Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...

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Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
1 2020

campusintern   MAGAZIN DER KATHOLISCHEN HOCHSCHULE FREIBURG

  FORSCHUNG                    HOCHSCHULE                KOOPERATION
    Aufbau eines           Ein neuer Campus für die   Hochschulübergreifendes
 inklusiven digitalen      Katholische Hochschule       Promotionskolleg zur
 Erinnerungsarchivs                                    Versorgungsforschung
Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeitende,
          liebe Alumnae und Alumni,

          nach längerer Pause halten sie nun wieder eine
          neue Ausgabe unseres Hochschulmagazins in den
          Händen. Campus intern informiert Sie über wichtige
          Ereignisse in unterschiedlichen Bereichen der Hoch-
          schule und enthält Geschichten der verschiedenen
          Campi, berichtet von Alumni-Aktivitäten und stellt
          Ihnen Menschen unserer Hochschule vor.

          Anfang März hatte ich bereits eine erste Version des
          Vorworts geschrieben, in dem ich Sie über aktuelle
          Entwicklungen und angedachte Aktivitäten im kom-
          menden Sommersemester informieren wollte. Mitt-
          lerweile bestimmt die Corona-Pandemie, die Aus-
          maße einer Jahrhundert-Krise annimmt, den Alltag
          und macht völlig neue Planungen notwendig. Wir
          haben einen Krisenstab eingesetzt, der die sich dy-
          namisch verändernde Lage ständig beobachtet und
          notwendige situative Entscheidungen trifft.
          Als Teil des Netzwerks der Hochschulen für Ange-
          wandte Wissenschaften in Baden-Württemberg
          sind wir in den Informationsfluss von Seiten des
          Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und                      ketten zu erreichen, die Ausbreitung des Virus zu
          Kunst und des Sozialministeriums eingebunden.                     verlangsamen und damit das Gesundheitssystem zu
          Selbstverständlich gilt auch für uns die Rechts-                  entlasten.
          verordnung der Landesregierung über infektions-
          schützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des                    • Die Mitglieder der Hochschule sind informiert,
          Virus SARS-Cov-2, deren Regelungen auch immer                     dass der Lehrbetrieb soweit als möglich auf
          wieder den veränderten Bedingungen angepasst                      Online-Lehre umgestellt wird, Prüfungsformen an-
          werden. Nach dieser wird „der Studienbetrieb an                   gepasst, d.h. dass mündliche Prüfungen bspw. als
          den Universitäten, Pädagogischen Hochschulen,                     Videokonferenzen abgenommen, Klausuren durch
          Kunst- und Musikhochschulen, Hochschulen für An-                  andere Formate ersetzt werden.
          gewandte Wissenschaften, der Dualen Hochschule
          Baden-Württemberg (DHBW) und den Akademien                        • Im Masterstudiengang Management und Füh-
          des Landes (...) bis zum 19. April 2020 ausgesetzt.“1             rungskompetenz (MFM), der ebenfalls Ende März
                                                                            2020 beginnen sollte, haben wir die besondere Si-
          Aufgrund der allgemeinen Gefährdungslage durch                    tuation, dass im ersten Semester einige Studien-
          das Coronavirus und den Vorgaben der Landesre-                    formate (Assessment, Coaching, Reflecting Team,
          gierung auch zum „Verbot des Aufenthalts im öf-                   Gruppenreflexion) vorgesehen sind, die kaum oder
          fentlichen Raum, von Veranstaltungen und sonsti-                  gar nicht online ersetzt werden können, die ande-
          gen Ansammlungen“2 haben wir die Aktivitäten der                  rerseits aber gerade unter gruppendynamischen
          Hochschule auf ein Minimum reduziert:                             Aspekten für den Einstieg ins Studium sehr bedeut-
          Auch wir haben den Start des Sommersemesters                      sam sind. Deshalb haben wir beschlossen, das erste
          2020 auf den 20.04.2020 verschoben. Damit leisten                 Semester des MFM ins Wintersemester 2020/2021
          auch wir einen Beitrag zur Reduzierung der sozialen               zu verlegen.
          Kontakte, um eine Unterbrechung der Infektions-
Vorwort

                                                                            • Grundlegende       Aktivitäten der akademischen
          1 §2 der Corona-Verordnung, in Kraft getreten am 17. März 2020,   Selbstverwaltung     wollen wir in ihrem Kern weiter
          in der Fassung vom 28. März 2020
          2 §3 der Corona-Verordnung, in Kraft getreten am 17. März         sicherstellen. Der   Senat soll notwendige Entschei-
          2020, in der Fassung vom 28. März 2020                            dungen nun im        Umlaufverfahren treffen können.
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Auch die Sitzungen der Studienbereichskommissio-            und durch die Gesellschafterversammlung geneh-
nen, die Anträge und Positionierungen für die nach-         migt wird. Dieser Zeitplan ist ambitioniert, aber
folgend stattfindenden Senatssitzungen vorberei-            noch zu schaffen.
ten, werden nur virtuell stattfinden, ebenso wie die
Berufungsverfahren, die nicht verschoben werden             • Auch die Systemreakkreditierung steht nach 6 Jah-
können: Für diese haben wir digitale Formate über-          ren, in denen sich das Verfahren an unserer Hoch-
legt. Danach sollen die ausgewählten Bewerber*in-           schule bewährt hat, an. Der Antrag bei der AHPGS
nen eine Online-Lehrveranstaltung konzipieren, an           ist eingereicht, die beiden externen Begehungen
der die Berufungskommission und interessierte Stu-          erfolgen im Wintersemester 2020/2021. Mit dem Ak-
dierende an einem festgelegten Datum online par-            kreditierungsbescheid rechnen wir zu Beginn des
tizipieren können. Die Beratung in der Berufungs-           Sommersemesters 2021.
kommission muss dann auch wieder telefonisch
oder digital erfolgen. Auch die Prüfungsausschüsse          • Zum 1. Januar 2020 ist nun das ganze ehemalige
sind via Telefonkonferenzen oder Umlaufbeschlüsse           Margarete Ruckmich Haus angemietet und damit Teil
arbeitsfähig.                                               unserer Hochschule. Es firmiert zukünftig als Campus
                                                            II. Der Name „Margarete Ruckmich Haus“ bleibt für
• Alle hochschulischen Veranstaltungen (Dialog am           das Studierendenwohnheim erhalten. Auch dort wur-
See, Alumnifest, Eröffnungsfest des Campus II, Kon-         den die Umbaumaßnamen abgeschlossen, so dass
ferenzen, Tagungen und Verabschiedungen) sind bis           nun 100 Zimmer zur Vermietung für Studierende zur
August 2020 abgesagt.                                       Verfügung stehen. Mitte Juli sollte der Campus II im
                                                            Rahmen einer kleinen Feier offiziell eröffnet werden,
• Auf unsere Verwaltung können wir stolz sein. Sie          doch auch diese Veranstaltung muss nun verscho-
arbeitet soweit als möglich im Homeoffice. Nur jene         ben werden. In der finalen Erarbeitung befindet sich
Dienste, wie z.B. die IT oder Teile des Prüfungsam-         ein Konzept zur Nutzung von Campus II. Darin soll
tes, die ihre Aufgaben nicht von zu Hause aus be-           z.B. auch geklärt werden, ob dort ein „Inklusives
werkstelligen können, arbeiten zu definierten Zeiten        Café‘“ eröffnet werden kann. Wir können sehr ge-
an der Hochschule.                                          spannt darauf sein, welche attraktiven Perspektiven
                                                            und konkreten Optionen sich für unsere Hochschule
Wenngleich die Bewältigung der Herausforder-                auf dem Campus II ergeben. Und es wird an uns
ungen, die die Coronakrise mit sich bringt, derzeit         liegen, wie wir den neuen Campus mit Leben füllen.
den Alltag bestimmt und unsere ganze Konzentra-
tion erfordert, können wir die anderen großen Pro-          Neben diesen großen Projekten wird an vielen wei-
jekte nicht aus den Augen verlieren:                        teren Projekten gearbeitet, sei es an den Vorarbei-
                                                            ten zu neuen Studiengängen, z.B. einem Master-
• Die Cyberattacke durch die Schadsoftware Emotet           studiengang zur Nachqualifizierung von Lehrenden
kurz vor Weihnachten machte deutlich, dass sich die         mit Bachelorabschluss an Pflegefachschulen oder
Bedrohungslage für IT-Infrastrukturen ganz allgemein        einem Masterstudiengang in der Sozialen Arbeit.
kontinuierlich verschärft. Die Folgen des Angriffs konn-
ten dank eines sehr gut funktionierenden Krisenma-          Wir alle haben in den letzten Wochen das große
nagements, dem intensiven Einsatz der IT-Abteilung          Engagement und die große Bereitschaft erlebt, ge-
und großer Unterstützung durch weitere Mitarbeiten-         meinsam die Herausforderungen in der Krisensitua-
de weitgehend behoben werden. Derweil gehen die             tion zu bewältigen und an den großen und kleine-
Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung kontinu-       ren Projekten weiterzuarbeiten. Dafür sei Ihnen an
ierlich weiter. Im Fokus steht dabei derzeit besonders      dieser Stelle herzlich gedankt.
die sofortige Umstellung auf Digitale Lehre, die für alle   Allen Leser*innen der neuen Campus intern wün-
Beteiligten, auch aufgrund des enormen Zeitdrucks,          sche ich nun eine anregende Lektüre.
eine besondere Herausforderung darstellt. Auch das
Projekt eCampus, das an der Optimierung der Orga-           Ihr
nisationsprozesse rund um den Student-Life-Cycle ar-
beitet, wird zielstrebig weiter umgesetzt.
                                                                                                                    Vorwort

