I - INHALTSVERZEICHNIS - KOK Krebsgesellschaft
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1 1 PANORAMA Editorial (D. Wecht) 4 Vorstand aktuell (K. Paradies) 5 DKG aktuell (J. Bruns) 6 Denkimpuls (M. Laux) 8 Portrait: Janina C. Werneth 10 „Abschlüsse brauchen Anschlüsse“ 64 Buchbesprechung U4 Veranstaltungskalender 12 12 SCHWERPUNKT Pflegeaus- und Weiterbildung in Europa (D. Wecht) 21 Aufgabenfelder onkologischer Fachpflegekräfte – Erfahrungsberichte aus der Praxis 27 Onkologische Pflege studieren – vom Bachelor bis zum Master ANP (K. Pottkämper) 33 33 AUSLESE Komplementäre Behandlungsmethoden bei Krebserkrankungen (J. Beuth) 41 CAR-T-Zelltherapie: Ablauf und Herausforderungen für die Pflege (B. Huber, C. Kiote-Schmidt) 46 Ketogene Diät: Wer verhungert zuerst – Tumor oder Patientin? (S. Täubrich) 49 49 FORTBILDUNG Molekularpathologische Tumordiagnostik (F. Bergmann) KOK 55 Studien (A. Koller) 57 Arzneimittel: Durvalumab (J. Hellstern, M. Laux) 59 Nebenwirkungen: Hand-Fuß-Syndrom (HFS) (G. Schilling, C. Hell) ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 3
EDITORIAL E Sehr verehrte Leserinnen und Leser, In der Rubrik Auslese widmet sich Stephanie Täubrich in ih liebe Kolleginnen und Kollegen, rem umfassend recherchierten Beitrag „Ketogene Diät – Wer verhungert zuerst? Tumor oder Patient?“ einer bei Patienten ich freue mich sehr, Ihnen als neues Mitglied im Schriftlei beratungen gefragten Thematik. Er ist das Ergebnis des Unter tungsteam die erste Ausgabe unserer Fachzeitschrift in 2020 richtprojekts „Fachartikel schreiben“ der Weiterbildung Pflege vorzustellen zu können. in der Onkologie an der München Klinik Akademie. Sie fragen sich vielleicht, inwiefern das Schwerpunkthema Professor Dr. Karl Reif stellt in der Rubrik Studien eine Unter „Aus- und Weiterbildung in der onkologischen Pflege“ für Sie suchung vor, in der analysiert wurde, wie Krebspatienten in von Bedeutung oder Interesse sein soll. Gerade beginnen an Schweden die Versorgung erleben nach Einführung einer neu Pflegeschulen und Hochschulen die ersten Ausbildungen nach en beruflichen Rolle in der erweiterten onkologischen Pflege dem Pflegeberufereformgesetz von 2017. Die Pflegeberufe er praxis (APN). fahren einen spürbaren Schub bei der Professionalisierung und Attraktivität. Davon werden wir alle und unsere Patienten profi In dieser Ausgabe startet außerdem unsere neue Rubrik: DENK tieren, bin ich überzeugt. Die Erstausbildung ist der Einstieg in IMPULSE. Sie beschäftigt sich mit Themen wie Stress und Re eine langjährige berufliche Tätigkeit und Entwicklung. Damit silienz. Übernehmen wird diese Rubrik Mirko Laux, den Sie ja steigt der Stellenwert von Weiterbildungen. Sie unterstützen schon als Autor und Schriftleiter kennen. die Vertiefung und Erweiterung von Kompetenzen und treiben Die Schriftleitung hat sich mit der geschlechtersensiblen meist eine Spezialisierung wie z. B. in der onkologischen Pflege Sprache auseinandergesetzt und beschlossen, zukünftig – voran; sie gehen dabei auch auf neue Entwicklungen ein. beginnend mit diesem Heft – in allen Beiträgen aus Gründen Ein Ländervergleich der Pflegeausbildungen und onkologi der besseren Lesbarkeit nur noch eine Form zu verwenden. schen Weiterbildungen in Österreich, der Schweiz, den Nieder Aufgrund des überwiegenden Frauenanteils in unserer Leser landen und dem Vereinigten Königreich gibt uns Anregungen, schaft fiel die Wahl auf die weibliche Form. wie wir das Potenzial der Pflegeberufereform entfalten können. Ich wünsche Ihnen Inspiration und Erkenntnisgewinn beim Le Fünf Ehemalige von Fachweiterbildungen erzählen ihren Weg, sen dieses Heftes. Vielleicht regt Sie aber auch etwas auf. In trotz Hemmnissen ihre erworbenen Kompetenzen in die Pati beiden Fällen freut sich das Schriftleitungsteam über Ihren Le entenversorgung, bei Praxisanleitungen oder als Lehrpersonal serbrief an onkopflege@kok-krebsgesellschaft.de. einzubringen. Professorin Dr. Karen Pottkämper reflektiert in ihrem Beitrag, ob und warum ein Studium „Onkologische Pflege“ eine Alter native zur etablierten Fachweiterbildung auf dem Weg hin zu einer Advanced Nursing Practice (ANP) in der Onkologie dar Daniel Wecht stellt. ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 1
PANORAMA Kerstin Paradies Sprecherin des Vorstands paradies@kok-krebsgesellschaft.de Vorstand aktuell Liebe Kolleginnen und Kollegen, werden und dass die Arbeitsumgebung und die Arbeitsbedin- sehr geehrte Leserinnen und Leser! gungen die Beschäftigten dabei unterstützen, gute Pflege zu erbringen. Sichere Personalausstattung ist ein entscheidender Die Arbeit in der Pflege wird immer herausfordernder und Punkt für die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität anstrengender. Um den Beruf rundum attraktiver zu machen, in Krankenhäusern, in der Gesellschaft und in allen Settings, setzt das neue Pflegeberufegesetz ab 1. Januar 2020 auf eine wo Pflege erbracht wird. Nicht adäquate oder insuffiziente Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig werden in Levels der Pflegepersonalbemessung vergrößern das Risiko den neuen Vorgaben auch die Gehälter und Inhalte der Aus- von Versorgungsdefiziten, unerwünschten Ereignissen für die bildung festgelegt. Vielfach gilt der Beruf als Fachkraft in der Patientinnen, schlechteren klinischen Ergebnissen, Patienten- Pflege als unterbezahlt. mortalität in den Kliniken und schlechten Erfahrungen der Pa- Die Arbeit führt bei vielen Betroffenen zu einer überdurch- tientinnen im Rahmen der Versorgung. schnittlichen Belastung, sodass in den letzten Jahren die Zu wenig oder zu gering qualifiziertes Pflegepersonal, um den Nachfrage von Seiten potenzieller Bewerberinnen deutlich ge- Bedarfen der Patientinnen zu entsprechen, führt außerdem zu sunken ist. Deshalb ist eine neue Form der Pflegeausbildung unerträglicher Arbeitsbelastung und hat einen negativen Ein- dringend notwendig geworden. Nur so kann der steigende fluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftig- Bedarf an qualifiziertem und adäquat bezahltem Fachpersonal ten. Die Forschung zeigt, dass Investitionen in sichere, effektive gedeckt werden. und bedarfsorientierte Pflegepersonalausstattung kosteneffi- Pflege ist eine Kern-Dienstleistung in der gesamten Gesund- zient sein können. Denn sie fördern eine Zunahme und verhin- heitsversorgung. Sichere Pflegepersonalausstattung bedeu- dern eine Verschlechterung der Gesundheit von Patienten und tet, dass eine angemessen große Zahl an Pflegefachpersonen reduzieren somit die Dauer und Intensität von Gesundheitsin- verfügbar ist – zu jeder Zeit während des Versorgungsverlaufs, terventionen. mit dem passgenauen Mix an Qualifikationen, Fertigkeiten Ihre und Erfahrung. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Versorgungsbedarfe der Patientinnen und Patienten erfüllt Kerstin Paradies 4 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
