IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln

Die Seite wird erstellt Lena Barth
 
WEITER LESEN
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
IMPULSE
                       Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln

                               Sport WISSENSCHAFT
                               Themen: Sport und Isolation | EMS-Training | Uni in
| 01 | 2020 | JUNI |

                               der Klinik | Homo-/Transphobie im Sport | Polizeiliches
                               Einsatztraining | Gesellschaftstheorie
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
SEI STÄRKER
                                                                                                                                                             VORWORT

      ALS DEINE
STÄRKSTE AUSREDE!                                               Liebe Leserin, lieber Leser,
Sport macht glücklich, fit und hält gesund. Wann startest du?
                                                                die Corona-Pandemie hat auch uns vor große Her-            Kaderathlet*innen zu evaluieren und so eine wissen-
                                                                ausforderungen gestellt. Innerhalb von kurzer Zeit         schaftliche begründete Implementierung dieser Trai-
                                                                musste ein „Hybrid-Semester“ mit Online- und streng        ningsmethode auf hohem Leistungsniveau zu ermög-
                                                                reglementierten Präsenzveranstaltungen organisiert         lichen.
                                                                werden. Durch die konsequente Umsetzung von Home-
                                                                office waren viele gefordert, sich auf andere Arbeits-     Homo- bzw. Transphobie im Sport ist nach wie vor
                                                                formen einzulassen und so die Funktionsfähigkeit der       weit verbreitet. Das zeigt eine Studie des Instituts für
                                                                Sporthochschule in allen Kernbereichen sicherzustel-       Soziologie und Genderforschung. Es ist das erste eu-
                                                                len. Viele Mitarbeiter*innen waren dabei enormen Be-       ropäische Projekt, dass Diskriminierung aufgrund der
                                                                lastungen ausgesetzt, insbesondere, wenn gleichzeitig      sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität
                                                                familiäre Verpflichtungen zu stemmen waren. Ich freue      im Sport untersucht. Studienleiterin Professorin Ilse
                                                                mich sehr, dass es trotz dieser Umstände gelungen ist,     Hartmann-Tews erläutert im Interview die wichtigsten
                                                                das vorliegende Wissenschaftsmagazin „Impulse“ zu          Ziele, Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projek-
                                                                realisieren und mit sehr interessanten Beiträgen zu        tes.
                                                                füllen.
                                                                                                                           Das Institut für Pädagogik und Philosophie beschäftigt
                                                                Dass ein wissenschaftliches Nischenthema aufgrund          sich mit grundsätzlichen Fragen nach unterschiedli-
                                                                der aktuellen Entwicklung plötzlich für viele Menschen     chen Verständnissen von Sport, Spiel und Bewegung,
                                                                relevant wird, zeigt der erste Beitrag. Seit vielen Jah-   vor allem in modernen Gesellschaften. Doch was ist
                                                                ren beschäftigen sich Wissenschaftler*innen des Ins-       die Gesellschaft? Und welche Theorie steckt dahinter?
                                                                tituts für Bewegungs- und Neurowissenschaft mit den        Diesen Fragestellungen wird im fünften Beitrag auf den
                                                                Auswirkungen von Sport auf die mentale Leistungsfä-        Grund gegangen. Der Titel: Niklas Luhmann und die
                                                                higkeit in Isolation. Der Übersichtsartikel beleuchtet     Rückkehr der Gesellschaftstheorie.
                                                                verschiedene Aspekte zu den positiven Effekten von
                                                                Sport und Bewegung auf die mentale Gesundheit.             Auf den Ernstfall vorzubereiten ist das Ziel von po-
                                                                                                                           lizeilichem Einsatztraining. Zu real erlebten Kon-
                                                                Forschungsgeleitete Lehre und Praxisbezug sind wich-       flikten im Einsatz befragt, gaben jedoch 20 von 21
                                                                tige Elemente unserer Studiengänge. Wie sich diese         Bundespolizist*innen an, nicht angemessen vorbe-
                                                                miteinander verzahnen lassen, zeigt der zweite Beitrag     reitet gewesen zu sein. Im letzten Beitrag unseres
                                                                aus dem Institut für Bewegungs- und Sportgeronto-          Wissenschaftsmagazins lesen Sie Ergebnisse einer
                                                                logie. In Kooperation mit der LVR-Klinik Köln können       trainingspädagogischen Interventionsstudie zur Wir-
                                                                Studierende des Masterstudiengangs Sport- und Be-          kung zweier unterschiedlicher Vermittlungskonzepte
                                                                wegungsgerontologie ein Wahlmodul in der Klinik            – durchgeführt von der Abteilung Trainingspädagogik
                                                                absolvieren. Ein Ziel der Zusammenarbeit ist es, die       und Martial Research in Zusammenarbeit mit der Hoch-
                                                                Studierenden praxisnah auf eine Tätigkeit als klinische    schule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW.
                                                                Wissenschaftler*innen vorzubereiten.
                                                                                                                           Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre.
                                                                Seit 2006 setzen sich Wissenschaftler*innen der Ar-        Bleiben Sie gesund!
                                                                beitsgruppe Kraftdiagnostik und Bewegungsforschung
                                                                des Instituts für Trainingswissenschaft und Sportin-
                                                                formatik in zahlreichen Studien mit den Effekten von
                                                                Ganzkörper-Elektromyostimulation im Rahmen von
                                                                Trainingsinterventionen auseinander. Basierend auf
                                                                den Erkenntnissen wurde nun eine Studie mit dem Ziel       Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder
                                                                durchgeführt, die gewonnenen Erkenntnisse auch mit         Rektor

sportdeutschland.de
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
INHALT

                                                                                                                                                                       News.................................................................46

                                          06
                                     Ganz allein?
                                                                                                                                                                       +++ Natursportinfo 2.0 – Das Institut für Out-
                                                                                                                                                                       door Sport und Umweltforschung und das
                                                                                                                                                                       Bundesamt für Naturschutz bringen eine
                                                                                                                                                                       neue Online-Plattform an den Start +++
                              Was Weltraummissionen,
                                                                                                                                                                       Covid-19 – Eine neue Studie des Instituts für
                        Antarktisüberwinterungen und                                                                                                                   Kreislaufforschung und Sportmedizin unter-
                          COVID-19 gemeinsam haben                                                                                                                     sucht die Auswirkungen einer überstande-
                                                                                                                                                                       nen Covid-19-Infektion bei Athlet*innen +++
                                                                                                                                                                       Profi-Fußball – Eine Studie des Instituts für
                                                                                                                                                                       Trainingswissenschaft und Sportinformatik zu
                                                                                                                                                                       geschlechtsspezifischen Unterschieden zeigt:
                                                                                                                                                                       Es gibt keine Unterschiede in der taktischen
                                                                                                                                                                       Leistungsfähigkeit zwischen Frauen und Män-
                                                                                                                                                                       nern +++ Noch mehr News und aktuelle Infos
                                                                                                                                                                       zur Deutschen Sporthochschule gibt es im For-
                                                                                                                                                                       schungsnewsletter und Spoho-Blog +++

                                                                                            28                                                                         Impressum

14
Uni in der Klinik
                                                                                            Outsport – Ein Interview
                                                                                            zur ersten flächendeckenden europäischen Studie zu
                                                                                                                                                                       IMPULSE
                                                                                                                                                                       Das Wissenschaftsmagazin der
                                                                                                                                                                       Deutschen Sporthochschule Köln
                                                                                            Homo-/Transphobie im Sport                                                 1/2020, 25. Jahrgang
Forschung in der klinischen
Gesundheitsversorgung Älterer                                                                                                                                          Herausgeber
                                                                                                                                                                       Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder
                                                                                                                                                                       Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln

                                                                                                                                                                       Redaktion
                                                                                                                                                                       Deutsche Sporthochschule Köln,
                                                                                                                                                                       Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung, Abt.
                                                                                                                                                                       Presse und Kommunikation
                                                                                                                                                                       Am Sportpark Müngersdorf 6, 50933 Köln

                                                                                                                                                                       Telefon: 0221 4982-3440
                                                                                                                                                                       Fax:     0221 4982-8400
                                                                                                                                                                       E-Mail: presse@dshs-koeln.de

                                                                                                                                                                       Redaktionsleitung: Sabine Maas
                                                                                                                                                                       Redaktion und CvD: Lena Overbeck
                                                                                                                                                                       Layout: Sandra Bräutigam

                                                                                                                                                                       Druckerei
                                                                                                                                                                       DFS Druck Brecher GmbH, www.dfs-pro.de

                                                                                                                                            38                         ISSN-Nr.
                                                                                                                                                                       2192-3531

 34                                                                                                                                         Einsatztraining            Cover:

                                                                       20
                                                                                                                                            bei der Polizei            ESA/IPEV/PNRA-M. Buttu

 Was ist die Gesellschaft?                                                                                                                  Lineare versus             Eine PDF- und Online-Version finden Sie unter:
 Niklas Luhmann und die Rückkehr der                                                                                                        nichtlineare Vermittlung   www.dshs-koeln.de/impulse
 Gesellschaftstheorie                                           EMS-Training
                                                                                                                                                                       In dieser Publikation wird aus Gründen einer bes-
                                                       Aktuelle Ergebnisse aus dem                                                                                     seren Lesbarkeit teilweise nur die männliche Form/
                                                                                                                                                                       Ansprache verwendet. Dies soll ausdrücklich nicht
                                                            (Hoch-)Leistungssport                                                                                      als Diskriminierung von Frauen verstanden werden.