• Ein wichtiges und großes Projekt ist auch der
Strategieentwicklungsprozess 2025. Der bisheri-             Prof. Dr. Edgar Kösler
ge Zeitplan sieht vor, dass die neue Strategie zum          Rektor
Ende des Sommersemesters 2021 verabschiedet

                                                                                                                      1
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         Inhalt

         TITELTHEMEN                                         STUDIUM

         Bildung braucht Freiraum                            Wir sind emotional betroffen, schockiert
              Ein neuer Campus für die Katholische           und entsetzt
              Hochschule                                         Studienfahrt nach Auschwitz-Birkenau
              Thomas Höß                                4       Daniel Huth                              12

         Migrantinnengeschichte als Teilhabe                 Angewandte Theologie und
             Aufbau eines digitalen Erinnerungsarchivs       Religionspädagogik studieren
             Myriam Alvarez und Birgit Heidkte        6          Zweiter Durchgang des Bachelorstudien-
                                                                  gangs erfolgreich gestartet
         Collaborative Care                                       Prof.in Dr. Erika Adam                14
              Der Mehrwert hochschulübergreifender
              Kooperation am Beispiel des Kooperativen       Vom Geheimnis Gottes und dem Geheimnis
              Promotionskollegs                              des Menschseins
              Prof.in Dr. Eva Maria Bitzer und                   Prof.in Dr. Erika Adam, Studiengangsleiterin
              Mareike Lederle                        10         von „Ange­wandte Theologie und Religions-
                                                                 pädagogik“ im Interview                   10

         HOCHSCHULE
                                                             FORSCHUNG
         Pädophilie, Prostitution und Abtreibung
             Vortragsreihe „Talkpunkt“ bringt Tabu­          Befo -Bewegungstherapie-Fortbildungen
             themen an die Katholische Hochschule                Forschungsprojekt zu psychologischen
             Agnes Lütte                                8       Interventionen in der Bewegungstherapie
                                                                 erfolgreich abgeschlossen
         Neue Rektorin an der Hochschule                         Prof.in Dr. Wiebke Göhner, Andrea Reusch,
             ab September 2020                         28       Daniela Schagg, Ro­land Küffner         18

         Neuer Master „Bildung im Gesundheitswesen/
Inhalt

         Education in Healthcare“                  28

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QUALITÄTSMANAGEMENT                                     ALUMNI

Von Studierenden für Studierende                        Kinder mit Fluchterfahrung in Freiburg
    Ausbau studentischer Beteiligung an der                 Eine prämierte Masterthesis zur Situation
    Katholischen Hochschule                                 geflüchteter Kinder in Freiburger Kitas.
    Katharina Ruzitschka und Sophia Mangold20              Hannah Kofler und Ka­tharina Feinauer    24

                                                        Kurz gemeldet
INTERNATIONAL
                                                        Studierendenvertretung in Zeiten von Corona
Marokko                                                     Der AStA lädt Studierende zur Mitgestaltung ein
    Enge Zusammenarbeit mit der Universität                 Terence Hill                               28
    Fes
    Prof.in Dr. Nausikaa Schirilla, Annika Wolf 22     Frisch gedruckt 	                              30

Soziale Arbeit in postsozi­alistischen Gesellschaften   Neue Gesichter                                 32
    Gastdozentur in Veszprém/ Ungarn
    Prof. Dr. Jürgen Sehrig                       23

Acht Monate Norwegen
    Erfahrungen aus Studium, Praktikum und
    Forschung
    Rahel Warnatsch                       26
                                                                                                              Inhalt

                                                                                                                3
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Bildung braucht Freiraum
             Ein neuer Campus für die Katholische Hochschule

             Bildung braucht Freiraum – dies nahm die Katholi-               keiten in der Karlstraße („Campus I“) auf - dies ist
             sche Hochschule Freiburg wörtlich und vergrößerte               jedoch kein Zufall, sondern dem Umstand zu ver-
             sich räumlich: die Erzdiözese Freiburg hatte im Jahre           danken, dass beide Orte zeitgleich von demselben
             2018 der Hochschule die Möglichkeit eröffnet, das               Architekten geplant und Ende der 60er Jahre errich-
             ehemalige Margarete Ruckmich Haus in der Charlot-               tet wurden. So sind z.B. die Flure mit den gleichen
             tenburger Straße 18 in Freiburg-Betzenhausen als                Fliesen ausgelegt.
             „Campus II“ anzumieten. Das neue Gebäude weist                  Das Gebäude des Campus II wurde in den vergan-
             im Inneren viele Ähnlichkeiten mit den Räumlich-                genen Jahren umfassend energetisch saniert und
                                                                             die Brandschutzsanierung ist abgeschlossen. Noch
                                                                             bis Ende Juli 2019 wurde das bisher im Haus an-
                                                                             gesiedelte Tagungszentrum in reduzierter Form pa-
                                                                             rallel weitergeführt, ebenso wie die Ausbildung der
                                                                             Gemeindereferent*innen. Mit dem Beginn des Ba-
                                                                             chelorstudienganges „Angewandte Theologie und
                                                                             Religionspädagogik“ zum Wintersemester 2018/19
HOCHSCHULE

                                                                             wurde diese Ausbildung an unsere Hochschule ver-
                                                                             lagert.
                                                                             In den großzügigen und modern eingerichteten
                                                                             Lehrräumen des Campus II finden derzeit die Veran-
                                                                             staltungen von Weiterbildungen und des Masterstu-
             Das Heilpädagogische Zentrum hat die neuen Räume bezogen.
             Für Spieltherapie und Entwicklungsförderung stehen gut ausge-   diengangs „Klinische Heilpädagogik“ statt. Mitarbei-
             stattete Förder-/Therapieräume zur Verfügung.                   ter*innen des Bereichs Weiterbildung haben bereits

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Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
Für besinnliche Rückzugsmöglichkeiten aus dem
                                                               Studierendenalltag sorgen eine Kapelle und ein Me-
                                                               ditationsraum. Derzeit laufen zudem die Planungen
                                                               für die Ausstattung der Flure mit Lerninseln und für
                                                               die Schaffung weiterer Gruppen- und Ruhearbeits-
                                                               möglichkeiten.