Johannes Bruns Generalsekretär Deutsche Krebsgesellschaft e. V. bruns@krebsgesellschaft.de DKG aktuell Dafür kann es zwei Gründe geben. In der onkologischen Pfle- Real World auch in der Pflege? ge ist nach reiflicher Überlegung entschieden worden, dass es Am 24. Januar 2020 hat das Institut für Qualität und Wirtschaft- nicht sinnvoll ist, Real World Data überhaupt zu erfassen. Es lichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) den lange ersehnten könnte aber auch sein, dass bisher keiner über die Bedeutung Rapid Report zur Eignung von Registerdaten für die Arznei- solcher Daten in der Pflege nachgedacht hat. Sollte Letzteres mittelbewertung veröffentlicht. Jetzt könnte jeder berechtigt der Fall sein, wäre spätestens jetzt der Zeitpunkt, dass sich Pfle- sagen: Was haben Pflegekräfte mit der Bewertung von Arznei- gewissenschaft, Versorgungsforschung und die Pflegenden mitteln zu tun? Das ist im Grundsatz sicherlich auch richtig. selbst Gedanken machen, ob es nicht an der Zeit wäre, solche Beim Thema Registerdaten oder Real World Data muss über Ansätze zu diskutieren und sich dann zu positionieren. Hier den Bereich Arzneimittel hinausgeschaut werden. könnten die Erfahrungen der klinischen Krebsregister und der großen Registerstudien behilflich sein, einen Anfang zu ma- In den letzten Jahren wurde in der Onkologie, aber auch in chen. vielen anderen Versorgungsbereichen über die Bedeutung von Daten aus der Versorgung, sogenannter Real World Data, diskutiert. Diese Diskussion begleitete auch den Aufbau der Ihr gesetzlich geforderten klinischen Krebsregister. Wissenschaft- ler haben in den letzten Jahren den Real-World-Data-Ansatz verfolgt, große Versorgungsregister aufgelegt und damit neue Erkenntnisse gewonnen. Aus der Pflege, die einen wesentli- chen Teil in der Versorgung von Krebspatienten in der Akut- phase darstellt, sind solche Ansätze bisher aber noch nicht wahrnehmbar. Dr. Johannes Bruns ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 1
SCHWERPUNKT P Pflegeaus- und Weiterbildung in Europa Ein Blick über die deutschen Landesgrenzen Situation in Deutschland Seit Anfang 2020 hat in Deutschland die Umsetzung des im Daniel Wecht Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg nem lange nicht mehr erlebten Ausmaß zu bewältigen haben. Das bedeutet Verunsicherung. In Diskussionen werden zustim- mende und ablehnende Argumentation vorgetragen. Juli 2017 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossenen Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe (Pflege- Ländervergleich Österreich – Schweiz – berufereformgesetz – PflBRefG) begonnen. Die gesetzlichen Vereinigtes Königreich – Niederlande Vorgaben befassen sich nicht nur mit der Novellierung der Ausbildung, sondern zuallererst wird – wie es die Bezeichnung In dieser Situation kann es helfen, einen Blick über die Lan- des Gesetzes schon ankündigt – das Profil der Pflegeberufe desgrenzen zu werfen, um zu schauen, wie die Entwicklungen auf ein neues, zeitgemäßes professionelles Niveau gehoben, dort gestaltet werden. Kolleginnen in der Schweiz, Österreich, das die Pflege von Menschen aller Altersgruppen umfasst. den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich (UK) waren Pflegefachfrau und Pflegefachmann sind wie in der Schweiz bereit, Auskünfte zu geben. die neuen Berufsbezeichnungen. Die Tätigkeiten der Pflege- Zur Erleichterung des Vergleichs wurden Leitfragen zur Aus- bedarfsermittlung, Planung, Organisation und Steuerung und und Weiterbildungen formuliert und den jeweiligen Ansprech- der Evaluation der individuellen Pflege sind als Vorbehaltsauf- personen (Tabelle 1) in Deutsch (Schweiz, Österreich) oder in gaben der Pflege definiert. Neben der beruflichen Pflegeaus- Englisch (Niederlande, UK) vorgelegt. Die Antworten erfolgten bildung kann nun auch ein primärqualifizierendes hochschu- schriftlich oder per Telefoninterview (Österreich). lisches Pflegestudium mit erweiterten Ausbildungszielen zur Berufszulassung führen. Folgende Fragen wurden gestellt: Die hier nur angedeuteten Innovationen der Pflegeberufere- Ausbildung form erfordern unausweichlich konzeptionelle Neuorientie- 1. Auf welchem Kompetenzniveau werden die Abschlüsse der rungen in den Weiterbildungen. Der Deutsche Bildungsrat Erstausbildung erworben? für Pflegeberufe (DBR) hat dazu gerade eine „Empfehlung zur 2. Wie wird auf die speziellen Anforderungen der Pflege von Musterweiterbildungsordnung für Pflegeberufe“ vorgelegt Kindern und Älteren vorbereitet? (siehe hierzu S. 9). 3. Wofür übernehmen Pflegekräfte eigenständig Verantwor- Es ist keine Übertreibung festzustellen, dass wir in Deutschland tung? gerade Umgestaltungen bei der professionellen Pflege in ei- 4. Was sind ihre Aufgaben in interprofessionellen Teams? 12 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