 4                                                                                   IMPULSE | 01 | 2020                                                                                                                                         5
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Text Vera Abeln, Jan Weber,
                                                                                                                                  Tim Stuckenschneider, Stefan Schneider
    Foto: ESA/IPEV/PNRA–F. van den Berg; rechts: Vera Abeln

                                                                                                              Antarktisüberwinterungen,
                                                                                                              Weltraummissionen und COVID-19

                                                                               Ganz allein
                                                                 Auf der Forschungsstation Concordia, im
                                                                ewigen Eis der Antarktis, überwintern die
                                                              Crewmitglieder bei minus 80 Grad Celsius, 560
                                                               Kilometer entfernt von der nächsten Küste.

6                                                                                                             IMPULSE 01 | 2020                                            7
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Was Weltraummissionen, Antarktisüberwinterungen und
COVID-19 gemeinsam haben – und wie Sport dazu beitragen kann
auch mental fit zu bleiben.

                                                                                                                                                             Abb. 1 Human Exploration
                                                                                                                                                             Research Analogue (HERA)
                                                                                                                                                           Johnson Space Center, Hous-
                                                                                                                                                           ton, Texas; Foto: Vera Abeln.

                                                                                                                                      ten, ist abhängig von den individuellen Erfahrungen und Vorlieben. Wichtig scheint zu sein,
                                                                                                                                      dass es Spaß macht, man sich gehen lassen kann und in den Flow kommt. Auch unser Gehirn
                                                                                                                                      reagiert positiv auf Sport. Neuronale Aktivität im vom Stress geplagten Frontalkortex (dort wo
                                                                                                                                      u.a. Entscheidungen getroffen werden) nimmt ab und lässt uns wieder klar denken.
                                                                                                                                          Auch lange Phasen der Inaktivität und Monotonie führen zu Stress. Jeder, der Kinder hat
                                                                                                                                      und einen verregneten Sonntag zu Hause verbringen musste, weiß das. Auch hier hilft Be-
                                                                                                                                      wegung. Der Stress, der sich aufbaut, so hat es uns die Evolution gelehrt, ist recht hilfreich.
                                                                                                                                      Die Stresshormone bereiten uns auf einen Kampf oder die Flucht vor und haben unseren Vor-
                                                                                                                                      fahren das Überleben gesichert. Sport und Bewegung kanalisieren diesen Stress und wirken
                                                                                                                                      psychohygienisch. Selten fühlt man sich so gut, wie nach einem intensiven Workout. Diese
                                                                                                                                      kurzfristigen Effekte sind zudem sehr nachhaltig. Ein aktiver Tag führt zu einem erholsameren

                                                                                                                         Foto: IBMP
                                                                                                                                      Schlaf, der unsere mentale Leistungsfähigkeit steigert. Und regelmäßiger Sport, auch das
                                                                                                                                      zeigen unsere Studien, helfen uns im Alter fit zu bleiben und reduzieren das Risiko an einer
                                                                                                                                      Demenz zu erkranken.
                                                                                                                                          Wir möchten in diesem Übersichtsartikel unsere bisherigen Arbeiten zusammenfassen
                                                                                                                                      und mit Blick auf die gegenwärtige Situation noch einmal neu bewerten. Vieles kann man
                                                                                                                                      übertragen, einiges muss man differenzierter bewerten. Für Weltraummissionen und Antark-

                       S
                              eit knapp 15 Jahren beschäftigen wir uns mit der Auswirkung von Sport und Bewegung                      tisüberwinterungen kann man planen, Equipment bereitstellen und Trainingspläne gestal-
                              auf die mentale Leistungsfähigkeit. Im Generellen, bei Kindern, in der betrieblichen                    ten. Aus dem Stehgreif heraus etwas zu organisieren fällt dagegen oftmals schwer.
                              Gesundheitsförderung, in der Demenzprävention, aber auch dort, wo Menschen isoliert                         Aber wie wichtig Sport und Bewegung für die mentale Leistungsfähigkeit und das Wohl-
                                                                                                                                                                                                                                               Sport und Isolation
                       sind, z.B. auf der Internationalen Weltraumstation (ISS) oder in der Antarktis. Während wir                    befinden, im täglichen Leben und ganz besonders in der Isolation ist, dafür möchten wir den
                       unter den extremen Bedingungen in der Antarktis und simulierten Raumflügen (MARS500,                           wissenschaftlichen Hintergrund bieten. Spannend ist sicherlich die Frage, welcher Zeitraum         An der Deutschen Sporthochschule Köln
                       SIRIUS, HERA, AGBRESA) häufig nicht mehr als zehn Personen beraten und begleiten, ist das                      der Isolation welche Auswirkungen hat.                                                             wird seit vielen Jahren erforscht, welche
                       Nischenthema „Sport und Isolation“ zu Beginn des Jahres 2020 auf einmal für wirklich viele                                                                                                                        Auswirkungen Sport in Isolation auf die
                       Menschen von Relevanz. Im Zuge der Corona-Krise sind weltweit ca. zwei Milliarden Menschen                     30 TAGE ISOLATION IM RAHMEN EINER SIMULIERTEN WELTRAUMMISSION (HERA)                              mentale Leistungsfähigkeit hat– heute sind
                       aufgefordert sich zu isolieren. Und Sport in der Isolation, das zeigen unsere Studien, hat eine                Ziel dieser 30-tägigen Isolation war es, die Effekte eines täglichen Sportprogramms auf die           die Erkenntnisse wichtiger denn je.
                       positive Auswirkung auf die emotionale Stabilität ebenso wie die kognitive Leistungsfähig-                     Befindlichkeit, kognitive Leistungsfähigkeit und die zugrundeliegenden zentral-nervösen
                       keit.                                                                                                          und endokrinologischen Parameter zu untersuchen. 16 Probanden wurden über einen Zeit-
                           Es gilt grundsätzlich zwei Phänomene der Isolation zu unterscheiden. Zum einen bedeutet                    raum von 30 Tagen unter weltraumanalogen Bedingungen im Johnson Space Center, Hous-
                       Isolation: Einsamkeit, Monotonie und Langeweile – das sehen wir bei Menschen, die in der                       ton, Texas unter der Leitung der US-amerikanischen NASA isoliert. Als Kontrollgruppe dien-
                       Antarktis überwintern. Diejenigen, die regelmäßig Sport treiben, das zeigen unsere Studien,                    ten 18 nicht-isolierte und weiterhin am normalen Leben teilnehmende Probanden.
                       bleiben emotional stabil.                                                                                          Besonders auffallend waren die signifikant erhöhten Stresshormone (Kortisol) im Blut
                           Zum anderen bedeutet Isolation Stress und damit eine mögliche Überforderung, weil                          während der Isolation, die sich nach Beendigung der Isolationsperiode schnell wieder norma-
                       Rückzugsräume fehlen. Einsamkeit ist ein Bild, das häufig mit Weltraumreisen assoziiert wird,                  lisierten (Weber et al., 2019). Kortisol als Stressindikator wird ausgeschüttet, um den Körper
                       aber häufig ist genau das Gegenteil der Fall: Eng getaktete Tagesabläufe und immer im Team.                    an die jeweilige Umweltsituation anzupassen. Weiterhin beobachteten wir eine Abnahme der
                       Oftmals fehlt der persönliche Rückzugsraum. Und genau den kann Sport bieten. Wenn einem                        elektrokortikalen Aktivität im Parietalcortex, jenem Teil des Gehirns, der besonders bedeut-
                       alles über den Kopf wächst, ist es gut mal abzuschalten, um den Kopf frei zu bekommen. Zum                     sam für die Integration sensorischer Reize ist. Es ist anzunehmen, dass die soziale Isolation,
                       Beispiel mit einem Workout. Wie das gestrickt sein muss, das zeigen unsere Forschungsarbei-                    die Monotonie und die verringerten Reize der eintönigen Umgebung (sensorische Deprivati-
8                                                                                                                                     IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                          9
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Weltraumbedingungen, weil sich viele der Extrembedingungen hier zum Weltraum gleichen.
                                                                                                                                             Für uns eine willkommene Möglichkeit, um die Bedeutung von regelmäßigem Sport auf die
                                                                                                                                             psycho-physiologische Gesundheit der Isolierten zu untersuchen.
                                                                                                                                                 Die Concordia Station bietet einen kleinen, funktionell eingerichteten Fitnessraum (Abb.
                                                                                                                                             5), den die Crew in ihrer Freizeit freiwillig aufsuchen darf. Auffällig war, dass alle Isolierten in
                                                                                                                                             der Phase der Dunkelheit insgesamt häufiger und intensiver trainierten (Abeln et al., 2015).
                                                                                                                                             Insgesamt konnte man aber zwischen regelmäßig Trainierenden und eher inaktiven bzw.
                                                                                                                                             unregelmäßig Trainierenden Unterschiede in der Befindlichkeit als auch der Gehirnaktivität
                                                                                                                                             erkennen. Die subjektiv wahrgenommene körperliche Befindlichkeit, geistige Beanspruchung
                                                                                                                                             als auch der motivationale Zustand blieb in der aktiven Gruppe stabil, während diese sich bei
                                                                                                                                             der inaktiven Gruppe um 30% bis 40% im Isolationsverlauf verschlechterten. Gleichzeitig ist
                                                                                                                                             bei den sportlich Aktiven, wie in den zuvor erwähnten Studien, eine Abnahme der Gehirnak-
                                                                                                                                             tivität zu verzeichnen, während diese bei den Inaktiven trotz der sensorischen Deprivation
                                                                                                                                             keine Veränderungen zu sehen waren.