                                                               Zu dem nun angemieteten Gebäudekomplex gehört
                                                               auch ein Studierendenwohnheim mit rund 100 Zim-
                                                               mern. Diese verteilen sich auf fünf Stockwerke und
                                                               werden in erster Linie an KH-Studierende vermietet. In
                                                               jedem Stockwerk befinden sich zwei gut ausgestatte-
                                                               te, z.T. neu eingerichtete Küchen und jeweils ein gro-
Durch den Umzug auf den neuen Campus konnte das Skills-Lab     ßes „Wohnzimmer“ – der Gemeinschaftsraum für die
Pflege weiter ausgebaut werden. Es ermöglicht simulationsba-   20 Bewohner*innen pro Etage. Zudem besitzt jedes
siertes Lernen, das in allen Gesundheitsstudiengängen ab dem
ersten Semester einen festen Bestandteil der Lehre bildet.     Stockwerk die Möglichkeit, ein Zimmer als „Gästezim-
                                                               mer“ selbst zu verwalten. Zum Beginn des Sommerse-
                                                               mesters 2020 konnten die nun ganz frisch renovierten
ihre Arbeitsplätze im Campus II bezogen. Für größe-            Zimmer im ersten Stockwerk des Studierendenwohn-
re Veranstaltungen befindet sich im Hause zusätzlich           heims „Margarete Ruckmich Haus“ an Studierende ver-
eine große, lichtdurchflutete Aula (Aula 4000).                mietet werden. Derzeit sind noch einige Zimmer frei –
                                                               Anfragen sind herzlich willkommen! Wenden Sie sich
Ein neues Zuhause hat auf dem Campus II auch das               bei Interesse gerne direkt an Gerlinde Richter unter
Heilpädagogische Zentrum (HPZ) gefunden. Hier wer-             wohnheim@kh-freiburg.de.
den Bildungs- und Beratungsangebote, Förder- und
Therapieangebote sowie Projekte zu sozialpoliti- Auch personell hat sich inzwischen einiges getan:
schen Themen realisiert. Die niederschwelligen Ange- zum Jahresbeginn hat Thomas Höß die Betriebslei-
bote richten sich dabei an Menschen jeglichen Alters, tung des Campus II übernommen. Unterstützt wird
in erschwerten Lebenslagen mit körperlichen, psy- er von Gerlinde Richter, welche in erster Linie für die
chischen und sozialen Beein-
trächtigungen. Das HPZ verfügt Das gesamte Gebäude des Campus II wurde in den vergange-
zudem über ein umfassendes nen Jahren umfassend energetisch saniert.
diagnostisches Archiv („Testo-
thek“). Für kreative Förderungen stehen kunstthera- Vermietung der Wohnheimzimmer zuständig ist, so-
peutische Räume und ein Musikraum zur Verfügung, wie von dem Haustechniker Krzysztof Pardala und
für Spieltherapie und Entwicklungsförderung entspre- den Hauswirtschafterinnen Gisela Arnas und Anna
chende Förder-/Therapieräume.                         Wunder.
Ein wichtiger Teil des HPZ ist die Lernwerkstatt, die
derzeit in den Räumen der ehemaligen Bibliothek Die bereits erfolgten und auch zukünftig noch aus-
konzipiert und eingerichtet wird. Dieser Ort des stehenden Veränderungen sollen dazu beitragen,
selbstverantwortlichen forschenden Lernens ist aus- dass die Studierenden und Mitarbeiter*innen der
gestattet mit Literatur, didaktischen Materialien und Katholischen Hochschule Freiburg mehr Raum zur
innovativen Arbeitsmaterialien für spezielle Vertie- Entfaltung erhalten.
fungsbereiche. Schließlich sind auch das Zentrum Die offizielle Eröffnung des Campus II war für Mitte
für Unterstützte Kommunikation (ZUK) und eine Juli 2020 geplant. Wie viele andere Veranstaltungen
große Turnhalle für bewegungsorientierte Förderun- mussten die Feierlichkeiten leider auf Grund der Co-
gen in den neuen Räumlichkeiten des Campus II rona-Pandemie vorläufig abgesagt werden.
untergebracht.
                                                                                                                               HOCHSCHULE

Mit dem Umzug konnte zudem das Skills Lab Pfle-                                 Thomas Höß ist seit Januar 2020 Betriebslei-
                                                                                ter am Campus II.
ge für Studierende der Gesundheitsstudiengänge
ausgebaut werden: Aus einem separaten Raum mit
modernem Pflegebett, Simulationspuppe und Über-
wachungsmonitor kann über drei Kameras die Situ-
ation in zwei Lehrräume übertragen werden.

                                                                                                                                  5
Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
Migrantinnengeschichte als Teilhabe
            Aufbau eines digitalen Erinnerungsarchivs

            Im September 2019 hat das dreijährige, durch das im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter
            BMBF geförderte Forschungsprojekt IDEA - „Inklusives als rückständig wahrgenommen und häufig darauf
            Digitales Erinnnerungsarchiv: Migrantinnengeschichte reduziert, Anhängsel von Männern zu sein. Gesell-
            als Teilhabe“ begonnen. Das Projekt steht unter der schaftliche Kontroversen und mediale Inszenierun-
            Leitung von Prof.in Schirilla und wird in Zusammenar- gen richten sich vor allem auf männliche Migranten.
            beit mit Prof. Garcia von der Hochschule Furtwangen Zugleich werden die seit den 1950er Jahren nach
            und dem Verein Feministische Geschichtswerkstatt Deutschland als junge Frauen oder Erwachsene
            Freiburg e.V. (FemWerkstatt) als WPK-Partner realisiert. eingewanderten Migrantinnen älter. Ihre Situation
            Projekte zur Migrationsgeschichte rekonstruieren wird im Kontext gerontologischer Fragestellungen
            selten die Geschichte von Migrantinnen. Es gibt nur erforscht, sie sind als potentielle Kundinnen der
            wenig öffentliche und private Archive, die Quellen Pflege im Visier, als Patientinnen unter gesundheit-
            zu Migration systematisch
            und gendersensibel erfassen. IDEA adressiert politisch und gesellschaftlich aktive Migran-
            Im allgemeinen Geschichts- tinnen und will sie sowohl als Zeitzeuginnen, als auch als
            verständnis werden zugewan- Multiplikatorinnen gewinnen.
FORSCHUNG

            derte Frauen aufgrund ihres
            Geschlechts und ihrer Migrationserfahrungen im Nor- lichen und salutogenetischen Fragestellungen, aber
            malfall ausgeblendet. Dies spiegelt sich wider in der selten als aktive Bürgerinnen dieser Gesellschaft.
            Erinnerungskultur.
                                                                     Hier setzt IDEA an. Das Projekt will die Geschichte
            Migrantinnen waren und sind zudem Projektionsflä- von Migrantinnen aus der Perspektive aktiver Bürge-
            che zahlreicher Stereotypen und werden als passiv, rinnen recherchieren, öffentlich vermitteln und lang-