Onkologische Pflege 2020, 1: 16–18 © Zuckschwerdt Verlag DOI 10.4486/j.op.2020.01.01 Zusammenfassung und Schlüsselwörter Summary and Keywords Pflegeaus- und Weiterbildung in Europa Pflegeaus- und Weiterbildung in Europa Mit dem Inkrafttreten des Pflegeberufereformgesetzes zu Beginn With the „Pflegeberufereformgesetz“ coming into force at the begin- des Jahres hat Deutschland bei der professionellen Pflege derzeit ning of 2020, Germany has to cope with transformations of an extent Umgestaltungen kaum gekannten Ausmaßes zu bewältigen. Vor hardly known in professional care. In view of this challenge, this article dem Hintergrund dieser Herausforderung nimmt dieser Beitrag an- takes a look at the development of the education and specialist trai- hand von Interview-Leitfragen die Entwicklung der Aus- und Weiter- ning situation in the neighboring European countries of Switzerland, bildungssituation in den europäischen Nachbarländern Schweiz, Austria, the Netherlands and the United Kingdom based on key inter- Österreich, Niederlanden und Vereinigtes Königreich in den Blick. view questions. Ländervergleich • Pflegeausbildung • Weiterbildung onkologische inter-country comparison • nursing education • oncology nursing Pflege training Weiterbildung in onkologischer Pflege eine Übergangsregelung, die noch bis 2024 gültig ist. Bis dahin sollen alle Sekundarstufenausbildungen abgeschlossen sein 1. Auf welchen Kompetenzniveaus werden die Abschlüsse der und laufen dann aus. Danach werden nur noch Tertiärausbil- Weiterbildung erworben? dungen angeboten, d. h. Bachelor of Science in Nursing, immer 2. Was sind die Schwerpunkte des theoretischen Unterrichts zusammen mit der Berufsberechtigung, dem Diplom für allge- und welche praktischen Skills werden trainiert? Wie ist der meine Gesundheits- und Krankenpflege. zeitliche Umfang von Theorie und Praxis? 3. Ist während oder nach der Weiterbildung eine Schwer- Schweiz punktsetzung z. B. auf Organsysteme, Therapiemodalitäten, In der Schweiz findet die berufliche Erstausbildung zur dip- Krankheitsphasen oder Alter möglich? lomierten Pflegefachfrau HF an Höheren Fachschulen Pflege 4. Welche Rollen werden mit spezialisierten und erweiterten statt. Eine Ausbildung an einer Fachhochschule führt zum Kompetenzen übernommen? Werden in interprofessio- Hochschulabschluss Bachelor of Science in Pflege mit der nellen Teams diagnostische und therapeutische Aufgaben Berufsbefähigung als Dipl. Pflegefachfrau FH. Grundsätzlich übernommen? orientieren sich die Curricula an den europäischen Richtlinien 5. In welchen Praxisfeldern sind Pflegende mit spezialisierten (Richtlinie 2013/55/EU). Am 1. Februar 2020 tritt ein neues Ge- oder erweiterten Kompetenzen tätig? sundheitsberufegesetz mit Ausführungsrecht in Kraft. 6. Wer ist für die curriculare Gestaltung und Überwachung der Weiterbildungsprogramme zuständig? Wie ist die Fortbil- Vereinigtes Königreich dung („lifelong learning needs“) zum Erhalt der Akkreditie- Im Vereinigten Königreich ist es derzeit obligatorisch, dass alle rung organisiert (verpflichtend oder freiwillig)? Krankenschwestern die Universität mit einem Bachelor of Sci- Für eine übersichtliche Darstellung geben die Fragen zugleich ence in dem jeweiligen Fach verlassen, auf das sie sich speziali- auch die Gliederung vor. Darunter werden dann jeweils die siert haben. Es besteht die Möglichkeit, sich auf Krankenpflege Antworten aus den vier Ländern präsentiert. für Erwachsene, Kinder, geistige Gesundheit oder Lernschwie- rigkeiten zu spezialisieren. Die Krankenpflegeabschlüsse bein- Ausbildung halten 50 % Theorie und 50 % praktisches Studium, wobei min- destens drei Praktika in der Primär- oder Sekundärversorgung 1. A uf welchem Kompetenzniveau werden die Abschlüsse pro Jahr absolviert werden. der Erstausbildung erworben? Österreich Niederlande In Österreich bezieht sich die Erstausbildung auf zwei Ausbil- Registrierte Krankenschwestern und Krankenpfleger können dungen, die Sekundarstufe (berufliche Schulen) einerseits und auf mittlerem, höherem (akademischem) Niveau ausgebil- die Tertiärstufe (Hochschulen) andererseits. Allerdings ist dies det werden. Die mittlere Stufe der Krankenpflegeausbildung Tabelle 1 Ansprechpersonen in den Ländern Land Person Funktion Adresse Österreich Harald Titzer, BSc, MSc AHOP-Präsident Arbeitsgemeinschaft hämatologischer und onkolo- gischer Pflegepersonen in Österreich (AHOP) office@ahop.at Schweiz Elke Wimmer, MHSc Leiterin Studiengang Careum Hochschule Gesundheit Oncological Care und Pestalozzistrasse 5 Home Care CH-8032 Zürich elke.wimmer@careum-hochschule.ch Vereinigtes Königreich Bethany Maynard Advanced Nurse Prac- 16 Anvil Close titioner in Medical On- Waterlooville, Hampshire, PO7 8RN, United Kingdom cology bethany.maynard@uhs.nhs.uk Niederlande Wendy Oldenmenger, Coordinator Oncology Erasmus MC RN, MSc, PhD Nursing Research University Medical Center Rotterdam Cancer Institute w.h.oldenmenger@erasmusmc.nl ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 13
SCHWERPUNKT Vereinigtes Königreich Die Vorbereitung erfolgt durch eine Mischung aus theoretischem Studium und praktischer Erfahrung. Unabhängig davon, für welchen Zweig der Pflege sich die Studentin entschieden hat, wird von ihr erwartet, dass sie Erfahrungen auch in den anderen Branchen sammelt. Bei- spielsweise muss eine Krankenschwester für Erwachsene theoretisch und praktisch Zeit mit © Stokkete – www.shutterstock.com der Betreuung von Kindern und Menschen mit psychischen Problemen oder Lernschwierigkei- ten verbringen. Niederlande Eine Spezialisierung ist nach der Erstausbildung möglich, z. B. pädiatrische Pflege, geriatrische Pflege oder Intensivpflege. Alle examinierten Krankenschwestern können sich für eine Fach- (MBO-V) dauert vier Jahre und umfasst mindestens 6400 Stun- ausbildung (Post-Basic Nurse Training) bewerben. Diese ist dar- den Theorie und Praxis. Die höhere Ausbildung in der Kran- auf ausgerichtet, die Kompetenzen und Fähigkeiten durch eine kenpflege (HBO-V) dauert ebenfalls vier Jahre und führt zum Mischung aus theoretischer und klinischer Ausbildung zu ent- Abschluss des Bachelor of Nursing (BN). Dieser umfasst 6720 wickeln. Mehr als die Hälfte (57 %) der Krankenschwestern und Stunden (240 ECTS-Credits) mit einem Minimum von 1535 Pflegerinnen („nurses“ und „enrolled nurses“) haben in der Ver- Stunden theoretischem Unterricht und mindestens 2300 Stun- gangenheit eine Zusatzausbildung (meist mit Abschlusstest) den Lernen am Arbeitsplatz. absolviert. Das ist freiwillig. 