                                                                                                                                             520 TAGE ISOLIERT IN MOSKAU (MARS500 UND MARS105)
                                                                                                                                             Für 520 Tage, solang dauert die Reise zum Mars und zurück, wurden sechs Probanden in ei-
                                                                                                                                             nem künstlichen Habitat isoliert. Nationale und internationale Weltraumagenturen planen in
                                                                                                                                             absehbarer Zeit eine Reise zum Mars. Um sich darauf vorzubereiten, fand im Jahr 2010/11 die
                                                                                                                                             MARS500-Studie als Kooperation zwischen der russischen Weltraumagentur (ROSKOSMOS),
                                                                                                                                             der europäischen Weltraumagentur (ESA) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raum-
                                           on) dazu führen, dass unser Gehirn weniger Stimuli zu verarbeiten hat. Beeinträchtigungen         fahrt (DLR) im Institut für biomedizinische Probleme (IBMP) in Moskau statt. Wir haben das
                                           der kognitiven Leistungsfähigkeit waren innerhalb der 30-tägigen Isolation nicht zu erken-        Trainingsprogramm beigesteuert, um zu schauen, wie sich ein regelmäßiges Training auf das
                                           nen.                                                                                              Gehirn, die Emotionen und die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt.
                                               Insgesamt zeigt diese Studie, dass eine kurze Periode (30 Tage) sozialer Isolation mit täg-       Unsere Ergebnisse zeigen zweierlei. Zum einen kam es zu Beginn der Isolation zu einer
                                           lichem Sportprogramm erste affektive und elektrokortikale Veränderungen bewirkt, jedoch           positiven Entwicklung. Die Ruhe und Abgeschiedenheit führten dazu, dass im ersten Monat
                                           keine über den Isolationszeitraum hinausgehenden psychophysiologischen Folgen hat. Auch           der Isolation insbesondere das körperliche Wohlbefinden anstieg (Schneider, Brummer, et
                                           die erhöhten Kortisolwerte sollten als eine gesunde und physiologische Reaktion des Körpers       al., 2010). Mit zunehmender Isolationsdauer verschlechterte sich aber das körperliche eben-
                                           auf eine neue Umweltsituation gewertet werden.                                                    so wie das emotionale Wohlbefinden. Auch die Gehirnaktivität, morgens in Ruhe gemessen,
                                                                                                                                             nahm, wie in den vorherigen Studien, ab. Interessanterweise war jeweils nach einer Trai-
                                           VIER MONATE ISOLIERT (SIRIUS)                                                                     ningseinheit eine Normalisierung dieser Werte zu beobachten. Insbesondere fand sich nach
                                           Im Rahmen der SIRIUS-Studie wurde in Kollaboration zwischen der russischen (ROSKOS-               den Trainingseinheiten eine Abnahme der Aktivität im Frontalkortex, dem Sitz der exekutiven
                                           MOS), amerikanischen (NASA), französischen (CNES) und deutschen Weltraumagentur (DLR)­            Funktionen (Schneider et al., 2013a).
                                           pünktlich zum 50. Jubiläum der Mondlandung der Apollo-Mission ­ eine Reise zum Mond unter             Der regelmäßige Sport hatte auch einen positiven Effekt auf die kognitive Leistungsfä-
                                           weltraumähnlichen Bedingungen simuliert und Effekte der Isolation und des begleitenden            higkeit, aber nur dann, wenn das Training selbstbestimmt durchgeführt werden konnte und
                                           Sportprogramms für die Vorbereitung zukünftiger Mondmissionen untersucht.                         Spaß machte. Ein Training unter strikten inhaltlichen und trainingsphysiologischen Para-
                                               Die Datenauswertungen laufen derzeit noch auf Hochtouren. Vorläufig lässt sich sagen,         metern hingegen wurde als zusätzlicher Stressor empfunden und hatte keinerlei positive
                                           dass das Training erwartungsgemäß mit einer Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit           Effekte auf die kognitive Performanz (Schneider et al., 2012).
                                           der Probanden einherging. Gleichzeitig zeigt sich ein positiver Effekt des Trainings auf die          Unsere Daten der beiden Studien belegen die psychohygienische Wirkung des Sports und               Abb. 4 Concordia Station, Antarktis
     Abb. 3 Die SIRIUS-19-Crew (oben-      subjektiv wahrgenommene Befindlichkeit. Auch in dieser Studie sehen wir eine über die Iso-        zeigen, dass ein regelmäßiges Training als willkommene Abwechslung für Körper und Geist                Abb. 5 Fitnessraum Concordia Station
     links, Foto: IBMP), ein Proband bei   lation fortschreitende Abnahme der in Ruhe gemessenen Gehirnaktivität (sensorische De-            wahrgenommen wird.                                                                                     Fotos: Eoin MacDonald-Nethercott
     den Tests (oben rechts, Foto:         privation). Tiefergehende Analysen zur Konsequenz dieser Deaktivierung für die sensorische
             ) und beim Lauftraining       (auditiv/visuelle und affektiv) Verarbeitung im Gehirn, die kognitive Leistungsfähigkeit und
     (Foto: Vera Abeln).                   Korrelationen mit endokrinen Parametern werden derzeit analysiert. Diese Daten unterstüt-
                                           zen erneut unsere Erkenntnisse zum positiven Effekt von Sport auf die psycho-physiologische
                                           Verfassung in Isolation.

                                           NEUN MONATE ISOLIERT IM EWIGEN EIS (CONCORDIA)
                                           Eine neunmonatige Isolation konnten wir im Rahmen der Concordia-Mission 2011 begleiten.
                                           Auf der französisch-italienischen Forschungsstation Concordia in der Antarktis sorgen die
                                           widrigen Bedingungen der geographischen Lage dafür, dass die dort überwinternde Crew vie-
                                           len Stressoren ausgesetzt ist. Im antarktischen Winter geht die Sonne für drei Monate nicht
                                           auf. Monate vor und nach der konstanten Dunkelheit sind die täglichen Sonnenstunden re-
                                           duziert. Die Lage in 3.233 m über dem Meeresspiegel (Hypoxie) auf dem Ostplateau, 560 km                   Positive Effekte
                                           entfernt von der nächstgelegensten Forschungsstation, 950 km entfernt von der nächsten
                                           Küste und 1.670 km entfernt vom Südpol mit Temperaturen bis zu -80°C im Winter und ei-                Ob kleine Fitnessstudios oder
                                           nem Jahresdurchschnitt von -65°C verhindert die An- oder Abreise von Menschen für etwa             einzelne Trainingsgeräte, Sport hat
                                           neun Monate im Jahr und schränkt auch die Möglichkeiten von Outdooraktivitäten stark ein.             einen positiven Effekt auf die
                                           Viel ist um die Station in der weißen Wüste aus Eis und Schnee sowieso nicht zu sehen oder         psycho-physiologische Verfassung
                                           tun. Das Leben der Crewmitglieder ist demnach im Winter sehr monoton. Mit Ausnahme von                        in Isolation.
                                           Satellitentelefon war in den Jahren 2009 bis 2012 auch nur sehr eingeschränkt eine Kom-
                                           munikation über Internet möglich. Die Crew ist auf sich und ihre uniformen Arbeiten zum
                                           Betrieb der Station und einige Forschungstätigkeiten beschränkt. Die europäische Weltraum-
                                           organisation (ESA) nutzt die Concordia Station für wissenschaftliche Untersuchungen unter
10                                                                                                                                           IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                             11
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Schneider, Brümmer, Abel, Askew, & Strüder, 2009; Schneider, Brümmer, et al., 2010),
                                                                                                                                          was sich positiv auf das emotionale Wohlbefinden und die kognitive Leistung auswirkt.
                                                                                                                                             Diese Veränderungen im (prä-)frontalen Kortex und die positiven Effekte auf Kognition
                                                                                                                                          und Emotion scheinen jedoch abhängig von der Intensität der körperlichen Betätigung eben-
                                                                                                                                          so wie der persönlichen Präferenz zu sein. Bei zu niedrig oder zu hoch gewählten Belastungen
                                                                                                                                          zeigen sich keine positiven Veränderungen (Brummer et al., 2011; Ekkekakis & Acevedo,
                                                                                                                                          2006; Woo, Kim, Kim, Petruzzello, & Hatfield, 2009). Auch findet sich ein positiver Effekt
                                                                                                                                          auf Kognition und Emotion nur dann, wenn Sport Spaß macht und selbstbestimmt durchge-
                                                                                                                                          führt werden kann (Ekkekakis, 2009). Für diese positiven Effekte von Sport auf die kognitive
                                                                                                                                          Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden muss kein Hochleistungssport betrieben werden,
                                                                                                                                          sondern basierend auf unseren Studien lediglich zwei bis drei mittlere bis etwas anstrengende
                                                                                                                                          Einheiten über 30 bis 45 Minuten wöchentlich, ganz so, wie es auch die WHO empfiehlt.