  6
Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
fristig archivieren. Das digitale Erinnerungsarchiv     shops zu realisieren und das Potential digitaler Me-
versteht sich als Zugang für Migrantinnen, um ihre      dien für interkulturelle, partizipative Oral History zu
Geschichte mit der Methode der Oral History selbst      erproben. Als beratendes Gremium wird ein über-
zu erfassen und öffentlich sichtbar zu machen.          regionaler Projektbeirat mit Expertinnen aus For-
                                                        schungs- und Praxisinstitutionen eingerichtet.
Auch wenn einige Archive und Forschungsprojekte In Phase 3 steht das Aneignen der Ergebnisse und die
Oral History und Migration in den Blick nehmen, feh- Konzeption des Oral History Archivs im Mittelpunkt,
len in diesem Bereich bislang partizipative Ansätze. sowohl technisch, im Aufbau einer Datenbank und
IDEA adressiert politisch und gesellschaftlich aktive der Entwicklung von Sicherungssystemen, als auch
Migrantinnen und will sie sowohl als Zeitzeuginnen, für die Find-Systematik und für Kooperationen mit
als auch als Multiplikatorinnen gewinnen. Durch ihre bestehenden Archiven und Open Knowledge-Bestän-
aktive Mitarbeit in der Generierung von Quellen und den. In Kooperation mit dem Projektbeirat wird in
ihre Beiträge in digitalen Formaten zur Geschichts- dieser Phase auch eine wissenschaftliche Bestands-
vermittlung soll erreicht werden, dass Migrantinnen aufnahme des partizipativen Oral History-Konzepts
selbst teilhaben an der Überlieferung und gesell- erfolgen. Die abschließende Phase dient der Ergeb-
schaftlichen Repräsentation ihrer Geschichte.           nissicherung. Digitale Tools und die Sicherungs- und
                                                                               Suchinstrumente der Daten-
Migrantinnen sollen selbst teilhaben an der Überlieferung bank werden verfeinert. Eine
und gesellschaftlichen Repräsentation ihrer Geschichte.                        Plattform für partizipative Oral
                                                                               History im Blogformat wird auf-
Der Freiburger Verein FemWerkstatt erforscht und gebaut und mit Content veröffentlicht. Darüber hin-
sammelt Quellen zur regionalen Geschichte der Frau- aus wird ein Realisierungskonzept für die Sicherung
enmigration. Mit seinem Sammlungsschwerpunkt auf der Nachhaltigkeit des partizipativen Oral History-Ar-
Oral History exploriert der interkulturell aufgestellte chivs zur Migrationsgeschichte von Frauen vorgelegt.
Verein das Potential partizipativer Ansätze in inter-
kulturellen Rechercheteams und erprobt Partizipation Das geplante Projekt ist in der für Soziale Arbeit so
auch in öffentlichen Erzähl- und Publikationsforma- zentralen Thematik der Partizipation verortet und er-
ten. FemWerkstatt ist zudem eingebunden in den kundet die Nutzung digitaler Zugänge in der Beför-
Dachverband IDA, das Netzwerk deutschsprachiger derung von Partizipation der anvisierten Zielgruppe.
Frauenarchive und -dokumentationszentren. Über die Es stellt zudem einen Beitrag zur Entwicklung neuer
fachliche Expertise hinaus wird die FemWerkstatt im Metanarrative einer Einwanderungsgesellschaft dar,
Projekt IDEA das Ziel verfolgen, die Sammlung der für die Zugewanderte nicht ein Anhängsel der Ge-
Oral History Quellen von Migrantinnen zu verstetigen sellschaft darstellen, sondern einen Platz in öffent-
und diese in einem Archiv zur Migrationsgeschichte lichen Repräsentationen innehaben.
von Frauen in Deutschland langfristig zu sichern.       Durch die Nutzung digitaler Medien und vor allem
                                                        durch die Instrumente, die auf den digitalen End-
Die Hochschule Furtwangen wird als Kooperations- geräten der Zielgruppe selbst nutzbar sind, haben
partner für IDEA digitale Medientools entwickeln und sich neue niedrigschwellige Möglichkeiten eröffnet,
eine Infrastruktur schaffen, die zum einen das ver- Geschichte lebendig werden zu lassen.
netzte Sammeln von Oral History-Quellen unterstützt Dies wird aber auch neue Herausforderungen mit
und dabei Mehrsprachigkeit integriert. Darüber hin- sich bringen, im Hinblick auf persönliche Rechte
aus werden digitale Medien – beispielsweise Blogs und Persönlichkeitsschutz und besonders hinsicht-
und Podcasts – für die Vermittlung und Veröffentli- lich der Frage, wie die Quellen aufbereitet, wie ihre
chung eingesetzt. Damit werden Zugänge geschaffen, Nutzung begleitet und mit anderen Social Media
die es Migrantinnen ermöglichen, ihre Geschichte vernetzt werden sollen. IDEA wird zur Klärung die-
selbstbestimmt zu veröffentlichen und zu überliefern. ser und weitergehender Fragen zum angemessenen
                                                        Umgang mit Online-Erinnerungskulturen beitragen.
Für die Umsetzung der Ziele sind vier Phasen ge-
                                                                                                                    FORSCHUNG

plant: In Phase 1 werden Konzepte und Instrumente
für die Kooperation und Multiplikation partizipativer                                       Myriam Alvarez und
Oral History entwickelt, die in Phase 2 erprobt und                                         Birgit Heidtke sind
                                                                                            Akademische Mitarbei­
mit Netzwerkpartnern multipliziert werden sollen. Es                                        terinnen im Projekt
wird ein kooperierendes Netzwerk von Migrant*in-                                            IDEA am IAF.
nenorganisationen und Archiven aufgebaut, um Oral
History-Interviews zu sammeln, Methoden-Work-

                                                                                                                       7
Campusintern - Katholische Hochschule Freiburg ...
Pädophilie, Prostitution und Abtreibung
             Vortrags- und Gesprächsreihe „Talkpunkt“ bringt
             Tabuthemen an die Katholische Hochschule

             Nie zuvor wurden an einem Talkpunkt-Abend so           Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedi-
             viele Zuhörer*innen begrüßt wie an diesem Abend.       zin an der Charité in Berlin ist Psychoanalytiker und
             Selten war das Thema so brisant: Pädophilie.           Facharzt für Psychotherapeutische Medizin. Beier und
             Mit diesem kontroversen Vortragsthema startete die     sein Team sind sehr engagiert in der Diagnostik und
             beliebte Vortragsreihe „Talkpunkt“ in das vergan-      Therapie pädophiler Männer und besonders bekannt
             gene Wintersemester. Organisiert wurde der Talk-       durch das Forschungsprojekt „Kein Täter werden“,
             punkt auch in diesem Jahr von Studierenden der         das sich primär der Prävention sexuellen Kindes-
             Katholischen Hochschule – drei Veranstaltungen zu      missbrauchs widmet. Professor Beier präsentierte an
             gesellschaftlichen Tabuthemen standen auf dem          diesem Abend sein Wissen und seine Erfahrungen zu
             Programm: Pädophilie, Abtreibung und Prostitution.     diesem tabuisierten Thema in einem dreißigminütigen
                                                                    Inputvortrag. Im Anschluss hatten die Teilnehmer*in-
             Das große Interesse am Pädophilie-Vortrag zeichne-     nen die Möglichkeit zur Diskussion, in der sich ein
HOCHSCHULE

             te sich bereits im Vorfeld ab, so dass eine Übertra-   großes Interesse am Thema, ebenso wie eine deutli-
             gung der Veranstaltung in die Aula 1000 organisiert    che Verunsicherung und viele offene Fragen offenbar-
             wurde. Die über 400 Besucher*innen füllten sowohl      ten: Ist Pädophilie heilbar? Sollten Menschen mit ei-
             den Großen Saal der Caritas, als auch die Aula 1000    ner solchen Neigung kriminalisiert werden? Was heißt
             der Katholischen Hochschule vollständig.               es, pädophil zu sein und wie erleben es Betroffene?
             Als Referenten konnte Herr Prof. Dr. med. Dr. phil.    In der Fishbowl-Diskussion konnten wir auch Prof.
             Klaus M. Beier gewonnen werden. Der Direktor des       Dr. Claus Muke begrüßen, der seit dem Winterse-