79 % der Pflegerinnen („enrolled Krankenschwestern, die die mittlere Ausbildung abschließen, nurses“) haben eine arbeitsbasierte Ausbildung absolviert. arbeiten in der allgemeinen („general“) Pflege, während die In der täglichen Praxis haben fast alle Krankenschwestern im Absolventen einer höheren Ausbildung auch auf mehr Füh- pädiatrischen Setting einen Bachelor-Abschluss in Kranken- rungsrollen in der Patientenversorgung vorbereitet werden, pflege und eine zusätzliche pädiatrische Spezialisierung absol- z. B. im Hinblick auf die Qualitätsverbesserung und die Integ- viert. ration evidenzbasierter Praxis. 3. W ofür übernehmen Pflegekräfte eigenständig Außerdem werden noch Pflegerinnen („enrolled nurses“) in Verantwortung? einem praxisorientierten Programm ausgebildet, das drei Jah- Österreich re dauert. Sie erhalten ein Diplom, können sich aber nicht im BIG-Register (Beroepen in de Individuele Gezondheidszorg) Der Begriff „eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich“ im Bun- registrieren lassen. desgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe wurde umbenannt in „pflegerische Kernkompetenzen“. Diese Kom- 2. W ie wird auf die speziellen Anforderungen der Pflege petenzen umfassen die eigenverantwortliche Erhebung des von Kindern und Älteren vorbereitet? Pflegebedarfes sowie die Beurteilung der Pflegeabhängigkeit, Österreich die Diagnostik, Planung, Organisation, Durchführung, Kontrol- Mit einer Sonderausbildung kann die Spezialisierung im Be- le und Evaluation aller pflegerischen Maßnahmen (Pflegepro- reich Kinder- und Jugendlichenpflege erworben werden. Sie zess) in allen Versorgungsformen und Versorgungsstufen, die muss innerhalb von fünf Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit in Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsberatung diesem Bereich abgeschlossen sein. im Rahmen der Pflege sowie die Pflegeforschung. Schweiz Schweiz Es ist möglich, den Kontext des Arbeitsfeldes zu vertiefen, wo- Zum Redaktionsschluss lag noch keine Auswertung des aktuell bei maximal zwei Drittel der praktischen Ausbildung im glei- zum 1. Februar 2020 in Kraft getretenen Gesundheitsberufe- chen oder in einem ähnlichen Kontext stattfinden. Aus sechs gesetzes vor, das Anforderungen an die Ausbildung und die Arbeitsfeldern kann eine Vertiefungsmöglichkeit gewählt wer- fachlich eigenverantwortliche Berufsausübung beschreibt. den, z. B. in der Pflege und Betreuung von Kindern, Jugendli- Bisher waren es Handlungen im Rahmen des Pflegeprozesses chen, Familien und Frauen oder in der Pflege und Betreuung (z. B. Assessment, Einschätzung von Pflegebedarfen, Bedürf- von Menschen mit chronischen Erkrankungen. 14 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
nissen und Ressourcen, Erstellen von Pflegediagnosen, Pfle- Teams können ANPs in ihrem Fachgebiet oder über alle klini- geplanung und Evaluation); Organisation pflegerischer Inter- schen Settings hinweg arbeiten. ventionen, Durchführung und Überwachung auf der Basis von Niederlande wissenschaftlichen Erkenntnissen; Reflexion rechtlicher und beruflicher Normen; Leistungserfassung und Qualitätssiche- In den Niederlanden wurde jahrelang daran gearbeitet, die Be- rung; Lehr- und Anleitungsfunktionen. rufsprofile der MBO- und HBO-ausgebildeten Krankenschwes- tern zu präzisieren. Je nach Arbeitsfeld kann sich das etwas Die Kompetenzen und Verantwortung der Pflegefachpersonen unterschieden. Eine MBO-Krankenschwester koordiniert den in der Praxis werden von den Arbeitgebern festgelegt. Pflegeprozess des einzelnen Patienten und trägt zur Verbesse- Vereinigtes Königreich rung der Pflegequalität bei. Von einer HBO-Krankenschwester wird erwartet, dass sie eine vorausschauende und übergeord- Die Rolle der Krankenschwester entwickelt sich ständig weiter, net leitende Rolle einnimmt. Sie überwacht den Pflegeprozess und die Eigenverantwortung wächst entsprechend. Die Rol- insgesamt, berät ihre Kolleginnen, initiiert Qualitätsverbesse- len in der Krankenpflege reichen von der Stationsschwester rungen und führt Forschungen durch. Sie arbeitet nach Mög- über den Clinical Nurse Specialist bis hin zum Advanced Nurse lichkeit evidenzbasiert und regt das EBP-Denken im Team an. Practitioner. Infolgedessen tragen die Krankenschwestern eine Die MBO-Krankenschwester arbeitet eher in vorhersehbarer hohe Verantwortung für das Wohlergehen ihrer Patienten. und planbarer Pflege, z. B. bei einem Patienten nach einer elek- Krankenschwestern in den stationären Bereichen sind bei der tiven Operation. Der Unterschied in der Fachkompetenz liegt täglichen Betreuung der Patienten und bei der Durchführung daher hauptsächlich in der Versorgung in vorhersehbaren im von Behandlungen von entscheidender Bedeutung. Sie sind Gegensatz zu unvorhersehbaren Situationen – nicht, wie oft auch das entscheidende Bindeglied zwischen dem Patienten angenommen wird, in der Komplexität der Pflege. Eine MBO- und dem medizinischen Team. Als Angehörige der Gesund- Krankenschwester kann am besten komplexe Pflege leisten, heitsberufe, die täglich bis zu 13 Stunden mit ihren Patienten insbesondere wenn sie auf Protokollen wie der komplexen verbringen, sind sie eng mit ihren Patienten und ihren Familien Wundversorgung basiert. verbunden und weisen die Ärzteteams auf Beunruhigendes oder Probleme hin. Sie sind wichtig für das ganzheitliche und Ein wichtiger Teil der Arbeit von Krankenschwestern besteht körperliche Wohlbefinden ihrer Patienten. Erweiterte Pflege- auch darin, Informationen über Gesundheit und Lebensstil, praxis („advanced practice“) ist eine relativ neue Rolle in der Krankheit und Behandlung bereitzustellen. Krankenpflege in Großbritannien und überträgt den Kranken- 4. Was sind ihre Aufgaben in interprofessionellen Teams? schwestern weitere Verantwortung, da sie als Teil des medizini- Österreich schen Teams arbeiten. Durch den Abschluss eines Masterstudi- ums in erweiterter klinischer Praxis verfügen sie über ein hohes Es gibt neben