                                                                                                                                              In welchem Ausmaß sich eine Isolation auf den Einzelnen auswirkt, hängt von verschie-
                                                                                                                                          denen Faktoren, wie der Persönlichkeit, Resilienz und Bewältigungsstrategien, dem sozialen
                                                                                                                                          Zuspruch und ganz besonders der Dauer der Isolation ab. Kurzzeitige Isolation und die Not-
Abb. 6 Veränderungen der subjektiv                                                                                                       wendigkeit sich kurzfristig zu isolieren, so wie wir es in den letzten Wochen erfahren haben,
wahrgenommenen Befindlichkeit in der                                                                                                      führt erst einmal zu einer Zunahme von Stress, da die aktuellen Lebensumstände neu zu jus-
Dimension „psychische Beanspruchung“                                                                                                      tieren sind. Hinzu kommt häufig der Verlust des persönlichen Freiraums, ganz ähnlich, wie wir
(STRAIN) und „motivationaler Zustand“                                                                                                     es in der HERA-Studie gesehen haben. Dem gegenüber steht ein positiver Effekt von Isolation,
(MOT) über sieben sechs-wöchige Inter-                                                                                                  wenn wir merken, wie sich unser Leben entschleunigt und wir mehr Zeit für die Familie haben.
valle während der neunmonatigen Isolati-    DENKSPORT IN ISOLATION                                                                       Langfristige Isolation kann zu Langeweile und Monotonie führen, wie wir es in unseren Studi-
on auf der antarktischen Concordia Station   Das Sport bzw. regelmäßige körperliche Aktivität nicht nur die psychische Gesundheit in      en in der Antarktis gesehen haben.
(aus: Abeln et al., 2015).“                  Isolation erhalten kann, sondern auch grundsätzlich im Altersgang, war Gegenstand einer          Auch ist es nötig zu differenzieren zwischen einem kurzfristigen und einem langfristigen
                                             weiteren Untersuchung. Die Interventionsstudie „Denksport“, ein multizentrisches Pro-        Effekt von Sport und Bewegung auf das zentrale Nervensystem (ZNS). Während Sport und
                                             jekt dreier Universitäten in Europa (gefördert vom Joint Programme - Neurodegenerative       Bewegung kurzfristig für eine Steigerung des emotionalen Wohlbefindens, einer erhöhten
                                             Disease Research), startete Ende des Jahres 2015 mit dem Ziel, die Effekte einer Sportin-    Stressresistenz und einer Verbesserung der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit
                                             tervention auf die Progression der leichten kognitiven Beeinträchtigung, die als Vorstadi-   sorgen (s.o.), kommt es langfristig zu strukturellen Anpassungen im ZNS, vermutlich durch
                                             um der Alzheimererkrankung gilt, zu erforschen (Devenney et al., 2017). Das Sporttreiben     eine Freisetzung von Myokinen und neurotrophen Faktoren.
                                             und ein aktiver Lebensstil auch in hohem Alter noch vor Gedächtnisstörungen schützen
                                             können, wurde bereits durch Studien verifiziert (Ngandu et al., 2015; Tolppanen et al.,         Was wir aus unseren Studien gelernt haben, ist genau hinzuschauen und deutlich zu unter-                Die Dosis macht das Gift
                                             2015). Ob Sporttreiben aber bei bereits kognitiv eingeschränkten Personen positive An-       scheiden was Sport bewirkt. Während der initialen Phase der Isolation, die verbunden ist mit
                                                                                                                                                                                                                                                     Körperliche Betätigung kann sich
                                             passungen hervorrufen könne, galt es zu klären.                                              einer natürlichen Stressreaktion, die es uns ermöglicht mit der neuen Situation umzugehen,
                                                                                                                                                                                                                                                   nur dann positiv auf das mentale und
                                                Vorläufige Ergebnisse der Studie, die auf der Projekthomepage (www.dshs-koeln.de/         können Sport und Bewegung helfen, diesen Stress zu kanalisieren. Nach einigen Wochen,
                                                                                                                                                                                                                                                   körperliche Wohlbefinden auswirken,
                                             denksport) einzusehen sind, erscheinen vielversprechend, denn in der Kölner Kohorte          wenn es zum Lagerkoller kommt, können Sport und Bewegung persönlichen Freiraum und
                                                                                                                                                                                                                                                    wenn Intensität und Art stimmen.
                                             konnten nicht nur Fitness und Lebensqualität verbessert werden, sondern auch die kog-        Rückzugsraum bieten. Während des Minenunglücks im Jahr 2010 in Chile, als 33 Männer für
                                             nitive Leistungsfähigkeit entwickelte sich positiv. Wir erwarten, dass diese ersten Ergeb-   69 Tage verschüttet waren, wurde berichtet, dass die Möglichkeit sich von der Gruppe zu tren-
                                             nisse auch durch die Sportgruppen der Projektpartner in Irland und den Niederlanden          nen und sich frei in den noch offenen Gängen unter Tage zu bewegen, das Team letzten Endes
                                             bestätigt werden.                                                                            zusammengehalten hat. Und wenn es dann doch noch etwas länger dauert, können Sport und
                                                Auf jeden Fall liefert die Denksport-Studie Erkenntnisse, die besonders auch in der       Bewegung dazu beitragen, die strukturelle und funktionale Integrität des zentralen Nerven-
                                             aktuellen Situation sehr relevant erscheinen. Sport und eine hohe körperliche Fitness        systems zu erhalten.
                                             sind essentiell notwendig, um im Alter körperlich und kognitiv leistungsfähig zu bleiben.
                                             Diese Bedeutung einer hohen körperlichen Fitness wird auch durch eine aktuelle Studie        Literatur bei den Autor*innen
                                             aus Norwegen bestätigt. Sie zeigt auf, dass eine Abnahme der Fitness, das Risiko an einer
                                             Demenz zu erkranken, signifikant erhöht, und somit die Abnahme der körperlichen Fitness      Fördernummern: HERA (DLR-50WB1516); MARS500 und MARS105, CONCORDIA (DLR-
                                             als eigenständiger Risikofaktor für die Genese einer Demenz definiert werden sollte (Tari    50WB0819, 50WB0919); SIRIUS (DLR-50WB1813)
                                             et al., 2019).

                                             Take-Home-Message – Was nehmen wir davon mit in unsere Isolation zu Hause?
                                             Sport und Bewegung können in physisch (Bewegungsmangel) und psychisch (Monotonie,
                                             Einsamkeit, Stress) schwierigen Zeiten helfen. Sport kann eine Rückzugsmöglichkeit bie-
                                             ten und ein Ventil für aufgestauten Stress sein. Regelmäßiger Sport kann zum Erhalt der
                                             kognitiven und emotionalen Leistung in Isolation beitragen.
                                                Die positiven Effekte von Sport und Bewegung auf die mentale Gesundheit scheinen
                                             auf Aktivitätsveränderungen in (prä-)frontalen Hirnarealen zurückzuführen zu sein. Der
                                             präfrontale Kortex ist Sitz der exekutiven Funktionen, er integriert Gedächtnisinhalte und
                                                                                                                                                                                                                   Dr. Vera Abeln, Jan Weber, Tim Stuckenschneider und Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider
                                             emotionale Bewertungen bei der Verarbeitung von sensorischen Reizen und Entscheidun-                                                                                  (von links) arbeiten im Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft der Deutschen
                                             gen und wird daher auch als supervisierendes Aufmerksamkeitssystem bezeichnet. Basie-                                                                                 Sporthochschule Köln. In zahlreichen Forschungsprojekten beschäftigen sich die
                                             rend auf der Annahme, dass dem Gehirn nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen                                                                                   Wissenschaftler*innen unter anderem mit den Auswirkungen von körperlicher
                                             (Kahnemann, 1993), werden beim Sport vermehrt Ressourcen in die für die Bewegungs-                                                                                    Aktivität auf die mentale Leistungsfähigkeit.
                                             planung und -ausführung beteiligten Gehirnareale (Motor Kortex, prämotorische Areale,                                                                                 » v.abeln@dshs-koeln.de , » j.weber@dshs-koeln.de
                                             supplementär motorische Areale) verlagert. Dadurch kommt es in den präfrontalen Kor-                                                                                 » t.stuckenschneider@dshs-koeln.de, » schneider@dshs-koeln.de
                                             texarealen zu einer Reduzierung der stressbedingt erhöhten Aktivität (Brummer, Schnei-
                                             der, Abel, Vogt, & Struder, 2011; Schneider et al., 2013b; Schneider, Askew, et al., 2009;
12                                                                                                                                        IMPULSE 01 | 2020
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Uni in der Klinik
                               Ein Semester gemeinsam mit
                               Patient*innen, Kliniker*innen
                               und Forscher*innen

            Text
     Peter Häussermann
        & Tim Fleiner    Die körperliche Aktivierung älterer Patient*innen ist fester Bestandteil in
                         der Gesundheitsversorgung und gleichzeitig vielseitiges Forschungsfeld für
                         Sportwissenschaftler*innen. Ein modernes, evidenzbasiertes Handeln setzt
                         eine enge Verzahnung zwischen der aktuellen Wissenslage und der klinischen
                         Regelversorgung voraus. Um den Studierenden des Masterstudienganges „Sport-
                         und Bewegungsgerontologie“ (M.Sc. SBG) der Deutschen Sporthochschule
                         Köln (DSHS) einen möglichst praxisnahen Einblick in die Tätigkeit als klinische
                         Wissenschaftler*innen zu ermöglichen, führt die DSHS zusammen mit der LVR-
                         Klinik Köln ein Wahlmodul mit dem Schwerpunkt der klinischen Forschung durch
                         – ein Semester „Uni in der Klinik“.