  8
mester 2019/20 Professor für Sozialmedizin an der           Anfang Dezember 2019 fand der letzte Talkpunkt
Katholischen Hochschule ist. Gleich zu Beginn der           des Wintersemesters zum Thema Abtreibung statt.
Diskussionsrunde gewährte er einen spannenden               Die angefragte Referentin musste leider kurzfristig
Einblick in das Thema. Auch die Zuhörer*innen               absagen und Professor Dr. Dr. Albin Eser sprang er-
hatten nun die Möglichkeit sich aktiv durch Mei-            freulicherweise kurzfristig ein. Als Experte auf den
nungsäußerungen und Rückfragen zu beteiligen.               Gebieten Völkerstrafrecht, internationales Strafrecht
Die Botschaft der Expert*innen war klar: Menschen           und Medizinstrafrecht wurde ihm für seine heraus-
mit pädophilen Neigungen sind nicht per se Ge-              ragenden Arbeiten 2004 das Bundesverdienstkreuz
walttäter. Sie müssen lernen mit diesen Neigungen           erster Klasse verliehen und die Universitäten in Kra-
kontrolliert umzugehen, wie Personen mit ande-              kau, Huancayo und Tokio zeichneten ihn mit der
ren sexuellen Neigungen auch. Wenn ihnen diese              Ehrendoktorwürde aus.
Selbstkontrolle nicht gelingt, ist der Justizapparat        Professor Eser zeigte die Vielfalt der Regelungen
zuständig. Wir konnten uns an diesem Abend über             auf, die in verschiedenen Ländern zu Schwanger-
einen sehr respektvollen und argumentativ starken           schaftsabbrüchen existieren. Es gäbe kaum Länder
Meinungsaustausch freuen.                                   auf der Welt, in denen es dieselben gesetzlichen
                                                            Bestimmungen gelten. Es zeigte sich eine enorme
Schon eine Woche nach diesem erfolgreichen                  Kontroversität des Themas. Denn die Diskussion
Abend, konnten wir erneut dieselbe große Zahl an            um Abtreibung, um Leben oder Nicht-Leben, berührt
Teilnehmer*innen zum nächsten Talkpunkt, diesmal            das Menschsein in seinem Kern.
zum Thema Prostitution, willkommen heißen. Als              In der Fishbowl-Runde durften wir auch Prof.in Dr.
Referentin begrüßten wir die Sozialwissenschaft-            Stephanie Bohlen, Prorektorin für Lehre an der KH,
lerin Emilija Mitrovic. Sie lehrte zwanzig Jahre an         begrüßen. Prof.in Bohlen betonte das Recht der
der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in             Frauen auf Selbstbestimmung und forderte, dass
Hamburg (HAW)und ist Initiatorin und Koordinato-            Beratungsstellen für schwangere Frauen eine ange-
rin von „Ratschlag Prostitution“, einem Zusammen-           messene und ausführliche Beratung durchführen.
schluss von Hilfseinrichtungen für Prostituierte und
der Gewerkschaft                                            Das Organisationsteam des Talkpunkts 2019 setzt
Ver.di in Hamburg. Mitrovic setzt sich für die Rechte       sich aus Studierenden des dritten Semesters Sozi-
von Sexarbeitenden ein und publizierte unter ande-          aler Arbeit zusammen. Wir sind begeistert von dem
rem einschlägige Bücher wie „Prostitution und Frau-         enormen Zuspruch, den wir bei der Organisation der
enhandel“ (2006) und „Arbeitsplatz Prostitution –           Vortragsreihe erfahren durften. Dass die Katholische
ein Beruf wie jeder andere?“ (2007).                        Hochschule durch die jährliche Vortrags- und Dis-
Mitrovic sieht Prostitution nicht als Beruf wie jeden       kussionsreihe einen festen Rahmen für diese be-
anderen, fordert aber dieselben Rechte und setzt            deutsamen Themen gestaltet, empfinden wir als
sich für eine zunehmende Akzeptanz in der Gesell-           eine große Chance.
schaft ein. Sie versetzt die Prostituierten nicht in eine   Wir freuen uns über die explodierenden Teilneh-
Opferrolle, sondern versteht sie als selbstbestimmte        mer*innenzahlen, sehen allerdings auch die Her-
Sexarbeiterin, die frei von Ausbeutung ist.                 ausforderung durch die Größe, die die Veranstal-
Lucia Segler, Lehrbeauftragte an der Katholischen           tung erreicht hat. Wir hoffen sehr, dass auch in den
Hochschule mit eigener Beratungspraxis und erfah-           nächsten Jahren Studierende motiviert sein werden,
rene Sozialarbeiterin auch im Feld der Prostitution,        den Talkpunkt zu planen und gestalten.
nahm einen anderen Standpunkt ein. Sie lenkte den
Blickwinkel auch auf die dunklen Seiten der Prosti-         Für Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz, der den Talkpunkt
tution. Es sei immer noch ein hoher Wert in unserer         gemeinsam mit Studierenden vor fünf Jahren ins Le-
Gesellschaft, keinen Geldschein zwischen die sexu-          ben gerufen hat, war dies die letzte Vortragsreihe,
elle Kommunikation zu schieben, so Segler.                  die er vor seinem Ruhestand begleitete. Wir möchten
Dass es beim Thema Prostitution deutlich unter-             uns an dieser Stelle herzlich bei ihm für sein Engage-
schiedliche Ansichten gibt, zeigte sich schnell wäh-        ment und seine große Unterstützung in den letzten
                                                                                                                            HOCHSCHULE

rend der Fishbowl-Diskussion. Wir schätzen es sehr,         Jahren bedanken und hoffen, dass der Talkpunkt
dass der Talkpunkt eine Veranstaltung ist, bei der          auch in Zukunft „hot spot“ der KH bleiben wird.
jede*r offen und ehrlich seine Meinung äußern
kann, ohne dafür verurteilt zu werden. Diese Vielfalt
zeichnet die KH Freiburg aus. Wir wollen auf diesem
                                                            Agnes Lütte war im Wintersemester 2019/20 Teil des studen-
Weg voneinander lernen und neue Perspektiven ge-            tischen Orgateams rund um den Talkpunkt. Sie studiert Soziale
winnen.                                                     Arbeit im 4. Semester.

                                                                                                                               9
Collaborative Care
            Der Mehrwert hochschulübergreifender Kooperation am
            Beispiel des Kooperativen Promotionskollegs

            Zur Förderung der Kooperation zwischen den Uni-                      mit einem sozialwissenschaftlichen Fokus2. Im Ein-
            versitäten und den Hochschulen für Angewandte                        zelnen beteiligt waren die Katholische Hochschule
            Wissenschaften in Baden-Württemberg fördert das                      Freiburg, die Universität Freiburg, das Universitäts-
            Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst                    klinikum Freiburg, die Pädagogische Hochschule
            Baden-Württemberg seit dem Jahr 2010 Kooperative                     Freiburg und die Evangelische Hochschule Freiburg.
            Promotionskollegs. In jedem Promotionskolleg kön-                    Im Rahmen des Kollegs wurden 12 Stipendien nach
            nen dabei unter Berücksichtigung eines fachlichen                    dem Landesgraduiertenförderungsgesetz vergeben.
            Schwerpunktes zehn bis 15 Stipendien gefördert
            werden1. Für den Zeitraum von 2016 bis 2019 för-                     Im Fokus stand die Versorgungsforschung und die
            derte das Land aus dieser Initiative das Kooperative                 Collaborative Care. Versorgungsforschung ist ein in-
            Promotionskolleg „Versorgungsforschung: Collabo-                     terdisziplinäres Forschungsgebiet, welches Struktu-
            rative Care“. Das Kolleg vereinte vier Institutionen                 ren und Prozesse der Gesundheitsversorgung unter-
PROMOTION

            und war das einzige von zehn bewilligten Kollegs                     sucht und die Wirksamkeit und Angemessenheit der

            1 Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Würt-      2 Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Würt-
            temberg. Promotionswege für Absolventinnen und Absolventen           temberg. Neu in die Förderung aufgenommene Kooperative Promoti-
            der Fachhochschulen. Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe „Pro-         onskollegs. Online: https://mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/
            motionswege – FH“. Online: https://mwk.baden-wuerttemberg.           redaktion/m-mwk/intern/dateien/Anlagen_PM/2015/126_PM_
            de/fileadmin/redaktion/m-mwk/intern/dateien/Anlagen_PM/2015/         Anlage_%C3%9Cbersicht_gef%C3%B6rderte_Kooperative_
            Ergebnisbericht_AG_Promotionswege.pdf. letzter Zugriff: 27.10.2019   Promotionskollegs.pdf letzter Zugriff: 28.10.2019