den genannten pflegerischen Kernkompetenzen Maß an Entscheidungsfreiheit, einschließlich Beurteilung, Di- weitere Kompetenzbereiche, wie z. B. Kompetenzen bei medizi- agnostik, Behandlungen und Verschreibung auch bei Patien- nischer Diagnostik und Therapie. Diese setzen eine ärztliche An- ten mit komplexen Problemen. Als Teil des multidisziplinären ordnung voraus und gelten als an das Pflegepersonal delegier- bare Tätigkeiten. Hierbei handelt es sich u. a. um Verabreichung von Arzneimitteln, Zytostatika, Kontrastmitteln, Infusionen, Injektionen, Blutderivaten (inklusive u. a. Vollbluttransfusionen), um die Assistenz bei chirurgischer Wundversorgung und die Durchführung standardisierter diagnostischer Programme. Grundsätzlich ist in Österreich eine generelle, fachspezifische Fortbildungspflicht von mindestens 60 Stunden innerhalb von jeweils fünf Jahren geregelt. Speziell bezogen auf Zytostatika gibt es im Gesundheits- und Krankengesetz keine Regelung © stockfour – www.shutterstock.com zu verpflichtenden, regelmäßigen Fortbildungen zur Verabrei- chung von Zytostatika und auch keine Überprüfung z. B. durch Ärzte. Eine Verabreichung von Zytostatika nach ärztlicher Verord- nung ist grundsätzlich bereits nach der Erstausbildung möglich. Da es keine nationale Kontrollinstanz gibt, ist jeder Betrieb, der mit zytostatischen Therapien arbeitet, dafür verantwort- lich und zuständig, entsprechende Maßnahmen zu setzen und zu evaluieren. Allerdings haben sowohl das Bundesministeri- um für Gesundheit als auch die AHOP als Fachgesellschaft die ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 15
SCHWERPUNKT Empfehlung ausgesprochen, für Basisschulung und jährliche Laut Bundesgesetz können Weiterbildungen zur Erweiterung Auffrischungsschulungen zu sorgen. Dies sieht auch der Ar- der in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkei- beitsschutz der jeweiligen Betriebe vor. ten absolviert werden. Diese sollen mindestens vier Wochen (180 Stunden) umfassen. In der Praxis liegen aber alle Weiter- Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft hämatologischer und onko- bildungen weit über dieser Mindestanforderung. logischer Pflegepersonen in Österreich (AHOP) wird diese Emp- fehlungsansicht österreichweit vertreten und sehr diszipliniert In onkologischer Pflege vertritt die AHOP als Fachgesellschaft durchgeführt, aber vermutlich nicht einhundertprozentig lücken- die Ansicht, dass 180 Stunden zu wenig sind, und hat daher mit los umgesetzt. Bestandteil der Basisschulung ist auch die Bera- allen AHOP-Weiterbildungsinstitutionen in ganz Österreich tung der Patienten im Hinblick auf das Symptom- und Nebenwir- eine Vereinbarung getroffen, dass die Weiterbildung so aus- kungsmanagement – auf jeden Fall ist das die starke Empfehlung führlich wie möglich stattfinden soll. Das Ergebnis dieser Über- der AHOP. Die meisten Fort- und Weiterbildungen in Österreich einkunft ist, dass sehr viele Weiterbildungen somit über einen sind ohnedies so konzipiert, dass sie bereits den Schwerpunkt auf Zeitraum von zwölf Monaten berufsbegleitend laufen und auf das Symptom- und Nebenwirkungsmanagement legen. einen Stundenumfang von 600 bis 800 Stunden kommen. In den Auffrischungsschulungen ist die Beratung dann kein Weiterbildungen im Sinne des Bundesgesetzes führen im Ge- Thema mehr, hier geht es nur noch um die praktischen Fertig- gensatz zur Sonderausbildung/Spezialisierung (Niveau 2) zu keiten der Verabreichung. keiner Befugniserweiterung, sondern lediglich zu einer Wis- sensvertiefung. Bezogen auf die Onkologie wird über eine Schweiz bundesgesetzlich verankerte Sonderausbildung diskutiert. Ein Die Dipl. Pflegefachfrau HF Ergebnis steht aber noch aus. beteiligt sich an Programmen zur Eingliederung und Wieder- Das österreichische Gesetz erlaubt auch, Spezialisierungen eingliederung gefährdeter oder kranker Menschen. Sie meis- auf akademischem Kompetenzniveau anzubieten. So gibt es tert unvorhergesehene und rasch wechselnde Situationen. z. B. in einem Bundesland eine Initiative zur Ausbildung einer Sie arbeitet in kritischen und komplexen Situationen effizient akademischen Expertin für Cancer Nursing. Die Ausbildung mit Fachpersonen intra- und interprofessionell zusammen; umfasst 60 ECTS-Punkte, was einem Jahr entspricht, und ist in Praxis und Theorie gegliedert. Zugangsvoraussetzungen für entwickelt adressatengerechte gesundheitsbezogene Lern- diese Ausbildung sind: programme für Individuen, Familien, Gruppen. Sie führt die- se eigenständig oder in intra- und/oder interprofessioneller ein Diplom in allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege, Zusammenarbeit durch; Kinder- und Jugendlichenpflege oder ein gleichwertiger in- oder ausländischer Abschluss; übernimmt fachliche Koordinations-, Delegations-, Anlei- tungs- und Überwachungsaufgaben innerhalb des intra ein Abschluss aus dem FH-Bachelor-Studiengang oder ad- professionellen Teams. äquater ausländischer Abschluss; Vereinigtes Königreich eine mindestens zweijährige, einschlägige Berufserfahrung und eine facheinschlägige Berufstätigkeit während des Siehe unter Frage 3. Lehrganges sind erwünscht. Niederlande Diese Ausbildung wird nicht mit einem klassischen akademi- Das hängt vom Setting und der Spezialisierung ab. Kranken- schen Grad wie Bachelor oder Master abgeschlossen, sondern schwestern führen medizinische oder psychologische Behand- mit dem Titel „Akademische Expertin für Cancer Nursing“. lungen im Auftrag eines Arztes oder eines klinischen Psychologen Schweiz und unter deren Aufsicht gemäß festgelegten Protokollen aus. Die Weiterbildung in Onkologiepflege kann in der Schweiz Weiterbildung in der onkologischen Pflege sowohl berufsorientiert als auch hochschulisch absolviert wer- den. Nach Ablegung der Höheren Fachprüfung (HFP) sind Ab- 1. A uf welchen Kompetenzniveaus werden die Abschlüsse solventinnen berechtigt, den geschützten Titel „Fachexpertin der Weiterbildung erworben? in Onkologiepflege mit eidgenössischem Diplom“ zu führen Österreich (engl.: Expert in Oncology Care, Advanced Federal Diploma Die berufliche onkologische Weiterbildung findet dezentral an of Higher Education). Die Abschlüsse sind im nationalen Qua- insgesamt acht Ausbildungsorten, aufgeteilt auf die einzelnen lifikationsrahmen der Berufsbildung (NQR) auf Stufe 6 oder 7 Bundesländer, statt. Der Zeitraum der Weiterbildung ist nicht verortet. Hochschulische Weiterbildungen führen zu den Ab- einheitlich geregelt und variiert stark von vier bis fünf Monaten schlüssen und den Weiterbildungstiteln Certificate-, Diploma- bis zu einem Jahr. 16 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