14                       IMPULSE 01 | 2020                                                                 15
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
E
                             in wechselseitiger Transfer von Erkenntnissen     in der Umsetzung notwendig. Schlüsselpersonen und        sion oder Delir. In der multiprofessionellen Behand-
                                                                                                                                                                                                  Uhrzeit       Seminarablauf                          Beteiligte Berufsgruppen
                             und Ansätzen zwischen Forschungskontext           -positionen mit Verantwortung im Anwendungsbe-            lung ist die körperliche Aktivierung der Patient*innen
                             und dem entsprechenden Anwendungsfeld ist         reich und einer entsprechenden Forschungsanbin-           ein besonderer Bestandteil. Die „Gerontopsychiatrie
                                                                                                                                                                                                  08:30         Treffen und Organisation
                       das Kernelement einer modernen Gesundheitsver-          dung werden auch als „knowledge broker“, „boundary        in Bewegung“ (Fleiner et al., 2015) zielt in einem
                       sorgung. Um einen niederschwelligen Austausch von       spanner“ oder für den klinischen Bereich als „klini-     strukturierten Behandlungsprozess darauf ab, je                        Frühbesprechung                        Ärzt*innen, Psycholog*innen,
                       Wissen und Informationen zwischen Forschung und         sche Wissenschaftler*innen“ bezeichnet (Gladman et        Patient*in 150 Minuten/Woche körperliche Aktivität       08:45         Klinische Fortbildung                  Pflegerische Stationsleitungen
                       Anwendung zu fördern, sind ein Blick für strukturelle   al., 2016). Um Studierende an eine Berufsperspektive      in moderater Intensität zu erreichen – dies entspricht                                                        & Casemanagement
                                                                                                                                                                                                                Nachexploration
                       und inhaltliche Weiterentwicklung gepaart mit klini-    als klinische Wissenschaftler*innen heranzuführen,        den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisati-
                       scher Expertise und pragmatischer Herangehensweise      verstetigen die DSHS und die LVR-Klink Köln ihre bis-     on für gesunde ältere Personen aus dem Jahr 2010.        10:15         Studentischer Journal-Club
                                                                               herige gegenseitige konstruktive und effektive Ver-       Gemeinsam mit dem Institut für Bewegungs- und                                                                 Chefarzt & Forschungsgruppe
                                                                               bindung zwischen Forschung und Versorgung in einer        Sportgerontologie der DSHS werden in der Regelver-       11:00         Theoretischer Input & Übung
                                                                                                                                                                                                                                                       „Gerontopsychiatrie in Bewegung“
                                                                               Vereinbarung zur Lehrkooperation.                         sorgung Assessment- und Interventionsstrategien                                                               Physio- und
                                                                                                                                         entwickelt, implementiert und evaluiert.                 12:00         Patient*innenvorstellung
                                                                                                                                                                                                                                                       Bewegungstherapeut*innen
                                                                                   Von dieser engen Zusammenarbeit in der Lehre                                                                                                                        Abwechselnd alle Berufsgruppen der
                                                                               versprechen sich die DSHS und die LVR-Klinik Köln         Modulgestaltung                                          12:30         Expert*innengespräch
                                                                                                                                                                                                                                                       Abt. für Gerontopsychiatrie
                                                                               eine gelebte Praxisnähe in den Lehrveranstaltungen        Für jeweils 15 Studierende wird seit 2018 das Wahl-
                                                                               sowie eine Bündelung von Ressourcen zum gegensei-         modul „Forschung in der klinischen Gesundheitsver-       Abb.1 Seminarablaufplan
                                                                               tigen Vorteil. Insbesondere eine gemeinsame Durch-        sorgung Älterer“ jeweils im Wintersemester ange-
                                                                               führung und Evaluierung von Lehrveranstaltungen           boten. Mit den übergeordneten Modul-Zielen, den
                                                                               der DSHS in dem Fachbereich für Gerontopsychiatrie        Studierenden einen echten Einblick in die klinische
                                                                               in der LVR-Klinik Köln soll mittel- und langfristig ei-   Gesundheitsversorgung Älterer zu ermöglichen und
                                                                               nen Zugewinn an Lehr- und Forschungsressourcen            sie gleichzeitig zu einem Evidenz-basierten Denken
                                                                               bewirken. Für die LVR-Klinik Köln ergibt sich dadurch     und Handeln zu befähigen, soll ein Berufseinstieg
                                                                               ein direkter Praxistransfer von sport- und bewegungs-     in der Gesundheitsversorgung vorbereitet werden.
                                                                               gerontologischen Innovationen in den Klinikalltag.        Kernelemente der Modulgestaltung sind demnach
                                                                               Neben der Durchführung von Lehrprojekten zur An-          Evidenz-basiertes Handeln, konzeptionelles Arbei-
                                                                               fertigung von Abschlussarbeiten in Bachelor- und          ten, moderne Kommunikationsstrategien (inkl. Wis-
                                                                               Masterstudiengängen und klinischen Praktika ver-          senschaftskommunikation) und schwerpunktmäßig
                                                                               einbart die Lehrkooperation auch die Durchführung         das multiprofessionelle Handeln. Die wöchentlich                                                                  Klinische Wissenschaftlerin bzw.
                                                                               des Moduls „SBG12.2 - Forschung in der klinischen         stattfindenden jeweils viereinhalbstündigen Einhei-                                                               Klinischer Wissenschaftler als
                                                                               Gesundheitsversorgung Älterer“ in der LVR-Klinik          ten folgen dem in Abb. 1 dargestellten Ablauf.                                                                    Beruf? In dem Seminar erhalten
                                                                               Köln. Dieses Wahlmodul wurde gemeinsam mit der                                                                                                                              Studierende einen echten Einblick
                                                                               LVR-Klinik Köln im Rahmen der Neukonzeption des               Die Frühbesprechung dient der Organisation des                                                                in die klinische Gesundheitsver-
                                                                               Masterstudiengangs „Sport- und Bewegungsgeronto-          klinischen Ablaufes – Stationsbelegung, besonde-                                                                  sorgung Älterer und werden auf
                                                                               logie“ als „Master of Science“ entwickelt, um die „for-   re Vorkommnisse aus den Spät- und Nachtdiensten                                                                   einen Berufseinstieg in der Ge-
     Aus der Uni in die Klinik – von dem neu entwickelten Wahlmo-
                                                                               schungsnahe Lehre“ fest im Curriculum zu verankern.       sowie Ankündigungen werden besprochen und koor-                                                                   sundheitsversorgung vorbereitet.
     dul „Forschung in der klinischen Gesundheitsversorgung Älterer“
                                                                               „In diesem Wahlmodul werden den Studierenden zen-         diniert. Daran anschließend findet die wöchentliche
     profitieren Studierende und Klinik gleichermaßen.
                                                                               trale Inhaltsbereiche und Kompetenzen vermittelt,         klinische Fortbildung statt, in welcher abwechselnd
                                                                               welche die Interdisziplinarität im Studiengang weiter     Vertreter*innen aller an der Behandlung beteiligten
                                                                               ausbauen und den Studierenden ein neues potenziel-        Berufsgruppen und externe Referenten die aktuelle
                                                                               les Berufsfeld eröffnen“, hebt Studiengangskoordi-        Evidenzlage und Behandlungsleitlinien vorstellen
                                                                               nator Dr. Tobias Morat (Institut für Bewegungs- und       und diskutieren. Themen aus den vergangenen Se-
                                                                               Sportgerontologie, DSHS) hervor.                          mestern waren u.a. Fallvorstellungen; Krankheits-
                                                                                                                                         bilder wie z.B. Mb. Parkinson, Delir und Epilepsie im    schungsgruppe „Gerontopsychiatrie in Bewegung“. In
                                                                                  Die LVR-Klinik Köln ist für die psychiatrische Ver-   Alter; Polymedikation; Elektrokrampftherapie; Geri-      den ersten Seminareinheiten liegt ein besonderes Au-
                                                                               sorgung von 600.000 Einwohnern Kölns zuständig.           atrisches Assessment und besondere psychosomati-         genmerk auf der Schweigepflicht und den Regularien
                                                                               Mit 402 Betten, 140 Tagesklinik-Plätzen und Ambu-        sche Aspekte im Alter. Anschließend an die Frühbe-       zur Einhaltung des Datenschutzes – z.B. auch durch
                                                                               lanzen werden jährlich etwa 10.000 Patient*innen          sprechung und die klinische Fortbildung werden mit       einen Einblick in die Maßnahmen zur Gewährung der
                                                                               behandelt. Träger der LVR-Klinik Köln ist der Land-       den Studierenden die besprochenen Patient*innen          Datensicherheit in der LVR-Klink Köln durch den Leiter
                                                                               schaftsverband Rheinland (LVR). In der Abteilung          und Themen zusammen mit dem Chefarzt nachexplo-          der EDV-Abteilung und den Datenschutzbeauftragten
                                                                               für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie werden         riert.                                                   der Klinik. Hauptthemen im weiteren Semesterverlauf
                                                                               psychisch kranke ältere Menschen, in der Regel ab                                                                  sind Behandlungsleitlinien und Kernelemente der
                                                                               dem 65. Lebensjahr, und deren Angehörige behan-              Den theoretischen Input zu der klinischen For-        Projektorganisation in klinischen Studien. Dies um-
                                                                               delt und beraten. Die häufigsten Krankheitsbilder         schung in der Gesundheitsversorgung Älterer lie-         fasst u.a. ethische Grundsätze und die Beantragung
                                                                               sind Patient*innen mit Demenzerkrankung, Depres-          fern der Chefarzt und die Mitarbeiter*innen der For-     eines Ethikvotums, die Studienregistrierung, die Re-
16                                                                                                                                       IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                                17
IMPULSE - Sport WISSENSCHAFT - Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln - Deutsche Sporthochschule Köln
Journal-Club SBG 12.2 - „Klinische Forschung in der
     Gesundheitsversorgung Älterer“. Ziel: Erarbeitung, Diskussion
     und Zusammenfassung der aktuellen Evidenzlage.