 10
Versorgung unter Alltagsbedingungen in den Mit-                    Standorten stattfindenden Kolleg-Tagungen wid-
telpunkt stellt. Versorgungsforschung berücksich-                  meten sich jeweils unterschiedlichen thematischen
tigt in besonderem Maße die Patient*innen- bzw.                    Schwerpunkten und boten gleichfalls Raum zur in-
Nutzer*innenperspektive und die Komplexität und                    tensiven methodischen Auseinandersetzung mit den
Kontextbedingtheit der Versorgung. Sie besitzt auch                Promotionsvorhaben. Die besondere Konstellation
eine präventive Ausrichtung, wenn sie Versorgung                   des Kollegs erweiterte für alle Stipendiatinnen die
in den Blick nimmt, deren Ziel die Vermeidung von                  Möglichkeiten der überfachlichen Qualifizierungsan-
Krankheit und Behinderung ist.                                     gebote erheblich. Zur Verfügung standen neben dem
Collaborative Care beinhaltet im Kern die Idee, einen              Programm der Bildungswissenschaftlichen Graduier-
strukturierten, sektorenübergreifenden Plan der Ver-               tenakademie der Pädagogischen Hochschule Frei-
sorgung, Behandlung bzw. Prävention chronischer                    burg das der Internationalen Graduiertenakademie
Kranker aufzustellen, in dem Interventionen mul-                   der Universität Freiburg sowie die spezifischen Fort-
tiprofessionell gestaltet sind und der die Kommuni-                bildungen zu Methoden der Versorgungsforschung.
kation und Vernetzung zwischen den verschiedenen                   Ein ganz besonderer Mehrwert der im Promotions-
beteiligten Berufs- und Akteursgruppen unterstützt.                kolleg etablierten Kooperationen bestand darin,
                                                                   dass sowohl auf der Ebene der am Kolleg beteiligten
Zielsetzung des kooperativen Promotionskollegs                     Wissenschaftler*innen als auch auf der Ebene der
„Versorgungsforschung: Collaborative Care“ war (a)                 Stipendiatinnen neue Kooperationsprojekte entstan-
die Vernetzung von Hochschularten und –profilen,                   den sind. Eine Gruppe der Promovendinnen arbeitet
(b) die Schaffung von hochschul- und fakultätsüber-                an einer gemeinsamen, Promotionsprojekt übergrei-
greifenden Ausbildungs- und
Forschungsstrukturen sowie (c) Die besondere Konstellation des Kollegs erweiterte die Möglich-
die Bündelung von psychologi- keiten der überfachlichen Qualifizierungsangebote erheblich.
schen, medizinischen, gesund-
heitspädagogischen, erziehungswissenschaftlichen, fenden wissenschaftlichen Fachpublikation zu „Ver-
ethischen, soziologischen und (sozial)gerontologi- sorgung(sforschung) aus unterschiedlichen Perspek-
schen Kompetenzen mit Blick auf die Lebenslaufper- tiven“; zwei Promovendinnen mit auf den ersten
spektive3.                                          Blick recht unterschiedlichen Vorhaben entdeckten
                                                    profunde Gemeinsamkeiten und arbeiteten darauf-
Das kooperative Promotionskolleg knüpfte an hin zusammen an einer systematischen Übersichts-
die mehrjährigen Aktivitäten der vom Land Ba- arbeit. Auch am Kooperativen Promotionskolleg be-
den-Württemberg geförderten Koordinierungsstelle teiligte Wissenschaftler*innen waren erfolgreich in
Versorgungsforschung Freiburg an und zeichne- neuen Kooperationen, u.a. beim Bundesministerium
te sich durch zwei Besonderheiten aus: Vertreten für Bildung und Forschung.
waren 1. die wichtigsten für eine umfassende und
mehrperspektivische Betrachtung des Themas er- Auch die hochschulübergreifende Kooperation im
forderlichen wissenschaftlichen Disziplinen und 2. Rahmen des Kollegs konnte seine explizierten Ziele
alle Hochschularten. Das Kolleg vereinte so renom- erreichen. Darüber hinaus leistete es einen substanzi-
mierte Wissenschaftler*innen der vier beteiligten ellen Beitrag zur Stärkung der Versorgungsforschung
Hochschulen und gewährleistete dem Thema „Ver- am Standort Freiburg und erhöhte die Chancen auf
sorgungsforschung: Collaborative care“ angemes- weitere Vernetzungen der Hochschulen, Disziplinen
sene, mehrperspektivische, multi- bzw. interdiszip- und Fachgebiete und nicht zuletzt der Promoven-
linäre Promotionsvorhaben4. Die unterschiedlichen dinnen bei künftigen Forschungsvorhaben. Das hier
Betreuungskonstellationen führten zu Synergien vorgestellte Kolleg sollte dem Land Ermutigung sein,
zwischen den Bereichen Psychologie, Medizin, Ge- nach 2010 und 2015 eine dritte Runde kooperative
sundheitspädagogik, Public Health, Pädagogik der Promotionskollegs im Jahr 2020 auszuschreiben.
Kindheit, Heilpädagogik, Pflegewissenschaft, Erzie-
hungswissenschaft und der (Sozialen) Gerontologie.
                                                                                                                                PROMOTION

Die halbjährlich, rotierend an den vier beteiligten                                   Prof.in Dr. Eva Maria
                                                                                                     Bitzer leitet die Fach-
3 Kooperatives Promotionskolleg „Versorgungsforschung: Col-                                          richtung „Public Health
laborative Care“. Online: https://versorgungsforschung.uni-frei-                                     & Health Education“
burg.de/de/promotionskolleg letzter Zugriff: 27.10.2019                                              an der Pädagogischen
4 Promotionskolleg. Promovend(inn)en und Betreuer(innen).                                            Hochschule     Freiburg.
Online: https://versorgungsforschung.uni-freiburg.de/de/promoti-                                     Mareike Lederle ist in
onskolleg/promovend-inn-en-und-betreuer-innen letzter Zugriff:                                       diesem Fachbereich Aka-
28.10.2019                                                                                           demische Mitarbeiterin.

                                                                                                                                  11
Wir sind emotional betrof fen, schockiert und entsetzt
          Studienfahrt nach Auschwitz-Birkenau

          „Für die Zukunft lernen“ ist ein Projekt des gleich- gesellschaftliches Zusammenleben zu engagieren.
          namigen Vereins „Für die Zukunft lernen – Verein Vor zwei Jahren nahm auch ich, Student der Ka-
          zur Erhaltung der Kinderbaracke Auschwitz Birkenau tholischen Hochschule Freiburg, mit einer Kommi-
          e.V.“ und wird bereits seit 25 Jahren in der internati- litonin und gemeinsam mit zwei Betreuer*innen
          onalen Begegnungsstätte Oświe˛cim (dt. Auschwitz) und vier Jugendlichen des Campus Christophorus
          durchgeführt. Das Projekt entstand 1993 als Antwort Jugendwerks an dem neuntägigen Projekt teil. Um
          auf die wachsende Anzahl junger Menschen, die mit die Studienfahrt erlebbar zu machen, werde ich zu-
          rechtsradikalem Gedankengut sympathisierten.            erst berichten, was wir in der Woche erlebten und
          Heute ist die Gedenkstättenarbeit wichtiger denn schließlich unsere Empfindungen und Wahrnehmun-
          je, denn die Zunahme rechtsradikaler Anschläge in gen genauer schildern.
          Deutschland ist erschütternd.
          Rassistisch motivierte Über- Es gibt nicht mehr viele Überlebende der Konzentrationslager,
          griffe wie im Februar 2020 in die aus ihrer Zeit dort berichten können
          Hanau oder der antisemitische
          Anschlag auf die jüdische Synagoge in Halle im Ok- Nach einem Vortreffen mit der gesamten Gruppe
STUDIUM

          tober 2019 erinnern mich jedes Mal schmerzhaft an machten wir uns gemeinsam auf den Weg nach
          die Gefühle und Eindrücke, die mich beim Besuch des Oświe˛cim, um uns gedenkstättenpädagogisch mit
          Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau überkamen.        diesem schwierigen Thema auseinander zu setzen.
          Jedes Jahr reist eine Projektgruppe nach Polen, um In einem Bus des Campus Christophorus Jugend-
          sich gegen das Vergessen und für ein humanes werk legten wir eine Strecke von rund 1100 km