und Master of Advanced Studies (CAS/DAS/MAS) und sind im Modul 4: Onkologische Palliativphase und End-of-Life-Phase NQR auf Stufe 7 verortet. Modul 5: Fachführung in der Organisation (allgemeinbildend) Vereinigtes Königreich Jedes Modul schließt mit einer kompetenzorientierten Modul- Im Vereinigten Königreich ist für die Onkologiepflege keine prüfung ab. Nach den fünf Modulabschlüssen findet die Höhe- spezifische theoretische Ausbildung erforderlich. Jede Kran- re Fachprüfung statt (Diplomarbeit und Kolloquium). kenschwester erhält eine allgemeine Krankenpflegeausbil- Die Weiterbildung ist berufsbegleitend mit einer beruflichen dung an der Universität und findet einen Job basierend auf Anstellung im Fachgebiet Onkologie von mindestens 60%. ihrem Interessengebiet oder der Verfügbarkeit des Jobs. Wie erwartet gibt es jedoch zahlreiche Möglichkeiten für prakti- Im Verlauf der hochschulischen Weiterbildung werden absol- sche Ausbildungen zum Erwerb einer Stelle in der Onkologie, viert: von der Anlage von venösen Zugängen bis hin zur Verabrei- CAS: 450 Lernstunden inkl. Transfer in die Praxis chung einer Chemotherapie. Jede dieser Fähigkeiten erfordert sowohl eine theoretische als auch eine praktische Beurteilung, DAS : 900 Lernstunden inkl. Transfer in die Praxis um ein angemessenes Kompetenzniveau sicherzustellen. MAS: 1800 Lernstunden inkl. Transfer in die Praxis Jede Krankenschwester muss außerdem ein jährliches Update durchlaufen, um die fortgesetzte Kompetenz sicherzustellen. Überfachlich: kritisches Denken, wissenschaftliches S chreiben, Gesundheitspolitik, Patienten- und Angehörigenedukation, Niederlande Qualitätsmanagement, Ethik, Wahlmodul, Abschluss arbeit Nach dem Bachelor-of-Science-Studium kann man sich in ei (1200 Lernstunden) nem Master-of-Science-Studiengang in einem Fachgebiet (z. B. Fachlich: klinisches Assessment, antitumorale Therapien, Kinderkrankenpflege oder Onkologiepflege) spezialisieren, Symptommanagement, psychische Unterstützung in Krisen was in der Regel weitere zwei bis drei Jahre dauert. Master-in- (600 Lernstunden) Advanced-Nursing-Practice-(MANP)-Ausbildungsprogramme sind seit 1997 akkreditiert. Zurzeit arbeiten schon über 500 Praktische Skills: klinisches Assessment, hier wird im Prä- spezialisierte Krankenschwestern (z .B. Nurse Practitioners) in senzunterricht gelehrt und geübt und in der Praxis hat jede der Krebskrankenversorgung. Sie dürfen ihre Krebspatienten Studierende einen erfahrenen Mentor (Advanced Nurse selbstständig behandeln. Practitioners, Oberärztin Onkologie), um die gelernten Skills in der Praxis zu vertiefen. Transfer in die Praxis: Zu jedem 2. W as sind die Schwerpunkte des theoretischen Unter- Modulthema ist eine Transferarbeit Praxis zu schreiben. richts und welche praktischen Skills werden trainiert? Wie ist der zeitliche Umfang von Theorie und Praxis? Vereinigtes Königreich Österreich Die theoretische ANP-Ausbildung ist generalistisch, da die In Österreich gibt es für praktische Weiterbildungsanteile kei- Praktiker aller Fachrichtungen gemeinsam geschult werden. ne verpflichtenden Anforderungen, sehr wohl aber für die Es umfasst jedoch auch die Anamnese und körperliche Beur- Erstausbildung. Abweichende Regelungen gibt es für Sonder- teilung, Diagnostik und Verschreibung. Ein weiterer Schwer- ausbildungen, die im Intensivpflegebereich stattfinden, z. B. punkt liegt auf praktischen Fertigkeiten, beispielsweise dem Anästhesie, Palliativpflege. Diese müssen innerhalb von fünf Einbringen von Aszitesdrainagen und der Durchführung von Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit abgeschlossen sein und gel- Knochenmarkbiopsien. ten als kompetenzerweiternd. Von den meisten Krankenschwestern auf dem ANP-Weg wird Schweiz die an der Universität unterrichtete theoretische Ausbildung in Teilzeit absolviert, aber auch jede Arbeitsschicht ist eine Voraussetzung zur Teilnehme an der Höheren Fachprüfung Gelegenheit für theoretische und praktische Ausbildung. Jede (HFP) ist das Absolvieren von fünf Modulen mit mindestens Krankenschwester muss über einen Fachberater verfügen, der 900 Lernstunden (40 % Kontaktstudium, 60 % Selbststudium) ihre Ausbildung unterstützt und Gelegenheit bietet, ihr theo- in fünf Modulen: retisches und praktisches Wissen zu erweitern. In Anbetracht Modul 1: Fachführung in der Pflege (allgemeinbildend) des praktischen Charakters des Berufs ist die für die praktische Ausbildung aufgewendete Zeit von Natur aus größer, aber die Modul 2: Diagnose- und Therapiephase bei einer onkologi- Theorie ist entscheidend für die Gewährleistung einer sicheren schen Erkrankung und effektiven Praxis. Modul 3: Survivorship und Chronic Care bei einer onkologi- schen Erkrankung ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 17
