Prozessstrategien zur gezielten Gradierung der Oberflächenstrukturierung. Dies geschieht in experimentellen Studien, in denen auch die Zeiteffizienz der Verfahren und die Entstehung von Materialverzug durch fertigungsbedingte Eigenspannungen berücksichtigt werden. Fig. 4 Mechanismus der thermoreversiblen Vernetzung von In einer eigens für das Projekt entwickelten Anlage Klebstoffen. a) Epoxidmonomer und Diamin (konventioneller können verzinkte Stahlbleche mit Abmessungen von Härter). b) Vernetzung der Monomere über das Diamin in einer Additionsreaktion. c) Neuentwicklung eines thermoreversibler bis zu 640 x 380 mm² anodisiert werden. Als Härters. d) Vernetzung des neuen Härters mit den Ergebnis des Anodisierens bildet sich auf der Epoxidmonomeren und die reversible Verknüpfung. (© CMP, Blechoberfläche bereits nach wenigen Minuten eine Universität Paderborn) poröse Zinkoxidschicht (Fig. 6). Diese Schicht besitzt jedoch begrenzt und industriell unerschwinglich. Das hervorragende Benetzungseigenschaften und eignet CMP widmet sich der Entwicklung kosten sich daher sehr gut für das adhäsive Fügen mit erschwinglicher Vernetzersysteme. Ein am CMP faserverstärkten Kunststoffen. Um gradierte entwickeltes Bismaleimid ist das BMMP88 Oberflächeneigenschaften zu erzeugen, ist es (Bismaleimidomethylpentan). Fig. 5 zeigt die notwendig, die Ausprägung dieser Zinkoxidschicht Vernetzung des BMMP88 mit zwei Furfurylaminen. über die Oberfläche variieren zu können, was durch In einer Diels-Alder-Reaktion ([4+2]-Cycloaddition) die Weiterentwicklung der Anlage ermöglicht werden bilden sie unter Sechsringbildung neue soll. Kohlenstoffbindungen aus. 5
Fig. 6 a) Mechanismus der Diel-Alder- und retro-Diels-Alder Reaktion am Beispiel von einem am CMP entwickeltem Bismaleimid (BMMP88). b) Pulverförmiges Bismaleimid (BMMP88). c) Multi-Maleimid (Hexa(4-maleimidophenoxyl)-cyclotriphosphazen. (© CMP, Universität Paderborn) Eine bereits etablierte Methode der die Entwicklung gradierter Oberflächenbehandlung ist die Laserstrukturierung Oberflächenstrukturierungen mittels Sandstrahlen mit Pulslasern, welche in Zusammenarbeit mit der Firma Clean-Lasersysteme GmbH weiterentwickelt wird. Bei diesem Verfahren wird durch kurzes Aufschmelzen und Wiedererstarren sowie Verdampfen und Deposition des Grundmaterials eine völlig neue Oberflächenstruktur erzeugt, wie in Fig. 7 dargestellt. Fig. 7 Stahloberfläche nach dem Laserstrukturieren. (© LWK, Universität Paderborn) ein. Dabei wird als Strahlmittel scharfkantiger Edelkorund eingesetzt. Aktuell wird der Einfluss des Strahldrucks und der Körnung auf die Oberflächenstrukturierung, die daraus abgeleiteten Hafteigenschaften und den möglicherweise Fig. 5 Poröse Zinkoxidschicht nach dem Anodisieren. (© LWK, entstandenen Materialverzug evaluiert. Universität Paderborn) Auch die Hafteigenschaften von zeiteffizient Zusammenfassung und Ausblick Die im Rahmen des HyOpt Projektes entwickelte laserstrukturierten Oberflächen werden im Rahmen Auslegungs- und Prozesstechnik machen die des Projekts umfassend untersucht. Die Vorzüge hybrider Mehrschichtverbunde auch für Scangeschwindigkeit bei der Laserstrukturierung Anwendungen außerhalb der Luft- und Raumfahrt liegt zwischen 1,5 m/s und 42 m/s. Das gezielte zugänglich und heben das Leichtbaupotential von Einstellen von Ausgangsleistung und Pulsfrequenz Umformteilen auf ein neues Niveau. Dabei lassen ermöglicht eine präzise Gradierung der sich mit den neuartigen Hybridverbunden neben der Hafteigenschaften bei gleichbleibender Zeiteffizienz. Automobilindustrie auch alle anderen Märkte Als weiterer Projektpartner bringt die Firma D&S erschließen, die von leichten Bauteilen profitieren. Sandstrahltechnik GmbH & Co. KG ihr Wissen über Eine zentrale Anforderung an neue 6
Leichtbautechnologien ist dabei neben dem steht im Vordergrund aller Entwicklungen die Gewichtsvorteil auch die Kosteneffizienz und eine Prämisse, dass die Anwendung keine speziellen einfache Prozesshandhabung, denn kostengünstige Kenntnisse voraussetzt und die einzelnen und anwenderfreundliche Leichtbaulösungen Technologien einfach anzuwenden sind. Leichtbau versprechen einen flächendeckenden Einsatz und leicht gemacht – für die Praxis! folglich weitreichende Emissionssenkungen. Daher Autor*innen: Katja Engelkemeier, M.Sc. | Coatings, Materials & Polymers (CMP) Dipl.-Ing. Thomas Heggemann | Lehrstuhl für Spanende und Umformende Fertigungstechnik (LUF) Hüseyin Sapli, M.Sc. | Lehrstuhl für Spanende und Umformende Fertigungstechnik (LUF) Dietrich Voswinkel, M.Sc. | Lehrstuhl für Werkstoffkunde (LKW) Marcel Triebus, M.Sc. | Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil, (LiA) Moritz Ostermann, M.Sc. | Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil, (LiA) Alan A. Camberg, M.Sc. | Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil, (LiA)| Am Projekt beteiligte Partner sind neben den Bereichen Leichtbau im Automobil (LiA), Werkstoffkunde (LWK), Umformende und Spanende Fertigungstechnik (LUF) Coatings, Materials & Polymers (CMP) sowie Technik & Diversity (T&D) der Universität Paderborn die Unternehmen D&S Holding GmbH aus Paderborn sowie ESM GmbH & Co. KG aus Borgentreich. Assoziierte Projektpartner sind thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, ERICHSEN GmbH & Co. KG, Hemer, Clean-Lasersysteme GmbH, Herzogenrath, und Kraiburg GmbH & Co. KG aus Waldkraiburg Weitere Informationen: www.hyopt.de Dieses Projekt wird durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Literatur [1] OECD (2019), Global Material Resources Outlook to 2060: Economic Drivers and EnvironmentalConsequences, OECD Publishing, Paris. [2] https://www.flightglobal.com/creating-a-titan/60787.article 7
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