12
zurück, wobei wir schon in Dresden unsere erste
   Panne erlebten. Die Zwangspause während der Re-
   paratur nutzten wir um die schöne Stadt Dresden
   etwas zu erkunden. Spät in der Nacht kamen wir
   schließlich in der Jugendbegegnungsstätte im süd-
   polnischen Oświe˛cim an.
   Am ersten Tag wurden wir von einer Freiwilligen
   der Jugendbegegnungsstätte durch die Stadt Oświe˛-
   cim geführt und besuchten das jüdische Zentrum
   vor Ort. Nach dem Mittagessen bekamen wir eine
   Führung durch das Stammlager Auschwitz und am
   nächsten Tag nahmen wir an einer Führung durch
   das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau teil. Nach
   einer gemeinsamen Meditation verarbeiteten wir        Niederlegung einer Rose auf dem Gelände der ehemaligen
   die gesammelten Eindrücke durch geführtes Malen.      Kinderbaracken des KZ Auschwitz-Birkenau.
   Es entstanden besondere Bilder, in denen die tiefen
   Emotionen aller spürbar wurden.                       nieder – an einem selbstgewählten Ort. Nach einer
   Am dritten Tag fuhren wir erneut zur Gedenkstätte,    abschließenden Gesamtauswertung machten wir
   um dort gemeinsam Erhaltungsarbeiten durchzufüh-      uns wieder auf die Heimreise zurück nach Brei-
   ren. Wir reinigten sorgfältig ein Denkmal und be-     sach.
   freiten eine weite Fläche von Unkraut und Gras. Im    Die neuntätige Fahrt nach Oświe˛cim war eine sehr
   Anschluss besuchten wir die israelische Ausstellung   intensive, bewegende Erfahrung, die uns sowohl
   im Stammlager. Es gibt nicht mehr viele Überleben-    tiefe Einblicke in die Geschichte Europas und der
   de der Konzentrationslager, die aus ihrer Zeit dort   Verbrechens des Nationalsozialismus, als auch in
   berichten können, doch wir erhielten die Chance,      das Thema Gedenkstättenpädagogik gab. Wir wa-
   bei einem dieser seltenen Zeitzeugengespräche an-     ren und sind emotional betroffen, schockiert und
   wesend zu sein. Am folgenden Tag machten wir ei-      entsetzt, was vor rund siebzig Jahren an diesem
   nen Ausflug nach Krakau und besuchten dort das        Ort passiert ist. Wir sind froh und dankbar, dass es
   Oskar-Schindler Museum.                               ein solches Projekt gibt, das gegen das Vergessen
   Auch besichtigten wir ein Salzbergwerk in Wieliczka   kämpft. Die Studienreise war eine einmalige und
   und das jüdische Viertel in Krakau. Anschließend      sehr prägende Erfahrung.
   leisteten wir wieder Erhaltungsarbeiten an der Ge-
   denkstätte und führten eine intensive Reflektion      Wir danken den Mitarbeitenden des Campus
   durch.                                                Christophorus Jugendwerk, dem Verein „Für die
   Am letzten Tag gestalteten wir gemeinsam eine         Zukunft lernen“ und Professor Werner Nickolai,
   Gedenkfeier in der Kinderbaracke in Auschwitz-Bir-    seit Februar diesen Jahres emeritierter Professor
   kenau und alle Teilnehmer*innen legten eine Rose      der Katholischen Hochschule Freiburg und ers-
                                                         ter Vorsitzender des Vereins „Für die Zukunft ler-
                                                         nen e.V.“, der uns den Zugang zu dem Projekt
Im Wintersemester 2020/21 findet im B.A. Soziale
                                                         geschaffen und die Teilnahme ermöglicht hat.
Arbeit ein Seminar zu Gedenkstättenpädagogik für
                                                         Im Namen aller Beteiligten bleibt für mich zu sagen:
Studierende des 5. und 7. Semesters statt. In die-
                                                         Wir haben für die Zukunft gelernt.
sem Rahmen soll eine Studienfahrt nach Auschwitz
und der Austausch mit polnischen Studierenden
stattfinden. Auch der Verein „Für die Zukunft ler-
nen e.V.“ wird voraussichtlich noch in diesem Jahr                          Daniel Huth studiert B.A. Soziale Arbeit im 8.
eine Projektfahrt nach Auschwitz durchführen, bei                           Sermester und ist seit dem Sommersemes-
der wieder zwei Studierende mitreisen können. Bei                           ter 2020 als studentische Hilfskraft für den
                                                                            Bereich Migration und Interkulturalität tätig.
Interesse wenden Sie sich bitte an Prof. em. Wer-
ner Nickolai unter w.nickolai@t-online.de.
                                                                                                                             STUDIUM

                                                                                                                              13
Angewandte Theologie und Religionspädagogik studieren
          Zweiter Durchgang des Bachelorstudiengangs
          erfolgreich gestartet

          Er startete nun bereits zum zweiten Mal und er-     Rechnung. Für ihre pastorale Praxis und für eine
          neut sind alle Studienplätze belegt: Der Bache-     religionspädagogische Arbeit in der Schule oder
          lorstudiengang „Angewandte Theologie und Reli­      einer anderen Bildungseinrichtung benötigen die
          gionspädagogik“ kann seit dem Wintersemester        Studierenden heute neben der theologischen Qua-
          2018/19 an der KH Freiburg studiert werden. Sie-    lifikation und spirituellen Grundlegung auch ethi-
          ben Semester dauert die Regelstudienzeit und pro    sche, sozial- und humanwissenschaftliche Kennt-
          Studienjahr können 30 Studierende aufgenom-         nisse und Grundlagen des Pastoralmanagements
          men werden. Der Studiengang ist Kernbestand         – diese sind deshalb ein wesentlicher Bestandteil
          eines Ausbildungsweges, der die Studierenden        des Studiums.
          dazu befähigt, den Beruf Gemeindereferent*in zu
          ergreifen. Darüber hinaus eröffnet er in Kombina-   Studieninhalte sind
          tion mit dem Studium der Sozialen Arbeit gerade     • Inhalte und Methoden der biblischen, histori-
          im caritativen Bereich vielfältige Berufsmöglich-   schen, systematischen und praktischen Theologie
          keiten.                                             • eine pastoralpraktische und religionspädagogi-
STUDIUM

                                                              sche Befähigung
          Das Bachelorstudium reagiert in besonderer Wei-     • human- und sozialwissenschaftliche Kenntnisse
          se auf aktuelle gesellschaftliche und kirchliche    • Anleitung zur ethischen Reflexionsfähigkeit
          Rahmenbedingungen. Auch den wachsenden An-          • Begleitung bei der (Weiter-)Entwicklung einer
          forderungen an die pastoralen Berufe trägt er       eigenen Persönlichkeit und Spiritualität

14
• Grundkenntnisse der Pastoralraumentwicklung,
des Projektmanagements sowie der empirischen                        Auf einen Blick
Sozialforschung                                                     Studienabschluss: Bachelor of Arts (B.A.)
• Einübung in Moderation, Mediation und Kon-                        Regelstudienzeit: 7 Semester in Vollzeit (Teilzeit auf
fliktmanagement und                                                 Antrag möglich)
• Anleitung, im Team zu arbeiten und tragfähige                     Studienumfang: 210 ECTS-Punkte
Netzwerke zu knüpfen.                                               Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester (Oktober)
                                                                    Kosten: Studienbeiträge von EUR 280,00 plus
Wie können Seelsorger*innen Menschen unter-                         Verwaltungsgebühren
schiedlicher Lebenswelten in der Gestaltung ihres                   Zulassungsvoraussetzungen: Nachweis der allge-
Lebens und in ihrer Suche nach Sinn begleiten?                      meinen Hochschulreife (Abitur), Fachhochschulreife
Wie kann ein Dialog zu Lebens- und Glaubensfra-                     oder einer als gleichwertig anerkannten Zugangsbe-
gen gelingen? Wie können Menschen dazu ermu-                        rechtigung
tigt werden, ihren Glauben zu entfalten?                            Bewerbung: Aktuelle Informationen zum Bewer-
Darauf werden die Studierenden in Theorie und                       bungsverfahren und dem Bewerbungszeitraum fin-
Praxis vorbereitet. Sie erwerben ein umfassen-                      den Sie unter www.kh-freiburg.de
des Grundlagenwissen rund um den christlichen                       Sie haben Fragen? Studiengangsleiterin Prof.in Dr. Erika
Glauben und das Handeln aus christlicher Verant-                    Adam berät Sie gerne: erika.adam@kh-freiburg.de
wortung. Und sie erfahren, wie sie ihre Erkennt-
nisse und Erfahrungen in zeitgemäße Formen der
Glaubenskommunikation übersetzen und religiöse                   Dabei lernen die Studierenden auch für die Ge-
Lern- und Bildungsprozesse gestalten.                            staltung humaner gesellschaftlicher Strukturen
Im praktischen Studiensemester und in weiteren                   und für ein friedliches Zusammenleben aller Re-
Praktika lernen die Studierenden die berufsspe-                  ligionen und Kulturen einzutreten. Sie sind auf-
zifischen Handlungsfelder kennen und können ihr                  gerufen, ihren eigenen Beruf und Kirche als eine
Wissen und ihre Fähigkeiten erproben und reflek-                 Gemeinschaft lebendigen Glaubens aktiv mitzuge-
tieren.                                                          stalten.

Für den zukünftigen Beruf bildet menschliche Rei-                Das Studium eröffnet Räume, in denen spirituelle
fe eine wichtige Grundlage. Der Glaube an Gott ist               und religiöse Erfahrungen und erfüllende Begeg-
eine zentrale Ressource, auch für professionelles                nungen möglich sind. Diese Räume liegen manch-
Handeln. Daher regt das Bachelorstudium – auch                   mal auch weit außerhalb der Hochschulgebäude:
in Kooperation mit der Studienbegleitung durch                   Die Studienfahrten nach Assisi im ersten Semes-
die Diözesen – die Studierenden dazu an, sich mit                ter und optional nach Israel im weiteren Studi-
ihrer eigenen Lebensgeschichte und der künftigen                 enverlauf, die mit und von der Studienbegleitung
beruflichen Rolle auseinanderzusetzen und sich                   der Erzdiözese Freiburg angeboten werden, sind
der eigenen Potentiale ebenso wie ihrer Grenzen                  sicher diesbezügliche Highlights. Unterwegs auf
bewusst zu werden.                                               den Spuren des Heiligen Franziskus und der Hei-
                                                                 ligen Klara in Assisi und auf den Spuren Jesu von
                                                                 Nazareth in Israel und Palästina gehen die Stu-
                                                                 dierenden einen intensiven Lernweg. Ermöglicht
                                                                 werden diese besonderen Erfahrungen durch die
                                                                 Unterstützung der Erzbischof Hermann Stiftung
                                                                 der Erzdiözese Freiburg.