     Je Termin wird eine Studie gemeinsam diskutiert, alle Studieren-
     den lesen die Studie im Vorfeld, bereiten Rückfragen und Diskussions-
     punkte vor. Zu dem Termin: Ein*e Student*in (Expert*in) stellt
     die Studie zehn Minuten lang vor.
                                                                                                                                                                                                                                                                  Abb.2 Bild Wortwolke
                                                                                                                                                                                                                                                                  aus dem Wintersemester 18/19

     Nach dem Termin: Expert*in verfasst Bericht zu der Studie und
     der Diskussion: Evidenzlage, Forschungs- & Versorgungslücke,
     Diskussion, Rückfragen und statistischer Exkurs (eine Seite nach
     Berichtvorlage). Zu Semesterende: Gemeinsames „Handbuch“
     zur aktuellen Evidenzlage.                                                                                                                                                     Auf der Basis der Dokumentationen des studen-           LVR-Klinik Köln erleben den Austausch mit den Studie-
                                                                                                                                                                                tischen Journal-Clubs entsteht ein Handbuch für             renden der DSHS als sehr wertvoll und abwechslungs-
                                                                                                                                                                                Sport- und Bewegungsgerontologie in der klinischen          reich. Der wertschätzende beidseitige Austausch wirkt
                                                                                                                                                                                Forschung. Aus jedem Semester werden die Zusammen-          der Stigmatisierung des Alters und der Psychiatrie ent-
                                                                                                                                                                                fassungen der Journal-Club-Beiträge und die statisti-       gegen. Die Erfahrungen aus den bisherigen zwei Durch-
                       Abb.2 Ablauf des studentischen Journal-Clubs                                                                                                             schen Exkurse zusammengestellt. Ergänzt wird dieses         läufen lassen gespannt in die Zukunft blicken: klinische
                                                                                                                                                                                Sammelwerk durch ein klinisches Wörterbuch und ein          Forschungsprojekte miterleben, selbstständiges Arbei-
                                                                                                                                                                                Abkürzungs- sowie ein Stichwortverzeichnis. Dieses          ten mit den Patient*innen und der Einsatz digitaler
                                                                                                                                                                                über mehrere Semester gewachsene Handbuch erweist           Lehr- und Lerntechniken mitten in der Patientenver-
                                                                                                                                                                                sich als sehr wertvolles Wissens- und Nachschlagewerk       sorgung. Die Studierenden zu einem Evidenz-basierten
                       krutierung von Patient*innen mit der Besonderheit           Versorgungsalltag wird diskutiert sowie entsprechende                                        für die Studierenden und wird auch klinisch eingesetzt      Denken und Handeln zu befähigen ist ein wichtiger
                       der Projektinformation und Einwilligungserklärung bei       Forschungslücken identifiziert. Am Ende wird ein Fazit                                       – z.B. im Rahmen der Einarbeitung neuer Stationsärz-        Schritt hin zu einer modernen Gesundheitsversorgung.
                       nicht-einwilligungsfähigen Patient*innen sowie die          der gemeinsamen Diskussion formuliert sowie jeweils                                          te.
                       Publikation von Projektergebnissen.                         fünf Schlagworte formuliert, die aus dieser Studie für                                                                                                   Literatur bei den Autoren
                                                                                   eine Konzeptentwicklung wichtig sind.                                                           Die studentischen Evaluierungsergebnisse aus den
                           Evidenz-basiertes Handeln setzt voraus, bei der stei-                                                                                                bisherigen zwei Durchläufen (WS 18/19 & WS 19/20)
                       genden Anzahl an Fachartikeln gute von schlechten Ar-       Erstellung eines innovativen Konzeptes                                                       sind durchweg sehr positiv mit einer Gesamtbewertung
                       tikeln unterscheiden zu können. Um die Studierenden         Eine Hauptaufgabe in einer Tätigkeit als klinische*r                                         von 9,6 und 9,5 (10=ausgezeichnet / 1=unzufrieden).
                       dieser Qualitätskontrolle zu befähigen, ist der studen-     Wissenschaftler*in ist die Entwicklung, Implemen-                                            Der Großteil der Studierenden gibt einen Anteil des
                       tische Journal-Club ein fester Bestandteil des Seminars     tierung und Evaluierung von Bewegungskonzepten in                                            Selbststudiums von ein bis zwei Stunden pro Woche
                       – wissenschaftliche Artikel werden gemeinsam gelesen        der Gesundheitsversorgung. Dies setzt die Fähigkeit                                          zur Vor- und Nachbereitung der Journal-Club-Bei-
                       und diskutiert. Im Rahmen des studentischen Journal-        zur Aufarbeitung der Evidenzlage voraus und darauf                                           träge an. Für eine Berufsperspektive als klinische*r
                       Clubs erfolgt jeweils vor und nach dem Semester eine        ableitend, eigene Ideen umzusetzen und evaluieren                                            Wissenschaftler*in sehen sich die Studierenden mit
                       Erhebung zu den Effekten dieser Methode: die Studie-        zu können. Von den Studierenden werden demnach                                               einer Bewertung von 1,4 (1=trifft völlig zu, 5=trifft gar
                       renden schätzen anhand einer Fragebogen-Erhebung            folgende Fähigkeiten und Lehrzielebenen erwartet:                                            nicht zu) gut vorbereitet.                                                     PD Dr. Peter Häussermann,
                       ihre Fähigkeiten ein, die Evidenzlage zu recherchieren,     Anwenden, Analysieren, Synthetisieren und Inno-                                                                                                                             geb. 1970, ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Geriatrie. Seit
                                                                                   vieren (Bloom et al., 1972; Winteler, 2008). Als be-                                                                                                                        2010 ist er Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychiatrie und -psycho-
                       aufzuarbeiten und vorzutragen. In dem studentischen                                                                                                         In den offenen Rückmeldungen heben die Studie-
                                                                                                                                                                                                                                                               therapie an der LVR-Klinik Köln.
                       Journal-Club wird jedem Studierenden eine Studie            noteter Leistungsnachweis für dieses Modul wird am                                           renden die Praxisnähe und interaktive Gestaltung der                           » peter.haeussermann@lvr.de
                       zugeteilt, der sodann als Expert*in für diesen Fachbe-      Ende des Semesters die „Erstellung eines innovativen                                         Seminareinheiten hervor. Weiter werden u.a. rück-
                       reich fungiert. Die ausgewählten Studien erstrecken         Konzeptes zur körperlichen Aktivierung in der Gesund-                                        gemeldet: „rege Mitarbeit der Studierenden; klarer
                       sich über aktuelle Aspekte der Gesundheitsversorgung        heitsversorgung Älterer“ gefordert. In Gruppen mit je                                        zeitlicher Ablauf; gute Arbeitsatmosphäre; anwen-
                       Älterer und greifen auch eigene Studien aus der For-        zwei Studierenden sind Bewegungskonzepte u.a. zu                                             dungsorientiertes und nachhaltiges Lernen; wertvolle
                                                                                                                                            Fotos: Unplash; D.Schmidt; Privat

                       schungsgruppe „Gerontopsychiatrie in Bewegung“ auf.         folgenden Zielgruppen zu erstellen: Patient*innen                                            Experteninterviews, um Vielfalt an Berufsgruppen ken-
                                                                                                                                                                                                                                                               Dr. Tim Fleiner,
                       Sofern offene Fragen auftreten, wird seitens des Exper-     mit Demenz im Anfangsstadium, Depression (65-74                                              nenzulernen; Einblick in Klinikablauf; trotz viereinhalb                       geb. 1986, ist Physiotherapeut und Sportwissenschaftler. Seit 2017 leitet
                       ten auch Kontakt zu den Autor*innen der Studie aufge-       Jahre), Mb. Parkinson im Anfangsstadium, mit hoher                                           Stunden sehr abwechslungsreich auch innerhalb eines                            er die Forschungsgruppe „Gerontopsychiatrie in Bewegung“ am Institut
                       nommen und diese werden auch nach Möglichkeit als           Sturzgefahr, mit Tag-Nacht-Umkehr und Patient*innen                                          Tages“. Als Ansätze zur Verbesserung werden mehr ei-                           für Bewegungs- und Sportgerontologie der DSHS und der Abteilung für
                       Diskutanten eingeladen oder via Webkonferenz zuge-          mit Sundowning-Phänomen. Um eine möglichst praxis-                                           gener Patient*innenkontakt sowie Termine in der Kli-                           Gerontopsychiatrie der LVR-Klinik Köln.
                                                                                                                                                                                                                                                               » t.fleiner@dshs-koeln.de
                       schaltet. Im Fokus der Diskussion des studentischen         nahe Vorbereitung auf den Berufseinstieg zu erreichen,                                       nik und der DSHS vorgeschlagen.
                       Journal-Clubs stehen die eingesetzten Methoden und          werden diese Bewegungskonzepte im Rahmen eines
                       die Ergebnisinterpretation der Forschungsgruppen.           Abschluss-Symposiums vorgestellt und vor Fachperso-                                             Die „Uni in der Klinik“ ist etwas Besonderes – nicht
                       Besonders der Transfer der Studienergebnisse in den         nal verteidigt.                                                                              nur für die Studierenden. Auch die Mitarbeitenden der
18                                                                                                                                                                              IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                                          19
Ganzkörper-
     Elektromyostimulation
     Aktuelle Ergebnisse aus dem
     (Hoch-)Leistungssport

                                                                                                               Text
                                                                                                 Florian Micke & Heinz Kleinöder