SCHWERPUNKT Niederlande Österreich In der Versorgung von Krebskranken arbeiten registrierte In Österreich gibt es aktuell einige, wenn auch bisher wenige Krankenschwestern (Bachelor-of-Nursing-Niveau). Nationale Modellpilotprojekte, die sich den Rollen von Cancer Nurses Regelungen legen die Mindestzahl an spezialisierten Krebs- zugewandt haben, so z. B. im Allgemeinen Krankenhaus der krankenschwestern pro Abteilung fest. So muss z. B. in einer Stadt Wien. Die Aufgaben der Cancer Nurse bestehen hier Tagesstation (Chemotherapie-Einheit) mindestens die Hälfte ausschließlich in der Beratung und Edukation in der Patien- der Krankenschwestern eine offizielle Spezialisierung in der tenversorgung. Des Weiteren gibt es Breast Care Nurses, die Krebsbehandlung haben. ausschließlich Beratung und edukative Maßnahmen anbieten. Die Spezialisierung „Onkologische Krankenschwester“ ist auf Schweiz nationaler Ebene meist auf Post-Graduation-Level geregelt. Die Absolvierenden einer Höheren Fachprüfung in Onkologie- 3. Ist während oder nach der Weiterbildung eine Schwer- pflege arbeiten vorwiegend in der direkten Onkologiepflege punktsetzung z. B. auf Organsysteme, Therapiemodali- und entwickeln sich zu Fachexpertinnen. täten, Krankheitsphasen oder Alter möglich? Die Absolventinnen mit MAS in Oncological Care übernehmen Österreich folgende Rollen: Es gibt Weiterbildungen im Bereich Palliativpflege und Cancer Aufbau von onkologischen Pflegesprechstunden, Nurse, speziell auf Organsysteme bezogen die Breast Care Nurse. Fachführung onkologischer stationärer und ambulanter Schweiz Einrichtungen, Im Theorieunterricht der beruflichen Weiterbildung werden Erstellen von evidenzbasierten Richtlinien, die häufigsten Krankheitsbilder und wichtige Pflegeaspekte zu Symptommanagement/Supportive Care anhand der Krank- pflegerische Leitung von onkologischen Kompetenzteams, heitsphasen thematisiert. Weitere Themen sind z. B. Kommuni- aktive Teilnahme am Tumorboard, an den Zertifizierungspro- kation, Pharmakologie und ethische/klinische Entscheidungs- zessen, an internen und externen Fortbildungen, Posterprä- findung. Der Transfer zur klinischen Praxis erfolgt laufend mit sentationen und Vorträge auf onkologischen Kongressen, gezielten Transferaufträgen und prüfend im Modulabschluss. aktive Teilnahme an pflegerischen Forschungsvorhaben, in- Im Theorieunterricht der hochschulischen Weiterbildung wer- dem sie die Brücke zur Praxis darstellen. den die häufigsten Krankheitsbilder und Symptome sowie die relevanten Krankheitsphasen behandelt. Der Transfer auf die Weitergebildete Pflegefachfrauen verabreichen Chemothera- eigene klinische Praxis erfolgt im Modulabschluss bzw. in der pien sowie alle dazugehörigen Begleittherapien und Reserven. Transferarbeit. Dazu zählen Thrombozytenkonzentrate sowie Erythrozytenkon- zentrate, wenn die Werte in einen bestimmten Bereich sinken Vereinigtes Königreich oder Blutungen sichtbar sind. Jede Blutentnahme (z. B. Medika- Eine Schwerpunktsetzung ist im Rahmen des Zumutbaren mög- mentenspiegel) mit selbstständiger Anpassung von Begleitthe- lich. Es ist wichtig, dass alle Fachgebiete ausreichend mit Perso- rapien ist Aufgabe der Pflege. Der Arzt ist ausschließlich zustän- nal ausgestattet sind, um die Sicherheit der Patienten und die dig für die Verordnung und das Festlegen der Reserven. Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten. Den Krankenschwes- Vereinigtes Königreich tern wird empfohlen, in einem Fachgebiet zu arbeiten, das ih- nen gefällt oder an dem sie ein besonderes Interesse haben. Das Konzept ANP hat die Rolle der Krankenpflege wesentlich verändert. Weiterbildung und Kompetenzentwicklung haben Niederlande zu mehr Autonomie und Unabhängigkeit geführt. Durch die Die Spezialisierung in der Krebskrankenpflege ist eine brei- Verbesserung der Fertigkeiten in der erweiterten Pflegepraxis te Ausbildung in der Krebskrankenversorgung. Danach ist es fungiert die ANP-Rolle als Brücke zwischen Pflege und Medizin. möglich, eine weitere Spezialisierung (z.B. Mamma Care) zu Eine ANP ist an der klinischen Beurteilung ab der Aufnahme absolvieren. Diese Ausbildungen sind jedoch nicht staatlich des Patienten bis zur Entlassung beteiligt. Eine der Schlüssel- anerkannt. Eine zusätzliche anerkannte Ausbildung ist die Pal- rollen, die ANPs ausüben, ist die Anamnese und Untersuchung liative Care. bei der Aufnahme von Patienten. Dies beinhaltet eine gründ- 4. W elche Rollen werden mit spezialisierten und erweiter- liche Einschätzung, die Abwägung von Differenzialdiagnosen ten Kompetenzen übernommen? Werden in interpro- sowie die Formulierung und Implementierung eines Behand- fessionellen Teams diagnostische und therapeutische lungsplans. Sie sind auch an der täglichen Beurteilung der Pati- Aufgaben übernommen? enten beteiligt und haben die Autonomie, die Behandlung bei 18 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
Bedarf zu ändern. Entscheidungen zur Änderung der Behand- Vereinigtes Königreich lung werden jedoch immer mit einer beratenden Kollegin oder Die ANP-Rolle wird inzwischen bei der Mehrzahl der Arbeits- Ärztin besprochen. Während sich die ANP-Rolle in Großbritan- felder in Großbritannien umgesetzt. Es ist eine Rolle, die eine nien entwickelt, erweitert sich auch die Rolle und ermöglicht größere Kontinuität der Versorgung für Patienten ermöglicht, die Entwicklung neuer Fähigkeiten. da ANPs länger in ihrem Bereich tätig sind und daher ein stär- Nurse Practitioners dürfen Medikamente aus ihrem eigenen ker spezialisiertes Wissen entwickeln. Fachgebiet selbstständig verschreiben. Nurse Practitioners, die Niederlande in der Krebsbehandlung tätig sind, dürfen auch Medikamente wie Opioide und auch Chemotherapie verschreiben. Für die Krankenschwestern, die eine Spezialisierung in der Krebspfle- Chemotherapie gilt die Regel, dass es sich um Medikamente ge absolviert haben, sind für die Betreuung von Krebspatien- aus dem medizinischen Behandlungsprotokoll zu handeln hat. ten im intramuralen, transmuralen und extramuralen Bereich Onkologische Krankenschwestern dagegen dürfen nur einige ausgebildet – von der Prävention bis hin zu Patienten in der Medikamente verschreiben – z. B. Paracetamol, Metoclopra- Endphase ihrer Erkrankung und Patienten mit allen Behand- mid gegen Erbrechen, Lactulose zum Abführen und Schlafmit- lungsmodalitäten, also in jedem Bereich der Krebsbehandlung. tel –, nachdem sie ein spezielles Ausbildungsmodul absolviert 6. Wer ist für die curriculare Gestaltung und Überwachung haben. Dies ist durch staatliche Vorschriften geregelt. der Weiterbildungsprogramme zuständig? Wie ist die Niederlande Fortbildung („lifelong learning needs“) zum Erhalt der Akkreditierung organisiert (verpflichtend oder freiwillig)? Nur