                                                                 Zur Attraktivität des Studiengangs trägt ein 7+3-Mo-
                                                                 dell bei: Absolvent*innen können nach ihrem Ab-
                                                                 schluss in drei weiteren Semestern einen zweiten
                                                                 Bachelorabschluss „Soziale Arbeit“ erwerben. Ge-
                                                                 meindereferent*in und Sozialarbeiter*in werden –
                                                                                                                           STUDIUM

                                                                 die Inhalte greifen ergänzend ineinander, denn das
                                                                 Berufsbild der Gemeindereferent*innen ist facet-
                                                                 tenreich und beinhaltet zunehmend auch caritative
Studierende des ersten Semesters während ihrer Studienreise in   Kompetenzen.
Assisi

                                                                                                                               15
Vom Geheimnis Gottes und dem Geheimnis
          des Menschseins
          Prof.in Dr. Erika Adam, Studiengangsleiterin von „Ange-
          wandte Theologie und Religionspädagogik“ im Interview

          Vor welchen Herausforderungen steht die Arbeit der       tag oder die großen kirchlichen Feste mit einem
          Kirche und der Gemeindereferent*innen aktuell und        Gottesdienst zu feiern, entscheiden sich Menschen
          in Zukunft in Deutschland?                               heute spontan und immer wieder neu dafür – oder
                                                                   auch nicht. Wo es früher selbstverständlich war, das
          Diese Frage beschäftigt uns auch im Kolleg*innen-        eigene Leben an christlichen Normen auszurichten,
          team. Eine große Herausforderung heißt, dass sich        fühlen sich die Einzelnen heute frei, ihren eigenen
          die Gesellschaft in Deutschland tiefgreifend verän-      moralischen Standpunkt zu suchen.
          dert. Individualität, die freie Gestaltung des eigenen
          Lebens ist zentral für unsere Gesellschaft gewor-        Für kirchliche Mitarbeiter*innen und damit auch für
          den. Uns stehen normalerweise fast unbegrenzte           Gemeindereferent*innen bedeutet dies: Sie können
          Optionen zur Wahl. Das wird uns gerade jetzt sehr        sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie Men-
STUDIUM

          bewusst, wo wir sie angesichts des weitgehenden          schen mit ihren Angeboten ansprechen oder über
          Shutdowns im Kontext von Corona schmerzlich ver-         Jahre hinweg begleiten. Ihr Beistand und ihre Un-
          missen.                                                  terstützung wird temporär, im Bedarfsfall gesucht,
          Auch Religion und Glaube sind zur Option gewor-          wenn Menschen Grenzen erfahren, vor existentiellen
          den. Wo es früher selbstverständlich war, den Sonn-      Fragen stehen, nach dem Sinn ihres Lebens suchen.

16
So gerade jetzt infolge von Corona, wo Existenzen      sellschaft und unsere eine Welt mitgestalten. Sie
mit einem Schlag bedroht sind, wo Menschen ihre        sollen mit Begrenztheit und Ambivalenzen umgehen
Einsamkeit besonders spüren, wo kranke, alte,          können und bei all ihrem Engagement auf das Wir-
arme, geflüchtete Menschen besonders ausgelie-         ken Gottes vertrauen.
fert sind. Jetzt sind kirchliche Mitarbeiter*innen
als Ansprechpartner*innen aufgefordert kreativ zu      Neben dem Bachelorabschluss „Angewandte Theo-
werden und zu zeigen, dass Kirche da ist, wo die       logie und Religionspädagogik“ bietet die KH auch
Menschen sind. Dazu ermutigen wir Professor*in-        das sogenannte 7+3-Modell an, das den Erwerb
nen aktuell unsere Studierenden in ihrem – keines-     eines zusätzlichen Bachelorabschlusses in „Soziale
wegs einfachen – Praxissemester. Auch wenn Kirche      Arbeit“ ermöglicht. Wie sieht das aus?
keinen selbstverständlichen Rahmen mehr bietet –
die Hoffnung, die die kirchlichen Mitarbeiter*innen    Ich habe bewusst gerade auch sozialarbeiterische
erfüllt, kann anstecken, die Botschaft des Evangeli-   Kompetenzen genannt. Ein Herzstück der christlichen
ums Kraft und Orientierung geben.                      Botschaft ist der Glaube, dass alle Menschen die
                                                       gleiche Würde haben – ob jung oder alt, ob gesund
                                                       oder krank, fit oder am Ende ihrer Kräfte. Von daher
                                                       gilt es in der Nachfolge Jesu von Nazareth Partei zu
                                                       ergreifen für die Menschen, die am Rand stehen, die
                                                       benachteiligt sind, sich selbst nicht mehr helfen kön-
                                                       nen. Die Studierenden sollen also Sensibilität entwi-
                                                       ckeln für existentielle Fragen und soziale Probleme.

                                                       Konkret heißt das, dass gezielt Module aus dem
                                                       Studium „Soziale Arbeit“ in das Studium „Ange-
                                                       wandte Theologie und Religionspädagogik“ in-
                                                       tegriert sind. Sie können für das zweite Studium
                                                       angerechnet werden, die Studierenden können bei-
                                                       de Studiengänge in zehn Semestern abschließen.
                                                       Durch diese Verbindung können sich Seelsorge und
                                                       Soziale Arbeit bereichern, Absolvent*innen an der
                                                       Schnittstelle von Pastoral und Caritas arbeiten oder
                                                       im Laufe ihres Berufslebens den Schwerpunkt wech-
Es ist also stärker zu fragen: Was brauchen die Men-   seln. In der Konsequenz könnte sich ein neues Be-
schen, was braucht die Welt von der Kirche?            rufsprofil entwickeln: Da die Pastoral selbst caritativ
In diesem Prozess möchte der Studiengang mit Ver-      ist, könnten „pastorale Sozialarbeiter*innen“ cari-
antwortung übernehmen und in Lehre, Forschung          tatives und aus dem Glauben inspiriertes Handeln
und Weiterbildung kreative und zukunftsweisende        miteinander verbinden.
Akzente setzen.
                                                       Welche Voraussetzungen müssen Interessierte für
Welche Kompetenzen werden die Absolvent*innen          eine Bewerbung mitbringen? Für wen eignet sich
des Studiengangs besonders auszeichnen?                der Studiengang besonders?

Angesichts der Neuausrichtung, vor der Kirche steht,   Es gibt ein Buch von Dorothee Sölle, das mich sehr
kommt es neben all dem Wissen und den Fähigkei-        anspricht: „Es muss doch mehr als alles geben“.
ten vor allem auf die Haltung an, aus der heraus       Eine Sehnsucht, eine Suche nach diesem „mehr“
die Absolvent*innen leben und arbeiten. Deswegen       sollten die Interessent*innen in meinen Augen mit-
besitzen Persönlichkeitsentwicklung und Spirituali-    bringen: das Interesse für mehr als die eigene Per-
tät eine zentrale Bedeutung im Studiengang. Die        son und das eigene Wohlergehen, die Offenheit für
Absolvent*innen sollen sich bewusst sein, dass sie     mehr als den eigenen Lebensentwurf und den eige-
mit ihrer ganzen Person Zeugnis für den Glauben        nen Horizont.
                                                                                                                 STUDIUM

ablegen. Sie sollen mit Respekt und Wertschätzung      Ich möchte gern den Weg mit Studierenden gehen,
auf Menschen zugehen, sich einlassen können auf        die sich ansprechen lassen vom Geheimnis Gottes
plurale Lebens- und Glaubenswelten.                    und dem Geheimnis des Menschseins, die sich auf
Ziel ist, dass sie sensibel sind für Diskriminierung   Wachstumsprozesse einlassen und neugierig sind
und Ausgrenzung und anwaltschaftlich unsere Ge-        auf Menschen und auf das Leben.

                                                                                                                  17
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