                                                       D
                                                               ie Arbeitsgruppe Kraftdiagnostik und Bewegungsfor-        Leistung, Schnellkraft etc.). Darüber hinaus spielt der Übertrag
                                                               schung (Institut für Trainingswissenschaft und Sport-     in sportmotorische Fähigkeiten (Sprint, Sprung, Wurf, Schlag)
                                                               informatik, Deutsche Sporthochschule Köln) unter der      eine entscheidende Rolle. Alle Untersuchungen wurden mit
                                                       Leitung von Dr. Heinz Kleinöder hat seit 2006 in unterschied-     niederfrequenter EMS durchgeführt.
                                                       lichen Studien eine Vielzahl positiver Effekte von Trainingsin-   Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden mit Unterstützung
                                                       terventionen mit Ganzkörper-Elektromyostimulation (GK-EMS)        der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes
                                                       auf die Leistungsfähigkeit feststellen können. Es wurden un-      (DOSB) Kooperationen mit den verantwortlichen Trainer*innen
                                                       terschiedliche Trainingsprogramme, wie z.B. Trainingsformen       und Trainingsgruppen aus den leichtathletischen Wurfdiszipli-
                                                       mit dem eigenen Körpergewicht, Training mit Zusatzlasten          nen Speer und Diskus sowie den Sportarten Langlauf und Bi-
                                                       und sportartspezifische Bewegungsformen durch simultane           athlon geschlossen, um die gewonnenen Erkenntnisse auch
                                                       EMS-Applikation von mehreren Muskelgruppen gleichzeitig           mit Kaderathlet*innen zu evaluieren. Zur Sicherung der An-
                                                       intensiviert und Effekte auf den Organismus untersucht. Die       schlussfähigkeit von Nachwuchsathlet*innen an die nationale
                                                       Fragestellungen und Parameterauswahl reichten von akuten          und internationale Spitze sowie von Bundeskaderathlet*innen
                                                       physiologischen Reaktionen bei Trainingseinheiten (Metabo-        an die Weltspitze, ist eine solche wissenschaftlich begründete
                                                       lismus, Hormone) bis hin zu langfristigen Anpassungen im Be-      Implementierung innovativer und intensiver Trainingsmetho-
                                                       reich differenzierter Kraftfähigkeiten (Maximalkraft, maximale    den wichtig.
20                                 IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                                   21
Ergebnisse der wurfspezifischen Diagnostik

                                              7

                                              6

      Abwurfgeschwindigkeit [m/s]
                                              5

                                              4

                                              3
                                                   +17,3%               +9,3%               +2,0%                -6,1%
                                              2

                                              1

                                              0
                                                   KTG EA          KTG EA + 1,2kg       KTG EA + 2,4kg      KTG EA + 4,0kg
                                    PRE            5,2 m/s              5,1 m/s             5 m/s               4,9 m/s
                                     POST          6,1 m/s              5,6 m/s             5,1 ms              4,6 m/s

     Abb. 1a Athletin 2 (Ergänzungskader (EK), Speer)

                                             6

                                                                                                                                                                                                                                                                                    Abb. 2
                                             5
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Speerwurfspezifische Diagnostik am
              Abwurfgeschwindigkeit [m/s]

                                                                                                                                                                                                                                                                                    Kraft-Trainings-Gerät.
                                             4

                                             3
                                                     +9,6%                         0%                      -2,1%
                                             2
                                                                                                                             EMS im Hochleistungssport                              und Anwendungsempfehlungen abgeleitet werden.               Begleitet wurde die Trainingsintervention von ei-
                                                                                                                             Bei der Elektromyostimulation (EMS) werden moto-       Auf Grundlage des aktuellen Forschungsstands            ner sportartspezifischen Wurfdiagnostik am Leicht-
                                             1
                                                                                                                             rische Einheiten durch über die Haut applizierten      und unter Beachtung gegebener Anforderungen in          athletikstützpunkt in Leverkusen, die jeweils vor
                                                                                                                             Strom synchron, räumlich begrenzt und nicht-selek-     der Weltspitze leichtathletischer Wurfdisziplinen       (PRE) und nach der Intervention (POST) zur Überprü-
                                             0
                                                     KTG EA                 KTG EA + 1,2kg               KTG EA + 2,4kg      tiv aktiviert (Pillard, 2008). So erzeugt EMS in den   wurde GK-EMS während sportartspezifischer Be-           fung der Leistungsfähigkeit durchgeführt wurde. Die
                                            PRE      5,2 m/s                      4,7 m/s                   4,6 m/s          aktivierten Muskelfasern eine hohe mechanische         wegungen und Kraftübungen zusätzlich appliziert.        speerwurfspezifische Diagnostik erfolgte am Kraft-
                                            POST     5,7 m/s                      4,7m/s                      4,5 ms         Spannung und wird daher als hochintensiver Trai-       Zum einen sollten koordinativ anspruchsvolle Pha-       Trainings-Gerät (KTG). Die Bewegungsaufgabe der
                                                                                                                             ningsreiz eingestuft (Nosaka et al. 2011).             sen innerhalb der Wurftechniken stabilisiert sowie      Athletinnen bestand in der einarmigen Beschleuni-
     Abb. 1b Athletin 3 (Olympiakader (OK), Speer)                                                                               Die simultane Applikation von Strom während        deren Wiederholbarkeit erhöht werden. Zum an-           gung eines Schlittensystems durch eine sportartspe-
                                                                                                                             Kraftübungen oder sportartspezifischen Bewe-           deren sollte die Kraft- und Leistungsfähigkeit der      zifische Wurfabfolge. Die Abwurfgeschwindigkeit
                                                                                                                             gungen hat in den vergangenen Jahren mehr und          Athleten gesteigert werden.                             [m/s] des Schlittens wurde mittels Radarsensor (ball-
                                             19
                                                                                                                             mehr das Interesse des Hochleistungssports ge-                                                                 speedometer, SwissSensor, Schweiz) erfasst. Die Dia-
                                                                                                                             weckt. So rückte insbesondere die Ganzkörper-          Methodik                                                gnostik der Abwurfgeschwindigkeit erfolgte mit un-
                                             18
      Abwurfgeschwindigkeit [m/s]

                                                                                                                             Elektromyostimulation (GK-EMS) in den Fokus, da        Drei Kaderathletinnen des TSV Bayer Leverkusen aus      terschiedlichen Zusatzlasten (ZL) (ohne ZL, +1,2kg,
                                                                                                                             hierdurch ein hochintensives Ganzkörper-Workout        den leichtathletischen Disziplinen Speerwurf (n=2)      +2,4kg und +4,0kg) (Abbildung 1a und 1b). Die dis-
                                             17
                                                                                                                             in kurzer Trainingszeit, unabhängig von externen       und Diskuswurf (n=1) nahmen an der Interventi-          kuswurfspezifische Diagnostik erfolgte mit Hilfe von
                                                                                                                             Zusatzlasten ermöglicht wird. Insbesondere ein         onsphase des Transferprojektes teil. Eine sechs-        einarmigen Kugeldrehwürfen. Die Kugeldrehwürfe
                                             16
                                                                                                                             dynamisch ausgeführtes GK-EMS-Training scheint         monatige Interventionsphase wurde in der Vorbe-         erfolgten aus einer einfachen diskusspezifischen Dre-
                                                                                                                             für den Leistungssport von besonderem Nutzen,          reitungsperiode durchgeführt. Um der komplexen          hung. Die Abwurfgeschwindigkeit [m/s] der Kugel
                                             15               +4,7%
                                                                                                                             da hier, im Gegensatz zu isometrisch ausgeführtem      Periodisierung und Belastungssteuerung im Hoch-         wurde ebenfalls mittels Radarsensor (ballspeedo-
                                                                                                                             EMS-Training, die wichtige sportartspezifische Aus-    leistungssport gerecht zu werden, wurde GK-EMS          meter, SwissSensor, Schweiz) erfasst. Die Würfe er-
                                             14                                                       +4,0%
                                                                                                                             richtung des Trainings ermöglicht wird.                unter Berücksichtigung der jeweiligen Trainingsplä-     folgten mit unterschiedlich schweren Kugeln (1,0kg
                                                                                                                                                                                    ne der Athletinnen individuell angesetzt. Dennoch       und 1,5kg) (Abbildung 1c).
                                             13
                                                     Kugelwurf +1,0kg                        Kugelwurf +1,5kg
                                                                                                                             Einsatz von EMS bei leichtathletischen Wurfdis-        konnten die grundlegenden EMS-spezifischen Ein-
                                    PRE                      17,1 m/s                                15 m/s
                                                                                                                             ziplinen (Speer/Diskus)                                stellungen am Stimulationsgerät zwischen den drei       Diskussion
                                                                                                                             Die Zielstellung des Forschungsprojekts war die        Athletinnen gleich gewählt werden (Intensität: sub-     Alle drei Athletinnen konnten ihre sportartspezifische
                                    POST                     17,9 m/s                                15,6 m/s
                                                                                                                             wissenschaftlich begleitete Einführung der alter-      maximal 70%; Impulsart: bipolar; Impulsfrequenz:        Abwurfgeschwindigkeit über den Interventionszeit-
     Abb. 1c Athletin 1 (Nachwuchskader (NK), Diskus)                                                                        nativen und intensiven Trainingsmethodik Ganz-         85Hz; Impulsbreite: 400µs; Impulsanstieg: recht-        raum steigern. Insbesondere die hochrangingen Ka-
                                                                                                                             körper-Elektromyostimulation (GK-EMS) in das           eckförmig; Impulszeit/-pause: übungsspezifisch).        derathletinnen aus dem Speerwurf konnten beacht-
                                                                                                                             Hochleistungstraining von NK1-Athletinnen (Nach-       Die submaximale Intensität der EMS ermöglichte die      liche Verbesserungen der Abwurfgeschwindigkeit von
                                                                                                                             wuchskader 1) bis OK-Athletinnen (Olympikader)         Ausführung von dynamischen, sportartspezifischen        +17,3% (EK-Athletin) und 9,6% (OK-Athletin) erzie-
                                                                                                                             des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).          Übungen bei simultaner GK-EMS. Die ausgewählten         len. Dies weist auf ein hohes Verbesserungspotenti-
                                                                                                                             Neben der akuten Leistungssteigerung der Athle-        Trainingsübungen wurden von den beiden DLV-Dis-         al durch die Integration von GK-EMS bei hohem Lei-
                                                                                                                             tinnen durch eine Intervention sollte GK-EMS mit       ziplintrainern individuell nach Sportart und Athletin   stungsniveau hin. Insbesondere bei den Diagnostiken
                                                                                                                             längerfristiger Perspektive für Weltklasse-Athle-      angepasst.                                              ohne Zusatzlast bzw. mit geringeren Zusatzlasten
                                                                                                                             tinnen als saisonbegleitende Maßnahme etabliert                                                                (ohne ZL bis 1,5kg) konnten die größten Leistungs-
22                                                                                                                                                                                  IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                    23
Abb. 3
                                                                                           Stabilisationstraining zur Kräftigung der
                                                                                           Rumpfmuskulatur.