die Nurse Practitioners (MANP) haben eine selbstständige Österreich Rolle bei der Diagnostik und bei therapeutischen Aufgaben. Die Krebskrankenschwestern sind Teil des interprofessionellen Da es in Österreich keine zentrale Einrichtung zur Erstellung Teams, haben aber keine unabhängige Rolle in der Behand- von Weiterbildungscurricula gibt, ist für die curriculare Gestal- lung von Krebspatienten. Die meisten (z. B. Pflegespezialisten, tung der Weiterbildungsprogramme und deren Überwachung Master in Advanced Nursing Practice [MANP]) haben eine un- jede Weiterbildungseinrichtung selbst verantwortlich. Alle Ein- abhängige Position in der Betreuung von Krebspatienten. Sie richtungen erarbeiten ihre Curricula jedoch auf der Basis der sind selbstständig innerhalb ihrer pflegerischen Profession. Empfehlungen der AHOP, und diese wiederum orientieren sich am EONS Cancer Nursing Education Framework [an dessen 5. In welchen Praxisfeldern sind Pflegende mit speziali- Entwicklung Harald Titzer beteiligt war]. sierten oder erweiterten Kompetenzen tätig? Österreich Siehe unter Frage 4. Schweiz Absolventinnen einer Höheren Fachprüfung in Onkologiepflege: alle Bereiche der Onkologie, vorwiegend in ambulanten und stationären Spitaleinrich- tungen. Zunehmen wird der Bedarf in der Spitex und in spitalexternen Institutionen. Absolventinnen mit MAS in Oncological Care: Brustzentren (Breast Care Nurse) © G-Stock Studio – www.shutterstock.com Onkologische Abteilungen in Spitälern und Rehabilitationseinrichtungen sowie Pallia- tivstationen Onkologische Ambulatorien im häuslichen Bereich: onkologische Spitex Krebsliga ONKOLOGISCHE PFLEGE 1, MÄRZ 2020 19
SCHWERPUNKT Schweiz seit 2008 ihre Aus- und Weiterbildungsaktivitäten online in ei- nem persönlichen Portfolio festhalten Das Register ermöglicht Im Rahmen der beruflichen Weiterbildung wird die Akkredi- es dem Einzelnen, seine Fähigkeiten mit beruflich vereinbarten tierung der Module der Weiterbildung über EPSanté durchge- Kompetenzstandards zu vergleichen. Der V&VN legt den Stan- führt. Die Prüfungsordnung und die Wegleitung der Prüfungs- dard für eine „ausreichende Fortbildung“ auf 184 Stunden über ordnung sind vom SBFI genehmigt. Die OdASanté übernimmt einen Zeitraum von fünf Jahren fest. Den Krankenschwestern die Leitung (siehe auch https://www.epsante.ch/berufe/hfp- wird empfohlen, das Register für Bewerbungen zu nutzen, ih- fachexperte-in-in-onkologiepflege/). ren Arbeitgebern Zugang zu ihren Portfolios zu gewähren und Der Bildungsanbieter setzt die Wegleitung zur Prüfungsord- in Zusammenarbeit mit ihrem Arbeitgeber einen persönlichen nung um, indem die Modulinhalte die Studierenden dabei beruflichen Entwicklungsplan aufzustellen. unterstützen, die Handlungskompetenzen zu erwerben. Dabei orientiert sich der Bildungsanbieter an den Anforderungen in Bilanz der Praxis. Der Besuch der Modulangebote ist freiwillig. Die er- In den vier Ländern wird wie in Deutschland das Recht der folgreichen Modulabschlüsse sind verpflichtend für die Absol- Europäischen Union umgesetzt. In der Richtlinie 2013/55/EU vierung der Höheren Fachprüfung. sind die Ziele der Berufsqualifikation, die Gestaltung der Aus- Für die hochschulische Weiterbildung verfügen alle Schwei- bildung und die Berufsausübung geregelt. Die zu erreichen- zer Hochschulen über eine institutionelle Akkreditierung vom den Ziele sind verbindlich festgelegt. Die Ausformung des Bil- Bund/von der Eidgenossenschaft. Die Pflegefachpersonen Hö- dungswegs dagegen obliegt den innerstaatlichen Stellen. Die here Fachschule und BSc in Pflege werden im NAREG (Natio- Interviews belegen Letzteres eindrücklich. nales Register der Gesundheitsberufe) registriert. Es gibt keine Die Ausübung des Pflegeberufs variiert in Abhängigkeit der Akkreditierung von Abschlüssen der Weiterbildung. unterschiedlichen Systeme der Gesundheitsversorgung mit ih- Vereinigtes Königreich ren rechtlichen Spielräumen und Grenzen sowie einer jeweils historisch gewachsenen Pflegekultur. Das Curriculum wird vom ANP-Team sowie dem medizinischen Team entwickelt, das an der Implementierung von ANPs in Beim Vergleich sind selbst im deutschen Sprachraum länder- der Onkologie beteiligt ist. Die ständige berufliche Weiterent- spezifische Begriffsdefinitionen zu beachten. So wird z. B. wicklung ist ein wesentlicher Aspekt bei der regelmäßigen in Österreich von Sonderausbildung gesprochen, wo wir in Erneuerung der Berufserlaubnis für Krankenschwestern. Im Deutschland an die Weiterbildung denken. Die Weiterbildung Allgemeinen ist das Weiterbildungsniveau je nach Vorliebe der in Österreich wiederum ist zwischen der deutschen Fort- und Krankenschwester unterschiedlich. Es müssen jedoch Belege Weiterbildung angesiedelt. für eine ständige berufliche Weiterentwicklung vorliegen, um Aus pragmatischen Gründen wurden in der vorliegenden nachzuweisen, dass sich die Fähigkeiten der Krankenschwester Übersicht nur die Schweiz, Österreich, die Niederlande und das weiterentwickeln. Um eine ANP zu werden, muss der Master in Vereinigte Königreich berücksichtigt. erweiterter klinischer Praxis abgeschlossen sein. Niederlande Angaben zum Autor Daniel Wecht Das Gesetz „Individual Health Care Professions Act (BIG)“ von Dipl.-Pflegepädagoge 1993 regelte die Registrierung und Zulassung von Angehörigen Weiterbildungsstätte für Onkologische Pflege der Gesundheitsberufe in den Niederlanden. Die Fortbildung Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH („continuing education“) von Krankenschwestern erfolgte nach Standort Marburg dem Ermessen der Gesundheitseinrichtungen, in denen sie be- Baldingerstraße schäftigt sind. Um die Registrierung als Krankenschwester zu 35033 Marburg behalten, waren nur geringe Anforderungen gestellt. Die Dutch wecht@med.uni-marburg.de Association of Nurses and Carers (V&VN) hat jedoch die Initia- tive ergriffen, ein Qualitätsregister für Krankenschwestern zu entwickeln. Auf freiwilliger Basis können die Krankenschwestern 20 © W. ZUCKSCHWERDT VERLAG MÜNCHEN
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