                                                                                           Abb. 4                                                    in eine EMS-Gruppe (EMS) und in eine aktive Kontroll-     Übungen. Die Doppelstockschubeinheiten wurden
                                                                                           Doppelstockschubtraining zur Tech-                        Gruppe (KON) unterteilt. Die Belastungsnormative der      auf dem Laufband gefahren und bestanden aus 3
                                                                                           nikschulung mit zusätzlicher Elektro-                     beiden Gruppen waren gleich. Der einzige Unterschied      Durchgängen mit folgendem Protokoll: 5 min bei 3°
                                                                                           myostimulation am Olympiastützpunkt                       bestand in der zusätzlichen Applikation von GK-EMS        Steigung und anschließenden 3 min bei 5° Steigung.
                                                                                           (OSP) Thüringen.                                          während allen Trainingsübungen ausschließlich in der      Sowohl für das Stabilisations- als auch für die Dop-
                                                                                                                                                     EMS-Gruppe.                                               pelschubeinheiten wurden für die EMS-Gruppe die
                                                                                                                                                         Die Trainingsintervention Biathlon erfolgte ins-      gleichen EMS-spezifischen Einstellungen wie bei der
                                                                                                                                                     gesamt über 14 Wochen. In dieser Zeit absolvierten        Trainingsgruppe Biathlon gewählt. Einzig beim Dop-
                                                                                                                                                     beide Gruppen (EMS und KON) neben dem normalen            pelschubtraining wurde die Impulszeit/-pause mit
                                                                                                                                                     Biathlontraining 12 zusätzliche Trainingseinheiten.       0,6s Impulszeit und 0,5s Impulspause an den Dop-
                                                                                                                                                     Jede Trainingseinheit bestand aus zwei Sätzen mit je-     pelstockschubeinsatz angepasst. Begleitet wurde die
                                                                                                                                                     weils 16 verschiedenen Stabilisationsübungen für den      Intervention Langlauf von einem Doppelstockschub-
                                                                                                                                                     Rumpf in dynamischer und isometrischer Ausführung.        Leistungstest des DSV, welcher im Olympiastützpunkt
                                                                                                                                                     Für die EMS-Gruppe wurden folgende EMS-spezifische        Thüringen vor (Eingangstest) und nach der Interventi-
                                                                                                                                                     Einstellungen an Ganzkörper-Stimulationsgeräten           on (Ausgangstest) durchgeführt wurde. Der Leistungs-
                                                                                           verbesserungen erzielt werden. Die speerwurfspe-          (miha bodytec, Augsburg) gewählt: Intensität: subma-      test erfolgte auf einem Laufband mit einstellbarem
                                                                                           zifischen Diagnostiken mit den schwereren Zusatz-         ximal 70%; Impulsart: bipolar; Impulsfrequenz: 85Hz;      Steigungsgrad (Poma, Porschendorf) inklusive Rollski
                                                                                           lasten (+2,4kg und +4,0kg) führten hingegen nicht         Impulsbreite: 400µs; Impulsanstieg: rechteckförmig;       (SRB, Zella-Mehlis; DMS Sport, Pirna).
                                                                                           zu Verbesserungen. Diese Ergebnisse können mit            Impulszeit/-pause: 4s/4s. Begleitet wurde die Inter-
                                                                                           der sportartspezifischen Ausrichtung des Trainings        vention Biathlon vorher (Eingangstest) und nachher        Hauptergebnisse
                                                                                           sowie der Trainingsspezifik von GK-EMS begründet          (Ausgangstest) von einer isometrischen Kraftdiagnos-      In der Sportart Langlauf werden die Effekte der Trai-
                                                                                           werden. Die GK-EMS-Trainingseinheiten wurden nur          tik (Schnell, Ingolstadt; FZP, Köln) und einem Hal-       ningsintervention gemessen an der insgesamt absol-
                                                                                           mit geringer Zusatzlast durchgeführt und waren nicht      tetest im stehenden Anschlag (Spezialmesstechnik,         vierten Strecke im DSV-Leistungstest aufgeführt. Die
                                                                                           auf das Bewegen hoher Lasten ausgelegt. In dieser         Ilmenau) am OSP Thüringen.                                Ergebnisse werden als Gruppenvergleich zwischen
                                                                                           Belastungssteuerung zeigten auch andere GK-EMS-               Die Trainingsintervention Langlauf erfolgte insge-    EMS- und Kontroll-Gruppe sowie per Individualver-
                                                                                           Studien Verbesserungen der Peak-Power über die Ge-        samt über 16 Wochen. In dieser Zeit absolvierten beide    läufe zwischen Eingangs- und Ausgangstest darge-
                                                                                           schwindigkeitskomponente. Die erzielten Leistungs-        Gruppen (EMS und KON) neben dem normalen Lang-            stellt.
                                                                                           verbesserungen können nicht ausschließlich auf die        lauftraining 13 zusätzliche Stabilisationseinheiten zur      Im biathlonspezifischen Haltetest im stehenden
                                                                                           Trainingsmethode GK-EMS zurückgeführt werden, da          Kräftigung der Rumpfmuskulatur und acht zusätzliche       Anschlag konnten folgende Hauptergebnisse im Grup-      Abb. 5 Doppelstockschub-
                                                                                           innerhalb der Trainingsgruppe keine leistungsent-         Doppelstockschubeinheiten zur Technikschulung auf         penvergleich zwischen EMS- und Kontroll-Gruppe so-      Leistungstest im Langlauf.
                                                                                           sprechende Kontrollgruppe gestellt werden konnte.         dem Laufband. Die Stabilisationseinheiten bestan-         wie für die Individualverläufe festgestellt werden.     Abb. 6 Haltetest im stehenden
                                                                                           Dieser Nachweis war Gegenstand früherer Projekte          den aus zwei Sätzen mit jeweils zehn verschiedenen                                                                Anschlag im Biathlon.
                                                                                           der Arbeitsgruppe.

                                                                                           Einsatz von EMS bei Langlauf und Biathlon
                                                                                           Die Zielstellung dieses Forschungsprojekts war die
                                                                                           wissenschaftlich begleitete Einführung von GK-EMS
                                                                                           in das Nachwuchstraining nordischer DSV-Athleten
                                                                                           (Nachwuchskader 1, Nachwuchskader 2 und Lei-
                                                                                           stungskader) aus den Sportarten Biathlon und
                                   Langlauf                           Biathlon
                                                                                           Langlauf. Neben der akuten Leistungssteigerung der
                                                                                           Athleten durch eine speziell auf die Sportart und Trai-
                      EMS (n=4)           KON (n=4)      EMS (n=6)           KON (n=5)     ningsgruppe abgestimmte Intervention sollte GK-EMS
                                                                                           mit längerfristiger Perspektive als saisonbegleitende
 Alter [J]            16,5 (0,6)          17,3 (1,0)     18,0 (0,9)          16,8 (1,1)    Maßnahme etabliert werden.

 Größe [cm]            186 (8)                182 (8)      180 (6)               185 (5)   Methodik
                                                                                           Insgesamt nahmen 23 Kaderathleten (Langlauf: n=12;
 Gewicht [kg]        75,0 (10,3)          72,8 (7,7)     71,2 (9,3)          76,6 (5,6)    Biathlon: n=11) teil. Zu Beginn der Projektkoopera-
                                                                                           tion wurde der Einsatz von GK-EMS in beiden Sport-
 BMI [kg/m²]          21,5 (1,5)          22,1 (2,7)     22,0 (1,9)          22,5 (1,7)    arten erprobt. Nach erfolgreicher Erprobungsphase
                                                                                           wurden zwei separate Trainingsinterventionen in den
 Krafttrainingser-    3,0 (1,1)           3,0 (0,9)       4,2 (1,5)          3,4 (1,1)     jeweiligen Trainingsgruppen durchgeführt. Zielstel-
 fahrung [J]                                                                               lung der Trainingsgruppe Biathlon war die Steigerung
                                                                                           der Rumpfkraft sowie die Erhöhung der Haltezeit im
 Trainingszeit/       15,0 (1,7)          15,7 (2,0)     13,5 (1,5)          13,5 (1,5)    Zielbild des stehenden Anschlages. Zielstellung der
 Woche [h]                                                                                 Trainingsgruppe Langlauf war die Verbesserung der
                                                                                           Doppelstockschub-Technik in Kombination mit einer
Tab.1 Gruppendaten als Mittelwert (Standardabweichung) aller Kaderathleten mit voll-       Erhöhung der Laufleistung bei einem standardisierten
ständigen Datensätzen.                                                                     Leistungstest. Beide Trainingsgruppen wurden jeweils
24                                                                                                                                                   IMPULSE 01 | 2020                                                                                                                            25
Sie können auch lesen